kernfusion

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Perdedor
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Re: kernfusion

Beitrag von Perdedor »

Bei aller brechtigter Kritik an ideologieverblendeten Politikern darf man aber auch nicht vergessen, dass es durchaus noch erhebliche Probleme gibt, deren Lösung nur schwer absehbar ist. Das hat weniger mit der Fusion an sich zu tun. Hier ist absehbar, dass die erforderlichen Drücke und Temperaturen durch entsprechende technische Weiterentwicklung in überschaubarer Zeit zur Zündung führen werden.
Das Problem ist der Bedarf an Tritium in der D-T Fusion, welches im Blanket erbrütet werden soll. Allerdings muss man bedenken, dass jede Fusionsreaktion nur 1 Neutron freisetzt und 1 Tritium verbraucht. Da man aber unmöglich alle Neutronen aufangen und zum Brüten einsetzen kann, benötigt man Neutronverfielfacher, welche aber in den Standardvarianten die Neutronenzahl auch nur vedoppeln (Beryllium, Blei). Eine sehr knappe Kalkulation. Das blanket muss aber nicht nur die Neutronen verfielfachen und Tritium erbrüten, sondern auch noch die Wärme geeignet abführen (zur eigentlichen Energieerzeugung) und zudem unter Neutronenbeschuss beständig genug sein um eine wirtschaftliche Zeit lang zu halten.
http://www.iter-industry.ch/wp-content/ ... itevin.pdf
Man wird sehen, wie lange es braucht bis man ein solches "Wundermaterial" entwickelt hat und auch noch kommerziell einsetzen kann. Langfristig kann die D-T Fusion nur ein Zwischenschritt sein auf dem Weg zur D-D-Fusion die das Potential hat die Energiefrage entgültig zu lösen, da man dafür de fakto unendlich viel Brennstoff hätte.
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Antonius
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Re: kernfusion

Beitrag von Antonius »

Karl Murx » Sa 29. Sep 2012, 20:46 hat geschrieben: Ohne Beteiligung deutscher Firmen am ITER geht viel Know-How verloren. Wenn Siemens/etc. nicht heute anfangen die Technologie zu erforschen, bzw. Bauteile zu liefern, dann werden wir in Zukunft auch wenig Chancen haben. Eine ganze Branche geht da verloren.

Denn so viele Möglichkeiten gibt es nicht in diesem Bereich Erfahrungen zu sammeln. Statt in Südfrankreich in der Pampa, hätte man das Teil auch in Greifswald bauen können. Leider hat Schröder die Bewerbung eingestellt, da seine Grünen sich vehement dagegen gewehrt hätten.
Ob man den ITER in Cadarache oder in Greifswald baut, ist letztlich zweitrangig.

Auch werden Firmen wie Siemens nicht die Fusions-Technologie erforschen, sie werden allenfalls Bauteile liefern,
deren Brauchbarkeit bereits in den Forschungszentren (in Zusammenarbeit mit den Firmen) getestet wurde.
Eines der Hauptprobleme ist in der Tat die Entwicklung des Blankets, das ja, wie Perdedor schrieb, Mehrfach-Aufgaben hat:
"Neutronen verfielfachen, Tritium erbrüten, die Wärme geeignet abführen".
Dazu soll noch die Lebenszeit lang genug sein, um wirtschaftlichen Kriterien zu genügen: "Die Quadratur des Kreises."

Dennoch, die Probleme der Plasmaphysik und die Kernfusion sollten weiterhin in den Forschungszentren intensiv behandelt werden.
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John Galt
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Re: kernfusion

Beitrag von John Galt »

Antonius » Fr 5. Okt 2012, 11:10 hat geschrieben:Ob man den ITER in Cadarache oder in Greifswald baut, ist letztlich zweitrangig.

Auch werden Firmen wie Siemens nicht die Fusions-Technologie erforschen, sie werden allenfalls Bauteile liefern,
Deutsche Firmen und Forschungseinrichtungen erhielten laut Forschungsministerium Aufträge im Wert von 31,1 Mio. Euro.
Das machen sie ja gerade nicht.
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Re: kernfusion

Beitrag von Sophie Zimmerbeutel »

petronius » Do 19. Jun 2008, 09:58 hat geschrieben:die kernfusion wird von vielen als die lösung aller energieprobleme angesehen. steht sie uns erst mal technisch zur verfügung, so soll sie zu minimalen kosten energie aus unerschöpflichen quellen bereitstellen

für wie realistisch haltet ihr diese hoffnung?

wann könnte ein fusionskraftwerk zur stromerzeugung serienreif sein?
Tja, dass kommt darauf an wie viel Geld man in die Forschung steckt. Nach meiner Meinung wird da immer noch zu wenig geforscht. Mann hat sich wohl einen Zeitraum von 50 Jahren gesetzt.

