ÖRR - struktureller Reformbedarf

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Sören74

Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von Sören74 »

Vongole hat geschrieben:(03 Jul 2021, 22:02)

Eine besondere Reform fordert H.-G.Maaßen, nämlich einen Gesinnungstest für Tagesschau-Personal:


Also aufgepasst, ARDler, entweder ein Eid auf das Programm der AfD, nee Werteunion, oder das war's künftig beim ÖR.
Schon bemerkenswert, dass er nur von linken Verbindungen spricht, aber nicht von rechten, wie beispielsweise zur Werteunion. :)
Skeptiker

Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von Skeptiker »

Sören74 hat geschrieben:(04 Jul 2021, 12:00)
Schon bemerkenswert, dass er nur von linken Verbindungen spricht, aber nicht von rechten, wie beispielsweise zur Werteunion. :)
Nein, er weiss ja wovon er spricht. Offensichtlich besteht kein Risiko, dass sich in die Tagesschauredaktion sich ein Fan der Werteunion verirrt haben könnte. Das wäre, ehrlich gesagt, auch meine Einschätzung gewesen :D
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Vongole
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von Vongole »

Skeptiker hat geschrieben:(04 Jul 2021, 16:07)

Nein, er weiss ja wovon er spricht. Offensichtlich besteht kein Risiko, dass sich in die Tagesschauredaktion sich ein Fan der Werteunion verirrt haben könnte. Das wäre, ehrlich gesagt, auch meine Einschätzung gewesen :D
Macht das Maaßens Forderung akzeptabel in deinen Augen?
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von Skeptiker »

Vongole hat geschrieben:(04 Jul 2021, 16:57)
Macht das Maaßens Forderung akzeptabel in deinen Augen?
Ich halte sie nicht für notwendig, weil ich denke, dass es in der ARD durchaus Methoden geben dürfte, Extremisten aus den Nachrichtenredaktionen fernzuhalten. Je sachlicher die Berichterstattung ist, umso weniger Leute dürften derlei Vorschläge unterstützen.
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frems
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von frems »

Dass ein gemäßigter Konservativer wie Maaßen eine Gleichschaltung der Medien auf seiner politischen Linie wünscht, ist ja wenig überraschend. Erst die öffentlichen Medienhäuser und danach folgt, so wie es unsere Vergangenheit ja kennt, der private Sektor.

Bedenkt man seine vielen Verschwörungstheorien, zum Beispiel dass die Führung der SPD von Linksextremisten unterwandert sei, sollte das nicht verwundern. Das ist halt deren Ideologie und somit einfach nur konsequent.

Kleiner Hoffnungsschimmer: offensichtlich muss er für seinen Kurs erstmal ins Land von Höcke, Kemmerich und Roewer rübermachen. In bürgerlichen Regionen erntet man so nur Abscheu und Ablehnung. In Thüringen, also Sachsen 2.0, aber anscheinend nicht.
Labskaus!

Ob Mailand oder Madrid -- Hauptsache Europa.
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Vongole
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von Vongole »

Liberty hat geschrieben:(04 Jul 2021, 18:08)
(..)

Der lange Weg von (..) vom linksextremen Antifa-Radio bis zum WDR. :thumbup:
Wer von dir als linksextrem bezeichnet wird, hat damit den Nachweis demokratischer Gesinnung.
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streicher
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von streicher »

Die letzten Beiträge habe ich in den Sammelstrang verschoben. Hier bitte beim "strukturellen Reformbedarf des ÖRR" bleiben.
streicher
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syna
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von syna »

Dies ist das Thema hier:

Der ÖRR muss reformiert werden, weil er zu einem
überbordenden Moloch herangewachsen ist, der glaubt alles -
von der Kochsendung bis zum Schlagergeschwurbel -
produzieren zu müssen. Und der glaubt dafür Gelder von
einem jeden Bürger einziehen zu dürfen.

Wie könnte der ÖRR reformiert werden?

1. Die "Grundversorgung" muss neu definiert werden. Alles
was mainstream-tauglich ist, was reine Unterhaltung ist
(Tatort, Kochsendungen, Spielshows) und was Massensport
ist (Fußball, Olympia), darf nicht zur Grundversorgung
gehören.

2. Die Finanzierung der neuen ÖRR muss vollständig auf
Steuerfinanzierung umgestellt werden.


Aber ... muss ich dann nicht auf meine geliebtesten
Sendungen verzichten? Antwort: Nein, denn ...
syna hat geschrieben:(03 Jul 2021, 19:41)
Es geht also darum, dass investigativer Journalismus und
politische Sendungen sogar verstärkt werden.

D.h. Sender wie Phönix, ZDF-info, Tagesschau24, Arte, 3Sat
bleiben natürlich erhalten. Und ein Hauptsender ZDF und ARD
bleibt natürlich dabei, jedoch inhaltlich etwas anders.

Der ganze Deutschlandfunk (DLF, DLK, ... ) bleibt genauso,
wie er ist. Und es gibt in jedem Bundesland noch einen
Regionalsender, ähnlich wie der DLF.

Und trotzdem werden die ÖRR viel preiswerter; sie brauchen
wahrscheinlich nur noch 10% des heutige Budgets. Warum?
Weil bestimmte Unterhaltungssendungen mit Promis sehr
teuer sind - und wegfallen würden. Weil Tatorte extrem
teuer sind und jetzt wegfallen würden. Weil Bundesliga und
Olympia extrem teuer sind (Übertragungsrechte, Bietergefechte)
und wegfallen würden.
--~~/§&%"$!\~~--
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Alexyessin
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von Alexyessin »

syna hat geschrieben:(22 Jul 2021, 20:33)


1. Die "Grundversorgung" muss neu definiert werden. Alles
was mainstream-tauglich ist, was reine Unterhaltung ist
(Tatort, Kochsendungen, Spielshows) und was Massensport
ist (Fußball, Olympia), darf nicht zur Grundversorgung
gehören.
Warum ?
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin kein Nazi, aber...
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H2O
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von H2O »

Warum ?
Aus meiner Sicht steuert syna in die künftige Richtung. In den Entwicklungsjahren des Rundfunks stand ein Angebot an allgemeiner Unterhaltung flächendeckend nicht zur Verfügung. Diese Lücke hat der ÖRR folgerichtig ausgefüllt. Inzwischen sehe ich eher ein Überangebot dieser Unterhaltung. Das Überangebot könnte man beim ÖRR beschneiden ohne dadurch eine Lücke auf zu reißen. Ich sehe dort eher die Zahl der Sendeanstalten als die vermittelten Inhalte auf dem Prüfstand.

Ich sehe aber auch das Argument, daß man Heranwachsende über beliebte Unterhaltungssendungen auch an die Radio- / Fernseh-Station gewöhnen kann, die ihnen praktisch nebenbei Bildungsinhalte vermitteln und von Vorgängen in Wirtschaft und Politik berichten. So ganz besenrein leerfegen sollte man den Unterhaltungsteil des ÖRR also auch nicht!
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Kritikaster
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von Kritikaster »

syna hat geschrieben:(22 Jul 2021, 20:33)

1. Die "Grundversorgung" muss neu definiert werden. Alles
was mainstream-tauglich ist, was reine Unterhaltung ist
(Tatort, Kochsendungen, Spielshows) und was Massensport
ist (Fußball, Olympia), darf nicht zur Grundversorgung
gehören.
Dass eine solche Haltung mit Blick auf den Programmauftrag grundfalsch ist, ist höchstrichterlich bestätigt.

