CERN und LHC

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Kibuka
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Kibuka »

Erdnuss hat geschrieben: Was für ein Ding :confused:
Was sind Higgs- Felder?

Erdnuss fragt:

...wie wirken sich die noch nicht gefundenen Higgsteilchen aus und was versteht man unter einem sogenannten Higgsfeld?

Antwort:

Der englische Physiker Peter Higgs hat schon vor 30 Jahren überlegt, woher die Teilchen wie Elektronen oder Quarks ihre Masse haben. Er hat dazu ein Feld postuliert, das nach ihm benannte Higgs- Feld. Wenn Teilchen sich in diesem Feld bewegen, erhalten sie Masse. Das geschieht dadurch, dass sich wie bei anderen Feldern auch (z.B. Gravitationsfeld) ein Austauschboson an das Teilchen ankoppelt, das Higgs- Boson. Je stärker die Ankopplung ist, um so mehr Masse hat das Teilchen. Allerdings hat man dieses Higgs- Boson noch nicht nachweisen können, man hofft aber, das in einigen Jahren mit dem neuen Large Hadron Collider (LHC) des Teilchenbeschleunigers CERN zu schaffen.

Es ist aber möglich, dass das Higgs- Boson nicht existiert, dennoch könnten Higgs- Felder das ganze Universum durchziehen. Wenn sich ein Elektron in einem Gitter aus positiv geladenen Atomen bewegt, regt es diese an und sie "fühlen" sich zu ihm hingezogen. Dadurch machen sie das Elektron "träge", wodurch sich seine effektive Masse erhöht. Genauso wird einem Teilchen Masse verliehen, wenn es sich durch ein gitterartiges Higgs- Feld bewegt.

Man kann das vergleichen mit einer Party, die Gäste sind gleichmäßg im Raum verteilt und unterhalten sich. Jeder kann bequem und ohne Hindernis zu jeder Stelle im Raum gehen. Wenn nun der Gastgeber an einer Seite des Raums ein höchst interessantes Gerücht erzählt, wird es schnell weitergereicht werden. Um den Erzählenden versammeln sich kleine Gruppen Neugieriger, die es ihm unmöglich machen sich so frei zu bewegen wie vorher. Er hat zuviel "Masse" um sich versammelt. Genau so wird es einem Teilchen im Higgs- Feld ergehen, es wird träge und erhält dadurch Masse.

http://www.abenteuer-universum.de/faq/n83.html
Auch ganz nett, http://www.faz.net/s/Rub7F4BEE0E0C39429 ... ntent.html und http://eeh06.physik.hu-berlin.de/~lohse ... /Higgs.pdf .
Zuletzt geändert von Kibuka am Di 30. Mär 2010, 16:11, insgesamt 1-mal geändert.
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Eiskalt
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Eiskalt »

Was bringt das Experiment?
Können wir bald den Raum krümmen und jeden Ort einfach erreichen? :?:
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Mithrandir
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Mithrandir »

Platon hat geschrieben:das ist bestimmt sehr interessant, wenn man weiß worum es geht :|
Der LHC ist der zur Zeit leistungsfähigste Teilchenbeschleuniger der Welt. Es werden kleine Teilchen (heute: Protonen, für die Zukunft sind aber auch noch etwas größere Teilchen wie Blei-Ionen geplant) auf sehr hohe Geschwindigkeiten d. h. Energien beschleunigt. Z. B. heute die Protonen auf 3,5 TeV. Das ist nicht besonders viel Energie (entspricht etwa der Bewegungsenergie eines fliegenden Insekts), aber das besondere ist, dass diese Energie ein einzelnes Proton bekommt.
Um solche Energien zu erzielen, werden die Teilchen durch supraleitende Magneten, heruntergekühlt nahe an den absoluten Nullpunkt, beschleunigt. Da sich die Teilchen fast mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, braucht man eine lange Strecke zum Beschleunigen, damit diese Strecke nicht so lang ist und damit die gleichen Magnete ein Teilchen mehrmals beschleunigen können, ist der Beschleuniger als Ring gebaut, was die Sache aber wieder komplizierter macht, weil die winzigen Teilchenstrahlen nahe der Lichtgeschwindigkeit exakt auf der Kreisbahn gehalten werden müssen.
Dieser Ring hat einen Umfang von 27km und befindet sich (je nach Ort etwas unterschiedlich) ca. 100m unter der Erde.

Um noch höhere Energien zu erreichen, lässt man Teilchen entgegengesetzt durch den Ring sausen und dann frontal zusammenstoßen, man erhält im Schwerpunktsystem die doppelte Energie, bei zwei Strahlen mit 3,5 TeV macht das 7 TeV (geplant ist, den LHC irgendwann mit 14 TeV Schwerpunkts-Energie zu betreiben).

Das Interessante daran, wenn Teilchen mit solchen Energien zusammenstoßen, ist, dass sehr viel Energie auf kleinem Raum zusammenkommt, es können dabei neue Teilchen (pro Kollision können das über 10.000 sein!) entstehen, die instabil sind und/oder die man normalerweise nicht zu sehen bekommt (weil Kollisionen hochenergetischer kosmischer Strahlung selten so freundlich sind, genau im Detektor stattzufinden). Die Kollisionen finden sehr oft statt, innerhalb der 3 Stunden Laufzeit heute, wurden hunderttausende Kollisionen erzeugt.
Am CERN finden diese Kollisionen natürlich genau in den Detektoren statt, von denen es mehrere mit unterschiedlicher Funktionsweise bzw. unterschiedlichen Zielen gibt.
Man hofft z. B. nicht nur, Higgs-Teilchen oder supersymmetrische Teilchen finden zu können (die bislang nur von Theoretikern vermutet werden), sondern auch ein Quark-Gluon-Plasma zu erzeugen und zu untersuchen, ein Zustand, der vermutlich kurz nach dem Urknall existiert hat und eine Temperatur von 2 Milliarden K hat, das ist ca. 100.000 mal heißer als im Zentrum der Sonne.

Insgesamt erhofft man sich also u. a. ein besseres Verständnis der Naturkräfte (wie funktioniert Gravitation?), des Universums (woraus besteht Dunkle Materie?) und der Entstehung des Universums (was ist beim Urknall passiert?). Zu diesen Fragen könnten die Experimente am LHC einen kleinen Beitrag leisten.
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Heinrich-73
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Heinrich-73 »

Chlorobium hat geschrieben:Die Hälfte der 3,5 TeV sind erreicht. Gleicht knallt es! :clap:

mfg
Chlorobium (der Farbe wegen)
Bei mir regnets gerade und es hat gedonnert: :blink:

War's das? War's das jetzt? :confused:
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Perdedor
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Perdedor »

Der Live-Stream war mal wieder miserabel. Die meiste Zeit gab es keinen Ton. Es steht zu hoffen, dass die Techniker mehr von Beschleunigern verstehen, als von Mikrofonen.
Hier kann man sich übrigens jederzeit live über den aktuellen Zustand des LHC informieren. Er ist gerade wieder auf 3.5TeV hochgefahren worden.
JamesDean hat geschrieben: Was bringt das Experiment?
Können wir bald den Raum krümmen und jeden Ort einfach erreichen?
Wenn man es schon vorher wüsste, müsste man das Experiment ja gar nicht machen.
Wenn du allerdings mehr über die fundamentalen Zusammenhänge der Welt erfahren möchtest (was ja unabdingbar für neue Technologien ist), führt kein Weg an Experimenten wie denen am LHC vorbei.
Mithrandir hat geschrieben: Das Interessante daran, wenn Teilchen mit solchen Energien zusammenstoßen, ist, dass sehr viel Energie auf kleinem Raum zusammenkommt, es können dabei neue Teilchen (pro Kollision können das über 10.000 sein!) entstehen, die instabil sind und/oder die man normalerweise nicht zu sehen bekommt (weil Kollisionen hochenergetischer kosmischer Strahlung selten so freundlich sind, genau im Detektor stattzufinden). Die Kollisionen finden sehr oft statt, innerhalb der 3 Stunden Laufzeit heute, wurden hunderttausende Kollisionen erzeugt.