Wenn es klappt, die Kernfusion nutzbar zu machen, dann ist das sehr realistisch, da die Energieausbeute bei der Fusion höher ist als bei der Kernschmelze. Außerdem keine großen Probleme mit Atommüll, der stark strahlt.
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Re: kernfusion

Beitrag von profracking »

petronius » Do 19. Jun 2008, 09:58: die kernfusion wird von vielen als die lösung aller energieprobleme angesehen. steht sie uns erst mal technisch zur verfügung, so soll sie zu minimalen kosten energie aus unerschöpflichen quellen bereitstellen
Jep, Kernfusion ist per definitionem toll. Vor 40 Jahren hat man behauptet, dass wir sie in 40 Jahren haben werden. Heute sind wir nach 40 Jahren schon deutlich weiter - siehe Tokamak in Cadarache/F, wo wir immerhin schon mal munter 10-12 Mrd. Euro verblasen haben, damit wenigstens mal die Spulenwickelungs-Fabrik aufgestellt werden konnte. Denn heute sagt man uns, dass es nur noch 30 Jahre dauert. Vermutlich wird's 2040 dann soweit sein, dass es noch 20 Jahre dauert, 2060 dann 10 Jahre und mit gaaanz viel Glück haben wir dann 2090 ein funktionierendes Modell. Ich will übrigens nicht wissen, wieviel Geld wir dann da reingeschmissen haben werden, aber ich bin mir sicher, dass wir dann erneut als Industriegesellschaft gezeigt haben, dass finanzielle schwarze Löcher keinen Boden für Steuerzahlers Geld haben.
für wie realistisch haltet ihr diese hoffnung?
Sagen wir's mal so. Wenn die EU-Kommission ihre Finger in so einem Spiel hat, kann man sich felsenfest darauf verlassen, dass nicht der Fusionsreaktor das Ziel der Geldverschleuderung ist, sondern das Aufrechterhalten des extrem teuren Forschungskarussels. Denn der Steuerzahler finanziert das. Die ehemalige UKIP-Abgeordnete und EU-Bilanzbuchhalterin Marta Andreasen (MdEU) findet, dass das ganze Programm pure Geldvernichtung ist -> . Tja, die Dame versteht was vom Geldzählen, denn sie war früher Bilanzbuchhalterin bei der EU-Kommission und wurde gefeuert, weil sie die seit 15 Jahren nicht mehr legal bilanzierenden Komissarshaushalte, die vor Abrechnungsfehlern, fehlenden Nachweisen und schlichter Korruption nur so bersten, nicht unterschreiben wollte. Also ich denke, Marta kann man glauben. Ich würde Cadarache auf Eis legen und lieber einen Thorium-Reaktor-LFTR-Preis von 100 Mio. Euro für das 1. funktionierende Modell plus Steuererleichterung ausloben. Dann hätten wir binnen 3 Jahren einen TÜV-geprüften LFTR-Prototyp und könnten Strom bis zum Abwinken produzieren. Oder wir plagieren schlicht den norweg. Thoriumreaktor, der gerade in der Testphase ist.
wann könnte ein fusionskraftwerk zur stromerzeugung serienreif sein?
Gute Frage. Vermutlich dann, wenn man den Forschern sagt, dass man demnächst die Förderkohle abdreht und sie sich gefälligst neue Spielfelder suchen sollen.
sind die rohstoffquellen für ein fusionskraftwerk unerschöpflich,
Jaein. Auf der Erde gibt's das nötige Helium-3 nur für etwa 40 Jahre, aber auf dem Mond bis zum abwinken. Aber Vorsicht, die NAZIs von Iron Sky waren schon dort! ->
sind geringe betriebskosten eines fusionskraftwerks zu erwarten?
Gute Frage ... vermutlich eher nicht. Thoriumreaktoren dürften wesentlich billiger, schneller herzustellen und viel länger zu betreiben sein.
mit welchen emissionen und abfällen ist zu rechnen?
Mit hochstrahlenden Innenverkleidungen im Reaktor-Corebereich, aber das ist irrelevant, weil man das gut handhaben kann.

