Welfenprinz hat geschrieben:(19 May 2016, 23:38)Ich zitiere mal aus dem 96-Forum:
"Am Freitagnachmittag bin ich nach einem Auftrag in Lehrte nach Hannover Linden gefahren und hatte fast 2 Stunden Zeit bevor ich mich mit Freunden zum Spiel gegen Hertha verabredet hatte. Ich zögerte den Moment heraus, an dem ich wegen des schönen Wetters ein Hefeweizen trinken wollte und wanderte etwas um den Lindener Markplatz herum. Ohne Zeitdruck, ohne Termin besah ich mir die z.T. wunderschönen Häuser in den Seitenstraßen. Und dabei fielen sie mir wieder auf. Kleine Aufkleber, alles mit 96-Sprüchen, -farben, dem Logo. Das war keine Massenware, die Dinger kamen nicht aus dem Fanshop. Da hat jemand ein eigenes Design entwickelt, die Dinger auf eigene Kosten drucken lassen und dann überall einen Aufkleber hinterlassen, wo es ihm wichtig war. Und es war nicht ein Aufkleber, es waren dutzende verschiedene, manche uralt und schon verwittert, manche noch ganz neu. Und niemand von denen, der diese Aufkleber entworfen und bezahlt hat, hatte etwas anderes davon, als seinem Umfeld seine Leidenschaft mitzuteilen. Er erhält noch nicht einmal Anerkennung in der Gesellschaft, den er darf sich als Urheber gar nicht outen. Juristisch betrachtet ist so etwas nun einmal Sachbeschädigung. Rund um den Lindener Marktplatz habe ich noch viel mehr Verbundenheiten mit 96 entdeckt, als „nur“ die Aufkleber. Wenn man genau hinguckt, dann bekommt man den Eindruck, hier wird 96 gelebt. Der Stadtteil hat 96 aufgesogen wie ein Schwamm. Und das schon seit Generationen. Warum machen die das bloß?
In seinem Roman „Fever Pitch“ beschreibt Nick Hornby wie seine Hauptfigur sein Herz an Arsenal London verliert und wie sehr ihn die Erfolge und Misserfolge seines Vereins im Alltag prägen. Wochen nach einer Niederlage sind furchtbar und führen zu ernsthaften Schwierigkeiten mit Mitmenschen, Siege bedeuten 7 Tage Sonnenschein und gehen einher mit der inneren Gelassenheit eines Buddhas. Sie mögen das für unproduktiv halten, Herr Kind, für irrational oder für wahnsinnig. Damit wären Sie einer Meinung mit meiner Frau. Trotzdem funktioniert so Fansein und keiner weiß, wie man zum Fan wird. Und noch etwas ist sehr wichtig: ein Fan ändert sein Fan-Objekt nicht. Bin ich Fan von Hannover 96, dann kann ich nicht Fan von Werder Bremen werden. Werder kann mir dann sympathisch sein oder ich kann sie respektieren. Aber ich kann sie niemals so lieben wie Hannover 96. Das ist keine Frage des Willens. Es geht schlicht nicht. Dass das überaus irrational ist, ist mir bewusst – dennoch respektiere ich diese Grundentscheidung bei jedem anderen Fan, weil ich weiß, er hat sich das nicht ausgesucht. Ich meine, der Satz stammt auch aus „Fever Pitch“: du suchst dir deinen Verein nicht aus, der Verein sucht dich aus. Und das tut er nicht durch Werbung, nicht durch Erfolge, auch nicht durch 3 Triples in Folge. Der Verein schleicht sich in dein Herz ein. Und dann geht er nicht mehr weg. Das ist wie Verliebtsein auf Dauer. Und einem Verliebten kann man auch nicht sagen, er möge sich doch in jemand anderes verlieben. Selbst einem Braunschweiger würde ich das nicht sagen. Obwohl der nun wirklich allen Grund dazu hätte."
Ersetze 96 durch Werder und Linden durch Steintor.
Der Verein, der sich in dein herz eingeschlichen hat, geht nicht mehr weg.
So einfach ist das.
Und wer heute nach Sinsheim, morgen zu Zlatan und übermorgen zu Pep in Mancity geht, in dessen herz hat sich kein Verein eingeschlichen.
Er ist Kunde.