In der Tat. Wenn der LHC erstmal seine Design-Luminosität erreicht, soll es ~10^8-10^9 p-p-events pro Sekunde geben (die natürlich nicht alle aufgezeichnet werden können).
Kosmische Strahlung mit mehreren TeV Energie ist im Vergleich dazu extrem selten (~1 pro 10 Sekunden pro m^2 und das nur in der oberen Atmosphäre).
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Mithrandir
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Mithrandir »

Perdedor hat geschrieben:In der Tat. Wenn der LHC erstmal seine Design-Luminosität erreicht, soll es ~10^8-10^9 p-p-events pro Sekunde geben (die natürlich nicht alle aufgezeichnet werden können).
Wenn man die interessanten Events (bzw. interessante Teile der Events) gut triggern kann, darf es ruhig ein bisschen mehr sein, als aufgezeichnet werden kann. Dazu müssen aber immer noch die Subdetektoren der einzelnen Detektoren schnell genug arbeiten. Weißt Du, welcher der Detektoren mit solchen Ereignisraten etwas anfangen kann?
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Perdedor »

Mithrandir hat geschrieben: Wenn man die interessanten Events (bzw. interessante Teile der Events) gut triggern kann, darf es ruhig ein bisschen mehr sein, als aufgezeichnet werden kann.
Muss sogar. Leider kann man sich ja nicht aussuchen, welcher Prozess stattfinden soll. Der Higgsproduktions-Wirkungsquerschnnitt liegt, je nach Masse, etwa 11 Größenordnugnen unter dem totalen Querschnitt. MaW es wird nur 1 Higgs in 10^11 Ereignissen produziert.
Mithrandir hat geschrieben: Dazu müssen aber immer noch die Subdetektoren der einzelnen Detektoren schnell genug arbeiten. Weißt Du, welcher der Detektoren mit solchen Ereignisraten etwas anfangen kann?
Keiner. Wobei das Problem meines Wissens weniger an den Detektoren an sich liegt (deren Latenzzeit erlaubt durchaus die Aufnahme einer großen Datenmenge), sondern an der Computertechnik. Daher unterscheiden sich die Detektoren auch nicht wesentlich in der Rate, mit der die Daten aufgezeichnet werden. Sie verwenden alle die beste Technik, die verfügbar ist. Dies erlaubt glaube ich eine Rate von etwa 100-200 Aufgezeichneten Ereignissen pro Sekunde (entspricht 50-100 Mbyte, also mehrere Petabyte pro Jahr). Die große Herausforderung ist es, die von den Detektoren aufgenommene Datenmenge von einigen Terabyte pro Sekunde quasi in Echtzeit zu analysieren und die 100Mbyte, die aufgezeichnet werden, sinnvoll herauszufiltern.
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Mithrandir »

Perdedor hat geschrieben:Dies erlaubt glaube ich eine Rate von etwa 100-200 Aufgezeichneten Ereignissen pro Sekunde (entspricht 50-100 Mbyte, also mehrere Petabyte pro Jahr). Die große Herausforderung ist es, die von den Detektoren aufgenommene Datenmenge von einigen Terabyte pro Sekunde quasi in Echtzeit zu analysieren und die 100Mbyte, die aufgezeichnet werden, sinnvoll herauszufiltern.
Diese einige TB/s entsprechen wenn ich das grob überschlage Ereignisraten in der Größenordnung von einigen 10 kHz (bei 50-100 MB/Ereignis). Wobei die Ereignisse wohl auch unterschiedliche Datenmengen erzeugen.
Diese einige TB/s, die die Online-Analyse des Triggers bewältigen muss; ist das bei ATLAS?
Perdedor hat geschrieben:Keiner.
Wenn keiner der Detektoren in der Lage ist, mit Raten von 10^8-10^9 Ereignisse/s umzugehen, wo ist dann der Sinn solcher Ereignisraten?
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Perdedor »

Mithrandir hat geschrieben: Diese einige TB/s entsprechen wenn ich das grob überschlage Ereignisraten in der Größenordnung von einigen 10 kHz (bei 50-100 MB/Ereignis).
Die 50-100 Mb bezogen sich auf ALLE aufgezeichneten (rekonstruierten) Ereignisse. Also 1 Mb pro Ereignis.
Die Rate mit der die Daten vom ersten Trigger analysiert wernden beträgt bei allen 4 großen Detektoren 40MHz (-> Bunchcrosing Rate -> also ~25 p-p-Kollisionen pro Bunch).
Das wird durch die verschiedenen Triggerebenen auf ~200Hz heruntergefiltert, die dann aufgezeichnet werden.
Z.B. Atlas (sehr ähnlich bei den anderen): http://atlas.ch/pdf/atlas_factsheet_4.pdf
Mithrandir hat geschrieben: Wenn keiner der Detektoren in der Lage ist, mit Raten von 10^8-10^9 Ereignisse/s umzugehen, wo ist dann der Sinn solcher Ereignisraten?
"Umgehen" geht natürlich schon. Nur aufzeichnen eben nicht.
Die Trigger sind ja intelligent und wählen nicht irgendwelche Ereignisse aus. Wie ich oben schrieb, braucht es im Durchschnitt 10^11 p-p-Kollisionen um 1 Higgs zu erzeugen. Daher braucht man eine so hohe Rate.
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Mithrandir »

Perdedor hat geschrieben:Die 50-100 Mb bezogen sich auf ALLE aufgezeichneten (rekonstruierten) Ereignisse. Also 1 Mb pro Ereignis.
Oh ja, für p-p-Kollisionen wären 50-100MB auch etwas viel pro Ereignis…
Mithrandir hat geschrieben:"Umgehen" geht natürlich schon. Nur aufzeichnen eben nicht.
Die Trigger sind ja intelligent und wählen nicht irgendwelche Ereignisse aus. Wie ich oben schrieb, braucht es im Durchschnitt 10^11 p-p-Kollisionen um 1 Higgs zu erzeugen. Daher braucht man eine so hohe Rate.
Ok, das war dann ein Missverständnis. Mit »umgehen« meinte ich im Wesentlichen, dass die Subdetektoren überhaupt Ereignisse in diesen Raten detektieren können (und dass nicht in die Daten zu einem Ereignis schon das nächste reinläuft). Was mir noch nicht klar ist: Wie werden aus 10^9 Events/s eine Rate von 4·10^7 Events/s, die am ersten Trigger ankommen? Das wäre genau die bunch crossing rate, bei 10^9 Kollisionen/s müsste in den zugehörigen Daten aber entweder mehr als »sometimes« (wie im fact sheet steht) Daten zu Teilchen aus mehr als einer p-p-Kollision enthalten sein – oder aber die Daten zu vielen Kollisionen gar nicht am ersten Trigger ankommen.
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Perdedor »

