Universum oder Multiversum?

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streicher
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Universum oder Multiversum?

Beitrag von streicher »

Die Ansicht, dass wir in einem Multiversum leben, scheint langsam aber sicher mehr Anklang zu finden. Ist schwer nachzuweisen, vielleicht sogar vorerst spekulativ. Wie seht ihr das: ist unser Universum allein, oder Teil eines größeren Etwas - zum Beispiel nur ein Bläschen unter vielen? War der "Urknall" kein wirklicher Anfang?
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Skeptiker

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Skeptiker »

streicher hat geschrieben:(07 Jan 2019, 18:56)
Die Ansicht, dass wir in einem Multiversum leben, scheint langsam aber sicher mehr Anklang zu finden. Ist schwer nachzuweisen, vielleicht sogar vorerst spekulativ. Wie seht ihr das: ist unser Universum allein, oder Teil eines größeren Etwas - zum Beispiel nur ein Bläschen unter vielen? War der "Urknall" kein wirklicher Anfang?
Ich halte die Frage für eher philosophisch. Jedenfalls weiss ich nicht, wie man sie mit wissenschaftlichen Methoden überprüfen soll.
nietoperz
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von nietoperz »

streicher hat geschrieben: Die Ansicht, dass wir in einem Multiversum leben, scheint langsam aber sicher mehr Anklang zu finden.
Sie ist jedenfalls nicht weniger plausibel, als die Annahme, es würde nur ein Universum geben.

Was in unserem Universum unmöglich ist, kann in einem anderen Universum völlig normal sein, weil dort ganz andere Gesetzmäßigkeiten wirken.

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H2O
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von H2O »

[MOD] Skeptiker hat aus meiner Sicht Recht. Was man nicht mit Messungen und Gleichungen beschreiben kann, das ist (noch) keine Naturwissenschaft. Ich habe den Strang gesperrt, und nach Absprache mit meinen Kollegen werde ich ihn entweder hier wieder öffnen, oder im Strang Philosophie. H2O

Nachtrag;


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schokoschendrezki
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von schokoschendrezki »

Dazu aktuell in der Reihe SWR Wissen vom 19. Dezember: Kosmologie in der Krise. https://www.swr.de/swr2/programm/sendun ... index.html).

Darin die theoretische Physikerin Sabine Hossenfelder (wörtlich) im Interview:
Jetzt neu ist halt diese Sache mit dem Multiversum, ich halte das alles nicht mehr für Wissenschaft.
Gut. Sie ist die Autorin des relativ bekannten Buchs "Das hässliche Universum", in welchem sie sich gegen die (mathematische) Geschlossenheit und Reduziertheit als Kriterium für "Stimmigkeit" wendet. Da wundert einen die Argumentation nicht. Und das "Multiversum" ist genau so konzipiert, dass sich die Eigenschaften eines Paralleluniversums weder verifizieren noch falsifieren lassen. Auch nicht die ihrer Existenz. Es lässt sich keine Wissenschaft mit ihnen treiben.

Das große zentrale aktuelle Problem der Kosmologie ist ein anderes: Die endgültige Bestätigung des Standardmodells der Quantenphysik mit dem kürzlich erfolgten Nachweis des Higgs-Bosons. So seltsam es klingen mag. EIgentlich ein Erfolg für die Physik. Aber, das hat man schon vorher prognostiziert, damit schließt sich gewissermaßen ein Fenster. Und die großen anderen Welträtsel bleiben offen und sind jedenfalls im Rahmen dieses Modells nicht lösbar. Insbesondere das der dunklen Materie und der dunklen Energie. WObei diese Phänomene ja eigentlich auch nur Benennungen der Hilflosigkeit für indirekt beobachtete Tatsachen sind. Dass es weit mehr gravitative Objekte gibt und dass der Kosmos unerklärterweise bei der Expansion "aufs Gaspedal" tritt.

WIMPs, MACHOs und Axione sind die neuen hypothetischen Zauberteilchen, die alle verbleibenden Rätsel lösen sollen ... ;)
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von streicher »

schokoschendrezki hat geschrieben:(08 Jan 2019, 14:13)


Das große zentrale aktuelle Problem der Kosmologie ist ein anderes: Die endgültige Bestätigung des Standardmodells der Quantenphysik mit dem kürzlich erfolgten Nachweis des Higgs-Bosons. So seltsam es klingen mag. EIgentlich ein Erfolg für die Physik. Aber, das hat man schon vorher prognostiziert, damit schließt sich gewissermaßen ein Fenster. Und die großen anderen Welträtsel bleiben offen und sind jedenfalls im Rahmen dieses Modells nicht lösbar. Insbesondere das der dunklen Materie und der dunklen Energie. WObei diese Phänomene ja eigentlich auch nur Benennungen der Hilflosigkeit für indirekt beobachtete Tatsachen sind. Dass es weit mehr gravitative Objekte gibt und dass der Kosmos unerklärterweise bei der Expansion "aufs Gaspedal" tritt.
Ist es mittlerweile erwiesen, dass das Gaspedal gedrückt bleibt?

Laut diesem älteren Artikel, war die Frage nach der Expansion oder nach einer in Zukunft ablaufenden Kontraktion noch gestellt: Folge wäre ein zyklisches Universum:
Eine zweite Theorie ist die eines zyklischen Universums [3]. Dieser Theorie nach gab es vor dem Urknall eine Phase der Kontraktion. Es stellt sich heraus, dass eine Phase von langsamer Kontraktion ebenfalls bewirken kann, dass das Universum homogen und isotropisch wird. Deshalb ist der Urknall dieser Theorie zufolge auch über große Gebiete synchron. Hier entspricht der Urknall dem Umschwung von der Kontraktionsphase zur Expansionsphase, wobei wiederum Strahlung und Materie erzeugt werden. Dieser Umschwung stellt derzeit den Aspekt der Theorie dar, der noch am wenigsten erforscht ist. Es scheint jedoch plausibel, dass ein solcher Unschwung stattfinden kann. In diesem Fall können sich die Phasen von Kontraktion und Expansion beliebig oft abwechseln, so dass das Universum sich über große Zeiträume hinweg zyklisch verhält.
Laut der String-Theorie könnten recht unterschiedliche Universen entstehen:
Beide Theorien lassen jedoch immer noch viele Fragen offen, die nur mithilfe einer Quantentheorie der Gravitation geklärt werden können. Obwohl die String-Theorie noch nicht vollständig entwickelt ist, stellt sie trotzdem den besten Ansatz einer solchen vereinheitlichten Theorie dar. Deshalb lohnt es sich herauszufinden, welche Aussagen sie (in ihrem heutigen, unvollendeten Zustand) schon über das Universum liefert. Dabei zeigt sich, dass es nach der String-Theorie sowohl inflationäre als auch zyklische Universen geben kann. Daneben erlaubt die String-Theorie aber auch noch unzählige andere Universen, von denen manche unserem Universum ganz ähnlich sind, die meisten jedoch grundverschieden. Darüber hinaus sind diese verschiedenen Universen kontinuierlich (über die Variation einer ganzen Reihe von Parametern) miteinander verbunden. In diesem sogenannten landscape kann ein neues Universum innerhalb eines schon existierenden Universums entstehen [7]. Dieses neue Universum ist in der Regel verschieden von dem älteren. Auf diese Weise entstehen dann unendlich viele Universen und so werden alle theoretisch möglichen Universen auch real!
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Tom Bombadil
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Tom Bombadil »

Ich habe natürlich keine Beweise, aber ich glaube, dass es unendliche viele Multiversen nebeneinander gibt, die sich auch ständig, mit jeder Entscheidung und mit jedem Ereignis, ändern.
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Perdedor
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Perdedor »

Skeptiker hat geschrieben: Ich halte die Frage für eher philosophisch. Jedenfalls weiss ich nicht, wie man sie mit wissenschaftlichen Methoden überprüfen soll.
Wie überprüft man eigentlich mit wissenschaftlichen Methoden, ob es eine Vergangenheit gibt?