Wird auch durch ständiges Wiederholen solcher Ansichten nicht richtiger.
Der am höchsten entwickelte Sinn ist der Unsinn. (Peter E. Schumacher)
Wo der Sinn aufhört, beginnt der Wahnsinn. (Erhard Horst Bellermann)
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syna
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von syna »

H2O hat geschrieben:(22 Jul 2021, 21:40)

Aus meiner Sicht steuert syna in die künftige Richtung. In den Entwicklungsjahren des Rundfunks stand ein Angebot an allgemeiner Unterhaltung flächendeckend nicht zur Verfügung. Diese Lücke hat der ÖRR folgerichtig ausgefüllt. Inzwischen sehe ich eher ein Überangebot dieser Unterhaltung. Das Überangebot könnte man beim ÖRR beschneiden ohne dadurch eine Lücke auf zu reißen. Ich sehe dort eher die Zahl der Sendeanstalten als die vermittelten Inhalte auf dem Prüfstand.
Genau - H2O führt hier die historische Betrachtung auf:

Bei Gründung der Rundfunkanstalten vor 70 Jahren war an
privatrechtlich kommerzielle Sender gar nicht zu denken. Und
so musste der ÖRR hier die ganze Palette abdecken:
Information, Bildung, Unterhaltung und Sport - eigentlich alles,
was überhaupt gesendet und verbreitet werden kann.

Unsere aktuelle Gesetzgebung, der "Rundfunkstaatsvertrag",
ist immer noch im Sinne dieser Anfangsjahre formuliert. Der
RStV - so hat man den Eindruck - atmet immer noch den
Geist der Nachkriegsjahre ab 1950.

Wir haben aber heute einge ganz andere, pluralistische
Medienlandschaft. Da passt der "Nachkriegsgeist"
überhaupt nicht mehr hinein.
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syna
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von syna »

H2O hat geschrieben:(22 Jul 2021, 21:40)

Ich sehe aber auch das Argument, daß man Heranwachsende über beliebte Unterhaltungssendungen auch an die Radio- / Fernseh-Station gewöhnen kann, die ihnen praktisch nebenbei Bildungsinhalte vermitteln und von Vorgängen in Wirtschaft und Politik berichten. So ganz besenrein leerfegen sollte man den Unterhaltungsteil des ÖRR also auch nicht!
Naja, bei den heutigen Sehgewohnheiten wird so oder
so ganz viel selektiv geguckt und gezappt. Der junge Zuschauer
heute sieht sich vieles bei Youtube im Internet an - und wenn er
mal TV sieht, dann gezielt - mal bei diesem Sender und mal
bei jenem Sender.

Eine "Sendertreue" und einen Gewöhnungseffekt gibt es heute
kaum mehr - oder wenn, dann nur bei wirklich ältlichen Senioren.

Aber wenn man auf die teure Unterhaltung (Tatorte) und die
teuren Sportübertragungsrechte verzichen würde, hätte der ÖRR
mehr Geld und Manpower dafür, Bildungssendungen und
journalistische Hintergrundinfos umso interessanter und
ansprechender für Alle zu gestalten. Das wäre dann ein
echter Fortschritt für die Gesellschaft. :thumbup:
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von syna »

Alexyessin hat geschrieben:(22 Jul 2021, 20:47)


Warum ?
In aller Kürze:

1. Historische Entwicklung: In den Nachkriegsjahren
gehörten Unterhaltung und Sport dazu. Heute nicht mehr.

2. Gebot des vernünftigen Umgangs mit Steuergeldern bzw.
Geldern der Bürger: Dieses Geld darf auch nur in für die
Gemeinschaft "sinnvolle" Bereiche gesteckt werden.

3. Gebot des vernünftigen Umgangs mit Steuergeldern bzw.
Geldern der Bürger: Dieses Geld darf auch nur in Bereiche
gesteckt werden, die nicht oder nicht ausreichend von
privaten Sendern bedient werden.

4. Unterhaltung und Sport sind mit Abstand am teuersten.

(4) ist nicht direkt ein Argument. Es zeigt aber auf, wie absurd die heutige Situation ist: Ausgerechnet die
Bereiche, die hier in Frage gestellt werden, nämlich Unterhaltung und Sport, sind exorbitant teuer.
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von Skeptiker »

Kritikaster hat geschrieben:(23 Jul 2021, 00:46)
Dass eine solche Haltung mit Blick auf den Programmauftrag grundfalsch ist, ist höchstrichterlich bestätigt.
In Deutschland entscheiden die Gerichte (noch) nicht, welche Haltung die richtige ist, sondern wie Sachverhalte im Sinne des Gesetzes interpretiert werden.

Synas Änderungswunsch hat mit gerichtlichen Entscheidungen nichts zu tun.
Wird auch durch ständiges Wiederholen solcher Ansichten nicht richtiger.
Du verwechselst ständig „aktuelle Gesetzeslage“ und „Rahmen dessen, was man sich wünschen darf“. Auch das wird durch ständiges wiederholen nicht richtiger. Eher offenbart es ein krudes Verständnis von Demokratie, in welcher die Bürger nur das wollen dürfen, was zuvor höchstrichterlich zu wünschen erlaubt wurde.
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von Kritikaster »

Skeptiker hat geschrieben:(23 Jul 2021, 12:16)

In Deutschland entscheiden die Gerichte (noch) nicht, welche Haltung die richtige ist, sondern wie Sachverhalte im Sinne des Gesetzes interpretiert werden.

Synas Änderungswunsch hat mit gerichtlichen Entscheidungen nichts zu tun.

Du verwechselst ständig „aktuelle Gesetzeslage“ und „Rahmen dessen, was man sich wünschen darf“. Auch das wird durch ständiges wiederholen nicht richtiger. Eher offenbart es ein krudes Verständnis von Demokratie, in welcher die Bürger nur das wollen dürfen, was zuvor höchstrichterlich zu wünschen erlaubt wurde.
Unfug. :rolleyes:

Natürlich darf sich jede/r wünschen, was sie/er möchte. Aussagen dergestalt wie etwa "muss neu definiert werden" oder etwas "darf nicht zur Grundversorgung gehören" sind jedoch so absolut formuliert, dass man dem die Rechtslage entgegen halten sollte, vielleicht sogar muss.

Es besteht nämlich genauso wenig ein "Muss" für das geforderte, wie es der Zustimmung einzelner UserINNEN für die Festlegung dessen bedarf, was Teil des Programmauftrags sein "darf". Derartige Dinge mit "sollte" oder "sollte nicht" anzusprechen, wäre die richtige Ausdrucksweise, um "Wünsche" zu äußern.
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Kritikaster hat geschrieben:(23 Jul 2021, 12:40)


Natürlich darf sich jede/r wünschen, was sie/er möchte. Aussagen dergestalt wie etwa "muss neu definiert werden" oder etwas "darf nicht zur Grundversorgung gehören" sind jedoch so absolut formuliert, dass man dem die Rechtslage entgegen halten sollte, vielleicht sogar muss.
.
Stimmt, wobei Grundversorgung für mich impliziert, dass eben ein Vollprogramm in der Breite abgedeckt wird, also Nachrichten, Unterhaltung, Kultur, Sport, Bildung. Alles andere ergibt auch wenig Sinn, denn dann würden die Marktanteile des ÖRR noch kleiner werden, sprich die Anzahl der Nutzer sinken. Damit würden immer noch mehr für immer weniger bezahlen, die das Angebot noch nutzen. Nur wird halt weniger bezahlt. Das Grundproblem bleibt aber.
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von BlueMonday »

