tarkomed hat geschrieben:(14 Apr 2021, 10:26)
Schön. Dann lassen wir also die Moral in der Geschichte herumirren, denn heute brauchen wir sie nicht mehr.
Wäre das tatsächlich eine Folge dessen, Geschichte nicht ausschließlich als moralische Disziplin zur Schuldermittlung zu betreiben?
tarkomed hat geschrieben:(14 Apr 2021, 10:26)
Lediglich ein paar Moralisten brauchen sie noch, weil sie von der Geschichte nicht loslassen wollen…
Gut, ich springe mal über dieses Stöckchen. Richtig wäre: Die Geschichte wird als Magd des Moralismus missbraucht.
tarkomed hat geschrieben:(14 Apr 2021, 10:26)
Mal ´ne Frage: wenn von einer moralischen Klasse die Rede ist, was ist dann die Klasse, der Sie sich zuschreiben?
Der Klasse derjenigen, die Geschichte nicht ausschließlich moralistisch betrachtet. Das führt dazu, dass man sich bewusst ist, dass Dinge sich verändern und dass es sinnlos ist, Handlungen der Römer oder der Inquisition oder Kolonialisten, wenn man sie
verstehen möchte, nicht ausschließlich durch die Brille einer historisch gewachsenen Moral der Gegenwart zu betrachten, sondern sich stattdessen auch Bedingungen, Möglichkeiten etc. der damaligen Zeit vor Augen zu führen und was geschah, auch aus dem Kontext heraus zu begreifen.
tarkomed hat geschrieben:(14 Apr 2021, 10:26)
Es geht nicht um Schuld, - das erinnert wieder an die Erinnerungskultur in Deutschland, die manche zu stören scheint –
Ja, da haben wir es wieder, das neue Motto der moralisierenden Klasse: Jeden Tag ein Streich mit der Nazikeule.
tarkomed hat geschrieben:(14 Apr 2021, 10:26)
es geht um das Bewusstsein, dass unsere Vorfahren Übles angerichtet haben und dass wir uns nicht wundern dürfen, wenn wir in bestimmten Regionen der Erde daran erinnert werden könnten.
Nun, dass Übles angerichtet wurde, würden wohl nur üble Charaktere bestreiten oder Nostalgiker, die
The White Man's Burden noch ernst nehmen.
tarkomed hat geschrieben:(14 Apr 2021, 10:26)
Es geht um die umgekehrte Variante des Rassismus, in der wir die Opfer sind. Und es geht um die Irrationalität des Rassismus, denn er richtet sich nicht gegen die Schuldigen, sondern gegen die einzig und allein durch ihre Herkunft Belasteten. Das sind dann wir.
So, sind
wir das? Sind Sie belastet? Womit, mit Ihrer Moral? Oder eben doch: mit Schuld? Herkunft als Schuld? Die natürlich innerhalb des Moralismus, wie Sie ihn vertreten, folgerichtig wäre, eine Art geistig-moralische Blutrache - jedenfalls ist das Prinzip dahinter das gleiche. White Man's Burden hat sich in White Man's Guilt verwandelt.
Ist Ihnen eigentlich klar, dass dies eine Re-Tribalisierung darstellt? Und würde es sie wundern, wenn nun ein paar Germanen dieses Landes nach den durch die Herkunft belasteten Menschen, deren Vorfahren hier die Germanen kolonialisiert haben, suchen? Oder wo wären die Grenzen zu ziehen? Wie lange muss Herkunft (die ja hier eine biologische ist) als Belastung verstanden werden?
tarkomed hat geschrieben:(14 Apr 2021, 10:26)
Sie werden es nicht schaffen, mir dafür ein schlechtes Gewissen einzureden, dass ich die menschliche Moral hochhalte. Und Nietzsche am allerwenigsten.
Nein, die
bessere Moral hat sich noch nie jemand madig machen lassen, zumal dann nicht, wenn damit Macht-, Herrschaftsansprüche oder Privilegien verbunden sind. Ihr gutes Gewissen ist ja schließlich die Eintrittskarte fürs obere Drittel. Das Wokie-Sein ist das Adelsprädikat fürs Ressentiment.