Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

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PeterK
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von PeterK »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(15 Nov 2019, 12:21)
Das ist eine Schlussfolgerung von dir, die sich aus dem Artikel so nicht rauslesen lässt.
Ich las:
Es gebe "viele ungeschriebene Gesetze, welche Meinungen akzeptabel und welche tabu sind" – dieser Ansicht sind 63 Prozent der Befragten.
Ich meine, der Wert sei zu niedrig. Das bedeutete ja, dass 37% meinen, es gebe keine "ungeschriebenen Gesetze" wie z.B. Anstand und Rücksichtnahme mehr. Das wäre in der Tat besorgniserregend.
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schokoschendrezki
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von schokoschendrezki »

MäckIntaier hat geschrieben:(15 Nov 2019, 11:37)

Ob nun Weimarer Republik oder Mein Kampf - diese Art der Kostümierung der Wirklichkeit des 21. JH mit seinen neuen Medien und Kommunikationsräumen verstellt den Blick auf die eigene Wirklichkeit. Es ist ein a-historischer Historizismus.

Wer noch ganz bei Trost ist, wird sich in einem öffentlichen Medium wie Zwitscher oder Fehsbuk auch unter Wahrung allen Anstands zu einigen Themen nicht äußern. Diese Themen stehen nicht für alle Ewigkeit fest, sondern unterliegen bestimmten gesellschaftlichen Machtverhältnissen. Und wer glaubt, er könne sich im Zeitalter der Hysterie und Shitstürme sanktionsfrei gegen diese Machtverhältnisse stellen, ist bestenfalls naiv.
Seit Oktober gibts erstmals seit längerer Zeit in Budapest einen Oberbürgermeister, der nicht von der vaterländischen allmächtigen Orbán-Partei Fidesz gestellt wird. Sondern von einer grün-linksliberalen Partei. Dreimal darfst du raten, was bestimmt einer von zwei Fidesz-Wählern in einer ungarischen Kleinstadt in der Provinz als erstes darüber denkt. Auch wenn er das Wort "zsidók" (Juden) nicht explizit in den Mund nimmt. Die Vergangenheit lebt auf erschreckende Art und Weise weiter. Und die Metropolen samt ihrem kosmopolitischen Bewohneranteil werden noch eine entscheidende Rolle bei der Überwindung dieser Vergangenheit und der Rettung der Idee von Liberalismus und Demokratie spielen.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Selina
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Nov 2019, 09:06)

Dabei aber nicht vergessen, dass "Mein Kampf" in den 20er Jahren geschrieben wurde und auch bereits in ebendiesen ein Bestseller war. Und auch der "Völkische Beobachter" erschien bereits in den 20ern. Der erste Band entstand unmittelbar nach dem Hitlerputsch am 9. November 23 (noch so ein 9. November ...). Es geht nicht um den "Holocaust" sondern um das gesellschaftliche Klima der Weimarer Republik oder auch das in Wien, Prag, Budapest um die Jahrhundertwende. Das "gesunde Volksempfinden" wird gegen eine vermeintliche urbane, kosmopolitische, "abgehobene" Gruppe ins Feld geführt. Heute spricht man nicht mehr von "gesundem Voksempfinden" und es geht abgesehen von Ausnehmen auch nicht gegen die Juden. Man kann aber auch in diesem Forum Sätze lesen wie "Bei uns hier in ... redet man noch Klartext". "Hier kann man uns nicht ein x für ein y vormachen". Die Mechanismen sind ähnlich. Und selbst noch gestern im Ersten bei Dieter Nuhr kann man das beobachten: Ein Ausnutzen und gleichzeitiges Einüben von Reiz-Reflex-Kreisläufen. Die dann immer wieder wie auf Knopfdruck auslösbar sind. "Professix!" ... "Haha. Ja. Der sagts mal. Der traut sich!" Und diese Kreisläufe spielen sich mehr und mehr nur noch in einem Debattentheater ab. Schaut man wirklich einmal in die Wirklichkeit, siehts erheblich komplexer und vielfältiger aus. Keineswegs können junge Menschen und schon gar nicht Studenten ihr Wissen nur noch über das Smartphone abrufen. Im Gegenteil: Haptik, Arbeiten mit der Hand erlebt geradezu einen Höhenflug. Zumindest in einigen urbanen Kulturen. Freie Werkstätten, Urban Gardening ... um nur einige Beispiele zu nennen. Gestern habe ich tatsächlich in einem Regionalzug junge Leute gesehen, die ein komplettes Band-Equipment im Fahradabteil auf Radkarren transportierten. Also jetzt nicht Streetmusic-Technik mit Akkus, sondern richtige Instrumentalverstärker. Dieter Nuhr sollte öfter mal mit Öffentlichen fahren.
Der Nuhr ist in den letzten Jahren in dieselbe Richtung gewandert wie Lengsfeld und co. Das Paradoxe dabei: Wirkliches Kabarett im besten Wortsinne kommt normalerweise nicht aus so einer Ecke. Ein weiteres Zeichen dafür, wie verschoben und verquer die politischen Koordinatensysteme und Verhältnisse inzwischen sind. Und urban gardening, so schön das auch klingt, es erinnert mich doch ein wenig an Rudolf Steiner mit seiner "biologisch-dynamischen Landwirtschaft", einschließlich Gartenbau. Aber was solls, hängt ja alles mit allem irgendwie zusammen.
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Nov 2019, 12:58)

Seit Oktober gibts erstmals seit längerer Zeit in Budapest einen Oberbürgermeister, der nicht von der vaterländischen allmächtigen Orbán-Partei Fidesz gestellt wird. Sondern von einer grün-linksliberalen Partei. Dreimal darfst du raten, was bestimmt einer von zwei Fidesz-Wählern in einer ungarischen Kleinstadt in der Provinz als erstes darüber denkt. Auch wenn er das Wort "zsidók" (Juden) nicht explizit in den Mund nimmt. Die Vergangenheit lebt auf erschreckende Art und Weise weiter. Und die Metropolen samt ihrem kosmopolitischen Bewohneranteil werden noch eine entscheidende Rolle bei der Überwindung dieser Vergangenheit und der Rettung der Idee von Liberalismus und Demokratie spielen.
Genau. Auch die relativ niedrigen Großstadt-Ergebnisse für die AfD lassen hoffen.
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Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(15 Nov 2019, 13:08)

Der Nuhr ist in den letzten Jahren in dieselbe Richtung gewandert wie Lengsfeld und co. Das Paradoxe dabei: Wirkliches Kabarett im besten Wortsinne kommt normalerweise nicht aus so einer Ecke. Ein weiteres Zeichen dafür, wie verschoben und verquer die politischen Koordinatensysteme und Verhältnisse inzwischen sind. Und urban gardening, so schön das auch klingt, es erinnert mich doch ein wenig an Rudolf Steiner mit seiner "biologisch-dynamischen Landwirtschaft", einschließlich Gartenbau. Aber was solls, hängt ja alles mit allem irgendwie zusammen.
"Urban Gardening" ist mir nur eingefallen, weil es gestern in der Sendung um "Bildung" ging und einfach nur ein 0815-Pauschalurteil nach dem anderen abgelassen und beklatscht wurde.