Und das Grundproblem besteht nach wie vor im Zwangschararakter der Finanzierung. Fällt dieser Zwang zur Kontribution, erübrigt sich auch weitestgehend diese alberne Debatte über Inhalte. Das ist dann eben interne Angelegenheit der zahlenden Vereinsmitglieder, was da nun den lieben langen Tag gesendet wird. Wegen mir können sie auch 24h am Tag Stockhausenkonzerte wiederholen und ihre "Demokratieabgabe" verdoppeln und verdreifachen.
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von Alexyessin »

syna hat geschrieben:(23 Jul 2021, 11:24)

In aller Kürze:

1. Historische Entwicklung: In den Nachkriegsjahren
gehörten Unterhaltung und Sport dazu. Heute nicht mehr.
Das ist deine Behauptung. Warum denn nicht?
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von Alexyessin »

BlueMonday hat geschrieben:(23 Jul 2021, 15:31)

Und das Grundproblem besteht nach wie vor im Zwangschararakter der Finanzierung.
Das musst du wohl so sehen. Aber du hast ja eh ein allgemeines Problem mit unserem Staatswesen.
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von jack000 »

syna hat geschrieben:(22 Jul 2021, 20:33)
2. Die Finanzierung der neuen ÖRR muss vollständig auf
Steuerfinanzierung umgestellt werden.
Warum? Zahlen muss der Bürger so oder so. Daher macht es Sinn Transparenz zu schaffen indem die Rundfunkgebühr in eine Kopfsteuer (z.B. 10 Personen schauen mehr Fernsehen als 2) umgewandelt und quartalsweise in Bar direkt an der Haustür abkassiert wird.
=> Danach macht man dann eine Umfrage, ob es strukturelle Änderungen beim ÖR geben sollte.
Sledge Hammer: Ich mag einem Verbrecher nicht seine Verbrechen vorlesen ... aber ich kann wenigstens lesen!
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von Skeptiker »

Kritikaster hat geschrieben:(23 Jul 2021, 12:40)
Unfug. :rolleyes:

Natürlich darf sich jede/r wünschen, was sie/er möchte. Aussagen dergestalt wie etwa "muss neu definiert werden" oder etwas "darf nicht zur Grundversorgung gehören" sind jedoch so absolut formuliert, dass man dem die Rechtslage entgegen halten sollte, vielleicht sogar muss.

Es besteht nämlich genauso wenig ein "Muss" für das geforderte, wie es der Zustimmung einzelner UserINNEN für die Festlegung dessen bedarf, was Teil des Programmauftrags sein "darf". Derartige Dinge mit "sollte" oder "sollte nicht" anzusprechen, wäre die richtige Ausdrucksweise, um "Wünsche" zu äußern.
Das ist Forderungen. Selbstverständlich kann man Forderungen im Imperativ formulieren. Dass man einer entsprechenden Formulierung mit formaljuristischen Entgegenhaltungen kommt, zeit eigentlich eine Gewisse Leere in der Argumentation. Für mich Erbsenzählerei. :rolleyes:
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von Vongole »

Skeptiker hat geschrieben:(23 Jul 2021, 17:35)

Das ist Forderungen. Selbstverständlich kann man Forderungen im Imperativ formulieren. Dass man einer entsprechenden Formulierung mit formaljuristischen Entgegenhaltungen kommt, zeit eigentlich eine Gewisse Leere in der Argumentation. Für mich Erbsenzählerei. :rolleyes:
Sicherlich kann man eine Forderung, die jeglicher gesetzlicher Grundlage entbehrt, im Imperativ formulieren.
Dann muss man aber auch damit leben, dass andere User diese Forderung schon deswegen als grundfalsch betrachten.
Am Yisrael Chai

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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von Skeptiker »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(23 Jul 2021, 15:04)
Stimmt, wobei Grundversorgung für mich impliziert, dass eben ein Vollprogramm in der Breite abgedeckt wird, also Nachrichten, Unterhaltung, Kultur, Sport, Bildung. Alles andere ergibt auch wenig Sinn, denn dann würden die Marktanteile des ÖRR noch kleiner werden, sprich die Anzahl der Nutzer sinken. Damit würden immer noch mehr für immer weniger bezahlen, die das Angebot noch nutzen. Nur wird halt weniger bezahlt. Das Grundproblem bleibt aber.
Da bin ich eben fundamental anderer Meinung.

Eine Grundversorgung sollte in meinen Augen die Defizite ausgleichen, die der Markt nicht abbildet - aus welchen Gründen auch immer.

Beispiel: Sagen wir mal es gäbe ein Gesetz zur Grundversorgung der Bürger mit Joghurt. Das kann man natürlich auf unterschiedliche Weise umsetzen.
1. Man stellt jedem Bürger morgens einen Sechserpack Joghurt ungefragt vor die Tür.
2. Man analysiert den Markt und gleicht die Warenverfügbarkeit mit den Zielen der Grundversorgung aus. Dort wo Defizite bestehen greift der Staat ein um die Grundversorgung mit Joghurt zu retten.

Beim Fernsehen - nicht etwa bei anderen Medien - hat man sich für Variante 1 entschieden. Es wäre aber absurd zu glauben, dass dies die einzig sinnvolle Interpretation von "Grundversorgung" ist - tatsächlich ist es ein staatlich garantiertes Programmproduktionssystem, mit dem sich super Geld machen lässt, und welches man viel besser kontrollieren kann, als private Anbieter. In Deutschland, einem Land in dem die Bürger traditionell marktskeptisch und staatsgläubig sind, ein WinWin für ÖR-Nutzniesser und Schäfchenbürger. Wer halt eher im Markt Vorteile sieht, der ist halt in Deutschland in einer Minderheit.
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von Skeptiker »

Vongole hat geschrieben:(23 Jul 2021, 17:45)
Sicherlich kann man eine Forderung, die jeglicher gesetzlicher Grundlage entbehrt, im Imperativ formulieren.
Dann muss man aber auch damit leben, dass andere User diese Forderung schon deswegen als grundfalsch betrachten.
Oh, ich hoffe Syna ist ja auch nicht daran gestorben. Natürlich kann man damit leben. Es ist halt nur sachlich leere Argumentation.

Im Kern besagt das Argument ja "was nicht im Rahmen heutiger Gesetze ist, das darf man sich nicht wünschen". Supi, dann können wir die gesamte Legislative abschaffen, weil es ja außerhalb der schon bestehenden Gesetze keine möglichen Wünschen geben kann/darf.

Eine sachliche Diskussion würde Synas Forderung nicht abblocken, sondern ihr entgegenhalten warum das falsch wäre (mal abgesehen davon, dass seine/ihre Forderung vollkommen richtig ist). Aber naja, inhaltliche Debatte ist halt nur die Notlösung, wenn wir mit Erbsenzählerei die Diskussion nicht abwürgen können ... :rolleyes:
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von Vongole »

Skeptiker hat geschrieben:(23 Jul 2021, 17:53)
(..)

Eine sachliche Diskussion würde Synas Forderung nicht abblocken, sondern ihr entgegenhalten warum das falsch wäre.. .
Dieser Forderung wurde hier schon vielmals sachlich widersprochen, nur verpuffen die fachlichen Gegenargumente völlig wirkungslos. Warum also alten Brei wieder und wieder aufwärmen?
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von Kritikaster »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(23 Jul 2021, 15:04)

Stimmt, wobei Grundversorgung für mich impliziert, dass eben ein Vollprogramm in der Breite abgedeckt wird, also Nachrichten, Unterhaltung, Kultur, Sport, Bildung.
Genau so ist es, und deshalb sind bislang die Angriffe der ÖR-Hasser auf den Programmauftrag, die von deren Seite auf dem Weg über das Verfassungsgericht erfolgten, im wesentlichen gescheitert. Und das ist auch gut so.

