Olympische Spiele in Deutschland 2024/28

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John Galt
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Re: Olympische Spiele in Deutschland 2024/28

Beitrag von John Galt »

Immerhin hat man ne Volksabstimmung gemacht.

Sieht man in Deutschland leider auch nicht alle Tage.
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frems
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Re: Olympische Spiele in Deutschland 2024/28

Beitrag von frems »

Teeernte » Mo 30. Nov 2015, 16:13 hat geschrieben:

Man hätte VORHER fragen sollen.... So ist die Beteiligung noch viel zu hoch ..... 1% (Natürlich dagegen) hätte gereicht.

Wenn die Politik(er) gegen das Volk arbeiten .... gibts hin und wieder eins auf die Mütze.
Öhm, vor welchem Datum sollte man genau fragen? Die Olympiagegner waren für einen Volksentscheid 2016 oder Anfang 2017 (kurz bevor das IOC in Lima den Kandidaten ernennt), weil sie fürchteten, daß die Pläne im Zuge der Konkretisierung noch manch unerwünschte Überraschung im Gepäck gehabt hätte. Deshalb waren sie auch sauer, daß der Volksentscheid verbindlich sein soll, selbst wenn sich an den Rahmenbedingungen (z.B. Finanzverhandlungen zwischen Stadt und Bund) noch etwas ändern sollte, was zum Volksentscheid noch unbekannt war. Andererseits hätte man für einen Entscheid in einem Jahr dann noch mehr Geld hingeblättert, obwohl es die Bürger ggf. ablehnen. Die haben befürchtet, daß z.B. mehr Kosten und Sicherheitsmaßnahmen kommen, aber das Thema dann aufgrund eines (positiven) Volksentscheids durchgeboxt wird. Die Regierung wollte zunächst im September vor der Interessensbekundung beim IOC bereits abstimmen lassen, aber zögert es fast drei Monate aufgrund des Widerstands hinaus. Den perfekten Zeitpunkt gibt's da nicht. Ich denke aber, daß die meisten damit leben konnten. Selbst jene, die sich ärgern, daß diverse Skandale (Doping, DFB, ...) kurz vorher ans Tageslicht kamen. Die Konzepte waren schon gut vorgeschritten und man hatte einen groben Überblick über die Gesamtkosten und was einen zu erwarten hat. Alle weiteren Schritte wären richtig ins Geld gegangen. Und ob der Bund das mitgemacht hätte, werden wir nie erfahren. Nicht wenige (Befürworter wie Gegner) meinen, daß das ungeschickte Taktieren der Bundesregierung viel mehr geschadet hat als oben genannte Vorfälle.
Zuletzt geändert von frems am Mo 30. Nov 2015, 16:49, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Olympische Spiele in Deutschland 2024/28

Beitrag von Kajjo »

frems » Mo 30. Nov 2015, 15:20 hat geschrieben:Mit Gigantomie a la Sotschi, Peking etc. haben die Konzepte der verbleibenden Städte doch nun wirklich nicht viel zu tun.
Nein? Das sehe ich aber vollkommen anders. Zwar sind die 2024er Spiele graduell kleiner geplant, aber immer noch gigantische Veranstaltungen -- mit Kosten von etwa 1 Million Euro je teilnehmendem Sportler. Was für ein Wahnsinn! Das muss doch nicht sein und der Nutzen solcher Spiele ist minimal.

Wie gesagt, man könnte die Wettbewerbe entzerren und deutlich kostengünstiger, umweltfreundlicher, sicherer gestalten. Olympia in dieser gigantischen Form ist absolut unnötig und überflüssig.
Mich enttäuschte etwas die niedrige Wahlbeteiligung.

