Tom Bombadil hat geschrieben:(07 May 2019, 23:48)
Danke schonmal für die Anregungen, der Wein wollte trocken sein, aber nicht sauer, eine gewisse Restsüße darf ruhig vorhanden sein, an den furztrockenen Tanninmonstern hab ich mich satt getrunken. Den Primitivo di Manduria Reserva No 14 kann ich ja mal probieren.
Am liebsten mag ich italienische Rotweine
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Ich vermute, Sie sind von der Geschmacksempfindung ähnlich gestrickt wie meine Ex-Frau. Die mochte die - für mich überaus excellenten und einzigartigen Rotweine z.B. aus Bordeaux oder dem spanischen Priorato wenig bis gar nicht. Sie fand diese barrique-gereiften Rotweine zwar nicht unbedingt "lakritzig", sondern eher "modrig" oder "zu erdig". Egal. Sie stand deshalb mehr auf toskanesische Rotweine wie Brunello di Montalcino oder auch himmlische Barolos. Ich mag oder mochte sie alle, mit ihrem individuellen Charme. Was die Beurteilungen von Parker angeht, kann ich Ihre Erfahrungen nicht ganz teilen. Das große Bodeaux-Buch von Robert Parker über die Weine des Bordelais,
in dem er explizit die Jahrgänge der dortigen - sehr unterschiedlichen Weingebiete (Medoc, Puillac, Graves, St. Emilion, Pomerol, St. Estephe usw.) beschrieb, durch mehrmonatige Vorortrecherchen und Eigenverkostungen, ist grandios und ich kann nach eigenen Geschmackserfahrungen nur sagen, in den allermeisten Fällen sehr zutreffend gewesen. Hier speziell, was die damaligen Jahrgänge ab 1982 bis 1990 anging. Parker wurde ja als US-Amerikanischer Weinkritiker berühmt und letztlich auch anerkannt, weil er das mittlerweile als "Jahrhundertjahrgang" bekannte Weinjahr 1982 (für Bordeaux) entgegen vieler damaliger Einschätzungen von Anfang an als denkwürdig und aussergewöhnlich gut vorhersagte. Egal, ist alles Schnee von gestern. Und die für mich nachwievor besten Rotweine der Welt, jene aus Bordeaux sind leider schon aufgrund zunehmender Spekulations- und Geldanlagestrategien ab 1995 so teuer geworden, dass man schon fast Millionär sein muss, um sich sowas wie einen 2.-ieme crus Pichon Comtesse de Lalande (Jahrg. '82, 1993 noch für ca. 130,-- DM zu haben) oder einen Pomerol, den einzigartigen 1990-er La Conseillante (für 82,50 DM in einer Münchner Vinothek) leisten und ins Glas für besondere Anlässe rinnen zu lassen. Einer der berühmtesten Rotweine der Welt, der Chateau Petrus, generell schon beim Einstandspreis des jeweiligen Jahrgangs krachteuer (damals schon mind. 550,-- DM je 0,7l Flache), war übrigens einer der wenigen Bordeaux-Spitzenweine, der gerade beim Jahrhundertjahrgang 1982 eher durchschnittlich ausfiel. Bei einer Weinprobe (1996) eines qualitätsverrückten Weinhändlers, bei der man seltene und wirklich sauteure Spitzenrotweine probieren konnte (u.a. Vega Sicilia '82, Haut Brion '89, Petrus '82, und einen südafrikanischen Spitzenrotwein, der dort in einem Hotel ausgeschenkt wird, das diesem benachbarten Weingut schon immer die Treue hielt und der jederzeit mit anderen Spitenweine mithalten kann, sowie dem 1990-er La Conseillante, von dem ich dem Weinhändler damals zwei Flaschen zur Verfügung stellte, weil dieser ausserordentlich gute Wein schlicht ausverkauft war, mit enormen Preisanstiegen innerhalb kürzester Zeit, nachdem er 1993 (nach üblicherweise 3-jähriger Faß- bzw. Flaschenlagerung zum Kauf auf den Markt kam. Dieser 1990-er La Conseillante war insofern - meiner Erfahrung nach - eine ganz besondere Ausnahme, weil er sich, gegen alle Regeln, bereits in jungen Jahren wundervoll trinkreif zeigte und man die üblicherweise durchaus geduldige Reifezeit in der Flasche bis zur Trinkreife und vollen Geschmacksentwicklung von mind. 6-8 Jahren nicht abwarten musste. Der Wein war dann allerdings auch nach 8 bzw. 10 Jahren kaum besser als im Alter von drei oder fünf Jahren. Einfach immer gleichbleibend "himmlisch" gut. Ein Phänomen.
