Was ist links ...

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Narrative

Was ist links ...

Beitrag von Narrative »

Mir sei erlaubt eine Frage in den öffentlichen Raum zu stellen.

Was sind die Unterscheidungsmerkmale resp. die grundlegenden Prädikate einer linken "Haltung"?

Mir ist hierbei natürlich bewusst, das in einer komplexen Gesellschaft diese metrischen Zuschreibungsformeln sich in actu oft verwischen und die Linien verschwimmen können.
"Dass etwas rechts oder links sei, konservativ oder progressiv, enthält immer weniger Informationswerte. (...) Es hängt damit zusammen, dass die gewohnten Beschreibungschiffren, mit denen sich unsere Gesellschaft öffentlich selbst beschreibt, offenbar nicht mehr das treffen, worum es geht (...)." (Armin Nassehi).

Aber im politischen Beschreibungsrahmen und in der politischen Auseinandersetzung sind solche Narrative und Formate wiederum Abgrenzungs- und Deutungsbögen - deshalb meine Frage. :?: :?:
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DarkLightbringer
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Re: Was ist links ...

Beitrag von DarkLightbringer »

Natürlich muss die Frage erlaubt sein und möglicherweise gibt es dazu auch ein paar besonders Berufene, die dazu etwas sagen könnten.

Robert Habeck sagt, "links" sei heute ein leerer Ort.

Aus einem älteren Interview:
Einfach nur Patriot sein, das ist zu belastet. Und einfach nur Linker sein geht auch nicht mehr, weil man nicht weiß, was das sein soll und der Begriff objektiv seinen Sinn verloren hat. Aber die Mitte zwischen beiden funktioniert, das ist der Ort, an dem ich mich politisch zu Hause fühle.
https://www.welt.de/kultur/literarische ... hland.html

Macron geht ja in eine ähnliche Richtung. Manche sagen auch, heute würde man vorwiegend zwischen liberal und illiberal unterscheiden.
>>We’ll always have Paris<<
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Progressiver
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Progressiver »

Der Kampf für soziale Gerechtigkeit wird immer links sein. Die neoliberalen Eliten wollen vor allem die multinationalen Konzerne pampern und gewähren ihnen eine Steuererleichterung nach der anderen. Und dies, obwohl kriminelle Banden nachweislich mit ihren Cum-Cum oder Cum-Ex-Geschichten oder ganz einfach durch Steuerflucht der Allgemeinheit schaden. Alleine in Europa gehen jährlich zig Milliarden an Steuern verloren, die man besser in Krankenhäuser, das Schulsystem, bezahlbaren Wohnraum etc. etc. stecken könnte. Aber nein: Unsere Regierungen verzichten lieber völlig auf das Geld und lassen lieber Sozialhilfeempfänger oder Niedriglöhner bluten, um dadurch etwas Geld einzusparen. Links zu sein, bedeutet, gegen die systemimmanente Ungerechtigkeit des Kapitalismus anzukämpfen. Nur wer tot ist, leistet keinen Widerstand.

Links zu sein bedeutet aber auch, die Blendgranaten beispielsweise der AfD zu ignorieren. Die derzeitige gesellschaftliche Konfliktlinie geht ja nicht zwischen innen und außen in einem Staat. Nein, weltweit sehen es die Regierungen als ihr Ziel an, für die Reichen die Steuern zu senken. Die sinkende Kaufkraft der Mehrheit der Bevölkerung wird bei denen aber nicht thematisiert. Entgegen aller Beteuerungen sehe ich die Unionsparteien immer noch als Obrigkeitsparteien, die gegen Freiheit, Gleichheit und Solidarität stehen. Wer die AfD wählt, ist selber Schuld. Gegen diese nationalen Spalter und neoliberalen Fanatiker sieht selbst die FDP wie ein kommunistischer Kampfverband aus.

Wenn Robert Habeck wiederum links als leeren Ort bezeichnet, dann kommt mir das vor, als ob die Grünen mittlerweile ein wohlstandsverwöhnter Haufen sind, die lieber mit der CDU ins Bett gehen als sich der sozialen Frage in diesem Land zu stellen. Nebenbei gesagt waren die Ökologie und der Pazifismus auch immer linke Themen. Dass die heutigen Grünen von beiden nichts mehr wissen wollen und lieber zum Lieblingen irgendwelcher Wirtschaftskonzerne avancieren wollen, zeigt mir nur, dass sie ihre Wurzeln verraten haben.

Macron wiederum hat gar nichts begriffen. Die Losungen der ersten Französischen Revolution lauteten Freiheit und Gleichheit und Brüderlichkeit. Links zu sein bedeutet, diese Einzelaspekte nicht gegeneinander auszuspielen. Natürlich gibt es unter den rechten Populisten Illiberale. Als links gerichteter Mensch sollte man aber klar machen, dass die drei Aspekte nur miteinander möglich sind. Freiheit sollte zum Beispiel für alle gleichermaßen da sein. Dafür braucht es dann auch einen funktionierenden Sozialstaat. Wenn jemand für seine sozialen Rechte auf die Straße geht, dem sollte also nicht gleich ein Hang zum Illiberalismus nachgesagt werden. Die Protestierenden in Frankreich und Belgien derzeit wollen ja nur mehr Gerechtigkeit. Wer dagegen den Mächtigen das Wort redet, kann nur für die inoffizielle, aber faktische Diktatur der Finanzmärkte sein. Und dies ist weder freiheitlich noch links.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Uffhausen »

Narrative hat geschrieben:(25 Nov 2018, 18:52)
Was sind die Unterscheidungsmerkmale resp. die grundlegenden Prädikate einer linken "Haltung"?
Ich kann dir nur von meinen persönlichen - also nicht allgemein gültigen! - Erfahrungen berichten:

Ich interpretiere mittlerweile als Unterschied, dass Links sich eher um Minderheiten sorgt, während Rechts eher an Mehrheiten interessiert ist.

Mehr eindeutige Unterschiede konnte ich bislang nicht erkennen, ansonsten verhalten sich Links und Rechts mMn nämlich herzlich identisch - sie neigen beide zum Populismus (=eigene Realität steht über tatsächlicher Realität), sie machen beide Angstpolitik (Links bspw. Rassismus/Rechts bspw. Überfremdung) und sie haben beide Probleme mit der Demokratie (quasi "Null-Toleranz" gegenüber Andersdenkenden).
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Fliege
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Fliege »

Progressiver hat geschrieben:(25 Nov 2018, 20:38)
Die neoliberalen Eliten wollen [...]
Links zu sein, bedeutet, gegen die systemimmanente Ungerechtigkeit des Kapitalismus anzukämpfen.
Kapitalismus ist allerdings liberal und nicht rechts, weswegen die Pointe gegen rechts fehlt.
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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Progressiver
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Progressiver »

Die Kapitalisten haben sich mit dem Neoliberalismus eine Herrschaftsideologie geschaffen, mit denen sie große Teile der Bevölkerung ausbeuten können. Quasi "Teile und herrsche". Links zu sein bedeutet, gegen die herrschenden Verhältnisse und ihre Verursacher aufzustehen, um eine andere, egalitärere Gesellschaft zu schaffen. Es sollte aber auch klar sein, dass nicht nur die Ausbeuter Freiheiten haben sollten, sondern auch die Masse der Bevölkerung. Links steht in meinen Augen für "links unten". Der Kapitalismus ist dagegen eine Ideologie, die weiter rechts davon steht. Also für "rechts oben". Die Rechtsradikalen wollen diesen Konflikt nicht lösen, sondern mit Blendgranaten a la armer HartzIV-ler gegen armer Billiglöhner die Leute spalten. Und da wird jetzt im Moment lieber gegen Flüchtlinge gehetzt, anstatt generell zu fordern, dass auch reiche und superreiche Leute ihren Beitrag zur Gemeinschaft leisten mögen.

