Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

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DarkLightbringer
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von DarkLightbringer »

Linke und rechte Identitätspolitik funktioniert am besten mit dem linearen Weltbild. Demnach gibt es zwei Enden, gut und böse, wenn man so will, und alles dazwischen ist dem einen oder anderen Ende näher, wohingegen die exakte Mitte dann quasi neutral ist.
Anders sieht es aus, wenn man von der Krümmung des politischen Raumes ausgeht, auch als Hufeisenmodell bekannt.
Dann nämlich kommen die beiden Endpunkte einander gefährlich nahe, während die relativ breite Mitte den größeren Abstand einnimmt und die exakte Mitte den größtmöglichen Abstand.
Daraus erhellt sich, weshalb die Verfechter der Endpunkte das Linearmodell deutlich bevorzugen. Meistens kategorisch.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Skeptiker »

Stoner hat geschrieben:(19 Sep 2021, 12:37)
Ach wie köstlich, da wird der Held und Vorstand der Bewegung Aufstehen, auf die hier auch der eine oder die andere gesetzt hat, sich der Neuen Rechten zurechnen lassen müssen. Denn bekanntlich ist Wokeness ja eine Erfindung dieser Truppen.
Stegemann ist diesbezüglich schon häufiger "auffällig" geworden. Es ist kein Zufall, dass Wagenknecht und er dieses Projekt zusammen aufgesetzt haben. Er hat meinen hohen Respekt, weil er, wie auch Wagenknecht, erkennt, welches Monster die politische Linke da aus der Büchse kommen lässt.

Stegemann schreibt zudem sehr treffend - ich könnte jedes Wort unterstreichen. Es ist zu hoffen, dass mehr und mehr Linke auch verstehen, was beide zu sagen haben.

Leider wird dieses Wokeness-Gespenst von denen am Leben erhalten, die wie Selina und Tarkomed voll auf Motivation und Unterstellung fokussieren. Ist die Motivation in Ordnung, dann ist jedes Mittel erlaubt. Werden die Mittel kritisiert, dann handelt es sich um einen Feind (nicht Gegner), weil Motivation für Kritik, immer nur in der Feindschaft zum Ziel liegen kann.

Es wird großen gesellschaftlichen Schaden geben, wenn Leute mit dieser Geisteshaltung eine gewisse Machtschwelle und öffentliche Akzeptanz überschreiten. Dann sind tatsächlich universelle Werte wie der Gleichheitsgrundsatz in Gefahr, und es hängt alleine von der gegenwärtigen Macht ab, wer sich in der Gesellschaft einen Vorteil verschaffen kann - anstatt dass genau diese Situation geächtet ist, und die Menschen nach gleichen Chancen streben.

Aber auch eine Opferdiktatur ist nur eine Diktatur - das war noch nie anders.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Skeptiker »

Dark Angel hat geschrieben:(19 Sep 2021, 12:09)
Vollzitat
Ja, das beschreibt es wieder mal sehr schön.

Aber sicher wird sich irgendein Vertreter dieses "Flügels" der Grünen finden, dessen Nachbar einen Cousin hat, der vor 15 Jahren mal im Scherz "Neger" gesagt hat. Damit ist natürlich alles das ein rechtes Machwerk und die Leute am besten aus der Partei auszuschließen.

Du weißt doch: Alles ein Hirngespinnst. Daher werden ja aktuell auch Bücher am Fließband darüber geschrieben. Alles Phantasie ... :rolleyes:
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von DarkLightbringer »

Zensurkultur ist eines der großen Themen unserer Zeit, naheliegenderweise zumeist unausgesprochen.

Anders jedoch das "Volk, der große Lümmel" (>>Cicero<<) - 44 % der Allensbach-Befragten meinen, man sei besser vorsichtig bei dem, was man sagt.
1953 waren das nur 25 %.
Was ist da los, sind alle verrückt geworden? Bislang galten doch immer just die 50-er Jahre als die "bleierne Zeit". Was haben wir dann jetzt, die Epoche des Iridiums?

Aber keine Sorge, Zeiten ändern sich immer wieder mal. Irgendwann wird schon eine Aufbruchsstimmung kommen und dann wird wieder geredet, was das Zeug hält.
Eventuell werden dann die frühen 20-er Jahre des 21. Jahrhunderts aufgearbeitet. Gut möglich.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Uffhausen »

Dark Angel hat geschrieben:(19 Sep 2021, 12:09)
Eine weitere interessante Auseinandersetzung mit Wokeness/linker Identitätspolitik findet sich hier.
Sehr guter Text! :thumbup:

Was die Rechten dagegenhalten, ist für die Wokies also gar nicht mehr relevant. Demnach kann ein Rechter bspw. seinen Rassismus in vollsten Zügen ausleben und braucht dabei nur im Fall der Fälle das Gesetz zu fürchten. Für Wokies wird es ignorierbar, sofern es sich um glasklare Fälle handelt - für Wokies ist (zunehmend) einzig und allein von Interesse, wo sich bspw. Rassismus hineininterpretieren lässt; z. B.:

Ein weißer Mensch lehnt es ab, sich im Bus neben einen schwarzen Menschen auf den einzigen noch freien Sitzplatz zu setzen. Für einen Wokie würde dieser Weiße somit zur größten Ausgeburt der Nazi-Hölle werden. Würde der Wokie nachfragen, käme vielleicht heraus, dass der Weiße sich nur deswegen nicht neben den Schwarzen setzen will, weil letzterer den Dunst eines sehr aufdringlichen, und für den Weißen sehr unangenehmen, Parfüms ausströmt - somit also in keinstereise auch nur der Hauch von Rassismus vorliegt = und der Wokie mit seinem Vorurteil vollkommen falsch liegt. Das wiederrum müsste den Wokie zum nachdenken anregen. Aber ein Wokie muss nicht denken, er weiß ja alles schon vorher. Mögliche Diskussionen zu Aufklärungen von missverständlichen Eindrücken werden radikal abgelehnt.

Es ist also vollkommen unnütz, sich bspw. hier gegen Wokeness aufzulehnen. Es kommt definitiv nichts an, weil nichts ankommen darf. Weil die woke'sche Ideologie in Wahrheit eine (mittlerweile) politisierte Idiotie ist - die linke Wokeness ist somit nichts anderes, als das Spiegelbild des rechten Populismus = gäbe es eine Möglichkeit, BEIDEM Herr zu werden? Oder geht nur das Eine oder das Andere?
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von tarkomed »

DarkLightbringer hat geschrieben:(19 Sep 2021, 11:23)

Na also, dann haben wir ja schon mal eine Schrift gefunden, die wir gemeinsam als lesbar wahrnehmen.
Diplomaten würden das als einen großartigen Erfolg bewerten. ;)

Thierses unverfänglicher Text fabuliert schon auch den einen oder anderen kritischen Ansatz.
Beispiel:
https://www.thierse.de/startseite-meldu ... ruar-2021/

Unverfänglich? Ein gewisses Raunen gab es schon, gleichwohl hat man die Exkommunikation tunlichst vermieden.
Warum sollte ich deinem Zitat aus dem Link nicht beipflichten? Wir hatten das in ganz Deutschland bis 1945 und in den östlichen Bundesländern bis 1989 und wir sind froh, dass das vorbei ist.
Wo wir uns nicht einig sind, ist der Punkt, dass das in Deutschland nur von bestimmten Kreisen beklagt wird, aber sie meinen eine ganz andere Sprache, die wir für überwunden hielten. Ihre Ansichten dürfen sie behalten, aber sie dürfen sie nicht wie Björn Höcke oder Kalbitz und andere formulieren.
Gib dich nicht so, dass alle andern dich für etwas halten, was du nicht sein willst.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Dark Angel »

DarkLightbringer hat geschrieben:(19 Sep 2021, 12:51)

Linke und rechte Identitätspolitik funktioniert am besten mit dem linearen Weltbild. Demnach gibt es zwei Enden, gut und böse, wenn man so will, und alles dazwischen ist dem einen oder anderen Ende näher, wohingegen die exakte Mitte dann quasi neutral ist.
Anders sieht es aus, wenn man von der Krümmung des politischen Raumes ausgeht, auch als Hufeisenmodell bekannt.
Dann nämlich kommen die beiden Endpunkte einander gefährlich nahe, während die relativ breite Mitte den größeren Abstand einnimmt und die exakte Mitte den größtmöglichen Abstand.
Daraus erhellt sich, weshalb die Verfechter der Endpunkte das Linearmodell deutlich bevorzugen. Meistens kategorisch.
Oohje, du bist ja gaanz phöhse!
Wie kannst du es wagen, die Hufeisentheorie für die Erklärung von Weltbildern heranzuziehen. Für den Politikwissenschaftler Hajo Funke ist diese Theorie (die übrigens von Hannah Arendt entickelt wurde) widerlegt. Schließlich richtet sich diese Theorie nur gegen Linke und blendet Rechtsextremismus komplett aus - angeblich. Verleichen kann man die Ziele der beiden politischen Extrempositionen ohnehin nicht. Zu erklären versucht Funke dies am Antisemitismus, der ein gesamtgesellschaftliches Problem ist, indem er nur rechtsextremen Antisemitismus als solchen gelten lässt, linker bzw linksextremer Antisemitimus sei schließlich kein echter, sondern "nur" Israelkritik.
Die CDU-Politikerin Kristina Schröder sieht das allerdings etwas anders, genau wie Sahra Wagenknecht oder die verlinkten säkulären Grünen u.a.
Angesichts solcher Relativierungen und "Reinwaschungsversuche" der Wokeness/linken Identitätspolitik erübrigt sich eigentlich die Frage, wie es zu 1933 kommen konnte.
Es war(en) genau diese Relativierungen ("... es wird schon nicht so schlimm werden ...", dieses Wegsehen, leugnen und ignorieren hat letztendlich den Weg in den Nationalsozialismus geebnet.
Und heute ist es leider ähnlich, da werden ebenso totalitäre Tendenzen relativiert, ignoriert und geleugnet ...
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von DarkLightbringer »

tarkomed hat geschrieben:(19 Sep 2021, 15:11)