Bei einem Satz wie "Soldaten sind Mörder" musst du schon eher aufpassen. 1931 von Tucholsky in der Weltbühne geschrieben. (Typisches Exemplar für das, was seine Gegner "Judenpresse" nannten). Der letzte einer Reihe von Prozessen zu diesem Satz fand 1995 in der Bundesrepublik statt. Woher die Aufregung, fragt man sich, wenn doch alles schon historisiert ist.
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Nov 2019, 13:22)

"Urban Gardening" ist mir nur eingefallen, weil es gestern in der Sendung um "Bildung" ging und einfach nur ein 0815-Pauschalurteil nach dem anderen abgelassen und beklatscht wurde.

Bei einem Satz wie "Soldaten sind Mörder" musst du schon eher aufpassen. 1931 von Tucholsky in der Weltbühne geschrieben. (Typisches Exemplar für das, was seine Gegner "Judenpresse" nannten). Der letzte einer Reihe von Prozessen zu diesem Satz fand 1995 in der Bundesrepublik statt. Woher die Aufregung, fragt man sich, wenn doch alles schon historisiert ist.
Ja. Und dass es auch bei jüngeren Leuten wieder eine stärkere Hinwendung zu Selbstgedachtem und Selbstgemachtem - weg vom ewigen Smartphone - gibt, ja, das sehe ich auch so.
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von schokoschendrezki »

Von Weltbühnen-Herausgeber Jabosohn ist übrigens bekannt, was er auf Leserbriefe aufgebrachter Bürger antwortete: "Sie haben nur ein Recht: Mein Blatt nicht zu lesen." Das müsste man auch all diesen Leuten sagen, die unentwegt diesen Unsinn von der Entreißung der "Deutungshoheit" faseln. Wenn ich das schon höre. Eine "Deutungshoheit" muss man sich im eigenen Kopf selbst schaffen. Und niemand hat ein Anrecht darauf, dass andere dieser eigenen Deutungshoheit folgen müssen.
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von schokoschendrezki »

Wenn mit dieser "Deutungshoheit" der Einfluss auf die öffentliche Meinung gemeint ist, so muss meiner Ansicht nach genau dieser Begriff einmal hinterfragt werden. Inwiefern und ob die "öffentliche Meinung" tatsächlich mehr und anderes ist als die Summe individueller Meinungen oder die Summe der Positionierungen von politischen und sonstigen Gruppen. Und zwar in einer Gesellschaft, in der bereits auch der politische Willen mehr und mehr nicht von 2 ein viertel "Volksparteien" repräsentiert wird sondern von mehr und mehr ganz unterschiedlichen politischen Parteien. Ich glaube, die "öffentliche Meinung" ist bei denen, die von ihr sprechen und die sie zu kennen glauben, einfach nur das, was sie sich jeweils als "öffentliche Meinung" vorstellen. In vielen Fällen einfach das imaginierte Ziel einer Wutablassung oder umgekehrt die imaginierte Quelle einer Meinungsbestätigung.
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Selina »

Man braucht sich nur die Entstehungsgeschichte des Wortes "Deutungshoheit" ansehen. Vor allem die der letzten Jahre. Dann weiß man alles.
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Zunder »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Nov 2019, 09:06)

Dabei aber nicht vergessen, dass "Mein Kampf" in den 20er Jahren geschrieben wurde und auch bereits in ebendiesen ein Bestseller war. Und auch der "Völkische Beobachter" erschien bereits in den 20ern. Der erste Band entstand unmittelbar nach dem Hitlerputsch am 9. November 23 (noch so ein 9. November ...). Es geht nicht um den "Holocaust" sondern um das gesellschaftliche Klima der Weimarer Republik oder auch das in Wien, Prag, Budapest um die Jahrhundertwende. Das "gesunde Volksempfinden" wird gegen eine vermeintliche urbane, kosmopolitische, "abgehobene" Gruppe ins Feld geführt. Heute spricht man nicht mehr von "gesundem Voksempfinden" und es geht abgesehen von Ausnehmen auch nicht gegen die Juden. Man kann aber auch in diesem Forum Sätze lesen wie "Bei uns hier in ... redet man noch Klartext". "Hier kann man uns nicht ein x für ein y vormachen". Die Mechanismen sind ähnlich. Und selbst noch gestern im Ersten bei Dieter Nuhr kann man das beobachten: Ein Ausnutzen und gleichzeitiges Einüben von Reiz-Reflex-Kreisläufen. Die dann immer wieder wie auf Knopfdruck auslösbar sind. "Professix!" ... "Haha. Ja. Der sagts mal. Der traut sich!" Und diese Kreisläufe spielen sich mehr und mehr nur noch in einem Debattentheater ab. Schaut man wirklich einmal in die Wirklichkeit, siehts erheblich komplexer und vielfältiger aus. Keineswegs können junge Menschen und schon gar nicht Studenten ihr Wissen nur noch über das Smartphone abrufen. Im Gegenteil: Haptik, Arbeiten mit der Hand erlebt geradezu einen Höhenflug. Zumindest in einigen urbanen Kulturen. Freie Werkstätten, Urban Gardening ... um nur einige Beispiele zu nennen. Gestern habe ich tatsächlich in einem Regionalzug junge Leute gesehen, die ein komplettes Band-Equipment im Fahradabteil auf Radkarren transportierten. Also jetzt nicht Streetmusic-Technik mit Akkus, sondern richtige Instrumentalverstärker. Dieter Nuhr sollte öfter mal mit Öffentlichen fahren.
In den 20er Jahren war "Mein Kampf" noch kein Bestseller. Zu dem wurde dieses Machwerk erst in den 30ern.
Das hat zwar mit dem eigentlichen Thema des Stranges wieder einmal nichts zu tun, ist aber bezeichnend für das Argumentationsmuster:

Mein Kampf - gesundes Volksempfinden - Dieter Nuhr.

Und schon sind wir tatsächlich beim Thema: die Diffamierung eines Andersdenkenden.

Ein Ausnutzen und gleichzeitiges Einüben von Reiz-Reflex-Kreisläufen. Die dann immer wieder wie auf Knopfdruck auslösbar sind. "Professix!" ... "Haha. Ja. Der sagts mal. Der traut sich!"

