Was ist links ...

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Moses
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Moses »

Selina hat geschrieben:(18 Feb 2019, 14:46)

Nur mal zum Schluss der Diskussion über die neurechte Partei: Ich finde es einfach entsetzlich, dass es in Deutschland schon wieder möglich ist, dass solche Menschen in die Parlamente gewählt werden. Wie blind muss man sein, um seinen Protest gegen die "etablierte Politik" als Wähler zusammen mit solchen Leuten zu artikulieren... Es gibt Dutzende andere Protest-Möglichkeiten, dafür brauchts keine braune Partei. Wie geschichtsvergessen!
Und schon passt meine Antwort wieder zum Thema . . . ein großer Teil der Protest-AfD-Wähler (vor allem in den neuen Länder) hat vorher mit der gleichen Begründung SED-PDS-Linke gewählt. Auch hier gilt allerdings:
Selina hat geschrieben:(18 Feb 2019, 14:46)

Ich finde es einfach entsetzlich, dass es in Deutschland schon wieder möglich ist, dass solche Menschen in die Parlamente gewählt werden. Wie blind muss man sein, um seinen Protest gegen die "etablierte Politik" als Wähler zusammen mit solchen Leuten zu artikulieren... Es gibt Dutzende andere Protest-Möglichkeiten, dafür brauchts keine kommunistische* Partei. Wie geschichtsvergessen!
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Re: Was ist links ...

Beitrag von schokoschendrezki »

Liegestuhl hat geschrieben:(18 Feb 2019, 10:33)

Habe ich doch gemacht.
Ja, gut. Sicher ist auch dieser ewige Disput rund um solche Themen wie "Deutungshoheit", "politische Korrektheit", "Definitionsmacht" oder auch "Gutmenschentum" Teil der (medialen) Realität. Ich persönlich jedenfalls habe mich davon aber schon seit langem verabschiedet. Oder versuchs zumindest. Es ist zum Gähnen langweilig und bringt an Erkenntnis Null komma Null.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Liegestuhl »

Selina hat geschrieben:(18 Feb 2019, 14:46)
Ich finde es einfach entsetzlich, dass es in Deutschland schon wieder möglich ist, dass solche Menschen in die Parlamente gewählt werden. Wie blind muss man sein, um seinen Protest gegen die "etablierte Politik" als Wähler zusammen mit solchen Leuten zu artikulieren... ... Wie geschichtsvergessen!
Das hat man auch gesagt, als die PDS/Linke in die Parlamente eingezogen ist. Aber es gibt immer Gründe für solche Wahlentscheidungen und die etablierten Parteien müssen entscheiden, wie sie damit umgehen.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Feb 2019, 14:47)

Ich sag dazu mal etwas sehr Abstraktes. Ein "Anderssein" ist überhaupt erst auf der Basis eines Gemeinsamseins möglich. Erst wenn wir uns auf eine gemeinsame Sprache, Deutsch zum Beispiel, geeinigt haben, können wir uns begreiflich machen, zu diesem und jenem Punkt eine andere Meinung zu haben. Die gemeinsame Sprache, der Zugang zu Bildung, Gesundheit, Mobilität, die existenziellen Bedürfnisse wie Hunger, Behausung, Bekleidung ... das ist die Basis, von der ausgehend in einem linksliberalen Sinne Freiheitswahrnehmung, Unterschiedlichkeit, Individualität überhaupt erst möglich ist.
Genau. Kann man nicht besser sagen.

Zitat:

Ihr Herrn, die ihr uns lehrt, wie man brav leben,
Und Sünd und Missetat vermeiden kann,
Zuerst müsst ihr uns was zu fressen geben,
Dann könnt ihr reden, damit fängt es an.
Ihr, die ihr euren Wanst und unsre Bravheit liebt,
Das eine wisset ein für allemal,
Wie ihr es immer dreht, und wie ihr's immer schiebt,
Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.
Erst muss es möglich sein auch armen Leuten,
Vom grossen Brotlaib sich ihr Teil zu schneiden.


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Re: Was ist links ...

Beitrag von Alexyessin »

Wolverine hat geschrieben:(18 Feb 2019, 14:43)

Wenn die Menschen konsequent wären, würden sie nicht wählen gehen. Wer links wählt - um mal deine Rhetorik zu benutzen - wählt auch die Gewalt am G20 Gipfel.
Blödsinn.
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin kein Nazi, aber...
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Selina »

Liegestuhl hat geschrieben:(18 Feb 2019, 14:54)

Das hat man auch gesagt, als die PDS/Linke in die Parlamente eingezogen ist. Aber es gibt immer Gründe für solche Wahlentscheidungen und die etablierten Parteien müssen entscheiden, wie sie damit umgehen.
Die unterschwellige Gleichsetzung von DDR und Drittem Reich funktioniert nicht. Die Unterschiede sind gravierend.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Selina »

Moses hat geschrieben:(18 Feb 2019, 14:53)

Und schon passt meine Antwort wieder zum Thema . . . ein großer Teil der Protest-AfD-Wähler (vor allem in den neuen Länder) hat vorher mit der gleichen Begründung SED-PDS-Linke gewählt. Auch hier gilt allerdings:

*Anpassung durch mich
Bitte solche "Anpassungen" nicht in wortwörtliche Zitate von mir einbauen. Danke.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Moses »

Selina hat geschrieben:(18 Feb 2019, 15:00)

Die unterschwellige Gleichsetzung von DDR und Drittem Reich funktioniert nicht. Die Unterschiede sind gravierend.
Deine Keule schlägt aber vorbei - die Gleichsetzung AfD - SED-PDS-Linke ist sehr wohl statthaft, gerade mit bezug auf die "Protsetwähler", die nur eine Stimme im Parlament wollen "die es denen da oben mal so richtig zeigt!" (Originalzitat eines SED-PDS-Linke-Wählers aus dem Osten der Republik!)
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Re: Was ist links ...

Beitrag von schokoschendrezki »

Wolverine hat geschrieben:(18 Feb 2019, 14:43)

Wenn die Menschen konsequent wären, würden sie nicht wählen gehen. Wer links wählt - um mal deine Rhetorik zu benutzen - wählt auch die Gewalt am G20 Gipfel.
Das Paradoxe an diesem G20-Gipfel (2017 in Hamburg) besteht darin, dass inzwischen die Begleitumstände im Mittelpunkt stehen und nicht die eigentlichen politischen Verhandlungen. Und das ist so ein bissel wie diese elenden Kopftuchdebatten. Auch wenn die Gewalteskalationen auf beiden Seiten in Hamburg nochmal eine andere Hausnummer sind. Wenn wir eigentlich wesentliche politische Entwicklungen betrachten wollen, dann müssen wir uns auf die strukturellen großen Welt-Veränderungen konzentrieren. Die dort zur Debatte standen. Terrorismus, freier Welthandel, Afrika, Trump-Putin-Treffen usw.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von schokoschendrezki »

Moses hat geschrieben:(18 Feb 2019, 14:53)
Und schon passt meine Antwort wieder zum Thema . . . ein großer Teil der Protest-AfD-Wähler (vor allem in den neuen Länder) hat vorher mit der gleichen Begründung SED-PDS-Linke gewählt. Auch hier gilt allerdings:
Niemand hat die SED "gewählt". In der DDR gab es bei den Volkskammer"wahlen" Einheitslisten mit einer vorgegebenen Verteilung von SED- und sogenannten Blockparteivertretern. Und die "Wahl" bestand darin, daran teilzunehmen oder nicht und im ersten Fall darin, den Wahlzettel zu falten und einzuwerfen oder ungültig zu machen.

Die DDR-Gesellschaft war eine Mischung aus überwiegend Hausmeistern und Zeltplatzwarten einerseits und einer Minderheit von Andersedenkenden. Letzteres Phänomen häufig auch (negativ konnotiert) als "Nischengesellschaft" bezeichnet. Ich deute es eher positiv als "Magerwiesenvielfalt".
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Tick|Trick|und Track »

BlueMonday hat geschrieben:(18 Feb 2019, 14:32)

Rechts ist auch kein Hass auf das Anderssein des Anderen. Im Gegenteil. Im radikalen Sinne sind alle Menschen anders und gerade dieses Anderssein soll immer erhalten und beachtet bleiben. Wenn es eine Ablehnung und Abneigung gibt, dann gegen linke Kräfte der totalitären eingreifenden Einebnung, die allgemeingültig vorschreiben will, wie man mit anderen Menschen umgehen soll.
Dann findest Du also Rechte besser als Linke? Nachtrag: Selina hat es auf den Punkt gebracht: Du scheinst ein Liberaler zu sein.

Ich hatte doch ausgeführt, dass links denkende Leute keine homogene Masse sind. Ich zum Beispiel bin auch der Meinung, dass Menschen individuell sind. Und da bin ich nicht der Einzige unter linksdenkenden Menschen, der so denkt. Und stell Dir mal vor, auch ich habe ein paar Kritikpunkte an der Partei Die Linke (auch wenn ich mittlerweile grün wähle).

Du machst es Dir zu einfach.
Zuletzt geändert von Tick|Trick|und Track am Mo 18. Feb 2019, 15:24, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von schokoschendrezki »

Moses hat geschrieben:(18 Feb 2019, 15:03)

Deine Keule schlägt aber vorbei - die Gleichsetzung AfD - SED-PDS-Linke ist sehr wohl statthaft, gerade mit bezug auf die "Protsetwähler", die nur eine Stimme im Parlament wollen "die es denen da oben mal so richtig zeigt!" (Originalzitat eines SED-PDS-Linke-Wählers aus dem Osten der Republik!)
Wie auch bei anderen politischen Themen wird hier nicht zwischen "Vergleich" und "Gleichsetzung" unterschieden.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Liegestuhl »

Selina hat geschrieben:(18 Feb 2019, 15:00)

Die unterschwellige Gleichsetzung von DDR und Drittem Reich funktioniert nicht. Die Unterschiede sind gravierend.
Es ging nicht um die DDR und dem 3. Reich, sondern um Protestwähler von AfD und PDS/Linke.

