Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

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Dark Angel
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

Alexyessin hat geschrieben:(15 Mar 2018, 14:35)

Wieso, die Sprache hat ja nicht per se was mit der Bestattung in Kurganen zu tun. Es gibt da ja verschiedene Marker an denen das feststellbar ist und die besagen halt unisono, das die Sprache nicht aus dem anatolischen Raum kommen kann. Vrebindungen zum Uralischen durch Kulturtransfer usw. ist das zum Beispiel genannt.
Nachtrag: Genetische Untersuchungen besagen jedoch, dass die "Träger der Sprache" möglicherweise sowohl aus Anatolien als auch aus den südrussischen/nordpontischen Steppen kamen/gekommen sein könnten.
Wenn man Marker einbezieht und nach einem "Urvolk" sucht, darf man genetische Befunden, die ebenfalls wichtige Marker darstellen, nicht unberücksichtigt lassen.

Vielleicht gibt es sogar ein einziges "Urvolk". Dies herauszufinden bedarf es aber einer vollständigen Verabschiedung von der Kurganhypothese. Dann müsste jede einzelne regionale Kultur aus der Hypothese von Gimbutas heraus gedröselt und gesondert untersucht werden. Das wäre eine Sysiphosarbeit sondergleichen und ob das möglich ist, bezweifle ich.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Alexyessin »

Dark Angel hat geschrieben:(15 Mar 2018, 15:32)

Nachtrag: Genetische Untersuchungen besagen jedoch, dass die "Träger der Sprache" möglicherweise sowohl aus Anatolien als auch aus den südrussischen/nordpontischen Steppen kamen/gekommen sein könnten.
Wenn man Marker einbezieht und nach einem "Urvolk" sucht, darf man genetische Befunden, die ebenfalls wichtige Marker darstellen, nicht unberücksichtigt lassen.

Vielleicht gibt es sogar ein einziges "Urvolk". Dies herauszufinden bedarf es aber einer vollständigen Verabschiedung von der Kurganhypothese. Dann müsste jede einzelne regionale Kultur aus der Hypothese von Gimbutas heraus gedröselt und gesondert untersucht werden. Das wäre eine Sysiphosarbeit sondergleichen und ob das möglich ist, bezweifle ich.
Ich bin in der Arbeit. Schreibe heute Abend mal meine Meinung dazu ausführlich ( und auch dann begründet ;) )
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von H2O »

@Dark Angel:

Im ersten Beitrag
http://www.politik-forum.eu/viewtopic.p ... 0#p4155842
beschreiben Sie ein Frauenbild, das sehr allgemein auch meinem "biedermeierlichen" Frauenbild
entspricht. [Das "biedermeierlich" meint: durch unser überliefertes Gesellschaftsbild geprägt]

Im zweiten Beitrag
http://www.politik-forum.eu/viewtopic.p ... 0#p4155872
nehmen die Frauen eine fast männlich heldenhafte Stelle ein:
  • ...wie ich bereits schrieb, waren Frauen im Paläolithikum keine "Heimchen am Herd", sondern beteiligten sich an Großwildjagden, jagden selbst. Darüber hinaus mussten sie auch imstande sein, schwere Lasten zu bewältigen.
    Ab wann der Travoi als Transportmittel genutzt wurde, kann ich nicht sagen.
Woraus schließt man, daß Frauen in dieser Kulturstufe als Großwildjäger loszogen?

Meine Bedenken: Die Lebensspanne der Menschen war nur gering (ungeschützt: ? 35 Jahre ?). Waren die jungen Frauen nicht viel zu sehr mit dem Kinderaustragen und der Kinderpflege eingespannt, und nach dieser Zeit schon zu geschwächt, um allein zu solchen lebensgefährlichen Jagdabenteuern los zu ziehen?

Was ich mir gut vorstellen könnte: Daß bei Treibjagden in der Sippe "alles was Beine hatte" mit ging, um die Treiberkette möglichst eng auf zu stellen. Und daß Frauen und große Kinder schon zum Selbstschutz Spieße und Äxte mitführten. Gängige Darstellungen zeigen auch, daß diese Jagden nicht durchweg wirklich heldenhaft verliefen. Da wurden Tiergruppen über steile Klippen gejagt, über die sie abstürzten. Und auch klar: "Alles was Arme hatte", also auch Frauen und große Kinder, mußte mit zupacken, um die Beute zu sichern.

Frage also: Gibt es Funde/Felsbilder, die Frauen als Jägerinnen auf Großwild (vom Wildschwein an aufwärts) vermuten lassen? So richtig mit Spieß und Axt?
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Troh.Klaus »

Dark Angel hat geschrieben:(15 Mar 2018, 14:02)

Die Kurganhypothese ist dahingehend widerlegt, dass es keine homogene Kurgankultur gibt, sondern nur verschiedene regionale Kulturen, mit teilweise gleichen bzw ähnlichen Merkmalen.
Gimbutas' Kurganhypothese basiert auf einem einzigen Merkmal - der Bestattungsform - einem Grabhügel (Kurgan).
Ich habe - bislang - "Kurganhypothese" primär als Herkunftshypothese für die Sprecher des Proto-Indoeuropäischen interpretiert, im Gegensatz zur Herkunftshypothese Anatolien. Ob es sich dabei um "ein Volk" oder um mehrere Völker mit ähnlichen kulturellen Ausprägungen gehandelt hat, dürfte sich nach ca. 5 bis 7 Jahrtausenden wohl nicht mehr zweifelsfrei nachweisen lassen. Vielleicht sollte man bei allen Überlegungen auch berücksichtigen, dass die Bevölkerungsdichte damals doch eher bescheiden war, von "Volk" also sowieso kaum die Rede sein kann.

Das mit den ähnlichen Dialekten, die sich schließlich zu der neuen Sprachfamilie verdichteten - Ist das Vorgehen der Linguisten nicht genau entgegengesetzt? Aus modernen Sprachen eine frühe, gemeinsame Proto-Sprache erarbeiten? Ähnliche Dialekte wären doch demnach ein starkes Indiz für eine hohe sprachliche Verwandtschaft der verschiedenen "Völker", was dann über das gemeinsame Siedlungsgebiet und die genetische Äquivalenz doch auch eine "Ein-Urvolk-These" stützen könnte?
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

H2O hat geschrieben:(15 Mar 2018, 15:36)

@Dark Angel:

Im ersten Beitrag
http://www.politik-forum.eu/viewtopic.p ... 0#p4155842
beschreiben Sie ein Frauenbild, das sehr allgemein auch meinem "biedermeierlichen" Frauenbild
entspricht. [Das "biedermeierlich" meint: durch unser überliefertes Gesellschaftsbild geprägt]

Im zweiten Beitrag
http://www.politik-forum.eu/viewtopic.p ... 0#p4155872
nehmen die Frauen eine fast männlich heldenhafte Stelle ein:
  • ...wie ich bereits schrieb, waren Frauen im Paläolithikum keine "Heimchen am Herd", sondern beteiligten sich an Großwildjagden, jagden selbst. Darüber hinaus mussten sie auch imstande sein, schwere Lasten zu bewältigen.
    Ab wann der Travoi als Transportmittel genutzt wurde, kann ich nicht sagen.
Woraus schließt man, daß Frauen in dieser Kulturstufe als Großwildjäger loszogen?
Wir haben Skelettfunde, die lt. Aussage von Forensikern eindeutige Merkmale aufweisen, die für Verletzungen bei Großwildjagden typisch sind - von Männern UND Frauen.
H2O hat geschrieben:(15 Mar 2018, 15:36)]Meine Bedenken: Die Lebensspanne der Menschen war nur gering (ungeschützt: ? 35 Jahre ?). Waren die jungen Frauen nicht viel zu sehr mit dem Kinderaustragen und der Kinderpflege eingespannt, und nach dieser Zeit schon zu geschwächt, um allein zu solchen lebensgefährlichen Jagdabenteuern los zu ziehen?
1. die errechnete durchschnittliche Lebenserwartung sagt nichts darüber aus, wie alt die Menschen tatsächlich wurden.
In diese Berechnungen fließt die hohe Säuglings- und Kinder- und Müttersterblichkeit mit ein. Wir haben (wenn auch insgesamt recht wenige) Skelettfunde von Personen unterschiedlichen Alters, darunter auch Personen die das gleiche Alter erreichten wie rezente Menschen.

2. Die Frauen waren nicht "dauerschwanger" und deshalb auch nicht geschwächt. Forensische Untersuchungen legen nahe, dass Frauen i.d.R. nicht mehr als 3 bis 4 Kinder - im Abstand von mehreren Jahren - zur Welt brachten.

3. Frauen, die infolge häufiger Geburten - kurz hintereinander - geschwächt sind, wären für eine steinzeitliche Gruppe von Nachteil gewesen, hätten deren Überlebensfähigkeit beträchtlich eingeschränkt.

4. war eine Großwildjagd in jedem Fall lebensgefährlich - egal ob Mann oder Frau - aber sie war kein Abenteuer, sondern Überlebensnotwendigkeit. Ortsfeste Jagd bedeutet beispielsweise mittel- oder langfristige Lagerung an den Wanderrouten der Mammute. Treibjagden werden jeweils im Frühjahr oder Herbst stattgefunden haben, wenn die Tiere zu ihren jeweiligen Sommer- oder Winterweiden zogen.
H2O hat geschrieben:(15 Mar 2018, 15:36)Was ich mir gut vorstellen könnte: Daß bei Treibjagden in der Sippe "alles was Beine hatte" mit ging, um die Treiberkette möglichst eng auf zu stellen. Und daß Frauen und große Kinder schon zum Selbstschutz Spieße und Äxte mitführten. Gängige Darstellungen zeigen auch, daß diese Jagden nicht durchweg wirklich heldenhaft verliefen. Da wurden Tiergruppen über steile Klippen gejagt, über die sie abstürzten. Und auch klar: "Alles was Arme hatte", also auch Frauen und große Kinder, mußte mit zupacken, um die Beute zu sichern.
Diese Sichtweise entpuppt sich mehr und mehr als Mythos. Die Menschen haben nicht mehr gejagd als sie verwerten konnten. Sicherlich werden sich auch mehrere Gruppen zur gemeinsamen Jagd zusammen geschlossen haben. Und natürlich werden sie in einer Art und Weise durchgeführt worden sein, die das geringsmögliche Risiko für die Beteiligten beinhaltete.
Nur sagt die Menge der gefundenen Tierknochen noch nichts darüber aus, wieviele Tiere jeweils bei einer Jagd getötet wurden.
Die Tierknochen können sich durchaus über mehrere Generationen hinweg angesammelt haben.
H2O hat geschrieben:(15 Mar 2018, 15:36)Frage also: Gibt es Funde/Felsbilder, die Frauen als Jägerinnen auf Großwild (vom Wildschwein an aufwärts) vermuten lassen? So richtig mit Spieß und Axt?
Großwild im Paläolithikum bedeutet Mammut, Riesenhirsch, Wollnashorn etc. Wir haben - wie bereits geschrieben - Skelettfunde mit den typischen Merkmalen.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Ammianus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Mar 2018, 15:17)

Und manchmal soll etwas so sein, weil es so sein soll und nicht weil es so ist. Prominentestes Beispiel ist vielleicht die sogenannte Deutsche Physik. Und das waren keineswegs nur Dummköpfe, die sie vertraten.
Das ist ja das, was ich die ganze Zeit in verschiedenen Beiträge anspreche. Da waren die beiden deutschen Diktaturen z.B. In der Sowjetunion kostetes es zu mindest die Karriere, wenn man auf die Rolle der Skandinavier bei der Gründung der Rus verwies. Wobei da sich dann halt Stalinismus mit Nationalismus gepaart hatte. In Polen gab es den Prähistoriker Kostrzewski. Der behauptete die Träger Lausitzer Kultur wären frühe Slawen gewesen.
Empfehlenswert auch Schachermeyrs "Indogermanen und Orient". Der Mann hatte nach dem letzten Krieg allerdings mehrere Jahre Lehrverbot. Der war nicht nur Mitläufer, der glaubte das Zeug.

