Emin hat geschrieben:(02 Jul 2019, 17:51)
Üblicherweise werden Nationen in zwei Varianten geteilt, die "Willensnation" (bspw. die USA) und "Kulturnationen" (bspw. Deutschland). Daneben gibt es aber auch noch das Element der biologischen bzw. rassischen Zugehörigkeit, was bei beiden eine Rolle spielt. Das finde ich in Deutschland für europäische Verhältnisse vergleichsweise stark ausgeprägt. Bei Schwarzen ziehen dann aber so ziemlich alle europäischen Nationen die Linie, was nicht mehr dazugehören kann.
Grundsätzlich ist die Nation aber nie ein fester Begriff, ich kenne auch Deutsche, die sagen, Österreich gehört eigentlich auch zu Deutschland.
Im Wikipedia-Artikel zu "Nation" wird von vier Typen gesprochen:
Der Soziologe M. Rainer Lepsius unterscheidet in seiner 1982 vorgelegten Typologie der Struktureigenschaften und Funktionsbedeutungen der jeweiligen Vorstellung von Nation vier Typen: Die Volksnation, die sich als ethnische Abstammungsgemeinschaft imaginiert, die Kulturnation (im Anschluss an Meinecke), die Staatsbürgernation, die sich (wie zum Beispiel die Vereinigten Staaten von Amerika) über die individuellen staatsbürgerlichen Gleichheitsrechte und die demokratischen Verfahren der Herrschaftslegitimation definiert, sowie schließlich die Klassennation, in der die Zugehörigkeit zur marxistisch verstandenen sozialen Klasse ausschlaggebend für die Zugehörigkeit zur nationalen Gemeinschaft ist. Als Beispiel für letzteres nennt er die DDR.
Und die staatsrechtliche Seite in Deutschland sähe so aus:
Das Recht der Bundesrepublik Deutschland wählt für seine Staatsbürger eine Mischform zwischen Staatsangehörigkeitsprinzip und Volkszugehörigkeitsprinzip.
Ja, ich weiß ... wikipedia ist nicht zwangsläufig maßgeblich und präsentiert auch häufig nur eine von mehreren Sichtweisen.
Aber zum eigentlichen Themenaufhänger. Die "Kulturbrauerei" in Berlin gehört mittlerweile einem amerikanischen Investmentfond, der "Pfefferberg" einem chinesischen. Beides ehemalige Brauereigelände, die im Laufe der Zeit bezüglich ihrer Nutzung mehrfach und vielfältig überformt wurden. Im Kino auf dem Gelände laufen zu großen Teilen amerikanische Mainstream-Cinema-Filme. In den Konzertsälen britisch-amerikanisch geprägte Rock- und Jazzmusik oder auch mal Balkanmusik. So. Geht jetzt "deutsche Kultur" verloren? Kultur befindet sich ständig in einem Prozess der Überformungen. Kultur ist tot, wenn sie nicht überformt wird. Das war aber schon immer so.
Nach wie vor bin ich der Meinung, dass Sprache und Literatur hier allerdings in mehrfacher Hinsicht eine Sonderrolle einnimmt. Hier wird zwar auch ständig überformt, aber die History bleibt bestehen und ist nachvollziehbar. Ich kann den Originaltext eines Kafka-Romans jederzeit original nachlesen. Erstens. Und nicht nur meine Erinnerungen sondern mein ganzes Denken ist von meiner Muttersprache geprägt.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)