Auf deine "Empfehlung" hin habe ich mir die Sendung angeschaut. Diese Stelle kommt überhaupt nicht vor. Aber das macht nichts. Der Vorwurf ist zwar sachlich falsch, aber moralisch korrekt, also darfst du das auch behaupten.
Dieter Nuhr hat allerdings, und zwar in ganzen Sätzen, auf eine Umfrage unter Soziologie- und Politologiestudenten in Frankfurt hingewiesen, derzufolge rund die Hälfte der Studierenden kontroverse Standpunkte an der Universität ablehnt:

"Der Soziologe und Kommunikationswissenschaftler Matthias Revers und der Politologe Richard Traunmüller hatten ihre Befragung durchgeführt, weil sie den Eindruck gewonnen hatten, dass es unter den Studenten einen hohen ideologischen und sprachlichen Konformitätsdruck gibt. Die Ausladung des Polizeigewerkschafters Rainer Wendt an der Universität Frankfurt Ende 2017 war einer der Auslöser, die Haltung einiger Studenten genauer kennenzulernen. Auch damals war es Susanne Schröter gewesen, die ihn einlud, dann aber nach dem offenen Brief von 60 Wissenschaftlern der Universität wieder auslud.

Bücher sollen entfernt werden

In der repräsentativen Befragung der beiden Wissenschaftler hat sich gezeigt, dass ein Drittel bis über die Hälfte der Befragten sich dezidiert dagegen aussprachen, dass Menschen mit kontroversen Standpunkten an der Universität reden dürfen. Bis zu ein Drittel der Befragten war sogar dagegen, dass deren Bücher in der Universitätsbibliothek ausgelegt werden können, und forderte deren Entfernung. Als Themen dienten Revers und Traunmüller Beispiele wie die Unvereinbarkeit von Islam und westlichem Lebensstil, biologische Unterschiede in den Fähigkeiten von Männern und Frauen und die Ablehnung jeglicher Form der Einwanderung."

https://edition.faz.net/woche/politik/2 ... c/?GEPC=s5

Wenn Dieter Nuhr im Nazi-Kontext steht, in welchem Kontext steht dann die Forderung, Bücher von Andersdenkenden aus der Unibibliothek zu entfernen? Haptik, Urban Gardening, Instrumentalverstärker, ÖPNV?

Es ging übrigens um Bildung. Das Resümee:
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naddy
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von naddy »

schokoschendrezki hat geschrieben:(14 Nov 2019, 15:16)

Aus A. Hitler: "Mein Kampf",...
Die Ursachen für heutige Probleme findet man nicht selten in der Vergangenheit. In diesem Fall in einer ganz speziellen Art deutscher Vergangenheitsbewältigung nach dem Motto: "Aus den Augen, aus dem Sinn". Statt offensiver Auseinandersetzung mit nazistischem Gedankengut entschloß man sich, alle äußeren Symbole zu verbieten und Hitlers Machwerk in den Giftschrank zu sperren. Sinnigerweise zu einer Zeit, als nicht wenige Posten in Politik, Polizei und Justiz noch mit echten Nazis besetzt waren. Warum hat man nicht die inhaltliche Auseinandersetzug versucht, wenigstens in gymnasialen Oberstufen? Mögliche Hypothesen: Entweder man hielt das Lehrpersonal für unfähig oder die Schüler für zu blöd. Stattdessen wurden durch Mystifizierung und Aufladung mit Protestpotential die Grundlagen für aktuelle Zeitphänomene gelegt - vermutlich in "bester Absicht". Die aktuellen Nazis und Neonazis wissen wenig bis gar nichts über ihre ideologischen Vordenker. Was sie aber wissen ist, dass man durch das Zeigen von Symbolen und Gesten öffentliche Aufregung erzeugen und Andere gewaltig ärgern kann.
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Stoner »

Selina hat geschrieben:(15 Nov 2019, 14:06)

Man braucht sich nur die Entstehungsgeschichte des Wortes "Deutungshoheit" ansehen. Vor allem die der letzten Jahre. Dann weiß man alles.
Und wer alles weiß, hat eben recht.

Vielleicht ist das ja das Problem: Dass zu viele alles wissen.
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Selina »

MäckIntaier hat geschrieben:(15 Nov 2019, 15:11)

Und wer alles weiß, hat eben recht.

Vielleicht ist das ja das Problem: Dass zu viele alles wissen.
Der Begriff "Deutungshoheit" wird in dieser Häufigkeit erst seit 2015 verwendet. Und das vorzugsweise von den Neurechten. Das wird man ja wohl mal sagen dürfen :D
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Stoner »

Selina hat geschrieben:(15 Nov 2019, 15:43)

Der Begriff "Deutungshoheit" wird in dieser Häufigkeit erst seit 2015 verwendet. Und das vorzugsweise von den Neurechten. Das wird man ja wohl mal sagen dürfen :D
Sie sagen es ja den ganzen Tag, Beitrag um Beitrag um Beitrag.

Was einen auf die Idee bringen könnte, dass "alles wissen" sehr wenig sein kann. :D
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von naddy »

Zunder hat geschrieben:(15 Nov 2019, 14:50)

In der repräsentativen Befragung der beiden Wissenschaftler hat sich gezeigt, dass ein Drittel bis über die Hälfte der Befragten sich dezidiert dagegen aussprachen, dass Menschen mit kontroversen Standpunkten an der Universität reden dürfen. Bis zu ein Drittel der Befragten war sogar dagegen, dass deren Bücher in der Universitätsbibliothek ausgelegt werden können, und forderte deren Entfernung.
Ein weiteres Beispiel dafür, dass sich die in meinem vorhergehenden Beitrag angesprochene Strategie "Aus den Augen, aus dem Sinn" immer noch großer Beliebtheit erfreut. Dass selbst Studenten den rationalen Diskurs scheuen und stattdessen auf Rede- und Bücherverbot setzen, ist wirklich kein gutes Zeichen.
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Diestel »

naddy hat geschrieben:(15 Nov 2019, 15:53)

Ein weiteres Beispiel dafür, dass sich die in meinem vorhergehenden Beitrag angesprochene Strategie "Aus den Augen, aus dem Sinn" immer noch großer Beliebtheit erfreut. Dass selbst Studenten den rationalen Diskurs scheuen und stattdessen auf Rede- und Bücherverbot setzen, ist wirklich kein gutes Zeichen.
Hättest du gern die Reichsfahne in deutschen Hörsälen hängen? :rolleyes:
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Selina »

MäckIntaier hat geschrieben:(15 Nov 2019, 15:50)

Sie sagen es ja den ganzen Tag, Beitrag um Beitrag um Beitrag.