Mithrandir hat geschrieben: Mit »umgehen« meinte ich im Wesentlichen, dass die Subdetektoren überhaupt Ereignisse in diesen Raten detektieren können (und dass nicht in die Daten zu einem Ereignis schon das nächste reinläuft).
Jain. Die Arbeitsfrequenz beträgt 40MHz. Es wird also alles was innerhalb von 1/40MHz=25ns anfällt auf einmal analysiert. D.h. die Daten von etwa 25 p-p-Kollisionen laufen ineinander. I.A. werden diese aber nicht genau die selben Detektorelemente ansprechen, so dass die Latenzzeit der Komponenten nicht so relevant ist.
Mithrandir hat geschrieben: Das wäre genau die bunch crossing rate, bei 10^9 Kollisionen/s müsste in den zugehörigen Daten aber entweder mehr als »sometimes« (wie im fact sheet steht) Daten zu Teilchen aus mehr als einer p-p-Kollision enthalten sein – oder aber die Daten zu vielen Kollisionen gar nicht am ersten Trigger ankommen.
Hmm. Keine Ahnung, wie das "sometimes" genau zu verstehen ist. Zunächst wird der LHC ja nicht seine maximale Luminosität erreichen. Da wird es sogar bunchcrossings geben in denen keine Kollision stattfindet. Dann wäre es allerdings irreführend zuerst von den 10^9 events zu sprechen...
Bei maximaler Lumi wird es so ziemlich immer Teilchen von mehreren Kollisionen auf einmal im Detektor geben.
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Mithrandir »

Perdedor hat geschrieben:Keine Ahnung, wie das "sometimes" genau zu verstehen ist. Zunächst wird der LHC ja nicht seine maximale Luminosität erreichen. Da wird es sogar bunchcrossings geben in denen keine Kollision stattfindet. Dann wäre es allerdings irreführend zuerst von den 10^9 events zu sprechen...
Vielleicht bezieht sich das »sometimes« noch auf die aktuelle Situation während der Rest die angestrebten Werte sind. Hoffentlich wurde das berücksichtigt, dass »sometimes« mit der Design-Luminosität recht häufig werden kann…
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Shoogar
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Shoogar »

Perdedor hat geschrieben:Hier kann man sich übrigens jederzeit live über den aktuellen Zustand des LHC informieren.
Besten Dank für den link.
Das ist eine recht interessante Seite.
Nach intensiver Recherche habe ich (als Physik-Laie) mittlerweile herausgefunden, was ALICE, ATLAS & Co. sind, und was mit den einzelnen Detektoren jeweils gemessen werden soll.

Was aber bedeuten Background1 und Background2 ?

Und ja, noch eine Frage habe ich:
Wie ich gelesen hatte, wird es einige Zeit (Monate) dauern, die einzelnen Instrumente zu kalibrieren.
Wie macht man das bei einer derart großen Folge von Ereignissen?
Zuletzt geändert von Shoogar am Mi 7. Apr 2010, 22:30, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Perdedor »

Shoogar hat geschrieben: Was aber bedeuten Background1 und Background2 ?
Im Allgemeinen sind Background Ereignisse solche, die eine dem untersuchten Ereignis ähnliche Signatur haben und die möglichst gut herausgefiltert werden müssen.
In diesem Fall (OP VISTAR) ist es allerdings nur eine Messgröße, die die Ereignisrate in den Detektoren charakterisieren soll. Was genau ein Wert von 0.15 hier bedeutet weiß ich auch nicht und ist wohl auch von Detektor zu Detektor verschieden.
Shoogar hat geschrieben: Wie macht man das bei einer derart großen Folge von Ereignissen?
Es gibt eine Reihe sogenannter "Standardkerzen" also bereits sehr gut vermessene Prozesse, die ersteinmal am LHC wiederentdeckt werden müssen.
Das herausfiltern der interessanten Ereignisse aus dem Background ist natürlich eine der großen Herausforderungen auf der experimentellen Seite. Zu diesem Zweck werden sog. "Trigger" hintereinandergeschaltet, die das Datenvolumen um den Faktor ~100,000 verringern müssen (s.o.). Dabei handelt es sich mehrere tausend CPUs (pro Detektor), die die genommenen Daten in Echtzeit analysieren und versuchen das Wesentliche herauszufiltern. Danach werden die aufgezeichneten Daten nochmal sorgfältig analysiert durch das Worldwide LHC Computing Grid.
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Shoogar »

Perdedor hat geschrieben:Es gibt eine Reihe sogenannter "Standardkerzen" also bereits sehr gut vermessene Prozesse, die ersteinmal am LHC wiederentdeckt werden müssen.
Das herausfiltern der interessanten Ereignisse aus dem Background ist natürlich eine der großen Herausforderungen auf der experimentellen Seite. Zu diesem Zweck werden sog. "Trigger" hintereinandergeschaltet, die das Datenvolumen um den Faktor ~100,000 verringern müssen (s.o.). Dabei handelt es sich mehrere tausend CPUs (pro Detektor), die die genommenen Daten in Echtzeit analysieren und versuchen das Wesentliche herauszufiltern. Danach werden die aufgezeichneten Daten nochmal sorgfältig analysiert durch das Worldwide LHC Computing Grid.
"Gelten" diese Kalibrierungen für die Teilchen mit ungleich höherem Impuls auch?
Immerhin geht es ja um den Faktor 3,5 im Vergleich zum "Tevatron".
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Perdedor »

Ich habe mich nochmal schlauer gemacht bzgl. p-p-Kollisionsrate (10^9/s) vs First Level-Triggerarbeitsrate (40 MHz).
Es ist tatsächlich so, dass mehrere Kollisionen (~25) auf einmal verarbeitet und als ein "event" bezeichnet werden. Allerdings handelt es sich bei einem Großteil dieser Kollisionen um Proton-Proton-Streuung (also simpler Gluonaustauch), welche relativ uninteressant sind. Interessante events sind solche, die z.B. Teilchen mit hohem Transversalimpuls oder viel "missing energy" enthalten. Z.B. hier ist ein Myon mit hohem p_T zu sehen (rote Linie). Dieses entstand aus EINER p-p-Kollision und zusammen mit den uninteressanten restlichen Kollisionen im 25ns Intervall wird es als ein event aufgezeichnet (wobei in diesem Bild aufgrund der niedrigen Luminosität wohl nur die Spuren einer Kollision zu sehen sind.). Die Wahrscheinlichkeit, dass innerhalb eines events mehrere interessante Kollisionen stattfinden ist auch bei voller Luminosität gering (so war die "sometimes"-Aussage von oben zu verstehen).
Shoogar hat geschrieben: "Gelten" diese Kalibrierungen für die Teilchen mit ungleich höherem Impuls auch?
Immerhin geht es ja um den Faktor 3,5 im Vergleich zum "Tevatron".
Kommt darauf an, was man genau kalibrieren will. Z.B. die Masse der Teilchen sollte sich besser nicht ändern.
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Mithrandir »