was für ein kraftwerkstyp wird möglich sein (zentrales großkraftwerk, dezentrale erzeugereinheit, schlecht regelbares grundlastkraftwerk, flexibles kraftwerk für regellast...)
Das kann Dir heute de fakto niemand sagen. Es steht ja nicht mal der Probereaktor für den Dauerbetrieb, geschweige denn ein Folgemodell.
würde fusionskraft die übrigen energiequellen obsolet werden lassen?
Glaube ich weniger. Ein Fusionskraftwerk dürfte sich nicht so einfach hoch-/runterregeln lassen wie ein Gaskraftwerk. Es ist, wenn überhaupt, nur für die Basislast zu gebrauchen. Spitzenlaststrom geht über Wasserkraft oder Gas.
ich weiß, alles zukunftsmusik. aber welches bild ergibt sich, wenn wir das heutige wissen in die zukunft projizieren?
Nun, das ist doch ganz einfach. Kennst Du den Zeichentrickfilmreihe "The Jetsons?" von 1962? -> . Damals stellte man sich so die ferne Zukunft vor. Nun sind wir lässige 50 Jahre weiter und wo sind noch mal die Fluggeräte, die supergeilen Hochhäuser, die Raumstationen usw. ? Wir haben's ja nicht mal zum Raumschiff Enterprise gebracht, aber in den USA gibt's tatsächlich schon Spinner, die einen Todesstern bauen wollen. Aber Obama hat's angelehnt, dieser sozialistische Spielverderber! -> http://www.n-tv.de/technik/Das-Imperium ... 91581.html
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frems
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Re: kernfusion

Beitrag von frems »

Lockheed Martin wartet mit einer vermeintlichen Sensation auf: Der US-amerikanische Rüstungskonzern behauptet, einen revolutionären Reaktor für die Kernfusion entwickelt zu haben. Experten in Deutschland und den USA trauen dem Braten nicht.
http://www.ingenieur.de/Fachbereiche/Ke ... entwickelt

Nur PR?
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Re: kernfusion

Beitrag von Adam Smith »

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Re: kernfusion

Beitrag von Tom Bombadil »

Schön wäre es ja mit der Kernfusion... Aber PR? Wenn es sich dann später als Ente herausstellt? Das acht auch keinen Sinn :|
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frems
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Re: kernfusion

Beitrag von frems »

Tom Bombadil » Fr 17. Okt 2014, 18:00 hat geschrieben:Schön wäre es ja mit der Kernfusion... Aber PR? Wenn es sich dann später als Ente herausstellt? Das acht auch keinen Sinn :|
Naja, der Name bleibt im Gespräch. Eine Meldung a la "Prototyp kommt nicht voran" und die Erwartungen sind wieder weg. Im Hinterkopf bleibt die Name. Spiegel hat auch berichtet: http://www.spiegel.de/wissenschaft/tech ... 97484.html
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Re: kernfusion

Beitrag von Tom Bombadil »

Naja, Lockheed verkauft ja jetzt keine Consumer Produkte, daher fände ich so eine Strategie (mit spektakulären Enten im Gespräch bleiben) schon gewagt.
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Re: kernfusion

Beitrag von Adam Smith »

Tom Bombadil » Fr 17. Okt 2014, 18:00 hat geschrieben:Schön wäre es ja mit der Kernfusion... Aber PR? Wenn es sich dann später als Ente herausstellt? Das acht auch keinen Sinn :|
Die wollen bestimmt viel Geld haben um weiter zu forschen.
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Re: kernfusion

Beitrag von frems »

Tom Bombadil » Fr 17. Okt 2014, 18:08 hat geschrieben:Naja, Lockheed verkauft ja jetzt keine Consumer Produkte, daher fände ich so eine Strategie (mit spektakulären Enten im Gespräch bleiben) schon gewagt.
Sich in diversen Techniken als Pionier zu inszenieren, kann auch manch Kunden in Übersee begeistern. Oder die eigene Regierung anlocken und Gelder in andere Bereiche schieben. So 'ne Meldung kost' ja nüx. Aber vielleicht irre ich mich ja auch und sie sind tatsächlich dicht dran.
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Re: kernfusion

Beitrag von El Gitarro »

Werden in den USA Patente nicht auch nach 18 Monaten veroeffentlicht? Wenn ja, wird man dann mehr wissen. Ein Unternehmen macht sich schliesslich nicht selbst zum Ziel internationaler Wirtschaftsspionage, ohne sich vorher abzusichern.