Daran erinnert werden diese Personen offensichtlich nur nicht allzu gerne. ;)
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Skeptiker hat geschrieben:(23 Jul 2021, 17:48)

Da bin ich eben fundamental anderer Meinung.

Eine Grundversorgung sollte in meinen Augen die Defizite ausgleichen, die der Markt nicht abbildet - aus welchen Gründen auch immer.

Beispiel: Sagen wir mal es gäbe ein Gesetz zur Grundversorgung der Bürger mit Joghurt. Das kann man natürlich auf unterschiedliche Weise umsetzen.
1. Man stellt jedem Bürger morgens einen Sechserpack Joghurt ungefragt vor die Tür.
2. Man analysiert den Markt und gleicht die Warenverfügbarkeit mit den Zielen der Grundversorgung aus. Dort wo Defizite bestehen greift der Staat ein um die Grundversorgung mit Joghurt zu retten.

Beim Fernsehen - nicht etwa bei anderen Medien - hat man sich für Variante 1 entschieden. Es wäre aber absurd zu glauben, dass dies die einzig sinnvolle Interpretation von "Grundversorgung" ist - tatsächlich ist es ein staatlich garantiertes Programmproduktionssystem, mit dem sich super Geld machen lässt, und welches man viel besser kontrollieren kann, als private Anbieter. In Deutschland, einem Land in dem die Bürger traditionell marktskeptisch und staatsgläubig sind, ein WinWin für ÖR-Nutzniesser und Schäfchenbürger. Wer halt eher im Markt Vorteile sieht, der ist halt in Deutschland in einer Minderheit.
Ich versuche es mal anders zu erklären. Wenn der Staat den Antrag einer Grundversorgung mit Lebensmitteln hätte, dann würde die Versorgung eben die gesamte Breite von Lebensmitteln umfassen, die eben für eine Grundversorgung ausreichen und nicht nur das was eben vom Markt nicht angeboten wird. Zweiteres wäre eben keine Grundversorgung sondern eine Versorgung mit Gütern die der Markt nicht anbietet. Dafür kann man dann eben erwarten, dass die Grundversorgung eine entsprechende Qualität hat und preislich attraktiv ist. Aber eben auch nichts oder wenig enthält was darüber hinausgeht.
Wenn man mal dieses Verständnis einer Grundversorgung hat, wäre zu diskutieren, ob der Staat in Bezug auf den ÖR dieser Aufgabe nachkommt. Und da bin ich der Meinung, dass er weit darüber hinausschießt, also mehr als die Grundversorgung liefert, zu Lasten derjenigen die das eben bezahlen müssen und vor allem das Angebot nicht nutzen. Und das funktioniert eben wie so oft nur über staatlichen Zwang, also dass man alle verpflichtet das zu bezahlen. Und das wiederum öffnet Tür und Tor für die für staatliche Organisationen übliche Verselbständigung weg vom eigentlichen Auftrag. Reicht das Geld nicht mehr erhöht man einfach die Zwangsgebühren ohne sich darüber die Gedanken zu machen inwieweit der Kunde das will. Denn der hat ja die Wahl nicht, das Angebot nicht anzunehmen und dementsprechend nicht dafür zu bezahlen.
Die Lösung läge somit in einer Reduzierung der Vielfalt, aber eben nicht in einer Reduzierung der Breite des Angebots. Warum sollte z.B. eine Versorgung wie in Österreich nicht auch in Deutschland reichen. Würden wir über Grundversorgung reden gäbe es keinen Grund, dass die Grundversorgung in D eine andere ist als in AT. Der Vorteil in D wäre, dass man aufgrund der höheren Einwohnerzahl deutlich niedrigere Rundfunkgebühren hätte. So denkt der Staat aber nicht. Hier scheint es vielfach so sein, dass man halt schaut was man dem Bürger abknöpfen kann und sich das Angebot eben daran orientiert das Geld auch auszugeben, statt daran was Grundversorgung tatsächlich heißt.
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Kritikaster hat geschrieben:(23 Jul 2021, 18:34)

Genau so ist es, und deshalb sind bislang die Angriffe der ÖR-Hasser auf den Programmauftrag, die von deren Seite auf dem Weg über das Verfassungsgericht erfolgten, im wesentlichen gescheitert. Und das ist auch gut so.

Daran erinnert werden diese Personen offensichtlich nur nicht allzu gerne. ;)
Wobei man über die Effizienz mit der die Grundversorgung "sichergestellt" durchaus nachdenken sollte. Siehe mein letzter Beitrag.
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von syna »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(23 Jul 2021, 15:04)

Stimmt, wobei Grundversorgung für mich impliziert, dass eben ein Vollprogramm in der Breite abgedeckt wird, ...
Stimmt. Für mich allerdings bedeutet die "Grundversorgung durch den ÖRR" die "Grundversorgung im Sinne unseres
demokratischen Gemeinsinns". Grund: Sie wird von der Gemeinschaft bezahlt. Und da gehören eben
Unterhaltung und Sport nicht dazu. :thumbup:
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

syna hat geschrieben:(23 Jul 2021, 20:27)

Stimmt. Für mich allerdings bedeutet die "Grundversorgung durch den ÖRR" die "Grundversorgung im Sinne unseres
demokratischen Gemeinsinns". Grund: Sie wird von der Gemeinschaft bezahlt. Und da gehören eben
Unterhaltung und Sport nicht dazu. :thumbup:
Natürlich gehört Unterhaltung und Sport auch dazu, wobei man durchaus in Frage stellen kann ob das rechtfertigt Unsummen für Übertragungsrechte von Bundesligaspielen im Fußball zu bezahlen oder sich bei Unterhaltung im Niveaulimbo mit den Privaten zu messen.
„Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“ (Karl Valentin)
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von syna »

BlueMonday hat geschrieben:(23 Jul 2021, 15:31)

Und das Grundproblem besteht nach wie vor im Zwangschararakter der Finanzierung.
Ganz genau!

Dieser Zwangschararakter bringt es mit sich, dass ganz besonders hohe Anforderungen an
die Gelder dieser Zwangsgebühren gestellt werden müssen. D.h. sie dürfen nicht
verschwendet werden.

Und daraus folgen genau diese Forderungen: Keine Gelder für Promis wie Gottschalk oder
Till Schweiger oder millionenschwere Fußballprofis. Diese mit Zwangsgeldern zu finanzieren,
das ist einfach pervers! :mad:
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von syna »

Syna hat geschrieben:In aller Kürze:

1. Historische Entwicklung: In den Nachkriegsjahren
gehörten Unterhaltung und Sport dazu. Heute nicht mehr.
Alexyessin hat geschrieben:(23 Jul 2021, 16:40)
Das ist deine Behauptung. Warum denn nicht?
Haha, jaja, das ist meine Behauptung. :D

Aber sehen wir mal, was unser Altmeister H2O dazu
schon sagte:
H2O hat geschrieben: In den Anfangsjahren des Rundfunks stand ein Angebot an allgemeiner Unterhaltung flächendeckend nicht zur Verfügung. Diese Lücke hat der ÖRR folgerichtig ausgefüllt. Inzwischen sehe ich eher ein Überangebot dieser Unterhaltung. Das Überangebot könnte man beim ÖRR beschneiden ohne dadurch eine Lücke auf zu reißen.
Genau - H2O führt hier die historische Betrachtung auf:

Bei Gründung der Rundfunkanstalten vor 70 Jahren war an
privatrechtlich kommerzielle Sender gar nicht zu denken. Und
so musste der ÖRR hier die ganze Palette abdecken:
Information, Bildung, Unterhaltung und Sport - eigentlich alles,
was überhaupt gesendet und verbreitet werden kann.