Danke fürs nochmal nachschauen!
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Shoogar »

Perdedor hat geschrieben:Kommt darauf an, was man genau kalibrieren will. Z.B. die Masse der Teilchen sollte sich besser nicht ändern.
Ähm...
Du redest nicht mit einem Physiker.
Sondern mit einem absoluten Laien.
:confused:

Ich frage mich halt, ob bei den wesentlich höheren Energien das, was (ich sage mal laienhaft:) "ausgefiltert" wird, das Selbe ist, wie das was Du als "Standardkerze" bezeichnet hast.
Zuletzt geändert von Shoogar am Mi 14. Apr 2010, 00:05, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Perdedor »

Shoogar hat geschrieben: Ich frage mich halt, ob bei den wesentlich höheren Energien das, was (ich sage mal laienhaft:) "ausgefiltert" wird, das Selbe ist, wie das was Du als "Standardkerze" bezeichnet hast.
Sollte es zumindest nicht. Es ist natürlich gerade die Herausforderung hier nicht das Falsche herauszufiltern. Die besagten "Standardkerzen" sind allerdings relativ leicht zu erkennen (das macht sie aus). Wenn du dir das im letzten Beitrag verlinkte Bild nochmal ansiehst, fällt dir vielleicht die dicke rote Linie auf. Eine solche Linie tritt nicht allzu häufig auf (verglichen zur Gesamtrate) und sie spricht einen speziellen Teil des Detektors an (Myon Kalorimeter). In diesem Fall ist die Aufgabe der Trigger recht leicht.
Aber wie gesagt: Insgesamt ist das Filtern hochkompliziert und es wurden viele Doktorarbeiten geschriben, die sich genau mit diesen Problemen befassen. Bleibt zu hoffen, dass das nicht umsonst war.
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Re: CERN und LHC

Beitrag von sportsgeist »

und ... ??!

tut sich mal wieder was an der nobelpreisfront ... :D ;)

länger schon als ich überhaupt alt bin, warte ich nun schon auf den nächsten quantensprung der naturwissenschaft. seit galileo gab es doch im schnitt alle 20-30 jahre ein kleine revolution in den naturwissenschaften und seit gefühlt 1960 nix mehr ... null, rien, niente ...
nur noch das falsifizieren oder verifizieren des eh schon bekannten oder vermuteten ...

wird jetzt mal wieder zeit für einen einstein oder heisenberg, denn der jetztige stand der wissenschaft läßt einen doch mit mehr fragen zurück, als mit antworten. äußerst unbefriedigend, wenn man bedenkt, so halbdumm irgendwann sterben zu müssen ...
Zitat: Stehen Intelligenz und Schulnoten in irgendeinem direkten proportionalen Zusammenhang ... Nein ... Warum? ... Ich bin das lebende Gegenbeispiel
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Perdedor »

sportsgeist hat geschrieben: seit galileo gab es doch im schnitt alle 20-30 jahre ein kleine revolution in den naturwissenschaften und seit gefühlt 1960 nix mehr
Wieso? Was war denn 1960? Grundlegende Paradigmenwechsel, wie die Relativitätstheorie oder die Quantenmechanik gibt es doch viel seltener als alle 30 Jahre.

Gleichwohl hat die moderne Physik in der Tat das Problem, dass ihre aktuelle Theorie (das Standardmodell) "zu gut" ist.
All die Erweiterungen, die vorgeschlagen wurden (Supersymmetrie, Vereinheitlichte Theorien, Extra Dimensionen, Stringtheorie,...) kranken daran, dass sie entweder noch nicht überprüft werden können oder ihre von Standardmodell abweichenden Vorhersagen von Experimenten immer zu Gunsten des SM entschieden wurden.
Im Vergleich zu früher hat man heute das Problem, dass sich die Theorien mit Bereichen befassen, die in unserer natürlichen Umgebung praktisch nicht mehr vorkommen. Man benötigt komplexe Experimente (z.B. LHC) um überhaupt etwas zu sehen. Neue Theorien gibt es genug, nur dauert es heutzutage sehr lange bis die Experimente auf einem Stand sind, diese auch überprüfen zu können.
Und wenn man dann mal ein Experiment hatte um eine neue Theorie zu überprüfen, kam eben nie eine signifikante Abweichung vom Standardmodell dabei heraus (vielleicht jetzt, siehe http://arxiv.org/abs/1005.2757).
Das Albtraumszenario der Teilchenphysik Gemeinschaft besteht daher auch darin, dass der LHC das Higgs findet aber sonst nichts. Dann hätte man nur zum x-ten mal das SM bestätigt und immernoch keinen Hinweis darauf, wie die Physik jenseits des SM aussieht (oder ob es da überhaupt viel gibt).
sportsgeist hat geschrieben: der jetztige stand der wissenschaft läßt einen doch mit mehr fragen zurück, als mit antworten.
Naja. Die meisten "Fragen" zielen ja eher auf "ästhetische" Aspekte des Modells ab.
Und du hast Antworten auf so ziemlich jeden Prozess der sich in deiner natürlichen Umgebung abspielt. Es braucht schon sehr extreme Bedingungen damit die aktuellen Theorien keine Antworten mehr parat haben.
Natürlich kann man nicht abschätzen wieviel es noch zu entdecken gibt. Daher ist es schwer zu sagen, ob man nun mehr Antworten oder mehr Fragen hat.
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Kibuka »

Perdedor hat geschrieben:Gleichwohl hat die moderne Physik in der Tat das Problem, dass ihre aktuelle Theorie (das Standardmodell) "zu gut" ist.
All die Erweiterungen, die vorgeschlagen wurden (Supersymmetrie, Vereinheitlichte Theorien, Extra Dimensionen, Stringtheorie,...) kranken daran, dass sie entweder noch nicht überprüft werden können oder ihre von Standardmodell abweichenden Vorhersagen von Experimenten immer zu Gunsten des SM entschieden wurden.
Das SM hat nicht unbedingt das Problem das es zu gut ist, sondern das Problem, dass es eben nicht gut genug ist. Weder erklärt es die Gravitation, noch reicht es aus, um das Universum umfassend zu beschreiben.

Eben deshalb wurden weitere Theorien, wie die Stringtheorie mit ihren zusätzlichen Dimensionen, entwickelt.