Und natürlich sind diese beiden Parteien von vielen gewählt worden, weil man eine gewisse Ohnmacht gegenüber den etablierten Parteien empfunden hat.
Ich schulde dem Leben das Leuchten in meinen Augen.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Tick|Trick|und Track »

Moses hat geschrieben:(18 Feb 2019, 14:53)

Und schon passt meine Antwort wieder zum Thema . . . ein großer Teil der Protest-AfD-Wähler (vor allem in den neuen Länder) hat vorher mit der gleichen Begründung SED-PDS-Linke gewählt.

*Anpassung durch mich
Der nächste Schwarz-Weiß-Denker in puncto links.
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Wolverine
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Wolverine »

Liegestuhl hat geschrieben:(18 Feb 2019, 15:26)

Es ging nicht um die DDR und dem 3. Reich, sondern um Protestwähler von AfD und PDS/Linke.

Und natürlich sind diese beiden Parteien von vielen gewählt worden, weil man eine gewisse Ohnmacht gegenüber den etablierten Parteien empfunden hat.
Die linken hier im Forum werfen den rechten vor, was sie selbst fabrizieren.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von schokoschendrezki »

Tick|Trick|und Track hat geschrieben:(18 Feb 2019, 15:16)

Dann findest Du also Rechte besser als Linke? Nachtrag: Selina hat es auf den Punkt gebracht: Du scheinst ein Liberaler zu sein.

Ich hatte doch ausgeführt, dass links denkende Leute keine homogene Masse sind. Ich zum Beispiel bin auch der Meinung, dass Menschen individuell sind. Und da bin ich nicht der Einzige unter linksdenkenden Menschen, der so denkt. Und stell Dir mal vor, auch ich habe ein paar Kritikpunkte an der Partei Die Linke (auch wenn ich mittlerweile grün wähle).

Du machst es Dir zu einfach.
Das Problem ist, dass auch ein Anderssein, auch ein noch so radikaler Individualismus einen archimedischen Punkt braucht, um überhaupt realisiert werden zu können. Von einem liberalen Standpunkt aus ist das zunächst einmal der Rechtsstaat, der Verfassungsstaat. Der Zwang, den das Recht ausübt ist (scheinbar) paradoxerweise die Basis der Freiheitsentfaltung. Linksliberale nehmen nun einfach neben dem Schutz vor Unrecht und dem Verbot der Unrechtsbegehung einige soziale Grundbedürfnisse mit hinein in diesen Kanon: Recht auf Behausung, Kleidung, Bildung zum Beispiel.
Bei Brecht heißt das dann einfach "Und weil der Mensch ein Mensch ist, drum braucht er was zu essen bitte sehr ..."

So. Und dann kann dieses Prinzip aber politisch instrumentalisiert werden. Der Brecht-Text aus dem "Einheitsfrontlied" geht irgendwann so weiter: "Reih' dich ein in die Arbeitereinheitsfront ..." An der Stelle werden User wie BlueMonday - völlig zurecht! - misstrauisch.

Es ist aber dennoch ein Irrtum, zu glauben, Freiheit sei in einem absoluten Sinne voraussetzungslos zu haben. Der etwas seltsame Philosoph Max Stirner hat im 19. Jahrhundert diese amarchistisch-liberale Idee vertreten.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Feb 2019, 14:53)

Ja, gut. Sicher ist auch dieser ewige Disput rund um solche Themen wie "Deutungshoheit", "politische Korrektheit", "Definitionsmacht" oder auch "Gutmenschentum" Teil der (medialen) Realität. Ich persönlich jedenfalls habe mich davon aber schon seit langem verabschiedet. Oder versuchs zumindest. Es ist zum Gähnen langweilig und bringt an Erkenntnis Null komma Null.
Genau. Das betrifft auch die Diskussion zum "Nationalsozialismus" und seine heutigen Parallelen. Dazu hatte ich mal vor Monaten einen Thread eröffnet ("Lehren aus dem Nationalsozialismus" oder so ähnlich) und es gab eine intensive Diskussion darüber. Aber wie in einer Endlos-Schleife wird auch hier alles wieder-wieder-wiederholt. Null Erkenntnis. Null Einlenken. Null Nachdenken. Und was die G20-Ereignisse anbelangt, finde ich das hier an dieser Stelle auch ein wenig deplatziert (nicht dein Posting, sondern das, auf das du geantwortet hast), weil hier ja die in die Parlamente gewählten rechtsradikalen Abgeordneten kurz das Thema waren. Die Autonomen jedoch sitzen meines Erachtens nicht in den Parlamenten.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Selina »

Liegestuhl hat geschrieben:(18 Feb 2019, 15:26)

Es ging nicht um die DDR und dem 3. Reich, sondern um Protestwähler von AfD und PDS/Linke.

Und natürlich sind diese beiden Parteien von vielen gewählt worden, weil man eine gewisse Ohnmacht gegenüber den etablierten Parteien empfunden hat.
Die "gewisse Ohnmacht" ist doch auch ok. Nur, mit wem zusammen man die artikuliert, das macht den Unterschied.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Moses »

Selina hat geschrieben:(18 Feb 2019, 15:37)

Die "gewisse Ohnmacht" ist doch auch ok. Nur, mit wem zusammen man die artikuliert, das macht den Unterschied.
Diesen gravierenden Unterschied zwischen Postkommunisten der SED-PDS-Linke und Neurechten der AfD sehe ich allerdings nicht.
Der Herr gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich nicht hinnehmen kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Feb 2019, 15:34)

Das Problem ist, dass auch ein Anderssein, auch ein noch so radikaler Individualismus einen archimedischen Punkt braucht, um überhaupt realisiert werden zu können. Von einem liberalen Standpunkt aus ist das zunächst einmal der Rechtsstaat, der Verfassungsstaat. Der Zwang, den das Recht ausübt ist (scheinbar) paradoxerweise die Basis der Freiheitsentfaltung. Linksliberale nehmen nun einfach neben dem Schutz vor Unrecht und dem Verbot der Unrechtsbegehung einige soziale Grundbedürfnisse mit hinein in diesen Kanon: Recht auf Behausung, Kleidung, Bildung zum Beispiel.
Bei Brecht heißt das dann einfach "Und weil der Mensch ein Mensch ist, drum braucht er was zu essen bitte sehr ..."

So. Und dann kann dieses Prinzip aber politisch instrumentalisiert werden. Der Brecht-Text aus dem "Einheitsfrontlied" geht irgendwann so weiter: "Reih' dich ein in die Arbeitereinheitsfront ..." An der Stelle werden User wie BlueMonday - völlig zurecht! - misstrauisch.

Es ist aber dennoch ein Irrtum, zu glauben, Freiheit sei in einem absoluten Sinne voraussetzungslos zu haben. Der etwas seltsame Philosoph Max Stirner hat im 19. Jahrhundert diese amarchistisch-liberale Idee vertreten.
Weiter oben hatte ich ja auch einen Brecht-Text verlinkt. Der war aber aus der Dreigroschenoper, genauso drastisch, aber weniger propagandistisch wie das Einheitsfrontlied. Dieses "Drum links zwei drei, drum links zwei drei, wo dein Platz, Genosse ist, reih dich ein in die Arbeitereinheitsfront" hatte genau in der Zeit seine Bedeutung, als es entstand. Das war 1934 und entsprach der Sehnsucht vieler damaligen Linken, es möge doch eine starke geeinte Kraft gegen Hitler und den Nationalsozialismus geben. Und der Text geht genau so:

Und weil der Mensch ein Mensch ist,
drum braucht er was zum Essen, bitte sehr!
Es macht ihn ein Geschwätz nicht satt,
das schafft kein Essen her.
Drum links, zwei, drei! Drum links, zwei, drei!
Wo dein Platz, Genosse ist!
Reih dich ein, in die Arbeitereinheitsfront,
weil du auch ein Arbeiter bist.

Und weil der Mensch ein Mensch ist,
drum braucht er auch Kleider und Schuh!
Es macht ihn ein Geschwätz nicht warm
und auch kein Trommeln dazu!
Drum links...

Und weil der Mensch ein Mensch ist,
drum hat er Stiefel im Gesicht nicht gern!
Er will unter sich keinen Sklaven
sehn und über sich keinen Herrn.
Drum links...

Und weil der Prolet ein Prolet ist,
drum wird ihn kein anderer befrein.
Es kann die Befreiung der Arbeiter
nur das Werk der Arbeiter sein.
Drum links...

Mal abgesehen davon, dass ich den Vers "Und weil der Mensch ein Mensch ist, drum hat er Stiefel im Gesicht nicht gern. Er will unter sich keinen Sklaven sehn und über sich keinen Herrn", immer noch sehr gelungen und wieder hochaktuell finde, geht es heute natürlich nicht mehr um irgendeine "Einheitsfront". Zumindest nicht um eine Einheitsfront der Arbeiter. Davor braucht sich ja wahrlich niemand zu fürchten. Da geht es schon eher wieder um die "Stiefel im Gesicht" und um das, was früher einmal das Herrenmenschentum war und die Parallelen dazu. Letzteres bereitet mir Sorgen.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Wolverine »

Moses hat geschrieben:(18 Feb 2019, 15:51)

Diesen gravierenden Unterschied zwischen Postkommunisten der SED-PDS-Linke und Neurechten der AfD sehe ich allerdings nicht.
Das geht mir genauso. Dass man gegen Höcke und seine Kumpane eingestellt ist, kann man sogar noch verstehen aber alle gleichsam sippenhaftmäßig zu verurteilen greift hier nicht.