Odfer um es anders zu sagen: Wenn ein Reicher 90 Prozent eines Kuchens bekommt, wird nicht das thematisiert. Sondern es wird dafür gesorgt, dass HartzIV-ler, deutsche Niedriglöhner und auch Flüchtlinge gegeneinander aufgestachelt werden, weil von den restlichen 10 Prozent des Kuchens einer der drei Parteien mehr bekommen könnte. Links zu sein bedeutet also, grundlegendere Fragestellungen zuzulassen. Rechte dagegen argumentieren mit Argumenten von anno dazumal.

Ein Beispiel hierfür ist die Einstellung zur Globalisierung. Die Rechten sind Antiglobalisierer und wollen sich am liebsten einmauern. Die nicht so ganz rechten Kapitalisten wollen den freien Kapital- und Warenverkehr. Linke Positionen sind dagegen globalisierungskritisch. Als links orientierter Mensch weiß ich zum Beispiel, dass die Globalisierung nicht aufzuhalten ist. Viele Probleme wie beispielsweise die Migrationsfrage oder der Klimawandel oder die internationale soziale Frage lassen sich nur auf europäischer Ebene lösen. Oder aber die ganze Menschheit muss zusammenarbeiten, damit die Erde als Ökosystem nicht kollabiert. Ich finde es auch erstaunlich, dass jeden Tag Billionen von Geld um den Globus transferiert wird. Gleichzeitig geben die Staatschefs einem zu verstehen, dass kein Geld für die Nichtmillionäre und Nichtmilliardäre vorhanden ist. Die Rechten wollen da nur den Sozialneid unter den Armen befeuern, weil vielleicht ein Flüchtling oder ein HartzIV-Empfänger sich ein Handy kaufen können, während der Neidriglöhner dies vielleicht nicht kann. Dies löst aber kein Problem. Ebenso wenig wie die Leugnung des menschengemachten Klimawandels durch rechte Gruppierungen.
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BlueMonday
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Re: Was ist links ...

Beitrag von BlueMonday »

Mal eine erfrischendere Definition: "Rechts steht für Persönlichkeit, Vertikalität, Transzendenz, Freiheit, Subsidiarität und Vielfalt, links steht für Kollektivismus, Horizontalismus, Materialismus, Gleichheit-Nämlichkeit, Zentralismus und Einfalt (in beiden Sinnen des Wortes)."
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Stoner »

Progressiver hat geschrieben:(25 Nov 2018, 20:38)

Nebenbei gesagt waren die Ökologie und der Pazifismus auch immer linke Themen.
Was die Ökologie angeht, hilft ein Blick in die Geschichte.

https://www.heise.de/tp/features/Wie-gr ... 93291.html

Tauchen Sie mal ein bisschen in die konservative Heimatwelt der Weimarer Republik, schauen Sie sich Biografien wie die von Waldemar Bonsels an oder die des nachpolitischen Friedrich Georg Jünger (schon mal "Die Perfektion der Technik" gelesen?). Ökologie war einmal Heimat und Schutz und Bewahrung der Heimat, teilweise auch Technikfeindlichkeit, die mit den Grünen salonfähig wurde. Also mindestens Ökologie war nicht immer ein linkes Thema, wie Sie behaupten. Eher im Gegenteil, wer sich die Ideologie der UdSSR ansieht und die Umweltverheerungen dort.
Narrative

Re: Was ist links ...

Beitrag von Narrative »

"Rechts steht für Persönlichkeit, Vertikalität, Transzendenz, Freiheit, Subsidiarität und Vielfalt, links steht für Kollektivismus, Horizontalismus, Materialismus, Gleichheit-Nämlichkeit, Zentralismus und Einfalt (in beiden Sinnen des Wortes)."
Erik von Kuehnelt-Leddihn
Nun in gewisser Weise ist dieses Zuschreibungsgestammel eines rechtskonservativen und wie er sich selbst bezeichnete rechtsradikalen Liberalen Österreichers dann doch schon erfrischend lächerlich.
Die einzelnen Verwirrungen und Verirrungen zu entknoten möchte ich mir nicht die Mühe machen, das wäre angesichts dieser mentalen Verzirkelung des Zitatiers wenig erfrischend.
Stoner

Re: Was ist links ...

Beitrag von Stoner »

Narrative hat geschrieben:(26 Nov 2018, 08:48)

Nun in gewisser Weise ist dieses Zuschreibungsgestammel eines rechtskonservativen und wie er sich selbst bezeichnete rechtsradikalen Liberalen Österreichers dann doch schon erfrischend lächerlich.
Die einzelnen Verwirrungen und Verirrungen zu entknoten möchte ich mir nicht die Mühe machen, das wäre angesichts dieser mentalen Verzirkelung des Zitatiers wenig erfrischend.
Nun, es scheint doch sehr zu schmerzen. Und gemessen am geistreichen Zitat fällt die Antwort doch ein wenig ab. Man sollte jedem Argument mindestens ein gleichwertiges entgegensetzen, wie das bei den Skeptikern heißt.
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Ein Terraner
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Ein Terraner »

MäckIntaier hat geschrieben:(26 Nov 2018, 08:53)

Und gemessen am geistreichen Zitat
Ist Eigenlob für dich geistreich ?
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JJazzGold
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Re: Was ist links ...

Beitrag von JJazzGold »

Narrative hat geschrieben:(25 Nov 2018, 18:52)

Mir sei erlaubt eine Frage in den öffentlichen Raum zu stellen.

Was sind die Unterscheidungsmerkmale resp. die grundlegenden Prädikate einer linken "Haltung"?

Mir ist hierbei natürlich bewusst, das in einer komplexen Gesellschaft diese metrischen Zuschreibungsformeln sich in actu oft verwischen und die Linien verschwimmen können.
"Dass etwas rechts oder links sei, konservativ oder progressiv, enthält immer weniger Informationswerte. (...) Es hängt damit zusammen, dass die gewohnten Beschreibungschiffren, mit denen sich unsere Gesellschaft öffentlich selbst beschreibt, offenbar nicht mehr das treffen, worum es geht (...)." (Armin Nassehi).

Aber im politischen Beschreibungsrahmen und in der politischen Auseinandersetzung sind solche Narrative und Formate wiederum Abgrenzungs- und Deutungsbögen - deshalb meine Frage. :?: :?:

Links ist das was Geld kostet, liberal ist das was das Geld produziert und konservativ ist das was die Kasse verwaltet.
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
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odiug

Re: Was ist links ...

Beitrag von odiug »

Ein Terraner hat geschrieben:(26 Nov 2018, 09:15)

Ist Eigenlob für dich geistreich ?
Das ist halt auch rechts ... siehe Trump :p
odiug

Re: Was ist links ...

Beitrag von odiug »

JJazzGold hat geschrieben:(26 Nov 2018, 09:23)

Links ist das was Geld kostet, liberal ist das was das Geld produziert und konservativ ist das was die Kasse verwaltet.
Links: Siehe Rot Grün und die Reform des Arbeitsmarkts.
Liberal: Siehe Bankenkrise und Rettungsschirme.
Rechts: Siehe Schäuble, AfD und schwarze Kassen.
Stoner

Re: Was ist links ...