Das Problem bei den Theorien liegt natürlich grundsätzlich in der Natur der Sache. Es handelt sich um mathematische Erklärungen der Welt, die Stringtheorie wurde von der Eulerschen Betafunktion inspiriert. Experimentell lässt sich hier sehr schwer ansetzen.
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Re: CERN und LHC

Beitrag von sportsgeist »

was mir auch nicht gefällt ist die kopenhagener deutung der quantenmechanik (sozusagen auch so ein standardmodell) und das problem der quantenverschränkung, auch die läßt mehr antworten offen, als sie im moment gibt.

aber auch dazu dürften die versuche im large collider nur bedingt tauglich sein.

mir geht es ja um eine eher noch übergeordnete ebene. wo ist der nächste quantensprung in der theoretischen physik ... oder sind wir einfach schon zu weit vorausgeeilt ... :?:
Zitat: Stehen Intelligenz und Schulnoten in irgendeinem direkten proportionalen Zusammenhang ... Nein ... Warum? ... Ich bin das lebende Gegenbeispiel
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Perdedor »

Kibuka hat geschrieben: Das SM hat nicht unbedingt das Problem das es zu gut ist, sondern das Problem, dass es eben nicht gut genug ist.
Nun, was mit "zu gut" gemeint war, habe ich ja oben erklärt.
Es ist durchaus eine unter Physikern verbeitete Ansicht:
"Presumably there are more physicists who complain that the standard model is too good than those who complain that it is too bad."
http://www.springerlink.com/content/w225359x1j72267j/
Kibuka hat geschrieben: Weder erklärt es die Gravitation, noch reicht es aus, um das Universum umfassend zu beschreiben.
Den Anspruch erhebt es auch nicht. Niemand würde behaupten, dass die Maxwell Gleichungen nicht gut genug sind, weil sie nicht das gesamte Universum beschreiben.
Kibuka hat geschrieben: Das Problem bei den Theorien liegt natürlich grundsätzlich in der Natur der Sache. Es handelt sich um mathematische Erklärungen der Welt, die Stringtheorie wurde von der Eulerschen Betafunktion inspiriert. Experimentell lässt sich hier sehr schwer ansetzen.
Es gibt aber auch Theorien neuer Physik, die sich überprüfen lassen. Und hier war bisher immer das SM ausreichend.
Prominentes Beispiel wären hier die Großen Vereinheitlichten Theorien, die den Proton Zerfall vorhersagen, welcher aber bis heute nicht beobachtet werden konnte.

sportsgeist hat geschrieben: was mir auch nicht gefällt ist die kopenhagener deutung der quantenmechanik (sozusagen auch so ein standardmodell) und das problem der quantenverschränkung, auch die läßt mehr antworten offen, als sie im moment gibt.
Das liegt aber eher daran, dass du die falschen Fragen stellst. Die Deutung ist für die Vorhersagen irrelevant.
sportsgeist hat geschrieben: wo ist der nächste quantensprung in der theoretischen physik ... oder sind wir einfach schon zu weit vorausgeeilt ...
Genau das sind wir.
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Perdedor »

Gut möglich, dass dem LHC in der nächsten Woche wieder ein wenig Platz in den Medien eingeräumt wird. Am Dienstag um 14:00 gibt es einen livecast von einem Seminar am CERN, in dem ATLAS und CMS ihre neusten Ergebnisse vorstellen.
http://webcast.web.cern.ch/webcast/
Zwar wurde schon angekündigt, dass es keine definitiven Endeckungen geben wird, aber es halten sich Gerüchte, dass beide Gruppen von Signalen mit ca 3 Standartabweichungen Signifikanz berichten könnten (5 werden benötigt um offiziell von einer "Entdeckung" zu reden).
http://www.bbc.co.uk/news/mobile/scienc ... t-16074411
Die Ergebnisse basieren auf der Auswertung von 5 fb^-1 Daten. Es handelt sich bei fb^-1 um ein Maß für die Anzahl von Ereignissen, die ausgewertet werden konnten. Dabei läuft sowohl der Beschleuniger, als auch die Detektoren weit besser als erwartet (wie eigentlich von Anfang an, wäre da nicht eine verdammte Kabelverbindung durchgeschmort). Innerhalb eines Jahres wurden bereits fast soviele Daten gesammelt, wie am Tevatron in 10 Jahren (7 fb^-1), aber bei deutlich höheren Energien.
http://lpc.web.cern.ch/lpc/lumiplots.htm
Die letzten Daten von diesem Sommer beruhten auf nur 1 fb^-1 Daten, allerdings wurden die Ergebnisse von ATLAS und CMS im letzten Monat kombiniert um den aktuellen Status der Suche nach dem Higgs darzustellen.
http://pdg2.lbl.gov/atlasblog/wp-conten ... 4-Mu95.jpg
Auf der horizontalen Achse ist die Masse des Higgs aufgetragen und die schraffierten Gebiete zeigen an, welche Regionen bereits ausgeschlossen sind. So zeigt z.B. das orangen schraffierte Areal an, dass sich aus den ATLAS+CMS Daten ergibt, dass es mit 95% Wahrscheinlichkeit KEIN Higgs mit einer Masse zwischen 140 und 500 GeV gibt. Insbesondere der Bereich zwischen 114 und 140 GeV ist nicht schraffiert und kommt für die Higgs Masse in Frage. Ironischerweise ist gerade dieses Gebiet, welches vom LHC schwer zu erforschen ist, bereits seit längerer Zeit als das wahrscheinlichste für eine Higgs Entdeckung bekannt. Denn wenn man elektroschwache Präzisionsmessungen in die Analyse mit einbezieht wird eine Higgsmasse von ca 125 GeV favorisiert.
http://gfitter.desy.de/Figures/Standard ... o_full.gif
(Die grüne Linie gibt in etwa die Wahrscheinlichkeit für ein Higgs in diesem Massenbereich an, am höchsten dort, wo sie die x-Achse berührt.)
Und es ist gerade diese Stelle, an der im Seminar nächste Woche möglicherweise von einem Signal berichtet wird. Vielleicht haben wir dann also die ersten experimentellen Hinweise auf die Existenz des Higgs Bosons. Dessen genaue Natur ist dann freilich noch zu erforschen.

Aber die Suche nach dem Higgs ist natürlich nicht alles. Der LHC hat sich als recht erfolgreiche Killer-Maschine für alle möglichen Theorien zu neuer Physik erwiesen. Für eine Menge postulierter Teilchen konnte bereits ein großer Massenbereich ausgeschlossen werden.
http://pdg2.lbl.gov/atlasblog/wp-conten ... s_lp11.png
Insbesondere Fans der einfachsten supersymmetrischen Erweiterung dürften sich einige Sorgen um ihre Theorien machen. Wieder einmal scheint das Standardmodell, die einzig benötigte Theorie zu sein um die LHC Ergebnisse zu erklären. Wenn nun auch noch das Higgs gefunden werden sollte, werden einige wohl etwas enttäuscht sein.

Und was hat der Normalbürger davon? Nun, Spiegel und BILD werden wieder von irgendwelchen "Gottesteilchen" berichten, man wird allenortes wieder hören können, dass der Normalbürger gar nichts davon hat und man das Geld besser in Bankenrettungen investieren sollte und vielleicht bekommen auch einige Weltuntergangspropheten wieder Aufwind. Immerhin konnten schwarze Löcher mit einer Masse von unter 1 TeV bereits ausgeschlossen werden (siehe letzte Grafik).
Zuletzt geändert von Perdedor am Fr 9. Dez 2011, 01:01, insgesamt 1-mal geändert.
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John Galt
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Re: CERN und LHC

Beitrag von John Galt »

Wäre der Superconducting Super Collider gebaut worden, wären wir schon viel weiter und müssten uns den Blödsinn um das Gottesteilchen nicht anhören. :D
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Daylight

Re: CERN und LHC

Beitrag von Daylight »

