schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 17:37)
Wenn nix weiter daraus folgt, als dass es so ist ... dann kann man es für eine Analyse der aktuellen gesellschafttlichen Veränderungen und des politischen Geschehens auch beiseite und unbetrachtet lassen.
Wie kommst du auf das schmale Brett?
schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 17:37)Das wichtigste oder jedentalls meistbesprochenste und in zig Sprachen übersetzte Buch zur Soziologie in den letzten Jahren trägt den Original-Titel "Die Gesellschaft der Singularitäten" (Andreas Reckwitz) ... Was der Begriff "Singularität" beschreibt ist dir klar? Die Moderne zeichne sich vor allem durch eine immer größere Relevanz des "Besonderen" gegenüber dem Allgemeinen bzw. dem Verallgemeinerbaren aus. Auf allen Ebenen, Nicht nur auf der Ebene der Individuen. Aber dort natürlich auch.
Ganz abgesehen davon, dass es den Beriff Singularität in der Soziologie gar nicht gibt, ist der Buchtitel ein Oxymoron - entweder es gibt eine Gesellschaft - heißt eine unbestimmte Anzahl von Personen, die als sozial Handelnde miteinander verknüpft leben, von einander abhängig sind und direkt oder indirekt sozial interagieren oder es gibt Singularitäten.
Beides zusammen gibt es nicht.
schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 17:37)Immer mehr Menschen - ich auch - betreiben ihre Interessen, ihre Projekte, ihre persönlichen Vorhaben, setzen ihre Präferenzen so, dass sie sich am Ende maximal von allen anderen Menschen unterscheiden.
Das alles ändert nichts an der Tatsche, dass dein Überleben von der Interaktion und der Kooperation anderer Mitglieder der Gemeinschaft - oder wenn dir der Begriff besser gefällt - Gesellschaft abhängig ist. Je größer die Spezialiserung der Gesellschaft, um so größer die Anzahl Menschen, von denen dein Überleben abhängt, die zur Sicherung DEINES Lebensunterhaltes beitragen.
Dabei ist es völlig irrelevant, ob du diese Menschen persönlich kennst oder nicht.
Durch ihre soziale Interaktion, ihre gegenseitige Abhängikeit voneinander und ihre Kooperation miteinander bilden alle diese Menschen eine Gemeinschaft, die
zusammen das Überleben der gesamten Gemeinschaft/Gesellschaft (dauerhaft) sicherstellen.
schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 17:37)Was heißt das in Bezug auf diese These vom Zusammenhang von der AfD-Präferenz und der "Diktatursozialisierung"? Dass man sie nicht einfach so mir nix dir nix als einen monokausalen Zusammenhang hinstellen kann.
Wer - außer DIR - postuliert denn einen monokausalen Zusammenhang?
Auch eine Diktatursozialisation, wie sie Wanderwitz ins Gespräch bringt, ist niemals monokausal, kein geschichtliches Ereignis - nicht ein einziges hat monokausale Ursachen und/oder Zusammenhänge.
Bereits in den frühen Achtzigern hat sich eine relativ große Gruppe mit rechtsradikalen und rechtsextremen Ansichten heraus gebildet - insbesondere unter damaligen Jugendlichen.
Die Besonderheit dieser Gruppe war, dass es sich um die Kinder von Parteikadern und hohen MfS-Angehörigen handelte.
Das mag paradox erscheinen, war aber so. Diese jungen Menschen SIND in einer Diktatur aufgewachsen und haben durch ihre eigene Sozialisation erlebt, dass es "Führungspersönlichkeiten" in einer Diktatur sehr weit bringen können, dass starke Führer wichtig sind. Diese jungen Menschen waren es, die in und durch das Wendegeschehen Brüche in den Biographien ihrer Eltern hautnah erlebten und deren Biographien selbst Brüche aufwiesen.
Das waren aber auch die jungen Menschen, unter denen rechtsextreme Gruppen aus dem Westen recht leicht neue Mitglieder rekrutieren konnten.
Und diese Menschen sind es, die ihre Affinität für eine Diktatur, ihre rechtsextreme Sichtweise an ihre eigenen Kinder weitergibt, welche ein Anhänger- und Wählerschaft der AfD bilden.
Das kann möglicherweise EINE Erklärung für die hohen Wahlerfolge der AfD im Osten sein und würde auch für Wanderwitz' These sprechen.
schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Jun 2021, 17:37)Es soll unbedingt demokratische Verhältnisse geben, Parlamentarismus, eine freie Presse, Gewaltenteilung, Rechtstaatlichkeit ... hab' ich was vergessen? Ein
regelbasiertes System, das möglichst vernünftig und effektiv funktioniert. Ansonsten bekomme ich alle paar Jahre einen Wahlzettel, überlege, welche Partei sich am ehesten gegen den motorisiserten Individualverkehr einsetzt und wähle die dann. Und vergesse das ganze wieder und widme mich meinen persönlichen Interessen. Zu denen auch Politik gehört. Das ist aber kein Widerspruch. Ich weiß nix von einer "Gesellschaft"! "Kultur" ist all das, was mich persönlich interessiert und was ich persönlich und natürlich auch in Interaktion mit mir persönlich bekannten Menschen oder unter Einfluss von mir selbst für wichtig erachteten Menschen hervorbringe. Und man kann dementsprechend von meiner "Sozialisierung" (die, obwohl auf dem Territorium der DDR geschehen, dennoch keine Diktatursozialisierung war sondern eine von Aufklärung, Humanismus und Intellektualismus geprägte) nicht auf mein Wahlverhalten schließen.
Nun, du bist genau der Typus Mensch, der zum Totengräber der Demokratie wird, weil sie ihm de facto am Arxxx vorbei geht, der sein ganzes Engagement für demokratische Verhältnisse im Gang zu Wahlurne und dem Kreuzchen auf dem Wahlzettel besteht.
Darüber hinaus soll man ihn gefälligst in Ruhe lassen. Sich selbst einbringen, etwas tun - Fehlanzeige.
Auf Menschen wie dich passt der Spruch, welcher Archimedes zugesprochen wird.
Als die Römer seine Heimatstadt Syrakus angriffen, soll ihm nichts besseres eingefallen sein, als dem Überbringer der Nachricht zu sagen:
"Störe meine Kreise nicht".
Dass man Demokratien, Rechtsstaatlichkeit etc nicht im Selbstlauf erhält, sondern täglich erkämpfen muss, interessiert Menschen wie dich nicht, weil sie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nicht wirklich interessiert.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.
Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen