Ulf Poschardt hat geschrieben:
keinen der selbst erklärten Antifaschisten scheint dabei zu stören, dass die New Yorker Kulturinstitution einen jüdischen Namen trägt und eine „Guggenheim raus“-Bewegung exakt dort anknüpft, wo Nazis vor knapp 70 Jahren aufgehört haben.
Mit demselben Recht könnte man darauf hinweisen, dass ausgerechnet BMW, das Unternehmen, das untrennbar mit der Ausbeutung von Zwangsarbeitern zur NS-Zeit verknüpft ist, mit dem Projekt u.a. natürlich auch eine Image-Kampagne betreibt. Bekanntlich schweigt die Familie Quandt noch immer.
Leider ist es üblich geworden, einfach blindlings mit Reizvokabeln wie "Blockwart" herumzuwerfen. Und dann aber von "
exakt dort anknüpfen" zu sprechen. Autoren wie Poschardt setzen offenbar darauf, dass niemand mehr über den tatsächlichen Wortsinn solcher Aussagen nachdenkt.
Bezogen auf Berlin würde "exakt an die NS-Zeit anknüpfen" unter anderem bedeuten, sich für Großevents wie die Olympiade 1936 stark zu machen. Die "Anfänge der Nazis" sahen so aus, dass anlässlich der Berliner Olympiade in Marzahn am Rande von Berlin ein erstes Zwangslager für Sinti und Roma errichtet wurde, um der Weltlöffentlichkeit den Anblick dieser Menschen zu ersparen. In
dieser Tradition sehe ich Projekte von der Art des Guggenheim-Labs.
Seine Progressivität und Experimentierfreudigkeit hat Berlin - etwa in den 20er Jahren - vor allem durch seine kosmopolitische Offenheit gegenüber Osteuropa und vor allem Russland bezogen. Da sollte man weiter anknüpfen. Aber das sind eben rein äußerlich eher unspektakuläre Dinge wie das Kino Krokodil. Der Versuch, den Verzicht auf teure Prestigeprojekte als Provinzialität zu verunglimpfen ist in seiner offensichtlichen Absicht sehr leicht zu durchschauen.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)