So nun zu etwas, was Ihnen vielleicht weiterhelfen könnte:
Ein Rotwein aus Süditalien/Apulien. Für mich ein Geheimtipp, den ich selbst schon öfter probiert und getrunken habe:
Rotwein aus dem Weingut der qualitätsverrückten "Weinbrüder" Marcello und Massimiliano Apollonio:
Ich habe - auf die schnelle - einen Link recherchiert, den ich aber selbst noch nicht probiert oder von diesem Anbieter bezog, also nur als Beispiel dient:
https://weinshop.vinothek-wangenrot.de/ ... en-Apulien
Diverse Weine dieses Weinguts gibt es auch in GLOBUS-Märkten, wo ich sie meistens kaufe. Ich kann sagen, dass die jeweiligen Weine und Rebsorten dieses Weinguts allesamt
sehr gut zu trinken sind, im Preisniveau selbst bei einer älteren Riserva (innerhalb von 8-14 Euro liegen, viele davon deutlich unter zehn EUR).
Die Weine sind insofern auch interessant, weil dieses Weingut aus einer Traubensorte wie Negroamaro, die ja eher als Massenwein-bzw. reine Ertragsmengen-Traubensorte für
Billigweine "verrufen" und "verkommen" ist, durch konsequentes Zurückschneiden der Weinstöcke und damit verbundenen Ertragseinbußen von 35 - 50% einen Wein zaubert, der auch von dieser Rebsorte
dadurch zugunsten der Qualität und des Geschmacks einfach wundervoll ist.
Die Weine zeichnen sich durch einen durchweg sehr kräftigen, fruchtigen Geschmack aus, und lakritze-Geschmack konnte ich dabei wenig bis nie - schon gar nicht als dominierend -
feststellen. Eher Beeren- und Kirscharomen usw. - Die Weine sind mehr so richtig volle, runde Fruchtbomben, die dir höchst erotisch die süditaliensiche Sonne auf die Zunge zaubern. Oft auch unter Zuhilfenahme von
14 bis 14,5% Alkoholgehalt. Den man aber beim Trinken nicht merkt oder gar - alkoholdominant - schmeckt. Klar ist natürlich, dass man nach einem netten Essen und einem Fläschchen dieser Weine
schon etwas fester im bequemen Sessel sitzt und beim Aufstehen dann meint, irgendeine unerfreuliche physikalische Macht verschärfte gerade das Gesetz der Schwerkraft.
Aber - im Gegensatz zu reichlichem Bierkonsum - bleibt die Birne, auch bei diesem (kräftigen) Rotwein und einem Glas mehr (oder zuviel), ziemlich klar und entspannt.
Ob Ihnen Wein dieses Weinguts schmecken könnte, weiss ich nicht. Sie sind zwar im barrique ausgebaut, aber sie schmecken, wie schon gesagt, eher fruchtig als eichenholzwürzig.
Für mich - als mittlerweile arme Kirchenmaus - sind die Apollonia-Weine allerdings senstionell. Im Preis-/Leistungsverhältnis. Weil sie für vergleichsweise wenig Geld
sehr viel Trinkgenuß bieten. Noch nicht in den breiteren Genußfocus geraten sind wie beispielsweise diverse Chiantis, Brunellos oder gar Barolo-Rotweine. Und die Preise dann
uferlos steigen...Und sie sind so ausgebaut, dass man nicht ewig warten muss, bis sie voll entwickelt und trinkreif sind. Ebenso muss man sie nicht unbedingt dekantieren.
Ein passendes Rotweinglas genügt und etwas Zeit für den Wein, damit er im Glas noch ein wenig "atmen" kann, bevor man sich das Götterzeuch hinter die Krawatte bindet.