Heute hat man dann bestimmte Sachen wie Feminisierungsversuche oder eben die Wanderverbote. Letztere sind ja grandios gescheitert.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

Troh.Klaus hat geschrieben:(15 Mar 2018, 16:06)

Ich habe - bislang - "Kurganhypothese" primär als Herkunftshypothese für die Sprecher des Proto-Indoeuropäischen interpretiert, im Gegensatz zur Herkunftshypothese Anatolien. Ob es sich dabei um "ein Volk" oder um mehrere Völker mit ähnlichen kulturellen Ausprägungen gehandelt hat, dürfte sich nach ca. 5 bis 7 Jahrtausenden wohl nicht mehr zweifelsfrei nachweisen lassen. Vielleicht sollte man bei allen Überlegungen auch berücksichtigen, dass die Bevölkerungsdichte damals doch eher bescheiden war, von "Volk" also sowieso kaum die Rede sein kann.
Naja - jemand der eine Sprache spricht, gehört auch zu einem Volk. ;)
Najaaa - wenn man alle Funde berücksichtigt und vergleicht, kristllisieren sich schon lokale und/oder regionale Unterschiede heraus und seien die noch so klein. Das legt dann schon das Vorhandensein bestimmter Völker und Kulturen nahe.
Und zweifelsfrei ist in den Wissenschaften gar nix. Jeder neue Fund kann bisherige Annahmen und Theorien über den Haufen werfen.
Troh.Klaus hat geschrieben:(15 Mar 2018, 16:06)Das mit den ähnlichen Dialekten, die sich schließlich zu der neuen Sprachfamilie verdichteten - Ist das Vorgehen der Linguisten nicht genau entgegengesetzt? Aus modernen Sprachen eine frühe, gemeinsame Proto-Sprache erarbeiten? Ähnliche Dialekte wären doch demnach ein starkes Indiz für eine hohe sprachliche Verwandtschaft der verschiedenen "Völker", was dann über das gemeinsame Siedlungsgebiet und die genetische Äquivalenz doch auch eine "Ein-Urvolk-These" stützen könnte?
Die Sprachfamilien sind willkürliche Zuordnungen aufgrund von Ähnlichkeiten. Da hat sich nichts "verdichtet", da hat sich höchstens was "auseinander dividiert", von der Ursprache abgespalten. Bei verschiedenen regionalen Kulturen mit ähnlichen Merkmalen ist weder eine sprachliche noch ethnische Verwandtschaft ausgeschlossen.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Troh.Klaus »

Ammianus hat geschrieben:(15 Mar 2018, 16:50)
Heute hat man dann bestimmte Sachen wie Feminisierungsversuche oder eben die Wanderverbote. Letztere sind ja grandios gescheitert.
Das mit den "Wanderverboten" habe ich noch nicht verstanden. Wer hat da was genau mit welcher Begründung "verboten"?
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Troh.Klaus »

Dark Angel hat geschrieben:(15 Mar 2018, 17:13)
Die Sprachfamilien sind willkürliche Zuordnungen aufgrund von Ähnlichkeiten. Da hat sich nichts "verdichtet", da hat sich höchstens was "auseinander dividiert", von der Ursprache abgespalten. Bei verschiedenen regionalen Kulturen mit ähnlichen Merkmalen ist weder eine sprachliche noch ethnische Verwandtschaft ausgeschlossen.
Dark Angel hat geschrieben:(15 Mar 2018, 15:17)
Und genau darin besteht das Problem - wenn es kein Urvolk gegeben hat, sondern verschiedene Urvölker mit ähnlichen Dialekten, dann kann es auch keine Ursprache gegeben haben.
Darin liegt m.M.n. auch die Kontroverse zwischen Linguisten und Genetikern - hier wird von falschen Prämissen ausgegangen.
Verschiedene Urvölker mit ähnlichen Dialekten, die sich nicht aus einer Ursprache "auseinander dividierten"? Aber es hat sich nichts "verdichtet", sondern höchstens "auseinander dividiert", aus der Ursprache abgespalten? Was denn nun?
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

Troh.Klaus hat geschrieben:(15 Mar 2018, 17:19)

Das mit den "Wanderverboten" habe ich noch nicht verstanden. Wer hat da was genau mit welcher Begründung "verboten"?
Einige Wssenschaftler (Archäologen) sind der Meinung Wanderbewegungen/Bevölkerungsverschiebunen habe es nicht gegeben. Sie versuchen nachgewiesene Siedlungkontinuität, die es in einigen Regionen durchaus gegeben hat, zu verallgemeinern. In diesem Zusammenhang postulieren sie eine Entwicklung von bestimmten Techniken die innerkulturell unabhängig voneinander an verschiedlichen Orten stattgefunden hat. Lässt sich diese These nicht aufrecht erhalten, versuchen sie die Wanderbewegungen zu marginalisieren. Aus welchem Grund derart verfahren wird, kann ich nicht sagen.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

Troh.Klaus hat geschrieben:(15 Mar 2018, 17:36)

Verschiedene Urvölker mit ähnlichen Dialekten, die sich nicht aus einer Ursprache "auseinander dividierten"? Aber es hat sich nichts "verdichtet", sondern höchstens "auseinander dividiert", aus der Ursprache abgespalten? Was denn nun?
Das "was denn nun" ist ja die große Frage. Vertreter der Kurganhypothese gehen von einem "Urvolk" als Träger einer/der "Ursprache" aus, aus welcher sich die verschiedenen Sprachen der indoeuropäischen Sprachfamilie (zu unterschiedlichen Zeiten) abgespalten haben. Dem widersprechen jedoch die genetischen Untersuchungen von Cavelli-Sforza.
Eine weitere Möglichkeit - die bisher jedoch nicht in Betracht gezogen wird - wären verschiedene Völker mit ähnlichen Sprachen.
Der Usprung der Indoeuropäer bzw deren Herkunft und ebenso der Ursprung der indoeuropäischen Sprache(n) werden immer noch kontrovers diskutiert.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Troh.Klaus »

Dark Angel hat geschrieben:(15 Mar 2018, 17:37)

Einige Wssenschaftler (Archäologen) sind der Meinung Wanderbewegungen/Bevölkerungsverschiebunen habe es nicht gegeben. Sie versuchen nachgewiesene Siedlungkontinuität, die es in einigen Regionen durchaus gegeben hat, zu verallgemeinern. In diesem Zusammenhang postulieren sie eine Entwicklung von bestimmten Techniken die innerkulturell unabhängig voneinander an verschiedlichen Orten stattgefunden hat. Lässt sich diese These nicht aufrecht erhalten, versuchen sie die Wanderbewegungen zu marginalisieren. Aus welchem Grund derart verfahren wird, kann ich nicht sagen.
Ok, Komische Sache das. Weil der Mensch sich doch irgendwie über den Erdball verteilt hat, also ein rechter Vagabund gewesen sein muss, und es doch eigentlich bis heute geblieben ist.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Troh.Klaus »

Dark Angel hat geschrieben:(15 Mar 2018, 17:45)

Das "was denn nun" ist ja die große Frage. Vertreter der Kurganhypothese gehen von einem "Urvolk" als Träger einer/der "Ursprache" aus, aus welcher sich die verschiedenen Sprachen der indoeuropäischen Sprachfamilie (zu unterschiedlichen Zeiten) abgespalten haben. Dem widersprechen jedoch die genetischen Untersuchungen von Cavelli-Sforza.
Eine weitere Möglichkeit - die bisher jedoch nicht in Betracht gezogen wird - wären verschiedene Völker mit ähnlichen Sprachen.
Der Usprung der Indoeuropäer bzw deren Herkunft und ebenso der Ursprung der indoeuropäischen Sprache(n) werden immer noch kontrovers diskutiert.
Nun, so richtig widersprechen die genetischen Befunde von Cavalli-Sforza dem nicht. Aus seinen Gen-Daten liest er eine frühe Wanderungsbewegung aus Anatolien in den nord-pontischen Raum, etwa 2000 Jahre, bevor die Kurgan-Leute in dieser Region unterwegs sind.
Und noch mal das Thema "verschiedene Völker" mit ähnlichen Sprachen. Ich überspitze mal: Es kommt ein Clan von West und trifft auf einen Clan aus dem Osten. Sie sprechen einen ähnlichen Dialekt, aber haben ethnisch und/oder sprach-geschichtlich nichts miteinander zu tun? Was wäre denn dann das Proto-Indoeuropäische? So eine Art Esperanto oder lingua franca der Steppenvölker?
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Ammianus »

Troh.Klaus hat geschrieben:(15 Mar 2018, 17:19)

Das mit den "Wanderverboten" habe ich noch nicht verstanden. Wer hat da was genau mit welcher Begründung "verboten"?
Die Antwort von Dark Angel sagt eigentlich schon alles. Interessant dazu ist auch der hier im Eingangsbeitrag verlinkte Aufsatz von Häusler. Der kommt dann auch zu der Feststellung, es habe seit dem Mesolithikum in Mitteleuropa keine nennenwerte Zuwanderung gegeben. Die traditionelle Archäologie - will ich mal so nennen - war da anderer Meinung. Und diese Traditionelle Meinung wurde jetzt durch die Genetik bestätigt.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von schokoschendrezki »

Ammianus hat geschrieben:(15 Mar 2018, 16:50)

Das ist ja das, was ich die ganze Zeit in verschiedenen Beiträge anspreche. Da waren die beiden deutschen Diktaturen z.B. In der Sowjetunion kostetes es zu mindest die Karriere, wenn man auf die Rolle der Skandinavier bei der Gründung der Rus verwies. Wobei da sich dann halt Stalinismus mit Nationalismus gepaart hatte. In Polen gab es den Prähistoriker Kostrzewski. Der behauptete die Träger Lausitzer Kultur wären frühe Slawen gewesen.
Empfehlenswert auch Schachermeyrs "Indogermanen und Orient". Der Mann hatte nach dem letzten Krieg allerdings mehrere Jahre Lehrverbot. Der war nicht nur Mitläufer, der glaubte das Zeug.