Man kann so eine Meldung natuerlich auch einfach in Welt setzen, um an der Boerse ein wenig zu drehen. Kommt da nichts nach, wird sich in ein paar Monaten eh keiner mehr daran erinnern.
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Re: kernfusion

Beitrag von Tom Bombadil »

Warten wir es mal ab was passiert, ich glaub auch erst dran, wenn das Ding wirklich Strom produziert.
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Re: kernfusion

Beitrag von El Gitarro »

Hab grad in us Medien gelesen, dass LM lediglich als Ziel einen funktionierenden Reaktor bis in 10 Jahren bauen zu koennen ausgegeben hat. Der Spiegel schreibt sie haetten schon einen entwickelt. :?:
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Re: kernfusion

Beitrag von Adam Smith »

El Gitarro » Fr 17. Okt 2014, 18:27 hat geschrieben:Hab grad in us Medien gelesen, dass LM lediglich als Ziel einen funktionierenden Reaktor bis in 10 Jahren bauen zu koennen ausgegeben hat.
Soso. Und dafür brauchen die dann bestimmt Milliarden.
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Re: kernfusion

Beitrag von Walter Hofer »

Tischler » So 22. Jun 2008, 16:28 hat geschrieben:Warum soll ein Kernfussionsreaktor nicht realisierbar sein?
In der Sonne läuf das laufend ab. Es geht nur darum, die Fusion zu kontrollieren.
Daran haben deutsche Ingenieure verzweifelt dran gearbeiete, Erfolg? = null,
die Kinetik von Reaktoren dieser Art lassen sich nicht durch "Tricks" aushebeln:

Experten bezweifeln Lockheeds Durchbruch

„Wie man bei der hier vorgeschlagenen Konfiguration eine positive Energiebilanz erreichen will, ist nicht einmal ansatzweise im Patentvorschlag erwähnt“, so die Professoren Karl Lackner und Sibylle Günter vom Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in München, das den Fusionsreaktor Wendelstein 7-X in Greifswald gebaut hat. Er geht derzeit in Betrieb. Er soll, ebenso wie Iter, erstmals über längere Zeit ein Plasma erzeugen, in dem Fusion stattfindet.

Ähnlich wie die Münchner Wissenschaftler urteilt auch Professor Edward Morse von der Berkeley's School of Nuclear Engineering in Kalifornien: „Eine isoliert arbeitende Gruppe von Forschern ist groß darin, Stealth-Flugzeuge zu bauen. Aber sie ist ungeeignet für diese Art von Forschung.“
Wer sein Leben genießt, dem wird es vermießt.
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Re: kernfusion

Beitrag von frems »

Noch etwas mehr Kritik:
Warum Lockheeds Fusionsreaktor ein Energie-Flop ist

Physiker bezweifeln die Sensationsmeldung von Lockheed-Martin zur Entwicklung eines Fusionskraftwerks: Es gibt physikalische und technische Gründe, warum das Konzept nicht funktionieren kann.
http://www.welt.de/wissenschaft/article ... p-ist.html
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Re: Kernfusion

Beitrag von Tom Bombadil »

Es geht mit Trippelschritten voran: https://www.stern.de/digital/technik/re ... 55240.html
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Re: kernfusion

Beitrag von FrankP »

Möglicherweise beschleunigt sich die Entwicklung ja in nächster Zeit - nachdem sich nun Unternehmen mit dem Thema beschäftigen, die in absehbarer Zeit Gewinne einfahren wollen (müssen).
Ein Ansatz aus Australien, der schon länger bekannte, allerdings erst neuerdings realisierbare Lasertechnik nutzt, mag die üblichen Probleme (v. a. Plasmastabilität) umgehen. Sollte das funktionieren, dann geht's auf einmal schnell... (obwohl auch da noch etliche Fragen zu lösen sind, aber die scheinen wenigstens im Moment lösbar zu sein).

https://hb11.energy/how-it-works/

Interessant übrigens: Das australische Unternehmen hb11 veröffentlicht sämtliche wissenschaftlichen Grundlagen, so dass sie extern überprüft werden können. Da läuft nix hinterm Vorhang ab, wie bei sonst so manchen, die einen baldigen Durchbruch vorhersagen...
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H2O
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Re: kernfusion

Beitrag von H2O »