Ich empfinde die Wahlbeteiligung als erstaunlich hoch. Immerhin jeder zweite konnte für so ein Thema mobilisiert werden, obwohl es eigentlich viel wichtigere gibt. Da sieht man eher, wie wichtig der Masse das Thema doch war.
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Re: Olympische Spiele in Deutschland 2024/28

Beitrag von schokoschendrezki »

frems » Mo 30. Nov 2015, 12:39 hat geschrieben: Der größte Frust scheint wie erwartet bei den Sportlern vorzuherrschen:
Als um 18.21 Uhr die ersten Zahlen den negativen Trend des Abends begründen, schaut Edina Müller gar nicht hin. Die Paralympics-Siegerin von 2012 im Rollstuhlbasketball, die kürzlich zum Parakanu gewechselt ist und 2016 in Rio de Janeiro in ihrer neuen Sportart Gold holen will, sitzt mit dem Rücken zum großen Flachbildschirm, der in einer Ecke des Skylight Cafés in der Barclaycard Arena hängt. [...]
Die Currywurst, die sie mit der paralympischen Topschwimmerin Kirsten Bruhn genießen wollte, will nicht schmecken. "Im Moment ist die Stimmung im Keller", sagt sie, "wenn das schiefgeht, dann ist das die schlimmste Niederlage meines Lebens. Und ich habe schon ein WM-Finale mit einem Punkt Unterschied verloren." Aber Aufgeben war noch nie eine Option. Und so zittert sie mit bis zum Schluss.
So ist das halt in einer alternden Gesellschaft. Da haben Sportler kein hohes Ansehen mehr und eine Zukunft, die man u.U. selbst nicht mehr erlebt, ist keinen Cent wert (ganz unabhängig davon ob's nun um Olympia, ÖPNV, Wohnungsbau, Bahnhöfe, Flughäfen oder sonstwas geht). Man sieht ja nicht nur hier im Forum, wie gegen Athleten aus unspektakulären Disziplinen wie Bogenschießen, Reiten, Speerweitwurf, Kanurennen, Fechten etc. gepöbelt wird. Bleibt wohl nur noch der Fußball. Eine Weile jedenfalls.
Die Diskreditierung einer kritischen Sicht auf Großveranstaltungen wie Olympiaden oder Fußball-WMs als gerade gegen Randgruppen gerichtet, könnte absurder nicht sein ...
Ich will mal ein Parallelbeispiel nennen, worum es (mir jedenfalls) eigentlich geht. Ende der 80er Jahre, in den Zeiten von Superstars wie Madonna oder Michael Jackson gab niemand, absolut niemand auch nur einen Pfifferling auf das Überleben von kleineren Plattenfirmen der Independent-Richtungen. Man war überzeugt, es werden nur die großen überleben. Und es waren nur wenige, die an die Zukunft kleiner, unabhängiger Popproduzenten glaubten. Heute weiß man, dass sich die Mehrheit geirrt hat. Das genau ist heute für mich die Position gegenüber sportlichen Großveranstaltungen. Heute gibt es natürlich immer noch das Segment der Pop-Superstars. Aber es ist eben das eine Segment. Das andere ist das der Unabhängigen, der nicht durch Geld korrumpierbaren. Und dafür plädiere ich auch im Sport. Lasst die Super-Olympiaden und Fußball-WMs den autokratischen Regimen und reichen Ölstaaten. WIr anderen machen Sport in einer menschlichen, auf Individualwerte setzenden Dimension. Ob dieses Plädoyer für Independence anstelle von Konformität nun wirklich und tatsächlich ein Merkmal gerade für eine "alternde Gesellschaft" ist ...
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Olympische Spiele in Deutschland 2024/28

Beitrag von schokoschendrezki »

Und gerade Hamburg. Ein klassiches Mekka der Independent-Szene, der kleinen Pop-Labels, Jazz-Clubs ... die Olympiade passt zu Hamburg (aus meiner Sicht) ungefähr so wie die schrecklichen Oktoberfestbierzelte zu in und um Berlin.
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Re: Olympische Spiele in Deutschland 2024/28