Perdedor » Fr 9. Dez 2011, 00:20 hat geschrieben:Gut möglich, dass dem LHC in der nächsten Woche wieder ein wenig Platz in den Medien eingeräumt wird. Am Dienstag um 14:00 gibt es einen livecast von einem Seminar am CERN, in dem ATLAS und CMS ihre neusten Ergebnisse vorstellen.
http://webcast.web.cern.ch/webcast/
Zwar wurde schon angekündigt, dass es keine definitiven Endeckungen geben wird, aber es halten sich Gerüchte, dass beide Gruppen von Signalen mit ca 3 Standartabweichungen Signifikanz berichten könnten (5 werden benötigt um offiziell von einer "Entdeckung" zu reden).
http://www.bbc.co.uk/news/mobile/scienc ... t-16074411
Die Ergebnisse basieren auf der Auswertung von 5 fm^-1 Daten. Es handelt sich bei fm^-1 um ein Maß für die Anzahl von Ereignissen, die ausgewertet werden konnten. Dabei läuft sowohl der Beschleuniger, als auch die Detektoren weit besser als erwartet (wie eigentlich von Anfang an, wäre da nicht eine verdammte Kabelverbindung durchgeschmort). Innerhalb eines Jahres wurden bereits fast soviele Daten gesammelt, wie am Tevatron in 10 Jahren (7 fm^-1), aber bei deutlich höheren Energien.
http://lpc.web.cern.ch/lpc/lumiplots.htm
Die letzten Daten von diesem Sommer beruhten auf nur 1 fm^-1 Daten, allerdings wurden die Ergebnisse von ATLAS und CMS im letzten Monat kombiniert um den aktuellen Status der Suche nach dem Higgs darzustellen.
http://pdg2.lbl.gov/atlasblog/wp-conten ... 4-Mu95.jpg
Auf der horizontalen Achse ist die Masse des Higgs aufgetragen und die schraffierten Gebiete zeigen an, welche Regionen bereits ausgeschlossen sind. So zeigt z.B. das orangen schraffierte Areal an, dass sich aus den ATLAS+CMS Daten ergibt, dass es mit 95% Wahrscheinlichkeit KEIN Higgs mit einer Masse zwischen 140 und 500 GeV gibt. Insbesondere der Bereich zwischen 114 und 140 GeV ist nicht schraffiert und kommt für die Higgs Masse in Frage. Ironischerweise ist gerade dieses Gebiet, welches vom LHC schwer zu erforschen ist, bereits seit längerer Zeit als das wahrscheinlichste für eine Higgs Entdeckung bekannt. Denn wenn man elektroschwache Präzisionsmessungen in die Analyse mit einbezieht wird eine Higgsmasse von ca 125 GeV favorisiert.
http://gfitter.desy.de/Figures/Standard ... o_full.gif
(Die grüne Linie gibt in etwa die Wahrscheinlichkeit für ein Higgs in diesem Massenbereich an, am höchsten dort, wo sie die x-Achse berührt.)
Und es ist gerade diese Stelle, an der im Seminar nächste Woche möglicherweise von einem Signal berichtet wird. Vielleicht haben wir dann also die ersten experimentellen Hinweise auf die Existenz des Higgs Bosons. Dessen genaue Natur ist dann freilich noch zu erforschen.

Aber die Suche nach dem Higgs ist natürlich nicht alles. Der LHC hat sich als recht erfolgreiche Killer-Maschine für alle möglichen Theorien zu neuer Physik erwiesen. Für eine Menge postulierter Teilchen konnte bereits ein großer Massenbereich ausgeschlossen werden.
http://pdg2.lbl.gov/atlasblog/wp-conten ... s_lp11.png
Insbesondere Fans der einfachsten supersymmetrischen Erweiterung dürften sich einige Sorgen um ihre Theorien machen. Wieder einmal scheint das Standardmodell, die einzig benötigte Theorie zu sein um die LHC Ergebnisse zu erklären. Wenn nun auch noch das Higgs gefunden werden sollte, werden einige wohl etwas enttäuscht sein.

Und was hat der Normalbürger davon? Nun, Spiegel und BILD werden wieder von irgendwelchen "Gottesteilchen" berichten, man wird allenortes wieder hören können, dass der Normalbürger gar nichts davon hat und man das Geld besser in Bankenrettungen investieren sollte und vielleicht bekommen auch einige Weltuntergangspropheten wieder Aufwind. Immerhin konnten schwarze Löcher mit einer Masse von unter 1 TeV bereits ausgeschlossen werden (siehe letzte Grafik).
Höchst interessant, aber "Spiegel und BILD"? Das neue Traumpaar etwa? Pole unter sich und beide vergleichbar?
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Daylight »

Karl Murx » Fr 9. Dez 2011, 00:55 hat geschrieben:Wäre der Superconducting Super Collider gebaut worden, wären wir schon viel weiter und müssten uns den Blödsinn um das Gottesteilchen nicht anhören. :D
dat teufelszeug jibbet jarnet. Hab isch im keller mit meinem eijenen Linac schon vor Jahren nachjewiesen... :x
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Perdedor »

Karl Murx hat geschrieben: Wäre der Superconducting Super Collider gebaut worden, wären wir schon viel weiter und müssten uns den Blödsinn um das Gottesteilchen nicht anhören. :D
Apropos. Es gibt da ja die These, dass seinerzeit nach dem Ausstieg aus dem SSC ein großer Teil der US Hochenergiephysiker keine Zukunft mehr in ihrem Feld sahen und daher in die Finanzwirtschaft wechselten. Dort waren sie dann maßgeblich an der enormen Ausweitung des computergestützten Hochfrequenzhandels beteiligt und verdienten sich teilweise eine goldene Nase. Als Fachfremde hatten sie freilich wenig Ahnung von Volkswirtschaft und sahen nur das mathematische/modellierungstechnische Problem den Gewinn für ihre Firma zu maximieren. Mit bekannten Konsequenzen. Wer weiß, vielleicht hätte man langfristig viel Geld gespart, wenn man den SSC doch gebaut hätte. ;)
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Re: CERN und LHC

Beitrag von John Galt »

Perdedor » Fr 9. Dez 2011, 17:01 hat geschrieben:
Apropos. Es gibt da ja die These, dass seinerzeit nach dem Ausstieg aus dem SSC ein großer Teil der US Hochenergiephysiker keine Zukunft mehr in ihrem Feld sahen und daher in die Finanzwirtschaft wechselten. Dort waren sie dann maßgeblich an der enormen Ausweitung des computergestützten Hochfrequenzhandels beteiligt und verdienten sich teilweise eine goldene Nase. Als Fachfremde hatten sie freilich wenig Ahnung von Volkswirtschaft und sahen nur das mathematische/modellierungstechnische Problem den Gewinn für ihre Firma zu maximieren. Mit bekannten Konsequenzen. Wer weiß, vielleicht hätte man langfristig viel Geld gespart, wenn man den SSC doch gebaut hätte. ;)
Da ist sicherlich etwas dran. Naja da hat Bill meiner Meinung nach trotzdem am falschen Ende gespart.