Ja, inzwischen ist doch einige Zeit vergangen. Jetzt ist es offenbar US-Forschern in Kalifornien gelungen, mit genau dieser Lasertechnik eine Kernverschmelzung aus zu lösen. Erstmals sei aus dem Prozeß mehr Energie ausgekoppelt worden als in ihn hineingesteckt wurde.

https://www.tagesschau.de/wissen/kernfu ... h-101.html

Die gute Nachricht wird begleitet von der seit 50 Jahren altbekannten: An eine technische Nutzung sei erst in einigen Jahrzehnten zu denken. Ok, früher waren das immer 50 Jahre. Die Menschheit muß sich in Geduld fassen. Und leider wird die Behauptung erneuert, daß Kernverschmelzung ohne strahlende Abfälle betrieben werden kann. Das scheint aber nicht so ganz zu stimmen:

https://app.handelsblatt.com/technik/en ... 508-2.html

Dennoch: Freudige Anerkennung der Leistung der Forschergruppe, die diesen schönen Erfolg erzielt hat. Nur sollte uns diese Anerkennung nicht blind machen, schon um einer möglichen Enttäuschung gefaßt entgegen sehen zu können:
Für Tausende Jahre sichere Endlager wie für den radioaktiven Abfall der Spaltreaktoren sind jedoch nicht nötig, wie die Befürworter der Technik betonen: Nach 100 Jahren ist die Radioaktivität auf ein Zehntausendstel abgeklungen.
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Re: kernfusion

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben: Mi 14. Dez 2022, 09:41 Ja, inzwischen ist doch einige Zeit vergangen. Jetzt ist es offenbar US-Forschern in Kalifornien gelungen, mit genau dieser Lasertechnik eine Kernverschmelzung aus zu lösen. Erstmals sei aus dem Prozeß mehr Energie ausgekoppelt worden als in ihn hineingesteckt wurde.

https://www.tagesschau.de/wissen/kernfu ... h-101.html
Was nicht stimmt. Überhaupt nicht stimmt! Aus der obigen Meldung:
In den USA ist Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern laut Regierungsangaben ein historischer Durchbruch auf dem Feld der Kernfusion gelungen.
Seit wann verkünden ausgerechnet Regierungsvertreter wissenschaftliche oder ingenieurtechnische Durchbrüche?

Das Problem an der Sache: Die Energiebilanz des Experiments wurde aus der Energie der auf die Minibrennkammer auftreffenden Laserstrahlen und der darin erzeugten Fusionsenergie berechnet. Ohne die für die Erzeugung dieser Laserstrahlen aufzuwendende Energie zu berücksichtigen. Und die ist etwa hundertmal größer als die in den Meldungen ausgewiesene Input-Energie. Eine Kernfusionsanlage, die wirtschaftlich nach diesem Prinzip betrieben wird - auch in größerem Umfang - würde immer noch ein zigfaches mehr an Energie verbrauchen als sie erzeugt. Darauf wird in etlichen Kommentaren hingewiesen.

Die deutsche Forschungsministerin Stark-Watzinger verstieg sich gar zur Behauptung, man werde schon in etwa 10 Jahren den ersten Fusionsreaktor am Netz haben. Dass es danach absolut nicht aussieht ... auch darauf verweisen zahlreiche seriöse Wissenschaftler und Wissenschaftsjournalisten.
Die gute Nachricht wird begleitet von der seit 50 Jahren altbekannten: An eine technische Nutzung sei erst in einigen Jahrzehnten zu denken. Ok, früher waren das immer 50 Jahre. Die Menschheit muß sich in Geduld fassen. Und leider wird die Behauptung erneuert, daß Kernverschmelzung ohne strahlende Abfälle betrieben werden kann. Das scheint aber nicht so ganz zu stimmen:

https://app.handelsblatt.com/technik/en ... 508-2.html

Dennoch: Freudige Anerkennung der Leistung der Forschergruppe, die diesen schönen Erfolg erzielt hat. Nur sollte uns diese Anerkennung nicht blind machen, schon um einer möglichen Enttäuschung gefaßt entgegen sehen zu können:
Ja. Das Problem ist, dass Investoren, staatliche Behörden Ergebnisse sehen wollen. Zwischenergebnisse wenigstens. Optimismus. Es gibt nicht nur große Forschungseinrichtungen sondern auch zahlreiche kleinere Startups im Bereich Kernfusion. Nach diesem Kommentar (der nur als Audio verfügbar ist) https://www.deutschlandfunk.de/fruehkom ... e-100.html gehen neun von zehn dieser Startups pleite.