Heute hat man dann bestimmte Sachen wie Feminisierungsversuche oder eben die Wanderverbote. Letztere sind ja grandios gescheitert.
Aktuell am kuriosesten in dieser Hinsicht ist vielleicht die Ablehnung der - eigentlich wissenschaftlich erwiesenen - Zugehörigkeit des Ungarischen zum finno-ugrischen Zweig der uralischen Sprachfamilie. Man wünscht von seiten nationalistischer Kräfte eine (vermeintlich) "vornehmere" Sprachverwandtschaft. Und nur, damit ich nicht wegen Unthematigkeit des Threads verwiesen werde:
Eine nächstweitere Verwandtschaft [der uralischen Sprachfamilie] wird von vielen Forschern mit dem Urindogermanischen gesehen, nicht zuletzt wegen der jahrtausende währenden Nachbarschaft, aber auch wegen vermuteter lexikalischer und grammatikalischer Beziehungen. So lassen sich sowohl für den Wortschatz als auch die grammatischen Strukturen zwischen den indogermanischen als auch uralischen Sprachen konvergente Elemente rekonstruieren. Die Epizentren beider Ethnien lagen wahrscheinlich im östlichen Europa, wobei das Siedlungsgebiet der Uralier nördlicher lag als das postulierte der Indoeuropäer.
Auch wenn die sogenannte "Landnahme" der ugrischen Menschen im pannonischen Becken, dem heutigen Ungarn, sehr viel jüngeren Datums ist als das, worums in diesem Strang geht (etwa vor Tausend Jahren) ... in der heutigen ungarischen Sprache kann man immer noch deutlich die Herkunft von Begriffen der sesshaften Landwirtschaft (z.B. Káposzta=Kohl, russisch капуста, Kapusta) der bei dieser Landnahme vorgefundenen slawischsprachigen Menschen und den aus dem Uralgebiet stammenden eher nicht-sesshaften ugrischen Völkern erkennen. Ganz offensichtlich gab es stets längere Perioden der Koexistenz und des Austauschs.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Ammianus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Mar 2018, 00:39)

Aktuell am kuriosesten in dieser Hinsicht ist vielleicht die Ablehnung der - eigentlich wissenschaftlich erwiesenen - Zugehörigkeit des Ungarischen zum finno-ugrischen Zweig der uralischen Sprachfamilie. Man wünscht von seiten nationalistischer Kräfte eine (vermeintlich) "vornehmere" Sprachverwandtschaft. Und nur, damit ich nicht wegen Unthematigkeit des Threads verwiesen werde:


Auch wenn die sogenannte "Landnahme" der ugrischen Menschen im pannonischen Becken, dem heutigen Ungarn, sehr viel jüngeren Datums ist als das, worums in diesem Strang geht (etwa vor Tausend Jahren) ... in der heutigen ungarischen Sprache kann man immer noch deutlich die Herkunft von Begriffen der sesshaften Landwirtschaft (z.B. Káposzta=Kohl, russisch капуста, Kapusta) der bei dieser Landnahme vorgefundenen slawischsprachigen Menschen und den aus dem Uralgebiet stammenden eher nicht-sesshaften ugrischen Völkern erkennen. Ganz offensichtlich gab es stets längere Perioden der Koexistenz und des Austauschs.
Nationalismus und Wissenschaft - das ist oft wirklich so ein Ding. In Bezug auf Ungarn bin ich schon auf Türken getroffen, die meinten, Türkisch wäre mit dem Ungarischen verwandt und die Ungarn so eben ein Turkvolk. Doch obwohl es Ähnlichkeiten in der Grammatik gibt, sind sich Sprachwissenschaftler einig, dass es nicht so ist. Das Ungarische hat auch z.B. den Begriff für Wurst aus dem Slawischen übernommen kolbász - колбаса (Kolbasa) und aus dem Deutschen ház - Haus.
Und jetzt so richtig OT: Im Russischen gibt es einige teilweise lustig klingende Lehnworte aus dem Deutschen. Rucksack - рюкзак (Rjuksak), Bunker - bomboibeschitze (Letzteres findet sich aber nur in einem alten Wörterbuch aus der Sowjetunion).
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

Ammianus hat geschrieben:(15 Mar 2018, 20:27)

Die Antwort von Dark Angel sagt eigentlich schon alles. Interessant dazu ist auch der hier im Eingangsbeitrag verlinkte Aufsatz von Häusler. Der kommt dann auch zu der Feststellung, es habe seit dem Mesolithikum in Mitteleuropa keine nennenwerte Zuwanderung gegeben. Die traditionelle Archäologie - will ich mal so nennen - war da anderer Meinung. Und diese Traditionelle Meinung wurde jetzt durch die Genetik bestätigt.
Im Zusammenhang mit der Kurganhypothese und dem "Wanderverbot" ist mir etwas aufgefallen, was ich beim ersten Überfliegen gar nicht registriert habe. Die Thesen von Gimbutas von Reiternomaden/Kriegernomaden, die in Europa einfielen und eine "blühende matrifokale Kultur" zerstörten, ist mittels archäologischer Befunde nicht haltbar. Statt dessen zeichnen sich eine Vielzahl regionaler Kulturen ab, die landwirtschaftliche Mischwirtschaft betrieben und die formal einige gemeinsame Merkmale aufweisen.
Die Archäologen um Lüning konzentrieren sich derart auf die Nichthaltbarkeit der Eroberungs-/Katastrophenthesen durch Reiter-/Kriegernomaden, dass sie daraus gleichzeitig mögliche Wanderbewegungen bzw Bevölkerungsverschiebungen von landwirtschaftlicher Mischwirtschaft treibenden Völkern negieren. Damit begehen sie im Grunde den gleichen Fehler wie Gimbutas.
Sie schließen wiederum aus dem Fehlen bestimmter Merkmale darauf, dass keine Wanderungen stattgefunden haben können.
Siedlungskontinuität mit nur schwachen kulturellen Veränderungen bedeutet nicht zwingend, dass sich die Bevölkerungszusammensetzung nicht verändert hat. Nicht jede Wanderbewegung, v.a. wenn es sich um Völker mit ähnlicher bzw gleicher Wirtschaftsweise und ähnlichen Traditionen handelt, bedeutet zwingend einen Bruch.
Daraus lässt sich auch nicht zwingend das Fehlen von Bevölkerungsmischungen und/oder Bevölkerungsverschiebungen ableiten.
Das einzige was sich ableiten lässt, dass die Wanderungen bzw Bevölkerungsverschiebungen nicht durch Nomaden allgemein bzw Kriegernomaden stattgefunden haben. Es lässt sich nicht einmal ableiten, dass das Zusammentreffen unterschiedlicher Völker und Kulturen friedlich verlief.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

Troh.Klaus hat geschrieben:(15 Mar 2018, 18:02)

Nun, so richtig widersprechen die genetischen Befunde von Cavalli-Sforza dem nicht. Aus seinen Gen-Daten liest er eine frühe Wanderungsbewegung aus Anatolien in den nord-pontischen Raum, etwa 2000 Jahre, bevor die Kurgan-Leute in dieser Region unterwegs sind.
Aus diesem Grund wird ja auch vorgeschlagen, die Kurganhypothese und die Anatolienhypothese zu einer neuen Hypothese zu vereinigen.
Ein anderes Problem besteht in der Unsauberkeit von Gimbutas Arbeiten zur Kurganhypothese. Dadurch dass die das Vorkommen einzelner gemeinsamer (formaler) Merkmale verschiedener Regionalkulturen zu einer Kultur, ohne Berücksichtigung von Typologie und Chronologie der Funde, ist es denkbar, dass sie Wanderbewegungen eines oder mehrerer Völker zu spät ansetzt bzw sich zu sehr auf die Nutzung des Pferdes konzentriert.
Troh.Klaus hat geschrieben:(15 Mar 2018, 18:02)Und noch mal das Thema "verschiedene Völker" mit ähnlichen Sprachen. Ich überspitze mal: Es kommt ein Clan von West und trifft auf einen Clan aus dem Osten. Sie sprechen einen ähnlichen Dialekt, aber haben ethnisch und/oder sprach-geschichtlich nichts miteinander zu tun? Was wäre denn dann das Proto-Indoeuropäische? So eine Art Esperanto oder lingua franca der Steppenvölker?
Das Problem besteht darin, dass sich einzelne Dialekte nach mehreren Jahrtausenden nicht mehr rekonstruieren lassen. Das einzige was möglich ist, ist Wortstämme aus bestimmten Writschafts- oder Lebensbereichen zu finden, die sich in den verschiedenen Sprachen für bestimmte Begriffe in ähnlicher Form erhalten.
Diese Wortstämme können sowohl auf eine einzige "Ursprache" hindeuten, aber auch verschiedenen Dialekten gemeinsam gewesen sein.
Was in diesem Zusammenhang jedoch naheliegend ist, ist eine ethnische Verwandschaft der Träger dieser Sprachen/Dialekte.
Ein Auseinanderdriften weist ja gerade auf Wanderbewegungen hin.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Troh.Klaus »

Ich habe den Eindruck, dass ich mein Problem mit dem Terminus "Dialekt" nicht recht klar machen kann.
Also noch ein Versuch: Dialekte sind für mich Variationen einer gemeinsamen Sprache, die z.B. durch räumliche Trennung der Sprecher entstanden sind. Wenn also die indoeuropäischen Sprachen aus mehreren "Dialekten" entstanden sein sollen, heißt das für mich, es gab eine indoeuropäische Ursprache, aus der sich verschiedenen Dialekte entwickelt haben.

Aber vielleicht bedeutet "Dialekt" in diesem linguistischen Kontext ja ganz was anderes ...