Es könnte ja sein, dass das Universum erst vor 10min entstanden ist, inklusive uns und all unserer "Erinnerungen".
Es ist lediglich so, dass alle wissenschaflichen Theorien die Vergangenheit unserer Erinnerung beschreiben und die Annahme der erst vor 10min entstandenen Welt unnötig erscheint.
Mit den Multiversen wäre es analog. Die Annahme der Nicht-Existenz anderer Universen ist in bestimmten Theorien unnatürlich.
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Jekyll
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Jekyll »

Tom Bombadil hat geschrieben:(10 Jan 2019, 19:54)

Ich habe natürlich keine Beweise, aber ich glaube, dass es unendliche viele Multiversen nebeneinander gibt, die sich auch ständig, mit jeder Entscheidung und mit jedem Ereignis, ändern.
Natürlich ändert sich eine Welt mit jeder Entscheidung und mit jedem Ereignis. Wie sollte es sonst sein? Und "viele Multiversen" ist doppelt gemoppelt, denn Multiversum impliziert bereits das "viele". Aber sag, o Tom Bombadil, wieso glaubst du an die Existenz von vielen Universen bzw. an die Existenz eines Multiversums? Nur ein flüchtiger Gedanke oder steckt mehr dahinter? Bist du religiös? Wenn ja, welche Konfession? Oder bist du gar ein Esoteriker? Ich glaube, nach buddhistischer Lehre gibt es unendlich viele Universen. Diese existieren aber nicht "nebeneinader", wie du es so spontan angenommen hast, sondern ineinander (Zwiebelschalenmodel).
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Skeptiker »

Perdedor hat geschrieben:(11 Jan 2019, 19:36)
Wie überprüft man eigentlich mit wissenschaftlichen Methoden, ob es eine Vergangenheit gibt?

Es könnte ja sein, dass das Universum erst vor 10min entstanden ist, inklusive uns und all unserer "Erinnerungen".
Es ist lediglich so, dass alle wissenschaflichen Theorien die Vergangenheit unserer Erinnerung beschreiben und die Annahme der erst vor 10min entstandenen Welt unnötig erscheint.
Mit den Multiversen wäre es analog. Die Annahme der Nicht-Existenz anderer Universen ist in bestimmten Theorien unnatürlich.
Wo eine Zeit ist, da ist auch eine Vergangenheit. Vielleicht reicht Dir das nicht aus, aber ich bin mit ziemlich sicher, dass es gängige Lehrmeinung ist, dass es die Zeit gibt. Ansonsten wären unsere Welt in der Form nicht erklärbar.

Anders formuliert: Zeit ist ein Effekt, den wir zu jederzeit erfahren. Der Nachweis, dass es sie gibt, ist sehr stark plausibel. Für ein Multiuniversum gibt es keine Hinweise, weil es sie auch nicht geben kann. Gäbe es Mulituniversen, würden wir nicht davon erfahren, gäbe es sie nicht, wäre es ebenso. Daher ist es wohl eher maximal ein Grenzfall der Wissenschaft, mE ist es Philosophie.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Perdedor »

Skeptiker hat geschrieben: Wo eine Zeit ist, da ist auch eine Vergangenheit. Vielleicht reicht Dir das nicht aus, aber ich bin mit ziemlich sicher, dass es gängige Lehrmeinung ist, dass es die Zeit gibt.
Nein. Zeit kann einen Anfang haben (vor dem es keine Vergangenheit gab).
Siehe z.B.:
https://en.wikipedia.org/wiki/Hartle%E2 ... king_state
Aber es muss gar nicht so komplizert sein. Physikalisch spricht nichts gegen einen beliebig konfigurierten Anfangszustand. Die Möglichkeit einer theoretischen Extrapolation in die Vergangenheit beweist nicht ihre Existenz.
Skeptiker hat geschrieben: Der Nachweis, dass es sie gibt, ist sehr stark plausibel. Für ein Multiuniversum gibt es keine Hinweise
Es kann aber auch "sehr stark plausibel" sein.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Skeptiker »

Perdedor hat geschrieben:(11 Jan 2019, 20:17)


Es kann aber auch "sehr stark plausibel" sein.
Nö, eben nicht. Keine Hinweise, keine "starke Plausibilität".

Fliegen rosa Elefanten ums Universum herum? Nach Deiner Logik wäre das sehr plausibel. Ist es aber nicht.

Existiert Zeit? Da kannst Du Dich drehen und winden wie Du willst - ja sie existiert. Alles andere ist philosophisches gequatsche.
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Perdedor
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Perdedor »

Skeptiker hat geschrieben: Nö, eben nicht. Keine Hinweise, keine "starke Plausibilität".
Vielleicht solltest mal kurz definieren, was du unter "Hinweis" verstehst.
Inwiefern gibt es für die Existenz der Vergangenheit einen "Hinweis"?
Unsere Theorien sind in der Lage eine Vergangenheit zu beschreiben. Und sie tun es konsistent mit allen Erfahrungen.
Das widerlegt aber nunmal nicht die Idee von der 10min-Existenz des Universums.

Wenn wir nun eine Theorie haben (z.B. ewige Inflation), die andere Universen beschreibt und dies konsistent mit allen Erfahrungen ist, mit welcher Begründung will man deren Existenz dann verneinen? Es ist ja nicht so, dass die anderen Universen einfach so hinzugefügt werden. Sie ergeben sich auf natürliche Weise. Genau wie die Vergangenheit.
Skeptiker hat geschrieben: Fliegen rosa Elefanten ums Universum herum? Nach Deiner Logik wäre das sehr plausibel. Ist es aber nicht.
Wie bitte?
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Senexx »

streicher hat geschrieben:(07 Jan 2019, 18:56)

Die Ansicht, dass wir in einem Multiversum leben, scheint langsam aber sicher mehr Anklang zu finden. Ist schwer nachzuweisen, vielleicht sogar vorerst spekulativ. Wie seht ihr das: ist unser Universum allein, oder Teil eines größeren Etwas - zum Beispiel nur ein Bläschen unter vielen? War der "Urknall" kein wirklicher Anfang?
Es gibt konkurrierende Theorien. Dass wir in einem von mehreren gleichzetig existierenden Universen leben, ist eine davon. Jede Erklärung ist so gut wie jede andere, wenn sie hinreichend plausibel und nicht widerlegbar ist.
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Fliege
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Fliege »

Perdedor hat geschrieben:(11 Jan 2019, 19:36)
Wie überprüft man eigentlich mit wissenschaftlichen Methoden, ob es eine Vergangenheit gibt?
Es könnte ja sein, dass das Universum erst vor 10min entstanden ist, inklusive uns und all unserer "Erinnerungen".
Das Alter des Universums (oder Teiluniversums) wird aktuell mit rund 13,8 Milliarden Jahren abgeschätzt und nicht mit rund 6000 Jahren oder gar nur zehn Minuten.
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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Papaloooo
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Papaloooo »

Für die Theorie eines Multiversums spricht, dass sich die Natukonstanten in unserem Universum innerhalb enger Grenzen befinden, die das Entstehen von organisierten Substanzen zulassen.

Warum ist das wohl so?

Nun tun das religiöse Mensch gerne als einen Gottesbeweis hernehmen, ist aber falsch.

Gäbe es beliebig viele Universen mit jeweils beliebigen Naturkonstanten, so sitzt das intelligente Leben natürlich in jenen Universen, die es ermöglichen und fragt sich, warum die Naturkonstanten ausgerechnet so sind, wie sie es sind.
Wir sind doch hier nicht im Trollhouse!
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H2O
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von H2O »

Was kann die Menschheit tun, um die Anwesenheit eines Universums nach zu weisen, das anderen physikalischen Gesetzen gehorcht als unseres? Wären die Gesetze gleich, dann wäre auch dieses Universum nur Teil unseres Universums... oder umgekehrt; wir wollen ja nicht gleich größenwahnsinnig werden.