Warum sollte ich deinem Zitat aus dem Link nicht beipflichten? Wir hatten das in ganz Deutschland bis 1945 und in den östlichen Bundesländern bis 1989 und wir sind froh, dass das vorbei ist.
Wo wir uns nicht einig sind, ist der Punkt, dass das in Deutschland nur von bestimmten Kreisen beklagt wird, aber sie meinen eine ganz andere Sprache, die wir für überwunden hielten. Ihre Ansichten dürfen sie behalten, aber sie dürfen sie nicht wie Björn Höcke oder Kalbitz und andere formulieren.
In der Tat meine ich, dass es eben nicht ausschließlich extremistische Kreise gäbe, sondern auch die Mitte und breitere Schichten der Bevölkerung, die m. E. nicht alle Höcke oder Kalbitz sein können.
Auch die dänische - sozialdemokratische - Regierung ist nicht Höcke oder Kalbitz, gleichwohl die Partei der Ministerpräsidentin im Wahlkampf eben eine skandinavische Lösung - anstelle der angelsächsischen - angestrebt hatte, nämlich die offene Debatte.

Was auch immer Parteirebellen wie Wagenknecht oder Palmer sagen, die offene Diskursgesellschaft ist doch gar nicht das Problem, sie ist vielmehr die Lösung. Wenn man sie aber auf Basis von Höcke oder Kalbitz schließt, dann hat man zwangsläufig ein Problem mit dem Wesen der Demokratie.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Stoner »

Dark Angel hat geschrieben:(19 Sep 2021, 16:06)


Und heute ist es leider ähnlich, da werden ebenso totalitäre Tendenzen relativiert, ignoriert und geleugnet ...
"Ich liebe, ich liebe doch alle, alle Menschen. Ich liebe doch – ich setze mich doch dafür ein"
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Skeptiker »

Stoner hat geschrieben:(19 Sep 2021, 16:10)

"Ich liebe, ich liebe doch alle, alle Menschen. Ich liebe doch – ich setze mich doch dafür ein"
Und ich nehme ihm das bis heute ab. Die anderen waren ja auch keine Menschen, sondern Konterrevolutionäre. Gegen die ist doch jedes Mittel recht, oder?
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von tarkomed »

Skeptiker hat geschrieben:(19 Sep 2021, 13:03)
Leider wird dieses Wokeness-Gespenst von denen am Leben erhalten, die wie Selina und Tarkomed voll auf Motivation und Unterstellung fokussieren. Ist die Motivation in Ordnung, dann ist jedes Mittel erlaubt. Werden die Mittel kritisiert, dann handelt es sich um einen Feind (nicht Gegner), weil Motivation für Kritik, immer nur in der Feindschaft zum Ziel liegen kann.
Falsche Bezeichnung. Korrekt heißt es Wekeness-Phantom und zwar eins, das du selbst gemalt hast und ihm immer wieder neue Pinselstriche nach deinem Gutdünken verpasst.
Wir diskutieren hier seit Monaten über etwas nicht greifbares, dem beliebig Eigenschaften zugeschrieben werden und jeder, der dieses Spiel kritisiert, wird von dir und anderen hier selbst zum Woke. Dein Pech ist, ich bin kein Phantom und ich hänge auch keinem Phantom an, deshalb komme ich dir immer wieder in die Quere. Wo du stehst und wo ich stehe, dürfte inzwischen hier jedermann bekannt sein und jeder, der es wissen will, weiß es auch, worum es hier eigentlich geht.
Skeptiker hat geschrieben:(19 Sep 2021, 13:03)
Es wird großen gesellschaftlichen Schaden geben, wenn Leute mit dieser Geisteshaltung eine gewisse Machtschwelle und öffentliche Akzeptanz überschreiten. Dann sind tatsächlich universelle Werte wie der Gleichheitsgrundsatz in Gefahr, und es hängt alleine von der gegenwärtigen Macht ab, wer sich in der Gesellschaft einen Vorteil verschaffen kann - anstatt dass genau diese Situation geächtet ist, und die Menschen nach gleichen Chancen streben.
De gesellschaftliche Schaden ist schon da, aber er wird nicht von deinem Phantom verursacht, sondern von etwas viel Konkreterem und viel Gefährlicherem, das bereits eine Blutspur auf seinem Weg hinterlässt.
Skeptiker hat geschrieben:(19 Sep 2021, 13:03)
Aber auch eine Opferdiktatur ist nur eine Diktatur - das war noch nie anders.
Für Opferdiktaturen wie in Russland oder Kuba gibt es keinen fruchtbaren Boden in Deutschland, wie es ihn damals dort gab. Mal nicht schon wieder neue Phantome.
Gib dich nicht so, dass alle andern dich für etwas halten, was du nicht sein willst.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Zweifeler »

tarkomed hat geschrieben:(19 Sep 2021, 16:26)

Falsche Bezeichnung. Korrekt heißt es Wekeness-Phantom und zwar eins, das du selbst gemalt hast und ihm immer wieder neue Pinselstriche nach deinem Gutdünken verpasst.
Wir diskutieren hier seit Monaten über etwas nicht greifbares, dem beliebig Eigenschaften zugeschrieben werden und jeder, der dieses Spiel kritisiert, wird von dir und anderen hier selbst zum Woke. Dein Pech ist, ich bin kein Phantom und ich hänge auch keinem Phantom an, deshalb komme ich dir immer wieder in die Quere. Wo du stehst und wo ich stehe, dürfte inzwischen hier jedermann bekannt sein und jeder, der es wissen will, weiß es auch, worum es hier eigentlich geht.

De gesellschaftliche Schaden ist schon da, aber er wird nicht von deinem Phantom verursacht, sondern von etwas viel Konkreterem und viel Gefährlicherem, das bereits eine Blutspur auf seinem Weg hinterlässt.
So ungreifbar ist das garnicht, und dein sogenanntes "Phantom" ist auch nicht Skeptikers erfindung, sondern Global unterwegs. Wenn es nicht greifbar wäre, würde es nicht Global fast gleich von statten gehen. Erkenn es doch an, dass was man unter Woke versteht. Nur weil sich Wokeness in ein neues Mäntelchen gekleidet hat, ist es doch kein Phantom, nur halt noch inkognito. Man erkennt doch seine Schweine am Gang oder nicht? ;)
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Dark Angel »

tarkomed hat geschrieben:(19 Sep 2021, 16:26)

Falsche Bezeichnung. Korrekt heißt es Wekeness-Phantom und zwar eins, das du selbst gemalt hast und ihm immer wieder neue Pinselstriche nach deinem Gutdünken verpasst.
Wir diskutieren hier seit Monaten über etwas nicht greifbares, dem beliebig Eigenschaften zugeschrieben werden und jeder, der dieses Spiel kritisiert, wird von dir und anderen hier selbst zum Woke. Dein Pech ist, ich bin kein Phantom und ich hänge auch keinem Phantom an, deshalb komme ich dir immer wieder in die Quere. Wo du stehst und wo ich stehe, dürfte inzwischen hier jedermann bekannt sein und jeder, der es wissen will, weiß es auch, worum es hier eigentlich geht.
Noch einer, der "den Wald, vor lauter Bäumen, nicht sieht".
Nein, das heißt nicht Wekeness, sondern Wokeness und ist auch kein Phantom, wie die diversen Verlinkungen zur Kritik an dieser Ideologie belegen. Wokeness ist eine sehr reale, sehr greifbare Ideologie - vornehmlich der linken Szene - die mit totalistären Tendenzen zur Spaltung der Gesellschaft beiträgt.
Der Wokeness werden auch nicht beliebige Eigenschaften zugeschrieben, sondern sehr konkrete - wie du den diversen Verlinkungen entnehmen kannst. Leugnen kann die Existenz von Wokeness eigentlich nur jemand, der dieser Ideologie nahe steht bzw sie selbst vertritt.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Stoner »

Dark Angel hat geschrieben:(19 Sep 2021, 17:00)

Wokeness ist eine sehr reale, sehr greifbare Ideologie - vornehmlich der linken Szene - die mit totalistären Tendenzen zur Spaltung der Gesellschaft beiträgt.
Wobei man es nicht unbedingt überwiegend den Linken in die Schuhe schieben sollte, sondern es ist wichtig zu verstehen, dass es vielleicht stärker noch eine elitär-bürgerliche Sache im Stil einer Erweckungsbewegung ist. Angefangen vom elitären Hollywoodvölkchen über elitäre Universitätsvertreter bis zu den von jedem sozialen Linkssein freien Moralisten ist alles vertreten. Linkssein hat traditionell immer einen universalen und sozialen Anspruch. Von dem ist - wie Richard Rorty schon 1997 in Achieving Our Country bemängelte - nichts geblieben. Und auch hier ist ja der eine oder andere Wokie dabei, der so links ist wie ein Vollpfosten einem Genie gleich kommt.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Unité 1 »