Beitrag von Stoner »

Ein Terraner hat geschrieben:(26 Nov 2018, 09:15)

Ist Eigenlob für dich geistreich ?
Warum soll Eigenlob nicht geistreich sein können? Hängt das Geistreiche daran, über wen man spricht? Oder ist das nur eine Neidfrage, weil "der Linke" das nicht kann?

Ich füge mal eine Antwort hinzu auf die Frage "Was ist links" (auch): Völlige Humorlosigkeit. Säkularer Pietismus und/oder Calvinismus.
Zuletzt geändert von Stoner am Mo 26. Nov 2018, 10:10, insgesamt 1-mal geändert.
Narrative

Re: Was ist links ...

Beitrag von Narrative »

Nun, es scheint doch sehr zu schmerzen.
Angesichts dessen, das in meiner Familie der jüdische Teil bis auf eine Person in der Schoa ausgelöscht wurde, schmerzt es mich tatsächlich das heute wieder rechtes Gedankengut und eine Verharmlosung des unvorstellbaren Grauens als "Vogelschiss" einen gesellschaftlichen Vorlaut erhalten hat. Ja, das schmerzt mich!
Stoner

Re: Was ist links ...

Beitrag von Stoner »

Narrative hat geschrieben:(26 Nov 2018, 09:33)

Angesichts dessen, das in meiner Familie der jüdische Teil bis auf eine Person in der Schoa ausgelöscht wurde, schmerzt es mich tatsächlich das heute wieder rechtes Gedankengut und eine Verharmlosung des unvorstellbaren Grauens als "Vogelschiss" einen gesellschaftlichen Vorlaut erhalten hat. Ja, das schmerzt mich!
Ihre persönliche Geschichte bzw. die Ihrer Familie bedaure ich.
Doch Sie haben gefragt: Was ist links? und darauf Antworten erhalten.
Wenn Sie wissen wollen, "Was ist rechts?" dann müssen Sie so fragen. Aber dass "links sein" automatisch positiv sein muss, weil "rechts sein" automatisch Völkermord ist, da kann ich nicht mitgehen.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Fuerst_48 »

MäckIntaier hat geschrieben:(26 Nov 2018, 09:44)

Ihre persönliche Geschichte bzw. die Ihrer Familie bedaure ich.
Doch Sie haben gefragt: Was ist links? und darauf Antworten erhalten.
Wenn Sie wissen wollen, "Was ist rechts?" dann müssen Sie so fragen. Aber dass "links sein" automatisch positiv sein muss, weil "rechts sein" automatisch Völkermord ist, da kann ich nicht mitgehen.
Man kann an sich nur an Taten messen bzw. bewerten. und für mich haben da extreme LINKE wie auch extreme RECHTE Systeme mehr als genug Dreck am Stecken. weltweit und von der Vergangenheit bis in die Gegenwart.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Ein Terraner »

MäckIntaier hat geschrieben:(26 Nov 2018, 09:33)

Warum soll Eigenlob nicht geistreich sein können? Hängt das Geistreiche daran, über wen man spricht? Oder ist das nur eine Neidfrage, weil "der Linke" das nicht kann?

Ich füge mal eine Antwort hinzu auf die Frage "Was ist links" (auch): Völlige Humorlosigkeit. Säkularer Pietismus und/oder Calvinismus.
Oh, ich bin mir sicher das auch der Linke es bei völliger Humorlosigkeit schaffen wird das eigene Lager als überragend darzustellen und das gegnerische als kacke.
Stoner

Re: Was ist links ...

Beitrag von Stoner »

Ein Terraner hat geschrieben:(26 Nov 2018, 10:52)

Oh, ich bin mir sicher das auch der Linke es bei völliger Humorlosigkeit schaffen wird das eigene Lager als überragend darzustellen und das gegnerische andere als kacke.
Ja, das ist ja das, was man mit "links" oft verbindet. Da wäre selbst in dem Falle, in dem das Geistreiche im Vermögen läge, nichts Geistreiches nötig. Genau deshalb kommt "links" so rüber, wie es rüberkommt.
Hermann Hesse schrieb einmal, es sei viel einfacher, geistreich zu kritisieren als geistreich zu loben. Man müsste ergänzen: Manche können beides nicht, das nennt man dann das "linke Urteilen".
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Ein Terraner
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Ein Terraner »

MäckIntaier hat geschrieben:(26 Nov 2018, 10:57)

Ja, das ist ja das, was man mit "links" oft verbindet. Da wäre selbst in dem Falle, in dem das Geistreiche im Vermögen läge, nichts Geistreiches nötig. Genau deshalb kommt "links" so rüber, wie es rüberkommt.
Hermann Hesse schrieb einmal, es sei viel einfacher, geistreich zu kritisieren als geistreich zu loben. Man müsste ergänzen: Manche können beides nicht, das nennt man dann das "linke Urteilen".
Das ist jetzt ein schönes Beispiel für "die anderen sind kacke"
Stoner

Re: Was ist links ...

Beitrag von Stoner »

Ein Terraner hat geschrieben:(26 Nov 2018, 11:27)

Das ist jetzt ein schönes Beispiel für "die anderen sind kacke"
Jeder, der nicht ich ist, ist ja der andere, der bekanntlich immer die Hölle ist. Und es wurde explizit nach "Was ist links" gefragt, mehr sollte nicht beantwortet werden. Es fiele einem sicher auch Geistreiches zur Rechten oder zur Mitte ein. Was einen dann natürlich schon einmal fürs Linkssein disqualifizieren würde. Sonst wäre es ja nicht geistreich.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von ThorsHamar »

"Links" ist eine quasi-religiöse, pubertäre Oppositionsphase, die so gut wie alle Menschen durchlaufen und welche die meisten aller Menschen mit dem Erwachsenwerden, also mit der Bewusstheit eigener Verantwortung im Leben, wieder ablegen.
Die, die das nichts schaffen, bleiben dann halt Berufs-Loser ....
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Selina
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Selina »

Narrative hat geschrieben:(26 Nov 2018, 09:33)

Angesichts dessen, das in meiner Familie der jüdische Teil bis auf eine Person in der Schoa ausgelöscht wurde, schmerzt es mich tatsächlich das heute wieder rechtes Gedankengut und eine Verharmlosung des unvorstellbaren Grauens als "Vogelschiss" einen gesellschaftlichen Vorlaut erhalten hat. Ja, das schmerzt mich!
Ja, das schmerzt auch mich. Schlimm, mit anzuschauen, mit welcher Dreistigkeit und Großspurigkeit sich schon wieder Rechtsradikale und Rechtsextremisten der Parlamente und der Straßen bemächtigen. Schlimm auch, wie wenig Widerspruch diese Leute in einigen Regionen das Landes erfahren und wie stark auch bereits die gesellschaftliche Mitte von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus angesteckt worden ist. Ich glaube auch, etwas Wirksames gegen das Erstarken der Neuen Rechten (AfD, Identitäre, Teile der Reichsbürger und der Burschenschaften) zu tun, sollte ein Anliegen aller demokratischen Kräfte sein. Ich halte diesen Rechtsruck im Land und in Europa nicht für einen einfachen Rechts-Links-Konflikt, sondern für eine Erscheinung, die Vertreter und Anhänger aller politischen Richtungen erfasst. In unterschiedlichem Ausmaß natürlich. Das sieht man auch, wenn man sich die Wanderbewegung der Wähler Richtung AfD anschaut. Alle Parteien haben an die rechtsradikale AfD Wähler verloren. Daher müsste eine wirksame Gegenbewegung auch genau aus allen diesen politischen Richtungen kommen und nicht nur von Seiten der liberalen Linken.