Noch was zu den "Reiternomaden": Soweit ich weiß, haben nicht einmal die Hethiter über eine Kavallerie verfügt, sie sind mit pferde-betriebenen Streitwagen in den Krieg gezogen (z.B. in Kadesh). Von daher halte ich es für eher unwahrscheinlich, dass die frühen Indoeuropäer 2000 Jahre vorher auf dem Rücken von Pferden zu Eroberungszügen ausgeschwärmt sind.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Ammianus »

Dark Angel hat geschrieben:(16 Mar 2018, 12:13)

Im Zusammenhang mit der Kurganhypothese und dem "Wanderverbot" ist mir etwas aufgefallen, was ich beim ersten Überfliegen gar nicht registriert habe. Die Thesen von Gimbutas von Reiternomaden/Kriegernomaden, die in Europa einfielen und eine "blühende matrifokale Kultur" zerstörten, ist mittels archäologischer Befunde nicht haltbar. Statt dessen zeichnen sich eine Vielzahl regionaler Kulturen ab, die landwirtschaftliche Mischwirtschaft betrieben und die formal einige gemeinsame Merkmale aufweisen.
Die Archäologen um Lüning konzentrieren sich derart auf die Nichthaltbarkeit der Eroberungs-/Katastrophenthesen durch Reiter-/Kriegernomaden, dass sie daraus gleichzeitig mögliche Wanderbewegungen bzw Bevölkerungsverschiebungen von landwirtschaftlicher Mischwirtschaft treibenden Völkern negieren. Damit begehen sie im Grunde den gleichen Fehler wie Gimbutas.
Sie schließen wiederum aus dem Fehlen bestimmter Merkmale darauf, dass keine Wanderungen stattgefunden haben können.
Siedlungskontinuität mit nur schwachen kulturellen Veränderungen bedeutet nicht zwingend, dass sich die Bevölkerungszusammensetzung nicht verändert hat. Nicht jede Wanderbewegung, v.a. wenn es sich um Völker mit ähnlicher bzw gleicher Wirtschaftsweise und ähnlichen Traditionen handelt, bedeutet zwingend einen Bruch.
Daraus lässt sich auch nicht zwingend das Fehlen von Bevölkerungsmischungen und/oder Bevölkerungsverschiebungen ableiten.
Das einzige was sich ableiten lässt, dass die Wanderungen bzw Bevölkerungsverschiebungen nicht durch Nomaden allgemein bzw Kriegernomaden stattgefunden haben. Es lässt sich nicht einmal ableiten, dass das Zusammentreffen unterschiedlicher Völker und Kulturen friedlich verlief.
Das ist ja das, was ich meine. Zum einen gibt es Leute, die glauben auf dem richtigen Weg zu sein und dann nur noch das heranziehen, dass ihre Thesen bestätigt. Alles andere wird ausgeklammert oder uminterpretiert. Parallel dazu gab es schon immer die Bemühungen seine Erkenntnisse als neues Paradiktum zu etablieren. Da schwimmen dann oft auch viele mit.

Radikalfeministische Archäologinnen z.B. brachten für das nichtvorhandensein von Geschlechterrollen immer gern einige - glaube frühmittelalterliche - Gräber in Großbritannien ins Spiel. Da ware angeblich Schwerter in Frauengräbern. Bis dann irgendwann mal jemand nachschaute und feststellte, dass es eine Rettungsgrabung war. Na ja, wie da unter Zeitdruck teilweise gearbeitet und dokumentiert werden muss.
Kein seriöser Archäologe würde derartige Befunde für so grundlegende Feststellungen nehmen.

Oder eben Lüning. Da nicht mehr gewandert werden durfte, breitete sich der Bandkeramische Komplex durch Missionare aus. Diese Abneigung gegenüber Wanderungen, Verdrängungen, Unterwerfungen kann auch durch unser doch wirklich friedvolles Zeitalter entstanden sein. In früheren Generationen war fast jeder Mann Soldat gewesen oder hatte wenigstens einen Krieg erlebt. Das war vollkommen selbstverständlich.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Ammianus »

Troh.Klaus hat geschrieben:(16 Mar 2018, 16:14)

Ich habe den Eindruck, dass ich mein Problem mit dem Terminus "Dialekt" nicht recht klar machen kann.
Also noch ein Versuch: Dialekte sind für mich Variationen einer gemeinsamen Sprache, die z.B. durch räumliche Trennung der Sprecher entstanden sind. Wenn also die indoeuropäischen Sprachen aus mehreren "Dialekten" entstanden sein sollen, heißt das für mich, es gab eine indoeuropäische Ursprache, aus der sich verschiedenen Dialekte entwickelt haben.

Aber vielleicht bedeutet "Dialekt" in diesem linguistischen Kontext ja ganz was anderes ...

Noch was zu den "Reiternomaden": Soweit ich weiß, haben nicht einmal die Hethiter über eine Kavallerie verfügt, sie sind mit pferde-betriebenen Streitwagen in den Krieg gezogen (z.B. in Kadesh). Von daher halte ich es für eher unwahrscheinlich, dass die frühen Indoeuropäer 2000 Jahre vorher auf dem Rücken von Pferden zu Eroberungszügen ausgeschwärmt sind.
Wenn ich mich jetzt nicht völlig irre, so stimmt das wohl nicht ganz. Ich erinnere mich an Darstellungen - weiß jetzt nicht mehr ob ägyptisch, hethitisch oder andere vorderorientalische Kultur, da sieht man wenigstens einen hethitischen Reiter. Sonst unterschieden sie sich von den Ägyptern darin, dass sie statt 2 meist 3 Mann an Bord ihrer Wagen hatten. Was nun nichts in Bezug auf die Schnurkeramker oder Yamnaja sagt. Das war viel früher. Eine sehr alte Reitersdarstellunge fand sich auf Kreta, wohl aus dem 11. Jh. v. Chr. - aber das ist eben auch viel viel später.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Troh.Klaus »

Könnte eine ägyptische Darstellung (Ramses II) zur Schlacht um Dabur sein, ein paar Jahre nach Kadesh.
Richtige Kavallerie statt Streitwagen kam erst danach auf, so ab 1200 v.Chr.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von H2O »

@ Troh.Klaus; Thema Reiternomaden

Vor vielen Jahren besuchte ich in Berlin im Gropiusbau eine Ausstellung "Das Gold der Skyten".
https://www.welt.de/kultur/article14811 ... olkes.html

Dort wurde rein technisch gezeigt, daß so richtige Reiterei erst mit der Erfindung der Sattelbrücke möglich war. Die Sattelbrücke stützt sich auf flache Brettchen, die rechts und links der Wirbelsäule auf der Rückenmuskulatur der Pferde glatt aufliegen. Damit kann das Pferd eine Last oder einen Reiter längere Zeit ohne Rückenbeschwerden tragen. Das war wohl auch die Grundlage für Bogenschützen, die in der Deckung des Pferdeleibs unter dem Hals des Pferds hindurch zum Schuß kamen. Auch unsere modernen Sättel sind so aufgebaut.

Die Erfindung dieser Sattelbrücke wird den Skyten zugeschrieben... zumindest in dieser Ausstellung wurde das so behauptet. Diese Reiternomaden traten im 8. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung als Schrecken ansässiger Völker auf. "Richtige" Reiterei könnte man demzufolge nicht vor dem 1. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung erwarten.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

Troh.Klaus hat geschrieben:(16 Mar 2018, 16:14)

Ich habe den Eindruck, dass ich mein Problem mit dem Terminus "Dialekt" nicht recht klar machen kann.
Also noch ein Versuch: Dialekte sind für mich Variationen einer gemeinsamen Sprache, die z.B. durch räumliche Trennung der Sprecher entstanden sind. Wenn also die indoeuropäischen Sprachen aus mehreren "Dialekten" entstanden sein sollen, heißt das für mich, es gab eine indoeuropäische Ursprache, aus der sich verschiedenen Dialekte entwickelt haben.

Aber vielleicht bedeutet "Dialekt" in diesem linguistischen Kontext ja ganz was anderes ...
Ich hatte dich schon genau so verstanden. Wenn sich allerdings sehr frühzeitig Dialekte heraus gebildet haben, welche infolge von Wanderbewegungen zur Entwicklung neuer Sprachen führten, ist der eigentliche Ursprung nicht mehr ermittelbar.
Troh.Klaus hat geschrieben:(16 Mar 2018, 16:14)Noch was zu den "Reiternomaden": Soweit ich weiß, haben nicht einmal die Hethiter über eine Kavallerie verfügt, sie sind mit pferde-betriebenen Streitwagen in den Krieg gezogen (z.B. in Kadesh). Von daher halte ich es für eher unwahrscheinlich, dass die frühen Indoeuropäer 2000 Jahre vorher auf dem Rücken von Pferden zu Eroberungszügen ausgeschwärmt sind.
Genau das ist der Punkt. Die von Gimbutas - den Annahmen von Wahle und Güntert folgend - postulierten Reiter-/Kriegernomaden gab es im Neolithikum noch nicht. Und das ist auch ein entscheidender Kritikpunkt an der Kurganhypthese.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

Troh.Klaus hat geschrieben:(16 Mar 2018, 18:04)

Könnte eine ägyptische Darstellung (Ramses II) zur Schlacht um Dabur sein, ein paar Jahre nach Kadesh.
Richtige Kavallerie statt Streitwagen kam erst danach auf, so ab 1200 v.Chr.
Das könnte durchaus sein. Im Zusammenhang mit der Kurganhypothese sprechen wir aber von einer Zeit 8000 bis 4000 Jahre bp (bp = bevore present unkalibriert)
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Alexyessin »

Dark Angel hat geschrieben:(16 Mar 2018, 18:56)

Das könnte durchaus sein. Im Zusammenhang mit der Kurganhypothese sprechen wir aber von einer Zeit 8000 bis 4000 Jahre bp (bp = bevore present unkalibriert)
Also damit ich das richtig verstehe, wir sind also ungefähr 6000 v. b. Z.

Setzt die Kurgantheorie da schon ein oder erst mit vermeintlich ersten Wanderstufe Kurgan I zwischen Don und Donau?
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

Alexyessin hat geschrieben:(16 Mar 2018, 20:25)

Also damit ich das richtig verstehe, wir sind also ungefähr 6000 v. b. Z.

Setzt die Kurgantheorie da schon ein oder erst mit vermeintlich ersten Wanderstufe Kurgan I zwischen Don und Donau?
Es handelt sich nicht um eine Theorie, sondern um eine Hypothese und zwar um eine widerlegte Hypothese.
Egal wann man die Wanderbewegungen ansetzt - im fraglichen Zeitrahmen sind archäologisch keine Nomadenvölker und schon gar keine Reiter-/Kriegernomaden nachweisbar. Bereits damit bricht die gesamte Hypothese in sich zusammen.

Ist nur ein Aspekt einer Hypothese/Theorie widerlegt, muss die gesamte Hypothese/Theorie fallen gelassen oder modifiziert werden ==> Popper Kritischer Rationalismus

Weitere Punkte der Kurganhypothese sind widerlegt: für den fraglichen Zeitrahmen ist keine "Gesamt"kultur für das postulierte Gebiet (norspontische Steppen/die Rus) zwischen Wolga, Kaukasus, Schwarzes Meer, südlich des Ural, sondern nur regionale Kulturen, die nur ein formales gemeinsames Merkmal aufweisen, die postulierte Sozialstruktur und die religiösen Glaubensvorstellungen sind reine Utopie.
Dennoch wird an dieser widerlegten Hypothese weiterhin festgehalten.