Was einen auf die Idee bringen könnte, dass "alles wissen" sehr wenig sein kann. :D
Der Witz ist nur, dass es diese ständig beklagte "Deutungshoheit", angeblich ausgeübt von Linksgrün, gar nicht gibt. Gehört alles in die Kategorie Diskursverschiebung. Man muss es nur oft genug sagen, dass man sich in der Öffentlichkeit nicht mehr frei äußern darf, und es finden sich garantiert ein paar Leute, die den Käse glauben.
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Ammianus »

Diestel hat geschrieben:(15 Nov 2019, 16:14)

Hättest du gern die Reichsfahne in deutschen Hörsälen hängen? :rolleyes:
Was hat jetzt irgendeine "Reichsfahne" mit der faschistoiden Haltung gut eines Drittels befragter Studenten zu tun. Obwohl, interessant ist, dass z.B. die NSDAP gerade unter der Studentenschaft schon vor ihrer Machtübernahme zahlreiche Anhänger hatte. Und ich glaube mich zu erinneren, dass wohl auch unter den Teilnehmern der Bücherverbrennungen 1933 - ach nee, die haben das sogar organisiert und durchgeführt ...
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von naddy »

Diestel hat geschrieben:(15 Nov 2019, 16:14)

Hättest du gern die Reichsfahne in deutschen Hörsälen hängen? :rolleyes:
Nein, hätte ich nicht. Obwohl ich es in Kauf nehmen könnte, wenn unter dieser Fahne die Zeitprobleme im rationalen Diskurs statt mit Parolen angegangen würden. Wie ich schon im Thread "Rechtsextremismus"schrieb: "Wenn man einen Gegner erfogreich bekämpfen will, sollte man tunlichst nicht die gleichen Mittel anwenden wie er. Es ist eine denkbar schlechte Idee, Pauschalisierungen mit Pauschalisierungen zu begegnen.".
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Skeptiker »

Zunder hat geschrieben:(15 Nov 2019, 14:50)
Vollzitat
Korrekt.

Ich habe die letzte Zeit eher beiläufig diesen Strang beobachtet und gewinne mehr und mehr die Erkenntnis, dass es sich nicht lohnt das überhaupt noch zu diskutieren. Wenn man bei einem Thema wie diesem tatsächlich Meinungen liest, dass sich dann eben nur die Minderheit nicht zu benehmen wisse, dann kann ich nur annehmen, dass manche Foristen hier jeglichen Bezug zur Realität verloren haben. Je vorsichtiger man bei Äußerungen in der Öffentlichkeit sein muss, umso besser weiß man sich zu "benehmen". Unglaublich - Deutschland im Jahr 2019 - Geschichte: Setzen 6!

Die Äußerungen die ich hier von diversen Leute lese, zeigen letztendlich, dass bestimmte Teile der Bevölkerung bereits bestens auf eine Verdrängung Andersdenkender vorbereitet ist. Es wird nicht als Bedrohung aufgefasst kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen - nein, die Bedrohung ist sie reden oder schreiben zu lassen. Diese Einstellung ist nur einen Befehl von Bücherverbrennungen entfernt. Wer will hier ernsthaft glaubhaft machen, er würde nicht mit Freude Werke des so wahrgenommenen "Feindes der Demokratie" den Feuer übergeben wollen? Hätte es nicht entsprechenden Symbolcharakter, wäre das wohl längst passiert - so radikal wie man aktuell die Meinungsvielfalt vor der falschen Meinung zu schützen entschlossen ist.

Welch Wunder also, dass die Menschen auf der Straße lieber die Klappe halten - die sind ja auch nicht blöd. Wenn schon ein Nuhr, der ganz sicher keine anrüchigen Sachen verbreitet, zur Zielscheibe entsprechender Diffamierungen wird, wieso sollte sich dann ein Normalo sicher fühlen diese Themen öffentlich anzusprechen? Er kann es natürlich nicht, und das spiegelt das Umfrageergebnis wieder.

Ich habe mich noch nie so sehr wie in einem Land schrulliger Einfallspinsel gefühlt, wie derzeit. Es scheint einen wahren Wettlauf der Tugendhaftigkeit zum Schaden der Freiheit zu geben, der in meinen Augen dringend durch eine Besinnung auf demokratische Tugenden begegnet werden muss.
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Diestel »

Skeptiker hat geschrieben:(15 Nov 2019, 18:40)

Es wird nicht als Bedrohung aufgefasst kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen - nein, die Bedrohung ist sie reden oder schreiben zu lassen.
Das hast du gut erkannt.
Stoner

Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Stoner »

Skeptiker hat geschrieben:(15 Nov 2019, 18:40)



Ich habe mich noch nie so sehr wie in einem Land schrulliger Einfallspinsel gefühlt, wie derzeit. Es scheint einen wahren Wettlauf der Tugendhaftigkeit zum Schaden der Freiheit zu geben, der in meinen Augen dringend durch eine Besinnung auf demokratische Tugenden begegnet werden muss.
Das ist jetzt widersprüchlich, wenn es einerseits einen Wettlauf um Tugendhaftigkeit gibt und im nächsten Gedanken eine Rückkehr zu demokratischen Tugenden gefordert wird. Das Problem ist doch gerade, dass alle Tugenden zugunsten von Werten abgeschafft wurden! Redner nicht auftreten oder Bücher nicht zuzulassen ist ein Bekenntnis zu Werten.
Skeptiker

Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Skeptiker »

MäckIntaier hat geschrieben:(15 Nov 2019, 19:05)
Das ist jetzt widersprüchlich, wenn es einerseits einen Wettlauf um Tugendhaftigkeit gibt und im nächsten Gedanken eine Rückkehr zu demokratischen Tugenden gefordert wird. Das Problem ist doch gerade, dass alle Tugenden zugunsten von Werten abgeschafft wurden! Redner nicht auftreten oder Bücher nicht zuzulassen ist ein Bekenntnis zu Werten.
Die Tugenden in denen man sich ereifert sind keine demokratischen Tugenden. Demokratische Tugenden ermuntern zum Diskurs - das was die Eiferer als Tugenden bezeichnen ist auf eine Zerstörung des Diskurses ausgelegt - auf eine Verengung auf die eigene Position. Die "Grenzen des Anstandes" werden so weit nach innen geschoben, bis die Menschen endlich so "anständig" sind nur noch die "richtige" Meinung zu vertreten. Meinungen außerhalb dieser Grenzen werden dann "unerträglich", womit dieses Attribut auch auf die Menschen übergeht die diese Vertreten.

