Stoner hat geschrieben:(27 Dec 2020, 20:33)
Wie soll denn "Menschenwürde" dadurch verletzt sein, dass man erstens Krankheiten ausschließt und dass zweitens die Eltern den Zeitpunkt ihres Kinderwunsches bestimmen und die Merkmale des neuen Menschen vom Geschlecht bis zur Haarfarbe etc, soweit das möglich ist? Wessen Würde soll das wie beeinträchtigen?
In derartigen Gesprächen bin ich als gelernter Ingenieur deutlich schlechter ausgestattet als Menschen mit geisteswissenschaftlichem Hintergrund. In Ihrer Antwort, so meine ich, werden verschiedene Abstufungen von Eingriffen zusammen geführt, die man wohl oder übel getrennt betrachten müßte.
So fände ich es geradezu strafwürdig, wenn man durch einen Eingriff, in welcher Stufe seiner Entwicklung auch immer, einem Menschen Leid ersparen kann, auf diesen möglichen Eingriff aber bewußt zu verzichten.
Die Menschenwürde wird verletzt, wenn Menschen viel zu spät Eltern werden wollen. Erfahrungsgemäß brauchen Kinder bis zur völligen Unabhängigkeit vom Elternhaus etwa 25 Jahre, wenn sie einen anspruchsvollen Beruf ausüben wollen. Wie will ein 80-jähriger (ich bin 80+) diese übernommene Pflicht erfüllen? Unweigerlich kippt er doch einem anderen gutwilligen Menschen diese Aufgabe vor die Tür... oder er versagt dem Kind eine gute Ausbildung, die ihm bei jüngeren Eltern sicher gewesen wäre. Mir ist schon klar, daß es Großeltern gibt, die sich rührend um ihre Enkel bemühen, und Rabeneltern, die ihren Nachwuchs in keiner Weise fördern. Aber eine Regel möchte ich daraus nicht ableiten.
Wir sollten dort die Schöpfung walten lassen, wo sie erkennbar keinen Schaden anrichten kann. Und dort, wo wir schlimmes Leid verhindern können, da sollten wir das auch tun... auch mit Blick auf den Schwangerschaftsabbruch, wenn für das Ungeborene und seine Eltern viel Leid vorher zu sehen ist.
Die Sache mit der Haarfarbe halte ich für eine Willkür der Eltern, die den Lauf der Schöpfung sinnlos verändert, und die Frage des Geschlechts muß nun wieder mit viel Fingerspitzengefühl behandelt werden.
Bei externer Befruchtung von Eizellen müssen irgendwann befruchtete Eizellen vernichtet werden, weil sie zur Sicherstellung eines Ergebnisses gebraucht wurden, aber danach eben nicht mehrfach. Da wird man eine Auswahl danach treffen müssen, welcher entstehende Mensch nach bestem Wissen und Gewissen die beste Entwicklungsmöglichkeit mitbringt. Das gewünschte Geschlecht sehe ich da so wie auch die Haarfarbe; das ist eine Art von Rassismus, die unzulässig ist.
Dennoch ist auch diese Frage kompliziert: Was mache ich als Ersatz des Schöpfers, wenn da kein klares Bild des künftigen Geschlechts zu erkennen ist, oder sogar sehr deutlich eine Zwittereigenschaft? Ordne ich sie in den Lauf der Schöpfung ein, oder betrachte ich sie als eine Behinderung und als eine Quelle von menschlichem Leid. Aus Mangel an Erfahrung würde ich sie als Behinderung werten und sie vernichten.
Wir sehen ja, was mit Gesellschaften geschieht, die männlichen Nachwuchs ganz obenan stellen. Da werden Mädchen vor der Geburt entsorgt, und am Ende hat diese Gesellschaft eine sehr hohe Überzahl an Männern erzeugt, die vom Menschenglück Elternschaft ausgeschlossen sind. Oder zum Raub der Sabinerinnen ausziehen...
Aus meiner Sicht eine schwere Verletzung der Menschenwürde, auch wenn die angesprochene Gesellschaft das völlig anders sieht. Die Gesellschaft, in der ich lebe, soll so nicht verfaßt sein. Meine Kinder und Enkel dürfen das anders sehen; allerdings hoffe ich, daß doch etwas von meinem Menschenbild in ihnen weiter leben wird.