Brainiac hat geschrieben:(29 Jan 2017, 16:59)
Wenn man diesen Strang und einige andere querliest, wie auch andere Medien, gibt es eine Menge Leute, die ein klareres Commitment zur EU wollen.
Sogar die EU selbst engagiert sich für sich, auch ich bin für die Union, nur eben nicht für zwei Geschwindigkeiten, eine Zwei-Klassen-Union oder einen Superstaat. Und wer wollte denn einen solchen Superstaat - zwei, drei ?
Und nein, die Bevölkerung Deutschlands kann nicht "austreten". Auch keine Regierung kann das, denn es müsste höchstwahrscheinlich das Grundgesetz geändert werden (Art. 23). Sprich, es müsste sich eine 2/3-Mehrheit im Parlament finden. Eine sehr große Hürde, die den Austritt derzeit faktisch unmöglich macht.
In anderen Ländern ist das m.w. etwas anders, dennoch dürfte auch dort keine Regierung und kein Staatspräsident o.ä. einen EU-Austritt ohne ein Referendum wagen. Und wenn es ein solches aber nicht gibt, gibt es faktisch auch keine Austrittsmöglichkeit. Diese Zwangsläufigkeit und Unbeeinflussbarkeit ist doch gerade einer der Kritikpunkte.
Hitler ist sogar aus dem Völkerbund ausgetreten. Formalien sind das eine, aber damit ist die Union nicht groß geworden. Und wenn die Idee eines substanzarmen Superstaates sich unbeliebt macht, beim Bürger nicht ankommt, nicht erklärt werden kann, dann muss die Politik irgendwo auch reagieren.
Glücklicherweise deutet das Strategie-Papier der Union / der Hochkommissarin aber an, sich auf das wesentliche konzentrieren zu wollen, und zwar im Rahmen dieser Union, nicht in einer geteilten.
Ich bin bei weitem kein uneingeschränkter Freund direkter Demokratie. M.E. ist sie gerade dann sinnvoll, wenn es sich um sehr langfristige, viele Regierungen überdauernde Entscheidungen handelt. Diese Frage hier, die EU-Mitgliedschaft, ist ja wohl von dieser Kategorie.
Referenden sehe ich auch eher skeptisch, da sie dem Populismus Tür und Tor öffnen und dem parlamentarischen System widersprechen. Ich gehe jedoch davon aus, dass das Modell der "Differenzierten Integration" so gut wie nirgendwo eine Mehrheit finden würde.
Die Union muss unkompliziert sein und sich auf die Kernaufgaben im Bereich Sicherheit und Ökonomie beschränken, flexibel sein - wie Cameron das wollte - und den Unionsbürgern auch erklärbar.
Klar können die Länder EU-feindliche Regierungen wählen und diese betreiben dann das Referendum, siehe Le Pen, Wilders etc. Man kann das abwarten oder selbst handeln, je nachdem ist man in der Defensive oder Offensive.
Lucke (seinerzeit AfD, jetzt ALFA) wollte auch eine Aufteilung der Union, in Süd- und Nordstaaten.
Eine "Offensive" wäre gut, sie sollte aber keine solche sein, die trennt oder etwas verkaufen will, was dann die Bürger nicht wollen. Eine Initiative in der Art wie die von Mogherini oder entsprechend den Vorstellungen von Emanuel Macron wäre was anderes.
Wie die Volksentscheide ausgehen würden, weiss man natürlich nicht vorher, das ist ja gerade das unbestreitbare Risiko und deswegen wird sich wohl keiner an so ein Szenario rantrauen, schrieb ich ja schon.
Eine Entscheidung zwischen Core und Extended EU ginge jedenfalls über "Bürokratie" weit hinaus. Ich habe die Unterschiede ja beschrieben.
Ja, es liefe auf eine Spaltung der Union hinaus und auf eine Schwächung derselben. Die Kritik daran wurde bereits umschrieben.
Damit, ich formulierte es oben schon, lockst du doch keinen Hund hinterm Ofen hervor. Das sind Allgemeinplätze.
WAS KONKRET soll die EU tun, was sie nicht schon tut?
- Schutzmechanismen gegen chinesisches Dumping verabreden;
- die Energiediversifikation umsetzen, Nordstream 2 kappen;
- strategische Kommunikation verstärken;
- Sicherheitspartnerschaften mit Drittstaaten eingehen (Tunesien, Libyen, Jordanien)
- Widerstandsfähigkeit in Nachbarregionen stärken;
- an der globalen Ordnungspolitik der UN, auf Regeln basierend, entscheidend mitwirken;
- Datenaustausch und engere Zusammenarbeit der Geheimdienste;
- Erhöhung des Verteidigungsbudgets auf 2 % des BIP;
- verstärkte Entwicklungspolitik im strategischen Hinblick auf mittelbare Nachbarschaften (z. B. Mali);
- Freihandelsvertrag mit den USA;
- Aufklärungskampagne über Maßnahmen der Union / "Bürgerdialog" (im Sinne Macrons)
- Beschäftigungsinitiative
Glaube aber, dass das meiste, die EU betreffend, im Wahlkampf kaum eine Rolle spielen wird.