Yep. "Woke" ist als links gelabelt, so ist das. Und viele liberale Positionen werden als "woke" gelabelt. Und schon zeichnet sich das Feindbild am Horizont ab, endlich wieder eine "linke totalitäre Ideologie". Wurd' ja auch Zeit.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Stoner »

Unité 1 hat geschrieben:(19 Sep 2021, 17:43)

Yep. "Woke" ist als links gelabelt, so ist das. Und viele liberale Positionen werden als "woke" gelabelt. Und schon zeichnet sich das Feindbild am Horizont ab, endlich wieder eine "linke totalitäre Ideologie". Wurd' ja auch Zeit.
Liberal plus Woke wäre ein Selbstwiderspruch, wenn man den klassischen Liberalismus zugrundelegt und nicht das, was in den USA so unter liberaler Flagge segelt. Weder Identitäres noch ein moralischer Fundamentalismus sind mit dem Liberalismus vereinbar. Wokeness ist demgemäß eine elitäre, säkulare identitäre Heilsgeschichte, keine originär linke, auch wenn sich in Deutschland Teile der in der Linkspartei, der SPD und den Grünen sich links verstehenden Köpfe zu ihr bekennen.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von tarkomed »

Dark Angel hat geschrieben:(19 Sep 2021, 17:00)

Noch einer, der "den Wald, vor lauter Bäumen, nicht sieht".
Nein, das heißt nicht Wekeness, sondern Wokeness und ist auch kein Phantom, wie die diversen Verlinkungen zur Kritik an dieser Ideologie belegen. Wokeness ist eine sehr reale, sehr greifbare Ideologie - vornehmlich der linken Szene - die mit totalistären Tendenzen zur Spaltung der Gesellschaft beiträgt.
Der Wokeness werden auch nicht beliebige Eigenschaften zugeschrieben, sondern sehr konkrete - wie du den diversen Verlinkungen entnehmen kannst. Leugnen kann die Existenz von Wokeness eigentlich nur jemand, der dieser Ideologie nahe steht bzw sie selbst vertritt.
Noch einer, der sich mit Tippfehlern aufhält. Ich habe es bis jetzt gefühlt 200 Mal geschrieben und diesmal habe ich mich verschrieben. Genieß es.
Das ist deshalb ein Phantom, weil ihr alles Mögliche in diese Bewegung hineindichtet, was bei euch Schnappatmung auslöst. Diese Bewegung ist aus gutem Grund in den USA entstanden, das hat der letzte Präsident, den sie sich geleistet haben gezeigt. Das hat auch der Polizist gezeigt, der George Floyd mit dem Knie an der Kehle den Garaus gemacht hat.
Diese Bewegung ist auch zu uns übergeschwappt, weil auch bei uns der Rassismus immer mehr um sich greift, besonders seit 2015. Und aus deiner Sicht ist natürlich vornehmlich die linke Szene, die diese Bewegung unterstütz, weil alles was dir und anderen hier nicht passt, links ist.
Es ist die Mehrheitsgesellschaft, die sich gegen diesen Rassismus von rechts widersetzt und ihr werdet uns nicht weismachen, dass die Mehrheitsgesellschaft links ist.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Zunder »

Woke ist nicht zwingend links.
Links ist politisch, woke ist moralisch.
Links sucht die Ursache in den Verhältnissen, woke sucht den Sündenbock.
Links ist kritisch, woke ist selbstgerecht.

Links ist Konjunktiv, woke ist Indikativ.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Zweifeler »

tarkomed hat geschrieben:(19 Sep 2021, 18:17)

...
Es ist die Mehrheitsgesellschaft, die sich gegen diesen Rassismus von rechts widersetzt und ihr werdet uns nicht weismachen, dass die Mehrheitsgesellschaft links ist.
Keiner im Faden hat diese Ambition, keiner im Faden ist für Rassismus.
Das Straßennamen, wie im letzte Beispiel in Berlin umbenannt werden sollen, ist nicht durch eine Mehrheitsgesselschaft gedeckt. Ganz im gegenteil, das mache Ich ihnen weiß.
Sprich wir haben eine Minderheit die im moralischen Affekt wenn nicht sogar mit politischen Ziel hier agiert.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Dark Angel »

Stoner hat geschrieben:(19 Sep 2021, 17:18)

Wobei man es nicht unbedingt überwiegend den Linken in die Schuhe schieben sollte, sondern es ist wichtig zu verstehen, dass es vielleicht stärker noch eine elitär-bürgerliche Sache im Stil einer Erweckungsbewegung ist. Angefangen vom elitären Hollywoodvölkchen über elitäre Universitätsvertreter bis zu den von jedem sozialen Linkssein freien Moralisten ist alles vertreten. Linkssein hat traditionell immer einen universalen und sozialen Anspruch. Von dem ist - wie Richard Rorty schon 1997 in Achieving Our Country bemängelte - nichts geblieben. Und auch hier ist ja der eine oder andere Wokie dabei, der so links ist wie ein Vollpfosten einem Genie gleich kommt.
Wenn du unter Linken, die klassische Linke verstehst, gebe ich dir recht. Denen kann man Wokeness tatsächlich nicht in die Schuhe schieben. Einer neomarxistishen Linken, die ihre Ideologie auf den Ideen von Marx, Rousseau, Gramsci und der Frankfurter Schule aufbaut, hingegen schon.
Bei Rousseau wird der Mensch als "von Natur aus gut" betrachtet, der erst durch falsche gesellschaftliche Verhältnisse und falsche Erziehung ein falsches Bewusstsein bekäme bzw bekommen habe. Dies könne allerdings durch eine richtige Politik, die richtige (Um)Erziehung wieder rückgängig gemacht und der Mensch könne wieder zu dem vollkommenen Wesen, das "von Natur aus gut" ist, werden.
Diese Utopie vom vollkommenen neuen Menschen findet sich bei Marx, aber auch bei Gramsci und der Frankfurter Schule und sie findet sich sogar bei den Wokies.
Gramsi steuerte das elitäre Denkmuster bei, demzufolge die Gesellschaft/ gesellschaftlichen Verhältnisse nur durch Intelektuelle verändert werden könnte(n). All das verbinden die Philosophen der Frankfurter Schule mi der Psycholoanalyse und den Sozialwissenschaften. Die so entstandene so genannte Kritische Theorie erlangte in den fünfziger Jahren besonders in Westeuropa (einschließlich Deutschland) und den USA an Bedeutung. Sie diente der 68er Bewegung als Ideengeber und der (Neo)Marxismus der Frankfurter Schule prägt die politische Linke, insbesondere linke Intelektuelle bis heute.
Und diese linken Intellektuellen, mit ihren elitären Denkmustern bilden die, u.a. von Sahra Wagenknecht, kritisierten Lifestyle-Linken, die auch den Kern der Wokies bilden.
Die linken Intellektuellen/Wokies haben auch von Marx' Sichtweise, derzufolge das "Sein das Bewusstsein bestimmt" , in ihr Gegenteil verkehrt. Darin folgen sie Gramsci und dessen These, dass "das Bewusstsein, das gsellschaftliche Sein bestimmt".
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von DarkLightbringer »

Unité 1 hat geschrieben:(19 Sep 2021, 17:43)

Yep. "Woke" ist als links gelabelt, so ist das. Und viele liberale Positionen werden als "woke" gelabelt. Und schon zeichnet sich das Feindbild am Horizont ab, endlich wieder eine "linke totalitäre Ideologie". Wurd' ja auch Zeit.
Außer Wagenknecht. Sie entlabelt das und will eine großbürgerliche Spielerei erkennen. Und Fourest in Frankreich sieht das ähnlich.
Identitäre und universalistische Ansätze seien ohnehin nicht das gleiche.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von tarkomed »

Zweifeler hat geschrieben:(19 Sep 2021, 18:33)

Keiner im Faden hat diese Ambition, keiner im Faden ist für Rassismus.
Keiner interpretiert auch so schlecht Texte wie du.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Tom Bombadil »

Schon irgendwie putzig, wie man hier auf Biegen und Brechen die Ablehnung des woken Irrsinns zu angeblicher Befürwortung von Rassismus umdeuten will :)
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von tarkomed »

Tom Bombadil hat geschrieben:(19 Sep 2021, 18:39)

Schon irgendwie putzig, wie man hier auf Biegen und Brechen die Ablehnung des woken Irrsinns zu angeblicher Befürwortung von Rassismus umdeuten will :)
Nicht wahr?... Ich habe mich auch gewundert, was dieser Zweifler alles verstanden haben will… ;)
Gib dich nicht so, dass alle andern dich für etwas halten, was du nicht sein willst.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Dark Angel »

tarkomed hat geschrieben:(19 Sep 2021, 18:17)