Nuhr ist ein sehr schönes Beispiel dafür.
Skeptiker

Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Skeptiker »

Diestel hat geschrieben:(15 Nov 2019, 18:44)
Das hast du gut erkannt.
Danke für die Bestätigung, dass Du das genau so vertrittst.
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Selina »

Ich finde die als "tugendhaft" beschriebenen Kommentare, die hier sehr rar sind, in jedem Falle interessanter als dieses ständige larmoyante Beklagen, man könne nicht mehr alles sagen. Es ist so oft zu lesen, was es ist, was man angeblich nicht mehr sagen kann, dass kaum noch ein ungesagter Rest bleibt. Wie ausgewickelte Schokolade. Oder besser: Ein abgelutschtes Bonbon. Reizlos.
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Selina hat geschrieben:(15 Nov 2019, 19:40)

. Es ist so oft zu lesen, was es ist, was man angeblich nicht mehr sagen kann, dass kaum noch ein ungesagter Rest bleibt. .
Ja, es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.
„Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“ (Karl Valentin)
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Beitrag von Fliege »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(15 Nov 2019, 12:21)
Das ist eine Schlussfolgerung von dir, die sich aus dem Artikel so nicht rauslesen lässt.
Wie lautet deine Interpretation in dieser Sache?
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Fliege hat geschrieben:(15 Nov 2019, 22:56)

Wie lautet deine Interpretation in dieser Sache?
Wieso sollte ich hier was interpretieren? Ich lese nur was dort steht.
„Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“ (Karl Valentin)
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Fliege »

Selina hat geschrieben:(15 Nov 2019, 13:08)
Der Nuhr ist in den letzten Jahren in dieselbe Richtung gewandert wie Lengsfeld und co.
Was du sagst, höre ich gern, denn regierungshörige Kabarettisten und Kommentatoren braucht es nun wirklich nicht mehr in Deutschland.
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Selina »

Fliege hat geschrieben:(15 Nov 2019, 23:06)

Was du sagst, höre ich gern, denn regierungshörige Kabarettisten und Kommentatoren braucht es nun wirklich nicht mehr in Deutschland.
"Regierungshörige Kabarettisten"? Wer bitte soll das sein?
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Stoner

Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Stoner »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(15 Nov 2019, 19:45)

Ja, es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.
Wenn dann wirklich jeder alles gesagt hat, gibt's noch immer die, die nichts verstanden haben. Davon abgesehen wird's auch immer weniger, was alle sagen - jedenfalls aus kulturpessimistischer Sicht. Der Optimist dagegen glaubt oft schon, es sei alles gesagt, wenn einer gesprochen hat, wie er selbst gesprochen haben würde.
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naddy
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von naddy »

Selina hat geschrieben:(15 Nov 2019, 23:12)

"Regierungshörige Kabarettisten"? Wer bitte soll das sein?
"Regierungshörig" ist etwas unglücklich gewählt, vielleicht kann der Autor das verbessern. Ich verstehe es so, dass die Aufgabe des Kabarettisten ist, den Zeitgeist aufs Korn zu nehmen. Denn nur so kann er dem Publikum einen Spiegel vorhalten und im günstigsten Fall zum Nachdenken über eigene Vorurteile, Macken und Einfältigkeiten bringen. Stattdessen haben sich die meisten aktuellen Matadoren darauf verlegt, sich besagtem Zeitgeist unterzuordnen und auf sichere Lacher beim Mainstreampublikum zu setzen. Vermutlich weil ihnen die Durchdringungstiefe abgeht.

Die Zeit der Kabarettisten von Format scheint langsam aber sicher zu Ende zu gehen. Dieter Hildebrandt ist tot, Georg Schramm hat sich zurückgezogen, übrig geblieben sind eine ganze Reihe von belanglosen Fuzzys und ein paar Einäugige unter den Blinden, wie beispielsweise der erwähnte Dieter Nuhr. Der kürzlich einen Shitstorm erlebte, weil er sich ein paar Witzchen über die Säulenheilige Greta erlaubt hatte. Nebst früheren Morddrohungen für seine Anmerkungen zum Islam. Dass durchaus vergleichbare Bemerkungen zum Christentum folgenlos blieben, verdanken wir wohl nur der hier durchgesetzten Trennung von Religion und Staat. Auch wenn es für Einige schier unerträglich ist: Sowas darf Kabarett nicht nur, das muß es sogar. Wenn es nicht zur Selbstaffirmationsinstanz für das politisch korrekte Bürgertum degenerieren will.

"Die Satire hat auszugraben, was das Pathos zugeschüttet hat." (Lec).
"Das gefährliche an der Dummheit ist, daß sie die dumm macht, die ihr begegnen." (Sokrates).
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Stoner »

naddy hat geschrieben:(16 Nov 2019, 00:43)

"Regierungshörig" ist etwas unglücklich gewählt, vielleicht kann der Autor das verbessern. Ich verstehe es so, dass die Aufgabe des Kabarettisten ist, den Zeitgeist aufs Korn zu nehmen. Denn nur so kann er dem Publikum einen Spiegel vorhalten und im günstigsten Fall zum Nachdenken über eigene Vorurteile, Macken und Einfältigkeiten bringen. Stattdessen haben sich die meisten aktuellen Matadoren darauf verlegt, sich besagtem Zeitgeist unterzuordnen und auf sichere Lacher beim Mainstreampublikum zu setzen. Vermutlich weil ihnen die Durchdringungstiefe abgeht.

Die Zeit der Kabarettisten von Format scheint langsam aber sicher zu Ende zu gehen. Dieter Hildebrandt ist tot, Georg Schramm hat sich zurückgezogen, übrig geblieben sind eine ganze Reihe von belanglosen Fuzzys und ein paar Einäugige unter den Blinden, wie beispielsweise der erwähnte Dieter Nuhr. Der kürzlich einen Shitstorm erlebte, weil er sich ein paar Witzchen über die Säulenheilige Greta erlaubt hatte. Nebst früheren Morddrohungen für seine Anmerkungen zum Islam. Dass durchaus vergleichbare Bemerkungen zum Christentum folgenlos blieben, verdanken wir wohl nur der hier durchgesetzten Trennung von Religion und Staat. Auch wenn es für Einige schier unerträglich ist: Sowas darf Kabarett nicht nur, das muß es sogar. Wenn es nicht zur Selbstaffirmationsinstanz für das politisch korrekte Bürgertum degenerieren will.

"Die Satire hat auszugraben, was das Pathos zugeschüttet hat." (Lec).
:thumbup:

Ach, mit Lec überfordern Sie manchen hier :D
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Zunder
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Zunder »

"Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen."
Karl Valentin

Er soll auch gesagt haben:
"Jedes Ding hat drei Seiten: eine positive, eine negative und eine komische."
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Selina
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Selina »

naddy hat geschrieben:(16 Nov 2019, 00:43)

"Regierungshörig" ist etwas unglücklich gewählt, vielleicht kann der Autor das verbessern. Ich verstehe es so, dass die Aufgabe des Kabarettisten ist, den Zeitgeist aufs Korn zu nehmen. Denn nur so kann er dem Publikum einen Spiegel vorhalten und im günstigsten Fall zum Nachdenken über eigene Vorurteile, Macken und Einfältigkeiten bringen. Stattdessen haben sich die meisten aktuellen Matadoren darauf verlegt, sich besagtem Zeitgeist unterzuordnen und auf sichere Lacher beim Mainstreampublikum zu setzen. Vermutlich weil ihnen die Durchdringungstiefe abgeht.