Und zur Thread-Frage (obwohl ein Teil der Antwort auch schon im darüber Gesagten zu finden ist): Linkssein steht für Internationalismus, rechtliche und soziale Gleichheit der Menschen (nicht zu verwechseln mit Gleichmacherei), Solidarität mit den von Armut, Krieg und Krankheit betroffenen Menschen, soziale Gerechtigkeit, Chancengleichheit, Frieden, Abrüstung und vieles mehr. Die demokratische Linke spricht sich zudem gegen die Vereinnahmung des Einzelnen durch Kollektivismus aus. Sie ist für eine Vielfalt von Eigentum an Produktionsmitteln, wozu privates, kommunales, staatliches und genossenschaftliches Eigentum gehört. Ach so, noch etwas: Politisch links sind natürlich nicht nur die Vertreter und Anhänger der Partei Die Linke, sondern zum Beispiel auch linke Sozialdemokraten, linke Grüne und linke Christen. Linke gibt es also in mehreren Parteien und gesellschaftlichen Gruppen.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Stoner »

Selina hat geschrieben:(26 Nov 2018, 11:43)

Die demokratische Linke ...
Da ist es wieder: Die Linke braucht ein "demokratisch", weil links eben nicht selbstverständlich gleich demokratisch ist. Man muss es erst betonen. Da könnte die Rechte was lernen. Die Liberalen müssen das nicht, sich demokratische Liberale nennen. Links und demokratisch ist also keine Symbiose, die selbst-evident wäre.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Selina »

MäckIntaier hat geschrieben:(26 Nov 2018, 11:59)

Da ist es wieder: Die Linke braucht ein "demokratisch", weil links eben nicht selbstverständlich gleich demokratisch ist. Man muss es erst betonen. Da könnte die Rechte was lernen. Die Liberalen müssen das nicht, sich demokratische Liberale nennen. Links und demokratisch ist also keine Symbiose, die selbst-evident wäre.
Dieses "demokratisch" vor der Linken bedeutet, dass die Linke keine Verhältnisse mehr will, die undemokratisch sind. Das ist das Ergebnis aus einem langen und harten Lern- und Erfahrungsprozess. Die Linke von heute ist nicht mehr die Linke von gestern.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Stoner »

Selina hat geschrieben:(26 Nov 2018, 12:03)

Dieses "demokratisch" vor der Linken bedeutet, dass die Linke keine Verhältnisse mehr will, die undemokratisch sind. Das ist das Ergebnis aus einem langen und harten Lern- und Erfahrungsprozess. Die Linke von heute ist nicht mehr die Linke von gestern.
Nun ja, man wird sehen, ob die Rechte sich alsbald auch soclher semantischen Spiele bedient.

Die Grundidee der Linken bleibt neutral gesprochen und ihrer grundsätzlichen Ideen wegen notwendig trotzdem kollektivistisch. Um "soziale Ungleichheit" irgendwie zu fassen, müssen Subjekte in abstrakten Größen zusammengefasst werden, denn der Subjektivismus, wie einige ihn hier im Forum in mehr oder weniger radikalen Varianten vertreten, definiert sich ja gerade über die soziale Ungleichheit als etwas Positives. Diesen Widerspruch können Sie nicht überwinden. Wer soziale Ungleichheit überwinden möchte, kommt ohne diese kollektivistischen Ansätze nicht aus. Sie können natürlich eine radikal-soziale Wohlfahrtstaatsvariante als ein neues links vertreten, das käme der Sache dann vielleicht näher. Aber selbst da wird es schwierig, nicht in kollektistischen Kategorien zu denken. Es hilft nichts: Links wird immer eine kollektivistische Idee bleiben. Ob das positiv oder negativ ist, ist dabei eine andere Frage.
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Selina
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Selina »

MäckIntaier hat geschrieben:(26 Nov 2018, 12:22)

Nun ja, man wird sehen, ob die Rechte sich alsbald auch soclher semantischen Spiele bedient.

Die Grundidee der Linken bleibt neutral gesprochen und ihrer grundsätzlichen Ideen wegen notwendig trotzdem kollektivistisch. Um "soziale Ungleichheit" irgendwie zu fassen, müssen Subjekte in abstrakten Größen zusammengefasst werden, denn der Subjektivismus, wie einige ihn hier im Forum in mehr oder weniger radikalen Varianten vertreten, definiert sich ja gerade über die soziale Ungleichheit als etwas Positives. Diesen Widerspruch können Sie nicht überwinden. Wer soziale Ungleichheit überwinden möchte, kommt ohne diese kollektivistischen Ansätze nicht aus. Sie können natürlich eine radikal-soziale Wohlfahrtstaatsvariante als ein neues links vertreten, das käme der Sache dann vielleicht näher. Aber selbst da wird es schwierig, nicht in kollektistischen Kategorien zu denken. Es hilft nichts: Links wird immer eine kollektivistische Idee bleiben. Ob das positiv oder negativ ist, ist dabei eine andere Frage.
Nein, selbstverständlich ist "links" heute keine "kollektivistische Idee" mehr. Es war auch früher schon viel mehr als das. Die etwa 2,3 Millionen SED-Mitglieder zum Beispiel waren keine homogene Masse. Da gab es verschiedene Richtungen und Strömungen, nicht nur die klar stalinistische. Etliche von ihnen waren schon immer entschieden gegen diesen Kollektivismus. Und auch gegen den so genannten "demokratischen Zentralismus", der ja schon im Begriff einen Widerspruch offenbart. Womit es diese Kritiker nicht immer leicht hatten. Und heute ist das selbstverständlich ein Grundkonsens: Individualität und Gesellschaft schließen sich auch für Linke nicht gegenseitig aus. Und Priorität hat das Individuum. Für das die Linke natürlich soziale Gerechtigkeit will. Und Chancengleichheit. Und Entfaltungsmöglichkeiten. Tut mir leid, wenn nun ein starkes Feindbild, der "linke Kollektivismus", für Sie wegfällt. Aber ich bin sicher, Sie finden was anderes :D
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Stoner »

Selina hat geschrieben:(26 Nov 2018, 12:53)

Nein, selbstverständlich ist "links" heute keine "kollektivistische Idee" mehr. Es war auch früher schon viel mehr als das. Die etwa 2,3 Millionen SED-Mitglieder zum Beispiel waren keine homogene Masse. Da gab es verschiedene Richtungen und Strömungen, nicht nur die klar stalinistische. Etliche von ihnen waren schon immer entschieden gegen diesen Kollektivismus. Und auch gegen den so genannten "demokratischen Zentralismus", der ja schon im Begriff einen Widerspruch offenbart. Womit es diese Kritiker nicht immer leicht hatten. Und heute ist das selbstverständlich ein Grundkonsens: Individualität und Gesellschaft schließen sich auch für Linke nicht gegenseitig aus. Und Priorität hat das Individuum. Für das die Linke natürlich soziale Gerechtigkeit will. Und Chancengleichheit. Und Entfaltungsmöglichkeiten. Tut mir leid, wenn nun ein starkes Feindbild, der "linke Kollektivismus", für Sie wegfällt. Aber ich bin sicher, Sie finden was anderes :D
Ach je, das Lesen ist schwer. Ich kann es Ihnen auch direkt sagen: Ihnen fehlt einfach der Mut, zu einem (vielleicht dann neuen) Kollektivismus zu stehen.