Das rein wissenschaftliche Argument, dass noch jede Entdeckung und technische Entwicklung ihre Zeit braucht und notwendigerweise Rückschläge mit sich bringt ... ist ja erstmal richtig und verständlich. Dass man sich "hinaufirrt" (schöne Formulierung) ... nur: Die finanziellen Ressourcen sind nun mal beschränkt. Es gibt notwendigerweise einen Beschränkungszwang. Und auf der anderen Seite einen Wettbewerb um Gelder. Wenn in diesem Wettbewerb mit falschen Karten gespielt wird ... dann wirds in der Realität umso schwieriger aussehen.
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Re: kernfusion

Beitrag von H2O »

@ schokoschendrezki:

Ich kann ja auch nur das kommentieren, was ich in den Nachrichten erfassen konnte. Da war von "erstmals ein Energieüberschuß" die Rede. Klar, man könnte sich schon fragen, weshalb dann der Prozeß überhaupt angehalten wurde... vielleicht eine Materialfrage, wie so oft in der Vergangenheit. So gesehen wäre es schon eine arge Irreführung der Öffentlichkeit, wenn selbst der Einsatz der Laser-Energie als notwendige Voraussetzung für die Entstehung von Plasma und Kernverschmelzung dabei nicht berücksichtigt wurde. Sind die Forscher auf dem Gebiet von Existenzangst getrieben?

Solche Fragen stellen sich regelmäßig, wenn eine Forschungseinrichtung nur noch wenig neue Erkenntnise dazu gewinnt, ein wahres Heer von Technikern und Physikern sich dann anderen Fragen zuwenden müßte, mit allen bitteren Folgen für Ehepartner und Kinder.
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Re: kernfusion

Beitrag von H2O »

Die Gazeta Wyborcza hat sich in ihrer Abteilung Wissenschaften ("nauka") mit der amerikanischen Erfolgsmeldung auf dem Gebiet der Kernverschmelzung "mit Energieüberschuß" eingehend befaßt. Als angelernter Pole fällt mir die vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema der Forscher sehr schwer:

https://wyborcza.pl/7,75400,29283068,pr ... 2-L.4.maly
  • Strom aus Kernverschmelzung? Dr. Grzegorz Lach: Nicht zu unseren Lebzeiten!
energia jądrowa fizyka fuzja termojądrowa lasery

W przeprowadzonym 5 grudnia eksperymencie w instalacji NIF laserowy impuls dostarczył do wodorowego paliwa 2,05 mln dżuli, a wyzwolił 3,15 mln dżuli energii. Po raz pierwszy w dziejach został więc osiągnięty dodatni bilans energii w kontrolowanych reakcjach fuzji termojądrowej.
  • Kernphysik - Thermische Kernverschmelzung mit Laser

    In dem am 5. Dezember durchgeführten Versuch in der Anlage des NIF setzte der Laserimpuls im Brennstoff aus Wasserstoff aus 2,05 MegaJoule des Lasers 3,15 MegaJoule Energie frei. Zum ersten Male gab es in den Untersuchungen also einen Überschuß in der gesteuerten thermischen Kernverschmelzung.
Aber die Ernüchterung folgt dieser Meldung auf dem Fuße: Für den erfolgreichen Versuch mußten allein für die Bereitstellung der Laserenergie 322 MegaJoule aufgewandt werden... für 3,15 MegaJoule ausgekoppelter Energie, also etwa 1% der aufgewandten Energie. Die Forschungspolitik hat also völlig unverantwortlich Hoffnungen auf eine sehr bald mögliche technisch-nutzbringende Anwendung geweckt. Tatsächlich ist man diesem Traum keineswegs näher gekommen, trotz der beeindruckenden Zahlen. Man wird also weiterhin angestrengt in Greifswald, München, Cadaraqche/Provence am Thema der von Menschen kontrollierten Kernverschmelzung und Ihrer möglichen technischen Anwendung arbeiten müssen.

Die polnischen Forscher haben eine ganze Menge offener Fragen aufgeworfen, die in diesen Instituten bearbeitet werden müssen... und vielleicht auch gelöst werden können. Aufgaben für einige künftige Forschergenerationen. Heute weiß man zwar mehr als vor 50 Jahren über die gesteuerte Kernverschmelzung, aber das ist immer noch entmutigend wenig für eine nutzbringende technische Anwendung!
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