Nun strebt ja Maas offenbar eine neue Ostpolitik an. Eine, die den Dialog am Ergebnis realistisch bewertet, eine, die Brandts Erbe nicht als bloße Berlin-Moskau-Achse missversteht und eine, die für mehr Klarheit plädiert.Selina hat geschrieben:(15 Apr 2018, 18:46)
Das Beste und Klarste, was man meines Erachtens zum Thema in den letzten Stunden lesen konnte, ist dieses Interview mit Antje Vollmer:
Kurzes Zitat aus dem insgesamt sehr lesbaren Interview:
Antje Vollmer, ehemalige Vizepräsidentin des Bundestags, kritisiert die Angriffe auf Syrien scharf. Diese seien ein "eindeutiger Bruch des Völkerrechts" und ein "feindlicher Akt gegen den UN-Generalsekretär", sagt die Grünen-Politikerin im Interview mit n-tv.de. Sie fordert eine neue Russlandpolitik. Bereits am Donnerstag hatte sie in einer gemeinsamen Stellungnahme mit prominenten Altpolitikern von CDU, CSU, FDP und SPD - unter ihnen der ehemalige Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz Horst Teltschik und der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber - vor den Gefahren eines dritten und letzten Weltkriegs gewarnt. Die Russlandpolitik des Westen müsse sich grundlegend ändern, so ihre Forderung.
https://www.n-tv.de/politik/Eindeutiger ... 84251.html
In der Darstellung von Antja Vollmer und von einigen anderen ist eines besonders typisch - die sog. Zwischenländer kommen überhaupt nicht vor, ein Dialog über kleinere Länder, deren Sicherheit bedroht ist, wird nicht mal erwähnt.
Erfrischend anders gab sich da Marieluise Beck in einer Plenarrede vom Juni 2017 zum Thema der Östlichen Partnerschaft:
https://marieluisebeck.de/artikel/28-06 ... tnerschaftDer Historiker Timothy Snyder hat hier in Berlin in der vergangenen Woche eindrucksvoll auf die dunklen Seiten der deutsch-russischen Geschichte hingewiesen. Deutschland und Russland waren lange Zeit Hegemonialmächte in Europa, die ihre kolonialen Interessen innerhalb Europas verfolgt haben. Die Länder zwischen diesen beiden Imperien wurden dabei zum Opfer dieser imperialen Politik. Was bedeutet das, wenn wir in Deutschland über die Östliche Partnerschaft sprechen?
Erstens. Eine Achse Berlin-Moskau, mag sie noch so wohlmeinend sein, ist historisch unstatthaft und führt zu berechtigtem Unbehagen der Länder zwischen uns. Sie verletzt zudem die von uns reklamierten Werte der OSZE wie Selbstbestimmung, Souveränität und freie Bündniswahl.
Zweitens. Eine direkte Versorgungslinie zwischen Russland und Deutschland wie Nord Stream 2, die im Krisenfall die Zwischenländer umgehen könnte, ist mehr als ein harmloses wirtschaftliches Projekt. Es zeugt von unzureichender Auseinandersetzung mit der Geschichte,
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
den beunruhigten Blick der östlichen Nachbarn als Hysterie abzutun.
Drittens. Der Dialog mit Russland muss immer mit Blick auf diese sogenannten Zwischenländer geführt werden, die sich erst spät aus der Neokolonialumklammerung der Sowjetunion befreien konnten. Diese Länder bezahlten mit ihrer Freiheit für den Zweiten Weltkrieg, der von Deutschland zu verantworten ist.
Das hört sich nach Verantwortungspolitik an, weniger nach Gefälligkeitspolitik zu jedem Preis.