Unsere aktuelle Gesetzgebung, der "Rundfunkstaatsvertrag",
ist immer noch im Sinne dieser Anfangsjahre formuliert. Der
RStV - so hat man den Eindruck - atmet immer noch den
Geist der Nachkriegsjahre ab 1950.

Wir haben aber heute einge ganz andere, pluralistische
Medienlandschaft. Da passt der "Nachkriegsgeist"
überhaupt nicht mehr hinein.
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von syna »

Syna hat geschrieben:2. Die Finanzierung der neuen ÖRR muss vollständig auf
Steuerfinanzierung umgestellt werden.
jack000 hat geschrieben:(23 Jul 2021, 16:54)

Warum? Zahlen muss der Bürger so oder so. Daher macht es Sinn Transparenz zu schaffen, indem die Rundfunkgebühr in eine Kopfsteuer (z.B. 10 Personen schauen mehr Fernsehen als 2) umgewandelt und quartalsweise in Bar direkt an der Haustür abkassiert wird.
=> Danach macht man dann eine Umfrage, ob es strukturelle Änderungen beim ÖR geben sollte.
Haha, ich mag Deine sarkastischen Einwürfe! :D

Wir haben momentan eine Quasi-Kopfsteuer: Die Gebühren werden pro
Haushalt erhoben. Wir haben in den Ballungsräumen über 50% Single-
Haushalte, und für diese ist die Haushaltsabgabe eine Kopfsteuer!

Eine Kopfpauschale ist die krudeste, unsozialste, feudalherrrschafts-arroganteste
Erhebungsart überhaupt; sie ist in demokratischen Gemeinschaften indiskutabel. Wir
glaubten, so eine Erhebung sei seit dem Mittelalter Geschichte! Aber nein: Die ÖRR-
Beitragsregelung ab 2013 ist genau so eine Kopfpauschale für beinahe die meisten
Haushalte.

Warum aber Steuerfinanzierung?


1. Mit den Steuern könnten die ÖRR finanziert werden. Man müßte dann nicht mit
überboardendem bürokratischen Aufwand eine zusätzlich Gebührenerhebungs-
maschinerie - wie ja jetzt die GEZ (neudeutsch AZDB) und all ihre Agenturen -
am Laufen halten.

2. Steuern werden sozial kompatibel erhoben: Geringverdiener zahlen weniger,
Gutverdiener mehr. Kleinunternehmer würden nicht so überproportional belastet, und
diejenigen, die ein großes Einkommen haben, zahlen einen größeren Anteil.

3. Die ÖRR-Leute werden, wie andere Bedienstete auch, gemäß des Tarifs des
"Öffentlichen Dienstes" bezahlt. Die zur Zeit üblichen überbordenden Personalgehälter
wären damit Vergangenheit (die meisten Intendanten haben ein höheres Salär
als die Bundeskanzlerin).

Also (1) bis (3): Viele Vorteile - deshalb: Umstieg auf Steuerfinanzierung!
Zuletzt geändert von syna am Sa 24. Jul 2021, 08:58, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von Alexyessin »

syna hat geschrieben:(23 Jul 2021, 20:39)

Haha, jaja, das ist meine Behauptung. :D
Ja, du sagst es. Es ist DEINE Behauptung. Begründe diese doch mal ordentlich.
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin kein Nazi, aber...
Baier is ma ned so - Baier sei is a Lebenseinstellung
Mia glangt das i woas das i kennt wenn i woin dadat
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von Sören74 »

syna hat geschrieben:(22 Jul 2021, 20:33)

1. Die "Grundversorgung" muss neu definiert werden. Alles
was mainstream-tauglich ist, was reine Unterhaltung ist
(Tatort, Kochsendungen, Spielshows) und was Massensport
ist (Fußball, Olympia), darf nicht zur Grundversorgung
gehören.
Wenn Grundversorgung dadurch definiert wird, was durch "private" nicht abgedeckt wird, dann müsste man konsequenterweise auch die Grundversorgung bei Krankenkassen neu definieren. Dann dürften gesetzliche KK nicht mehr das anbieten, was schon private KK anbieten. Man könnte auch sagen, die Beförderung von Briefen gehört nicht mehr zur Grundversorgung, weil die auch durch private Postanbieter angeboten werden.
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von Sören74 »

Skeptiker hat geschrieben:(23 Jul 2021, 17:48)
Eine Grundversorgung sollte in meinen Augen die Defizite ausgleichen, die der Markt nicht abbildet - aus welchen Gründen auch immer.

Beispiel: Sagen wir mal es gäbe ein Gesetz zur Grundversorgung der Bürger mit Joghurt. Das kann man natürlich auf unterschiedliche Weise umsetzen.
1. Man stellt jedem Bürger morgens einen Sechserpack Joghurt ungefragt vor die Tür.
2. Man analysiert den Markt und gleicht die Warenverfügbarkeit mit den Zielen der Grundversorgung aus. Dort wo Defizite bestehen greift der Staat ein um die Grundversorgung mit Joghurt zu retten.
Man muss es gar nicht so abstrakt machen. Es gibt ja in einigen Bereichen gesetzlich beschriebene Grundversorgungen. Zum Beispiel bei der Übersendung von Briefen und Paketen. Das wird im PUDLV - Post-Universaldienstleistungsverordnung beschrieben. Die Deutsche Post AG muss eine gesetzlich geforderte Grundversorgung gewährleisten. Da könnte man auch sagen, brauchen wir doch nicht, es gibt auch Privat-Postanbieter, die Briefe und Pakete versenden.
Sören74

Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von Sören74 »

syna hat geschrieben:(23 Jul 2021, 20:32)

Und daraus folgen genau diese Forderungen: Keine Gelder für Promis wie Gottschalk oder
Till Schweiger oder millionenschwere Fußballprofis. Diese mit Zwangsgeldern zu finanzieren,
das ist einfach pervers! :mad:
Tja, der eine findet das pervers, der andere nicht. Deshalb gibt es in Demokratien definierte Gremien, die bei Meinungsunterschieden dann endgültig entscheiden müssen. Und das passiert beim ÖRR. :)
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von H2O »

Kritikaster hat geschrieben:(23 Jul 2021, 12:40)

Unfug. :rolleyes:

Natürlich darf sich jede/r wünschen, was sie/er möchte. Aussagen dergestalt wie etwa "muss neu definiert werden" oder etwas "darf nicht zur Grundversorgung gehören" sind jedoch so absolut formuliert, dass man dem die Rechtslage entgegen halten sollte, vielleicht sogar muss.

Es besteht nämlich genauso wenig ein "Muss" für das geforderte, wie es der Zustimmung einzelner UserINNEN für die Festlegung dessen bedarf, was Teil des Programmauftrags sein "darf". Derartige Dinge mit "sollte" oder "sollte nicht" anzusprechen, wäre die richtige Ausdrucksweise, um "Wünsche" zu äußern.
Mit "sollte" und "sollte nicht" müssen wir Wahlbürger wohl den Gesetzgeber ansprechen. Richter entscheiden nach Lage der Gesetze... Unsere sogenannten Volksparteien (>10%) sind aber zu tief in das bestehende Rundfunksystem eingebunden... der Drang zu Änderungen wird sich deshalb nicht so leicht durchsetzen lassen. Der Witz ist doch, daß die Rundfunkanstalten sich blitzschnell und auch gekonnt mit der technischen Entwicklung anfreunden konnten, daß sie ansonsten aber ihren Auftrag erfüllen, der ihnen so unter ganz anderen technischen Voraussetzungen gesetzlich erteilt worden war.