Die Zeit der Kabarettisten von Format scheint langsam aber sicher zu Ende zu gehen. Dieter Hildebrandt ist tot, Georg Schramm hat sich zurückgezogen, übrig geblieben sind eine ganze Reihe von belanglosen Fuzzys und ein paar Einäugige unter den Blinden, wie beispielsweise der erwähnte Dieter Nuhr. Der kürzlich einen Shitstorm erlebte, weil er sich ein paar Witzchen über die Säulenheilige Greta erlaubt hatte. Nebst früheren Morddrohungen für seine Anmerkungen zum Islam. Dass durchaus vergleichbare Bemerkungen zum Christentum folgenlos blieben, verdanken wir wohl nur der hier durchgesetzten Trennung von Religion und Staat. Auch wenn es für Einige schier unerträglich ist: Sowas darf Kabarett nicht nur, das muß es sogar. Wenn es nicht zur Selbstaffirmationsinstanz für das politisch korrekte Bürgertum degenerieren will.

"Die Satire hat auszugraben, was das Pathos zugeschüttet hat." (Lec).
Satire hat linke Wurzeln und keine rechten. Es geht um Gesellschaftskritik. Was Rechtsaußen macht, hat mit wirklicher Gesellschaftskritik nichts zu tun. Diese Leute wollen einfach eine Diskursverschiebung in Richtung "man wird ja noch mal sagen dürfen". Sie stricken an ihrer merkwürdigen und durchschaubaren Legende nach dem Motto "die Deutungshoheit im Land muss endlich mal jemand beim Namen nennen". Es geht gegen Migranten, Klima-Aktivisten, Linke und "Linksgrünversiffte". Das hat mit Satire im herkömmlichen Sinne nichts zu tun. "Rechte Satire" ist genauso paradox wie der Begriff "Rechtsintellektuelle". Und mit Leuten im Parkett zu sitzen und sich mit denen zusammen auf die Schenkel vor Freude zu schlagen, die sich über Greta Thunberg und ihre Bewegung lustig machen, das fiele mir nicht im Traum ein. Da würde ich Ekelblasen kriegen, neben solch einem Publikum zu sitzen, das solch einem "Kabarettisten" zujubelt. Ist ja auch ein sehr überschaubarer Prozentsatz von Leuten, die Nuhr gut finden.
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Skeptiker »

naddy hat geschrieben:(16 Nov 2019, 00:43)

"Regierungshörig" ist etwas unglücklich gewählt, vielleicht kann der Autor das verbessern. Ich verstehe es so, dass die Aufgabe des Kabarettisten ist, den Zeitgeist aufs Korn zu nehmen. Denn nur so kann er dem Publikum einen Spiegel vorhalten und im günstigsten Fall zum Nachdenken über eigene Vorurteile, Macken und Einfältigkeiten bringen. Stattdessen haben sich die meisten aktuellen Matadoren darauf verlegt, sich besagtem Zeitgeist unterzuordnen und auf sichere Lacher beim Mainstreampublikum zu setzen. Vermutlich weil ihnen die Durchdringungstiefe abgeht.

Die Zeit der Kabarettisten von Format scheint langsam aber sicher zu Ende zu gehen. Dieter Hildebrandt ist tot, Georg Schramm hat sich zurückgezogen, übrig geblieben sind eine ganze Reihe von belanglosen Fuzzys und ein paar Einäugige unter den Blinden, wie beispielsweise der erwähnte Dieter Nuhr. Der kürzlich einen Shitstorm erlebte, weil er sich ein paar Witzchen über die Säulenheilige Greta erlaubt hatte. Nebst früheren Morddrohungen für seine Anmerkungen zum Islam. Dass durchaus vergleichbare Bemerkungen zum Christentum folgenlos blieben, verdanken wir wohl nur der hier durchgesetzten Trennung von Religion und Staat. Auch wenn es für Einige schier unerträglich ist: Sowas darf Kabarett nicht nur, das muß es sogar. Wenn es nicht zur Selbstaffirmationsinstanz für das politisch korrekte Bürgertum degenerieren will.

"Die Satire hat auszugraben, was das Pathos zugeschüttet hat." (Lec).
Sehr gut auf den Punkt gebracht.

Es ist leider nicht verwunderlich, dass Selinas Antwort sinnbildlich besagt: „Alle Fahnen müssen rot sein. Sind sie nicht rot, sind sie keine Fahnen“
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Selina
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Selina »

Skeptiker hat geschrieben:(16 Nov 2019, 10:03)

Sehr gut auf den Punkt gebracht.

Es ist leider nicht verwunderlich, dass Selinas Antwort sinnbildlich besagt: „Alle Fahnen müssen rot sein. Sind sie nicht rot, sind sie keine Fahnen“
Nö. Sie dürfen gerne auch grün, violett, gelb, rosa und regenbogenfarben sein. Nur nicht braun. Das hatten wir schon mal.
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Skeptiker »

Selina hat geschrieben:(16 Nov 2019, 10:29)

Nö. Sie dürfen gerne auch grün, violett, gelb, rosa und regenbogenfarben sein. Nur nicht braun. Das hatten wir schon mal.
Ist Nuhr braun? Er ist bestimmt nicht grün, violett, gelb, rosa oder regenbogenfarben.
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Ammianus »

Herr Obermeister, Verwahrraum 117 mit 12 Umerziehungszöglingen belegt.
Es meldet Umerziehungszögling Nuhr.
"Ich möchte an einem Ort sein, an dem es keine Politik gibt, keine Waffen, keine Religion."
Libanesin Anfang August 2020
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Selina
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Selina »

Skeptiker hat geschrieben:(16 Nov 2019, 10:33)

Ist Nuhr braun? Er ist bestimmt nicht grün, violett, gelb, rosa oder regenbogenfarben.
Meine Antwort bezog sich auf deine Worte "Es ist leider nicht verwunderlich, dass Selinas Antwort sinnbildlich besagt: ,Alle Fahnen müssen rot sein. Sind sie nicht rot, sind sie keine Fahnen'" Und was diesen Nuhr anbelangt: Der macht eine Art bürgerliches Warenhaus-Kabarett nach dem Motto "Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen". Mit Satire hat das nichts zu tun, höchstens mit Saturiertheit. Bekämpft wird, was nicht in die kleinkarierte heile Welt passt.
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Tom Bombadil »

Skeptiker hat geschrieben:(16 Nov 2019, 10:33)

Ist Nuhr braun?
Er ist zumindest nicht knallrot, also muss er ein böser Mensch sein. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit von linksaußen.
The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure.
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Skeptiker »

Tom Bombadil hat geschrieben:(16 Nov 2019, 10:54)

Er ist zumindest nicht knallrot, also muss er ein böser Mensch sein. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit von linksaußen.
Mir gruselt es bei der Vorstellung, man würde es „schaffen“, dass tatsächlich jemand, den irgendwer als „braun“ diffamiert, mundtot gemacht würde.