Nochmal zur Anmerkung.

https://www.faz.net/aktuell/politik/80- ... 50747.html
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Selina »

Moses hat geschrieben:(18 Feb 2019, 15:51)

Diesen gravierenden Unterschied zwischen Postkommunisten der SED-PDS-Linke und Neurechten der AfD sehe ich allerdings nicht.
Welche Gemeinsamkeiten siehst du genau?
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Wolverine »

Selina hat geschrieben:(18 Feb 2019, 15:57)



Mal abgesehen davon, dass ich den Vers "Und weil der Mensch ein Mensch ist, drum hat er Stiefel im Gesicht nicht gern. Er will unter sich keinen Sklaven sehn und über sich keinen Herrn", immer noch sehr gelungen und wieder hochaktuell finde, geht es heute natürlich nicht mehr um irgendeine "Einheitsfront". Zumindest nicht um eine Einheitsfront der Arbeiter. Davor braucht sich ja wahrlich niemand zu fürchten. Da geht es schon eher wieder um die "Stiefel im Gesicht" und um das, was früher einmal das Herrenmenschentum war und die Parallelen dazu. Letzteres bereitet mir Sorgen.
Anderen Menschen auch. Aber nicht so sehr, dass man in Hysterie verfallen muss. Diese Demokratie ist nach den Erfahrungen des Dritten Reiches davor gesichert, dass noch einmal eine Machtergreifung durch die von dir benannten Herrenmenschen erfolgen kann. Entweder vertraust Du der Demokratie nicht oder den Menschen nicht. Ich tue das schon. Niemand der klaren Verstandes ist wird durch seine Wahlentscheidung ein Viertes Reich zulassen. Und auch kein Kalifat.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Moses »

Selina hat geschrieben:(18 Feb 2019, 16:00)

Welche Gemeinsamkeiten siehst du genau?
Wir sprachen ja von den "Protestwählern" die Ihren Unmut mit der aktuellen Regierung ausdrücken wollen - und hier ist tatsächlich kein Unterschied erkennbar, ob diese dann ihren Unmut links oder rechst abladen.
Wie schon geschrieben, einige haben im laufe der Jahre auch sowohl links als rechts abgeladen - "Hauptsache die zeigen's denen da oben mal"
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Wolverine »

Moses hat geschrieben:(18 Feb 2019, 16:05)

Wir sprachen ja von den "Protestwählern" die Ihren Unmut mit der aktuellen Regierung ausdrücken wollen - und hier ist tatsächlich kein Unterschied erkennbar, ob diese dann ihren Unmut links oder rechst abladen.
Wie schon geschrieben, einige haben im laufe der Jahre auch sowohl links als rechts abgeladen - "Hauptsache die zeigen's denen da oben mal"
Ich muss immer über die anderen Parteien schmunzeln, die bei Stimmenverlusten zu Gunsten der AfD behaupten "Die haben falsch gewählt......" Dass sie zur Wahl gegangen sind ist richtig, aber ihre Entscheidung falsch. So einfach ist es nicht mit dem Wahlrecht.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Marmelada »

Wolverine hat geschrieben:(18 Feb 2019, 09:45)

Links ist ..............RAF und SED. Fällt zumindest mir prompt ein. Gleich danach kommen die Ausschreitungen des G20 Gipfels. Links bringe ich immer mit Gewalt, Repression, Bevormundung und all den Dingen zusammen, die für die Fehlinterpretationen der Marxschen Lehre stehen. Hier noch einmal der Hinweis, dass es sich bei meiner Aussage um meine persönliche Meinung handelt.......
Wolverine hat geschrieben:(18 Feb 2019, 13:32)

Das sind die rechtsdenkenden auch nicht. Ob es dir gefällt oder nicht. Ich habe in einem anderen Strang dazu eine Quelle eingestellt. Der Vorwurf, dass alle Mitglieder, Wähler oder Unterstützer der AfD Nazis wären ist nicht haltbar. Hier ein Auszug aus der Quelle.


"Wenn Begriffe nicht genau verwendet werden, verlieren sie ihre Bedeutung. Nazi ist die Kurzform von Nationalsozialist. Viele Menschen verwenden das Wort aber als Synonym für Rechtspopulisten, Rechtsradikale und alle Sorten von Rechtsextremen. Das ist falsch."

...
Wie überraschend. Links ist RAF, SED, Ausschreitungen G20, Gewalt, Repression und Bevormundung. Bei der AfD hingegen kommt man (hier themenfremd) plötzlich wieder ins präzise Differenzieren.
Liegestuhl hat geschrieben:(18 Feb 2019, 10:13)

Links ist, wer sich auf der Seite der moralisch Guten wähnt.
Auf welcher moralischen Seite wähnst du dich?
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Selina »

Wolverine hat geschrieben:(18 Feb 2019, 16:03)

Anderen Menschen auch. Aber nicht so sehr, dass man in Hysterie verfallen muss. Diese Demokratie ist nach den Erfahrungen des Dritten Reiches davor gesichert, dass noch einmal eine Machtergreifung durch die von dir benannten Herrenmenschen erfolgen kann. Entweder vertraust Du der Demokratie nicht oder den Menschen nicht. Ich tue das schon. Niemand der klaren Verstandes ist wird durch seine Wahlentscheidung ein Viertes Reich zulassen. Und auch kein Kalifat.
Auch zum gefühlt hundertsten Male: Hysterie ist mir völlig fremd. Ich schaue hier nur etwas mit einer Mischung "peinlich berührt bis gelangweilt" zu, was hier so gebetsmühlenartig immer wieder behauptet wird. Und keine Menschenseele spricht von irgendeinem Vierten Reich. Ich rede von den realen rechtsextremen und rechtsradikalen Entgleisungen, die es tagtäglich bei den Neurechten gibt. Das einzige, was mir als Novum seit Kurzem auffällt: Es sind inzwischen recht viele der aktiven User hier, die die AfD entweder "gar nicht so schlimm" finden oder sie für "eine normale Protestpartei" oder sogar für "dringend notwendig zur Erneuerung der Demokratie" halten. Das ist ein deutlicher Forums-Rechtsruck. Kann aber auch sein, die paar Linksliberalen hier (neben denen, die dankenswerterweise ab und zu mal mitdiskutieren, natürlich) finden das Ganze einfach zu langweilig und nicht erbaulich genug, um da mitzutun :D
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Tick|Trick|und Track »

Moses hat geschrieben:(18 Feb 2019, 16:05)

Wir sprachen ja von den "Protestwählern" die Ihren Unmut mit der aktuellen Regierung ausdrücken wollen - und hier ist tatsächlich kein Unterschied erkennbar, ob diese dann ihren Unmut links oder rechst abladen.
Wie schon geschrieben, einige haben im laufe der Jahre auch sowohl links als rechts abgeladen - "Hauptsache die zeigen's denen da oben mal"
Jetzt mal zu den Protestwählern, die bis zum Entstehen der AfD die Partei Die Linke, davor die PDS, gewählt haben:

Haben die Parteien der Mitte (CDU, SPD, FDP, Grüne) etwa alles richtig gemacht nach der Wende in den neuen Bundesländern?

Vielleicht wären diese Protestwähler nicht auf die Idee gekommen, Die Linke/PDS zu wählen, hätten die anderen oben genannten Parteien eine andere, bessere Politik nach der Wende in den ostdeutschen Ländern gefahren. Kannst Du Dir das vielleicht vorstellen? Stichwort "blühende Landschaften"?
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Moses »

Tick|Trick|und Track hat geschrieben:(18 Feb 2019, 16:14)

Jetzt mal zu den Protestwählern, die bis zum Entstehen der AfD die Partei Die Linke, davor die PDS, gewählt haben:

Haben die Parteien der Mitte (CDU, SPD, FDP, Grüne) etwa alles richtig gemacht nach der Wende in den neuen Bundesländern?

Vielleicht wären diese Protestwähler nicht auf die Idee gekommen, Die Linke/PDS zu wählen, hätten die anderen oben genannten Parteien eine andere, bessere Politik nach der Wende in den ostdeutschen Ländern gefahren. Kannst Du Dir das vielleicht vorstellen? Stichwort "blühende Landschaften"?
Über die Gründe für dieses Wahlverhalten hab ich mich gar nicht ausgelassen. Diese sind ja heute nicht viel anders als nach der Wende. Menschen die sich abgehängt oder zurückgelassen, unverstanden oder nicht genügend beachtet fanden haben rein aus Protest dein Sammelbecken für Abgehängte gesucht und gewählt. Das dieses Gefühl des abgehängt oder Vergessen seins natürlich eine Folge falscher oder falsch kommunizierter Politik ist, steht für mich völlig außer Zweifel.
Der Herr gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich nicht hinnehmen kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Tick|Trick|und Track »

Moses hat geschrieben:(18 Feb 2019, 16:37)

Über die Gründe für dieses Wahlverhalten hab ich mich gar nicht ausgelassen. Diese sind ja heute nicht viel anders als nach der Wende. Menschen die sich abgehängt oder zurückgelassen, unverstanden oder nicht genügend beachtet fanden haben rein aus Protest dein Sammelbecken für Abgehängte gesucht und gewählt.
Die Partei Die Linke ist nicht "mein Sammelbecken für Abgehängte", ich habe sie aber mal gewählt. Mittlerweile würde ich mich als dem linken Flügel der Grünen zugehörig betrachten.
Moses hat geschrieben:Das dieses Gefühl des abgehängt oder Vergessen seins natürlich eine Folge falscher oder falsch kommunizierter Politik ist, steht für mich völlig außer Zweifel.
Ok, das finde ich gut (teilweise).

Zum "Falsch Kommunizieren", Herr Müntefering hat wohl offensichtlich damals gesagt oder gedacht: "Meine lieben ostdeutschen Mitbürger, wir kürzen (auch) Euch ostdeutschen Arbeitslosen mal die Stütze und setzen Euch mal so richtig schön unter Druck und stellen auch in Ostdeutschland vielerorts prekäre Lebensverhältnisse her, indem wir Hartz IV einführen, aber das ist ja gar nicht schlimm, denn mit Hartz IV geht es Euch ja viel besser!". Oder der damalige Wirtschaftminister (Name entfallen): "Wir schaffen fast alle Eure Arbeitsplätze ab und verscherbeln Eure Betriebe an den Westen, aber das ist doch gar nicht schlimm, denn danach geht es Euch ja viel besser!"

Übrigens bin ich kein "Ossi", falls Du das jetzt denkst.

