Loki hat geschrieben:(30 May 2016, 20:59)
Und wo zum Teufel steht, daß "in den anderen Schriften" (nach AT, NT und Koran) eben (zusätzlich) dieses
Wort G*ttes verkündet wurde ??
Nirgendwo!
Religiöse Wahrheit drückt sich im Islam aber nicht nur im "direkten Wort Gottes", d.h. im Koran aus, sondern auch auf anderen Wegen.
Wenn z.B. Mohammed in seiner Funktion als Prophet Gottes etwas für Gut geheißen hat, dann muss das richtig gewesen sein, denn er war ja der Prophet. Die koranischen Belegstellen die man dafür anführt sind:
islam.de: Sure 33 Vers 21 hat geschrieben:Ihr habt ja im Gesandten Allahs ein schönes Vorbild, (und zwar) für einen jeden, der auf Allah und den Jüngsten Tag hofft und Allahs viel gedenkt.
islam.de Sure 8 Vers 20 hat geschrieben:O die ihr glaubt, gehorcht Allah und Seinem Gesandten, und kehrt euch nicht von ihm ab, wo ihr doch hört!
https://de.wikipedia.org/wiki/Sunna
Es ist also ganz klar, dass die Taten von Mohammed und seine Worte im Sinne des Islam religiöse Wahrheit darstellen, sofern sie als Prophet passierten. Somit stellen sie die Wahrheit also den Willen Gottes dar.
Ebenfalls ist der Konsens eine Möglichkeit religiös gesichertes Wissen zu erreichen. So soll Mohammed laut einem Hadith gesagt haben: "Meine Umma wird sich nie auf einen Fehler einigen" (englisch findet man den Hadith als
"my umma will never agree on an error"). Wenngleich man natürlich unterschiedlicher Meinung ist, wer denn jetzt alles nun genau mit "Umma" gemeint sein könnte. Denn so wirklich viel Konsens gibt es im Islam gar nicht.
Die Schiiten sagen z.B. dass damit die Imame gemeint sein müssen, denn diese seien unfehlbar. Im Falle der zwölfer-Schiiten gibt es die
Vierzehn Unfehlbaren. Das zugrundeliegende Konzept der
Unfehlbarkeit impliziert, dass was immer diese Leute getan und gesagt haben richtig gewesen sein muss, ihre Worte und Taten müssen also den Willen Gottes wiederspiegeln. Das heißt die Hadithsammlungen der Schiiten in denen die Worte und Taten der vierzehn Unfehlbaren gesammelt sind, spiegeln den Willen Gottes wieder. Sie stehen damit neben dem Koran als religiöse Quelle. Damit hat man dann auch den Konsens aus der sunnitischen Rechtsfindung eliminiert, da mit Konsens nur der Konsens der Imame gemeint sein kann und da diese sowieso unfehlbar sind, ist das Konzept Konsens belanglos geworden.
Die Bedeutung der Hadithe ist sogar so groß, dass es Leute gibt die behaupten die Sunna könne in manchen Fällen den Koran aufheben, wenn die Handlung des Hadith nach dem Verkünden des Koranvers passiert ist, wenngleich das natürlich problematisch ist, weil Abrogation des Wort Gottes prinzipiell ein Problem ist, da es ja implizieren könnte, dass der Koran bei seiner Verkündigung nicht perfekt war.
Abrogation des Korans durch die Sunna. Zum Beispiel meinte Hibatallāh ibn Salāma, dass die Aussage „Verboten hat er euch nur Totes (al-maita), Blut (ad-dam) und Fleisch von Schweinen“ in Sure 2:173 teilweise durch den Hadith: „Uns sind zwei tote Tiere und zwei Arten von Blut erlaubt, nämlich Heuschrecken und Fisch (sc. als die beiden toten Tiere) sowie Leber und Milz (sc. als die beiden blutigen Dinge)“[14] abrogiert sei.[15] Diese Form der Abrogation ist allerdings nur nach Auffassung der Hanafiten und einiger Zahiriten möglich, und zwar lediglich dann, wenn die Sunna durch einen Hadith abgesichert ist, der mutawātir, also über zahlreiche Isnad-Ketten überliefert, ist. Die Schafiiten und Hanbaliten hingegen lehnen diese Form der Abrogation völlig ab.[16]
https://de.wikipedia.org/wiki/Abrogatio ... _Textarten
Der Umgang mit Widersprüchen mit Koran und Sunna ist dann wie oben. Ein Hadith der offensichtlich dem Koran widerspricht muss im Zweifelsfall einfach falsch sein oder er bezeichnet, z.B. einen Spezialfall oder Teilaspekt, der in der koranischen Aussage nicht direkt angesprochen ist. Das ist bei der Abrogationsgeschichte zumeist die schönste Lösung, wenngleich man bei Koran vs Sunna da wohl schnell Bauchschmerzen bekommt.