Auf der Grundlage nur weniger archäologischer Befunde für eine Kultur - insbesondere bei schriftlosen Kulturen - lassen sich keine Sozialstrukturen und keine religiösen Glaubensvorstellungen (Kultus und Ritus) rekonstruieren. Und noch weniger rekonstruierbar sind solche Sozialstrukturen, wenn keinerlei Arbeits- und Alltagsgeräte in die Unteruchungen einbezogen werden.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Alexyessin »

Dark Angel hat geschrieben:(17 Mar 2018, 14:28)

Es handelt sich nicht um eine Theorie, sondern um eine Hypothese und zwar um eine widerlegte Hypothese.
Egal wann man die Wanderbewegungen ansetzt - im fraglichen Zeitrahmen sind archäologisch keine Nomadenvölker und schon gar keine Reiter-/Kriegernomaden nachweisbar. Bereits damit bricht die gesamte Hypothese in sich zusammen.

Ist nur ein Aspekt einer Hypothese/Theorie widerlegt, muss die gesamte Hypothese/Theorie fallen gelassen oder modifiziert werden ==> Popper Kritischer Rationalismus

Weitere Punkte der Kurganhypothese sind widerlegt: für den fraglichen Zeitrahmen ist keine "Gesamt"kultur für das postulierte Gebiet (norspontische Steppen/die Rus) zwischen Wolga, Kaukasus, Schwarzes Meer, südlich des Ural, sondern nur regionale Kulturen, die nur ein formales gemeinsames Merkmal aufweisen, die postulierte Sozialstruktur und die religiösen Glaubensvorstellungen sind reine Utopie.
Dennoch wird an dieser widerlegten Hypothese weiterhin festgehalten.

Auf der Grundlage nur weniger archäologischer Befunde für eine Kultur - insbesondere bei schriftlosen Kulturen - lassen sich keine Sozialstrukturen und keine religiösen Glaubensvorstellungen (Kultus und Ritus) rekonstruieren. Und noch weniger rekonstruierbar sind solche Sozialstrukturen, wenn keinerlei Arbeits- und Alltagsgeräte in die Unteruchungen einbezogen werden.
Ich muss jetzt noch mal genau nachfragen, was du genau kritisierst? Ist es die These das die Kurganvölker eingewandert sind und demnach irgendeine Glaubensvorstellung mitgenommen haben?
Des weiteren baust du immer wieder gerne die Entstehungmöglichkeit der Indo-Europäischen Sprache im nördlichen Kleinasien ein. Korrekt?

Nur für mich wichtig, damit ich weiß wo genau ich denn meine Antwort geben soll. Danke
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

Alexyessin hat geschrieben:(17 Mar 2018, 15:04)

Ich muss jetzt noch mal genau nachfragen, was du genau kritisierst? Ist es die These das die Kurganvölker eingewandert sind und demnach irgendeine Glaubensvorstellung mitgenommen haben?
Richtig - ich kritisiere, dass Kurganvölker eingewandert sind, weil "die" Kurganvölker archäologisch nicht gibt. Kurgane (Hügelgräber) sind ein fomales Merkmal, welches verschiedene regionale - relativ weit verstreut lebende - Völker/Kulturen gemeinsam haben. Und ich kritisiere das Postulat, es habe sich um Reiter-/Kriegernomaden gehandelt, weil Nomadenvölker erst im ausgehenden 2./beginnenden 1. Jahrtausend bc archäologisch nachweisbar sind.
Ich kritisiere nicht, dass sie irgendwelche Glaubensvorstellungen mitgenommen wurden, sondern dass diese Glaubensvorstellungen rekonstruierbar wären und ich kritisiere, dass Sozialstrukturen rekonstruierbar sind. Sind sie nicht!
Alexyessin hat geschrieben:(17 Mar 2018, 15:04)]Des weiteren baust du immer wieder gerne die Entstehungmöglichkeit der Indo-Europäischen Sprache im nördlichen Kleinasien ein. Korrekt?
Nein nicht korrekt. Die Anatolienhypothese spricht von einem Gebiet südlich und südwestlich des Schwarzen Meeres (Nordanatolien) und das ist eindeutig Europa und nicht das nördliche Kleinansien. Cavelli-Sforza spricht sich anhand geneticher Untersuchungen für eine Verbindung von "Kurganhypothese" und Anatolienhypothese aus ==> Einbeziehung eines Gebietes nördlich und westlich des Schwarzen Meeres (südliche Ukraine, Bulgarien).
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Alexyessin »

Dark Angel hat geschrieben:(17 Mar 2018, 15:32)

Richtig - ich kritisiere, dass Kurganvölker eingeandert sind, weil "die" Kurganvölker archäologisch nicht gibt. Kurgane (Hügelgräber) sind ein fomales Merkmal, welches verschiedene regionale - relativ weit verstreut lebende - Völker/Kulturen gemeinsam haben. Und ich kritisiere das Postulat, es habe sich um Reiter-/Kriegernomaden gehandelt, weil Nomadenvölker erst im ausgehenden 2./beginnenden 1. Jahrtausend bc archäologisch nachweisbar sind.
Ich kritisiere nicht, dass sie irgendwelche Glaubensvorstellungen mitgenommen wurden, sondern dass diese Glaubensvorstellungen rekonstruierbar wären und ich kritisiere, dass Sozialstrukturen rekonstruierbar sind. Sind sie nicht!
Du wirst mir dann sicherlich weiterhelfen, wenn ich mich verenne :)

Wenn ich dich weiterhin richtig verstehe siehst du die Reiternomadenkrieger wie die Kimmerer und später die Skythen erst als gegeben an, was davor war, wissen wir nicht. Korrekt?

Welche Glaubensvorstellung ist denn ansich wirklich nachweisbar? Der "berühmte" Dieus Peter"? Ich denke der lässt sich nicht wirklich rekonstruieren.

Ich bin der Meinung, das die Urheimat der Indueuropäischen Völker westlich des Urals beginnt. Und zwar als Jagdvölker aus der letzten Eiszeit.
Und daraus hat sich dann irgendwann diese nomadische Lebensweise weiterentwickelt.

Nein n
Dark Angel hat geschrieben:(17 Mar 2018, 15:32)icht korrekt. Die Anatolienhypothese spricht von einem Gebiet südlich und südwestlich des Schwarzen Meeres (Nordanatolien) und das ist eindeutig Europa und nicht das nördliche Kleinansien. Cavelli-Sforza spricht sich anhand geneticher Untersuchungen für eine Verbindung von "Kurganhypothese" und Anatolienhypothese aus ==> Einbeziehung eines Gebietes nördlich und westlich des Schwarzen Meeres (südliche Ukraine, Bulgarien).
Also der Bereich, wo Troja vermutet wird und uns wohl als Bythinien nochmal in der Geschichte begegnet, oder wie? Also der Großraum heutiges Istanbul?
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Ammianus »

Alexyessin hat geschrieben:(17 Mar 2018, 15:58)

...

Ich bin der Meinung, das die Urheimat der Indueuropäischen Völker westlich des Urals beginnt. Und zwar als Jagdvölker aus der letzten Eiszeit.
Und daraus hat sich dann irgendwann diese nomadische Lebensweise weiterentwickelt.

...
Hier muss erst ganz klar zwischen Völkern, archäologischen Kulturen, Sprachen, Sprachfamilien, Sprachverwandschaften getrennt werden. Sonst entsteht ein unauflösbares Durcheinander inklusive von Zirkelschlüssen. Wie es sich z.B. für Teile Skandinaviens wie auch des nördlichen Mitteleuropas verhält habe ich in einem längeren Text bereits erläutert und dort auch die Ergenisse der neuesten Genetischen Analysen einbzogen.

(wie verlinkt man einen früheren Beitrag, meld mich wieder wenn ich es gelernt habe)

hab jetzt einfach das Relevante aus dem Beitrag kopiert:

Was bringt uns dazu die Archäologie. Homo sapiens sapiens gelangte während der Eiszeiten nach Europa. Auf den Höhepunkten der Kältephasen siedelten Menschen in einem Korridor zwischen den Gletschern der Alpen und den skandinavischen Gletschern. Eine Kältesteppe mit großen Säugetieren wie Mammut, Wollhaarnashorn und anderen, einem stabilen Klima und Sommer deren Spitzentemperaturen durchaus bis an die 20 Grad gehen konnten. Diese Population hatte Tausende Jahre Zeit, sich an diese Verhältnisse anzupassen und auch genetisch und damit morphologisch zu verwandeln.

Zogen sich in den Zwischeneiszeiten die Gletscher zurück, so folgten die Jäger und Sammler und gingen wieder in den Süden, wenn das Eis erneut vordrang. Vor 15 000 Jahren begann sich das Eis zurückzuziehen und die Menschen folgten wieder. Sie erreichten die Gebiete der späteren Küsten von Nord- und Ostsee und gelangten allmählich nach Skandinavien.

In der 2. Hälfte des 6. Jahrtausends v. Chr. kamen aus dem Südosten die ersten Bauern, Träger der Bandkeramik, einer Kultur, die sich in ihrer Blütezeit vom Pariser Becken bis an den Dnister in der Westukraine erstreckte. Sie verdrängten die halbnomadischen Jäger und Sammler an die Küsten im Norden. Deren Kulturen dort entwickelten sich weiter, sie übernahmen Ackerbau und Viehzucht sowie Töpferei. Über die Atlantikküste kam auch noch die Technologie der Errichtung von Großsteinbauten, also dem, was landläufig als Hünengräber bezeichnet wird. Nach gut 2000 Jahren breitete sich diese Kultur dann wieder nach Süden aus. Aus ihr entwickelte sich im weiteren Verlauf im Norden die Einzelgrabkultur und nach Übernahme der Metallurgie die bis in die 1. Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr. dauernde Kultur der Nordischen Bronzezeit. Auf deren Grundlage wieder in Schleswig-Holstein und Süddänemark die sogenannte früheisenzeitliche Jastorfkultur, die sich im Lauf der folgenden Jahrhunderte nach Süden ausbreitete und aus der sich dann die Populationen entwickelten, die später in den antiken Quellen und dann bis heute als germanische Stämme bezeichnet werden. Der Rest ist dann geschriebene Geschichte und erschließt sich über diese.

Während des Spätneolithikums, also der ausgehenden Jungsteinzeit lassen sich sowohl archäologisch als auch durch genetische Untersuchungen zwei Zuwanderungswellen, eine aus dem Westen und eine aus dem Osten beobachten. Eine weitere Welle wäre auch noch während der Bronzezeit möglich – hier gibt es aber z.Z. nur archäologische Indizien. Wichtig ist, dass diese Wellen das Gebiet des nördlichen Mitteleuropa und Südskandinaviens scheinbar nicht oder kaum betroffen haben.
Zuletzt geändert von Ammianus am Sa 17. Mär 2018, 16:50, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Alexyessin »

Ammianus hat geschrieben:(17 Mar 2018, 16:45)

Hier muss erst ganz klar zwischen Völkern, archäologischen Kulturen, Sprachen, Sprachfamilien, Sprachverwandschaften getrennt werden. Sonst entsteht ein unauflösbares Durcheinander inklusive von Zirkelschlüssen. Wie es sich z.B. für Teile Skandinaviens wie auch des nördlichen Mitteleuropas verhält habe ich in einem längeren Text bereits erläutert und dort auch die Ergenisse der neuesten Genetischen Analysen einbzogen.