Sorry für's Off-Topic. Musste aber mal gesagt werden.
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Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(18 Feb 2019, 15:57)

Weiter oben hatte ich ja auch einen Brecht-Text verlinkt. Der war aber aus der Dreigroschenoper, genauso drastisch, aber weniger propagandistisch wie das Einheitsfrontlied. Dieses "Drum links zwei drei, drum links zwei drei, wo dein Platz, Genosse ist, reih dich ein in die Arbeitereinheitsfront" hatte genau in der Zeit seine Bedeutung, als es entstand. Das war 1934 und entsprach der Sehnsucht vieler damaligen Linken, es möge doch eine starke geeinte Kraft gegen Hitler und den Nationalsozialismus geben. Und der Text geht genau so:
Das, ehrlich gesagt, würde ich bestreiten. Anfang der 30er gab es gar nicht "die Linken" sondern auf der einen Seite eine Mehrheitssozialdemokratie, die entweder immer noch der Meinung war, "Ordnungspolitik" und Bekämpfung der "bolschewistischen Gefahr" müsse unbedingt Vorrang vor sozialen Forderungen haben und darum müsse eben einer der "Bluthund" sein oder die, die die feigen Morde an Liebknecht und Luxemburg verdrängt hatten und vergessen hatten, dass es vor allem die Verweigerung der Kriegskredite für den Ersten Weltkrieg durch L. und L. waren, die den Hass der Reaktionären hervorrief. Bei allen Fehlern und ideologischen Schranken: Liebknecht und Luxemburg waren so ziemlich die einzigen bedeutsamen Politiker in Deutschland, die sich der "Urkatastrophe des 20. Jahrunderts" entgegenstellten. Und auf der anderen Seite die völlig dogmatisch bolschewistische Thälmann-KPD. Hoiffnungslos. Völlig hoffnungslos. Kluge Menschen wie Liebknecht und Luxemburg waren tot und linke und rechte Idioten prügelten in Dorfgasthäusern aufeinander ein.

Bertolt Brecht war ein geschickter Zeitgeistler und Weiberheld, der sich einen Harem von sehr klugen und gebildeten Frauen hielt. die textlich seine Ideen und Fantasien umsetzten. "Über sich keinen Herrn?" Pfff. Das kann man auch ganz wörtlich bezweifeln. Na. Er selbst jedenfalls spielte die Rolle des Herrn ziemlich gut.
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Re: Was ist links...

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Feb 2019, 19:59)

Das, ehrlich gesagt, würde ich bestreiten. Anfang der 30er gab es gar nicht "die Linken" sondern auf der einen Seite eine Mehrheitssozialdemokratie, die entweder immer noch der Meinung war, "Ordnungspolitik" und Bekämpfung der "bolschewistischen Gefahr" müsse unbedingt Vorrang vor sozialen Forderungen haben und darum müsse eben einer der "Bluthund" sein oder die, die die feigen Morde an Liebknecht und Luxemburg verdrängt hatten und vergessen hatten, dass es vor allem die Verweigerung der Kriegskredite für den Ersten Weltkrieg durch L. und L. waren, die den Hass der Reaktionären hervorrief. Bei allen Fehlern und ideologischen Schranken: Liebknecht und Luxemburg waren so ziemlich die einzigen bedeutsamen Politiker in Deutschland, die sich der "Urkatastrophe des 20. Jahrunderts" entgegenstellten. Und auf der anderen Seite die völlig dogmatisch bolschewistische Thälmann-KPD. Hoiffnungslos. Völlig hoffnungslos. Kluge Menschen wie Liebknecht und Luxemburg waren tot und linke und rechte Idioten prügelten in Dorfgasthäusern aufeinander ein.

Bertolt Brecht war ein geschickter Zeitgeistler und Weiberheld, der sich einen Harem von sehr klugen und gebildeten Frauen hielt. die textlich seine Ideen und Fantasien umsetzten. "Über sich keinen Herrn?" Pfff. Das kann man auch ganz wörtlich bezweifeln. Na. Er selbst jedenfalls spielte die Rolle des Herrn ziemlich gut.
Also Wikipedia gibt eher meiner Interpretation recht, obwohl ich zuvor nicht nachgeschaut hatte. Die Sachen kenne ich alle auch zu gut, um da nachschauen zu müssen. Über eine Einheitsfrontpolitik wurde schon intensiv diskutiert damals. Und mit den "Linken" meinte ich natürlich die Sozialdemokraten und die Kommunisten. So mancher fragt heute noch: Hätte eine starke Einheitsfront den Hitlerfaschismus eindämmen/verhindern können? Aber deine leicht amouröse Erklärung zur Textstelle "Über sich keinen Herrn!"... die finde ich wirklich witzig. Da hätte sicher auch Brecht selbst seine Freude dran gehabt :D

https://de.wikipedia.org/wiki/Einheitsfrontlied
Zuletzt geändert von Selina am Mo 18. Feb 2019, 23:28, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von schokoschendrezki »

Tick|Trick|und Track hat geschrieben:(18 Feb 2019, 16:55)
Zum "Falsch Kommunizieren", Herr Müntefering hat wohl offensichtlich damals gesagt oder gedacht: "Meine lieben ostdeutschen Mitbürger, wir kürzen (auch) Euch ostdeutschen Arbeitslosen mal die Stütze und setzen Euch mal so richtig schön unter Druck und stellen auch in Ostdeutschland vielerorts prekäre Lebensverhältnisse her, indem wir Hartz IV einführen, aber das ist ja gar nicht schlimm, denn mit Hartz IV geht es Euch ja viel besser!". Oder der damalige Wirtschaftminister (Name entfallen): "Wir schaffen fast alle Eure Arbeitsplätze ab und verscherbeln Eure Betriebe an den Westen, aber das ist doch gar nicht schlimm, denn danach geht es Euch ja viel besser!"
Nostalgie. Die Situation heute ist eine völlig andere. In Ostdeutschland grassierte in den 90ern die Angst vor der Arbeitslosigkeit. Dann war vor ungefähr 10 Jahren Deutschland wirtschaftlich der (angeblich oder tatsächliche) "kranke Mann Europas". Dann gabs die Bankenkrise. Und heute gibts auf der einen Seite einen gravierenden Fachkräftemangel und auf der anderen Seite - man unterhalte sich mal mit einem "Agentur für Arbeit"-Mitarbeiter - gleichzeitig eine berufliche Massenperspektivlosigkeit. Ich sag mal einfach: Bitte die politische Upgrade-Frequenz erhöhen. Am besten jede Woche. Nein: Jeden Tag!

Und dass das Jahr 1989 nicht einfach nur der "Fall der Mauer" und ein innerdeutsches Ereignis sondern eine globale, weltlpolitische Zäsur war ... das scheint bei vielen nun auch nach 30 Jahren immer noch nicht angekommen zu sein. Es sind vollkommen, aber wirklich vollkommen andere Realitäten entstanden. Der vermeintliche große altkommunistisch-linke Ostblock entpuppt sich als ein Hort von Konservativismus, Nationalismus, christlich-relgiöser Erneuerung ... das durch Entgegensetzung einstmals geeinte Westeuropa bzw. die gesamte sogenannte "westliche Welt" zerfällt zusehens: USA will nicht mehr Schutzpatron sein. UK will nicht mehr EU sein. Usw. Usf. Das Ausmaß der Umbrüche ist noch nicht wirklich erkannt. Wenn ich solche komischen Äußerungen zum Beispiel zur deutschen parteienlandschaft lese. Die irgendwie noch immer an dieser Fernsehwelt der 70er Jahre mit CDU/CSU auf der einen und SPD auf der anderen Seite kleben.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Feb 2019, 20:28)

Nostalgie. Die Situation heute ist eine völlig andere. In Ostdeutschland grassierte in den 90ern die Angst vor der Arbeitslosigkeit. Dann war vor ungefähr 10 Jahren Deutschland wirtschaftlich der (angeblich oder tatsächliche) "kranke Mann Europas". Dann gabs die Bankenkrise. Und heute gibts auf der einen Seite einen gravierenden Fachkräftemangel und auf der anderen Seite - man unterhalte sich mal mit einem "Agentur für Arbeit"-Mitarbeiter - gleichzeitig eine berufliche Massenperspektivlosigkeit. Ich sag mal einfach: Bitte die politische Upgrade-Frequenz erhöhen. Am besten jede Woche. Nein: Jeden Tag!

Und dass das Jahr 1989 nicht einfach nur der "Fall der Mauer" und ein innerdeutsches Ereignis sondern eine globale, weltlpolitische Zäsur war ... das scheint bei vielen nun auch nach 30 Jahren immer noch nicht angekommen zu sein. Es sind vollkommen, aber wirklich vollkommen andere Realitäten entstanden. Der vermeintliche große altkommunistisch-linke Ostblock entpuppt sich als ein Hort von Konservativismus, Nationalismus, christlich-relgiöser Erneuerung ... das durch Entgegensetzung einstmals geeinte Westeuropa bzw. die gesamte sogenannte "westliche Welt" zerfällt zusehens: USA will nicht mehr Schutzpatron sein. UK will nicht mehr EU sein. Usw. Usf. Das Ausmaß der Umbrüche ist noch nicht wirklich erkannt. Wenn ich solche komischen Äußerungen zum Beispiel zur deutschen parteienlandschaft lese. Die irgendwie noch immer an dieser Fernsehwelt der 70er Jahre mit CDU/CSU auf der einen und SPD auf der anderen Seite kleben.
Naja, so eine kritische Sicht auf die Wendenzeit ist schon auch nötig. Das mit "Nostalgie" abzutun, finde ich falsch. Denn genau da liegen die Wurzeln für vieles, was die Jahrzehnte danach dann schiefgelaufen ist. Man braucht sich nur die Treuhand-Geschichte anzuschauen, was da alles so gelaufen ist. Da kann es einem schlecht werden. Hier fußen unheimliche Frustrationen, die sich jetzt als Hass auf Fremde Bahn brechen. Man hat sich nach vielen existenziellen Kämpfen und vielen Pleiten endlich ein kleines Stückchen Sicherheit und einen kleinen bescheidenen Wohlstand aufgebaut, der jetzt von den Flüchtlingen bedroht wird, glaubt man irrtümlicher Weise. Und keiner widerspricht. Mit dieser Sündenbockpolitik, mit diesen besonderen ostdeutschen Abstiegsängsten sollte man sich schon mal genauer befassen. Man kann sich auch die Nato genauer anschauen. Welche Rolle spielt sie heute? Oder die EU. In welchen Fragen müsste sie erneuert werden? Was sind wirkliche europäische Themen? Warum wenden sich ganze Staaten bzw. deren Regierungen ab von der EU? Wohin geht die Reise?
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Uffhausen »

Selina hat geschrieben:(18 Feb 2019, 13:19)

Genau. Mir geht es genau um diese Rahmenbedingungen, die erst eine Chancengleichheit ermöglichen. Und die sind eben nicht so beschaffen, dass Kinder aus ärmlichen Verhältnissen dieselben Bildungs- und Aufstiegschancen haben wie Töchter und Söhne aus Arzt- und Anwaltsfamilien.
Selina, der Politik ist es ganz egal, ob da nun ein H4-Kind Arzt oder Anwalt werden will oder ein Bonzen-Kind Altenpflege oder Friseuse lernen will.