Mal schauen, was am Dienstag veröffentlicht wird.
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Perdedor »

Falls es jemanden interessiert:
Die Gerüchte waren im Grunde auf den Punkt genau richtig. Was wieder einmal zeigt, dass Wissenschaftler nichts geheim halten können. Eine Zusammenfassung zu finden auf
http://www.scienceblogs.de/astrodicticu ... t-2012.php
Originale
http://cdsweb.cern.ch/record/1406347/fi ... 32-pas.pdf
http://cdsweb.cern.ch/record/1406358/fi ... 11-163.pdf

Wer will kann sich natürlich auch die Götterdämmerung auf SPON etc. reinziehen. Wieso haben deutsche Massenmedien eigentlich alle eine so miserable Wissenschaftsredaktion?
Das Wort "Gottesteilchen" stammt indirekt übrigens wirklich von einem Physiker. Sein populärwissenschaftliches Buch sollte aber eigentlich "Das gottverdammte Teilchen" heißen, was der Verlag dann zu "Das Gottesteilchen" abgekürzt hat.
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Mithrandir »

Perdedor » Mi 14. Dez 2011, 20:41 hat geschrieben:Wieso haben deutsche Massenmedien eigentlich alle eine so miserable Wissenschaftsredaktion?
Aus finanziellen Erwägungen: Eine gute Wissenschaftsredaktion kostet Geld. Einnahmen werden online über pageviews, clicks und leads erzielt. Und da schneidet ein qualitativ hochwertiger Artikel nicht unbedingt besser ab, als irgendein Quatsch mit einer reißerischen Überschrift. Abgesehen davon ist SPON ein Boulevardmedium, da würde ich eh nicht besonders viel erwarten - dieser Higgs-Teilchen-Artikel ist für SPON-Verhältnisse sogar noch ok.
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Kibuka »

Mithrandir hat geschrieben: Aus finanziellen Erwägungen: Eine gute Wissenschaftsredaktion kostet Geld. Einnahmen werden online über pageviews, clicks und leads erzielt. Und da schneidet ein qualitativ hochwertiger Artikel nicht unbedingt besser ab, als irgendein Quatsch mit einer reißerischen Überschrift. Abgesehen davon ist SPON ein Boulevardmedium, da würde ich eh nicht besonders viel erwarten - dieser Higgs-Teilchen-Artikel ist für SPON-Verhältnisse sogar noch ok.
Es geht auch darum, was die breite Masse lesen will. Die Bild-Zeitung führt das tagtäglich vor. Die Masse will eben keine kryptischen Fachartikel lesen, sondern leichte populärwissenschaftliche Kost mit einem Hauch Sensationsjournalismus.
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Perdedor
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Perdedor »

Die nächste Runde steht bevor.
http://physicsworld.com/blog/2012/06/ce ... ce_fo.html
Vielleicht ist es in einer Woche soweit, und die Entdeckung des Higgs wird offiziell verkündet. Diesmal ist man anscheinend mehr um Geheimhaltung bemüht. Andererseits könnte es auch schlicht bedeuten, dass es nichts geheimzuhalten gibt.
http://www.nytimes.com/2012/06/20/scien ... .html?_r=1
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Nudelholz »

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Re: CERN und LHC

Beitrag von schelm »

Higgs-Boson - Teilchen angeblich entdeckt :thumbup:

http://www.welt.de/wissenschaft/article ... lchen.html

Wäre eine wissenschaftliche Sensation , wenn es sich bestätigt.

Freundliche Grüße, schelm
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Re: CERN und LHC

Beitrag von d'Artagnan »

schelm » Mi 4. Jul 2012, 09:21 hat geschrieben:Higgs-Boson - Teilchen angeblich entdeckt :thumbup:

http://www.welt.de/wissenschaft/article ... lchen.html

Wäre eine wissenschaftliche Sensation , wenn es sich bestätigt.

Freundliche Grüße, schelm
"WENN"!
;)
Nach Angaben des Cern muss erst noch zweifelsfrei bestätigt werden, worum es sich handelt. Ob es das wegen seiner universellen Bedeutung als Gottesteilchen bezeichnete Higgs-Boson ist oder – wie es in der Cern-Ankündigung des Seminars heißt – möglicherweise "ein noch exotischeres Teilchen, das die Tür zu einer neuen Physik aufstoßen würde".
Vor Konferenzen muss man immer ein bisschen trommeln, vor allem wenn man auf weitere Projektmittel schielt. Dann steht man nämlich immer "ganz knapp vor dem Durchbruch". :D
Man wird sehen...
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Alexyessin »

schelm » Mi 4. Jul 2012, 10:21 hat geschrieben:Higgs-Boson - Teilchen angeblich entdeckt :thumbup:

http://www.welt.de/wissenschaft/article ... lchen.html

Wäre eine wissenschaftliche Sensation , wenn es sich bestätigt.

Freundliche Grüße, schelm
Kann mir einer mal ohne Hochgeschwindigkeitsphysikdeutsch erklären, was es mit diesen Higgs Teilchen aufsich hat?
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin kein Nazi, aber...
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Re: CERN und LHC

Beitrag von d'Artagnan »

Alexander Reither » Mi 4. Jul 2012, 12:25 hat geschrieben:
Kann mir einer mal ohne Hochgeschwindigkeitsphysikdeutsch erklären, was es mit diesen Higgs Teilchen aufsich hat?
[youtube][/youtube]
;)
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Hiver »

Higgs-Bosonen ist das im Standardmodell vorhergesagte Elementarteilchen, welches den anderen Teilchen Masse gibt. Zum Higgs-Boson gehört aber auch die Ansicht, dass das gesamte Universum gleichmässig von einem Higgs-Feld durchzogen ist. Wenn das Higgsfeld in Bereichen unsymetrisch wird, nur dann kann Masse entstehen.
Der Prof Lesch hat das Phänomen sehr anschaulich mit dem Ferromagnetismus erklärt. Ein Eisenstab kann nur unterhalb des Curiepunkt magnetisch werden, denn nur unterhalb der Curietemperatur (für Eisen ca. 500°C) können sich in der Eisenstruktur die Weiß'schen Bezirke als Mikromagnete ausrichten.
Das ist aber ein sehr grobes Analogiemodell.

Das Higgs-Boson ist der einzige bisher noch fehlende Baustein in der großen Frage, warum existieren wir eigentlich. Sollte sich die CERN Experimente bestätigen, dann heißt der nächste Nobelpreísträger der Physik Peter Higgs und er tritt in den Wissenschaftsolymp gleichrangig mit Newton ein.
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Perdedor »

schelm hat geschrieben: Wäre eine wissenschaftliche Sensation , wenn es sich bestätigt.
Diese Entdeckung ist auf eine sehr fundamentale Art faszinierend.
Die Theorie des Higgs-Mechanismus ist ja nun alles andere als trivial. Und diese komplexe Überlegung sagte die Existenz eines neuen Teilchens voraus, welches nun allem Anschein nach entdeckt wurde. Wieso hält sich die Natur so exakt an das menschliche Denken? Weil es logisch ist? Vermutlich.
Es sieht so aus als hätte diese Welt auf fundametaler Ebene eine klare Struktur und diese ist durch unsere Art zu Denken erfassbar.
In gewisser Hinsicht ist es ein Triumph der Wissenschaft, andererseits ist es aber auch ein großes Glück.