Noch einer, der sich mit Tippfehlern aufhält. Ich habe es bis jetzt gefühlt 200 Mal geschrieben und diesmal habe ich mich verschrieben. Genieß es.
Das ist deshalb ein Phantom, weil ihr alles Mögliche in diese Bewegung hineindichtet, was bei euch Schnappatmung auslöst. Diese Bewegung ist aus gutem Grund in den USA entstanden, das hat der letzte Präsident, den sie sich geleistet haben gezeigt. Das hat auch der Polizist gezeigt, der George Floyd mit dem Knie an der Kehle den Garaus gemacht hat.
Diese Bewegung ist auch zu uns übergeschwappt, weil auch bei uns der Rassismus immer mehr um sich greift, besonders seit 2015. Und aus deiner Sicht ist natürlich vornehmlich die linke Szene, die diese Bewegung unterstütz, weil alles was dir und anderen hier nicht passt, links ist.
Es ist die Mehrheitsgesellschaft, die sich gegen diesen Rassismus von rechts widersetzt und ihr werdet uns nicht weismachen, dass die Mehrheitsgesellschaft links ist.
In die Wokeness wird gar nichts "hineingedichtet", wie du unschwer den diversen verlinkten Artikeln entnehmen kannst.
Wokeness ist nämlich nicht mit der Black Lives Matter-Bewegung identisch, sondern geht weit darüber hinaus.
Es geht auch nicht um George Floyd, der von Polizisten getötet wurde. Nebenbei: es waren viel Polizisten, von denen nur einer Weißer war. Gegen alle vier wurden entsprechende Maßnahmen eingeleitet.
Und NEIN, bei uns greift nicht Rassismus zunehmend um sich!
Fremdenfeindlichkeit, Ablehung unkontrollierter Ein- und Zuwanderung, Islamkritik etc haben nicht zwingend etwas mit Rassismus zu tun.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von tarkomed »

Dark Angel hat geschrieben:(19 Sep 2021, 18:46)

In die Wokeness wird gar nichts "hineingedichtet", wie du unschwer den diversen verlinkten Artikeln entnehmen kannst.
Wokeness ist nämlich nicht mit der Black Lives Matter-Bewegung identisch, sondern geht weit darüber hinaus.
Es geht auch nicht um George Floyd, der von Polizisten getötet wurde. Nebenbei: es waren viel Polizisten, von denen nur einer Weißer war. Gegen alle vier wurden entsprechende Maßnahmen eingeleitet.
Und NEIN, bei uns greift nicht Rassismus zunehmend um sich!
Fremdenfeindlichkeit, Ablehung unkontrollierter Ein- und Zuwanderung, Islamkritik etc haben nicht zwingend etwas mit Rassismus zu tun.
Ich habe nur Beispiele dafür gebracht, warum die Woke-Bewegung in den USA entstanden ist. Eben, weil dort der Rassismus immer noch sehr weit verbreitet ist. Die Bewegung selbst ist viel älter als der Fall mit George Floyd oder die Wahl Trumps zum Präsidenten.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Dark Angel »

tarkomed hat geschrieben:(19 Sep 2021, 19:05)

Ich habe nur Beispiele dafür gebracht, warum die Woke-Bewegung in den USA entstanden ist. Eben, weil dort der Rassismus immer noch sehr weit verbreitet ist. Die Bewegung selbst ist viel älter als der Fall mit George Floyd oder die Wahl Trumps zum Präsidenten.
Die Woke-Bewegung entstand bereits in den dreißiger Jahren des 20.Jh. und zwar als Zeichen eines erwachenden Bewusstseins für soziale (und gesellschaftliche) Ungerechtigkeiten, damit war sie der Vorläufer der Bürgerrechtsbewegung, die in den späten Sechszigern ihren Höhepunkt fand.
In den späten 2010ern wurde der Begriff von elitären linken Intellektuellen gekapert, um damit jede Mikroaggression, jede scheinbare und/oder gefühlte Ungerechtigkeit anzuprangern.
Mit der ursprünglichen Woke-Bewegung, selbst mit Black Lives Matter hat die gegenwärtige Woke-Bewegung nicht das Geringst zu tun. Genau aus diesem Grund wurde sie auch von Präsident Obama kritisiert.
Bei den Wokies geht es nicht um die Beseitigung von Rassismus - jedenfalls nicht um die Beseitigung tatsächlich existierenden Rassismuses, es geht auch nicht um tatsächliche soziale Ungerechtigkeit.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von tarkomed »

Dark Angel hat geschrieben:(19 Sep 2021, 19:30)

Die Woke-Bewegung entstand bereits in den dreißiger Jahren des 20.Jh. und zwar als Zeichen eines erwachenden Bewusstseins für soziale (und gesellschaftliche) Ungerechtigkeiten, damit war sie der Vorläufer der Bürgerrechtsbewegung, die in den späten Sechszigern ihren Höhepunkt fand.
In den späten 2010ern wurde der Begriff von elitären linken Intellektuellen gekapert, um damit jede Mikroaggression, jede scheinbare und/oder gefühlte Ungerechtigkeit anzuprangern.
Mit der ursprünglichen Woke-Bewegung, selbst mit Black Lives Matter hat die gegenwärtige Woke-Bewegung nicht das Geringst zu tun. Genau aus diesem Grund wurde sie auch von Präsident Obama kritisiert.
Bei den Wokies geht es nicht um die Beseitigung von Rassismus - jedenfalls nicht um die Beseitigung tatsächlich existierenden Rassismuses, es geht auch nicht um tatsächliche soziale Ungerechtigkeit.
Wie ich schon mal geschrieben habe, es gibt im Netz, wie über vieles andere, auch genug über woke zu lesen und deshalb sind Belehrungen überflüssig.
Im Wiki-Eintrag heißt es beispielsweise: „Unabhängig vom politischen Spektrum wird der Ausdruck woke auch genutzt, um Kritik am Vorgehen von Progressiven auszudrücken. Auf der linken Seite des politischen Spektrums wird damit ein aggressives, rein performatives Vorgehen kritisiert.[2] Von konservativen und rechtsextremen Gruppen wird der Begriff – wie die Ausdrücke politische Korrektheit, Cancel Culture und Social Justice Warrior – mit negativer Konnotation und häufig sarkastisch verwendet, um Linke und ihre Ziele abzuwerten.[3][4] Die Selbstbeschreibung als woke ist indessen rückläufig und wird zunehmend ersetzt durch versachlichende Beschreibungen, die sich auf soziale Gerechtigkeit und Einfühlungsvermögen beziehen.“
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von schokoschendrezki »

Stoner hat geschrieben:(17 Sep 2021, 16:24)

:rolleyes:

Er hat weitere Einassungen einfach deshalb ausgelassen, weil die Sache für ihn einfach klar war und es keiner weiteren Erwähnung mehr bedurfte, dass Indianer noch unter den Negern, die auf der untersten Stufe der Kultur anzusiedeln waren, stünden. Damit fallen ja beide durch das Raster des Kant'schen Menschen der Moral und der Vernunft.

Der Punkt ist doch: Es macht seine Ansichten nicht wahr und nicht falsch, er muss trotzdem auf anderer Ebene widerlegt werden. Außer man folgt eben den Vorgaben der Wokeness-Kultur. Da wäre er dann ein für alle mal gecancelt. Wäre die Kritik der reinen Vernunft ein Gemälde im Museum, müsste es unter diesen kulturellen Vorzeichen abgehängt werden.

Kant war Rassist mit der gleichen Selbstverständlichkeit, mit der die Geister der Zeit es überwiegend waren.
Dieses letzte DIng soll man mir bitte nicht weiter einreden!! Pass auf: Anlässlich des Tods des Komponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy in Leipzig 1847 gab es einen Riesen-Trauerzug von tausenden, tausenden von Leuten. Er wurde als Musikgenie, als Wiederentdecker Bachs gefeiert. Auch schon zu seiner Zeit. Und jedem dieser Trauernden war - schon aufgrund des Namens - völlig klar, dass es sich um einen Menschen mit jüdischer Herkunft handelt. Man soll mir bitte nicht erzählen, dass Rassismus in Richtung Judenhass Mitte des 19.. Jahrhunderts so gut wie unabweisbarer Zeitgeist war. Dem man sich kaum entziehen konnte. Es war jeweils die eigene persönliche Entscheidung, diesem zeitgeistigen Judenhass zu folgen. Oder eben auch gerade nicht !!

Richard Wagner oder auch der sogenannte "Turnvater Jahn", Enrst-Moritz Arndt waren extreme Judenhasser. Aber doch nicht der freie, eigenständig denkende Mensch. Die kultivierten Leute aus den zu dieser Zeit dank Industrialisierung stark wachsenden Städten. Es mag sein, dass in den schlagenden Studentenverbindungen, in den Handwerkszünften, den Turnvereinen, den Schützenvereinen Judenhass so gut wie unabweisbar waren. Aber doch nicht bei den gebildeten Menschen!