Aber aus meiner Sicht gibt es wichtigere Dinge, die der Gesetzgeber vordringlich auf die Reihe bringen muß: Energiewende, Katastrophenschutz, Siedlungswesen, Infrastruktur, Wasserwirtschaft. Vermutlich schon gar nicht mehr auf nationaler Ebene sinnvoll an zu gehen!
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tarkomed
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von tarkomed »

Skeptiker hat geschrieben:(23 Jul 2021, 17:48)

Da bin ich eben fundamental anderer Meinung.

Eine Grundversorgung sollte in meinen Augen die Defizite ausgleichen, die der Markt nicht abbildet - aus welchen Gründen auch immer.

Beispiel: Sagen wir mal es gäbe ein Gesetz zur Grundversorgung der Bürger mit Joghurt. Das kann man natürlich auf unterschiedliche Weise umsetzen.
1. Man stellt jedem Bürger morgens einen Sechserpack Joghurt ungefragt vor die Tür.
2. Man analysiert den Markt und gleicht die Warenverfügbarkeit mit den Zielen der Grundversorgung aus. Dort wo Defizite bestehen greift der Staat ein um die Grundversorgung mit Joghurt zu retten.

Beim Fernsehen - nicht etwa bei anderen Medien - hat man sich für Variante 1 entschieden. Es wäre aber absurd zu glauben, dass dies die einzig sinnvolle Interpretation von "Grundversorgung" ist - tatsächlich ist es ein staatlich garantiertes Programmproduktionssystem, mit dem sich super Geld machen lässt, und welches man viel besser kontrollieren kann, als private Anbieter. In Deutschland, einem Land in dem die Bürger traditionell marktskeptisch und staatsgläubig sind, ein WinWin für ÖR-Nutzniesser und Schäfchenbürger. Wer halt eher im Markt Vorteile sieht, der ist halt in Deutschland in einer Minderheit.
Blindes Marktvertrauen wäre aus meiner Sicht naiv. Der Markt deckt nur Bedürfnisse, die Profit versprechen und er richtet sich nicht nach den Interessen der Allgemeinheit, sondern nach seinen eigenen Interessen. Demokratie, Rechtstaatlichkeit, Gemeinwohl und ähnliche Werte sind für den Markt nur solange interessant, solange sie nicht mit seinen Interessen kollidieren.
Dein Beispiel mit dem Joghurt ist ein totaler Fehlgriff, denn es bezieht sich auf eine Grundversorgung, die nur einen Einheitsbrei zu bieten hat. Das gilt für totalitären Staaten, aber nicht für Deutschland. Um eine solche Grundversorgung zu bedienen, bräuchte der ÖRR nur eine Sendezeit von zwei bis drei Stunden auf den Tag verteilt.
Selbst in den Staatsmedien totalitärer Staaten wird neben der Staatspropaganda auch Unterhaltung angeboten, sonst kann man die Zielgruppe nicht erreichen.
Es geht um Informationsvielfalt im ÖRR, um die Bürger nicht den Rattenfängern zum Opfer werden zu lassen. Die Unterhaltung dient lediglich dazu, dass die Bürger das Interesse für den ÖRR nicht verlieren und sich dadurch nur noch aus dubiosen Quellen informieren. Dass das bei vielen bereits der Fall ist, sieht man auch hier.
Am Beispiel der Grundversorgung mit sauberem Trinkwasser in Deutschland kann man viel besser die Parallele zum ÖRR ziehen. Man überlässt es aus gutem Grund nicht dem freien Markt, denn es gibt Beispiele wie in den USA, die zeigen, dass das Wasser schnell zum Spekulationsobjekt wird und die Wasserversorgung und die Wasserqualität zum Spielball der Märkte.
https://www.daserste.de/information/pol ... t-100.html
Gib dich nicht so, dass alle andern dich für etwas halten, was du nicht sein willst.
Wenn sie es trotzdem tun, dann bist du es...
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syna
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von syna »

Syna hat geschrieben:
1. Die "Grundversorgung" muss neu definiert werden. Alles
was mainstream-tauglich ist, was reine Unterhaltung ist
(Tatort, Kochsendungen, Spielshows) und was Massensport
ist (Fußball, Olympia), darf nicht zur Grundversorgung
gehören.
Sören74 hat geschrieben:(23 Jul 2021, 23:19)

Wenn Grundversorgung dadurch definiert wird, was durch "private" nicht abgedeckt wird, dann müsste man konsequenterweise auch die Grundversorgung bei Krankenkassen neu definieren. Dann dürften gesetzliche KK nicht mehr das anbieten, was schon private KK anbieten. Man könnte auch sagen, die Beförderung von Briefen gehört nicht mehr zur Grundversorgung, weil die auch durch private Postanbieter angeboten werden.
Nun, das sind gute Argumente! Respekt! :thumbup:

Diese Argumente sind nicht so einfach vom Tisch zu wischen,
sie haben mich gezwungen, länger nachzudenken. ;)

In den angeführten Beispielen "Krankenkassen" und "Postbeförderung"
sind die Dinge komplizierter als auf den ersten Blick sichtbar.

-------------------------------------
1. K r a n k e n k a s s e n
-------------------------------------

Im Prinzip ist obiges Argument auch richtig: Eine staatliche
Krankenversorgung müsste all das abdecken, was "private"
nicht abdecken. Das würde bedeuten: Standard-Operationen,
die viel Geld einbringen und lukrativ sind, sind durch
private Versicherungen abgedeckt. Schwierige Operationen
und seltene Krankheiten werden von staatlichen oder gesetzl.
Versicherern beglichen.

Aus 2 Gründen geht das nicht:

1. Der Administrativer Aufwand wäre hoch: Der Patient
müsste ständig zwischen diesen Abrechnungsmodalitäten
hin- und herwechseln, zahlreiche Detail-Regelungen müssten
erdacht werden. Der Arzt muss bei jeder Diagnose und
Behandlung ständig entscheiden, in welchem "Abrechnungs-
Modus" er denn jetzt ist.

2. Wir haben ein gewachsenes Gesundheitssystem, in welchem
die Art der Versicherung ja nicht nach "Leistung" differenziert
ist (außer bei Zusatzversicherungen im Dentalbereich). Die
Versicherung ist stattdessen nach Personen differenziert: Die
einen sind gesetztl. versichert, die anderen privat. Dieses
"2-Klassenproblem" ist aber ein gesondertes Thema.

-----------------------------------------------------------------------------

Also das Prinzip "massentauglich lukrativ" --> privat" und
"selten aber wichtig --> staatlich" lässt sich nur schwer
übertragen auf das Gesundheitssystem, weil der bürokratische
Overhead immens anwachsen würde.

-------------------------------------
2. P o s t b e f ö r d e r u n g
-------------------------------------

Auch hier ist obiges Argument eigentlich gut: Die private
Postbeförderung deckt die urbanen Ballungsräume ab, denn
dort kann man effizient und kostendeckend arbeiten. Der
staatliche Beförderungsdienst deckt dagegen die entlegenen
ländlichen Gebiete ab.

Das ist unpraktibel, weil ein "staatlicher Beförderungsdienst",
also eine "abgespeckte Post" einerseits die letzte Meile
bedienen muss, um in die entlegenen Landesteile zu kommen.
Sie muss aber trotzdem auch die großen Strecken bedienen.

Beispiel: Um einen Brief von Oberammergau nach Westerborstel
zu befördern, sind folgende Teilstrecken zu absolvieren:

1. Oberammergau --> München entlegene Strecke
2. München --> Hamburg Hauptstrecke, machen auch die privaten
3. Hamburg --> Westerborstel entlegene Strecke

Hier macht die Trennung also keinen Sinn, weil der staatliche
Beförderungsdienst AUCH sowieso die mainstream-Strecken
zwischen den großen Städten abdecken müsste. Dann
kann sie also auch - ohne Zusatzaufwand - die lukrativen
Strecken bedienen.