(wie verlinkt man einen früheren Beitrag, meld mich wieder wenn ich es gelernt habe)
Du klickst oben auf einem Beitrag, kopierst den Link und postest ihn als link oder zitierst diesen mit Copy auf eine Antwort hier. Ist der drüben bei der Genetikgeschichte?
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

Alexyessin hat geschrieben:(17 Mar 2018, 15:58)

Du wirst mir dann sicherlich weiterhelfen, wenn ich mich verenne :)

Wenn ich dich weiterhin richtig verstehe siehst du die Reiternomadenkrieger wie die Kimmerer und später die Skythen erst als gegeben an, was davor war, wissen wir nicht. Korrekt?
Die Skyten gehören genetisch zu den Europäern. Archäologisch nachweisbar ist die Skytenkultur ab späten 2./beginnenden 1. Jahrtausend bc zwischen Schwarzem Meer und Kaspischen Meer bis zum Altai. Die ältesten nachweisbaren Vertreter der Skytenkultur sind die Saken.
Korrekt ist, wir wissen nicht, zu welchen konkreten Völkern/Stämmen/Kulturen die Menschen gehörten, die etwa ab dem 6./5. Jahrtausend bc über ganz Europa, nach Norden bis Sibirien und nach Mittelasien begannen.
Genetisch ist nur, aus welcher Region sie inetwa kamen.
Das Leben als Reiternomaden ist eng an die Domestikation des Pferdes gebunden und die ist nicht vor dem späten 2. Jahrtausend bc archäologisch nachweisbar. Vorher war dasDas Pferd war zwar bereits im 4./3. Jahrtausend bekannt, wurde aber möglicherweise nur als Fleischtier genutzt/gejagd.
Alexyessin hat geschrieben:(17 Mar 2018, 15:58)
Welche Glaubensvorstellung ist denn ansich wirklich nachweisbar? Der "berühmte" Dieus Peter"? Ich denke der lässt sich nicht wirklich rekonstruieren.
Nur die, für die auch schriftliche bzw ikonopgraphische Quellen vorliegen. Letztere geben lediglich Hinweise auf mögliche religiöse Glaubensvorstellungen - dahin gehend, ob totemistisch oder als Ahnenkult. Kultus und Ritus, die mit diesen Glaubensvorstellungen in Verbindung stehen, sind nicht rekonstruierbar.
Darum gibt z.B. Göbekli Tepe so große Rätsel auf, weil sich dort zwar massenhaft Ritzungen von Tieren und Mischwesen finden, aber kaum welche von Menschen.
Und es ergibt sich noch ein weiteres Problem - nicht jeder Figurinenfund muss zwingend religiös-kultischen Charakter tragen und/oder auf Glaubensvorstellungen hindeuten. Eine Frauenfigur kann schlicht und ergreifend eine Frauenfigur sein, ohne jeglichen kultischen Bezug, sie kann mit Fruchtbarkeitssymbol sein (für den Wunsch auf gute Ernte oder einen Kinderwunsch stehen), muss aber in keiner Weise etwas mit "Muttergöttin" zu tun haben, sie kann in Zusammenhang mit der Geburt stehen u.v.m. Wir wissen es einfach nicht!
Alexyessin hat geschrieben:(17 Mar 2018, 15:58)Ich bin der Meinung, das die Urheimat der Indueuropäischen Völker westlich des Urals beginnt. Und zwar als Jagdvölker aus der letzten Eiszeit.
Und daraus hat sich dann irgendwann diese nomadische Lebensweise weiterentwickelt.
Tut mir leid, aber dann liegst du mit deiner Meinung falsch! Mit dem Klimawandel am Ende der letzten Eiszeit wandelte sich auch die gesamte Vegetation und der Wildbestand. Die Menschen waren gezwungen, auf andere Art ihr Überleben zu sichern.
Ausgehend vom so genannten "Fruchtbaren Halbmond" gingen die einzelnen Völker zur landwirschaftlichen Mischwirtschaft über.
Je nach Bedingungen mit mehr oder weniger Ackerbau bzw mehr oder weniger Viehzucht.
Die letzte Eiszeit endete vor 10.000 Jahren. Es sind archäologisch keine Völker nachweisbar, die keine Landwirschaft betrieben hätten. Dass irgendein Volk 6000 Jahre lang als Jägervolk gelebt hätte und dann zum Reiternomadentum übergegangen wäre, kannst du getrost vergessen.
Alexyessin hat geschrieben:(17 Mar 2018, 15:58)Also der Bereich, wo Troja vermutet wird und uns wohl als Bythinien nochmal in der Geschichte begegnet, oder wie? Also der Großraum heutiges Istanbul?
Wo Troia vermutet wird? Sorry aber wo Troia gelegen hat, ist seit Schliemann bekannt! Die Stadt gab einer ganzen Landschaft ihren Namen - die Troas! Das homerische Troia wird heute mit dem hethitischen Willusa (einer möglicherweise luvischen Stadt) gleich gesetzt.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Alexyessin »

Dark Angel hat geschrieben:(17 Mar 2018, 18:49)

Die Skyten gehören genetisch zu den Europäern. Archäologisch nachweisbar ist die Skytenkultur ab späten 2./beginnenden 1. Jahrtausend bc zwischen Schwarzem Meer und Kaspischen Meer bis zum Altai. Die ältesten nachweisbaren Vertreter der Skytenkultur sind die Saken.
Korrekt ist, wir wissen nicht, zu welchen konkreten Völkern/Stämmen/Kulturen die Menschen gehörten, die etwa ab dem 6./5. Jahrtausend bc über ganz Europa, nach Norden bis Sibirien und nach Mittelasien begannen.
Genetisch ist nur, aus welcher Region sie inetwa kamen.
Das Leben als Reiternomaden ist eng an die Domestikation des Pferdes gebunden und die ist nicht vor dem späten 2. Jahrtausend bc archäologisch nachweisbar. Vorher war dasDas Pferd war zwar bereits im 4./3. Jahrtausend bekannt, wurde aber möglicherweise nur als Fleischtier genutzt/gejagd.
Ich denke aber, das die genetischen Vorfahren der Skythen und ich denke eben der Proto IE sind aus dem Wildbeuter dasein bei Pferden auf die Nutzung der selben gekommen. Du hast mit Sicherheit den passenden Terminus für diese Zwischenphase aus reinem Wilbeutertum hin zu Jagdnomadentum.
Dark Angel hat geschrieben:(17 Mar 2018, 18:49)
Nur die, für die auch schriftliche bzw ikonopgraphische Quellen vorliegen. Letztere geben lediglich Hinweise auf mögliche religiöse Glaubensvorstellungen - dahin gehend, ob totemistisch oder als Ahnenkult. Kultus und Ritus, die mit diesen Glaubensvorstellungen in Verbindung stehen, sind nicht rekonstruierbar.
Darum gibt z.B. Göbekli Tepe so große Rätsel auf, weil sich dort zwar massenhaft Ritzungen von Tieren und Mischwesen finden, aber kaum welche von Menschen.
Und es ergibt sich noch ein weiteres Problem - nicht jeder Figurinenfund muss zwingend religiös-kultischen Charakter tragen und/oder auf Glaubensvorstellungen hindeuten. Eine Frauenfigur kann schlicht und ergreifend eine Frauenfigur sein, ohne jeglichen kultischen Bezug, sie kann mit Fruchtbarkeitssymbol sein (für den Wunsch auf gute Ernte oder einen Kinderwunsch stehen), muss aber in keiner Weise etwas mit "Muttergöttin" zu tun haben, sie kann in Zusammenhang mit der Geburt stehen u.v.m. Wir wissen es einfach nicht!
Alles gut, ich halte diesen Gedanken auch für überhöht. Das einzige was du ranziehen könntest sind die alten Mythen der Griechen. Und da könnte der Verdacht aufkommen, das die Götter der Steppe denen der Felder übergeordnet wurden. Blitz und Donner, Pferdehufen usw.
Aber das würde dann wieder viel Interpretation bedeuten und wird damit sehr ungenau.
Dark Angel hat geschrieben:(17 Mar 2018, 18:49)
Tut mir leid, aber dann liegst du mit deiner Meinung falsch! Mit dem Klimawandel am Ende der letzten Eiszeit wandelte sich auch die gesamte Vegetation und der Wildbestand. Die Menschen waren gezwungen, auf andere Art ihr Überleben zu sichern.
Ausgehend vom so genannten "Fruchtbaren Halbmond" gingen die einzelnen Völker zur landwirschaftlichen Mischwirtschaft über.
Je nach Bedingungen mit mehr oder weniger Ackerbau bzw mehr oder weniger Viehzucht.
Die letzte Eiszeit endete vor 10.000 Jahren. Es sind archäologisch keine Völker nachweisbar, die keine Landwirschaft betrieben hätten. Dass irgendein Volk 6000 Jahre lang als Jägervolk gelebt hätte und dann zum Reiternomadentum übergegangen wäre, kannst du getrost vergessen.
Die Klimaschwankungen hörten circa 7500 vbZ auf und wurden stabiler. Der Waldgürtel wandere nach Norden und zwischen dem Wald und den beiden großen Meeren im Süden Schwarzes und Kaspisches Meer bildete sich die Graßsteppe aus die seit dieser Zeit langsam aber sicher austrocknet. Kann jeder heute noch beobachten. Und Jagd ist auf der Steppe leichter als im Wald. Du bist doch vom Fach, du weißt doch wie lange solche Übergangszeiten sein können. Erst die Jagd, dann das folgen, dann das domestizieren. Das Reiten selbst wird selbst aber noch gedauert haben, aber irgendwann müssen die Vorfahren der IE in dieser Ecke der Welt verstanden haben Pferde zu reiten.
Dark Angel hat geschrieben:(17 Mar 2018, 18:49)
Wo Troia vermutet wird? Sorry aber wo Troia gelegen hat, ist seit Schliemann bekannt! Die Stadt gab einer ganzen Landschaft ihren Namen - die Troas! Das homerische Troia wird heute mit dem hethitischen Willusa (einer möglicherweise luvischen Stadt) gleich gesetzt.
Du meinst diese Ecke? Also Troja an den Dardanellen bis rauf zum Goldenen Horn? Nur damit ich weiß wo ich diese deine Theorie mit Westanatolien geographisch einsortieren muss.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

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Alexyessin hat geschrieben:(17 Mar 2018, 19:45)