Warum liegt der Teilnehmer Skeptiker nicht richtig, wenn er in dem Zusammenhang von "philosophischem Gequatsche" spricht?
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Perdedor
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Perdedor »

H2O hat geschrieben: Warum liegt der Teilnehmer Skeptiker nicht richtig, wenn er in dem Zusammenhang von "philosophischem Gequatsche" spricht?
Weil es inkonsequent ist.
Die Frage ist, was man unter "nachweisen" (deine Wortwahl) verstehen soll.
Wie man die Existenz des Mondes "nachweist" sollte noch realtiv klar sein.
Aber wie weist man ein Ereignis in der Vergangenheit nach? Wie weist man nach, dass die Erde vor ca 5Mrd Jahren entstanden ist? Man kann schließlich nicht in der Zeit zurückreisen und nachsehen.
Was man in der Naturwissenschaft tatsächlich tut, ist eine wissenschaftliche Theorie in der Gegenwart nachzuweisen und dann aus dieser Theorie Schlüsse über die Vergangenheit zu ziehen.
So kann man z.B. das Gesetz des radioaktiven Zerfalls in Experimenten heute überprüfen und es dann verwenden um das Alter von Gesteinsschichten zu bestimmen. Der Nachweis des Alters ist aber nur indirekt, anhand des Zerfallsgesetzes. Man reist eben nicht in der Zeit zurück um nachzusehen, wann die Gesteine entstanden sind. Wenn das Zerfallsgesetz aus irgendwelchen Gründen erst seit 100.000 Jahren gilt, wären die diesbezüglichen Schlüsse falsch.
Natürlich gibt es keinen Grund davon auszugehen. Unsere gesamte naturwissenschaftliche Weltbeschreibung ist konsistent mit all unseren Erfahrungen.
Ganz analog kann es sich mit anderen Universen verhalten. Wir können nicht in diese Universen reisen um sie direkt nachzuweisen, genau wie wir nicht in die Vergangenheit reisen können. Trotzdem kann eine physikalsche Theorie ihre Existenz implizieren, genau wie unsere Theorien die Existenz der Vergangenheit implizieren, auch wenn wir nicht dorthin reisen können um sie nachzuweisen.
Die Annahme der Nicht-Existenz der anderen Universen wäre genauso unnatürlich, wie die Annahme, dass unser Universum erst vor 10min entstanden ist, inklusive uns und all unserer Erinnerungen.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von watisdatdenn? »

Nun das Multiversum ist eine (von mehreren) konkrete Interpretation der mathematischen Funktionen in der Quantenphysik:



Ebenso können im Standardmodell mathematisch ganz andere Universen entstehen.
Platt gesagt: warum haben Elektronen genau die Masse die sie haben? Es wird bei uns als Konstante angenommen aber nicht erklärt.
Eine mögliche Erklärung ist, dass es andere Universen gibt in denen zufälligerweise (oder Mechanismus dahinter?) die Konstante der Elektronenmasse eine andere ist.



Für mich sind das zwei starke Indizien dafür dass es andere Universen gibt.
Zuletzt geändert von watisdatdenn? am Sa 12. Jan 2019, 17:44, insgesamt 2-mal geändert.
Skeptiker

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Skeptiker »

Perdedor hat geschrieben:(11 Jan 2019, 21:18)
Vielleicht solltest mal kurz definieren, was du unter "Hinweis" verstehst.
Inwiefern gibt es für die Existenz der Vergangenheit einen "Hinweis"?
Unsere Theorien sind in der Lage eine Vergangenheit zu beschreiben. Und sie tun es konsistent mit allen Erfahrungen.
Das widerlegt aber nunmal nicht die Idee von der 10min-Existenz des Universums.

Wenn wir nun eine Theorie haben (z.B. ewige Inflation), die andere Universen beschreibt und dies konsistent mit allen Erfahrungen ist, mit welcher Begründung will man deren Existenz dann verneinen? Es ist ja nicht so, dass die anderen Universen einfach so hinzugefügt werden. Sie ergeben sich auf natürliche Weise. Genau wie die Vergangenheit.
Inwiefern es Hinweise für die Existenz der Vergangenheit gibt? In dem Sinne, dass Du alles was theoretisch als möglich definierst auch als gleichwertig zur wissenschaftlichen Lehrmeinung stellst, in dem Sinne kannst du natürlich alles in Frage stellen.
Ich könnte behaupten, dass die Welt gerade eben von Gott geschaffen wurde, und alles was wir machen von Gott so plaziert wurde, dass es für uns so erscheint als wenn es einen zeitlichen Ablauf gegeben hat. Klar, kann man so sagen. Sagen auch viele so, speziell evangelikale Christen, die ein Problem mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Evolution und Erdgeschichte haben. Es ist halt leider nur nicht wissenschaftlich das zu behaupten, weil es dafür eben der Falsifizierbarkeit bedarf, der sich eine solche Theorie grundsätzlich entzieht.

Wie Du im Beitrag unten schon sehr richtig geschrieben hast, gibt es Methoden der Altersbestimmung, die ganz offensichtlich auf der Theorie aufsetzen, dass es soetwas wie Zeit und Vergangenheit gibt. Das hat vielleicht damit zu tun, dass zeitliche Abläufe sehr gut reproduzierbar und damit hervorragenden Modellcharakter haben - Zeit ist einfach eine extrem gut empirisch belegte Theorie.

Und DAS ist eben der immense Unterschied zwischen der Vergangenheit (sehr gut belegt!) und Multiuniversen (allenfalls hochtheoretisch noch im Rahmen der Falsifizierbarkeit).

Ich gebe Dir dann noch mal ein paar links mit, die helfen können eine gute von einer schlechten Theorie zu unterscheiden:
Ockhams Rasiermesser: https://de.wikipedia.org/wiki/Ockhams_Rasiermesser
Qualitätskriterien für Theorien: https://de.wikipedia.org/wiki/Theorie#Q ... skriterien
Hier insbesondere die dort enthaltene Formulierung von Donald Davidson wäre hier zu beachten:
Donald Davidson formuliert es knapp: Eine vernünftige Forderung, die man an eine wissenschaftliche Theorie stellen kann, ist die, daß es möglich sein sollte, eine Struktur dermaßen zu definieren, daß es möglich ist, Exemplifizierungen dieser Struktur empirisch zu ermitteln. Dazu sind Gesetze und Verallgemeinerungen nötig, die prognostizieren, was bei gegebenem beobachteten Input beobachtet werden wird.
Perdedor hat geschrieben:(11 Jan 2019, 21:18)
Wie bitte?
Zeit ist im Rahmen unserer Welt ein untersuchbarer Effekt.
Multiuniversen sind das mE nicht, genausowenig wie rosa Elefanten die ums Universum herumschwirren. Manchmal macht übertreiben anschaulich.
Skeptiker

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Skeptiker »

watisdatdenn? hat geschrieben:(12 Jan 2019, 17:21)
Nun das Multiversum ist eine (von mehreren) konkrete Interpretation der mathematischen Funktionen in der Quantenphysik:



Ebenso können im Standardmodell mathematisch ganz andere Universen entstehen.
Platt gesagt: warum haben Elektronen genau die Masse die sie haben? Es wird bei uns als Konstante angenommen aber nicht erklärt.
Eine mögliche Erklärung ist, dass es andere Universen gibt in denen zufälligerweise (oder Mechanismus dahinter?) die Konstante der Elektronenmasse eine andere ist.


Für mich sind das zwei starke Indizien dafür dass es andere Universen gibt.
Diese Darstellung aus der Quantenphysik ist in meinen Augen wenig überzeugend, und am Ende gesteht der Film ja auch ein, dass es eine reine Theorie ist, die bislang keine experimentelle Untersuchung erlaubte. Es ist schlicht Philosophie. Wir schaffen so aus einem Augenblick unserer Wahrnehmung unendlich viele Universen in denen alles ein kleines bischen variiert.

Für mich hat das Ähnlichkeit mit Theorien, die unsere Erfahrung als Grundlage für reale Existenz legen. Nö, so wichtig sind wir nicht …

Es ist außerdem interessant, dass ausgerechnet die Quantenmechanik und Schrödingers Katze dafür herhalten müssen, Theorien des Makrouniversums zu unterstützen, obwohl bekanntermaßen die Quantenmechanik ihre Stärken im Mikrokosmos hat.