Aber der Gesellschaft ist es nicht egal - bzw., der Gesamtgesellschaft schon, aber ganz bestimmt nicht der Gesellschaft, in welcher sich das jeweilige Kind bewegt - z. B. das familiäre Umfeld. Ein Kind, welches von kleinauf beständig mit den Geldsorgen der Eltern aufgewachsen ist, wird später gewisse Hemmungen haben, den höheren Bildungsweg einzuschlagen, bzw. vielleicht sogar vom familiären Umfeld daran gehindert werden. Weil Bildung Zeit und Geld kostet.
Im Gegenzug dürfte es auch ein Kind aus einer Millionärsfamilie reichlich schwer haben, bspw. nach dem Abi eine Ausbildung in einem schlecht bezahlten Beruf zu beginnen. Nicht, weil die Politik ihm Steine in den Weg legte - sondern die Familie/die Eltern. Eben aufgrund einer Erwartungshaltung, dass das Kind den u. a. von den Eltern vorgelebten Weg weitergeht. Und da heißt es eben nach dem Abi studieren und irgendwann bspw. die Kanzlei, als Jemand die Praxis oder den Konzern von Papi und Mami übernehmen und nicht als Niemand in der Pflege oder an der Supermarktkasse zu enden.

Anderes, persönliches Beispiel: Mein Vater ist Ingenieur für Elekrotechnik; hat folglich studiert, gehört somit der höheren Bildungsschicht an und verdient dementsprechend überdurchschnittlich. Jetzt hatte er vor etwas über zehn Jahren die Schnauze voll von seinem Beruf und wollte was ganz anderes machen - und somit bewarb er sich für die freie Stelle des Haustechnikers in einem Hotel. Er wurde auch gleich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Aber nur, weil die dort den Menschen leibhaftig sehen wollten, der so verrückt ist, seinen Spitzenjob für einen Drecksjob an den Nagel zu hängen. Laut dem dortigen Hotelbetreiber war mein Vater für den Haustechniker-Job zwar der fähigste Bewerber - aber er sei aufgrund seines Ingenieur-Studiums vollkommen ÜBERqualifiziert und nur deshalb hat er eine sofortige, persönliche Absage bekommen, während alle anderen (unfähigeren!) Bewerber noch hingehalten wurden.

Nochmal: Der Politik ist es ganz egal, ob mein Vater mit einem Ingenieur-Studium einen Haustechniker-Job annimmt. Aber dem Hotelbetreiber war's nicht egal. Weil es nicht in sein gesellschaftliches Bild gepasst hat.
Schon alleine die Beschaffungskosten für teures Lernmaterial sind nicht zu begleichen durch arme Familien.
Ich wollte ursprünglich auch mal Grafik-Designer werden und fand auch in relativer Nähe eine Schule, in welcher ich diesen Beruf sogar im dualen Ausbildungssystem hätte erlernen können. Davon abgekommen bin ich aber wegen des benötigten Lernmaterials - die Kosten spielten für mich erstmal keine Rolle, es war vielmehr das Unverständnis über die Art des Lernmaterials. Bspw. durfte es kein billiger No-Name-Bleistift aus dem 1€-Shop sein, sondern es musste der teuerste aus dem Hause Farber-Castell sein. Oder es durfte kein billiger Laptop aus dem Aldi sein - es musste ein teurer Laptop von Apple sein. Und auch nicht irgendein Modell sein, sondern freilich das aktuellste, teuerste. Es war eine ellenlange Liste und es durfte von allem nur das Beste vom Besten sein - also von allem das teuerste. Auf der Liste stand auch, wer diese Vorgaben zu verantworten hatte: Die Ausbildungsbetriebe (weil sie selbst nur mit dem Besten vom Besten, also dem teuersten arbeiten wurden; folglich sei es notwendig, dass die Auszubildenden auch während ihrer Ausbildung den Umgang mit eben diesen Materialien erlernen würden) und eben nicht die Politik.

Auch hier: Der Politik ist es egal, mit welchen Lernmaterialien wir arbeiten - in der Realschule hatten wir seinerzeit auch keine Marken-PCs im ITG-Unterricht, oder Lehrfilme zeigte man uns über die altbackensten Fernsehgeräte. Oder die Taschenrechner für Mathe mussten auch nicht von einer bestimmten Marke sein oder einen bestimmten Preis haben, sie mussten lediglich die erforderlichen Funktionen vorweisen.
Politisch wurde es während meiner Realschulzeit nur durch einen Lehrer, der von den Grünen war und sich selbst als "Öko" bezeichnete - er wollte uns, bzw. unsere Eltern seinerzeit zwingen, dass die (billigen) Schutzfolien, mit welchen unsere Hefte und Bücher eingebunden waren, durch entsprechend teurere aus chlorfrei gebleichten und umweltverträglichen Altpapier ersetzt werden. Ob sich das jeder hätte leisten können, war ihm ziemlich egal - die politischen Interessen seiner Partei waren ihm wichtiger.
Es geht um eine Tendenz. Und die besagt eben, dass es hier Ungerechtigkeiten gibt.
Stimmt. Aber es ist nicht so, dass die Gesellschaft davon wegkommen will - trotz der Tatsache, dass sie sich ständig über Ungerechtigkeit beklagt.

Es ist ist einfach, diesbezüglich auf die Politik zu verweisen. Aber alles, was sie letztendlich "beitragen" könnte, zur Lösung der Ungerechtigkeiten, ist, dass sie sich aktiv/persönlich "einmischt" und uns dadurch insgesamt kontrolliert und überwacht. Und damit wäre es so ziemlich vorbei mit unserer allgemeinen Freiheit und Unabhängigkeit - und das wäre wieder ungerecht. Willst du Ungerechtigkeit mit Ungerechtigkeit bekämpfen?
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Selina »

Uffhausen hat geschrieben:(19 Feb 2019, 00:52)

Selina, der Politik ist es ganz egal, ob da nun ein H4-Kind Arzt oder Anwalt werden will oder ein Bonzen-Kind Altenpflege oder Friseuse lernen will.

Aber der Gesellschaft ist es nicht egal - bzw., der Gesamtgesellschaft schon, aber ganz bestimmt nicht der Gesellschaft, in welcher sich das jeweilige Kind bewegt - z. B. das familiäre Umfeld. Ein Kind, welches von kleinauf beständig mit den Geldsorgen der Eltern aufgewachsen ist, wird später gewisse Hemmungen haben, den höheren Bildungsweg einzuschlagen, bzw. vielleicht sogar vom familiären Umfeld daran gehindert werden. Weil Bildung Zeit und Geld kostet.
Im Gegenzug dürfte es auch ein Kind aus einer Millionärsfamilie reichlich schwer haben, bspw. nach dem Abi eine Ausbildung in einem schlecht bezahlten Beruf zu beginnen. Nicht, weil die Politik ihm Steine in den Weg legte - sondern die Familie/die Eltern. Eben aufgrund einer Erwartungshaltung, dass das Kind den u. a. von den Eltern vorgelebten Weg weitergeht. Und da heißt es eben nach dem Abi studieren und irgendwann bspw. die Kanzlei, als Jemand die Praxis oder den Konzern von Papi und Mami übernehmen und nicht als Niemand in der Pflege oder an der Supermarktkasse zu enden.

Anderes, persönliches Beispiel: Mein Vater ist Ingenieur für Elekrotechnik; hat folglich studiert, gehört somit der höheren Bildungsschicht an und verdient dementsprechend überdurchschnittlich. Jetzt hatte er vor etwas über zehn Jahren die Schnauze voll von seinem Beruf und wollte was ganz anderes machen - und somit bewarb er sich für die freie Stelle des Haustechnikers in einem Hotel. Er wurde auch gleich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Aber nur, weil die dort den Menschen leibhaftig sehen wollten, der so verrückt ist, seinen Spitzenjob für einen Drecksjob an den Nagel zu hängen. Laut dem dortigen Hotelbetreiber war mein Vater für den Haustechniker-Job zwar der fähigste Bewerber - aber er sei aufgrund seines Ingenieur-Studiums vollkommen ÜBERqualifiziert und nur deshalb hat er eine sofortige, persönliche Absage bekommen, während alle anderen (unfähigeren!) Bewerber noch hingehalten wurden.

Nochmal: Der Politik ist es ganz egal, ob mein Vater mit einem Ingenieur-Studium einen Haustechniker-Job annimmt. Aber dem Hotelbetreiber war's nicht egal. Weil es nicht in sein gesellschaftliches Bild gepasst hat.


