Brimborium » Mi 16. Sep 2015, 16:34 hat geschrieben:Wenn Bewusstsein existiert,
ist es dann etwas Materielles?
Das ist in diesem Zusammenhang eine wichtige Frage.

Moderator: Moderatoren Forum 7
Brimborium » Mi 16. Sep 2015, 16:34 hat geschrieben:Wenn Bewusstsein existiert,
ist es dann etwas Materielles?
Brimborium » Mi 16. Sep 2015, 15:34 hat geschrieben:Wenn Bewusstsein existiert,
ist es dann etwas Materielles?
JosefG » Fr 18. Sep 2015, 11:37 hat geschrieben:Kommt darauf an, was man unter "Materielles" versteht.
Corella » Fr 18. Sep 2015, 09:50 hat geschrieben:Eine statistische, emergente Größe wie Temperatur mag auf die Aktivität der Partikel reduzierbar sein. Trauen würde ich dem so auch nicht, aber für eine aktive Darlegung muss ich da passen.
((Dürfte wohl die Quantenphysik berühren? Dort ist 1 + 1 nicht notwendig = 2, sondern 2, 0 oder -2 oder so, gell? Da wo sich meine Profession bewegt, ist 1 + 1 ja sowieso nicht gleich 2, weil in der praktischen Anwendung zwei so gleiche Dinge ja gar nicht gegeben sind. Das Detail müsste Blue jetzt eigentlich gefallenSystembiologen ziehen daraus aber andere Schlüsse.))
Aber das Temperaturbeispiel nun auf biologische Untersuchungsaspekte auszudehnen, ist je nach Aspekt überdehnt!
Was Ihr vier, Blue, Perdedor, Cat, X hartnäckig nicht würdigt, ist die Kreativität des Prozesses: Systemeigenschaften entstehen, die es vorher (historische Dimension!) nicht gab. Wer Sozialverhalten oder ökologische Überlebensstrategien untersucht, hat es mit einer Vielzahl emergenter Phänomene unterschiedlicher Komplexionsniveaus zu tun, deren Wirkbeziehungen sich höchst nicht-linear ändern können. Wir sind uns bis auf Blue sicherlich einig, dass wir das Ob einer Reduzibilität auch den Habilitanten der Philosophie überlassen können. In der Praxis werden die Allermeisten, auch Ihr, froh sein, wenn ein Arzt mit den üblichen Checklisten so wage Diagnosen macht und dennoch aussichtsreiche Therapien findet usw. Darin steckt dann viel Deduktion und das ist ein Stück weit richtig und gut.
Das heißt dann im Klartext: bitte gewöhnt Euch solche Alles-oder-nichtsereien wie sinngemäß "wenn ein Wort nicht definiert ist, ist der Satz inhaltsleer" oder Nichts-anderes-alsereien wie "Bewusstsein ist nichts weiter als..." ab! Es gibt keinen fundamentalen Algorithmus, mit dem Gesellschaften am besten wirtschaften, ein Computer Bewusstsein erzeugen wird usw. Biologie wird nicht in Chemie aufgehen, Sozialwissenschaften nicht in Psychologie und diese nicht in Biologie. Ob unscharfe Begriffe nur flüchtig sind oder tiefen Sinn haben, ist eine Frage der guten Praxis. Das ist mühselig, insofern habe ich manchmal das Gefühl, dass das Sehnsüchten nach Einfachheit entgegensteht. Solch Sehnsüchte neigen zu Radikalität. X als Lumper in der Systematik, Blue als Ismus-Enthusiast im Wirtschaftsforum als Beispiele, wo Radikalität sichtbar wird. An vielen anderen Stellen schreibt Ihr mir regelmäßig aus der Seele, unbenommen.
Corella » Fr 18. Sep 2015, 12:05 hat geschrieben:
Bewusstsein, welches nicht an zumindest äußerlich sichtbare Strukturen gebunden wäre, wurde noch nicht allgemeingültig nachgewiesen. Daher wäre es mit den Beobachtungen - soweit nichts übersehen wurde - vereinbar, wenn Bewusstsein mit Aufbau komplexer Strukturen entsteht und mit Zerfall wieder verschwindet. Damit ist aber nichts darüber ausgesagt, wo es denn eigentlich herkommt, bestenfalls wovon es kommen könnte. Kann sein, dass es im Sinne des Wortes kreativ entsteht, kann sein, dass es etwas aus der Welt entspricht, es abbildet. So wie Augen mit ihrer Struktur die Eigenschaften des Lichtes abbilden. Soweit wir Prozesse verstehen, können wir auch solche Abbildungen darin erkennen. Das wirft mit einiger Berechtigung die Frage auf, warum das bei unverstandenen Prozessen anders sein soll. Und es erinnerte an die christliche Überzeugung vom Menschen als Abbild Gottes.