Es ist, übrigens und nebenbei, so, dass sich auch heute jedermann und jedefrau einem vermeintlichen Zeitgeist entziehen kann. Bewusst, zum Beispiel, Gendersprache vermeiden oder auch gerade benutzen kann. Der Mensch ist frei. Absolut innerlich frei. Selbst in einem autokratischen oder sogar diktatorischen System.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von schokoschendrezki »

tarkomed hat geschrieben:(19 Sep 2021, 19:55)

Wie ich schon mal geschrieben habe, es gibt im Netz, wie über vieles andere, auch genug über woke zu lesen und deshalb sind Belehrungen überflüssig.
Im Wiki-Eintrag heißt es beispielsweise: „Unabhängig vom politischen Spektrum wird der Ausdruck woke auch genutzt, um Kritik am Vorgehen von Progressiven auszudrücken. Auf der linken Seite des politischen Spektrums wird damit ein aggressives, rein performatives Vorgehen kritisiert.[2] Von konservativen und rechtsextremen Gruppen wird der Begriff – wie die Ausdrücke politische Korrektheit, Cancel Culture und Social Justice Warrior – mit negativer Konnotation und häufig sarkastisch verwendet, um Linke und ihre Ziele abzuwerten.[3][4] Die Selbstbeschreibung als woke ist indessen rückläufig und wird zunehmend ersetzt durch versachlichende Beschreibungen, die sich auf soziale Gerechtigkeit und Einfühlungsvermögen beziehen.“
Ja na sicher doch. Ich würde mir statt angeblicher verbaler Tugendterrorei vielleicht eher die tatsächlichen sozialen Verhältnisse anschauen. Auf der einen Seiet zu einer Versachlichung zurückkehren. Welche Restriktionen etwa gibt es beim Zugang zu Bildung? Welche hinsichtlich von Verdächtungen im Strafrecht. Und auf der anderen Seite den vermeintlichen "Tugendterror" hierzulande möglichst mit Gelassenheit und Humor zu nehmen. Ich finde es äußerst befremdlich, mit welcher Insistenz etwa Befürworter und Gegner eine gendergerechten Sprache aufeinander losgehen. Man betrachte dieses seltsame Treiben einfach mal als absurdes Theaterstück.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Unité 1 »

Stoner hat geschrieben:(19 Sep 2021, 17:51)

Liberal plus Woke wäre ein Selbstwiderspruch, wenn man den klassischen Liberalismus zugrundelegt und nicht das, was in den USA so unter liberaler Flagge segelt. Weder Identitäres noch ein moralischer Fundamentalismus sind mit dem Liberalismus vereinbar. Wokeness ist demgemäß eine elitäre, säkulare identitäre Heilsgeschichte, keine originär linke, auch wenn sich in Deutschland Teile der in der Linkspartei, der SPD und den Grünen sich links verstehenden Köpfe zu ihr bekennen.
"Woke" ist doch gar nicht definiert. Von Gender Studies über sprachliches Gendern über Straßenumbenennungsaktivisten über "kulturelle Aneignung" über N-Wort über vieles mehr bis hin zur Unsagbarkeit von Indianerhäuptling: alles wird in einen Topf geworfen, kräftig umgerührt und dann als "woke" serviert. Da wird so vieles vermischt, verdreht und aufgeblasen - daraus ne Ideologie oder gar ne Bewegung zu basteln, ist an den Haaren herbeigezogen. Sicher, gibt es die Shitstorms, Drangsalierungen und dergleichen. Daran ist sicher nichts liberal, eschatologisch allerdings auch nicht.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Selina »

Diese Anti-Woke-Debatte ist doch genauso eine Scheindebatte wie die um das Thema Meinungsfreiheit, die angeblich nicht mehr vorhanden sei. Oder die Debatte über die so genannte "Deutungshoheit", über ein linksgrünes "Medienkartell" oder gar eine "Meinungsdiktatur". Alles Luftnummern der Neuen Rechten, um zu zeigen, wie "dringend" doch eine "Machtübernahme" nötig sei. Ohne das natürlich direkt so zu sagen. Erfundene aufgeblähte Geschichten.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Stoner »

Selina hat geschrieben:(20 Sep 2021, 06:26)

Diese Anti-Woke-Debatte ist doch genauso eine Scheindebatte wie die um das Thema Meinungsfreiheit, die angeblich nicht mehr vorhanden sei. Oder die Debatte über die so genannte "Deutungshoheit", über ein linksgrünes "Medienkartell" oder gar eine "Meinungsdiktatur". Alles Luftnummern der Neuen Rechten, um zu zeigen, wie "dringend" doch eine "Machtübernahme" nötig sei. Ohne das natürlich direkt so zu sagen. Erfundene aufgeblähte Geschichten.
Was soll man dazu noch sagen. Es besteht Wahlfreiheit zwischen Realitätsverlust, kognitiver Dissonanz oder Verschwörungstheorie. Kann sich jeder aussuchen, worauf er tippt.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Uffhausen »

Selina hat geschrieben:(20 Sep 2021, 06:26)
Diese Anti-Woke-Debatte ist doch genauso eine Scheindebatte wie die um das Thema Meinungsfreiheit, die angeblich nicht mehr vorhanden sei. Oder die Debatte über die so genannte "Deutungshoheit", über ein linksgrünes "Medienkartell" oder gar eine "Meinungsdiktatur". Alles Luftnummern der Neuen Rechten, um zu zeigen, wie "dringend" doch eine "Machtübernahme" nötig sei. Ohne das natürlich direkt so zu sagen. Erfundene aufgeblähte Geschichten.
Warum verweist du eigentlich auf eine drohene Machtübernahme von neurechter Seite, wenn das alles nur Scheindebatten, Luftnummern und erfunden/aufgeblähte Geschichten sind? Du schiebst scheints ganz schön Panik, nur wegen eines lauen Lüftchens... :s
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von tarkomed »

Unité 1 hat geschrieben:(20 Sep 2021, 01:23)

"Woke" ist doch gar nicht definiert. Von Gender Studies über sprachliches Gendern über Straßenumbenennungsaktivisten über "kulturelle Aneignung" über N-Wort über vieles mehr bis hin zur Unsagbarkeit von Indianerhäuptling: alles wird in einen Topf geworfen, kräftig umgerührt und dann als "woke" serviert. Da wird so vieles vermischt, verdreht und aufgeblasen - daraus ne Ideologie oder gar ne Bewegung zu basteln, ist an den Haaren herbeigezogen. Sicher, gibt es die Shitstorms, Drangsalierungen und dergleichen. Daran ist sicher nichts liberal, eschatologisch allerdings auch nicht.
Das Phantom aus dem Wok eben... :)
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Liegestuhl »

Unité 1 hat geschrieben:(20 Sep 2021, 01:23)
"Woke" ist doch gar nicht definiert. Von Gender Studies über sprachliches Gendern über Straßenumbenennungsaktivisten über "kulturelle Aneignung" über N-Wort über vieles mehr bis hin zur Unsagbarkeit von Indianerhäuptling: alles wird in einen Topf geworfen, kräftig umgerührt und dann als "woke" serviert.
Selbst, wenn man es anders nennen würde, blieben die von dir aufgezählten Symptome doch weiterhin bestehen. Und die kommen fast ausnahmslos aus einem linken, urbanen sozio-kulturellem Milieu.
Ich schulde dem Leben das Leuchten in meinen Augen.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von tarkomed »

Liegestuhl hat geschrieben:(20 Sep 2021, 09:59)

Selbst, wenn man es anders nennen würde, blieben die von dir aufgezählten Symptome doch weiterhin bestehen. Und die kommen fast ausnahmslos aus einem linken, urbanen sozio-kulturellem Milieu.
Der Name ist aber wichtig. Man muss schließlich den Gegner benennen können, dann nimmt er erst Gestalt an als Pappkamerad sozusagen...
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Liegestuhl »

tarkomed hat geschrieben:(20 Sep 2021, 10:04)

Der Name ist aber wichtig. Man muss schließlich den Gegner benennen können, dann nimmt er erst Gestalt an als Pappkamerad sozusagen...
Was wäre denn deiner Meinung nach ein geeigneter Name für das, was hier "Wokeness-Bewegung" genannt wird?
Ich schulde dem Leben das Leuchten in meinen Augen.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von tarkomed »

Liegestuhl hat geschrieben:(20 Sep 2021, 10:23)

Was wäre denn deiner Meinung nach ein geeigneter Name für das, was hier "Wokeness-Bewegung" genannt wird?
Ich wollte keinen neuen Namen vorschlagen, sondern auf die Wichtigkeit des Namens hinweisen. Sobald der Name Gestalt angenommen hat in Form eines Pappkameraden, kann man dann beliebig vieles mit ihm assoziieren und sich dann nach Lust und Laune auf ihn einschießen…
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(19 Sep 2021, 23:25)

Dieses letzte DIng soll man mir bitte nicht weiter einreden!! Pass auf: Anlässlich des Tods des Komponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy in Leipzig 1847 gab es einen Riesen-Trauerzug von tausenden, tausenden von Leuten. Er wurde als Musikgenie, als Wiederentdecker Bachs gefeiert. Auch schon zu seiner Zeit. Und jedem dieser Trauernden war - schon aufgrund des Namens - völlig klar, dass es sich um einen Menschen mit jüdischer Herkunft handelt. Man soll mir bitte nicht erzählen, dass Rassismus in Richtung Judenhass Mitte des 19.. Jahrhunderts so gut wie unabweisbarer Zeitgeist war. Dem man sich kaum entziehen konnte. Es war jeweils die eigene persönliche Entscheidung, diesem zeitgeistigen Judenhass zu folgen. Oder eben auch gerade nicht !!

Richard Wagner oder auch der sogenannte "Turnvater Jahn", Enrst-Moritz Arndt waren extreme Judenhasser. Aber doch nicht der freie, eigenständig denkende Mensch. Die kultivierten Leute aus den zu dieser Zeit dank Industrialisierung stark wachsenden Städten. Es mag sein, dass in den schlagenden Studentenverbindungen, in den Handwerkszünften, den Turnvereinen, den Schützenvereinen Judenhass so gut wie unabweisbar waren. Aber doch nicht bei den gebildeten Menschen!

