Selina, irgendwann nehme ich es Dir leider nicht mehr ab, dass Du nicht verstehst was ich sagen will.Selina hat geschrieben:(08 Nov 2019, 00:49)
Aber was ist es denn dann Geheimnisvolles, was man lieber für sich behält? Du kannst das wortreich umschreiben oder knapp beantworten: Es gibt schlicht nichts Ungesagtes. Selbst, wenn man dabei in Abgründe blicken muss, alles wurde bereits gesagt. Und das in einer brutalen Offenheit und Klarheit, dass es einem kalte Schauer über den Rücken jagt. Ja, was denn nun noch? Was ist es, was noch zu sagen wäre?
Natürlich wurde "alles gesagt". Von vielen - es wird ständig diskutiert. Und alles legal - prima könnte man meinen. Aber nein! Wenn sich die Berichte mehren, dass die Leute ihren Mund nicht mehr aufmachen wollen - und ich rede von der Mitte der Gesellschaft, nicht den Schreiern von den Rändern - dann muss man das doch als besorgniserregend wahrnehmen. Du offenbar nicht. Ich nehme das zur Kenntnis. Manche sind halt sensibel wenn Effekte einsetzen, die für die Demokratie nicht wünschenswert sind, manchen anderen ist es egal, solange ihre persönliche Vorstellung von Politik Oberwasser hat.
Immer und immer wieder dreht sich in der bürgerlichen Presse alles um das Thema der moralischen Stigmatisierung konservativer oder gar rechter Positionen. Was glaubst Du, denken die sich das nur aus? Sind die alle bekloppt? Hast Du schonmal darüber nachgedacht ob da - rein theoretisch - etwas falsch laufen könnte?
Kristina Schröder liefert heute ganz aktuell nochmal einen Einblick in der Welt (wieder Bezahlartikel):
KRISTINA SCHRÖDER
Diese Verachtung hat mich eingeschüchtert
Meinungsfreiheit heißt nicht automatisch Meinungsvielfalt. Kristina Schröder kennt Pöbeleien noch aus ihrer Zeit als Familienministerin. Sie habe Positionen vertreten, die in „tonangebenden Milieus“ verpönt sind. Die Reaktionen seien heftig gewesen.
Zwei Deutungen in Sachen Meinungsfreiheit ringen derzeit in Deutschland miteinander.
Da sind die AfD und ihre befreundeten Truppen. In diesen Kreisen wird hingebungsvoll das Bild gepflegt, dass man dies und das heute „ja nicht mehr sagen darf“. Gesagt wird es dann aber doch, nämlich von den mutigen Leuten von der AfD, die sich dem „linken Meinungsterror“ und den „Mainstreammedien“ wacker widersetzen.
Auf der anderen Seite die deutschen Feuilletons, zumindest die fortschrittlichen. Nach den Vorfällen um Bernd Lucke, Thomas de Maizière und Christian Lindner nehmen sie sich des Themas derzeit an. Und kommen nach einigen pflichtschuldigen Demutsgesten an die Freiheit der Andersdenkenden dann doch ziemlich unisono zu dem Schluss: Habt euch doch nicht so. Wer eine kontroverse Position äußert, muss auch mit der Kritik daran leben.
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Rechtliche Meinungsfreiheit heißt aber nicht automatisch tatsächliche Meinungsvielfalt. Letztere ist bedroht, und zwar deshalb, weil bestimmte Positionen zwar nicht von den Gerichten, aber dafür von der Gesellschaft umso empfindlicher sanktioniert werden.
Die Themen, bei denen der Furor droht, sind gar nicht so viele: Bisher war es vor allem Deutschlands nationalsozialistische Vergangenheit, die zuverlässig für Sprengstoff sorgte. Aber mit dem Aussterben der Generation, die direkt involviert war, lässt auch die Emotionalität der Auseinandersetzung nach.
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Derzeit sind es vor allem Aussagen zu den Themen Migration und Islam, die streng bewertet und schnell verurteilt werden. Außerdem jede Bemerkung zur Situation und Befindlichkeit von tatsächlichen oder vermeintlichen Minderheiten: Homo-, Trans- und Intersexuelle, Menschen anderer Hautfarbe, Frauen, Menschen, die sozial, körperlich oder ästhetisch benachteiligt sind. Und Einlassungen zum Klimawandel und Klimaschutz, die sind auch immer gefahrengeneigter.
Das Spezifische der Debatten über diese Themen ist nicht, dass sie kontrovers sind. Sondern dass demjenigen, der hier eine missliebige Position äußert, nicht nur sachlich widersprochen, sondern er als Person moralisch verurteilt, oft geradezu verbal hingerichtet wird. Er ist fortan in der öffentlichen Etikettierung derjenige, der „das“ gesagt hat, und kann so oft über Jahre nicht mehr unbefangen am öffentlichen Diskurs teilnehmen.
Ich sprach über deutschenfeindlichen Rassismus bei Migranten und die überproportionale Gewaltneigung von muslimischen Männern, über die zweifelhafte Verfassungstreue mancher Initiative „gegen rechts“ und die aus freien Stücken getroffene Entscheidung vieler Frauen, Kinder zeitweise wichtiger zu finden als Karriere.
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Denn die Reaktionen waren heftig. Mir wurde zugetragen, dass in einer frauenbewegten Redaktion nur höhnisch gelacht wurde, wenn mein Name fiel. Oft setzte man sich mit mir nicht inhaltlich auseinander, sondern sprach mir schlicht die intellektuelle Satisfaktionsfähigkeit ab. In der Presse wurde ich als „Feindin aller Frauen“ und „törichtes Mädchen“ bezeichnet.
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Denn es zeigt, dass der Versuch, das Spektrum des legitim Sagbaren einzuschränken, durchaus erfolgreich ist. Man braucht einiges an Stehvermögen, um sich dagegen zu behaupten.
Allerdings unterliegen die tabuisierten Themen durchaus Schwankungen: Während nach meiner Wahrnehmung bei den Themen Migration und Islam heute sehr viel mehr sagbar ist, ohne gleich den Rassismus- oder Islamophobievorwurf zu ernten, verengt sich die Debatte über die sogenannten Minderheitenthemen immer mehr.
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Die politische Stoßrichtung dieser Diskursverbote ist dabei in der öffentlichen Debatte eindeutig: nach rechts. Intellektuelle, die sich in Deutschland wirkmächtig zu Wort melden, sind nach wie vor überwiegend links. Egal, ob sie einen universitären, publizistischen oder künstlerischen Hintergrund haben. Dieser tonangebenden Schicht gelingt es seit vielen Jahren, den Korridor des legitimen Diskurses an ihren Überzeugungen und Bedürfnissen auszurichten und dabei die intellektuelle Freiheit, die unser Grundgesetz gewährt, immer mehr einzuschränken.
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https://www.welt.de/debatte/kommentare/ ... htert.html
Für Dich ist das alles Kinderkram. Ja, genau so lange, wie es keinen Widerstand gegen solches Verhalten gibt. Den gibt es nun aber, und der wiederum schmeckt Dir nicht.
Schonmal darüber nachgedacht, dass diese unsägliche Arroganz und Intoleranz gegenüber politisch Andersdenkenden sich mal rächen könnte? Das tut es gerade, aber ihr macht weiter und weiter und weiter ...