Ob der Kollektivismus per se schlecht ist, oder nur der linke und nicht der rechte, oder ob umgekehrt, oder ob beide daneben sind, ist doch erst einmal völlig egal für eine Begriffsklärung. Aber "soziale Gerechtigkeit/Gleichheit" braucht ein abstraktes Kollektiv als Richtschnur, wie ich schrieb, es ist eine kollektivistische Idee (das hat mit Feindbild nichts zu tun, sondern mit folgerichtigem Denken). Gerechtigkeit und Gleichheit sind völlig abstrakte, völlig leere Begriffe, die müssen auf der Basis von Werturteilen und einem kollektiven Abstraktum erst einmal aufgefüllt werden. Alternativ dürfen Sie 80 Millionen bundesdeutsche Monaden einzeln und auf ihrer Individualität basierend Individualansprüche auf ihre individuellen Vorstellungen von Ansprüchen gegen den Staat einräumen. Jeder Sozialstaatsgedanke ist einfach ein Kollektivgedanke, das ist doch einfach zu verstehen, und dazu kann man doch auch stehen, wenn man den Gedanken für richtig hält.
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imp
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Re: Was ist links ...

Beitrag von imp »

Narrative hat geschrieben:(25 Nov 2018, 18:52)

Mir sei erlaubt eine Frage in den öffentlichen Raum zu stellen.

Was sind die Unterscheidungsmerkmale resp. die grundlegenden Prädikate einer linken "Haltung"?

Mir ist hierbei natürlich bewusst, das in einer komplexen Gesellschaft diese metrischen Zuschreibungsformeln sich in actu oft verwischen und die Linien verschwimmen können.
"Dass etwas rechts oder links sei, konservativ oder progressiv, enthält immer weniger Informationswerte. (...) Es hängt damit zusammen, dass die gewohnten Beschreibungschiffren, mit denen sich unsere Gesellschaft öffentlich selbst beschreibt, offenbar nicht mehr das treffen, worum es geht (...)." (Armin Nassehi).

Aber im politischen Beschreibungsrahmen und in der politischen Auseinandersetzung sind solche Narrative und Formate wiederum Abgrenzungs- und Deutungsbögen - deshalb meine Frage. :?: :?:
Hallo,

Als links gilt heute
- Wechselfälle des Lebens aushaltbar machen
- Integration von Behinderten in den Arbeitsmarkt
- Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt
- Prinzipielle Durchlässigkeit zu höheren Gesellschaftsfunktionen und Berufen für alle
- Hohes Maß an individueller Freiheit
- Insbesondere Schutz des Privaten
- Minimierung von kollektiven Normen

Als rechts gelten umgedreht
- umfangreiche Kollektiv-Anforderungen an das Privatleben aller
- Geringe gesellschaftlich vorgegebene Absicherung gegen individuelle Schicksalsschläge und Krisen
- Betonung von Familie und Einordnung Pflichten
- Wehrpflicht
- Keine expliziten Gleichstellungsbemühungen
- Rollenerwartungen gegenüber Geschlechtern
- Wenige Schutzrechte, Betonung von Freiwilligkeit bei maximalen Arbeitszeiten, Arbeitsbedingungen, Miet- und Lebensmittelfragen.
"Don't say words you gonna regret" - Eric Woolfson
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Stoner »

Es kommt wohl auf den Unterschied zwischen Gelten und Sein an. Die Frage lautete ja: Was ist links?
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Ein Terraner »

MäckIntaier hat geschrieben:(26 Nov 2018, 14:37)

Die Frage lautete ja: Was ist links?
Das Gegenteil von rechts.
Stoner

Re: Was ist links ...

Beitrag von Stoner »

Ein Terraner hat geschrieben:(26 Nov 2018, 14:49)

Das Gegenteil von rechts.
Ja, das war oben bereits zu lesen:
BlueMonday hat geschrieben:(25 Nov 2018, 21:31)
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Quatschki
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Quatschki »

Selina hat geschrieben:(26 Nov 2018, 12:03)

Dieses "demokratisch" vor der Linken bedeutet, dass die Linke keine Verhältnisse mehr will, die undemokratisch sind. Das ist das Ergebnis aus einem langen und harten Lern- und Erfahrungsprozess. Die Linke von heute ist nicht mehr die Linke von gestern.
Die Linke kann aber ihre Ziele nicht demokratisch durchsetzen. Ziele, die nur auf Umverteilung setzen und nicht geeignet sind, Produktivkräfte zu entfalten und den gesamten Korb voller zu machen.
Wenn sie es wie in Venezuela als "Diktatur der Mehrheit" versucht, läuft ihr erst die leistungstragende Minderheit davon und in der Folge dann auch die Mehrheit.
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Selina
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Selina »

MäckIntaier hat geschrieben:(26 Nov 2018, 13:13)

Ach je, das Lesen ist schwer. Ich kann es Ihnen auch direkt sagen: Ihnen fehlt einfach der Mut, zu einem (vielleicht dann neuen) Kollektivismus zu stehen.

Ob der Kollektivismus per se schlecht ist, oder nur der linke und nicht der rechte, oder ob umgekehrt, oder ob beide daneben sind, ist doch erst einmal völlig egal für eine Begriffsklärung. Aber "soziale Gerechtigkeit/Gleichheit" braucht ein abstraktes Kollektiv als Richtschnur, wie ich schrieb, es ist eine kollektivistische Idee (das hat mit Feindbild nichts zu tun, sondern mit folgerichtigem Denken). Gerechtigkeit und Gleichheit sind völlig abstrakte, völlig leere Begriffe, die müssen auf der Basis von Werturteilen und einem kollektiven Abstraktum erst einmal aufgefüllt werden. Alternativ dürfen Sie 80 Millionen bundesdeutsche Monaden einzeln und auf ihrer Individualität basierend Individualansprüche auf ihre individuellen Vorstellungen von Ansprüchen gegen den Staat einräumen. Jeder Sozialstaatsgedanke ist einfach ein Kollektivgedanke, das ist doch einfach zu verstehen, und dazu kann man doch auch stehen, wenn man den Gedanken für richtig hält.
Im Forum wird der Begriff "Kollektivismus" meist als Vorstufe bzw. sogar Bestandteil des so genannten Totalitarismus verwendet. Die Gesellschaft habe quasi den Vorrang vor dem Individuum, was zum Beispiel den "real existierenden Sozialismus" ausgemacht habe. So wird es von Ihnen und anderen Rechtskonservativen ja ständig diskutiert. Und ich entgegnete, dass die Linke inzwischen aus ihren Fehlern gelernt hat und dem Individualismus und dem Individuum einen höheren Stellenwert einräumt als zu früheren Zeiten. Was völlig in Ordnung ist. Das bedeutet heute zum Beispiel, solche Bedingungen zu schaffen, wo der Einzelne Chancengleichheit und Gerechtigkeit erfahren kann. Das ist eine Rückkehr zur Marx-Aussage, wo "der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist" (Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, 1843/44).
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Vongole »

MäckIntaier hat geschrieben:(26 Nov 2018, 14:37)

Es kommt wohl auf den Unterschied zwischen Gelten und Sein an. Die Frage lautete ja: Was ist links?
Kann man das heutzutage überhaupt noch definieren, oder ist es nur mehr eine Selbsteinschätzung, bzw. die Zuordnung durch Andere?
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Selina »

imp hat geschrieben:(26 Nov 2018, 14:22)

Hallo,

Als links gilt heute
- Wechselfälle des Lebens aushaltbar machen
- Integration von Behinderten in den Arbeitsmarkt
- Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt
- Prinzipielle Durchlässigkeit zu höheren Gesellschaftsfunktionen und Berufen für alle
- Hohes Maß an individueller Freiheit
- Insbesondere Schutz des Privaten
- Minimierung von kollektiven Normen