Es ist, übrigens und nebenbei, so, dass sich auch heute jedermann und jedefrau einem vermeintlichen Zeitgeist entziehen kann. Bewusst, zum Beispiel, Gendersprache vermeiden oder auch gerade benutzen kann. Der Mensch ist frei. Absolut innerlich frei. Selbst in einem autokratischen oder sogar diktatorischen System.
Du begehst einen riesengroßen Denkfehler, indem du von dir selbst auf andere schließt, indem du deine (moderne) auf dem Existenzialismus Satres aufbauende Denkweise auf die Vergangenheit projizierst!
Du übersiehst, dass das eine (Judenhass) das andere (die Verehrung Mendelssohn-Bartholdys) nicht ausschließt. Karl Marx z.B. war selbst Jude und dennoch trieft seine Schrift "Zur Judenfrage" nur so von Judenhass. Es gibt so etwas wie Zeitgeist!
Du übersiehst beflissentlich, dass das 18. und 19. Jh. die Hochzeit der Aufklärung waren, eine Zeit in der sich Naturwissenschaften etablierten, diverse Theorien als Erklärungsansätze entwickelt wurden, du übersiehst, dass Darwins Evolutionstheorie als Grundlage für Rassentheorien dienten, welche wiederum als wissenschaftlich begründete Erklärungsmodelle dienten (dienen sollten), wie es zu dem unterschiedlichen Aussehen der Menschen kam/kommen konnte.
Für die Menschen im 18./19. Jh entsprach es schlicht und ergreifend dem (damals) aktuellen Wissenstand, dass es verschiedene menschliche Rassen gab - und zwar gerade unter dem Bildungsbürgertum. Gebildete Menschen wollten sich dieser Sichtweise gar nicht entziehen, sie kamen nicht auf die Idee Rassisten zu sein, rassistisch zu denken und zu handeln.
Und es war auch am Ende des 19.Jh. als aus religiös begründetem Antijudaismus, der politische Antisemitismus entstand!

Mit dem heutigen Wissen, dem heutigen Erkennstnisstand - noch dazu mit Satres Existenzialismus - Verhaltens- und Denkweisen in der Vergangenheit - die auf dem damaligen Wissens- und Erkenntnisstand - basierten - erklären zu wollen bzw (wie du das tust) zu leugnen/negieren, ist einfach nur dumm.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Unité 1 »

Liegestuhl hat geschrieben:(20 Sep 2021, 09:59)

Selbst, wenn man es anders nennen würde, blieben die von dir aufgezählten Symptome doch weiterhin bestehen. Und die kommen fast ausnahmslos aus einem linken, urbanen sozio-kulturellem Milieu.
Und?
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(20 Sep 2021, 11:05)

Du begehst einen riesengroßen Denkfehler, indem du von dir selbst auf andere schließt, indem du deine (moderne) auf dem Existenzialismus Satres aufbauende Denkweise auf die Vergangenheit projizierst!
Du übersiehst, dass das eine (Judenhass) das andere (die Verehrung Mendelssohn-Bartholdys) nicht ausschließt. Karl Marx z.B. war selbst Jude und dennoch trieft seine Schrift "Zur Judenfrage" nur so von Judenhass. Es gibt so etwas wie Zeitgeist!
Du übersiehst beflissentlich, dass das 18. und 19. Jh. die Hochzeit der Aufklärung waren, eine Zeit in der sich Naturwissenschaften etablierten, diverse Theorien als Erklärungsansätze entwickelt wurden, du übersiehst, dass Darwins Evolutionstheorie als Grundlage für Rassentheorien dienten, welche wiederum als wissenschaftlich begründete Erklärungsmodelle dienten (dienen sollten), wie es zu dem unterschiedlichen Aussehen der Menschen kam/kommen konnte.
Für die Menschen im 18./19. Jh entsprach es schlicht und ergreifend dem (damals) aktuellen Wissenstand, dass es verschiedene menschliche Rassen gab - und zwar gerade unter dem Bildungsbürgertum. Gebildete Menschen wollten sich dieser Sichtweise gar nicht entziehen, sie kamen nicht auf die Idee Rassisten zu sein, rassistisch zu denken und zu handeln.
Und es war auch am Ende des 19.Jh. als aus religiös begründetem Antijudaismus, der politische Antisemitismus entstand!
Letzteres bestreíte ich doch gar nicht. Es ist doch meine eigene Ansicht, dass moderner Rassismus und moderner Antisemitismus letztendlich ein Produkt der europäischen Aufklärung sind. Auch wenn es alle nur denkbaren Formen inhumaner Anschauungen schon vorher gab. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und am Ende des 18. Jahrhunderts kam die Mode der Sammelleidenschaft und der Klassifizierungswahn auf. Das Botanisieren, Schmetterlingsaufspießen und Käfersammeln. Kindern schenkte man leere Sammelalben und sie sollten sorgfältig alles mögliche darin einkleben und die genaue Artenbeschreibung darunter schreiben. Monat für Monat und Jahr für Jahr. Das Newtonsche physikalische Weltbild war das eines Universums als eine Art Präzisionsmaschine. In der das eine das andere umkreist. Da verwundert es überhaupt nicht, dass man auf die Idee kam, auch Menschen und Menschengruppen in diesen Klassifizierungs- und Rangordnungswahn mit einzubeziehen. Und so gab es irgendwann die Europiden, die kaukasische Rasse und daneben eben noch die Mongoliden und die Negriden. Und irgendwann später den "nordischen Kapitän" und den "ostischen Grinser". Und die Zuordnung konnte man ganz so wie bei Käfern und Schmetterlingen mit Lupe, Zentimetermaß und Schädelformvermessung vornehmen.

So. Und nun gab es neben der Mendelssohn-Verehrung im 19. Jahrhundert zum Beispiel auch sowas wie die "jüdischen Salons" in Berlin. Rahel Varnhagen ist die vielleicht bekannteste unter den Betreiberinnen. In diesen Salons verkehrten nicht nur Menschen jüdischer Herkunft sondern zeitweilig alles was irgendwie im intellektuellen Bereich Rang und Namen hatte. Von Schlegel und Tieck bis zu Mitgliedern der Hohenzollern-Familie. Da sage man mir doch nicht, dass der "Zeitgeist" komplett in der Hand von Antisemiten war. Für mich ist das eine völlig oberflächliche und auch völlig durchschaubare Strategie, nationalistisch denkende Geister wie etwa Ernst-Moritz Arndt irgendwie nachträglich zu rehabilitieren. Nach dem Motto: Sie konnten ja gar nicht anders!

Da schließt sich übrigens auch der Bogen zu diesen aktuellen Zeitgeistunterwerfungserzählungen. Man kann immer auch anders!

Mit Sartre hat das wenig bis gar nix zu tun. Es handelt sich einfach um kulturgeschichtliche Fakten.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(20 Sep 2021, 13:16)