-----------------------------------------------------------------------------

Wir sehen: Im Detail ist das Prinzip "massentauglich lukrativ" -->
privat" und "selten aber wichtig --> staatlich" auf das Gesund-
heitswesen und die Post kaum übertragbar.

-------------------------------------
Wie sieht es aber beim ÖRR aus?
-------------------------------------

Hier sehe ich keinen Hinderungsgrund: "Massentauglich" und
"selten aber wichtig" sind leicht trennbar, es gäbe keinen
administrativen Zusatzaufwand, und auch geografisch steht
dem nichts entgegen.

Deshalb wäre hier das Prinzip durchaus anwendbar - und es
hätte den riesengroßen Vorteil, dass ja gerade die extrem
teuren Inhalte (Tatort, Krimi, Sportübertragungsrechte) aus dem
ÖRR-Programm gekippt würden. Und die "seltenen, aber
wichtigen" Inhalte könnten mehr Fokus bekommen. :thumbup:
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Sören74

Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von Sören74 »

Hallo syna, freut mich estmal, dass mein Posting Dich zum Denken angeregt haben und Dich ausführlicher mit den genannten Beispielen auseinander gesetzt hast. :)
syna hat geschrieben:(29 Jul 2021, 09:13)

-------------------------------------
1. K r a n k e n k a s s e n
-------------------------------------

Im Prinzip ist obiges Argument auch richtig: Eine staatliche
Krankenversorgung müsste all das abdecken, was "private"
nicht abdecken. Das würde bedeuten: Standard-Operationen,
die viel Geld einbringen und lukrativ sind, sind durch
private Versicherungen abgedeckt. Schwierige Operationen
und seltene Krankheiten werden von staatlichen oder gesetzl.
Versicherern beglichen.

Aus 2 Gründen geht das nicht:

1. Der Administrativer Aufwand wäre hoch: Der Patient
müsste ständig zwischen diesen Abrechnungsmodalitäten
hin- und herwechseln, zahlreiche Detail-Regelungen müssten
erdacht werden. Der Arzt muss bei jeder Diagnose und
Behandlung ständig entscheiden, in welchem "Abrechnungs-
Modus" er denn jetzt ist.

2. Wir haben ein gewachsenes Gesundheitssystem, in welchem
die Art der Versicherung ja nicht nach "Leistung" differenziert
ist (außer bei Zusatzversicherungen im Dentalbereich). Die
Versicherung ist stattdessen nach Personen differenziert: Die
einen sind gesetztl. versichert, die anderen privat. Dieses
"2-Klassenproblem" ist aber ein gesondertes Thema.
Ja, das Grundproblem ist, wenn gesetzliche KK nur noch das abdecken sollen, was private KK nicht abdecken, wäre man als Patient gezwungen, eine private (oder mehrere) KK zu nutzen, um überhaupt die wesentlichen Leistungen zu bekommen.
syna hat geschrieben: -------------------------------------
2. P o s t b e f ö r d e r u n g
-------------------------------------

Auch hier ist obiges Argument eigentlich gut: Die private
Postbeförderung deckt die urbanen Ballungsräume ab, denn
dort kann man effizient und kostendeckend arbeiten. Der
staatliche Beförderungsdienst deckt dagegen die entlegenen
ländlichen Gebiete ab.
Da natürlich auch Zustimmung, schließlich hatte ich das Beispiel selbst gebracht. :)
syna hat geschrieben: -------------------------------------
Wie sieht es aber beim ÖRR aus?
-------------------------------------

Hier sehe ich keinen Hinderungsgrund: "Massentauglich" und
"selten aber wichtig" sind leicht trennbar, es gäbe keinen
administrativen Zusatzaufwand, und auch geografisch steht
dem nichts entgegen.

Deshalb wäre hier das Prinzip durchaus anwendbar - und es
hätte den riesengroßen Vorteil, dass ja gerade die extrem
teuren Inhalte (Tatort, Krimi, Sportübertragungsrechte) aus dem
ÖRR-Programm gekippt würden. Und die "seltenen, aber
wichtigen" Inhalte könnten mehr Fokus bekommen. :thumbup:
Ich möchte hier noch ein Argument nennen. Nicht jeder kann oder will Satellit oder Kabel oder Internet für den Fernsehempfang nutzen. Es bleibt dann nur der terrestrische Weg. Die analogen Sender sind weggefallen, heute gibt es DVB-T. Die technische Bandbreite ist zwar größer als früher, aber die Zahl der Sender trotzdem begrenzt. Man hätte also nicht das volle Angebot und ist dann froh, zumindest die ÖRR zu haben, die den Menschen die Grundversorgung anbieten.
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von BlueMonday »

So hat sich der Mensch gewandelt, viele Menschen zumindest. Und nicht zum Guten. Die längste Zeit waren die Menschen noch Anpasser, die sich bewegten, wenn es nötig wurde. Heute muss "grundversorgt" werden. Ran den den Staatstropf.

Nehmen wir allein eines der drängendsten Grundbdürfnisse: Trinkwasser. Was haben da die Menschen die längste Zeit getan? Sie haben sich bewegt - zum Wasser hin, sind dem Wasser gefolgt. Haben sich an den Flüssen angesiedelt.
Wer weiter weg vom Fluß leben wollte, musste selbst einen Kanal graben, eine Leitung legen oder einen Brunnen ausheben. Kurz: Man musste sich diese Extravaganz leisten können.

Und der heutige zunehmend staatsumsorgte Mensch? Wenn man den wundersam in irgendeine Pampa versetzen würde, würde der sich noch bewegen, zurücklaufen? Oder wurde er erwarten und darauf warten, dass man zu ihm ne lange Leitung legt und ihn mit allem "grundversorgt", gleichgültig, wie groß die Aufwände auch wären... Ist schließlich sein "Recht", sich nicht bewegen zu müssen und an Ort und Stelle versorgt zu werden.
Und selbst wenn es noch vereinzelt Menschen geben sollte, die das gar nicht wünschen, "grundversorgt" zu werden, die noch ihren eigenen Brunnen haben wollen, die zumindest wählen wollen, werden zwangsangeschlossen, ihnen die letzte Selbstständigkeit und Würde ausgetrieben.
ensure that citizens are informed that the vaccination is not mandatory and that no one is under political, social or other pressure to be vaccinated if they do not wish to do so;
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von tarkomed »

BlueMonday hat geschrieben:(29 Jul 2021, 15:09)

So hat sich der Mensch gewandelt, viele Menschen zumindest. Und nicht zum Guten. Die längste Zeit waren die Menschen noch Anpasser, die sich bewegten, wenn es nötig wurde. Heute muss "grundversorgt" werden. Ran den den Staatstropf.

Nehmen wir allein eines der drängendsten Grundbdürfnisse: Trinkwasser. Was haben da die Menschen die längste Zeit getan? Sie haben sich bewegt - zum Wasser hin, sind dem Wasser gefolgt. Haben sich an den Flüssen angesiedelt.
Wer weiter weg vom Fluß leben wollte, musste selbst einen Kanal graben, eine Leitung legen oder einen Brunnen ausheben. Kurz: Man musste sich diese Extravaganz leisten können.