Beitrag von hafenwirt »

frems » Montag 30. November 2015, 16:20 hat geschrieben: Mich enttäuschte etwas die niedrige Wahlbeteiligung. Im Gegensatz zu einer Schulreform betrifft es ja quasi alle Bürgerinnen und Bürger. Diesmal bekamen auch alle Wahlberechtigten Briefwahlunterlagen mit ihrer Wahlbenachrichtigung direkt ins Haus. Sie hätten nur binnen mehrerer Wochen ein Kreuz setzen und den Zettel in einen mitgelieferten Umschlag legen müssen, den sie dann irgendwann mal in einen Briefkasten werfen, sofern sie nicht zur Urne gehen wollen. Da hatte ich eher mit über 70% gerechnet. Nun waren es knapp 50%. Viel leichter kann man es gar nicht machen.
Vielleicht Politikverdrossenheit. :p
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Re: Olympische Spiele in Deutschland 2024/28

Beitrag von schokoschendrezki »

Oder Diskussionsverdrossenhheit? Irgendwie will man sich den Ergebnissen nicht stellen?
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Re: Olympische Spiele in Deutschland 2024/28

Beitrag von frems »

schokoschendrezki » Mo 30. Nov 2015, 19:08 hat geschrieben:

Die Diskreditierung einer kritischen Sicht auf Großveranstaltungen wie Olympiaden oder Fußball-WMs als gerade gegen Randgruppen gerichtet, könnte absurder nicht sein ...
War nicht mein Einwand, daß Sportler die Ausgeburt der Hölle sein sollen. Außer halt Fußballer. Da geht man ja selbst gerne hin.
Ich will mal ein Parallelbeispiel nennen, worum es (mir jedenfalls) eigentlich geht. Ende der 80er Jahre, in den Zeiten von Superstars wie Madonna oder Michael Jackson gab niemand, absolut niemand auch nur einen Pfifferling auf das Überleben von kleineren Plattenfirmen der Independent-Richtungen. Man war überzeugt, es werden nur die großen überleben. Und es waren nur wenige, die an die Zukunft kleiner, unabhängiger Popproduzenten glaubten. Heute weiß man, dass sich die Mehrheit geirrt hat. Das genau ist heute für mich die Position gegenüber sportlichen Großveranstaltungen. Heute gibt es natürlich immer noch das Segment der Pop-Superstars. Aber es ist eben das eine Segment. Das andere ist das der Unabhängigen, der nicht durch Geld korrumpierbaren. Und dafür plädiere ich auch im Sport. Lasst die Super-Olympiaden und Fußball-WMs den autokratischen Regimen und reichen Ölstaaten. WIr anderen machen Sport in einer menschlichen, auf Individualwerte setzenden Dimension. Ob dieses Plädoyer für Independence anstelle von Konformität nun wirklich und tatsächlich ein Merkmal gerade für eine "alternde Gesellschaft" ist ...
Hat doch nichts mit Olympia zu tun. Es waren ja gerade die kleinen Vereine, die hinter der Bewerbung standen und seit Jahren beklagten, daß der Sport (außer eben Fußball) an Bedeutung verlor und nicht mehr wertgeschätzt wird. Während im Februar 25.000 Leute in Dresden gegen Migranten auf die Straßen gingen, kamen ähnlich viele Sportbegeisterte an der Alster zusammen, um für die Spiele zu werben. Da gab es keine Aufrufe aus Politik oder Wirtschaft, sondern von tausenden lokalen Vereinen sämtlicher Sportrichtungen. Viele waren davon bloß nicht wahlberechtigt, weil sie zu jung waren.
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Re: Olympische Spiele in Deutschland 2024/28

Beitrag von frems »

Kajjo » Mo 30. Nov 2015, 18:45 hat geschrieben: Nein? Das sehe ich aber vollkommen anders. Zwar sind die 2024er Spiele graduell kleiner geplant, aber immer noch gigantische Veranstaltungen -- mit Kosten von etwa 1 Million Euro je teilnehmendem Sportler. Was für ein Wahnsinn! Das muss doch nicht sein und der Nutzen solcher Spiele ist minimal.