Cat with a whip » Fr 18. Sep 2015, 20:21 hat geschrieben:
Augen machen doch noch mehr. Und da wirds ja interessant. Sie bilden nicht nur Eigenschaften des Lichts ab, sondern auch die Geometrie des Lichtursprungs als Fläche und zusammen mit Stereoskopie bieten sie die Grundlage für räumliches Sehen. Dazu leisten sie bereits das Entstehen von Information, indem sie Licht selektiv in Aktionspotentiale umwandeln und Signale modulieren. Das was das Gehirn damit macht, ist nur zum Teil "Abbild". Für die Wahrnehmung wird das meißte aufgrund von Wissen konstruiert und zum Teil sind die semantischen Inhalte völlig hanebüchen, wie zum Beispiel die Einbildung von Farben. Das gibt es in der physikalischen Welt nicht. Farben sind keine Eigenschaft des Lichts. Da fängts nämlich schon an, dass das Gehirn seine eigene Realität produziert. Uns erscheinen die Farben trotzdem so real wie der Gegenstand, von dem dieses Licht ausgeht.
Cat with a whip » Fr 18. Sep 2015, 16:32 hat geschrieben:
Eiertanz. Es geht schlicht darum dass man sich nur sinnvoll unterhalten kann wenn man die allgemein akzeptierte Definition von Begriffen ebenso akzeptiert. Es reicht völlig festzuhalten dass man Bewusstsein als emergentes Phänomen begreifen kann. Nur weil im speziellen Fall wegen verschiedener Ursachen eine Reduktion nicht gelingt, ist es nicht zulässig den Begriff generell umzudefinieren wie Sie es taten. Das ist intellektuelle Anarchie. Das nimmt doch niemand ernst.
Man kann sagen: "Die Reduktion von mutmaßlich emergenten Phänomenen ist in manchen naturwissenschaftlichen Fachrichtungen wie der Biologie schwierig, viellleicht sogar unmöglich, weil A, B, C....". Damit hätte niemand ein Problem. Das Wesen der Emergenz beibt aber dass es wenigstens theoretisch im Prinzip reduzierbar ist. Genau diese Vorannahme führt ja erst zur Emergenz.
Cat with a whip » Fr 18. Sep 2015, 20:21 hat geschrieben:
Bis auf das subjektive Erleben, wo es sich direkt offenbart ist man in der dritten Person auf die Definition von Merkmalen des Bewusstsein angewiesen, sonst macht es keinen Sinn etwas nachweisen zu wollen. Da fängts schon an, eine einheitliche Definition von Bewußtsein zu formulieren.
Augen machen doch noch mehr. Und da wirds ja interessant. Sie bilden nicht nur Eigenschaften des Lichts ab, sondern auch die Geometrie des Lichtursprungs als Fläche und zusammen mit Stereoskopie bieten sie die Grundlage für räumliches Sehen. Dazu leisten sie bereits das Entstehen von Information, indem sie Licht selektiv in Aktionspotentiale umwandeln und Signale modulieren. Das was das Gehirn damit macht, ist nur zum Teil "Abbild". Für die Wahrnehmung wird das meißte aufgrund von Wissen konstruiert und zum Teil sind die semantischen Inhalte völlig hanebüchen, wie zum Beispiel die Einbildung von Farben. Das gibt es in der physikalischen Welt nicht. Farben sind keine Eigenschaft des Lichts. Da fängts nämlich schon an, dass das Gehirn seine eigene Realität produziert. Uns erscheinen die Farben trotzdem so real wie der Gegenstand, von dem dieses Licht ausgeht.
Leider wirkte sich die christliche Vorstellung des Abbild Gottes als fortschrittshemmend in den Disziplinen aus in denen solche Begriffe wie Wahrnehmung, Bewusstein, Seele, Psyche oder Verhalten eine Rolle spielten. Noch im 19 J.h. war es für Wissenschaftler der "Psychologie" (heute Psychiatrie) eher tabu sich laut darüber zu äussern, dass das menschliche Ich-Bewusstein, die Seele/Psyche, Denken oder wie immer man es nennen will aus dem nervösen Substrat zwischen den Ohren hervorgehen könnte. Ja für so ein paar schnöde vegetative Funktionen und elektrische Reizpotentiale um die Peripherie zu steuern, ja dafür war bestenfalls das Gehirngewebe noch zuständig, aber bei der Person hörte es auf. Denn da fühlte sich ja "Gottes Ebenbild" ganz dolle gekränkt. Denn dann wäre man ja nix weiter als'n Affe, der gefälligst über Instinktive ohne "Seele" zu funktionieren habe. Echte Fortschritte in der Psychiatrie machte man als man anerkannte, dass psychische Erkrankung auch auf Erkrankungen des Gehirns zurückzuführen sind.