Letzteres bestreíte ich doch gar nicht. Es ist doch meine eigene Ansicht, dass moderner Rassismus und moderner Antisemitismus letztendlich ein Produkt der europäischen Aufklärung sind. Auch wenn es alle nur denkbaren Formen inhumaner Anschauungen schon vorher gab. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und am Ende des 18. Jahrhunderts kam die Mode der Sammelleidenschaft und der Klassifizierungswahn auf. Das Botanisieren, Schmetterlingsaufspießen und Käfersammeln.
Das war kein Wahn und auch keine Mode, sondern folgt dem erkenntnistheoretischenAnsatz des Empirismus (dessen wichtigste Vertreter John Locke und David Hume waren), der unsere modernen Naturwissenschaften begründete. Der erkenntnistheoretische Ansatz des Empirismus geht davon aus, dass alle Erkenntnis auf sinnlichen Erfahrungen basiert und sich induktiver Methoden bedient. Wenn in einer Erkenntnistheorie davon ausgegangen wird, dass alle Erkenntnis auf Sinneserfahrungen beruht/basiert, kommt man NICHT umhin zu sammeln, zu untersuchen und zu klassifizieren.
Mit dem, was du als Wahn und/oder Mode bezeichnest, wurde der Grundstein für unsere moderne wissenschaftliche Methodik, Systematik und Taxonomie (Biologie) gelegt. Das, was DU so abfällig als Wahn und Sammelleidenschaft abqualifizierst, ist der Grundstein unserer (modernen) Kenntnisse und Erkenntnisse über die Erdgeschichte, die Evolution u.v.m.
Und es gibt auch heute noch Wissenschaften, die empirisch arbeiten - die Archäologie ist so eine, da wird die empirische Methode auch Feldforschung genannt.
schokoschendrezki hat geschrieben:(20 Sep 2021, 13:16)
Kindern schenkte man leere Sammelalben und sie sollten sorgfältig alles mögliche darin einkleben und die genaue Artenbeschreibung darunter schreiben. Monat für Monat und Jahr für Jahr. Das Newtonsche physikalische Weltbild war das eines Universums als eine Art Präzisionsmaschine. In der das eine das andere umkreist. Da verwundert es überhaupt nicht, dass man auf die Idee kam, auch Menschen und Menschengruppen in diesen Klassifizierungs- und Rangordnungswahn mit einzubeziehen. Und so gab es irgendwann die Europiden, die kaukasische Rasse und daneben eben noch die Mongoliden und die Negriden.
Nochmal: das war KEIN Wahn, sondern der Beginn wissenschaftlichen Arbeitens, wissenschaftlicher Methodik, der Grundstein/die Grundlage unserer modernen Naturwissenschaften.
Es ist nunmal eine grundlegende Eigenschaft des Menschen, neugierig zu sein, nach Wissen und Erkenntnis zu streben und Antworten bzw Erklärungen für alle möglichen Fragen zu finden. Der erkenntnistheoretiche Ansatz des Empirismus war EIN Weg zum Erkenntnisgewinn. Eine Frage, auf die nach Antworten/Erklärungen gesucht wurde, war die, warum sich Menschen im Aussehen unterscheiden, warum sich diese Unterschiede (auch) geographisch manifestierten. Dazu muss man halt sammeln, vergleichen, untersuchen und klassifizieren - mit Geschwätz erlangt man keine Erkenntniss(e).
schokoschendrezki hat geschrieben:(20 Sep 2021, 13:16)
So. Und nun gab es neben der Mendelssohn-Verehrung im 19. Jahrhundert zum Beispiel auch sowas wie die "jüdischen Salons" in Berlin. Rahel Varnhagen ist die vielleicht bekannteste unter den Betreiberinnen. In diesen Salons verkehrten nicht nur Menschen jüdischer Herkunft sondern zeitweilig alles was irgendwie im intellektuellen Bereich Rang und Namen hatte. Von Schlegel und Tieck bis zu Mitgliedern der Hohenzollern-Familie. Da sage man mir doch nicht, dass der "Zeitgeist" komplett in der Hand von Antisemiten war. Für mich ist das eine völlig oberflächliche und auch völlig durchschaubare Strategie, nationalistisch denkende Geister wie etwa Ernst-Moritz Arndt irgendwie nachträglich zu rehabilitieren. Nach dem Motto: Sie konnten ja gar nicht anders!
Und nochmal: (allgemeiner) Judenhass und die Verehrung eines einzelnen Juden für dessen Leistungen schließen einander nicht aus. Niemand hat behauptet, dass religiös motivierter Antijudaismus etwas war, dem sich niemand entziehen konnte bzw sich niemand entzogen hat. Es war - genau wie heute - ein gesamtgesellschaftliches Problem, dem sich mindestens genauso viele entzogen haben, wie Antijudaismus pflegten.
Ernst-Moritz Arndt, war KEIN Nationalist/nationalistisch denkender Geist, sondern ein national - vor allem aber demokratisch denkender Geist. Er strebte - wie viele andere seiner Zeit - ein geeinte deutsche Nation an.
Du und viele andere, die ihre heutige Denk- und Sichtweise, losgelöst vom historischen Kontext, auf die Vergangenheit projizieren, übersehen dabei, dass die deutschen Kleinstaaten durch Napoleon besetzt waren.
Arndt muss nicht "nachträglich rehabilitiert" werden, er ist vielmehr ein Opfer woken bzw linksidentitäteren Tugendwahns bzw linksidentitärer moralischer Überheblichkeit.
schokoschendrezki hat geschrieben:(20 Sep 2021, 13:16)
Mit Sartre hat das wenig bis gar nix zu tun. Es handelt sich einfach um kulturgeschichtliche Fakten.
Nein, es handelt sich NICHT um kulturgechichtliche Fakten, sondern um deren emotionale Verzerrung.
Mit Fakten hat die Diskreditierung historischer Persönlichkeiten rein gar nichts zu tun, dafür alles mit moralischer Bewertung aus moderner Sicht, mit "fühlt sich gut oder nicht gut an" - linksidentitäre Bilderstürmerei, aber KEINE (kulturgeschichtlichen) Fakten!
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Zuletzt geändert von Dark Angel am Mo 20. Sep 2021, 22:40, insgesamt 1-mal geändert.
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Ammianus
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Ammianus »

Durch das Sammeln kamen im 19. Jh. 3 Forscher unabhängig voneinander auf die Abfolge von Stein-, Bronze- und Eisenzeit. Nur das intensive Sammeln und Registrieren macht genauere Einblicke in kulturelle Verläufe vor Aufkommen der Schrift überhaupt erst möglich. Wobei, betrachtet man das Früh- und Hochmittelalter, dann sind hier auch die schriftlichen Quellen äußerst dünn gesäht und nur ein intensives Sammeln und Ausbreiten von dem, was die Jahrhunderte überdauert hat, macht nähere Untersuchungen möglich. Dieses Sammeln kann sehr stupide und monoton sein - aber das gehört eben auch zur Wissenschaft dazu.

In der Biologie kam man dadurch zu dem Schluss, dass die Fledermaus wohl doch kein Vogel, der Walfisch kein Fisch war.
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Skeptiker

Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Skeptiker »

schokoschendrezki hat geschrieben:(20 Sep 2021, 13:16)
...Das Newtonsche physikalische Weltbild war das eines Universums als eine Art Präzisionsmaschine. In der das eine das andere umkreist. ...
Ehrlich Schoko, das lässt darauf schließen, dass du es mit Naturwissenschaften nicht so am Hut hast.

Die Newtonsche Mechanik hat über Jahrhunderte die Welt mit ungeahnter Genauigkeit beschrieben. Sie war die Grundlage für die Ingenieurswissenschaften und die Industrialisierung. Erst durch die relativistische Physik wurde sie in Teilbereichen abgelöst. In der Praxis wird sie aber noch viele Jahrhunderte weiter fortbestehen. Sie wird auch dann noch dann von großem Wert sein, wenn "Postmodernismus" als spinnerhafte Idee die nichts hervorbringt, schon lange von der nächsten und übernächsten spinnerhaften Idee irgendwelcher Elfenbeintürmler abgelöst wurde.
Uffhausen
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Uffhausen »

Wenn "Woke" nicht definierbar sein soll, weil es von Nicht-Linken auf diverses bezogen und allgemein negativierend angewandt wird, dann ist das politische "Rechts" nicht minder undefinierbar, weil es von Nicht-Rechten ebenso auf diverses bezogen und allgemein negativierend angewandt wird.

Oder warum landen bei vielen Linken die Corona-Leugner in derselben Schublade, wie bspw. Asylbewerberheime in Brand steckende Neo-Nazis? Nur weil sich die Querdenker-Bewegung sich nicht gegen deren Unterwanderung von Rechten gewehrt hat? Demnach müssten sich Linke gefallen lassen, als "Wokies" bezeichnet zu werden = schließlich wehren sie sich auch nicht dagegen, von diesen ideologisch unterwandert zu werden.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von schokoschendrezki »

Skeptiker hat geschrieben:(20 Sep 2021, 18:06)

Ehrlich Schoko, das lässt darauf schließen, dass du es mit Naturwissenschaften nicht so am Hut hast.

Die Newtonsche Mechanik hat über Jahrhunderte die Welt mit ungeahnter Genauigkeit beschrieben. Sie war die Grundlage für die Ingenieurswissenschaften und die Industrialisierung. Erst durch die relativistische Physik wurde sie in Teilbereichen abgelöst. In der Praxis wird sie aber noch viele Jahrhunderte weiter fortbestehen. Sie wird auch dann noch dann von großem Wert sein, wenn "Postmodernismus" als spinnerhafte Idee die nichts hervorbringt, schon lange von der nächsten und übernächsten spinnerhaften Idee irgendwelcher Elfenbeintürmler abgelöst wurde.
Ehrlich, Skeptiker. Ich bin ja wirklich skeptisch und eher vorsichtig, was meine eigenen Fähigkeiten betrifft. Und versuche zumindest, Aussagen defensiv und unter Vorbehalt zu formulieren. Aber in den Naturwissenschaften, glaubs mir, kenne ich mich hervorragend aus.

Es geht nicht darum, dass die Newtonsche Mechanik irgendwie "falsch" oder "inkorrekt" sei. Sie ist unter bestimmten Voraussetzungen als eigentlich praktisch nur relevanter Spezialfall des Allgemeinfalls absolut präzise. Es geht darum, wie dieser grandiose Erfolg der mechanischen Vorstellungen von Aristoteles über Descartes bis Newton auf das Denken der Menschen, auf ihr allgemeines Weltbild, auf philosophische Grundaussagen gewirkt hat. ALs Erfolg nämlich. Als Etablierung einer allgemeinen Nichthinterfragbarkeit von mechanischen Vorstellungen. Auch wenn es sicher nicht einfach ist, den Weg von diesem allgemeinen physikalischen Bild der Welt bis hinunter zum Glauben an eine Hierarchie von "Menschenrassen" oder überhaupt der Existenz von "Menschenrassen" zu verfolgen. Die Hinterfragung dieses Aristoteles-Descartes-Newtonschen Weltbilds ab Ende des 19.. Jahrhunderts war sicherlich einer der Faktoren, die auch zur Hinterfragung von Rassentheorien und kulturalistischen Auffassungen beigetragen hat.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(20 Sep 2021, 16:31)

Das war kein Wahn und auch keine Mode, sondern folgt dem erkenntnistheoretischenAnsatz des Empirismus (dessen wichtigste Vertreter John Locke und David Hume waren), der unsere modernen Naturwissenschaften begründete. Der erkenntnistheoretische Ansatz des Empirismus geht davon aus, dass alle Erkenntnis auf sinnlichen Erfahrungen basiert und sich induktiver Methoden bedient. Wenn in einer Erkenntnistheorie davon ausgegangen wird, dass alle Erkenntnis auf Sinneserfahrungen beruht/basiert, kommt man NICHT umhin zu sammeln, zu untersuchen und zu klassifizieren.
Mit dem, was du als Wahn und/oder Mode bezeichnest, wurde der Grundstein für unsere moderne wissenschaftliche Methodik, Systematik und Taxonomie (Biologie) gelegt. Das, was DU so abfällig als Wahn und Sammelleidenschaft abqualifizierst, ist der Grundstein unserer (modernen) Kenntnisse und Erkenntnisse über die Erdgeschichte, die Evolution u.v.m.
Und es gibt auch heute noch Wissenschaften, die empirisch arbeiten - die Archäologie ist so eine, da wird die empirische Methode auch Feldforschung genannt.