Ich wollte ursprünglich auch mal Grafik-Designer werden und fand auch in relativer Nähe eine Schule, in welcher ich diesen Beruf sogar im dualen Ausbildungssystem hätte erlernen können. Davon abgekommen bin ich aber wegen des benötigten Lernmaterials - die Kosten spielten für mich erstmal keine Rolle, es war vielmehr das Unverständnis über die Art des Lernmaterials. Bspw. durfte es kein billiger No-Name-Bleistift aus dem 1€-Shop sein, sondern es musste der teuerste aus dem Hause Farber-Castell sein. Oder es durfte kein billiger Laptop aus dem Aldi sein - es musste ein teurer Laptop von Apple sein. Und auch nicht irgendein Modell sein, sondern freilich das aktuellste, teuerste. Es war eine ellenlange Liste und es durfte von allem nur das Beste vom Besten sein - also von allem das teuerste. Auf der Liste stand auch, wer diese Vorgaben zu verantworten hatte: Die Ausbildungsbetriebe (weil sie selbst nur mit dem Besten vom Besten, also dem teuersten arbeiten wurden; folglich sei es notwendig, dass die Auszubildenden auch während ihrer Ausbildung den Umgang mit eben diesen Materialien erlernen würden) und eben nicht die Politik.

Auch hier: Der Politik ist es egal, mit welchen Lernmaterialien wir arbeiten - in der Realschule hatten wir seinerzeit auch keine Marken-PCs im ITG-Unterricht, oder Lehrfilme zeigte man uns über die altbackensten Fernsehgeräte. Oder die Taschenrechner für Mathe mussten auch nicht von einer bestimmten Marke sein oder einen bestimmten Preis haben, sie mussten lediglich die erforderlichen Funktionen vorweisen.
Politisch wurde es während meiner Realschulzeit nur durch einen Lehrer, der von den Grünen war und sich selbst als "Öko" bezeichnete - er wollte uns, bzw. unsere Eltern seinerzeit zwingen, dass die (billigen) Schutzfolien, mit welchen unsere Hefte und Bücher eingebunden waren, durch entsprechend teurere aus chlorfrei gebleichten und umweltverträglichen Altpapier ersetzt werden. Ob sich das jeder hätte leisten können, war ihm ziemlich egal - die politischen Interessen seiner Partei waren ihm wichtiger.


Stimmt. Aber es ist nicht so, dass die Gesellschaft davon wegkommen will - trotz der Tatsache, dass sie sich ständig über Ungerechtigkeit beklagt.

Es ist ist einfach, diesbezüglich auf die Politik zu verweisen. Aber alles, was sie letztendlich "beitragen" könnte, zur Lösung der Ungerechtigkeiten, ist, dass sie sich aktiv/persönlich "einmischt" und uns dadurch insgesamt kontrolliert und überwacht. Und damit wäre es so ziemlich vorbei mit unserer allgemeinen Freiheit und Unabhängigkeit - und das wäre wieder ungerecht. Willst du Ungerechtigkeit mit Ungerechtigkeit bekämpfen?
Vielen Dank für deinen interessanten Bericht. Es ist nur so (und das finde ich völlig legitim): Wir gehen beide sehr unterschiedlich an die Problematik heran. Du individualisierst die Problematik nach dem altbekannten bürgerlichen Prinzip "Jeder ist seines Glückes Schmied". Ich dagegen befrage Gesellschaft und Politik nach Ansätzen, warum Chancengleichheit nicht gegeben ist und wie sie erreicht werden könnte. Das ist der Unterschied. Die Individualisierung der Probleme ist eine Sache, die unter Umständen dazu führt, dass man gesamtgesellschaftliche und politische Zusammenhänge aus den Augen verliert. Man kann sich nun fragen: Ist das gewollt? Gibt es in den Macht ausübenden Kreisen der Gesellschaft ein Interesse daran, dass solche Entwicklungen (nur) individualisiert und zum Teil auch psychologisiert ("Wo eine Wille ist, ist auch ein Weg") werden? Hat sich dieser Prozess beim Einzelnen schon so verselbstständigt, dass er gar nicht mehr nach gesellschaftlichen und politischen Zusammenhängen fragt (fragen soll)? Aber das nur nebenbei.

Es ist längst eine anerkannte Erkenntnis bei Soziologen, Politikwissenschaftlern und Politikern, dass die soziale Herkunft über den Bildungserfolg entscheidet. In Deutschland mehr als in anderen Ländern. Auch wenn es leichte Fortschritte gibt. Aber das ist eben immer noch zu wenig. Sämtliche Studien belegen das. Auch die regelmäßigen Armutsberichte der Bundesrepublik und der Wohlfahrtsverbände bestätigen das. Ergo fragen sich einige Politiker zurecht, was kann man tun? Die Hinwendung zu einem höheren Niveau der frühkindlichen Bildung und Erziehung und die Schaffung von mehr Ganztagsschulen sind nur einige der Ergebnisse dieser Überlegungen in der Politik. Mal ganz davon abgesehen, dass längst allgemein bekannt ist, dass dieses so genannte "Bildungspaket", das Hartz-vier-Familien für ihre Kinder beantragen können, ein Tropfen auf den heißen Stein ist und dass man davon die Bildungschancen für Kinder aus ärmeren Familien nicht erhöhen kann. Daher soll das ja auch geändert werden, heißt es jetzt in der Politik. Und man fasst endlich eine Kindergrundsicherung ins Auge. Du siehst also, dass gleiche Bildungschancen durchaus etwas mit Politik zu tun haben. Und wenn sich im Land ein paar wenige Dinge endlich zum Positiven verändern, so hat das nichts mit "Einmischung", "Kontrolle" und "Überwachung" und schon gar nichts mit Ungerechtigkeit, wie du sagst, zu tun. Im Gegenteil. Man verbessert die Bedingungen für benachteiligte Menschen und sorgt für ein wenig mehr Gerechtigkeit. Und das ist auch gut so.

Zitat:

Chancengleichheit:
Soziale Herkunft entscheidet über Bildungserfolg
Kinder von Nicht-Akademikern haben es im deutschen Bildungssystem einer Studie zufolge weiter schwer. Eine stärkere soziale Durchmischung in Schulen könnte helfen.

Die soziale Herkunft bestimmt in Deutschland in stärkerem Maß über den Bildungserfolg als in vielen anderen Ländern. Das zeigt eine Sonderauswertung des Pisa-Tests 2015 der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Knapp 15 Prozent der deutschen Erwachsenen mit Eltern ohne Abitur erreichen demnach ein abgeschlossenes Hochschulstudium. Im Durchschnitt der meisten OECD-Länder sind es 21 Prozent. In kaum einem anderen Land ist der Anteil sogenannter sozioökonomisch benachteiligte Schülerinnen und Schüler mit soliden Leistungen allerdings so deutlich gewachsen wie in Deutschland – von 25,2 Prozent im Jahr 2006 auf 32,3 Prozent 2015. Der Großteil junger Erwachsener hat Abitur oder einen Berufsabschluss. Fast jeder vierte schafft in Deutschland einen höheren Bildungsabschluss als die Eltern.

In Deutschland gebe es immer noch "eine große Leistungsschere, aber sie hat sich in die richtige Richtung bewegt", sagte OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher. Nachholbedarf besteht der Studie zufolge bei der sozialen Durchmischung von Schulen: Mit einem Anteil von 46 Prozent liegt der Anteil sozioökonomisch benachteiligter Schüler, die auch eine benachteiligte Schule besuchen, zwar etwas unter dem Durchschnitt der anderen Mitgliedsstaaten – in nicht benachteiligten Schulen erreichen diese Schüler allerdings deutlich bessere Leistungen. Die OECD rät der Politik deshalb, mehr in frühkindliche Bildung und in Kindergärten zu investieren. Zudem müsse es für Lehrer finanzielle Anreize geben, wenn sie in schwierige Klassen gingen.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft fordert bereits seit Längerem eine Förderung von Schulen in Brennpunktbezirken. Dort müssten mehr Lehrkräfte eingestellt werden, sodass die einzelnen Lehrer weniger Pflichtstunden unterrichten müssten.

Der sogenannte Pisa-Schock ist mittlerweile 17 Jahre her. Damals zeigte die OECD, dass die Leistungen der deutschen Schüler unterdurchschnittlich und stark an die soziale Herkunft gekoppelt waren. Und trotz aller Verbesserungen zieht sich Benachteiligung auch heute oft die ganze Bildungslaufbahn durch: So besuchen Kinder mit Müttern mit Spitzenabschlüssen weit häufiger eine Kita als Kinder ohne einen solchen Bildungsstatus.


https://www.zeit.de/gesellschaft/schule ... kunft-oecd
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Liegestuhl »

Selina hat geschrieben:(18 Feb 2019, 16:00)

Welche Gemeinsamkeiten siehst du genau?
Beide Wählergruppen fühlten sich von den etablierten Parteien ungehört und wählten daher Parteien, die sich aufgrund der deutschen Geschichte eigentlich verbieten.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Selina »

Liegestuhl hat geschrieben:(19 Feb 2019, 08:37)

Beide Wählergruppen fühlten sich von den etablierten Parteien ungehört und wählten daher Parteien, die sich aufgrund der deutschen Geschichte eigentlich verbieten.
Diese Wählergruppen fühlten und fühlen sich aber aus völlig unterschiedlichen Gründen von den etablierten Parteien ungehört. Die Empörung über so genannte "unkontrollierte Massenmigration" und über eine angeblich "fehlende Integrationsfähigkeit der Muslime" kommt eher von Rechts. Und was die deutsche Geschichte anbelangt: Man kann DDR und Drittes Reich nicht 1:1 gleichsetzen. Den Diktaturen-Vergleich sollte man mit äußerster Sorgfalt vornehmen. Ich empfehle dir dazu dieses Interview mit Salomon Korn, der von 2003 bis 2014 Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland war:

https://www.zeit.de/2007/47/Gedenkstaetten
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Liegestuhl »

Selina hat geschrieben:(19 Feb 2019, 09:48)
Und was die deutsche Geschichte anbelangt: Man kann DDR und Drittes Reich nicht 1:1 gleichsetzen. Den Diktaturen-Vergleich sollte man mit äußerster Sorgfalt vornehmen.
Die PDS hat 14 Millionen Menschen eingesperrt, bevormundet und ausspioniert. Sie ist eine Partei, die sämtliche demokratische Grundregeln außer Kraft gesetzt hat, nachdem sie an die Macht kam. Eine solche Partei sollte aus dem deutschen Geschichtsbewusstsein heraus, nie wieder gewählt werden.