Und der heutige zunehmend staatsumsorgte Mensch? Wenn man den wundersam in irgendeine Pampa versetzen würde, würde der sich noch bewegen, zurücklaufen? Oder wurde er erwarten und darauf warten, dass man zu ihm ne lange Leitung legt und ihn mit allem "grundversorgt", gleichgültig, wie groß die Aufwände auch wären... Ist schließlich sein "Recht", sich nicht bewegen zu müssen und an Ort und Stelle versorgt zu werden.
Und selbst wenn es noch vereinzelt Menschen geben sollte, die das gar nicht wünschen, "grundversorgt" zu werden, die noch ihren eigenen Brunnen haben wollen, die zumindest wählen wollen, werden zwangsangeschlossen, ihnen die letzte Selbstständigkeit und Würde ausgetrieben.
Genau so isses… Man zahlt heute seine Steuern, Seine Strom-, seine Wasserrechnung und seinen Rundfunkbeitrag und bekommt alles bequem ins Haus geliefert. Es gibt dann natürlich welche, die es wieder so haben wollen, wie es früher war. Tja, sie leben halt im falschen Land… :D
Ungarn ist nicht weit...
Gib dich nicht so, dass alle andern dich für etwas halten, was du nicht sein willst.
Wenn sie es trotzdem tun, dann bist du es...
Sören74

Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von Sören74 »

BlueMonday hat geschrieben:(29 Jul 2021, 15:09)

Und der heutige zunehmend staatsumsorgte Mensch? Wenn man den wundersam in irgendeine Pampa versetzen würde, würde der sich noch bewegen, zurücklaufen? Oder wurde er erwarten und darauf warten, dass man zu ihm ne lange Leitung legt und ihn mit allem "grundversorgt", gleichgültig, wie groß die Aufwände auch wären... Ist schließlich sein "Recht", sich nicht bewegen zu müssen und an Ort und Stelle versorgt zu werden.
Die Entwicklung, Rechte zu definieren und umzusetzen, gepaart mit einer "Faulheit" nicht mehr zum Fluss zu ziehen, sondern Leitungen vom Wasser in Richtung unserer Häuser zu bauen, egal wo die stehen, hat zum zivilisatorischen Fortschritt beigetragen. Und das ist auch gut so. :)
busse
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von busse »

tarkomed hat geschrieben:(29 Jul 2021, 16:20)

Genau so isses… Man zahlt heute seine Steuern, Seine Strom-, seine Wasserrechnung und seinen Rundfunkbeitrag und bekommt alles bequem ins Haus geliefert. Es gibt dann natürlich welche, die es wieder so haben wollen, wie es früher war. Tja, sie leben halt im falschen Land… :D
Ungarn ist nicht weit...
Noch nicht in Ungarn gewesen ?
busse
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von syna »

BlueMonday hat geschrieben:(29 Jul 2021, 15:09)

Und der heutige zunehmend staatsumsorgte Mensch? Wenn man den wundersam in irgendeine Pampa versetzen würde, ...
Nun, die Argumentation ist etwas schräg. Denn schließlich ist eine gewisse
"zivilisatorische Bequemlichkeit" wichtig, damit die Menschen Zeit für die
eigentlichen Dinge haben: Familie, Politik, Wissenschaft und Kunst. Statt ihre
Zeit mit Wasserholen zu vergeuden.

Hier verstehe ich unter "Grundversorgung des ÖRR" vor allem ein Korrektiv,
das gegen die Fake-Blasen im Internet antritt, das solide und recherchierte
Informationen anbietet, und das durch investigatives Vorgehen auch eine
Kontroll-Säule der Demokratie ist.

Unter diesem Aspekt ist die Grundversorgung also unverzichtbar als Bewahrer
von Zivilisation und Demokratie. Dazu gehört auch der Diskurs über Werte
und Gerechtigkeit.

Allerdings - gerade unter diesen wichtigen Gesichtspunkten - stören seichte
Unterhaltung und Kommerzsport doch sehr. Und an dieser Stelle hast Du mit
Deiner Kritik recht: Wir werden zwangsverpflichtet, teure Tatort-Drehs,
Tatortpromis (die sogar noch nuscheln) zu bezahlen. Und wir werden
gezwungen, druch Bietergefechte für Übertragungsrechte sogar millionen-
teuren Bundesligaprofis noch mehr Geld in den Hintern zu schieben. Und
das stimmt: Das schmerzt. Vor allem, wenn dieser Zwang unter dem
Deckmantel der "Grundversorgung" daherkommt. :s
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von syna »

H2O hat geschrieben:(24 Jul 2021, 08:06)
Aber aus meiner Sicht gibt es wichtigere Dinge, die der Gesetzgeber vordringlich auf die Reihe bringen muß: Energiewende, Katastrophenschutz, Siedlungswesen, Infrastruktur, Wasserwirtschaft. Vermutlich schon gar nicht mehr auf nationaler Ebene sinnvoll an zu gehen!
Hmmm .... also .... :mad2: :?: :mad: ... ja ...

mit dieser Argumentation könnte man aber jede politische Diskussion abwürgen.
Denn es wird immer aktuell etwas wichtigeres geben: Jetzt die Hochwasserflut-
geschädigten in Baden-Würtemberg, Rheinland Pfalz und NRW. Und natürlich
weitergehend deren Ursachen.

Aber das würde bedeuten, dass man alle anderen Probleme und Schrägheiten
in der Gesellschaft niemals angehen würde - denn es gibt ja "immer Wichtigeres". :rolleyes:
Auf lange Sicht werden diese "unwichtigen" vermeintlich kleinen Dinge
aber fatal, wenn wir sie ständig ausblenden.

Wenn es um den Diskurs in unsere Gesellschaft geht, und Nachrichten und
Identitäten, Gerechtigkeit und Demokratie, dann kommt den Medien allgemein
viel Bedeutung zu. Und dazu gehört insbesondere der ÖRR. ;)

Wenn wir über Gerechtigkeit reden - und das müssen wir eigentlich immer -
dann müssen wir auch sowas wie "absolute Abgaben pro Kopf oder Haushalt"
betrachten. Und auch da sind wir wieder beim ÖRR. ;)
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Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von H2O »

Nun, der Druck auf eine Gesellschaft, doch bitte Dinge zu ändern, läßt sich leider nicht auf alle Themen in gleicher Weise aufbauen. Wenn die Hütte brennt, dann überlege ich jedenfalls nicht, ob ich mir zur Hochzeit meiner Tochter einen Smoking machen lasse. Das Thema ist ja nicht weg; es wird nur verdeckt von anderen Notwendigkeiten.
Skeptiker

Re: ÖRR - struktureller Reformbedarf

Beitrag von Skeptiker »

Es geht um 86 Cent
Bundesverfassungsgericht hebt den Rundfunkbeitrag vorläufig auf 18,36 Euro an
...
Das Bundesverfassungsgericht hat die von Sachsen-Anhalt blockierte Erhöhung des Rundfunkbeitrags vorläufig in Kraft gesetzt. Das Bundesland habe die im Grundgesetz gesicherte Rundfunkfreiheit verletzt, weil es dem vereinbarten Staatsvertrag nicht zugestimmt habe, entschied das Karlsruher Gericht nach Angaben vom Donnerstag.
...
https://www.focus.de/politik/deutschlan ... 60391.html

Nun, das BVG sieht die Rundfunkfreiheit eingeschränkt, wenn ein Bundesland sein Recht wahrnimmt einer Gebührenerhöhung zuzustimmen.

Könnte mir dann bitte mal jemand erklären, warum die überhaupt zustimmen müssen? Ist das so eine DDR-Sache, dass alle in einem Kasperletheater Zustimmung heucheln müssen, damit der Anschein von Kontrolle gewahrt ist?

Vielleicht sollte als Teil einer Reform die Systematik der Kostenkontrolle überdacht werden, auf eine Art und Weise, dass vorgesehene Kontrollmechanismen von den zuständigen Institutionen auch wahrgenommen werden können, ohne dass das BVG deren Entscheidung wieder kassieren muss.
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