Als rechts gelten umgedreht
- umfangreiche Kollektiv-Anforderungen an das Privatleben aller
- Geringe gesellschaftlich vorgegebene Absicherung gegen individuelle Schicksalsschläge und Krisen
- Betonung von Familie und Einordnung Pflichten
- Wehrpflicht
- Keine expliziten Gleichstellungsbemühungen
- Rollenerwartungen gegenüber Geschlechtern
- Wenige Schutzrechte, Betonung von Freiwilligkeit bei maximalen Arbeitszeiten, Arbeitsbedingungen, Miet- und Lebensmittelfragen.
Interessante Beschreibung von "links" und "rechts". Kann ich durchaus zustimmen. Verrückt finde ich dabei allerdings, dass ganz normale liberale, demokratische und freiheitliche Forderungen und Prämissen wie Chancengleichheit heute schon als "links" gelten. Ein weiteres Zeichen dafür, wie sich der Rechtsruck im Alltag auswirkt.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Stoner »

Vongole hat geschrieben:(26 Nov 2018, 15:49)

Kann man das heutzutage überhaupt noch definieren, oder ist es nur mehr eine Selbsteinschätzung, bzw. die Zuordnung durch Andere?
Ich glaube, man kann einzelne Dinge schon nach diesem klassischem Muter noch einstufen, aber im Grunde ist es doch mehr Kampfbegriff als tatsächlicher Orientierungsbegriff. Was imp oben schrieb, ist schon ein vernünftiger Versuch, dem gerecht zu werden, aber nur eingeschränkt als tatsächliche Orientierung tauglich in einer Welt, in der allenthalben klassische bzw. herkömmliche Beziehungsstrukturen in Bewegung geraten. Wer Ordnung sucht, Feinde benennen will, wird diese Begriffe halt verwenden, wer Lösungen sucht, kann darauf verzichten. (Wer bloß zuschaut, kann sich aufs Humoristische verlegen.)
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Re: Was ist links ...

Beitrag von PeterK »

JJazzGold hat geschrieben:(26 Nov 2018, 09:23)
Links ist das was Geld kostet, liberal ist das was das Geld produziert und konservativ ist das was die Kasse verwaltet.
Dann wäre Kohl links (53 % Spitzensteuersatz), Pleite-Lindner nicht liberal und Scholz konservativ? ;)
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Selina »

PeterK hat geschrieben:(26 Nov 2018, 16:08)

Dann wäre Kohl links (53 % Spitzensteuersatz), Pleite-Lindner nicht liberal und Scholz konservativ? ;)
:D :thumbup:

Und Wagenknecht sozialdemokratisch wie ihr Herzblatt :D
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Re: Was ist links ...

Beitrag von JJazzGold »

PeterK hat geschrieben:(26 Nov 2018, 16:08)

Dann wäre Kohl links (53 % Spitzensteuersatz), Pleite-Lindner nicht liberal und Scholz konservativ? ;)

Ich bin in der Lage global zu betrachten, noch dazu, ohne eine Wertung vorzunehmen, wie ihr Vertreter der “positiv vs negativ“ Betrachtung sicherlich bemerkt habt. ;)
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Re: Was ist links ...

Beitrag von imp »

JJazzGold hat geschrieben:(26 Nov 2018, 09:23)

Links ist das was Geld kostet, liberal ist das was das Geld produziert und konservativ ist das was die Kasse verwaltet.
Der massive Personalaufwuchs bei Bundeswehr und Geheimdiensten ist demnach "links"?
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Progressiver »

Die Grundfrage des Threads verstehe ich so, was heute links ist. Einige Kommentare hier versuchen anscheinend das Linkssein dadurch zu definieren, was es einmal war oder aber nicht. Was mich betrifft, interessieren mich die Debatten und Kämpfe der Vergangenheit nur wenig. Kein Mensch wünscht sich den real existierenden Sozialismus zurück. Der entfesselte Kapitalismus dagegen ist gerade wieder dabei, eine neue Krise auszubrüten. Die neoliberalen "Experten" meinen natürlich, dass es so etwas wie Krisen nicht gäbe. Und wenn, dann wären sie etwas gutes. Die Krisen sind aber in der Wirklichkeit systemimmanent im real existierenden Kapitalismus. Die letzte Finanzkrise hat gezeigt, dass in solch einer Lage Gewinne privatisiert, Verluste aber sozialisiert werden. Als links stehender Mensch und Wähler finde ich, dass das umgekehrt sein sollte. "Nie wieder Bankstersozialismus", sollte die Devise lauten.

Und wie ich schon schrieb: Den Steuerbehörden alleine in den EU-Staaten entgehen durch Steuerflucht hunderte von Milliarden Euros jährlich. Die neoliberalen Eliten wetteifern zudem darum, wer den Konzernen die niedrigsten Dumpingsteuersätze anbieten kann. Links zu sein bedeutet, sich für die Gemeinschaft einzusetzen. Wie viele Kindergärten, Schulen, Sozialwohnungen etc. könnte man bauen, wenn man sowohl den Steuerverbrechern das Handwerk legen als auch die Steuersätze für Firmen wenigstens auf europäischer Ebene gleich hoch machen könnte? Und auch die kommende Klimakatastrophe sollte man auf dem Schirm haben. Die Neoliberalen meinen, dass ihre Gottheit, nämlich der totale Markt, dieses Problem schon lösen werde. Die Ultrarechten wiederum bezweifeln sogar, dass der Klimawandel menschengemacht sei.

Als politisch links stehender Mensch will ich die Demokratie und den Sozialstaat auch in eigenem Interesse verteidigen, damit nicht der totale Markt unser aller Leben bestimmt. Menschenrecht vor scheinbar übernatürlichen Marktgesetzen! Gemeinschaftliches Leben anstatt monadenhafte Vereinzelung, Isolation und Vereinsamung im neoliberalen Spätkapitalismus! Weiterhin brauchen wir ein neues faktenbasiertes Zeitalter der Aufklärung anstatt rechter Fake News. Und die Zukunft wird entweder ökologischer sein als heute. Oder die Menschheit schaufelt sich ihr eigenes Grab. Die Rechten bieten nichts in all den genannten Fragestellungen. Die Neoliberalen auch nicht. Es bleibt einem heutzutage also gar nichts anders übrig, als politisch links zu stehen.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Stoner »

Selina hat geschrieben:(26 Nov 2018, 15:45)

Im Forum wird der Begriff "Kollektivismus" meist als Vorstufe bzw. sogar Bestandteil des so genannten Totalitarismus verwendet. Die Gesellschaft habe quasi den Vorrang vor dem Individuum, was zum Beispiel den "real existierenden Sozialismus" ausgemacht habe. So wird es von Ihnen und anderen Rechtskonservativen ja ständig diskutiert. Und ich entgegnete, dass die Linke inzwischen aus ihren Fehlern gelernt hat und dem Individualismus und dem Individuum einen höheren Stellenwert einräumt als zu früheren Zeiten. Was völlig in Ordnung ist. Das bedeutet heute zum Beispiel, solche Bedingungen zu schaffen, wo der Einzelne Chancengleichheit und Gerechtigkeit erfahren kann. Das ist eine Rückkehr zur Marx-Aussage, wo "der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist" (Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, 1843/44).
Soso, so wird es von "mir und anderen Rechtskonservativen" also diskutiert. Und schon hat man als ins Feindbild Zwangseingemeindeter ein Etikett an der Stirn pappen und sollte nun vors eröffnete Tribunal treten und beschwören, man sei ja nicht und so weiter. Ja, so funktioniert - nein, nicht linke Rhetorik, sondern die Rhetorik ALLER, die sich im Besitz der Macht befinden, glauben oder erst zu gelangen trachten oder die zumindest die absolute sprachliche Deutungshoheit und schubladerische Einordnungskompetenz beanspruchen. Das heißt im Klartext: Es wird von all denjenigen so diskutiert, die in der Zwangsjacke ihrer Ideologien festgezurrt sitzen. Genau darin unterscheidet sich der demokratische Sozialist halt nicht vom demokratischen Faschisten, der neue Linke nicht vom neuen Rechten: ohne diese Schubladen würden sie stürzen.