Auch heute sind diese fortschrittsfeindlichen Vorstellungen in der vermeintlich aufgeklärten westlichen Welt weit verbreitet. Da wird mystifiziert und esotherisch philosophiert nur um in der menschlichen Psyche irgendeine neue naturreligiöse Heiligkeit oder eine unergründbare Wesenhaftigkeit fortleben zulassen. Alleine die vielen Gekränkten mit ihren Spukgeschichten, die ihren Trost darin finden, zu hoffen sie wären unsterblich oder ihre Seele käme in den Himmel oder ihre Bwusstsein würde mit dem Universum verschmelzen und ähnliches.
eure schöpfung » Sa 19. Sep 2015, 03:14 hat geschrieben:
da hätte ich mal n`paar fragen:
wenn ich jetzt ,evolutionsmäßig betrachtet, an die erfindung des auges herangehe; wie kam es zustande, daß ein auge überhaupt entstand ? ich meine damit, woher wußte die evolution/selektion, daß es überhaupt sowas wie sehen gibt ? und das es nur eines evolutionären ablaufs bedarf, damit dies in der realen welt zum tragen kommt. oder reicht da emergenz vollkommen aus, um das zu erklären ? sprich, der reine zufall der chemischen mischungen ? mir erscheint der vorgang gesteuert. aber von wem ? erfahrungssammelndes bewußtsein( die erfahrungen müssen mindestens genetisch weitergegeben werden) oder zufälligen molekülketten ?
Corella » Sa 19. Sep 2015, 23:22 hat geschrieben:Die Welt ist mystisch..
Corella » Sa 19. Sep 2015, 23:42 hat geschrieben:die Welt ist eben mehr, als was der Fall ist
So selbstverständlich und alltäglich das Bewusstsein für uns alle ist, wird die Sache bei genauerer Betrachtung dennoch kompliziert. Der seit langem an diesem Thema forschende Neurowissenschaftler Christof Koch nennt das Bewusstsein „eins der rätselhaftesten Charakteristika (Features) des Universums“. Nicht umsonst beißen sich Philosophen seit Jahrhunderten die Zähne daran aus (Das Rätsel Bewusstsein) . Eine anerkannte wissenschaftliche Definition gibt es bis heute nicht, und auch in der normalen Verwendung erweist sich der Begriff als schillernd. Gleich fünf verschiedene Wortbedeutungen entfaltet etwa der Neurophilosoph Thomas Metzinger von der Universität Mainz im Eintrag „Bewusstsein“ in der „Enzyklopädie Philosophie“.
So kann sich der Begriff darauf beziehen, ob jemand bei (vollem) Bewusstsein ist oder eben nicht – etwa weil er gerade schläft (Die Nachtseite des Bewusstseins), unter Vollnarkose steht (Was geschieht bei der Narkose?) oder im Koma liegt (Tennisspielen im Wachkoma). Diese Bewusstseinszustände kann man objektiv definieren und neurobiologisch zumindest teilweise erklären.
Cat with a whip » So 20. Sep 2015, 01:45 hat geschrieben:
Nein, die Welt ist nicht mystisch. Der Mensch verklärt sie mystisch.
Brimborium » Mi 16. Sep 2015, 16:34 hat geschrieben:Wenn Bewusstsein existiert,
ist es dann etwas Materielles?
Progressiver » So 20. Sep 2015, 20:52 hat geschrieben:Wenn ein komplexes Lebewesen sich in einer Situation entscheiden muss, dann schwingt immer noch so etwas anarchisches mit, das so etwas wie Kreativität bewirkt.
NP-vollständig » So 20. Sep 2015, 18:10 hat geschrieben:Nach Hofstadter und Dennett liefert die Informatik diese Definition von Bewusstsein:
"Ein System verfügt über Bewusstsein wenn es selbstständig aufgrund von Informationen aus dem Umfeld fähig ist, sich zwischen verschiedenen Verhaltensmöglichkeiten zu entscheiden bevor eine davon umgesetzt wird. Voraussetzung für den Entscheidungsprozess ist, dass das System einen Ausschnitt aus der Wirklichkeit über seine Sinne wahrnimmt und sich daraus ein Bild dieser Welt konstruiert, das das System selbst enthält. Umgangssprachlich schlägt sich das in der Formulierung „sich seiner selbst bewusst sein“ nieder".
Diese Definition hat den Vorteil, dass sie nicht allein auf Lebewesen beschränkt ist.
Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste