Was ist Zufall?

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van Kessel

Re: Was ist Zufall?

Beitrag von van Kessel »

hi Perdedor,
klasse Beitrag :thumbup:
Aber nach der Logik könnte sich morgen auch die Gravitationskraft plötzlich umdrehen.
dann wäre es aber noch immer eine Gravitationskraft, oder?
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sportsgeist
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von sportsgeist »

van Kessel » Mi 31. Jul 2013, 21:41 hat geschrieben:hi Perdedor,
klasse Beitrag :thumbup:
dann wäre es aber noch immer eine Gravitationskraft, oder?
da steckt das wort "schwere" drin
eine abstossende schwerkraft waere also in der tat immer noch eine gravitationskraft, da sie von der objektmasse abhaengt.
Zitat: Stehen Intelligenz und Schulnoten in irgendeinem direkten proportionalen Zusammenhang ... Nein ... Warum? ... Ich bin das lebende Gegenbeispiel
van Kessel

Re: Was ist Zufall?

Beitrag von van Kessel »

hi odiug,
Der Mensch manipuliert ja auch die Gravitation.
Ob er sie nun mittels einer Rakete zu ueberwinden sucht, oder in Roehren gezwaengt ihre Kraft durch Turbinen jagt.
einigen wir uns darauf, dass er die 'Natur'-kräfte nutzt? Die Gravitation (anziehend oder abstossend) verändert z.B. die Bahnen von Objekten - z.B. die Erdbahn - und macht sie zunehmend chaotisch. 'zu Ende gedacht' heisst dies, dass winzige Änderungen, das ganze System verändern können. Der Mensch kann die Gravitation nicht manipulieren, dazu müsste er in der Lage sein, die Position der Erde z.B. verändern zu können (na ja, da fällt mir ein, mit allen A-Bomben, gleichzeitig an einer Stelle gezündet, könnte eine Bahnverschiebung vielleicht gelingen (Taumeln).
Das naturwissenschaftliche "Prncipele" ist ja kien Objekt des interesselosen Wohlgefallens.
richtig, ich wollte auch nur den unscharfen Begriff 'Naturgesetz' durch ein Fremdwort präzisieren.
Aber die Unterscheidung zwischen belebter Natur und unbelebter Natur ist wichtig.
Ohne Naturgesetze keine Ausbeutung der Natur. Wie will ich ein Wasserkraftwerk bauen, wenn ich die die dafuer notwendigen Prinzipien nicht kenne?
gut, mir gefällt nicht das Wort Ausbeutung. Der Mensch nutzt Naturkräfte, welche dieser Planet und sein Zentralgestirn und der Mond zur Verfügung stellen. Dies ist keine Ausbeutung im wirtschaftlichen Sinn. Es kommen Teilgebiete von Naturgesetzen infrage, welche den Bau und Betrieb eines Wasserkraftwerkes rechtfertigen. Die Naturkräfte - schon von den alten Griechen 'vorformuliert in 'Elemente' - wurden vom Menschen beobachtet, und das Verhalten dieser Kräftem, in eherne Lettern als Naturgesetze gegossen. Die Nutzbarkeitsmachung dieser Kräfte sehe ich aber nicht als Ausbeutung, sondern als Nutzung (wenn der Begriff Ausbeutung für dich mit dem Begriff Ausbeute (Gewinn) assoziiert ist, habe ich kein Problem damit).
Zuletzt geändert von van Kessel am Mi 31. Jul 2013, 22:20, insgesamt 2-mal geändert.
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Shlabotnik
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Shlabotnik »

sportsgeist » Mi 31. Jul 2013, 18:36 hat geschrieben: wenn du 1000 atome eines bestimmten isotops nimmst, von dem die halbwertszeit meinetwegen 24 stunden betragen soll und platzierst eine wette, dass atom 438 morgen zerfallen sein wird, hast du eine exakt 50%-ige chance richtig zu liegen.

und diese wette ist rein zufaellig.
sie folgt keiner regel ...
es ist mit keiner methode feststellbar, ob atom 438 zerfallen sein wird, ausser die, nach 1 tag einfach nachzusehen ...

... im gegensatz zur lottozahlenziehung.
die ist zwar auf grund der vielen freiheitsgrade der 49 kugeln untereinander ebenfalls mathematisch fast zufaellig, aber eben nur fast ...
Ja, das ist der Unterschied zwischen Quantenphysik und der makroskopischen Welt.

J.S.
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van Kessel

Re: Was ist Zufall?

Beitrag von van Kessel »

PublicEye,
Auch tausende von verschiedenen Temperaturmessgeräten können niemals z.B. die Niederschlagsmenge, oder eine Distanz "messen" können.
weil man dafür andere Instrumente benutzt, wie einen Niederschlagsmessbehälter oder ein Meterband?
Vielleicht gelingt es durch irgendwelche Zusammenhänge indirekte Aussagen zu machen (z.B. Temperatur zu Niederschlag), aber es ist keine direkte Messung und vor allem nicht zuverlässig.
natürlich, der Niederschlag im Winter ist (oft) Schnee. Daher ist im Winter die Niederschlagsmessung in der Art 'problematisch', da man von Schneehöhen ausgeht. Durch besondere Einrichtung von WW-Ämtern kann aber ein Wert ermittelt werden, wieviel der Schneemenge als Wasser in den Untergrund 'geht' und wieviel dieser Schneemenge verdunstet resp. abfliesst.
Es zeigt jedoch auf, dass die Dinge offenbar doch irgendwie alle zusammenhängen und das würde wieder einen echten Zufall ausschliessen.
vielleicht fehlt bei deiner Betrachtung das Wort 'manche'? Manche Dinge haben kausale Beziehungen, andere nicht.
Sowohl hinter solchen Mustern, als auch hinter jeglicher Information, steht entweder eine Intelligenz, oder eine von einer Intelligenz erschaffene Maschine.
So auch der Pulsar.
Warum? Warum sollte eine Intelligenz einen Neutronenstern - umgebaut als Leuchtturm - kreieren, Langeweile? :D
Ja absolut, ich glaube nicht, dass die von uns beobachteten, reproduzierbaren und anwendbaren Regeln/Naturgesetze unumstösslich sind. Das war nicht mein Punkt.
doch sie sind unumstösslich, es sei, dass sie durch verifizierbare, neue Erkenntnisse geändert werden. Wie 'hantieren' aber noch immer mit Newtons Physik, aber auch mit Einsteins Relativitätstheorie als auch mit den Erkenntissen der Quantenmechanik. Und in der Zukunft werden wir uns damit vergnügen, die Higg'schen Teilchen einzuordnen.
Es ging vielmehr darum, dass man hinter Gesetzen einen Gesetzgeber vermuten kann, dass vorhandene Strukturen und Regeln von einem Regel- und Strukturengeber vorgegeben sind, denn von nichts kommt ja bekanntlich und gemäss den Beobachtungen auch nichts.
Die Wissenschaft kommt (noch) ohne ein höheres Wesen aus. Es gibt dafür die Quasi-Wissenschaft der Theologie. Und aus dem Nichts kommt erst einmal - bis auf Widerruf - der Urknall, der die gesamte Entropie des Raumes 'schuf'. Und diese Entropie ist messbar als Mikrowellen-Hintergrundstrahlung.

Von Nichts kommt z.B. die Zeit, denn vor dem Knall gab es weder Raum noch Zeit. Diese Vorstellung ist ebenso faszinierend wie die Vorstellung eines 'Machers', oder?
Nur dann, wenn dieser Gott auch den Naturgesetzen unterworfen wäre.
Handelt es sich um einen methaphysischen Gott (was ja auch in der Regel die Vorstellung ist), dann steht solch ein Gott über Materie und Physik.
Oder eine übernatürliche Entität, die entweder unter Berücksichtigung der geltenden Naturgesetze, oder auch darüber hinweg, ein "Wunder" bewirkt.
Auf jeden Fall ist das kein Zufall.
nein Theologie. Wollen wir nicht vorerst, bis wir einen Schöpfergott gefunden haben, uns mit den 'einfachen' Dingen beschäftigen und die Wechselwirkungen von virtuellen Teilchen an einem Schwarzen Loch erkunden und uns fragen, was das eine Teilchen ins 'Nirwana' stürzen lässt, während das andere davon kommt?
Zuletzt geändert von van Kessel am Mi 31. Jul 2013, 23:32, insgesamt 2-mal geändert.
Praia61
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Praia61 »

Zitat : " Der Mensch kann die Gravitation nicht manipulieren, dazu müsste er in der Lage sein, die Position der Erde z.B. verändern zu können (na ja, da fällt mir ein, mit allen A-Bomben, gleichzeitig an einer Stelle gezündet, könnte eine Bahnverschiebung vielleicht gelingen (Taumeln)."

Was verstehst du unter manipulieren ?
Verändern in ihrer Wirkung auf ein Objekt ?
Das kann der Mensch sehr wohl.
Durch die räumliche Lageänderung des Objekts zu einem anderen Objekt.
Demnach kann man die Wirkung der Schwerkraft auf den Objekt verändern.
Ausschalten kann man die Gravitation wohl nicht, man kann sie wohl nur in ihrer Wirkung auf nahezu Null reduzieren.
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van Kessel

Re: Was ist Zufall?

