Wasteland » Mo 14. Sep 2015, 19:24 hat geschrieben:Kann man sicher nachbessern oder verändern, aber von der Richtung her nicht falsch. Aber Fakt ist ja: Die Wahabiten benutzen genau diesen Hebel um ihren extremistischen Mist in aller Welt zu verbreiten. Dem muss ein Riegel vorgeschoben werden undzwar an der Stelle wo er wirkt: Bei der Finanzierung.
Ich empfinde die Richtung als falsch, weil sie rechtstaatliche Prinzipien außen vor lässt. Das Gesetz wirkt nicht an der Stelle, die man eigentlich bekämpfen möchte. Die Finanzierung wäre dir ja egal, wenn sie nicht dazu diente, extremistische Meinungen zu unterstützen. Wer aber extremistische Meinungen bekämpfen will, muss auch bei den extremistischen Meinungen ansetzen.
Extremistische Meinungen verbreiten sich - und sie tun dies nicht allein durch Moscheen und sie tun dies auch nicht allein durch ausländisch finanzierte Moscheen. Es ist auch nicht so, dass hinter allem immer das Geld steckt (was leider hierzulande eine universal akzeptierte Meinung zu sein scheint).
Ich kann hier nur wiederholen, was ich schon im Missionierungsthread geschrieben habe: Dass man bei der Rattenfängerei eben bei den Ratten anzusetzen hat, d.h. bei den Menschen, die für Ideologien empfänglich sind.
Es geht um den Beruf des Imams, nicht um irgendwelche Meinungsäusserungen. Ist es auch schlimm das wir geschützte Berufe in Deutschland haben die bestimmten Ausbildungsordnungen unterliegen? Warum braucht man Staatsexamen um Jurist zu werden?
Warum sind Pfarrer staatlich geprüft (Ordination)?
Und warum soll das bei Imamen nicht gehen?
Das ist etwas anderes. Es geht hier darum, wer sich wie nennen darf. Auch ein Nicht-Dachdecker darf in einem Dachdeckerbetrieb arbeiten. Man muss kein staatlich geprüfter Pfarrer sein, um in einer Kirche zu predigen. Man muss nicht einmal Jurist sein, um Rechtsbeistand oder Strafverteidiger zu sein (vgl. § 138 StPO).
Wenn es lediglich um den Beruf des Imams geht, ist das Gesetz praktisch wirkungslos, denn ein Imam kann auch von Saudi Arabien aus bezahlt werden und sich lediglich in Deutschland aufhalten, um hier dann entsprechend jeden Freitag in seiner Moschee seine Meinung zu sagen.
Was bei ausländischen Imamen mit radikalen Meinungen geht und auch keine großartigen rechtstaatlichen Probleme macht: Deren Ausweisung. Dafür gibt es auch Präzedenzfälle.
Die Fakten sind mir bekannt. Mir geht es aber überhaupt nicht um die Frage, ob wir solche Menschen hier brauchen, sondern mir geht es um die Frage, welche Mittel ich für vertretbar halte, um mit einem ideologischen Problem umzugehen - und ich glaube einfach, dass man nur Menschen bestrafen kann, die auch einen Schaden verursachen.
Wenn diese dazu genutzt werden um dort zu rekrutieren, natürlich. Was meinst du warum Millatu Ibrahim verboten wurde?
Millatu Ibrahim wurde verboten, weil sich ein klarer, gerichtsfester Zusammenhang zwischen der Aktivität des Vereins - aus seinen Vereinsstrukturen heraus - und der Veröffentlichung von Volksverhetzung gerichtsfest nachweisen ließ - und nicht einfach nur, weil Kämpfer aus den Mitten dieses Vereins zu IS-Kämpfern wurden.
Wie hat das Tunesien gemacht? Woran erkennt man jemanden der verfassungsfeindliche Bestrebungen hat?
Die Staatsordnung von Tunesien ist mit der Deutschland eher nicht vergleichbar. "Verfassungsfeindlichkeit" ist auch kein Straftatbestand. Der Mann aus deinem Video wurde bereits vor seinem Wechsel zum IS zu einer Haftstrafe verurteilt. Das ist doch eher ein gutes Beispiel dafür, dass die geltenden Gesetze funktionieren und lediglich bei der Inhaftierung von Terroristen dem Aspekt des Schutzes der Bevölkerung eine zu geringe Bedeutung beigemessen wird (d.h. zu geringe Haftstrafen ausgesprochen werden).
Richtig, einen Markt für den es Nachfrage gibt zerstört man nicht, wen man ihn verbietet. Aber auch wenn man nichts tut wird man ihm nicht Herr.
Eine Demokratie muss wehrhaft sein in alle Richtungen des Extremismus und das drückt sich nunmal nicht in blumigen Worten aus.
Wer die Ordnung hier bekämpft, der muss ein entsprechendes Echo bekommen.
Aus meiner Sicht gibt es eine ganz klare Grenze für die Anwendung von Staatsgewalt, nämlich dass sie nachweislich dazu dient, ein Rechtsgut unmittelbar zu schützen, d.h. dass die unmittelbare Beeinträchtigung des Rechtsguts nachgewiesen sein muss, damit staatliche Gewalt gegen Menschen legitim wird.
Ich denke das muss alles Hand in Hand gehen. Ich würde auch keine NSDAP 2.0 dulden um ihnen gut zuzureden. Die muss man dicht machen, mehr nicht.
Es gibt Grenzen. Warum verbieten wir dann überhaupt irgendwelche Organisationen? Wir können dann ja auch alles freigeben und eine grosse Diskussionsrunde über Demokratie und Menschenrechte abhalten und bestimmt werden die alle zu Sinnen kommen.
Tatsächlich sehe ich das Verbot von Organisationen sehr kritisch. Es gibt auch andere Länder, die ohne ein solches Verbot auskommen und in denen es deshalb nicht zu Nazi-Umstürzen kommt. Auch ging die Machtergreifung der Nationalsozialisten nicht gewaltlos von statten, im Gegenteil war hier nicht nur gegenüber Parteigegnern sondern auch innerparteilich eine ganze Menge Kriminalität im Spiel.
Des Weiteren frage ich mich natürlich, warum diese ganze Situation immer und immer wieder so nationalistisch betrachtet wird. Der Islamische Staat ist in Syrien und im Irak Realität. In vielen anderen Staaten haben sich kleine Kalifate errichtet, in denen Menschen brutal unterdrückt werden. Ich sehe wenig Sinn darin, darüber zu diskutieren, Saudische Prediger in Deutschland zu bekämpfen und einzuknasten, während in anderen Teilen der Welt unter den Augen der Internationalen Solidargemeinschaft geköpft und gebrandschatzt wird. Es ist eine realitätsfremde Illusion, dass wir die Mörder und Vergewaltiger in Syrien und im Irak dadurch aufhalten, dass wir in Deutschland wahhabitischen Predigern das Handwerk legen - und die syrischen und irakischen Opfer würden uns ob dieser ideologischen Verzweiflungstaten verhöhnen, wäre ihnen nicht längst das Lachen vergangen.
Tankies gonna tank...