Wer braun ist, das entscheiden hier die Gerichte, und keine Gesinnungshilfstruppen, welche den Menschen vorschreiben wer was zu sagen oder zu denken hat. Mir scheint, dass manche sich nie so recht an dieses Prinzip gewöhnen konnten. Verbaler Lynchmob ist inakzeptabel.
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Tom Bombadil »

Skeptiker hat geschrieben:(16 Nov 2019, 11:14)

Mir gruselt es bei der Vorstellung, man würde es „schaffen“, dass tatsächlich jemand, den irgendwer als „braun“ diffamiert, mundtot gemacht würde.
Tja, dazu werden mittlerweile schwerste Geschütze aufgefahren und an der Shoah rumgefummelt, die Nazikeule alleine reicht schon nicht mehr.
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Selina
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Selina »

Skeptiker hat geschrieben:(16 Nov 2019, 11:14)

Mir gruselt es bei der Vorstellung, man würde es „schaffen“, dass tatsächlich jemand, den irgendwer als „braun“ diffamiert, mundtot gemacht würde.

Wer braun ist, das entscheiden hier die Gerichte, und keine Gesinnungshilfstruppen, welche den Menschen vorschreiben wer was zu sagen oder zu denken hat. Mir scheint, dass manche sich nie so recht an dieses Prinzip gewöhnen konnten. Verbaler Lynchmob ist inakzeptabel.
Nicht übertreiben! Ich habe Nuhr nicht als braun bezeichnet. Dieses Farben-Geplänkel hast du selbst eröffnet, indem du mir mit irgendeiner roten Fahne vor der Nase herumwedeltest :D

Zu Nuhr hab ich weiter oben das hier geschrieben:

Und was diesen Nuhr anbelangt: Der macht eine Art bürgerliches Warenhaus-Kabarett nach dem Motto "Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen". Mit Satire hat das nichts zu tun, höchstens mit Saturiertheit. Bekämpft wird, was nicht in die kleinkarierte heile Welt passt.
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von JJazzGold »

Skeptiker hat geschrieben:(16 Nov 2019, 10:33)

Ist Nuhr braun? Er ist bestimmt nicht grün, violett, gelb, rosa oder regenbogenfarben.
Nein, er überspitzt, er fordert heraus, er ist anteilig sowohl Kabarettist, als auch Komiker und da er sprachgewandt ist, benötigt es manchmal einer Pause, bis das Publikum das Gesagte begreift. ;)
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Stoner »

JJazzGold hat geschrieben:(16 Nov 2019, 12:22)

Nein, er überspitzt, er fordert heraus, er ist anteilig sowohl Kabarettist, als auch Komiker und da er sprachgewandt ist, benötigt es manchmal einer Pause, bis das Publikum das Gesagte begreift. ;)
Ich habe mir gestern in der Mediathek das hier im Strang verlinkte Programm angesehen. Für sein Thema brauchte er dabei nicht einmal auf Komik zurückgreifen. Die Wirklichkeit übertrifft immer häufiger jede Komik - es ist ein Hase-Igel-Rennen, bei dem der Igel für die Realität steht. Der letale Ausgang für den Hasen ist bekannt, Ähnliches darf auch für Komik&Satire angenommen werden. Das Herz pumpt schon rasend.
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von naddy »

Selina hat geschrieben:(16 Nov 2019, 09:54)

Satire hat linke Wurzeln und keine rechten.
Kommt im politischen Kontext drauf an, wer gerade das Sagen hat. Da das im Nachkriegsdeutschland über Jahrzehnte die von Ex- und Nicht-Ex-Nazis durchsetzten Konservativen (heute: "Rechte") waren, siehe beispielsweise Hans Globke, ergab sich die Stoßrichtung von selbst. Grundsätzlich richtet sich Satire aber gegen jeden absoluten Wahrheitsanspruch, die sogenannten "Linken" sind also auch nicht sakrosant, wenn sie den erheben. Dazu noch ein Lec: "Spartakus wollte nicht die Abschaffung der Sklaverei, sondern die Umkehr der Herrschaftsverhältnisse" (ich hoffe aus dem Gedächtnis richtig zitiert).
Es geht um Gesellschaftskritik.
Auch. Deshalb hat sich der gerade zitierte Lec auch mit bissigen Kommentaren gegen die stalinistisch geprägte Meinungsdiktatur in seinem Herkunftsland Polen gewandt. Dazu gehört vor allem Eines: Viel Mut. Nebst einem scharfen Verstand.
Und mit Leuten im Parkett zu sitzen und sich mit denen zusammen auf die Schenkel vor Freude zu schlagen, die sich über Greta Thunberg und ihre Bewegung lustig machen, das fiele mir nicht im Traum ein. Da würde ich Ekelblasen kriegen...
Dein gutes Recht. Allerdings gibt es jede Menge Leute, denen Gleiches bei anderen Themen - beispielsweise religiösen - widerfährt. Denen kann man insgesamt nur raten solchen Veranstaltungen fernzubleiben - falls sie keinen ausgeprägten Hang zum Masochismus haben. Aber das hast du ja schon selber erkannt und die richtigen Konsequenzen daraus gezogen.

Zum Abschluß noch ein Lec: "Schont die Sockel wenn ihr die Denkmäler stürzt, sie werden noch gebraucht.".
"Das gefährliche an der Dummheit ist, daß sie die dumm macht, die ihr begegnen." (Sokrates).
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Skeptiker »

JJazzGold hat geschrieben:(16 Nov 2019, 12:22)

Nein, er überspitzt, er fordert heraus, er ist anteilig sowohl Kabarettist, als auch Komiker und da er sprachgewandt ist, benötigt es manchmal einer Pause, bis das Publikum das Gesagte begreift. ;)
Er geht dahin, wo es weh tut. In einem Fußballspiel von Demokraten gegen Totalitaristen, macht ihn das zu unserem besten Mann und dem schlimmsten Alptraum der ignoranten Verbieterfraktion.
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Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Selina »

Kluger Kommentar zum Thema "Warum rechte Satire nicht funktionieren kann":

Ausschnitt:

In seinem soeben erschienen Buch »Satire ist nur ein Affe im Hirn« stellt der Kabarettist Henning Venske fest: »Im Gegensatz zur realen Politik sind für die Satire die Reichen, die Mächtigen und die Hierarchen Ziel und Opfer. Geschriebene und gespielte Satiren richten sich von ›unten links‹ gegen ›oben rechts‹.« Womit er meint: gegen Regierung, Machtapparate, Freiheitsbeschränkungen. Deswegen habe es noch nie »ein funktionierendes ›rechtes‹ Kabarett gegeben«: Das findet nämlich in der breiten Bevölkerung kein Publikum. Auch ein »Regierungskabarett« hält er für undenkbar… Funktionierende Satire müsste also immer in der aufklärerischen Tradition von Dieter Hildebrandt und Co. stehen. Aber was ist dann mit genanntem Dr. Pröbstl?