Ich denke aber, das die genetischen Vorfahren der Skythen und ich denke eben der Proto IE sind aus dem Wildbeuter dasein bei Pferden auf die Nutzung der selben gekommen. Du hast mit Sicherheit den passenden Terminus für diese Zwischenphase aus reinem Wilbeutertum hin zu Jagdnomadentum.
Es gab kein "reines Wildbeutertum und Jagdnomadentum" - es gab wildfeste Jagd - heißt die Menschen zogen dem Wild hinterher, vorwiegend Kleintierjagd und es gab ortsfeste Jagd, heißt die Menschen blieben längere Zeit am gleichen Ort, waren Halbnomaden - insbesondere Großwildjäger.
Reines "Wildbeuter- und Jagdnomadentum" i.d.S. gab es nicht. Die Sesshaftwerdung begann vor der Einführung/Entwicklung von Landwirtschft/landwirtschaftlicher Mischwirtschaft - als Jagd- und Sammelwirtschaft.
Sesshaftwerdung/Sesshaftigkeit ist Voraussetzung für die Entwicklung von Ackerbau, welcher in größerem Umfang betrieben wurde als Viehwirtschaft.
Alexyessin hat geschrieben:(17 Mar 2018, 19:45)
]Alles gut, ich halte diesen Gedanken auch für überhöht. Das einzige was du ranziehen könntest sind die alten Mythen der Griechen. Und da könnte der Verdacht aufkommen, das die Götter der Steppe denen der Felder übergeordnet wurden. Blitz und Donner, Pferdehufen usw.
Aber das würde dann wieder viel Interpretation bedeuten und wird damit sehr ungenau.
Na was du nicht sagst! :s
Es herrscht allgemein Konsens darüber, dass es sich bei Zitadelle die Schliemann und im folgenden Dörrfeldt, Korfmann und Pernika ausgruben um das homersche Troia handelt. Die geographischen Angaben sind zu genau, um reine Phantasie zu sein, weiterhin herrscht sogar Konsens darüber, dass ein Krieg den Homer beschreibt tatsächlich zum Ende der Palastzeit (12. Jh bc) stattgefunden hat - archäologische Befunde, wie Speer- und Pfeilspitzen belegen dies. Mit Auffinden der Unterstadt von Troia konnte auch nachgewiesen werden, dass Homer bezüglich der Größe nicht übertrieben hat.
Du darfst dich gerne mal mit 25 Bänden "Studia Troica" beschäftigen - mal sehen, ob du dann immer noch von "überhöht redest!

Schon eigenartig, dass du die Existenz des homerschen Troia (dem hethitischen/luvischen Willusa) anzweifest, die widerlegte Kurganhypothese von Marija Gimbutas mit dem ganzen mythisch-untopischen Drumherum, das erfunden/postuliert hat, jedoch nicht.
Alexyessin hat geschrieben:(17 Mar 2018, 19:45)Die Klimaschwankungen hörten circa 7500 vbZ auf und wurden stabiler. Der Waldgürtel wandere nach Norden und zwischen dem Wald und den beiden großen Meeren im Süden Schwarzes und Kaspisches Meer bildete sich die Graßsteppe aus die seit dieser Zeit langsam aber sicher austrocknet. Kann jeder heute noch beobachten. Und Jagd ist auf der Steppe leichter als im Wald. Du bist doch vom Fach, du weißt doch wie lange solche Übergangszeiten sein können. Erst die Jagd, dann das folgen, dann das domestizieren. Das Reiten selbst wird selbst aber noch gedauert haben, aber irgendwann müssen die Vorfahren der IE in dieser Ecke der Welt verstanden haben Pferde zu reiten.
Was soll "vbZ" sein? Ich kenne für zeitliche Einordung nur v.Chr/bc und BP (kallibriert) bzw bp (unkallibriert).
Nein - die Klimaschwankungen hörten ca. 7500 NICHT auf. Wäre dem so würden wir nicht von Klimaoptima sprechen, welche immer wieder zu Entwicklungsschüben führten.
Vergl. HIER!
Nebenbei - zur Zeit des Römischen Klimaoptimums waren die Alpen eisfrei, sonst hätte Hannibal sie nicht überqueren können.
Ein Klimapessimum (Bondereignis) führte zum Niedergang des Alten Reichs in Ägypten und des Akkadierreichs und das war deutlich später als 7500 Jahre bc Die so genannte kleine Eiszeit, die in Europa von ca. 1400 bis 1850 andauerte, IST eine solche Klimaschwankung und die fand ebenfalls deutlich später als 7500 Jahre bc statt.
Klimaschwankungen sind keine seltene Ausnahme, sie sind die Normalität auf der Erde!
Alexyessin hat geschrieben:(17 Mar 2018, 19:45)Du meinst diese Ecke? Also Troja an den Dardanellen bis rauf zum Goldenen Horn? Nur damit ich weiß wo ich diese deine Theorie mit Westanatolien geographisch einsortieren muss.
Es ist NICHT meine Theorie, sondern allgemeiner wissenschaftlicher Konsens!
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Alexyessin »

Dark Angel hat geschrieben:(17 Mar 2018, 21:11)


Schon eigenartig, dass du die Existenz des homerschen Troia (dem hethitischen/luvischen Willusa) anzweifest,
Mach ich gar nicht. War auch nie meine Absicht. Obacht, du hattest jetzt den Götterteil als den Trojateil verstanden. Kann sein das du deswegen auf diese fehlerhafte Meinung sein, ich würde Troja anzweifeln. Für mich ist das eine klare Geschichte mit klaren Belegen. Keine abweichende Meinung bzgl. Troja. :)

Den Rest lese ich mir noch mal durch, es ging jetzt nur um die Korrektur.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Troh.Klaus »

Dark Angel hat geschrieben:(17 Mar 2018, 15:32)
Nein nicht korrekt. Die Anatolienhypothese spricht von einem Gebiet südlich und südwestlich des Schwarzen Meeres (Nordanatolien) und das ist eindeutig Europa und nicht das nördliche Kleinansien. Cavelli-Sforza spricht sich anhand geneticher Untersuchungen für eine Verbindung von "Kurganhypothese" und Anatolienhypothese aus ==> Einbeziehung eines Gebietes nördlich und westlich des Schwarzen Meeres (südliche Ukraine, Bulgarien).
Fehlt bei dem "eindeutig Europa" nicht ein "nicht". Nach der mir bekannten Geographie liegt Anatolien eindeutig nicht in Europa.

Die Kurgan-Hypothese mit allen Versatzstücken Gimbutas ist also widerlegt. Schön. Und was folgt jetzt daraus für die Indoeuropäer / die indoeuropäische Sprachfamilie Deiner Meinung nach?
Btw.: was soll mit dem Konjektum "oder doch" im Strang-Thema eigentlich ausgedrückt werden.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Troh.Klaus »

Ammianus hat geschrieben:(17 Mar 2018, 16:45)
Während des Spätneolithikums, also der ausgehenden Jungsteinzeit lassen sich sowohl archäologisch als auch durch genetische Untersuchungen zwei Zuwanderungswellen, eine aus dem Westen und eine aus dem Osten beobachten. Eine weitere Welle wäre auch noch während der Bronzezeit möglich – hier gibt es aber z.Z. nur archäologische Indizien. Wichtig ist, dass diese Wellen das Gebiet des nördlichen Mitteleuropa und Südskandinaviens scheinbar nicht oder kaum betroffen haben.
Heißt, genetisch sind die Germanen gar keine Indogermanen? Weil die Indogermanen gar nicht bis nach Germanien vorgedrungen sind? Es war nur die Sprache, das Indogermanische, das sich bis in den letzten Winkel Europas ausgebreitet hat? Weil "die Anderen" die Sprache so toll fanden? Und sie als eine Art lingua franca nutzten wie heutzutage das Englische?
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

Troh.Klaus hat geschrieben:(17 Mar 2018, 21:54)

Fehlt bei dem "eindeutig Europa" nicht ein "nicht". Nach der mir bekannten Geographie liegt Anatolien eindeutig nicht in Europa.

Die Kurgan-Hypothese mit allen Versatzstücken Gimbutas ist also widerlegt. Schön. Und was folgt jetzt daraus für die Indoeuropäer / die indoeuropäische Sprachfamilie Deiner Meinung nach?
Btw.: was soll mit dem Konjektum "oder doch" im Strang-Thema eigentlich ausgedrückt werden.
Nein da fehlt KEIN "nicht". Das fragliche Gebiet südlich und südwestlich des Schwarzen Meeres (die heutige Türkei) IST Europa/gehört zum europäischen Kontinent!
Auch die genetische Einordnung ist europäisch!
Es gibt keine "Versatzstücke" einer Hypothese, die widerlegt ist, die Hypothese - als Ganzes - ist widerlegt!
Wie ich bereits schrieb:
Ist nur ein Aspekt einer wissenschaftlichen Hypothese/Theorie widerlegt, muss die Hypothese/Theorie [und zwar die ganze Hypothese/Theorie] fallen gelassen oder modifiziert werden (Popper; Kritischer Rationalismus)

Das ändert nichts daran, dass genetisch die Ausbreitung der Träger der indoeuropäischen Sprache(n) nachweisbar ist.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Troh.Klaus »

Dark Angel hat geschrieben:(18 Mar 2018, 00:34)

Nein da fehlt KEIN "nicht". Das fragliche Gebiet südlich und südwestlich des Schwarzen Meeres (die heutige Türkei) IST Europa/gehört zum europäischen Kontinent!
Auch die genetische Einordnung ist europäisch!
Es gibt keine "Versatzstücke" einer Hypothese, die widerlegt ist, die Hypothese - als Ganzes - ist widerlegt!
Wie ich bereits schrieb:
Ist nur ein Aspekt einer wissenschaftlichen Hypothese/Theorie widerlegt, muss die Hypothese/Theorie [und zwar die ganze Hypothese/Theorie] fallen gelassen oder modifiziert werden (Popper; Kritischer Rationalismus)

Das ändert nichts daran, dass genetisch die Ausbreitung der Träger der indoeuropäischen Sprache(n) nachweisbar ist.
Sorry, aber dass die Türkei auf der eurasischen Platte liegt, macht sie noch nicht zu einem Teil Europas. Ich bin mal über eine Brücke gefahren, da sagte man mir, es geht von Europa nach Asien. Habe ich mir das nur eingebildet? Letztlich ist das aber auch irrelevant.