Was die Naturkonstanten angeht, so muss ich immer Lachen, wenn ich die Verwunderung über die enge Bandbreite höre, in denen sie sich bewegen dürfen. Natürlich ist das so. Um es mit Lesch zu sagen, ist es auch kein Zufall, dass die Katze das Loch im Fell hat, wo das Auge ist.

Ich sehe unsere Natur als Ganzes mit allen seinen Effekten ähnlich einem Gleichungssystem. Natürlich gibt es für zehn unbekannte mit zehn Gleichungen genau eine Lösung. Ändere ich aber nur einen Koeffizienten an der millionensten Stelle hinter dem Komma, dann ist die Lösung falsch.
Die Naturkonstanten sind nicht da um unser Leben zu gestalten, sondern unser Leben ist Resultat aus der Natur, welche die Naturkonstanten beschreiben und damit formen.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von H2O »

@ perdedor:
Die Annahme der Nicht-Existenz der anderen Universen wäre genauso unnatürlich, wie die Annahme, dass unser Universum erst vor 10min entstanden ist, inklusive uns und all unserer Erinnerungen.
Gut; da bin ich völlig entwaffnet, wie der Friseur, der auf einer Glatze Locken wickeln möchte. Der kann sein Handwerkszeug einpacken und sich ausmalen, wie das hätte sein können.

Ansonsten stimme ich mit Ihren Betrachtungen völlig überein. Da helfen eben unsere vertrauten Werkzeuge bei der Erklärung. Mit "kann sein, kann, aber auch nicht sein" kommt man einem Hirngespinst leider nicht näher. Von dieser Art ist doch auch die Existenz Gottes, obwohl behauptet wird, daß er mit Menschen gesprochen oder sie ihn sogar gesehen hätten.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von watisdatdenn? »

Skeptiker hat geschrieben:(12 Jan 2019, 18:03)
Diese Darstellung aus der Quantenphysik ist in meinen Augen wenig überzeugend, und am Ende gesteht der Film ja auch ein, dass es eine reine Theorie ist, die bislang keine experimentelle Untersuchung erlaubte. Es ist schlicht Philosophie. Wir schaffen so aus einem Augenblick unserer Wahrnehmung unendlich viele Universen in denen alles ein kleines bischen variiert.
Klar. Aber es ist eine valide Überlegung auf Basis der mathematischen Formeln in der Quantenphysik.

Die Veränderbarkei der Naturkostanten in anderen Universen im Rahmen des Standardmodells finde ich schon sehr interessant.
Da kommt dann gleich die Frage hoch: Gibt es auch andere Standardmodelle in anderen Universen?


Mal eine (eigene) Überlegung:
Wenn wir davon ausgehen dass Information die Grundeinheit des "seitens" ist und aus einer Informationseinheit nicht zwei werden können.

Dann passt das Bild schon mal nicht, in dem aus einer Informationseinheit ein komplettes Universum an Informationen entstehen kann. (Also dürfte nach dieser Logik die Mehrwelten-idee in der Quantenphysik schon mal nicht passen, wenn sich Information nicht vermehren darf. Wie du schon vermutet hast)

Anderer Gedanke:
Natürlich muss dann auch die selbe Anzahl an Informationen wie in unserem Universum vorhanden bereits vor unserem Universum vorhanden gewesen sein. Also eine andere Form von Universum. Sind es zumindest schon mal zwei.
Senexx

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Senexx »

Skeptiker hat geschrieben:(12 Jan 2019, 18:03)

Diese Darstellung aus der Quantenphysik ist in meinen Augen wenig überzeugend, und am Ende gesteht der Film ja auch ein, dass es eine reine Theorie ist, die bislang keine experimentelle Untersuchung erlaubte. Es ist schlicht Philosophie.
Eine wissenschaftliche Theorie ist keine Philosophie, sondern eine Theorie. Es ist der Versuch, Widersprüche in anderen Erklärungen anders aufzuklären. Ob die Mulitiversumsvorstellung jemals bewiesen werden kann, ist fraglich.
Humelix33
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Humelix33 »

Im Abspann von Men in Black I hat man zwar fiktional, aber meiner Meinung nach, gut einen Ansatz erahnen können, vor allem für die Leute, die sich sonst mit dem Thema gar nicht beschäftigen, wie die "Verschachtelung" in etwa aussehen könnte, natürlich nicht eins zu eins, da werden natürlich nicht am Ende der Kette Aliens mit Murmeln rumspielen, die die Universen abbildeten, aber bis zu der Szene war es ein guter Ansatz.

Es kann ja nicht etwas aus Nichts entstehen, und wenn unsere Planeten aus irgendwelchen Implodierungen entstanden sein sollen, braucht das auch eine Ursache, und diese Ursache braucht auch eine Ursache, usw. usf. . Ich bin mir sicher, dass wir Menschen höchstens 2-3 Prozent erforschen werden können, was da "Oben" wirklich vor sich geht, selbst wenn jetzt alle Forscher der Welt sich nur noch auf Weltraumforschung besinnen würden, würden es maximal 4-5 Prozent sein, bis uns schlicht etwas Außerhalb auslöschen wird, z.B. das Ende der Sonne.

Die Geschichte begann ja mal mit, es war alles dunkel, alles war in unserem Sonnensystem, was damals noch keines war, ein großes ganzes Nichts, nur warum sollte daraus etwas entstehen, wenn "nichts" da ist, was es verursacht, wo ich wieder zum Anfang meines zweiten Absatzes komme.
Skeptiker

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Skeptiker »

Senexx hat geschrieben:(12 Jan 2019, 18:52)
Eine wissenschaftliche Theorie ist keine Philosophie, sondern eine Theorie.
Nein, eine wissenschaftliche Theorie ist eine Theorie, die wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht wird. Dazu gehört z.B. die Falsifizierbarkeit. Ist diese GRUNDSÄTZLICH nicht gegeben, kann man nicht von einer wissenschaftlichen Theorie sprechen. Dann wäre es eben einfach eine Theorie oder eine Fiktion.
Senexx hat geschrieben:(12 Jan 2019, 18:52)
Es ist der Versuch, Widersprüche in anderen Erklärungen anders aufzuklären.
Nein, das wiederum müsste nach Widersprüchen in der Lehrmeinung suchen und diese aufzeigen. Das aber tut sie nicht, sondern es wird einfach um die Lehrmeinung herum eine Theorie von multiplen Universen erdacht, für die es keine mir bekannten Hinweise gibt, und die sich mE jeder Falsifizierbarkeit entzieht.
Senexx hat geschrieben:(12 Jan 2019, 18:52)
Ob die Mulitiversumsvorstellung jemals bewiesen werden kann, ist fraglich.
Korrekt, das wäre Verifizierbarkeit - ein viel höherer Anspruch. Aber nicht nur das, sondern es ist fraglich ob es grundsätzlich überhaupt möglich ist die Fehlerhaftigkeit nachzuweisen - Falsifizierbarkeit. Letztere ist Vorbedingung für Wissenschaftlichkeit.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Skeptiker »

Humelix33 hat geschrieben:(12 Jan 2019, 18:57)
Im Abspann von Men in Black I hat man zwar fiktional, aber meiner Meinung nach, gut einen Ansatz erahnen können, vor allem für die Leute, die sich sonst mit dem Thema gar nicht beschäftigen, wie die "Verschachtelung" in etwa aussehen könnte, natürlich nicht eins zu eins, da werden natürlich nicht am Ende der Kette Aliens mit Murmeln rumspielen, die die Universen abbildeten, aber bis zu der Szene war es ein guter Ansatz.

Es kann ja nicht etwas aus Nichts entstehen, und wenn unsere Planeten aus irgendwelchen Implodierungen entstanden sein sollen, braucht das auch eine Ursache, und diese Ursache braucht auch eine Ursache, usw. usf. . Ich bin mir sicher, dass wir Menschen höchstens 2-3 Prozent erforschen werden können, was da "Oben" wirklich vor sich geht, selbst wenn jetzt alle Forscher der Welt sich nur noch auf Weltraumforschung besinnen würden, würden es maximal 4-5 Prozent sein, bis uns schlicht etwas Außerhalb auslöschen wird, z.B. das Ende der Sonne.