Zum Marx-Zitat. Auch eines der schönen Zitate aus der Feder des großen Utopisten. Damit der Mensch das höchste Wesen des Menschen sei, lesen wir hier, sei die Maxime aller Politik, sämtliche Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes usw. Es weiß keiner, wann und wie ein Mensch das höchste Wesen des Menschen sei, aber es klingt so pastoral-human. Je weiter eine Utopie, so hat Ludwig Marcuse mal in einem Aufsatz über Utopien geschrieben, vom Ist-Zustand der Gegenwart entfernt sei, desto vager auch die Angaben darüber, wie das von wem zu bewerkstelligen sei. Und die Marx-Trunkenen haben dann in der Tat am Menschen gearbeitet. Trotzki zum Beispiel hat auch philosophiert darüber:
Das Leben, selbst das rein psychische, wird zu einem kollektiv experimentellen werden. Das Menschengeschlecht, der erstarrte Homo sapiens, wird erneut radikal umgearbeitet und - unter seinen eigenen Händen - zum Objekt kompliziertester Methoden der künstlichen Auslese und des psychophysischen Trainigs werden. (aus: Literatur und Revolution)
Nur damit einmal klar wird, dass ein demokratischer Sozialismus schon auch ein bisschen mehr Leichen im Keller liegen hat als es ihm lieb ist. Das Zitierte hätte auch im Gründungsdokument der Napola stehen können.

Chancengleichheit oder Gerechtigkeit, das hat noch jeder im Programm, daran ist nichts links. Es ist auch keine Rückkehr zu Marx. Was Sie tun müssten, das wäre: die Bedingungen benennen, die dafür geschaffen werden müssen, und zwar ganz konkret, nicht in allgemeinen blumigen Worten. Aber daran scheitert ja selbst Wagenknecht, die im Grunde auch keinen Plan hat und die wirkt, als wolle sie der Linken jetzt doch Mouffes Konzept eines linken Populismus antragen. Aber das ist die Kehrseite des allzu positiv konnotierten Begriffes links: Der Rebellionsgeist zündet nur rechts so richtig. Die Linke stößt hier einfach mit dem Kopf an die Decke. Nur Feinde zu haben nützt halt nichts.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Selina »

MäckIntaier hat geschrieben:(26 Nov 2018, 22:09)

Soso, so wird es von "mir und anderen Rechtskonservativen" also diskutiert. Und schon hat man als ins Feindbild Zwangseingemeindeter ein Etikett an der Stirn pappen und sollte nun vors eröffnete Tribunal treten und beschwören, man sei ja nicht und so weiter. Ja, so funktioniert - nein, nicht linke Rhetorik, sondern die Rhetorik ALLER, die sich im Besitz der Macht befinden, glauben oder erst zu gelangen trachten oder die zumindest die absolute sprachliche Deutungshoheit und schubladerische Einordnungskompetenz beanspruchen. Das heißt im Klartext: Es wird von all denjenigen so diskutiert, die in der Zwangsjacke ihrer Ideologien festgezurrt sitzen. Genau darin unterscheidet sich der demokratische Sozialist halt nicht vom demokratischen Faschisten, der neue Linke nicht vom neuen Rechten: ohne diese Schubladen würden sie stürzen.

Zum Marx-Zitat. Auch eines der schönen Zitate aus der Feder des großen Utopisten. Damit der Mensch das höchste Wesen des Menschen sei, lesen wir hier, sei die Maxime aller Politik, sämtliche Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes usw. Es weiß keiner, wann und wie ein Mensch das höchste Wesen des Menschen sei, aber es klingt so pastoral-human. Je weiter eine Utopie, so hat Ludwig Marcuse mal in einem Aufsatz über Utopien geschrieben, vom Ist-Zustand der Gegenwart entfernt sei, desto vager auch die Angaben darüber, wie das von wem zu bewerkstelligen sei. Und die Marx-Trunkenen haben dann in der Tat am Menschen gearbeitet. Trotzki zum Beispiel hat auch philosophiert darüber:



Nur damit einmal klar wird, dass ein demokratischer Sozialismus schon auch ein bisschen mehr Leichen im Keller liegen hat als es ihm lieb ist. Das Zitierte hätte auch im Gründungsdokument der Napola stehen können.

Chancengleichheit oder Gerechtigkeit, das hat noch jeder im Programm, daran ist nichts links. Es ist auch keine Rückkehr zu Marx. Was Sie tun müssten, das wäre: die Bedingungen benennen, die dafür geschaffen werden müssen, und zwar ganz konkret, nicht in allgemeinen blumigen Worten. Aber daran scheitert ja selbst Wagenknecht, die im Grunde auch keinen Plan hat und die wirkt, als wolle sie der Linken jetzt doch Mouffes Konzept eines linken Populismus antragen. Aber das ist die Kehrseite des allzu positiv konnotierten Begriffes links: Der Rebellionsgeist zündet nur rechts so richtig. Die Linke stößt hier einfach mit dem Kopf an die Decke. Nur Feinde zu haben nützt halt nichts.
Was ist denn ein "demokratischer Faschist"? Mehr als eine contradictio in adiecto ist darin nicht zu erkennen. Noch kurioser wirds dann in der hochtrabenden Phrase "Der Rebellionsgeist zündet nur rechts so richtig". Wahnsinn! Klingt nach "Institut für Staatspolitik".
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Progressiver »

MäckIntaier hat geschrieben:(26 Nov 2018, 22:09)

Chancengleichheit oder Gerechtigkeit, das hat noch jeder im Programm, daran ist nichts links.
Das stimmt so nicht. Bitte Beweise oder Belege dieser Aussage bringen! Wo bitte schön finden sich Aussagen bei rechten Parteien in Deutschland, die sich für die Gleichstellung beispielsweise von Frauen, Behinderten, materiell Armen oder sonstwie Unterprivilegierter einsetzen?
Es ist auch keine Rückkehr zu Marx. Was Sie tun müssten, das wäre: die Bedingungen benennen, die dafür geschaffen werden müssen, und zwar ganz konkret, nicht in allgemeinen blumigen Worten. Aber daran scheitert ja selbst Wagenknecht, die im Grunde auch keinen Plan hat und die wirkt, als wolle sie der Linken jetzt doch Mouffes Konzept eines linken Populismus antragen. Aber das ist die Kehrseite des allzu positiv konnotierten Begriffes links: Der Rebellionsgeist zündet nur rechts so richtig. Die Linke stößt hier einfach mit dem Kopf an die Decke. Nur Feinde zu haben nützt halt nichts.
Es geht nicht darum, Feinde zu haben. Es geht darum, dass die Nöte vieler Menschen gelindert werden. Warum sollen Multimillionäre und Milliardäre mehr Rechte und Privilegien haben als der Rest der Menschheit? Und nein: Das Geld dieser Welt ist bei diesen nicht gut angelegt. Sie spekulieren nicht nur mit Wohnraum, sondern das "Immer-Mehr" des Kapitalismus bedroht unser aller Lebensgrundlage. Wir haben halt nur eine einzige Erde. Wenn irgendwelche Rechte, die ein Brett vor dem Kopf haben, die Moderne als rotes Tuch sehen und Menschen jagen wollen, dann ist das auch ein Problem. Aber auch der Punkt, dass der Reichtum dieser Welt in irgendwelchen Steueroasen versickert, während viele Staaten kaputtgespart werden, ist wichtig. Natürlich braucht es Widerstand gegen die derzeitigen Zustände. Aber auch reflexives Denken.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Stoner »