Du zitierst Popper, übersiehst aber anscheinend, dass dort nicht nur "fallen lassen", sondern auch "modifizieren" steht. Wenn man also Versatzstücke wie die "matrifokale" Kultur streicht, bleibt doch als Kern der Kurgan-Hypothese, dass die Indoeuropäer sich seit ca. 4.500 v.Chr. aus der süd-russischen Steppe nach Westen, Süden und Osten ausgebreitet haben. Bisher kann ich nicht sehen, dass dieser Kern auch widerlegt ist.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Alexyessin »

Dark Angel hat geschrieben:(18 Mar 2018, 00:34)



Das ändert nichts daran, dass genetisch die Ausbreitung der Träger der indoeuropäischen Sprache(n) nachweisbar ist.
Die genetische Ausbreitung welchen Typus ist denn der indeuropäischen Sprachen nachgewiesen?
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Cat with a whip »

Alexyessin hat geschrieben:(18 Mar 2018, 08:34)

Die genetische Ausbreitung welchen Typus ist denn der indeuropäischen Sprachen nachgewiesen?
Oj je Herr Vorstand. Da gehts nicht um Aussagen zu Geno- oder Phänotyp, sondern um genetische Marker. Man kann anhand der mitochontrialen DNA die mütterliche Linie verfolgen und somit die zeitlich-örtliche Verbreitung von Populationen.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Alexyessin »

Cat with a whip hat geschrieben:(18 Mar 2018, 11:59)

Oj je Herr Vorstand. Da gehts nicht um Aussagen zu Geno- oder Phänotyp, sondern um genetische Marker. Man kann anhand der mitochontrialen DNA die mütterliche Linie verfolgen und somit die zeitlich-örtliche Verbreitung von Populationen.
Okay. Danke für die Klarstellung :thumbup:
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

Troh.Klaus hat geschrieben:(18 Mar 2018, 01:11)

Sorry, aber dass die Türkei auf der eurasischen Platte liegt, macht sie noch nicht zu einem Teil Europas. Ich bin mal über eine Brücke gefahren, da sagte man mir, es geht von Europa nach Asien. Habe ich mir das nur eingebildet? Letztlich ist das aber auch irrelevant.
Auch wenn nur 3% der heutigen Türkei auf europäischem Gebiet liegen, ändert das nichts an der Tatsache, dass Indoeuropäer genetisch zu den Europäern zählen und es ändert auch nichts daran, dass die Träger der indoeuropäischen Sprache/Protosprache genetisch Europäer waren.
Troh.Klaus hat geschrieben:(18 Mar 2018, 01:11)Du zitierst Popper, übersiehst aber anscheinend, dass dort nicht nur "fallen lassen", sondern auch "modifizieren" steht. Wenn man also Versatzstücke wie die "matrifokale" Kultur streicht, bleibt doch als Kern der Kurgan-Hypothese, dass die Indoeuropäer sich seit ca. 4.500 v.Chr. aus der süd-russischen Steppe nach Westen, Süden und Osten ausgebreitet haben. Bisher kann ich nicht sehen, dass dieser Kern auch widerlegt ist.
Ob nun "fallen lassen" oder "modofizieren" ändert nichts an der Tatsache, dass die Hypothese widerlegt ist und eine neue Hypothese erarbeitet werden muss. Die "Kurganhypothese" ist jedoch in mehreren Aspekten widerlegt, muss also fallen gelassen werden.
Es ist eben NICHT nur der religiös-kultische Aspekt der falsch ist, falsch ist ebenso die These, es habe sich nur um eine Kultur gehandelt, falsch ist weiterhin die These es habe sich um Nomaden - insbesondere Reiter- Kriegernomaden gehandelt und falsch ist die chronologische Einordnung!
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

Alexyessin hat geschrieben:(18 Mar 2018, 08:34)

Die genetische Ausbreitung welchen Typus ist denn der indeuropäischen Sprachen nachgewiesen?
Wie Ammianus bereits schrieb, muss klar zwischen Volk, Kultur und Sprache/Sprachfamilien unterschieden werden. Machst du aber nicht. Du verwurschtelst aber alles miteinander.
Die genetischen Untersuchungen von Cavelli-Sforza legen nahe, dass die Protoindoeuropäer genetisch fast doppelt so alt sind, als in der Kurganhypothese postuliert. Deren Ausbreitungs-/Siedlungsgebiet wird als südlich bis südwestlich des Schwarzen Meeres (Threakien) beschrieben und auf 9000 Jahre geschätzt. Zum Vergleich: die "Kurganhypothese" geht von einer Protoindoeuropäischen Sprache nicht vor 5500 bis 5000 Jahren aus.
Gray und Atkinson (Universität Auckland) wiederum konnten nachweisen dass in etwa 2500 indoeuropäischen Sprachen gemeinsame Wörter vorkommen. Sie legen nahe, dass der erste Trennungspunkt bei etwa bei etwa 7800 Jahren liegt, was wiederum sehr viel älter ist, als von Vetretern der Kurganhypothese angenommen.

Wenn du also nach dem "Typus" fragst, dann meinst du wahrscheinlich die Menschen, die als erste Träger der Sprache infrage kommen und die gehörten nach Cavelli-Sforza zum europäischen Typ.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Alexyessin »

Dark Angel hat geschrieben:(18 Mar 2018, 13:19)

Wie Ammianus bereits schrieb, muss klar zwischen Volk, Kultur und Sprache/Sprachfamilien unterschieden werden. Machst du aber nicht. Du verwurschtelst aber alles miteinander.
Nein, ich verwurschelt nichts, ich frage nach und benütze wahrscheinlich auf Grund meines Laienstatus nicht immer die richtigen Wörter :)
Dark Angel hat geschrieben:(18 Mar 2018, 13:19)
Die genetischen Untersuchungen von Cavelli-Sforza legen nahe, dass die Protoindoeuropäer genetisch fast doppelt so alt sind, als in der Kurganhypothese postuliert. Deren Ausbreitungs-/Siedlungsgebiet wird als südlich bis südwestlich des Schwarzen Meeres (Threakien) beschrieben und auf 9000 Jahre geschätzt. Zum Vergleich: die "Kurganhypothese" geht von einer Protoindoeuropäischen Sprache nicht vor 5500 bis 5000 Jahren aus.
Gray und Atkinson (Universität Auckland) wiederum konnten nachweisen dass in etwa 2500 indoeuropäischen Sprachen gemeinsame Wörter vorkommen. Sie legen nahe, dass der erste Trennungspunkt bei etwa bei etwa 7800 Jahren liegt, was wiederum sehr viel älter ist, als von Vetretern der Kurganhypothese angenommen.
Die genetischen Untersuchungen beziehen sich auf diese Region, oder ? Das habe ich jetzt so richtig verstanden, oder?

Mit der sprachlichen Entwicklung gehe ich ohne weiteres mit dir mit. Ich denke auch, das die frühesten Trennungen viel früher war als 5500 v. Chr. und dürfte halt auch Raumbedingt sein.
Dark Angel hat geschrieben:(18 Mar 2018, 13:19)
Wenn du also nach dem "Typus" fragst, dann meinst du wahrscheinlich die Menschen, die als erste Träger der Sprache infrage kommen und die gehörten nach Cavelli-Sforza zum europäischen Typ.
Was ist denn das mit dem mediterranen Marker - Achtung, ich hab das nur mal gelesen, bin immer wieder gerne bereit neu zu lernen.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

Alexyessin hat geschrieben:(17 Mar 2018, 19:45)

Ich denke aber, das die genetischen Vorfahren der Skythen und ich denke eben der Proto IE sind aus dem Wildbeuter dasein bei Pferden auf die Nutzung der selben gekommen. Du hast mit Sicherheit den passenden Terminus für diese Zwischenphase aus reinem Wilbeutertum hin zu Jagdnomadentum.
Sorry gestern nur auf den letzten Satz konzentriert.
Da denkst du ganz falsch! Die Protoindoeuropäer betrieben bereits Landwirtscht/landwirtschaftliche Mischwirtschaft bevor sie Pferde als Jagdtiere nutzen. Archäologisch nachweisbar ist das Pferd als Fleischtier/die Nutzung des Pferdes etwa im 5. bzw 4. Jahrtausend bc. Nutzung des Pferdes bedeutet jedoch noch lange keine Domestikation des Pferdes und Domestikation des Pferdes wiederum bedeutet noch lange nicht, dass es als Reit- oder Zugtier verwendet wurde.
Du kannst es drehen und wenden wie du willst: archäologisch nachweisbar sind Nomaden - Reiternomaden - erst ab dem späten 2./beginnenden 1. Jahrtausend bc. Perde als Zugtiere (Streitwagen) sind ebenfalls erst im späten 2. Jahrtausend bc archäologisch nachweisbar. Die Völker, die Pferde als Zugtiere für Streitwagen nutzten waren nachweislich keine Nomaden!
Und die hatten auch nichts mit Indoeuropäern zu tun.
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Dark Angel »

Alexyessin hat geschrieben:(18 Mar 2018, 13:28)
Die genetischen Untersuchungen beziehen sich auf diese Region, oder ? Das habe ich jetzt so richtig verstanden, oder?
Genetische Untersuchungen verweisen auf eine Konzentration bestimmter genetischer Marker in einer Region.
Alexyessin hat geschrieben:(18 Mar 2018, 13:28)Was ist denn das mit dem mediterranen Marker - Achtung, ich hab das nur mal gelesen, bin immer wieder gerne bereit neu zu lernen.
Es kommt immer darauf an, was untersucht wird und zu welchem Zweck. Entsprechend unterschiedlich fallen die Ergebnisse aus.
Ich bin kein Genetiker, ich muss mich in diesem Zusammenhang auf die Aussagen von Genetikern verlassen (können)
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Alexyessin »

Dark Angel hat geschrieben:(18 Mar 2018, 13:39)

Sorry gestern nur auf den letzten Satz konzentriert.
Da denkst du ganz falsch! Die Protoindoeuropäer betrieben bereits Landwirtscht/landwirtschaftliche Mischwirtschaft bevor sie Pferde als Jagdtiere nutzen. Archäologisch nachweisbar ist das Pferd als Fleischtier/die Nutzung des Pferdes etwa im 5. bzw 4. Jahrtausend bc. Nutzung des Pferdes bedeutet jedoch noch lange keine Domestikation des Pferdes und Domestikation des Pferdes wiederum bedeutet noch lange nicht, dass es als Reit- oder Zugtier verwendet wurde.
Du kannst es drehen und wenden wie du willst: archäologisch nachweisbar sind Nomaden - Reiternomaden - erst ab dem späten 2./beginnenden 1. Jahrtausend bc. Perde als Zugtiere (Streitwagen) sind ebenfalls erst im späten 2. Jahrtausend bc archäologisch nachweisbar. Die Völker, die Pferde als Zugtiere für Streitwagen nutzten waren nachweislich keine Nomaden!
Und die hatten auch nichts mit Indoeuropäern zu tun.
Woher kamen die Streitwagen? Bin ich damit den Hethitern falsch informiert?
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Re: Die Indogermanen oder doch die Indoeuropäer?

Beitrag von Alexyessin »

Dark Angel hat geschrieben:(18 Mar 2018, 13:44)

Genetische Untersuchungen verweisen auf eine Konzentration bestimmter genetischer Marker in einer Region.
Okay, und der Marker aus der Studie belegt die indoeuropäischen Sprecher auf das Gebiet Westanatolien und Thrakien?
Dark Angel hat geschrieben:(18 Mar 2018, 13:44)
Es kommt immer darauf an, was untersucht wird und zu welchem Zweck. Entsprechend unterschiedlich fallen die Ergebnisse aus.
Ich bin kein Genetiker, ich muss mich in diesem Zusammenhang auf die Aussagen von Genetikern verlassen (können)
Passt, ich bin da viel zu weit weg. Mich interessiert es, aber ich habe nicht die Tiefe in der Humangenetik. Ich werde dahingehend auch auf Genetiker vertrauen müssen.
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