Im Übrigen hast du nach den Gemeinsamkeiten der beiden Protestwählergruppen gefragt. Ich habe dir eine Gemeinsamkeit genannt. Die Gleichsetzung von PDS/Linke mit der DDR und andererseits der AfD mit dem 3. Reich hast du dir ausgedacht.
Zuletzt geändert von Liegestuhl am Di 19. Feb 2019, 10:08, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Wolverine »

Marmelada hat geschrieben:(18 Feb 2019, 16:12)

Wie überraschend. Links ist RAF, SED, Ausschreitungen G20, Gewalt, Repression und Bevormundung. Bei der AfD hingegen kommt man (hier themenfremd) plötzlich wieder ins präzise Differenzieren.

Auf welcher moralischen Seite wähnst du dich?
Wie oft muss ich Dir eigentlich noch erklären, dass ich mir die Argumentationsweise der AfD - Gegner zu eigen mache? Sollte eigentlich längst aufgefallen sein. In der Hoffnung die merken dann irgendwann wie falsch sie liegen. An deinem Beispiel erkenne ich, dass da noch viel Arbeit vor mir liegt. :)
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Wolverine »

Selina hat geschrieben:(18 Feb 2019, 16:13)

Auch zum gefühlt hundertsten Male: Hysterie ist mir völlig fremd. :D
Okay, Du scheinst deine eigenen Beiträge vor dem Absenden nicht mehr zu lesen. Deutschland droht Gefahr von mehreren Lagern, nicht nur von der AfD. Deine Fixierung darauf, dass nur die AfD eine Gefahr für Deutschland wäre ist meiner Ansicht nach falsch. Der fanatische Islamismus ist für mich eine wesentlich größere Gefahr, aber das nur am Rande.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von schokoschendrezki »

Uffhausen hat geschrieben:(19 Feb 2019, 00:52)
Es ist ist einfach, diesbezüglich auf die Politik zu verweisen. Aber alles, was sie letztendlich "beitragen" könnte, zur Lösung der Ungerechtigkeiten, ist, dass sie sich aktiv/persönlich "einmischt" und uns dadurch insgesamt kontrolliert und überwacht. Und damit wäre es so ziemlich vorbei mit unserer allgemeinen Freiheit und Unabhängigkeit - und das wäre wieder ungerecht. Willst du Ungerechtigkeit mit Ungerechtigkeit bekämpfen?
Der Staat ist keine WUnschmaschine. Das ist völlig richtig.

Aber was heißt "einmischen und konrtollieren"? Es ist politisch ziemlich genau festgelegt, in welcher Art und Weise der Staat Politik zu machen hat. Im wesentlichen erfolgt dies in Form von Gesetzentwürfen, denen am Ende vom Parlament mehrheitlich zugestimmt werden muss. Der beschlossene AUsstieg aus der Kernenergie erfolgt nicht irgendwie durch "Einmischung und Kontrolle" sondern in Form einer Reihe von Gesetzen bzw. Gesetzesnovellierungen. Und dabei haben sowohl die Exekutive als auch die Legislative ziemlich genau festgelegte Rollen.

Anders als in einem Staatssystem wie der Ex-DDR. Dort gab es eine Staatliche Plankommission als Organ des Ministerrats und eine sozusagen direkte Durchreichung von Vorgaben.

Ich stehe da durchaus auf einem liberalen Standpunkt insofern als dass der Staat sich in eigentliche Fachentscheidungen nicht einmischen solltte. Nur ein Beispiel: Die jüngst immer wieder ins Spiel gebrachte Fusion der Deutschen Bank mit der Commerzbank. Da habe ich jetzt schon mehrmals anstelle des hässlichen Worts "Einmischung" den schöner klingenden Begriff "Orchestrierung" gelesen. Das Bundesfinanzministerium solle, wolle oder müsse durch eine "Orchestrierung des Zusammenschlusses" (handelsblatt) dafür sorgen, dass Deutschland über eine international maßgebende Bank verfüge. Ist da die Rolle des Staats nicht überdehnt?

Das klassische Steuerungsmittel für einen demokratischen Staat ist nach meinem Verständnis die Steuerprogression. Damit kann oder könnte dafür gesorgt werden, dass Vermögen und Einkünfte nicht beliebig weit auseinanderdriften. Ein anderes wichtiges Feld ist das Mietrecht. Das Kriterium muss immer sein: Greift der Staat direkt ein oder erlässt der Staat Gesetze, die a) vom Parlament bestätigt wurden und die b) wirklich für alle gleichermaßen gelten.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von schokoschendrezki »

Liegestuhl hat geschrieben:(19 Feb 2019, 10:00)

Die PDS hat 14 Millionen Menschen eingesperrt, bevormundet und ausspioniert. Sie ist eine Partei, die sämtliche demokratische Grundregeln außer Kraft gesetzt hat, nachdem sie an die Macht kam. Eine solche Partei sollte aus dem deutschen Geschichtsbewusstsein heraus, nie wieder gewählt werden.
Da ist aber vielleicht auch mal so etwas wie eine Basisbelehrung fällig. Die PDS existierte zwischen 1990 und 2007 und die Vermutung liegt mehr als nahe, dass, falls es dieser Partei gelungen sein sollte, "14 Millionen Menschen einzusperren", eine Reihe von Strafgesetz- und Verfassungsklagen gegeben hätte. Um es vorsichtig zu sagen.

Apropos Verfassung: Artikel 21 des Grundgesetzes der Bundesrepublik regelt die Rolle politischer Parteien. Diese sind frei und frei wählbar. Verstößt das Programm einer politischen Partei gegen dieses Grundgesetz, wird sie im Notfall verboten und ist dann sowieso nicht mehr wählbar. Weil sie in keiner Liste mehr auftaucht. Dem Geist des Grundgesetzes zuwiderlaufend ist dagegen das Ansinnen, den freien Wählerwillen irgendwie einschränken zu wollen. Völlig unabhängig von der politischen Ausrichtung links oder rechts. Das betrifft selbst auch das vom bayerischen MP Söder angedachte AfD-Mitfliedschaftsverbot für Landesbeamte.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Wolverine »

schokoschendrezki hat geschrieben:(19 Feb 2019, 10:59)

Da ist aber vielleicht auch mal so etwas wie ein Basisbelehrung fällig. Die PDS existierte zwischen 1990 und 2007 und die Vermutung liegt mehr als nahe, dass, falls es dieser Partei gelungen sein sollte, "14 Millionen Menschen einzusperren", eine Reihe von Strafgesetz- und Verfassungsklagen gegeben hätte. Um es vorsichtig zu sagen.

Apropos Verfassung: Artikel 21 des Grundgesetzes der Bundesrepublik regelt die Rolle politischer Parteien. Diese sind frei und frei wählbar. Verstößt das Programm einer politischen Partei gegen dieses Grundgesetz, wird sie im Notfall verboten und ist dann sowieso nicht mehr wählbar. Weil sie in keiner Liste mehr auftaucht. Dem Geist des Grundgesetzes zuwiderlaufend ist dagegen das Ansinnen, den freien Wählerwillen irgendwie einschränken zu wollen. Völlig unabhängig von der politischen Ausrichtung links oder rechts. Das betrifft selbst auch das vom bayerischen MP Söder angedachte AfD-Mitfliedschaftsverbot für Landesbeamte.
Liegestuhl braucht keine Nachhilfe. Er meinte natürlich die SED. :)
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Selina »

Liegestuhl hat geschrieben:(19 Feb 2019, 10:00)

Die PDS hat 14 Millionen Menschen eingesperrt, bevormundet und ausspioniert. Sie ist eine Partei, die sämtliche demokratische Grundregeln außer Kraft gesetzt hat, nachdem sie an die Macht kam. Eine solche Partei sollte aus dem deutschen Geschichtsbewusstsein heraus, nie wieder gewählt werden.

Im Übrigen hast du nach den Gemeinsamkeiten der beiden Protestwählergruppen gefragt. Ich habe dir eine Gemeinsamkeit genannt. Die Gleichsetzung von PDS/Linke mit der DDR und andererseits der AfD mit dem 3. Reich hast du dir ausgedacht.
Ja, wir saßen alle ein Leben lang im Knast bei trocken Brot und Wasser. Bis endlich die westdeutschen Brüder und Schwestern kamen und uns Freiheit und Demokratie brachten. "Freiheit in Verantwortung" (Gauck) :D

Diese Sicht auf die bösen Kommunisten im Osten hat der von mir sehr geschätzte in Düsseldorf geborene linke Liedermacher (oft mit Auftrittsverbot im Westen belegte) Dieter Süverkrüp in den 1970er Jahren sehr gelungen parodiert:

Die Erschröckliche Moritat vom Kryptokommunisten

Wenn die Sonne, bezeichnenderweise im Osten
Und rot hinter Wolken aufgeht
Das ist dann die Zeit
Da er flach wie ein Tiger aus härenem Bette aufsteht!
Er wäscht sich nur ungern und blickt in den Spiegel mit seinem Mongolengesicht
Er putzt sich die Zähne mit Branntwein und trinkt einen Wodka - mehr frühstückt er nicht!
Dann zieht der Kommunist die Unterwanderstiefel an
Und dann geht er an sein illegales Untertagwerk ran!
Hu-huhu, hu-huhu, huhu huhuhu huhu!

Und dann fletscht er die Zähne, die Hand hält er vor, denn das darf ja kein Mensch niemals seh'n
Um neun-Uhr-zehn frisst er das erste Kind, blauäugig, blond aus dem Kindergartehn!
Um elf brennt die Kirche - es drängen sich hilfsbereit Feuerwehr, Bürger und Christ
Derweil diskutiert er mit Schwester Theres, bis die auch für den Weltfrieden ist!
Der Kommunist ist so geschickt, dagegen kann man nicht
Und zu Mittag schreibt er gar noch ein politisches Gedicht!
Hu-huhuhu, hu-huhuhu, huhu huhuhu huhu!