Wie gesagt, man könnte die Wettbewerbe entzerren und deutlich kostengünstiger, umweltfreundlicher, sicherer gestalten. Olympia in dieser gigantischen Form ist absolut unnötig und überflüssig.
Muß in der tat sein, aber gigantisch war da nun wirklich nichts. Da kommen ja schon zum Hafengeburtstag (pro Tag) mehr Gäste als für die Spiele prognostiziert wurde (u.a. aufgrund der Zahlen von London). Die Kosten auf Sportler herunterzurechnen, ist auch etwas kurios. Wie viele Menschen sehen denn vor Ort und im Fernsehen die Spiele? Und für was wird denn das Geld ausgegeben? Das wenigste löst sich davon nach Ende der Spiele in Luft auf. Da ist viel mehr die Frage, ob man Sportstätten in der Pampa errichtet und sie dann vor sich hinschimmeln läßt, oder ob man primär bestehende Einrichtungen ertüchtigt und modernisiert. Wenn das "gigantisch" sein soll, dann sollte man wohl wirklich nur noch im Kleinklein bleiben.
Ich empfinde die Wahlbeteiligung als erstaunlich hoch. Immerhin jeder zweite konnte für so ein Thema mobilisiert werden, obwohl es eigentlich viel wichtigere gibt. Da sieht man eher, wie wichtig der Masse das Thema doch war.
Wenn gerade mal 50% bereit sind, über mehrere Wochen mal ein Kreuz zu machen und beim nächsten Briefkasten etwas reinzuwerfen, dann klingt das nicht sehr wichtig.
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Re: Olympische Spiele in Deutschland 2024/28

Beitrag von Dampflok94 »

frems » 2. Dez 2015, 12:46 hat geschrieben: War nicht mein Einwand, daß Sportler die Ausgeburt der Hölle sein sollen. Außer halt Fußballer. Da geht man ja selbst gerne hin.


Hat doch nichts mit Olympia zu tun. Es waren ja gerade die kleinen Vereine, die hinter der Bewerbung standen und seit Jahren beklagten, daß der Sport (außer eben Fußball) an Bedeutung verlor und nicht mehr wertgeschätzt wird. Während im Februar 25.000 Leute in Dresden gegen Migranten auf die Straßen gingen, kamen ähnlich viele Sportbegeisterte an der Alster zusammen, um für die Spiele zu werben. Da gab es keine Aufrufe aus Politik oder Wirtschaft, sondern von tausenden lokalen Vereinen sämtlicher Sportrichtungen. Viele waren davon bloß nicht wahlberechtigt, weil sie zu jung waren.
Sportvereine aus der Region kann ich da gut verstehen. Denn natürlich wäre einiges an verbesserter Infrastruktur übrig geblieben. Davon hätten viele Vereine profitieren können. Auch hätten sich natürlich viele gefreut, gerade bei Randsportarten, ihre Stars mal live sehen zu können. Wir Berliner profitieren noch immer vom Olympia-Stadion. (Und haben noch nicht mal den Namen verscherbelt.) Wird eigentlich das Münchner Stadion noch irgendwie genutzt?
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schokoschendrezki
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Re: Olympische Spiele in Deutschland 2024/28

Beitrag von schokoschendrezki »

frems » Mi 2. Dez 2015, 13:46 hat geschrieben: War nicht mein Einwand, daß Sportler die Ausgeburt der Hölle sein sollen. Außer halt Fußballer. Da geht man ja selbst gerne hin.


Hat doch nichts mit Olympia zu tun. Es waren ja gerade die kleinen Vereine, die hinter der Bewerbung standen und seit Jahren beklagten, daß der Sport (außer eben Fußball) an Bedeutung verlor und nicht mehr wertgeschätzt wird. Während im Februar 25.000 Leute in Dresden gegen Migranten auf die Straßen gingen, kamen ähnlich viele Sportbegeisterte an der Alster zusammen, um für die Spiele zu werben. Da gab es keine Aufrufe aus Politik oder Wirtschaft, sondern von tausenden lokalen Vereinen sämtlicher Sportrichtungen. Viele waren davon bloß nicht wahlberechtigt, weil sie zu jung waren.
Die aktueller Süddeutsche formuliert das, was nun an Reflektion von seiten der Pro-Olympier abläuft, ziemlich drastisch: Nein in Hamburg Olympischer Sport strickt die Dolchstoßlegende
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Re: Olympische Spiele in Deutschland 2024/28