Die Geschichte begann ja mal mit, es war alles dunkel, alles war in unserem Sonnensystem, was damals noch keines war, ein großes ganzes Nichts, nur warum sollte daraus etwas entstehen, wenn "nichts" da ist, was es verursacht, wo ich wieder zum Anfang meines zweiten Absatzes komme.
Ich erkenne da ein Missverständnis. Mit dem Urknall begann nicht nur der Raum, sondern auch die Zeit. Es gab also, lt. wissenschaftlicher Lehrmeinung, keinen Zeitpunkt VOR dem Urknall, weil es keinen Zeitpunkt vor der Zeit gab.

Das verdeutlicht eben auch sehr schön, dass die Kategorien über die wir hier diskutieren, sich der menschlichen Vorstellung vollkommen entziehen. Da kann ich mir dann also viele Dinge vorstellen zu einer Thematik, die sich meiner Vorstellung von Grundsatz her schon entziehen.
Wir sind da eben ganz schnell auf der philosophischen oder religiösen Ebene. Ich will es mal so sagen: Hat man die Religion in Regionen vertrieben die wahrscheinlich auch vom Grundsatz her niemals erreichbar sein werden - weder als Reisender noch wissenschaftlich - dann ist sie ausreichend weit weg. Da kann sie bleiben.
Skeptiker

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Skeptiker »

watisdatdenn? hat geschrieben:(12 Jan 2019, 18:50)
Klar. Aber es ist eine valide Überlegung auf Basis der mathematischen Formeln in der Quantenphysik.
Mathematische Formeln beschreiben exakt die Theorie, die dann selber modellhaft die Wirklichkeit beschreiben sollen. Mathematik ist dabei nur ein Werkzeug - die Theorie ist der Schlüssel.

Nochmal, die Quantenmechanik hat ihre Stärke im Mikrokosmos. Die Relativitätstheorie im Makrokosmos. Meines Wissens widersprechen sie sich in Teilbereichen, daher eben die bevorzugte Anwendung in bestimmten Teilbereichen.
Es wäre für mich jedenfalls widersinnig die Quantenmechanik nun ausgerechnet für den "Supermakrokosmos" zu verwenden. Eher macht es dann auf mich den Eindruck jemand möchte ein Ergebnis erzielen, für das er ansonsten keine ausreichenden Hinweise finden könnte. Für mich wirkt das zusammengebogen.
watisdatdenn? hat geschrieben:(12 Jan 2019, 18:50)
Die Veränderbarkei der Naturkostanten in anderen Universen im Rahmen des Standardmodells finde ich schon sehr interessant.
Da kommt dann gleich die Frage hoch: Gibt es auch andere Standardmodelle in anderen Universen?
Die Naturkonstanten sind nichts weiter als Koeffizienten unserer wissenschaftlichen Modelle zur Erklärung der Welt. Man müsste also eigentlich sagen ob in anderen Universen die selben Naturgesetze gelten, sprich, ist die Natur dort in ihrer Gesetzmäßigkeit gleich aufgebaut.
Soweit ich das erkennen kann, können wir das nur für unsere eigene Welt untersuchen, nicht für Welten die wir nicht kennen.
watisdatdenn? hat geschrieben:(12 Jan 2019, 18:50)
Mal eine (eigene) Überlegung:
Wenn wir davon ausgehen dass Information die Grundeinheit des "seitens" ist und aus einer Informationseinheit nicht zwei werden können.

Dann passt das Bild schon mal nicht, in dem aus einer Informationseinheit ein komplettes Universum an Informationen entstehen kann. (Also dürfte nach dieser Logik die Mehrwelten-idee in der Quantenphysik schon mal nicht passen, wenn sich Information nicht vermehren darf. Wie du schon vermutet hast)

Anderer Gedanke:
Natürlich muss dann auch die selbe Anzahl an Informationen wie in unserem Universum vorhanden bereits vor unserem Universum vorhanden gewesen sein. Also eine andere Form von Universum. Sind es zumindest schon mal zwei.
Wie schon Hummelix geschrieben, es gab keinen Zeitpunkt vor unserem Universum - die Zeit fing mit diesem an. Das jedenfalls ist Stand der Wissenschaft. Aus philosophischer Hinsicht mag das nicht zufriedenstellend sein - ist halt nicht mit menschlichen Sinnen zu greifen.
Senexx

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Senexx »

Skeptiker hat geschrieben:(12 Jan 2019, 19:24)

Nein, eine wissenschaftliche Theorie ist eine Theorie, die wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht wird. Dazu gehört z.B. die Falsifizierbarkeit.
Was derzeit nicht falsifizierbar ist, kann es künftig sein. Sie unterliegen einem grundsätzlichen Missverständnis.
Skeptiker

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Skeptiker »

Senexx hat geschrieben:(12 Jan 2019, 20:11)
Was derzeit nicht falsifizierbar ist, kann es künftig sein. Sie unterliegen einem grundsätzlichen Missverständnis.
Aus genau dem Grunde habe ich hier immer wieder gesagt, dass ich es für unwissenschaftlich halte, nicht dass sie es ist. Da gehen die Meinungen auseinander.

Ich habe sehr große Zweifel daran, dass uns Dinge außerhalb unseres Universums irgendwann einmal für wissenschaftliche Bewertungen zur Verfügung stehen mag - ausgeschlossen ist es aber natürlich nicht. Daher halte ich es für Philosophie, aber man möge mir gerne zeigen, dass ich nicht phantasievoll genug war.
Senexx

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Senexx »

Skeptiker hat geschrieben:(12 Jan 2019, 20:16)

Aus genau dem Grunde habe ich hier immer wieder gesagt, dass ich es für unwissenschaftlich halte, nicht dass sie es ist. Da gehen die Meinungen auseinander.

Ich habe sehr große Zweifel daran, dass uns Dinge außerhalb unseres Universums irgendwann einmal für wissenschaftliche Bewertungen zur Verfügung stehen mag - ausgeschlossen ist es aber natürlich nicht. Daher halte ich es für Philosophie, aber man möge mir gerne zeigen, dass ich nicht phantasievoll genug war.
Nein, danke. Es ist Ihnen erlaubt, zu irren und Wissenschaft misszuverstehen.
Skeptiker

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Skeptiker »

Senexx hat geschrieben:(12 Jan 2019, 20:23)
Nein, danke. Es ist Ihnen erlaubt, zu irren und Wissenschaft misszuverstehen.
Und Ihnen sei Ihr Optimismus gegönnt, den ich leider nicht teile.
Senexx

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Senexx »

Skeptiker hat geschrieben:(12 Jan 2019, 20:30)

Und Ihnen sei Ihr Optimismus gegönnt, den ich leider nicht teile.
Ich habe nichts von Optimismus gesagt. Schon wieder haben Sie meine Äußerungen falsch verstanden.
Skeptiker

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Skeptiker »

Senexx hat geschrieben:(12 Jan 2019, 20:31)
Ich habe nichts von Optimismus gesagt. Schon wieder haben Sie meine Äußerungen falsch verstanden.
Dann erklären Sie es mir nochmal auf meinem bescheidenen Niveau.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Troh.Klaus »

watisdatdenn? hat geschrieben:(12 Jan 2019, 17:21)
Nun das Multiversum ist eine (von mehreren) konkrete Interpretation der mathematischen Funktionen in der Quantenphysik:

Ebenso können im Standardmodell mathematisch ganz andere Universen entstehen.
Platt gesagt: warum haben Elektronen genau die Masse die sie haben? Es wird bei uns als Konstante angenommen aber nicht erklärt.
Eine mögliche Erklärung ist, dass es andere Universen gibt in denen zufälligerweise (oder Mechanismus dahinter?) die Konstante der Elektronenmasse eine andere ist.