Er verstellt sich, spricht heimisch statt sächsisch und infiltriert meuchlings und nur hinterrücks
Und wenn du bis heute verschont bliebst, ist das eine Frage persönlichen Glücks!
Am Nachmittag platzt eine Bombe in Bonn, aber da hat er sich geirrt
Weil, wenn einer nur an Ka-Zetts mitentworfen hat, daraus kein Staatseklat wird!
Und wer ein Kommunist ist, kriegt man niemals richtig raus
So ein Kryptokommunist sieht immer agitpropper aus!
Hu-huhuhu, hu-huhuhu, huhuhu huhuhu huhu!

Zumeist kommunistet er dort in der Hütte, die gleich hinterm Bahndamm versteckt liegt
Da übt er sich heimlich in Philosophie, Analyse, sowie Dialektik!
Müd' kommt er nach Hause, er küsst seine Frau und er spielt mit den Kindern Verstecken
Die Kinder sind auch durch und durch infiziert, denn sie kennen im Haus alle Ecken!
Dann hört er sich die Platte mit der H-Moll-Messe an
Weil er nicht einmal privat mehr völlig unverstellt sein kann
Dann zieht der Kommunist die Unterwanderstiefel aus
Und dann ruht er sich von seinem schweren Untertagwerk aus!
Hu-huhuhu, hu-huhuhu
Huu - who is who?!
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Alexyessin »

Selina hat geschrieben:(19 Feb 2019, 11:17)

Ja, wir saßen alle ein Leben lang im Knast bei trocken Brot und Wasser. Bis endlich die westdeutschen Brüder und Schwestern kamen und uns Freiheit und Demokratie brachten. "Freiheit in Verantwortung" (Gauck) :D

Diese Sicht auf die bösen Kommunisten im Osten hat der von mir sehr geschätzte in Düsseldorf geborene Liedermacher (oft mit Auftrittsverbot im Westen belegte) Dieter Süverkrüp in den 1970er Jahren sehr gelungen parodiert:
Diese Überspitzung ist nicht sinnig, Selina.
Fakt ist, das die DDR eine Ein-Parteien Diktatur war und das die ostdeutschen Genossen um die Herren Honecker und vor allem Mielke den Taukurs der UdSSR selbst unter Chruschtschow nicht wirklich mittragen wollten.
Aber die Demokratie habt ihr euch selbst erkämpft - in Leipzig und den anderen Städten im historischen Herbst 89
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Selina »

Alexyessin hat geschrieben:(19 Feb 2019, 11:19)

Diese Überspitzung ist nicht sinnig, Selina.
Fakt ist, das die DDR eine Ein-Parteien Diktatur war und das die ostdeutschen Genossen um die Herren Honecker und vor allem Mielke den Taukurs der UdSSR selbst unter Chruschtschow nicht wirklich mittragen wollten.
Aber die Demokratie habt ihr euch selbst erkämpft - in Leipzig und den anderen Städten im historischen Herbst 89
Ja, klar ist das eine Überspitzung. Aber 14 Millionen durch die SED eingesperrte DDR-Bürger (Liegestuhl) ist ja nun auch eine arge Überspitzung. Klingt wie aus einem billigen Geschichtsbuch der Neuzeit. Nein, mir braucht keiner erzählen, was in der DDR und in der SED los war, aber so stark vereinfachende Sichtweisen, wie sie hier oft geboten werden, können nur mit Parodie und Sarkasmus beantwortet werden. Wenn wir nicht allesamt sehr viel genauer auf unsere deutsche Vergangenheit schauen, wird das nie was mit der Mauer in den Köpfen, die weg soll.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Uffhausen »

Selina hat geschrieben:(19 Feb 2019, 07:11)

Vielen Dank für deinen interessanten Bericht. Es ist nur so (und das finde ich völlig legitim): Wir gehen beide sehr unterschiedlich an die Problematik heran. Du individualisierst die Problematik nach dem altbekannten bürgerlichen Prinzip "Jeder ist seines Glückes Schmied". Ich dagegen befrage Gesellschaft und Politik nach Ansätzen, warum Chancengleichheit nicht gegeben ist und wie sie erreicht werden könnte. Das ist der Unterschied.
Ich sehe es so, dass ich dich mit meinen eigenen Erfahrungen und meiner daraus resultierenden persönlichen Meinung konfrontiere, während du mir - und das beweist dein hiesiger Beitrag mal wieder überdeutlich - mit vorgefertigten Fremdmeinungen, -erkenntnissen, -studien usw. von Sonstwem daherkommst, die du lediglich übernommen hast und als eigene Meinung verstehst. Kein Wunder kommen wir auf keinen gemeinsamen Nenner. Meine persönliche Meinung kann ich jederzeit anpassen oder korrigieren - Fremdmeinungen dagegen sind unbeweglich und sind, wie sie sind.
Es ist längst eine anerkannte Erkenntnis bei Soziologen, Politikwissenschaftlern und Politikern, dass die soziale Herkunft über den Bildungserfolg entscheidet.
Ja, das ist so - aber bitte, was kann die Politik daran ändern, wenn u. a. das persönliche, gesellschaftliche Umfeld der Betroffenen mehr Entscheidungsgewicht hat, als ein politisches Gesetz? Gibt es dazu auch irgendeine "anerkannte Erkenntnis" von irgendwelchen Schlaumeiern?
Die Hinwendung zu einem höheren Niveau der frühkindlichen Bildung und Erziehung und die Schaffung von mehr Ganztagsschulen sind nur einige der Ergebnisse dieser Überlegungen in der Politik.
Ich persönlich halte von diesem Ganztages-Quatsch gar nichts.

Viele Eltern müssen gegen ihren Willen ganztags arbeiten, weil die Lebenshaltungskosten ständig steigen, z. B. allem voran die Mieten. Alternativ könnten sie ja auf's Land ziehen, aber hier gibt es kaum noch Bildungs- und Einkaufmöglichkeiten. Also müssen sie in der Stadt bleiben und folglich ihre Kinder in Ganztageseinrichtungen stecken. Und der Politik ist es herzlich egal, ob die Eltern eigentlich lieber persönlich die Erziehung ihrer Kinder übernehmen wollen, anstatt sie "staatlich Anerkannten" zu überlassen. Es ist der Politik egal, ob die Eltern lieber selbst für ihre Kinder kochen wollen, anstatt sie einem fremdbestimmten Speiseplan auszusetzen usw.

Ich kenne Eltern, die haben nicht mal an den Wochenenden von ihren Kindern was; müssen sie zu Verwandten verfrachten, weil sie arbeiten müssen, weil sie sonst die Miete nicht bezahlen könnten usw. Ich denke mir immer wieder in Anbetracht unserer früheren Generationen, da ging es doch auch prima ohne Ganztages-Quatsch und es sind bei aller Liebe keine ausschließlichen Dummbatzen bei rausgekommen. Sondern kluge und willige Menschen, die unser Land nach dem Krieg zu dem gemacht haben, was heute ist.

Die Politik könnte dieses Ganztages- und Bildungs-Dilemma ganz gewaltig entkräften, wenn sie sich mal mehr der Kontrolle und Überwachung der gesellschaftlichen Lebenhaltungskosten annehmen würde, anstatt den Menschen die Freiheit über Erziehung und Bildung zu rauben. Was nutzen uns bspw. allein immer billiger werdende Lebensmittel, wenn dafür bspw. die Milchbauern in Existenznöte geraten?
Du siehst also, dass gleiche Bildungschancen durchaus etwas mit Politik zu tun haben.
Und warum will die Politik dann das arbeitsbranchenübergreifende Fachkräfte-Problem mittels Anwerbung von Ausländern lösen? Sind die deutschen Kinder zu klug oder zu dumm, um bspw. in der Pflege zu arbeiten oder Ingenieure oder Ärzte zu werden?
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Wolverine »

Selina hat geschrieben:(19 Feb 2019, 11:27)

Ja, klar ist das eine Überspitzung. Aber 14 Millionen durch die SED eingesperrte DDR-Bürger (Liegestuhl) ist ja nun auch eine arge Überspitzung. Klingt wie aus einem billigen Geschichtsbuch der Neuzeit. Nein, mir braucht keiner erzählen, was in der DDR und in der SED los war, aber so stark vereinfachende Sichtweisen, wie sie hier oft geboten werden, können nur mit Parodie und Sarkasmus beantwortet werden. Wenn wir nicht allesamt sehr viel genauer auf unsere deutsche Vergangenheit schauen, wird das nie was mit der Mauer in den Köpfen, die weg soll.
Nun, die bis zuletzt gültigen Reisebeschränkungen kann man gut mit eingesperrt sein bezeichnen. Auch die Verweigerung der Ausreise in die BRD. Der Staat DDR hatte mit Demokratie nicht das Geringste zu tun.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Selina »

Uffhausen hat geschrieben:(19 Feb 2019, 11:29)

Ich sehe es so, dass ich dich mit meinen eigenen Erfahrungen und meiner daraus resultierenden persönlichen Meinung konfrontiere, während du mir - und das beweist dein hiesiger Beitrag mal wieder überdeutlich - mit vorgefertigten Fremdmeinungen, -erkenntnissen, -studien usw. von Sonstwem daherkommst, die du lediglich übernommen hast und als eigene Meinung verstehst. Kein Wunder kommen wir auf keinen gemeinsamen Nenner. Meine persönliche Meinung kann ich jederzeit anpassen oder korrigieren - Fremdmeinungen dagegen sind unbeweglich und sind, wie sie sind.
Nein, ich könnte alle hier erwähnten Studien, Theorien, "Fremdmeinungen", wie du sagst, auch mit persönlichen Erfahrungen untermauern, selbstverständlich. Ansonsten würde ich das nicht schreiben können, wenn es nicht meinen Überzeugungen und meinen Erfahrungen entspräche. Ich halte mich halt im Internet nur etwas bedeckter als andere, was das Erzählen persönlicher Details anbelangt. Nur, wenn nichts anderes mehr hilft, dann erzähle ich ausnahmsweise auch mal was Persönliches. Ist aber eher selten. Zum Beispiel das hier: Auch ich hab als Arme-Leute-Kind studieren können. Aber ich und andere Kinder aus sehr einfachen Verhältnissen haben halt auch alle möglichen Förderungen erfahren.
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