Mh, schwierig. Ich lasse erst einmal das "Menschenbild" aus.
1. Definieren wir zuerst "Natur". Du verwendest zwei naturae, einmal die des Menschen und dann die, ich nehme an, allgegenwärtig-allgemeine? natura (nascor) ist zuerst die "Geburt", in übertragener Bedeutung geht damit die "angeborene" Wesensart einher. Also, nehme ich an, fragst Du nach der Wesensart, der Grundbeschaffenheit des Menschen von Anfang an? Oder meinst Du eher, in ferner Bedeutung, die Konsequenz der Wesensart, nämlich das "Material", die "Substanz" des Menschseins? Diese Variante passt dann eher zu Deiner dritten Frage. Ich greife "Natur" daher in ersterer Bedeutung auf.
Ich greife ferner auf natura als "Geburt" zurück: Wie beschaffen ist ein Neugeborenes? Was sind seine wichtigen Bedürfnisse? Stillung physischer Bedürfnisse. Hunger. Wärme. Klingt nicht wirklich menschlich, aber dahingehend sind wir ja auch Tiere. Also ist die Natur des Menschen gemein mit der tierischen; als organische Lebewesen funktionieren wir genau so wie andere Säugetiere. Nichts Menschliches in den allgemeinen chemisch-biologischen Prozessen. Wie die Tiere schützen die menschlichen Eltern ihren Nachwuchs. Dabei geschieht etwas Interessantes vor allem von 0-3 Jahren. Durch die Fürsorge, den auditiven u. sensualen Kontakt, durch Reaktionen der Eltern auf Reize etc. lernt der kleine Mensch, zu interagieren. Über diese Bindung entwickelt er ein Bild von einer Außenwelt (Wahrnehmung), des Lernens und Erfahrens. Er wird mit Angst oder Vertrauen konfrontiert. Und die Neugierde ist ziemlich oft sehr groß. Auch das lässt sich bei anderen Säugetieren nachweisen. Der Mensch will also physische Befriedigung, eine gewisse Bindung und Interaktion mit der Außenwelt. Diese Dinge erreicht der Mensch, wenn er heranreift, aber nur durch andere Menschen (physische Befriedigung: Sex, Arbeit-Lebensunterhalt), Bindung (soziale Kontakte: Partner, Familie, Stabilität), Interaktion mit Außenwelt (Kulturtechniken, Lern- und Anpassungsbereitschaft -> Gesetze, soziale Gruppen). Dabei stehen alle Felder in Beziehung zueinander. So kann eine starke Interaktion dazu führen, physische Bedürfnisse besser befriedigen zu können (Lernen von Verhalten -> höhere Akzeptanz -> mehr Vertrauen durch Gruppe und besserer Job -> mehr Einkommen, Existenz sicherer, niemals hungrig). Auch das lässt sich bei den Säugetieren nachweisen, bloß in simplifizierter Form. M.E. bilden die Grundbedürfnisse des Menschen aufgrund ihres universellen Charakters die "Natur". Alle "typisch" menschlichen Konflikte z.B. in Politik und Gesellschaft ließen sich ebenso als raffiniertes Verhalten von Tieren verstehen. Der Kampf um Posten -> die Alpha-Tiere kämpfen. Der wütende Mob. Ein Außenseiter wird ausgestoßen.