Zu Lesch:
Wenn man sich auf so einer Party mit Premierministern befindet und eine Gesprächsthema zum Klugscheißen benötigt, kann man darauf hinweisen, dass Leschs Erklärung eigentlich nicht ganz richtig ist. Denn gerade das Proton und das Neutron beziehen nur einen kleinen Teil ihrer Masse aus dem Higgs-Mechanismus und auch ohne das Higgs-Boson wären sie nicht masselos ("das QCD Vakuum ist ebenfalls nicht symmetrisch").
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Calvadorius »

Perdedor » Do 5. Jul 2012, 18:45 hat geschrieben:Denn gerade das Proton und das Neutron beziehen nur einen kleinen Teil ihrer Masse aus dem Higgs-Mechanismus und auch ohne das Higgs-Boson wären sie nicht masselos ("das QCD Vakuum ist ebenfalls nicht symmetrisch").
Gibt es zum letzten Satz (in Klammern) auch Sekundärliteratur oder ähnliches (in verständlicher Form dargestellt)?
:|
Leben ist eine sexuell übertragbare Krankheit, die in jedem Fall tödlich endet.
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Hiver »

Calvadorius » Do 5. Jul 2012, 22:58 hat geschrieben:
Gibt es zum letzten Satz (in Klammern) auch Sekundärliteratur oder ähnliches (in verständlicher Form dargestellt)?
:|
Das ist zur Zeit noch schwierig, da in der populärwissenschaftlichen Literatur noch viel Unsinn erzählt wird. Hier wird sogar von einem "Gottes-Boson" geredet, ein absoluter Nonsens.

Der Nachweis des Higgs-Boson stellt gleichzeitig auch den Nachweis des Higgs-Mechanismus mit dem Higgs-Quantenfeld dar. Damit kann man begründen, weshalb die eigentlich massenlose Eichbosonen (W- Boson und Z-Boson) eine Masse besitzen.
Masse entsteht nur zum kleinsten Teil durch das Higgs-Boson aber der Higgs-Mechanismus erklärt die Entstehung der Masse.

David Miller, University London UK erklärte das mit folgenden Szenario.
Man stelle sich einen großen Raum mit Menschen vor, die gleichmässig (symetrisch) im Raum verteilt sind. Jetzt kommt ein weiterer Mensch durch die Tür mit einer sensationellen Nachricht. Es bildet sich sofort eine Menschentraube um ihm herum, denn alle wollen die Nachricht hören. Einige Menschen verlassen die Traube und gehen zum Nachbarn, um die Neuigkeit zu erzählen, es bildet sich eine weitere Traube. Die Nachricht durchzieht also wellenförmig den Raum und es bilden sich und vergehen ständig Menschentrauben. Die Symetrie der Versammlung ist gestört.

Das soll die anschauliche Erklärung für den Higgs-Mechanismus sein und dabei ist die sensationelle Nachricht das Boson (Austauscher, genannt nach dem Inder Boson)
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Perdedor »

Calvadorius hat geschrieben: Gibt es zum letzten Satz (in Klammern) auch Sekundärliteratur oder ähnliches (in verständlicher Form dargestellt)?
Populärwissenschaftlich weiß ich nicht, aber Frank Wilczek (Nobelpresiträger aufgrund seiner Arbeiten zur QCD) hat kürzlich einen Übersichtsartikel geschrieben, der das Ganze relativ allgemeinverständlich und praktisch ohne den mathematischen Unterbau beschreibt.
http://arxiv.org/abs/1206.7114
Insbesondere Kapitel III und V ist diesbezüglich von Interesse. Letztendlich geht es darum, dass die chirale Symmetrie durch das Quark-Kondensat spontan gebrochen wird. Ganz grob formuliert könnte man auch sagen, dass die Bindungsenergie von zusammengesetzten Teilchen ebenfalls zur Masse beiträgt, selbst wenn die Bausteine masselos sind. Proton und Neutron sind (aus Quarks) zusammengesetzt und den Großteil ihrer Masse beziehen sie über diesen Mechanismus. Die Massen der Quarks selber, die durch das Higgs-Feld generiert werden, sind deutlich kleiner.
Hiver hat geschrieben: Das soll die anschauliche Erklärung für den Higgs-Mechanismus sein und dabei ist die sensationelle Nachricht das Boson (Austauscher, genannt nach dem Inder Boson)
Der Inder hieß Bose! ;)
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Re: CERN und LHC

Beitrag von firlefanz11 »

Hiver hat geschrieben:Der Inder hieß Bose! ;)
Hat DER meine Musikboxen erfunden?! :eek:
Am Rande des Wahnsinns stehen keine Geländer!
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Perdedor »

firlefanz11 » Mo 10. Sep 2012, 16:52 hat geschrieben: Hat DER meine Musikboxen erfunden?! :eek:
Nein. Der wurde von seinen Eltern nach deinen Musikboxen benannt.
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Senator74

Re: CERN und LHC

Beitrag von Senator74 »

CERN kann für sich verbuchen, dass am Weg zum Ziel, der Simulation des Urknalls, auch Nebenprodukte "abfallen", die der Krebsforschung zugute kommen. War 2011 dort und hatte eine Führung eines Mitarbeiters der Führungsebene...
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Adam Smith »

Mal schauen, ob es auf der Higgs-Konferenz in Aspen vom 10.- 15 März 2013 Neuigkeiten zum Higgsteilchen gibt.

http://www.conference-service.com/confe ... ators.html
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
profracking
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Re: CERN und LHC

Beitrag von profracking »

Liegestuhl » Di 30. Mär 2010, 11:09 hat geschrieben:
Da sind einige Kindsköpfe, die sich mit Protonen beschießen.

Die BILD befürchtet sogar das Ende der Welt:

http://www.bild.de/BILD/news/2010/03/29 ... tonen.html

Gleich ist Mittag.
Oh MANN!

Wir hatten doch den Esoterik-Glauben mit den Mini-Schwarzen Löchern schon letztes Jahr. Die hätten mal bei Stephen Hawkings anrufen sollen. Der hätte den Deppen erklärt, wie sich Schwarze Löcher auflösen. Sie geben Strahlung ab (aka Masse) und sind irgendwann flöten. Je kleiner ein schwarzes Loch ist, desto größer ist die Fläche, über die es Strahlung abgeben kann und desto
schneller sind sie verschwunden -> http://www.bild-der-wissenschaft.de/bdw ... d=30291846
Es wird, selbst wenn es Mikro-SL's geben sollte, also nichts solange stabil bleiben, dass es irgendwas verschlingt, weil es vorher sich selbst zerblasen wird.
Adam Smith
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Re: CERN und LHC

Beitrag von Adam Smith »

profracking » Sa 9. Mär 2013, 18:43 hat geschrieben:. Je kleiner ein schwarzes Loch ist, desto größer ist die Fläche, über die es Strahlung abgeben kann
Je kleiner ein Schwarzes Locht ist, desto höher ist seine Temperatur.

Oder
Da die Vakuumfluktuationen durch eine starke Krümmung der Raumzeit begünstigt werden, ist dieser Effekt besonders bei Schwarzen Löchern geringer Masse bedeutsam. Schwarze Löcher geringer Masse sind von geringer Ausdehnung (Schwarzschildradius), ihr Ereignishorizont und die umgebende Raumzeit sind entsprechend stärker gekrümmt. Je größer und damit massereicher ein Schwarzes Loch ist, desto weniger strahlt es also. Je kleiner ein Schwarzes Loch ist, umso schneller verdampft es.
http://de.wikipedia.org/wiki/Hawking-Strahlung
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
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