Für mich sind das zwei starke Indizien dafür dass es andere Universen gibt.
Für mich sind das starke Indizien dafür, dass wir noch immer ziemlich wenig Ahnung haben.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Papaloooo »

Senexx hat geschrieben:(12 Jan 2019, 20:23)

Nein, danke. Es ist Ihnen erlaubt, zu irren und Wissenschaft misszuverstehen.
Nein, von Wissenschaft kann man hier wirklich nicht sprechen.
Das sind lediglich Erklärungsmodelle, also Vorstellungen von einer Wirklichkeit, jenseits unserer Raumzeit.
Wir sind aber mit unserer Physik auf diese Raumzeit beschränkt. Denn unsere Physik kann ja nur unsere physikalischen Gesetze beschreiben.
Unsere Raumzeit kann nicht verlassen werden, wir können nicht mal theoretisch einen Blick in ein Jenseits unserer Raum-Zeit erhaschen.
Und wer behauptet, dass wir das könnten, dass es also Wissenschaft ist, der möge einen Nachweis dazu erbringen!
Wir sind doch hier nicht im Trollhouse!
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streicher
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von streicher »

Wenn, dann müssen die Hinweise auf ein Multiversum wohl in unserem Universum gemessen werden. Von einer "dunklen Strömung" habe ich bislang noch nie gehört. Habt ihr?
Greenbelt (USA) - Astronomen um Alexander Kashlinsky vom Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt, Maryland (USA) haben neue Daten gesammelt, die die Theorie eines „Multiversums“ stärker stützen als bisherige Messungen das konnten. Demnach könnten Paralleluniversen für die mysteriösen Dunkle Strömung verantwortlich sein, die das Forscherteam gefunden hat.
Diese Strömung äußert sich in Form von spektralen Verschiebungen in der kosmischen Hintergrundstrahlung (siehe Nachricht "Die Dunkle Strömung der Galaxienhaufen" in der Linkliste). Diese Verschiebungen deuten darauf hin, dass sich alle Galaxien mit einer unerwartet hohen Geschwindigkeit von bis zu 800 Kilometern pro Sekunde in ein und die selbe Richtung bewegen, zusätzlich zu der ohnehin vorhandenen Expansion des Universums.
Neue Ergebnisse zur Dunklen Strömung - „Multiversum“ eine mögliche Erklärung
Die Zukunft ist Geschichte.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Senexx »

Papaloooo hat geschrieben:(13 Jan 2019, 09:49)

Nein, von Wissenschaft kann man hier wirklich nicht sprechen.
Das sind lediglich Erklärungsmodelle, also Vorstellungen von einer Wirklichkeit, jenseits unserer Raumzeit.
Wir sind aber mit unserer Physik auf diese Raumzeit beschränkt. Denn unsere Physik kann ja nur unsere physikalischen Gesetze beschreiben.
Unsere Raumzeit kann nicht verlassen werden, wir können nicht mal theoretisch einen Blick in ein Jenseits unserer Raum-Zeit erhaschen.
Und wer behauptet, dass wir das könnten, dass es also Wissenschaft ist, der möge einen Nachweis dazu erbringen!
Wissenschaft arbeit mit Modellen. Wenn unsere Modelle zum Beispiel Schwarze Löcher und Und Wurmlöcher annehmen (müssen), folgt daraus, dass man sich Gedanken machen muss, was dahinter sein könnte. Es ist die logische Weiterentwicklung von Hypothesen und Theorien. Dass sie sich des physikalischen Experiments (noch) entziehen, ist irrelevant.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Fliege »

Papaloooo hat geschrieben:(13 Jan 2019, 09:49)
Nein, von Wissenschaft kann man hier wirklich nicht sprechen.
Das sind lediglich Erklärungsmodelle, also Vorstellungen von einer Wirklichkeit, jenseits unserer Raumzeit.
Wir sind aber mit unserer Physik auf diese Raumzeit beschränkt. Denn unsere Physik kann ja nur unsere physikalischen Gesetze beschreiben.
Unsere Raumzeit kann nicht verlassen werden, wir können nicht mal theoretisch einen Blick in ein Jenseits unserer Raum-Zeit erhaschen.
Und wer behauptet, dass wir das könnten, dass es also Wissenschaft ist, der möge einen Nachweis dazu erbringen!
Bei einer Erklärung oder Theorie, die nicht oder noch nicht prüfbar ist, handelt es sich um Metaphysik (siehe Karl Popper und andere). So war Demokrits Atomtheorie in der Antike noch Metaphysik, ist jedoch in der Neuzeit zu einer Wissenschaft geworden.

Darauf ist bereits hingewiesen worden.
Skeptiker hat geschrieben:(12 Jan 2019, 19:24)
[E]ine wissenschaftliche Theorie ist eine Theorie, die wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht wird. Dazu gehört z.B. die Falsifizierbarkeit. Ist diese GRUNDSÄTZLICH nicht gegeben, kann man nicht von einer wissenschaftlichen Theorie sprechen. Dann wäre es eben einfach eine Theorie oder eine Fiktion.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Perdedor »

Skeptiker hat geschrieben: Es ist halt leider nur nicht wissenschaftlich das zu behaupten, weil es dafür eben der Falsifizierbarkeit bedarf, der sich eine solche Theorie grundsätzlich entzieht.
Ja, nur ist die Aussage, dass die Vergangenheit existierst auch nicht falsifizierbar, da wir nicht zurück in die Vergangenheit reisen können um ihre Existenz zu widerlegen. Unsere Hinweise auf die Vergangenheit sind alle indirekt über Theorien, die wir heute überprüfen können und welche eine Vergangenheit implizieren.
Genauso können heute und hier überprüfbare Theorien andere Universen implizieren.
Skeptiker hat geschrieben: Das hat vielleicht damit zu tun, dass zeitliche Abläufe sehr gut reproduzierbar und damit hervorragenden Modellcharakter haben - Zeit ist einfach eine extrem gut empirisch belegte Theorie.
Genau. Und sie ist gut empirsch belegt OHNE dass die Existenz der Vergangenheit explizit nachgewiesen werden kann.
Die ewige Inflation kann prinzipiell auch extrem gut empirisch belegt werden ohne dass die anderen Universen explizit nachgewiesen werden.
Skeptiker hat geschrieben: Und DAS ist eben der immense Unterschied zwischen der Vergangenheit (sehr gut belegt!) und Multiuniversen (allenfalls hochtheoretisch noch im Rahmen der Falsifizierbarkeit).
Man kann sicherleich feststellen, dass Theorien mit einem Multiversum zur Zeit noch spekulativer sind, als unsere Theorie der Zeit, aber das ist nur ein quantitativer Unterschied und kein qualitativer. Im Prinzip ist beides das gleiche und insofern ist beides nur Philosophie oder eben nicht.
Skeptiker hat geschrieben: Donald Davidson formuliert es knapp: Eine vernünftige Forderung, die man an eine wissenschaftliche Theorie stellen kann, ist die, daß es möglich sein sollte, eine Struktur dermaßen zu definieren, daß es möglich ist, Exemplifizierungen dieser Struktur empirisch zu ermitteln.
Das ist für die gängigste Multiversumtheorie (Linde) gegeben. In der Tat haben die jüngsten BICEP2 Resultate ergeben, dass diese Theorie unwahrscheinlich ist.
Skeptiker hat geschrieben: Zeit ist im Rahmen unserer Welt ein untersuchbarer Effekt.
Multiuniversen sind das mE nicht, genausowenig wie rosa Elefanten die ums Universum herumschwirren.
Die Theorie des Multiversums ist genauso untersuchbar, wie die Theorie der Zeit. Beides impliziert aber Dinge, die nicht explizit nachweisbar sind.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von schokoschendrezki »

watisdatdenn? hat geschrieben:(12 Jan 2019, 17:21)

Nun das Multiversum ist eine (von mehreren) konkrete Interpretation der mathematischen Funktionen in der Quantenphysik:



Ebenso können im Standardmodell mathematisch ganz andere Universen entstehen.
Platt gesagt: warum haben Elektronen genau die Masse die sie haben? Es wird bei uns als Konstante angenommen aber nicht erklärt.
Eine mögliche Erklärung ist, dass es andere Universen gibt in denen zufälligerweise (oder Mechanismus dahinter?) die Konstante der Elektronenmasse eine andere ist.