Beitrag von pikant »

schokoschendrezki » Mo 30. Nov 2015, 19:20 hat geschrieben:Und gerade Hamburg. Ein klassiches Mekka der Independent-Szene, der kleinen Pop-Labels, Jazz-Clubs ... die Olympiade passt zu Hamburg (aus meiner Sicht) ungefähr so wie die schrecklichen Oktoberfestbierzelte zu in und um Berlin.
Fussball, Baskeball oder Handball brauchen die olympischen Spiele nicht - die vermarkten sich auch ohne und da siehste die Stars ja fast jedes Wochenende im Fernsehen, aber schon bei Volleyball, Cricket, Softball und Co. faengt es an - diese Sportarten profiteren enorm von Olympia und haben dort ihre grosse Buehne.

da will ich vom Tontaubenschieden, Kanufahren oder den Fechter gar nicht sprechen und den Bogenschuetzen - die rekurtieren ihre Mitglieder oft nach Olympia und wenn dieses Ereignis nicht mehr stattfindet werden auch die Zuschuesse zusammangestrichen.

der Fussball zeigt ja Olympia seit Jahren die kalte Schulter und schickt U-23 Mannschaften :D
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frems
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Re: Olympische Spiele in Deutschland 2024/28

Beitrag von frems »

schokoschendrezki » Mi 2. Dez 2015, 13:46 hat geschrieben: Die aktueller Süddeutsche formuliert das, was nun an Reflektion von seiten der Pro-Olympier abläuft, ziemlich drastisch: Nein in Hamburg Olympischer Sport strickt die Dolchstoßlegende
Daß sich die Sportler verarscht fühlen, sagte ich ja auch schon.
"Ein Hamburger Desaster" nennt Diskus-Olympiasieger Robert Harting den Ausgang des Votums und fragt: "Welche Vision von sportlicher Zukunft verfolgen die Menschen in dem Land, für das ich kämpfe überhaupt noch?"

Hockey-Olympiasieger Moritz Fürste kann seine Enttäuschung nicht verbergen. "Sport in Deutschland ist tot", schreibt er und zeigt sich enttäuscht von dem kurzsichtigen Denken seiner Heimatstadt.
http://www.mopo.de/hamburg/olympia/nach ... n-23209126
Auch viele Sportler zeigten sich tief enttäuscht. "Hamburg meine Perle vor die Säue geworfen. Das Tor zur olympischen (Sport)welt für immer geschlossen", twitterte der ehemalige Handballer Stefan Kretzschmar. Ähnlich äußerte sich Paralympics-Siegerin Kirsten Bruhn. Nun sehe es düster aus für den Leistungssport in Deutschland.
http://www.zeit.de/sport/2015-11/hambur ... reaktionen

Die meisten Politiker und Unternehmen (Hafenindustrie ausgenommen) finden es ja auch schade, aber für die war diese Chance nicht ansatzweise so wichtig für die ganzen Nischensportarten. Aber für die interessieren sich viele halt nicht und dann ist das eben so. Vergleicht man deutsche Zuschauerzahlen von Olympischen Sommerspielen mit einer Fußball-EM oder gar -WM, dann weiß man ja, was dem Volk lieber ist. Das Thema 2028 ist dann wohl auch vom Tisch:
Wie sind Großprojekte jetzt noch durchsetzbar?

Scholz: Ich glaube, dass die Deutschen mutiger sind, als dies gemeinhin behauptet wird. Ich will da optimistisch bleiben.

Können Sie sich vorstellen, dass sich Hamburg um die Olympischen Spiele 2028 oder später bewirbt?