Oder nehmen wir den mittlerweile verbotenen Nazitrupp »Besseres Hannover«, der ebenfalls versuchte witzig zu sein. In Youtube-Videos ist ein »Abschiebär« zu sehen, ein Mensch in einem Bärenkostüm, der vermeintliche Ausländer in Dönerläden besucht oder in Parks anspricht. Dabei wünscht er ihnen offenbar »Gute Heimreise«, tanzt fröhlich um sie herum und zeigt den Hitlergruß. Dem normalen Betrachter erschließt sich kein Witz. Vermutlich wird er nicht einmal verstehen, was der Quatsch soll. Rechte lachen darüber, die Nazi-Gruppe gehörte zum NPD-Umfeld. Gerichtlich ist mittlerweile entschieden: Das ist keine Satire.

Satire, die nach Schwächeren tritt, funktioniert nicht

Der Berliner Kulturwissenschaftler Klaus Cäsar Zehrer hat mit einer Dissertation zur »Dialektik der Satire« promoviert. Er versucht zu erklären, wie Satire funktioniert. Seiner Meinung nach tritt Satire nie nach Schwächeren, also nie nach unten. Da ist er sich mit dem Kabarettisten Venske einig. Wer nach unten tritt, erledigt das Geschäft der Mächtigen, ist also ihr Handlanger oder Propagandist. Mit Satire hat das dann nichts mehr zu tun.

Oliver Maria Schmitt, jahrelanger Chefredakteur der »Titanic« sagt: »Satire hat keine Macht, daher ist es ihr einziger Zweck, Macht und Machtverhältnisse infrage zu stellen.« Aber Dr. Alfred Pröbstl kritisiert ja die Mächtigen und ihre »Ausländerpolitik«. Ist er also ein rechter Satiriker in bester Tradition? Ein genauer Blick zeigt, dass er und seine Zuhörer die Realität verdrehen. Obwohl demokratisch gewählt, haben die Herrschenden aus seiner Sicht (und der seiner ausländerfeindlichen Fangemeinde) das Volk entmachtet. Daraus folgt, dass die Volksvertreter immer gegen den Volkswillen handeln. Das entrechtete Volk muss sich nun gegen dieses Unrecht wehren. »Wir sind das Volk« meint »Wir sind die Macht!« Und: »Wir sind die Mehrheit und im Recht!« Ihre Sicht ist eine verschwörungstheoretische.


https://www.neues-deutschland.de/artike ... itzig.html
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Skeptiker

Re: Mehrheit der Deutschen äußert sich in der Öffentlichkeit nur vorsichtig

Beitrag von Skeptiker »

Selina hat geschrieben:(16 Nov 2019, 13:30)
Kluger Kommentar zum Thema "Warum rechte Satire nicht funktionieren kann":

Ausschnitt:

In seinem soeben erschienen Buch »Satire ist nur ein Affe im Hirn« stellt der Kabarettist Henning Venske fest: »Im Gegensatz zur realen Politik sind für die Satire die Reichen, die Mächtigen und die Hierarchen Ziel und Opfer. Geschriebene und gespielte Satiren richten sich von ›unten links‹ gegen ›oben rechts‹.« Womit er meint: gegen Regierung, Machtapparate, Freiheitsbeschränkungen. Deswegen habe es noch nie »ein funktionierendes ›rechtes‹ Kabarett gegeben«: Das findet nämlich in der breiten Bevölkerung kein Publikum. Auch ein »Regierungskabarett« hält er für undenkbar… Funktionierende Satire müsste also immer in der aufklärerischen Tradition von Dieter Hildebrandt und Co. stehen. Aber was ist dann mit genanntem Dr. Pröbstl?

Oder nehmen wir den mittlerweile verbotenen Nazitrupp »Besseres Hannover«, der ebenfalls versuchte witzig zu sein. In Youtube-Videos ist ein »Abschiebär« zu sehen, ein Mensch in einem Bärenkostüm, der vermeintliche Ausländer in Dönerläden besucht oder in Parks anspricht. Dabei wünscht er ihnen offenbar »Gute Heimreise«, tanzt fröhlich um sie herum und zeigt den Hitlergruß. Dem normalen Betrachter erschließt sich kein Witz. Vermutlich wird er nicht einmal verstehen, was der Quatsch soll. Rechte lachen darüber, die Nazi-Gruppe gehörte zum NPD-Umfeld. Gerichtlich ist mittlerweile entschieden: Das ist keine Satire.

Satire, die nach Schwächeren tritt, funktioniert nicht

Der Berliner Kulturwissenschaftler Klaus Cäsar Zehrer hat mit einer Dissertation zur »Dialektik der Satire« promoviert. Er versucht zu erklären, wie Satire funktioniert. Seiner Meinung nach tritt Satire nie nach Schwächeren, also nie nach unten. Da ist er sich mit dem Kabarettisten Venske einig. Wer nach unten tritt, erledigt das Geschäft der Mächtigen, ist also ihr Handlanger oder Propagandist. Mit Satire hat das dann nichts mehr zu tun.


https://www.neues-deutschland.de/artike ... itzig.html
Und zu gefühlt 100000. Mal der Versuch, völlig deplazierte Diffamierungen gegen Andersdenkende, wie Nuhr, zu rechtfertigen, indem man ihn suggestiv als Person in einen Topf mit Rechtsaußen schmeisst.

Wer verteidigt denn hier die genannten "humoristischen" Auswüchse irgendwelcher Hassideologen? Wieder und wieder und wieder, wirfst Du alles vollkommen undifferenziert durcheinander und bestätigst damit meine Argumentation, dass bestimmte Leute hier im Forum nicht in der Lage sind den kategorischen Imperativ auf sich selber anzuwenden. Jede eigene Verfehlung hat stets gute Gründe, ist zu sehen in einem größeren Kontext, ist niemals Ausdruck von primitivem Hass oder von totalitärer Gesinnung - nein, diese erkennt man nur bei den anderen. Da ist man dann auch nicht zimperlich und hält ungeniert mit Nazikeule drauf - kommt nicht so drauf an, trifft ja die Richtigen.

Die Gesellschaft versteht solches Verhalten immer besser und reift dadurch. Nach einer Phase der totalen Polarisierung wird irgendwann die Phase kommen, in der man die Extremisten zum Teufel wünscht und sich wieder auf freiheitliche, demokratische und tolerante Wurzeln besinnt. Ich sollte dieser Entwicklung gelassener entgegensehen - sie wird Personen wie Dich stark erschüttern, ich dagegen freue mich darauf. Dauerhaft lässt sich keine Gesellschaft den Mund verbieten und sich dann zynisch hinterherrufen, dass halt derjenige sich zu "benehmen" wisse, der endlich die Klappe hielte. Diese Gesinnung hat 89 einen mächtigen Tritt in den Arsch bekommen - manche haben den dennoch nie verstanden ... .
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