Dann gibt es aber noch etwas, das wir bei Tieren, so weit ich weiß, nicht finden. Z.B. die Natur des Gesetzes. Die blinde Iustitia. Intellektuelle Restriktionen, erwachsen aus einem langen Lernprozess (Interaktion mit Außenwelt). Durch Bestrafen und Belohnen lehren wir Kinder, was zu tun ist, was nicht. Allerdings lernen Kinder dadurch nicht, dass jemand, der eine Strafe erlitten hat, wieder "unschuldig" wird. Der Kriminelle bleibt makelhaft. Aber dennoch schaffen wir es, mal mehr, mal weniger, Menschen zu resozialisieren. Wir schaffen es, jemanden für eine Straftat nur einmal zu bestrafen und ihn trotzdem im Kreis der Gesellschaft zu halten. Warum tun wir das eigentlich? Wie rechtfertigen wir das? Aufklärung, Menschenrechte, Grundgesetze. Es ist ein bewusstes Bekenntnis zu einer Idee. Warum bekennen wir uns dazu? Wir haben unsere Erfahrungen mit autoritären Systemen und Genozid gemacht. Wir entwickeln also abstrakte Prinzipien aus langen Lernprozessen, mit dem Ziel, eine ebenso abstrakte Idee zu befriedigen. Gewaltenteilung z.B. ist eines der Prinzipien, die wir in langen Lernprozessen gelernt haben (Aufklärung, Absolutismus, 1848, Nationalismus, Weimar, Hitler); das Resultat dieses Lernens, dass Gewaltenteilung notwendig sei, wird dabei rationalisiert und abstrahiert: es wird zu einer Idee. Auf dem gleichen Bett liegt die Wissenschaft. Die Methode ist auch eine aus Erfahrungen erwachsene Idee, so stark abstrahiert, dass sie kaum noch subjektiv fassbar ist.
Ich glaube also, dass der Mensch physisch-animalisch, sozial-emotional gesteuert ist, aber dabei immer in einer neugierigen oder ablehnenden Haltung der Außenwelt gegenüberstehen will und es teilweise schafft, Abstraktionen zu schaffen, die reale Auswirkungen auf die Umwelt und das Verhalten haben können.
2. Jetzt muss ich prüfen, inwiefern dies Auswirkungen auf "Mann" und "Frau" hat. Physisch-animalisch: Sex, Reproduktion. Sozial-emotional: Partner, Freunde, Feinde. Interaktionistisch: Eine Frau/Mann, die mich etwas lehrt, mein Verhalten ändert/beeinflusst; Gedankenaustausch, wissenschaftlicher Diskurs etc. - inwiefern treten hierbei Unterschiede auf? Sex, Partnerschaft, Freundschaft kann man mit einem Mann oder einer Frau haben. Ein Mann kann ebenso ein Erzieher sein wie eine Frau Chef im Maschinenbau - ich sehe da keine allgemeinen Unterschiede. Beruht also der Unterschied darauf, dass nur die Frau gebären, der Mann besamen kann? Also wäre der Unterschied rein physisch. Aber wenn eine Frau nicht gebären kann oder der Mann schlichtweg impotent ist - sind es dann keine Frauen und Männer mehr? Die Geschlechtsorgane bleiben jedoch erhalten. Was passiert jedoch, wenn ein Mensch Hormone zu sich nimmt und damit physischen Einfluss auf sein Geschlecht nimmt? Oder was ist, wenn ein Mensch durch genetischen Defekt (Chromosome etc.) ein äußerlich "falsches" Geschlecht aufweist? All das zeigt, dass äußerliche und reproduktorische Merkmale trügerisch sein können, nur genetische Bedingungen oder "innere" Merkmale können hier den Zweifel beseitigen. Demnach haben wir Chromosomata, Hormone und Geschlechtsorgane, auf denen wir unsere Ideen von "Weiblichkeit" und "Männlichkeit" aufbauen. Ich denke, dass wir aufgrund unserer lernend-wahrnehmenden Natur gern versuchen, Dinge immer wieder zu abstrahieren, um sie überschaubar zu machen ("Frauen verstehen"; "typisch Mann!"); das wiederum, so fehlerhaft es auch ist, bleibt Grundbedürfnis des Menschseins: Interaktion -> Lernen -> Erfahrungen -> Abstraktion der Erfahrungen).
3. Endlich bei der Frage der Fragen. Ich kann sie nicht beantworten, teilweise verstehe ich sie nicht, da hier "Natur" zu groß ist. Gehst Du davon aus, was unsere Rolle in der evolutionären Natur sei? Bitte um mehr Details.