Die Bedeutung der Hadith-Literatur wird noch deutlicher durch den Hinweis auf Strömungen im Islam die die Hadithe in den Zentrum ihrer Religionspraxis stellen, indem sie sagen, dass man bei jeder Frage die man sich stellt nur einen Hadith haben muss und dann weiß man was der Wille Gottes ist. Denn die Vernunft und die Kraft des Verstandes eines Menschen der z.B. den Koran interpretiert oder einfach für sich überlegt was richtig oder falsch ist, kann offenkundig irren. Aber eine Regelung die von einer Person überliefert wurde, die nicht irren kann, weil sie einen besonderen Status hat oder weil die Hadithe einen frühislamischen Konsens der
Prophetengefährten bzw. der
ersten Generationen der Muslime wiederspiegeln, dann spricht der Hadith die göttliche Wahrheit, auch wenn er nicht im Koran ist oder durch einen Vers direkt bestätigt wird. Die Salafisten z.B. machen ja genau das, bei ihnen ist vor allem das richtig was die ersten drei(?) Generationen des Islam, aufgrund ihrer Nähe zum Propheten des Islam und seiner Praxis für richtig gehalten haben. Daher ja auch der Name. Kenntnis darüber was diese Leute oder Mohammed so für richtig gehalten hat, haben sie durch Hadith-Sammlungen und Gelehrte die die Hadithe im salafistischen Sinne neu gelesen und interpretiert haben, wie
al-Albani und
al-Uthaymin. Die Sunna ist hier kein Beiwerk sondern sie steht direkt neben dem Koran und gibt Auskunft über all die Dinge, über die der Koran keine genaue Auskunft gibt und sie werden als religiöse Wahrheit betrachtet. Eine indische Version trägt das sogar im Namen, man nennt sie
Ahl al Hadith. Es gibt sie sogar in der Schia, allerdings war ihre große Zeit im 18ten Jahrhundert, heutzutage sind sie eine kleine Minderheit:
Achbārīya.
Schon allein der arabische Begriff Islām bezeugt, daß der Islam sich eben nur auf bestimmte Worte bezieht;
Ach wie das? Auf die Erklärung bin ich jetzt mal gespannt.
und diese bestimmten Worte stehen in Bezug auf die Abrahamitische Religionen nach AT und NT nur wohl im Koran.
Oder erhebt irgendwer etwa Ansprüche, daß das "in den anderen Schriften" zudem Kalām Allāh sei ?
Dann wären diese Schriften u. a. heilige Schriften!
Das ist ein wenig eine falsche Vorstellung wie im Islam die Verbindung zwischen Koran, Tora und Psalmen (nicht AT!) und Evangelium (nicht NT!) gedacht wird. Nach islamischer Vorstellung gibt es "bei Gott" einen Urkoran. Dieser beinhaltet das wahre Wort Gottes und es ist ewig und
nach gängiger Meinung unerschaffen. Es wurden im Laufe der Menschheitsgeschichte immer mal wieder
Propheten von Gott gesandt die ihrem Volk dieses Wort und das Gesetz Gottes gelehrt haben. Blöderweise wurde aber nach dem Tod des jeweiligen Propheten dann die wahre Lehre entstellt und es wurden entsprechende Texte aufgeschrieben, die Fehler beinhalten. Dies sind dann die 5 Bücher Mose, die Psalmen und die Evangelien.
Das ist dann die Rechtfertigung für Mohammed die entsprechenden Texte im eigenen Sinne umzuinterpretieren, indem er die unverfälschte Fassung darlegt, die der Überlieferung in der Bibel stark ähnelt, aber immer doch eine andere Pointe hat. Denn er ist ja der Prophet Mohammed, der zu Lebzeiten seine Offenbarung notieren lässt, womit man dann endlich die unverfälschte Version hat und weitere Propheten nicht notwendig sind. Ein Beispiel ist die Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies, in der Bibel verführt sie eine Schlange vom Baum zu essen, im Koran ist es Satan. Oder auch die Kreuzigung von Jesus, im Evangelium wird er getötet und steht wieder auf, im Koran wird ein anderer getötet. Die koranische Verkündung versteht sich als Reform und Richtigstellung der biblischen Überlieferung, die real existierende Bibel ist aber keineswegs das Wort Gottes, sondern es ist eine verfälschte Version davon. Es hat aber gemäß dieser Theorie mal eine richtige Version gegeben, die als Wort Gottes gilt, die ist aber verloren gegangen.
Dieser Gedanke wird weitergeführt in eigenen Textgattungen, die auf die jüdisch-christliche Überlieferungen Bezug nehmen, indem sie sie islamisiert:
die islamischen Prophetengeschichten. Ihren Ursprung haben diese Erzählungen neben dem koranischen Vorbild in Überlieferungen die von jüdischen und christlichen Konvertiten in der Frühzeit in den Islam eingeführt wurden:
Isra'iliyyat.
Die im Koran erwähnten jüdischen und christlichen Texte sowie der Koran selbst sind laut Korantext heilige Schriften.
Wie gesagt wird die reel existierende Version als verfälschte Versionen einer heiligen Schrift gesehen und nicht als heilige Schriften selbst, allerdings haben Christen und Juden natürlich den Sonderstatus
Leute des Buches zu sein. Man sollte das in religiöser Hinsicht aber nicht überbewerten.
Alles andere scheint hinzugedichtet zu sein. Beiwerk möglicherweise als Blendwerk; zumindest keine definitiven Bestandteile des Korans.
Wie gesagt ist das so eine falsche Sichtweise, weil auch außerkoranische Texte und Autoritäten im Islam den Anspruch erheben können die göttliche Wahrheit zu verkünden, auch wenn diese Wahrheit nicht durch eine direkte Offenbarung Gottes durch einen Propheten erfolgt, sondern z.B. durch den besonderen Status des Propheten, der Konsens seiner Gefährten oder der Imame.
Islam == Koran, Koran == Islam.
Nein.
Behauptet ja auch keiner, die Gesangsbücher in den Kirchen seien das Christentum.
Wenn ein Gesangbuch aber den Anspruch erheben würde, Jesus selbst hätte so gesungen, würde die Sache schon ein wenig anders aussehen. Die Frage ist immer, welche Autorität hat ein Text und der Koran steht natürlich im Normalfall an erster Stelle im Islam, aber er steht nicht allein.
Dieser Beitrag ist sehr gut.