Scholz: Nein, das kann ich mir nicht vorstellen.
http://m.abendblatt.de/hamburg/article2 ... cholz.html
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Re: Olympische Spiele in Deutschland 2024/28

Beitrag von frems »

Ah, Ergänzung. In Deinem Link (SZ) steht's ja auch: In den Spitzen von Politik und Sportpolitik fielen die Reaktionen zwar enttäuscht, aber noch vergleichsweise zurückhaltend aus. Doch diverse Athleten und Funktionäre gaben sich entrüstet.

Einmal im eigenen Land anzutreten, ist wohl das höchste der Gefühle für die Athleten. Naja, schade um die Fördermittel. Mit etwas über einer Milliarde rund 15 Milliarden an Investitionen zu hebeln, wäre schon ganz nett für die Stadt. Aber offenbar fürchtete man, daß ein Bruchteil davon in Hände gelangen könnte, denen man es persönlich nicht gönnt, und deshalb verzichtet man komplett drauf. Was bin ich froh, daß das Flugzeug schon erfunden ist und man sich dran gewöhnte. Es könnte ja was passieren.
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Re: Olympische Spiele in Deutschland 2024/28

Beitrag von schokoschendrezki »

frems » Mi 2. Dez 2015, 15:05 hat geschrieben:Ah, Ergänzung. In Deinem Link (SZ) steht's ja auch: In den Spitzen von Politik und Sportpolitik fielen die Reaktionen zwar enttäuscht, aber noch vergleichsweise zurückhaltend aus. Doch diverse Athleten und Funktionäre gaben sich entrüstet.

Einmal im eigenen Land anzutreten, ist wohl das höchste der Gefühle für die Athleten. Naja, schade um die Fördermittel. Mit etwas über einer Milliarde rund 15 Milliarden an Investitionen zu hebeln, wäre schon ganz nett für die Stadt. Aber offenbar fürchtete man, daß ein Bruchteil davon in Hände gelangen könnte, denen man es persönlich nicht gönnt, und deshalb verzichtet man komplett drauf.
Klar. Die Hände in den Spitzensportverbänden sind allesamt sauber, und man gönnt ihnen nur nix. Aus obigem Artikel:
Das Kernargument aber für das Ergebnis des Referendums ist: das System Sport. Die Sportpolitik, das dreiste Treiben mancher Funktionäre und das wachsende Unbehagen, das die Menschen mit diesen autonomen Zirkeln haben. Sie halten den Sport für verrottet und korrupt - und dieses Unbehagen ist längst mit Händen zu greifen. So formulierte die Olympia-Gegnerin Judith Demba von den Naturfreunden Berlin angesichts der vielen Skandale im Fußball mit einer unüberhörbaren Süffisanz: "Wir bedanken uns bei der Fifa für die gute Mitarbeit. Der Skandal im Weltfußball-Verband hat beim Referendum eine große Rolle gespielt. Das hat zu einem großen Vertrauensverlust in der Bevölkerung gegenüber Sportverbänden geführt."
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Re: Olympische Spiele in Deutschland 2024/28

Beitrag von frems »

schokoschendrezki » Mi 2. Dez 2015, 14:11 hat geschrieben: Klar. Die Hände in den Spitzensportverbänden sind allesamt sauber, und man gönnt ihnen nur nix. Aus obigem Artikel:
Das wäre ein Strohmanntrugschluß. Weil -- jedenfalls theoretisch -- eine Person eines Verbandes nicht sauber sein könnte, nimmt man aufgrund des Verdachts alle in Sippenhaft. Das ist eigentlich kein Denken für eine freiheitliche Gesellschaft im 21. Jahrhundert, aber offenbar doch noch in großen Teilen des Volkes en vogue. Und damit wischt man jenen eins aus, die dafür am wenigsten können. Den bösen Funktionären ist es recht egal, ob sie in Hamburg, Paris oder Los Angeles anwesend sind. Da führt man nur einen Symbolkampf für die eigene Genugtuung und Nimby-Einstellung.
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Re: Olympische Spiele in Deutschland 2024/28