Für mich sind das zwei starke Indizien dafür dass es andere Universen gibt.
Das Problem ist, dass man sich "andere Universen" nur so denken kann, dass es keinerlei Wechselwirkungen mit "unserem Universum" gibt, Gäbe es sie, wären es keine anderen Universen sondern gehörten zu dem unsrigen. Sprich: Weder Nachweise noch Widerlegungen von Eigenschaften einschließlich der der Existenz sind möglich.

Wenn überhaupt, dann kann nur das dimensionslose Verhältnis der Elektronenmasse zu der anderer Elementarteilchen eine Frage der Erklärbarkeit sein. Im Moment zumindest scheint sich die Meinung eher zu einem "hässlichen Universum" hinzuneigen. In welchem es einfach nicht erklärbare Gegebenheiten gibt.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Fliege »

Perdedor hat geschrieben:(13 Jan 2019, 18:32)
Ja, nur ist die Aussage, dass die Vergangenheit existierst auch nicht falsifizierbar, da wir nicht zurück in die Vergangenheit reisen können um ihre Existenz zu widerlegen.
Bist du Phänomenalist, weil du mit Zeit und Vergangenheit ein Problem zu haben scheinst?
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Skeptiker »

Perdedor hat geschrieben:(13 Jan 2019, 18:32)
Ich fasse Deinen Beitrag mal zusammen um nicht weiter zerstückeln zu müssen: Du siehst die Vergangenheit als nicht "explizit" nachgewiesen, und möchtest daher Multiuniversen, die ebenfalls nicht "explizit" nachweisbar sind, als wissenschaftlich bezeichnen lassen.
Korrekt? Wenn nicht, dann bitte Einspruch erheben - soll kein Strohmann sein.

Ich möchte es Dir dann also nochmal anders erklären, weil ich denke Du bist da auf dem Holzweg.

Die wissenschaftliche Lehrmeinung beschreibt den Status quo der Wissenschaft. Es ist unstrittig, dass es Zeit gibt - das gilt als wissenschaftliche Lehrmeinung - korrekt? Die besondere Eigenschaft der Zeit ist ihr Fortschritt - korrekt? Wenn aber die Zeit fortschreitet, dann sind Zeitpunkte in zeitlicher Abfolge gestaffelt - korrekt?
DAS impliziert dass es eine Vergangenheit gibt, weil die Vergangenheit ein Zeitpunkt vor der Gegenwart ist - korrekt?

Nun magst Du sagen, dass das aber noch nichts darüber aussagt wieviel Vergangenheit es gibt, nur ihre grundsätzliche Existenz - meinetwegen. Es gibt aber sehr viele wissenschaftliche Disziplinen, die sich mit der Auswirkung zeitlicher Abfolgen befassen, Archeologie, Paläontologie, auch Kosmologie, um drei zu nennen. Diese müssten massive Fehler machen, wenn Deine 10 Minuten Theorie richtig wäre. Zeitreisen als Vorbedingung für die Anerkennung der Vergangenheit als wissenschaftlichen Fakt sind eine absurd hohe Forderung - man kann auch nicht ins Atom reisen um es zu untersuchen.

Und da kommen wir zum Kern: Nicht die Vergangenheit ist unwissenschaftlich, sondern die Theorie diese wäre nicht existent. Du stellst eine philosophische These auf die niemand falsifizieren kann um die Vergangenheit als Eigenschaft der Zeit als eine unbelegte Philosophie darzustellen, dabei ist es genau umgekehrt. Du degradierst die Wissenschaft um Multiversen einen niederschwelligen Eintritt zu ihr zu verschaffen.

So funktioniert das nicht. Damit Theorien wissenschaftliche Lehrmeinung werden, müssen sie sehr viele Püfungen über sich ergehen lassen. Theorien die sich diesen Prüfungen nicht stellen können, die können es halt auch niemals so weit bringen. Weiss man das von vornherein, dann sind wir eben in der Philosophie.

Ich möchte hinzufügen, dass Multiversen durchaus von vielen Wissenschaftlern als plausible Theorie angesehen werden. Es gibt aber auch viele Wissenschaftler die an Gott glauben, was Gottheiten zu keiner wissenschaftlichen Theorie werden läßt. Es ist nicht nur entscheidend WER eine Theorie für plausibel hält, sondern welchen Standards sie dabei genügt.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von schokoschendrezki »

Wenn man "Zeit" als grundsätzliche Tendenz zur Entropiezunahme (ohne Energieimport) versteht, braucht man nur Dinge wie das langsame Einebnen einer Sandburg durch die Meereswellen betrachten, um sich davon zu überzeugen, dass es eine "Vergangenheit" gibt, Vergangenheit ist das, was ohne Energieaufwendung von selbst zerfällt.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Skeptiker »

schokoschendrezki hat geschrieben:(13 Jan 2019, 21:38)
Wenn man "Zeit" als grundsätzliche Tendenz zur Entropiezunahme (ohne Energieimport) versteht, braucht man nur Dinge wie das langsame Einebnen einer Sandburg durch die Meereswellen betrachten, um sich davon zu überzeugen, dass es eine "Vergangenheit" gibt, Vergangenheit ist das, was ohne Energieaufwendung von selbst zerfällt.
Das Problem bei Perdedor ist grundsätzlicher. Er bestreitet den Nachweis, wenn er nicht in der Lage ist die heile Burg in der Vergangenheit zu besuchen, weil dann die heile Burg nur eine Phantasie sein könnte die nicht existiert.

Da sind wir einfach nur in der Philosophie, und zwar als Mittel zum dem Zweck eine andere Philosophie zur Wissenschaft zu erklären.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Fliege »

Skeptiker hat geschrieben:(13 Jan 2019, 21:52)
Das Problem bei Perdedor ist grundsätzlicher. Er bestreitet den Nachweis, wenn er nicht in der Lage ist die heile Burg in der Vergangenheit zu besuchen, weil dann die heile Burg nur eine Phantasie sein könnte die nicht existiert.

Da sind wir einfach nur in der Philosophie, und zwar als Mittel zum dem Zweck eine andere Philosophie zur Wissenschaft zu erklären.
Ja, zumal, falls es sich bei dieser Philosophie um Phänomenalismus handeln sollte, ein Sehr-junge-Welt-Kreationsmus vorgeschlagen würde.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Skeptiker »

Fliege hat geschrieben:(13 Jan 2019, 22:00)
Ja, zumal, falls es sich bei dieser Philosophie um Phänomenalismus handeln sollte, ein Sehr-junge-Welt-Kreationsmus vorgeschlagen würde.
Richtig, und wenn der zutreffen würde, was würden uns dann noch die Wissenschaften und Multiuniversen scheren … ?
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Perdedor »

Fliege hat geschrieben: Bist du Phänomenalist, weil du mit Zeit und Vergangenheit ein Problem zu haben scheinst?
Ich habe gar kein Problem. Es geht hier um die Frage, ob eine Hypothese, die die Existenz eines Multiversums impliziert, als naturwissenschaftliche Theorie gelten kann.
Als Gegenargument wird angeführt, dass die anderen Universen nicht direkt nachweisbar wären. Ich stelle nun die Frage, was genau das bedeuten soll und vergleiche es mit der Vergangenheit, die auch nicht direkt nachweisbar ist. "Nicht direkt nachweisbar" bedeutet hier, dass wir zwar über unsere Theorien eine Vergangenheit implizieren, wir sie aber nicht direkt sehen, da wir eben nicht in der Zeit zurückgehen können.
Dies ist analog zu einer Theorie mit anderen Universen. Diese sehen wir auch nicht direkt.

Das Problem mit der nicht direkten Nachweisbarkeit ist ganz allgemein: Wir werden nie Informationen von jenseits des kosmologischen Ereignishorizotes erhalten. Trotzdem gehen wir natürlich davon aus, dass unsere Theorien auch dahinter gültig sind. Occams Razor verlangt hier gerade, dass wir davon ausgehen, dass das Universum danach weitergeht, da es eben eine Zusatzannahme wäre, wenn wir davon ausgingen, dass dort plötzlich das Universum zu Ende ist.
Wenn nun eine Multiversumstheorie, wie die von Linde, in unserem Universum ausführlich belegt wird, so wäre es unnatürlich davon auszugehen, dass die anderen Universen dieser Theorie nicht existieren.