Progressiver hat geschrieben:(26 Nov 2018, 23:08)

Das stimmt so nicht. Bitte Beweise oder Belege dieser Aussage bringen! Wo bitte schön finden sich Aussagen bei rechten Parteien in Deutschland, die sich für die Gleichstellung beispielsweise von Frauen, Behinderten, materiell Armen oder sonstwie Unterprivilegierter einsetzen?
Sie hatten nicht nur Rechte aufgezählt. Und von der FDP über die Grünen, die CDU bis hin zur SPD haben alle irgendeine Form von Gerechtigkeit auf der Agenda, obwohl alle nach Ihren Maßstäben mehr oder weniger stark ins Neoliberale verstrickt sind. Gleichstellung von Frauen, Behinderten etc. ist nun wirklich kein linkes Allein-Hobby mehr.
Progressiver hat geschrieben:(26 Nov 2018, 23:08)
Es geht nicht darum, Feinde zu haben. Es geht darum, dass die Nöte vieler Menschen gelindert werden. Warum sollen Multimillionäre und Milliardäre mehr Rechte und Privilegien haben als der Rest der Menschheit? Und nein: Das Geld dieser Welt ist bei diesen nicht gut angelegt. Sie spekulieren nicht nur mit Wohnraum, sondern das "Immer-Mehr" des Kapitalismus bedroht unser aller Lebensgrundlage. Wir haben halt nur eine einzige Erde. Wenn irgendwelche Rechte, die ein Brett vor dem Kopf haben, die Moderne als rotes Tuch sehen und Menschen jagen wollen, dann ist das auch ein Problem. Aber auch der Punkt, dass der Reichtum dieser Welt in irgendwelchen Steueroasen versickert, während viele Staaten kaputtgespart werden, ist wichtig. Natürlich braucht es Widerstand gegen die derzeitigen Zustände. Aber auch reflexives Denken.
Wer Politik macht und das, was Sie hier aufzählen, auch ändern, und nicht nur in dramatischen Sonntagsreden beschwören will, der hat oder macht sich Feinde und er braucht Macht, um konkret etwas an den Verhältnissen zu ändern. Diejenigen, die Sie hier aufzählen, sind mächtig, und wer das ändern will, sollte mächtiger sein. Wer Macht anstrebt, muss sich die Finger schmutzig machen, Denken allein erzeugt hübsche Sonntagspredigten. Links zu sein, rechts zu sein, regieren zu wollen, handeln zu können: alles eine Frage von Macht. Und der Machtkampf beginnt ab dem Augenblick, in dem Sie bloß in den Diskurs eintreten. Was glauben Sie, woher die ganzen rhetorischen Schlammschlachten rühren?

Eine Frage sollte man getrennt beantworten: "Warum sollen Multimillionäre und Milliardäre mehr Rechte und Privilegien haben als der Rest der Menschheit?" Das ist einfach: Sie sollen vielleicht nicht, aber da sie es können, heben sie alles Sollen auf. Sie haben die Macht, das durchzusetzen. Und das müssen Sie erst einmal toppen. Denken Sie einmal über die Machtverhältnisse und über die konkreten Möglichkeiten dieser Menschen nach - dann können Sie ermessen, welche drastischen Mittel Sie dem entgegensetzen müssen. Gerechtigkeit? Ja - aber WIE GENAU stellen Sie die her? Ohne Feindbilder? Nur mit Moral? Das ist mit Steinschleudern gegen Panzer gekämpft.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von JJazzGold »

imp hat geschrieben:(26 Nov 2018, 16:39)

Der massive Personalaufwuchs bei Bundeswehr und Geheimdiensten ist demnach "links"?
Kosten soziale Ausgleichszahlungen Geld, ja oder nein?
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Stoner »

Selina hat geschrieben:(26 Nov 2018, 23:06)

Wahnsinn! Klingt nach "Institut für Staatspolitik".
Sehen Sie, genau das ist der Grund, weshalb ich über das Beobachten und Verstehen hinaus keinerlei Interesse an der Teilnahme an praktischer Politik habe und auch in keiner irgendwie gearteten Form daran teilnehme. Links sein, rechts sein: Genau das kommt dabei raus. Beides ist nicht nur eine Gesinnung, eine Weltanschauung, es ist auch eine Methode. Eine üble Methode, alternativlos. Wenn die Alternativlosgkeit beim Einzelnen auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten eintritt. Nichts gelernt aus der Geschichte halt.
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Re: Was ist links ...

Beitrag von Alpha Centauri »

MäckIntaier hat geschrieben:(27 Nov 2018, 08:44)

Sie hatten nicht nur Rechte aufgezählt. Und von der FDP über die Grünen, die CDU bis hin zur SPD haben alle irgendeine Form von Gerechtigkeit auf der Agenda, obwohl alle nach Ihren Maßstäben mehr oder weniger stark ins Neoliberale verstrickt sind. Gleichstellung von Frauen, Behinderten etc. ist nun wirklich kein linkes Allein-Hobby mehr.



Wer Politik macht und das, was Sie hier aufzählen, auch ändern, und nicht nur in dramatischen Sonntagsreden beschwören will, der hat oder macht sich Feinde und er braucht Macht, um konkret etwas an den Verhältnissen zu ändern. Diejenigen, die Sie hier aufzählen, sind mächtig, und wer das ändern will, sollte mächtiger sein. Wer Macht anstrebt, muss sich die Finger schmutzig machen, Denken allein erzeugt hübsche Sonntagspredigten. Links zu sein, rechts zu sein, regieren zu wollen, handeln zu können: alles eine Frage von Macht. Und der Machtkampf beginnt ab dem Augenblick, in dem Sie bloß in den Diskurs eintreten. Was glauben Sie, woher die ganzen rhetorischen Schlammschlachten rühren?

Eine Frage sollte man getrennt beantworten: "Warum sollen Multimillionäre und Milliardäre mehr Rechte und Privilegien haben als der Rest der Menschheit?" Das ist einfach: Sie sollen vielleicht nicht, aber da sie es können, heben sie alles Sollen auf. Sie haben die Macht, das durchzusetzen. Und das müssen Sie erst einmal toppen. Denken Sie einmal über die Machtverhältnisse und über die konkreten Möglichkeiten dieser Menschen nach - dann können Sie ermessen, welche drastischen Mittel Sie dem entgegensetzen müssen. Gerechtigkeit? Ja - aber WIE GENAU stellen Sie die her? Ohne Feindbilder? Nur mit Moral? Das ist mit Steinschleudern gegen Panzer gekämpft.
Naja aber genau dieses Grundprobleme dass die Leute mit Einfluss und Geld politische Entscheidungsprozesse manipulieren und an Gesetzen oft ( nicht zum Allgemeinwohl sondern aus nacktem.partikularen Interessen) mitschreiben ( das umstrittene Thema Lobbyismus) und die anderen ohne entsprechende Mittel eben nicht ( Automanager vs Hartz4 wer wird wohl mit seinen Anliegen und Interessen eher Gehör finden in der Politik???) ist ein Grundproblem mit grundsätzlich potenzieller Sprengsatzgefahr für dass jeweilige politische System. Es macht keinen.Unterschied ob Diktatur oder Demokratie dass von mir beschriebene Grundproblem betrifft beide.
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