Nochmal: das war KEIN Wahn, sondern der Beginn wissenschaftlichen Arbeitens, wissenschaftlicher Methodik, der Grundstein/die Grundlage unserer modernen Naturwissenschaften.
Es ist nunmal eine grundlegende Eigenschaft des Menschen, neugierig zu sein, nach Wissen und Erkenntnis zu streben und Antworten bzw Erklärungen für alle möglichen Fragen zu finden. Der erkenntnistheoretiche Ansatz des Empirismus war EIN Weg zum Erkenntnisgewinn. Eine Frage, auf die nach Antworten/Erklärungen gesucht wurde, war die, warum sich Menschen im Aussehen unterscheiden, warum sich diese Unterschiede (auch) geographisch manifestierten. Dazu muss man halt sammeln, vergleichen, untersuchen und klassifizieren - mit Geschwätz erlangt man keine Erkenntniss(e).
Uff. Es führt für ein Diskussionsforum zu weit, diese Fragen zu erörtern. Ich sage nur mal kurz: Das Wesen moderner Naturwissenschaften ist vor allem von einer Mathematisierung geprägt. Das wolllte man lange Zeit nicht glauben. Und dagegen hat es erhebliche Widerstände und Aufregungen gegeben. Der bekannteste und wichtigste Gegner dieser Mathematisierungstendenz war Johann Wolfgang von Goethe. Genau um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert herum. Wir kennen ihn vor allem als den deutschen Nationaldichter. Er selbst jedoch sah sich mindestens gleichermaßen als Naturerklärer. Nur: Er irrte! Es ist keineswegs so, dass man das Phänomen "Farbe" versteht, wenn man intensiv genug Farben wahrnimmt. Sondern wenn man das Prinzip Spektralanalyse versteht. Als Mathematik. Man muss es am Ende nur noch in der Wirklichkeit durch Experimente verifizieren (oder falsifizieren). Goethe war auch einer der eifrigsten Botanisierer und Gesteinssammler. Sein Credo war: Das was man begreifen will muss man tatsächlich und im Wortsinne begreifen. Anfassen, riechen, wahrnehmen. Nur. Nochmal: Er irrte! Heutige relevante Welterklärungstheorien wie die Stringtheorie(n) haben überhaupt nix mehr, garnix mehr mit sinnlicher Wahrnehmung zu tun.

Es ist übrigens auch bezeichnend genug, dass gerade die extremst rechtskonservativen Denker wie etwa Ernst Jünger das "Käfersammeln" versucht haben bis in die Neuzeit und den Postmodernismus hinüberzuretten. Jünger schwärmte nicht nur von Stahlgewittern sondern war auch passionierter Käfersammler.


Eine der wichtigsten Grundlagen der modernen Naturwissenschaften, die Fourier-Analyse, zuweilen heißt es auch, die Fourier-Analyse sei überhaupt der Beginn der modernen Naturwissenschaft, wurde nicht etwa durch Sammeln und Messen erbracht sondern sie wurde durch eine mathematische Theorie quasi im Gehirnerbrütet.

Die allgemeine Relaitivitätstheorie und damit die Basis für ein Verständnis unserer Welt und des Universums überhaupt besteht zu 99,9 Prozent in der Entwicklung konsistenter mathematischer Gleichungssysteme und zu 0,1 Prozent in ihrem Nachweis in der Periheldrehung des Planeten Merkur.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Skeptiker »

schokoschendrezki hat geschrieben:(21 Sep 2021, 08:14)
Ehrlich, Skeptiker. Ich bin ja wirklich skeptisch und eher vorsichtig, was meine eigenen Fähigkeiten betrifft. Und versuche zumindest, Aussagen defensiv und unter Vorbehalt zu formulieren. Aber in den Naturwissenschaften, glaubs mir, kenne ich mich hervorragend aus.

Es geht nicht darum, dass die Newtonsche Mechanik irgendwie "falsch" oder "inkorrekt" sei. Sie ist unter bestimmten Voraussetzungen als eigentlich praktisch nur relevanter Spezialfall des Allgemeinfalls absolut präzise. Es geht darum, wie dieser grandiose Erfolg der mechanischen Vorstellungen von Aristoteles über Descartes bis Newton auf das Denken der Menschen, auf ihr allgemeines Weltbild, auf philosophische Grundaussagen gewirkt hat. ALs Erfolg nämlich. Als Etablierung einer allgemeinen Nichthinterfragbarkeit von mechanischen Vorstellungen. Auch wenn es sicher nicht einfach ist, den Weg von diesem allgemeinen physikalischen Bild der Welt bis hinunter zum Glauben an eine Hierarchie von "Menschenrassen" oder überhaupt der Existenz von "Menschenrassen" zu verfolgen. Die Hinterfragung dieses Aristoteles-Descartes-Newtonschen Weltbilds ab Ende des 19.. Jahrhunderts war sicherlich einer der Faktoren, die auch zur Hinterfragung von Rassentheorien und kulturalistischen Auffassungen beigetragen hat.
Wenn du dich so gut in den Naturwissenschaften auskennst, dann ist dir ja ganz sicher bewusst, dass es in den Naturwissenschaften keine Wahrheiten gibt. Die jeweils gültige Lehrmeinung bildet immer nur den anerkannten besten Stand des Wissens ab - mit anderen Worten denjenigen, der die Beobachtungen am besten und schlüssigsten erklären lässt und bislang an wenigsten angreifbar war.

Was immer da an Schädelvermessungen durchgeführt wurde, hat AM ENDE zu der Erkenntnis geführt, dass es keine Menschenrassen gibt. Und das widerlegt nicht etwa die Methodik der Wissenschaft - es bestätigt sie, weil man ihre gesamte Historie als einen Weg auffassen muss, den man geht, auf dem Weg zu einem Ziel, welches man nie erreicht, im Gegensatz zu Religionen und Ideologien (und Philosophien), welche den Weg niemals beschreiten, aber vorgeben am Ziel angekommen zu sein.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von schokoschendrezki »

Skeptiker hat geschrieben:(21 Sep 2021, 09:15)

Wenn du dich so gut in den Naturwissenschaften auskennst, dann ist dir ja ganz sicher bewusst, dass es in den Naturwissenschaften keine Wahrheiten gibt. Die jeweils gültige Lehrmeinung bildet immer nur den anerkannten besten Stand des Wissens ab - mit anderen Worten denjenigen, der die Beobachtungen am besten und schlüssigsten erklären lässt und bislang an wenigsten angreifbar war.

Was immer da an Schädelvermessungen durchgeführt wurde, hat AM ENDE zu der Erkenntnis geführt, dass es keine Menschenrassen gibt. Und das widerlegt nicht etwa die Methodik der Wissenschaft - es bestätigt sie, weil man ihre gesamte Historie als einen Weg auffassen muss, den man geht, auf dem Weg zu einem Ziel, welches man nie erreicht, im Gegensatz zu Religionen und Ideologien (und Philosophien), welche den Weg niemals beschreiten, aber vorgeben am Ziel angekommen zu sein.
Du hast insofern recht und liegst vollkommen richtig mit der Auffassung, dass man dieses "Schädelvermessen" im Großen und Ganzen nicht nur als Absurdität sondern auch als Falisifizierung einer Annahme auf der Basis empirischer Ergebnisse auffassen kann.

Nur: Was kam denn nach der Kraniometrie? Unter anderem Eugenik, Zwangssterilisation, "Rassenhygiene". Ich will gar nicht die extreme Situation oder Aktionen wie T4 in der NS-Zeit ansprechen. Auch die Idee der Eugenik, der Gesellschaftsaufbesserung durch Zwangssterilisation, die vermeintliche Aufbesserung der Gesellschaft durch Ausmerzung von vemeintlichen Idioten und ihrer zwangsweisen Behinderung an der Vermehrung ... ist ein durch und durch und im Ursprung europäisch-aufklärerisches (und übrigens auch vorwiegend sozialdemokratisches) Projekt. Ich will dem SPD-Kandidaten Scholz keineswegs unterstellen, dass er auf dieses längst ad acta gelegte skandinavische Eugenik-Projekt setzt ... aber wenn man den so reden hört ... wie er von einer Lösung aller Probleme durch ein technologisches Nach-Vorn-Denken spricht. Da dringt immer noch diese Vorstellung durch, dass sich physikalische, chemische, biologische Gewissheiten einfach so auf gesellschaftliche Prozesse übertragen lassen können.
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