https://www.stern.de/familie/kinder/mic ... 28324.htmlJugendliche Schüler sind auf dem Niveau von Kleinkindern, Studienabsolventen brauchen Nachhilfe in Deutsch sowie in Mathe. Michael Winterhoff glaubt: "Deutschland verdummt" und schrieb ein Buch darüber.
Den Kindern fehle soziale Kompetenz, in Jobs sind das die sogenannten Soft Skills. Ein Gespür für Situation, das Setzen von Prioritäten, das Erkennen von Handlungsbedarf – Fehlanzeige. Auf 50 Prozent der Kinder trifft das heute zu, sagt der 64-Jährige. Und er führt diese Entwicklung nicht auf mangelnde Erziehung zurück, sondern auf die fehlende "erworbene Intelligenz".
Und das liege daran, dass Kindern ein Gegenüber fehle, eine menschliche Person, mit der sie sich auseinandersetzen. Das Bildungswesen habe sich in die falsche Richtung entwickelt: autonomes Lernen (Kinder erarbeiten sich alles alleine), individuelles Lernen (Kinder entscheiden, auf welchem Niveau sie lernen) und Lehrer und Erzieher, die ihrem eigentlichen Beruf gar nicht mehr nachgehen, sondern nur noch sogenannte Lernbegleiter sind.
Nehmen wir einen Kindergarten, zum Beispiel einen, der gerade mit dem Deutschen Kita-Preis prämiert wurde. Dort herrscht die Vorstellung vor, dass wir Angebote machen, Themenräume, Toberaum, Bastelraum, Café, vielleicht Theaterraum, Matschraum und die Kinder sich in diesen Räumen bewegen und sich das aussuchen, was sie interessiert. Es gibt Kindergärten, da müssen sich die Kinder einloggen, in welchen Raum sie gehen, umloggen, wenn sie in einen anderen gehen. Es ist gewollt, dass die Kinder auf sich gestellt sind. Ich bin Tiefenpsychologe, Analytiker, die Persönlichkeitsentwicklung ist ja eine Wissenschaft. Die emotionale, soziale Psyche ist ein Teil unseres Gehirns, da gibt es einen Hirnreifungsprozess. Und das Entscheidende dafür ist die Bindung, die Orientierung des Kindes am Gegenüber. Wenn die fehlt, kann sich diese Psyche nicht bilden.
Wenn ich früher einen Fünfjährigen gefragt habe: "Was machst du gern im Kindergarten?", hat er gestrahlt und erzählt, was er da spielt. Wenn ich gefragt habe mit wem, hatte er die Namen der Kinder präsent. Er hat es mir so erzählen können, dass ich mir etwas darunter vorstellen konnte und er war im Affekt. Das heißt, wenn ich nach Freunden gefragt habe, war das Gefühl, dass das Kind dabei hatte, im Raum. Wenn man heute einen Fünfjährigen fragt, was er gerne im Kindergarten macht, dann kommt häufig die Antwort: "Weiß ich nicht." Wenn ich dann nachfrage, was man dort machen kann, tun manche Kinder so, als müssten sie lange nachdenken oder sie müssen vielleicht auch lange nachdenken. Dann kommt irgendwas wie: mit Autos spielen. Die Antworten sind ohne Affekt. Wenn ich nach den anderen Kindern frage, wissen viele gar nicht die Namen von denen, mit denen sie spielen. Sie nehmen nur sich wahr. Sie stehen auf einer Entwicklungsstufe von 10 bis 16 Lebensmonaten, das ist ein Abschnitt, wo man nur sich sieht und gar nicht erkennt, dass es ein Gegenüber gibt
Bei Jugendlichen gibt es ähnliche Veränderungen?
Ein Beispiel: Ein 15-Jähriger aus Berlin, top erzogen, ausgezeichneter Schüler am Gymnasium, beschimpft seine Mutter mit den übelsten Schimpfworten, wenn er seinen Willen nicht kriegt. An einem Sonntagmorgen bricht er in einem Baumarkt ein, um eine Kettensäge zu klauen, und nimmt noch seinen elfjährigen Bruder mit. Warum? Weil der Motor seines Carts kaputt war und der einer Kettensäge sich als Ersatz eignet. Er schneidet also den Drahtzaun auf und wundert sich, dass fünf Minuten später die Polizei dasteht. Wobei alles voller Kameras und Alarmanlagen ist. Dass man am helllichten Tag gesehen werden könnte und jemand die Polizei ruft, begreift er nicht. Dass der Aufwand in keinem Verhältnis zum Ergebnis steht und dass er seinen kleinen Bruder da mit hineingezogen hat, auch nicht. Er kann einfachste Zusammenhänge nicht erkennen. Und als er vor mir saß, wusste er nicht, was er hier sollte. Und das erklärt sich nur über den Reifegrad in der emotionalen sozialen Intelligenz eines Kleinkindes. Und das ist das, was die Betriebe heute zu Recht sagen, wenn sie Praktikanten anstellen oder Auszubildende: Sie haben keine Arbeitshaltung, die sehen auch die Arbeit nicht, die haben keinen Sinn für Pünktlichkeit, erkennen Strukturen und Abläufe in der Firma nicht, sie können nicht priorisieren, nicht feststellen, welcher Reiz wichtig ist. Das Handy ist ihnen wichtiger als der Kunde, der vor ihnen steht.
Wie seht Ihr die Entwicklung - wie sollte es weitergehen ? Wie sieht so die ZUKUNFT aus ?
Die falsche Lehrpolitik lässt die Bevölkerung degenerieren ?