Beitrag von schokoschendrezki »

frems » Mi 2. Dez 2015, 15:31 hat geschrieben: Das wäre ein Strohmanntrugschluß. Weil -- jedenfalls theoretisch -- eine Person eines Verbandes nicht sauber sein könnte, nimmt man aufgrund des Verdachts alle in Sippenhaft. Das ist eigentlich kein Denken für eine freiheitliche Gesellschaft im 21. Jahrhundert, aber offenbar doch noch in großen Teilen des Volkes en vogue. Und damit wischt man jenen eins aus, die dafür am wenigsten können. Den bösen Funktionären ist es recht egal, ob sie in Hamburg, Paris oder Los Angeles anwesend sind. Da führt man nur einen Symbolkampf für die eigene Genugtuung und Nimby-Einstellung.
Darauf kann ich eine ganz einfache Antwort geben: Es gibt überhaupt keinen Zweifel darüber, dass die staatliche Jugendorganisation der SED, die FDJ, Möglichkeiten geschaffen hat, kulturelle und sportliche Aktivitäten zu entfalten. Lutz Rathenow, Lyriker und heute sächsischer Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen ist einer von - ich schätze mal - mindestens zwei Dutzend DDR-Oppositionellen Schriftstellern, die ihre literarischen Anfänge und Initiationen beim Schweriner "FDJ-Poetenseminar" gemacht haben. Deshalb gehörte die Veranstaltung - bestünde sie heute noch - ebenso vom Tisch wie der FDJ-Zentralrat, die FIFA, das IOC, die Olympischjen Spiele oder die Fußball-WM, die heute leider immer noch bestehen.
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Re: Olympische Spiele in Deutschland 2024/28

Beitrag von schokoschendrezki »

Der Punkt ist: was spricht eigentlch gegen einen radikalen Neuanfang? Warum können sich Spitzensportler, der Behindertensport, der Breitensport sich eigentlich nicht von den verdorbenen Spitzensportorganisationen lossagen? Der "Mehltau" besteht darin, dass alle meinen, dass das nicht ginge. Aber und ob das geht! So etwas wie Open Sport in Analogie zu Open Source ist durchaus denkbar. Nur weg von den großen Bossen, dem großen Geld. "Open Sport" ist eigentlich schon ein guter Slogan, oder? Weg von den kommerziellen Massenveranstaltungen. Spitzenleistungen, Begeisterung etc sind in dem Open-Segmenten der IT-Welt schon ohenhin die Regel.
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Re: Olympische Spiele in Deutschland 2024/28

Beitrag von Geraldo »

Kannst du das mal näher erklären,
für mich ist Spitzensport Profisport und der wird von irgendjemanden bezahlt

MfG Geraldo
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Re: Olympische Spiele in Deutschland 2024/28

Beitrag von Teeernte »

Geraldo hat geschrieben:(06 Mar 2016, 00:21)

Kannst du das mal näher erklären,
für mich ist Spitzensport Profisport und der wird von irgendjemanden bezahlt

MfG Geraldo
....dem Innenminister....
Das Bundesministerium des Innern fördert speziell den deutschen Spitzensport und bringt damit zum Ausdruck, dass Sport für die Bundesregierung ein besonders wichtiges Anliegen ist.
http://www.bmi.bund.de/DE/Themen/Sport/sport_node.html

....und der Rest der Milliarden - vom Zwangsfinanzierten Fernsehen.

Olymp .... = Griechenland..... bestechend..
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
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Re: Olympische Spiele in Deutschland 2024/28

Beitrag von firlefanz11 »

"Welche Vision von sportlicher Zukunft verfolgen die Menschen in dem Land, für das ich kämpfe überhaupt noch?"
Hmm... Vielleicht die, dass Sport des Sportes-, und Wettkämpfe der Messung echter Leistung wegen betrieben wird/werden, und NICHT um Länder dazu zu bringen Abermillionen in pompösen Materialschlachten zu verschleudern u. mindestens genauso viel in die Kassen der Sportfunktionäre zu spülen oder damit der-/diejenige gewinnt der/die die besten u. am wenigsten nachweisbaren Mittelchen geschluckt hat?
Am Rande des Wahnsinns stehen keine Geländer!
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