Beitrag von van Kessel »

hi Praia61,
" Der Mensch kann die Gravitation nicht manipulieren, dazu müsste er in der Lage sein, die Position der Erde z.B. verändern zu können (na ja, da fällt mir ein, mit allen A-Bomben, gleichzeitig an einer Stelle gezündet, könnte eine Bahnverschiebung vielleicht gelingen (Taumeln)."
Was verstehst du unter manipulieren ?
wenn du es gelesen hättest, wäre dir aufgefallen, dass dieser [Manipulationsbegriff] nicht von mir benutzt wurde. Wenn du deine Meinung bringen möchtest, so wäre dies am Originalbeitrag angebrachter denn an meinen Antworten.
Verändern in ihrer Wirkung auf ein Objekt ?
Das kann der Mensch sehr wohl.
Durch die räumliche Lageänderung des Objekts zu einem anderen Objekt.
Demnach kann man die Wirkung der Schwerkraft auf den Objekt verändern.
es ist möglich, dass wir das gleiche meinen und den Manipulationsbegriff unterschiedlich interpretierten. Man kann die Schwerkraft nicht aufheben, allerdings mit Mitteln 'überlisten'.
Ausschalten kann man die Gravitation wohl nicht, man kann sie wohl nur in ihrer Wirkung auf nahezu Null reduzieren.
das war gemeint.
Zuletzt geändert von van Kessel am Do 1. Aug 2013, 13:54, insgesamt 1-mal geändert.
odiug

Re: Was ist Zufall?

Beitrag von odiug »

van Kessel » Mi 31. Jul 2013, 21:16 hat geschrieben:hi odiug,
einigen wir uns darauf, dass er die 'Natur'-kräfte nutzt? Die Gravitation (anziehend oder abstossend) verändert z.B. die Bahnen von Objekten - z.B. die Erdbahn - und macht sie zunehmend chaotisch. 'zu Ende gedacht' heisst dies, dass winzige Änderungen, das ganze System verändern können. Der Mensch kann die Gravitation nicht manipulieren, dazu müsste er in der Lage sein, die Position der Erde z.B. verändern zu können (na ja, da fällt mir ein, mit allen A-Bomben, gleichzeitig an einer Stelle gezündet, könnte eine Bahnverschiebung vielleicht gelingen (Taumeln).richtig, ich wollte auch nur den unscharfen Begriff 'Naturgesetz' durch ein Fremdwort präzisieren.
gut, mir gefällt nicht das Wort Ausbeutung. Der Mensch nutzt Naturkräfte, welche dieser Planet und sein Zentralgestirn und der Mond zur Verfügung stellen. Dies ist keine Ausbeutung im wirtschaftlichen Sinn. Es kommen Teilgebiete von Naturgesetzen infrage, welche den Bau und Betrieb eines Wasserkraftwerkes rechtfertigen. Die Naturkräfte - schon von den alten Griechen 'vorformuliert in 'Elemente' - wurden vom Menschen beobachtet, und das Verhalten dieser Kräftem, in eherne Lettern als Naturgesetze gegossen. Die Nutzbarkeitsmachung dieser Kräfte sehe ich aber nicht als Ausbeutung, sondern als Nutzung (wenn der Begriff Ausbeutung für dich mit dem Begriff Ausbeute (Gewinn) assoziiert ist, habe ich kein Problem damit).
Nutzen ist mir zu "lieblich".
Ausbeuten trifft es meiner Meinung nach besser, weil es um eine Unterwerfung der Natur unter menschliche Zwecke geht.
Und das Werkzeug dazu sind die Naturwissenschaften, welche die Naturgesetze aufstellen.
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Perdedor
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Perdedor »