Skeptiker hat geschrieben: Du siehst die Vergangenheit als nicht "explizit" nachgewiesen, und möchtest daher Multiuniversen, die ebenfalls nicht "explizit" nachweisbar sind, als wissenschaftlich bezeichnen lassen.
Jain. Es geht ums Prinzip. Eine Multiversumstheorie kann wissenschaftlich sein.
Ich behaupte nicht, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt bereits eine hinreichend belegte Theorie dieser Art existiert. Ich behaupte, dass eine solche Theorie aber nicht aufgrund fehlender explizieter Nachweisbarkeit der anderen Universen abgelent werden kann.
Skeptiker hat geschrieben: Nun magst Du sagen, dass das aber noch nichts darüber aussagt wieviel Vergangenheit es gibt
Genau.
Skeptiker hat geschrieben: Es gibt aber sehr viele wissenschaftliche Disziplinen, die sich mit der Auswirkung zeitlicher Abfolgen befassen, Archeologie, Paläontologie, auch Kosmologie, um drei zu nennen. Diese müssten massive Fehler machen, wenn Deine 10 Minuten Theorie richtig wäre.
Nein, überhaupt nicht. Diese Theorien beschreiben unsere Experimente (im weiteren Sinne, also auch Ausgrabungen etc.), die wir heute durchführen absolut korrekt. Das Gütesiegel jeder Theorie sind ihre experimentellen Belege, und die sind gegeben.
Wenn die Vergangenheit in Wahrheit anderes verlaufen ist, weil z.B. früher andere Naturgesetze galten, oder weil der Teufel Fossilien platziert hat um uns in die Irre zu führen, ist dies kein Fehler der Theorien.
Natürlich gibt es keinen Grund von solchen Täuschungen auszugehen. Trotzdem ist die Annahme dass es solche Täuschungen nicht gab, nicht falsifizierbar.
Skeptiker hat geschrieben: Zeitreisen als Vorbedingung für die Anerkennung der Vergangenheit als wissenschaftlichen Fakt sind eine absurd hohe Forderung - man kann auch nicht ins Atom reisen um es zu untersuchen.
Richtig.
Skeptiker hat geschrieben: Und da kommen wir zum Kern: Nicht die Vergangenheit ist unwissenschaftlich, sondern die Theorie diese wäre nicht existent.
Eben. Und jetzt sag mir noch warum.
Ich würde sagen, weil die Annahme der Nicht-Existenz unnatürlich ist, da unsere experimentell belegten Theorien ihre Existenz implizieren.
Und genau das kann auch für andere Universen gelten.
Skeptiker hat geschrieben: Theorien die sich diesen Prüfungen nicht stellen können, die können es halt auch niemals so weit bringen.
Aber die Multiversumstheorie von Linde kann dies ja. Viele Aussagen der Theorie lassen sich ganz explizit prüfen (z.B. BICEP2).
Lediglich die anderen Universen können nicht explizit nachgewiesen werden, genausowenig, wie die Vergangenheit.

Mir scheint, als besteht hier ein falscher Eindruck von diesen Theorien. Es ist eben nicht so, dass da ein Physiker hergeht und mal eben andere Universen postuliert. Nein, die Universen ergeben sich auf natürliche Weise aus dem mathematischen Formalismus. Welcher natürlich auch Gegebenheiten aus unserem Universum erklärt.
Nebenbei bemerkt, wird die das Multiversum z.T. auch mit der Viele-Welten Interpretation der Quantenmechanik verwechselt. Diese Dinge haben sehr wenig miteinander zu tun.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Fliege »

Perdedor hat geschrieben:(13 Jan 2019, 22:18)
Es geht hier um die Frage, ob eine Hypothese, die die Existenz eines Multiversums impliziert, als naturwissenschaftliche Theorie gelten kann.
Als Gegenargument wird angeführt, dass die anderen Universen nicht direkt nachweisbar wären. [...]

Das Problem mit der nicht direkten Nachweisbarkeit ist ganz allgemein: Wir werden nie Informationen von jenseits des kosmologischen Ereignishorizotes erhalten. Trotzdem gehen wir natürlich davon aus, dass unsere Theorien auch dahinter gültig sind. [...]
Imre Lakatos schlug für solche umfassenden Konzeptionen, Hypothesen oder Theorien, sofern sie noch stark spekulativ sind, den Terminus "wissenschaftliche Forschungsproramme" vor. Früher hätte man von "Metaphysik" gesprochen, was man auch heute noch tun kann. "Wissenschaftliche Forschungsprogramme" sind metaphysische Theorien, die innerhalb der Wissenschaft oder mit Blick auf künftige wissenschaftliche Forschung entworfen werden, wobei Nachweisbarkeit in diesem Theoriestadium nicht relevant ist.

Deswegen meine ich, der Multiversum-Konzeption kommt aktuell der Status eines wissenschaftlichen Forschungsprogramms zu.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von keinproblem »

Perdedor hat geschrieben:(13 Jan 2019, 22:18)
Ich habe gar kein Problem. Es geht hier um die Frage, ob eine Hypothese, die die Existenz eines Multiversums impliziert, als naturwissenschaftliche Theorie gelten kann.
Als Gegenargument wird angeführt, dass die anderen Universen nicht direkt nachweisbar wären. Ich stelle nun die Frage, was genau das bedeuten soll und vergleiche es mit der Vergangenheit, die auch nicht direkt nachweisbar ist. "Nicht direkt nachweisbar" bedeutet hier, dass wir zwar über unsere Theorien eine Vergangenheit implizieren, wir sie aber nicht direkt sehen, da wir eben nicht in der Zeit zurückgehen können.
Dies ist analog zu einer Theorie mit anderen Universen. Diese sehen wir auch nicht direkt.
Interessanter Ansatz. Ich würde andere Universen und die Vergangenheit in der Hinsicht aber allein schon deswegen nicht vergleichen wollen, als dass das für voll nehmen der Vergangenheit eine philosophische Grundvoraussetzung der Empirie ist. Mit empirischen Paradigmen nun die Vergangenheit nachzuweisen (habe dich jetzt dahingehend so verstanden darfst mich gerne korrigieren) ist meiner Auffassung nach gar nicht möglich.

Man könnte das mit einem Forscher vergleichen, der für alle seine Arbeiten ein Mikroskop verwendet, damit bislang ziemlich gut gefahren ist und nun mit dem Mikroskop nachzuweisen versucht, dass das was er mit seinen beiden Augen sehen kann, wirklich der Realität entspricht. Da sein Instrument allerdings schon die Prämisse mit sich bringt, dass das was er sieht auch wirklich so ist wie er es sieht, wird er wohl auf eine tiefere Metaebene eingehen müssen.
Das Problem mit der nicht direkten Nachweisbarkeit ist ganz allgemein: Wir werden nie Informationen von jenseits des kosmologischen Ereignishorizotes erhalten. Trotzdem gehen wir natürlich davon aus, dass unsere Theorien auch dahinter gültig sind. Occams Razor verlangt hier gerade, dass wir davon ausgehen, dass das Universum danach weitergeht, da es eben eine Zusatzannahme wäre, wenn wir davon ausgingen, dass dort plötzlich das Universum zu Ende ist.
Wenn nun eine Multiversumstheorie, wie die von Linde, in unserem Universum ausführlich belegt wird, so wäre es unnatürlich davon auszugehen, dass die anderen Universen dieser Theorie nicht existieren.
Würde Occams Konzept hier nicht erst greifen, wenn das Linde Modell die plausibelste Erklärung für den Urknall wäre? Würde mich freuen, wenn es dir nichts ausmacht einige deiner Kenntnisse (mathematischer Formalismus zB) mit mir zu teilen, bin auf dem Gebiet nicht bewandert.

LG
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