PublicEye hat geschrieben: Woher willst du wissen, dass alle Signale erfasst wurden und ob überhaupt das geeingnete Messinstrument/ein geeigneter Messbereich verwendet wurde, rsp. ob uns überhaupt ein geeignetes Messgerät dafür zur Verfügung steht?
Wie gesagt: Es kann festgestellt werden, ob eine versteckte Eigenschaft vorliegt oder nicht. Selbst wenn man sie nicht direkt messen kann. Das kann durch die Feststellung von Korrelationen realisiert werden. Siehe den Artikel zur Bellschen Ungleichung. Vereinfacht gesagt kann man aus ihr schließen, ob ein bestimmtes Ereignis im voraus festgelegt ist oder nicht. Und zwar unabhängig davon, ob der Mensch nun die Technik und das Wissen hat dieses Ereignis konkret vorherzusagen.
Es wurden zahlreiche Experimente diesbezüglich durchgeführt (siehe ebenfalls den Artikel), alle mit demselben Ergebnis:
Es liegt NICHT an einer Wissenslücke des Menschen, dass er bestimmte Dinge nicht vorhersagen kann, sondern ist ein fundamentale Eigenschaft der Natur. Man sagt, die Natur ist nicht "lokal realistisch".
PublicEye hat geschrieben: Es zeigt jedoch auf, dass die Dinge offenbar doch irgendwie alle zusammenhängen und das würde wieder einen echten Zufall ausschliessen.
Das ist genau der Punkt. Die Quantenmechanik ist eben anders, als deine klassischen Beispiele. Genau deshalb bereitete sie auch Genies wie Einstein solche Probleme. Wenn es nur ein banales "wir wissen es NOCH nicht" gewesen wäre, hätte es nie die ganzen Diskussionen gegeben. Einstein hat als einer der ersten die extrem anti-intuitiven Konsequenzen der Quantenmechanik verstanden und hielt sie deshalb für unvollständig. Spätestens seit den Experimenten zur Bellschen Ungleichung weiß man aber, dass Einstein hier falsch lag.
PublicEye hat geschrieben: Man kann auch von Information sprechen.
Das sollte man besser lassen, da "Information" je nach Wissenschaftsgebiet höchst unterschiedlich und oft auch unscharf definiert ist.
Gerade im Bereich der Physik (welche ja hier relevant ist), wird der Begriff ganz anders verwendet, als du es hier vorschlägst.
"In der Statistischen Physik ist die fehlende Information eines Systems die Information, die benötigt wird, um herauszufinden, in welchem Zustand sich ein System befindet. Sie ist die gewichtete Summe der Logarithmen der Zustandswahrscheinlichkeiten"
http://de.wikipedia.org/wiki/Information_%28Physik%29
PublicEye hat geschrieben: Sowohl hinter solchen Mustern, als auch hinter jeglicher Information, steht entweder eine Intelligenz, oder eine von einer Intelligenz erschaffene Maschine.
So auch der Pulsar.
Was hat ein Pulsar mit Intelligenz zu tun?
PublicEye hat geschrieben: Es ging vielmehr darum, dass man hinter Gesetzen einen Gesetzgeber vermuten kann, dass vorhandene Strukturen und Regeln von einem Regel- und Strukturengeber vorgegeben sind
Wenn die Natur sich morgen ganz anders darstellen kann, dann gibt es offenbar kein Gesetz in deinem Sinne und damit ist auch kein Gesetzgeber notwendig. Deswegen ist der Begriff "Gesetz" ja problematisch, da er im Alltagsgebrauch eine Vorschrift für Menschen darstellt. Es gibt aber eben keine Vorschriften an die Natur. Sie ist wie sie ist. Die "Gesetzmäßigkeiten" die wir feststellen, sind eben nicht a priori (von irgendjemandem) festgelegt, sondern lediglich unsere Beschreibung, wie die Natur IST.
Deine Aussagen implizieren immer eine Vorschrift an die Natur, die nach deinem Verständnis dann jemanden voraussetz der sie erlassen hat. Aber es gibt diese Vorschriften nicht (bzw sie sind ein inhaltsleeres Konzept in diesem Zusammenhang). Die Natur IST einfach, sie folgt nicht irgendwelchen Vorschriften.
PublicEye hat geschrieben: Handelt es sich um einen methaphysischen Gott (was ja auch in der Regel die Vorstellung ist), dann steht solch ein Gott über Materie und Physik.
Das impliziert aber, dass seine Handlungen rein zufällig sind.
Denn wenn sie es nicht wären, ließen sie sich durch Naturgesetze beschreiben.
Es gibt zwei Möglichkeiten:
Entweder lässt sich ein Ereignis vorausberechnen (d.h. es ist "regelmäßig" und durch Naturgesetze beschreibbar) oder nicht (d.h. es ist rein zufällig).
Was trifft nun auf die gängigen Gottesvorstellungen zu?
PublicEye hat geschrieben: Auf jeden Fall ist das kein Zufall.
Wieso nicht? Wenn etwas nicht vorhersagbar ist (wie der Zerfall eines Atomkerns), ist es per Definition ein echter Zufall.
Zuletzt geändert von Perdedor am Do 1. Aug 2013, 17:44, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Sri Aurobindo »

Trotz unseres fundamentalen Nichtwissens nicht an der eigenen Erkenntnis zu zweifeln, ist schlicht arrogante Torheit.
Zuletzt geändert von Sri Aurobindo am Do 1. Aug 2013, 17:53, insgesamt 2-mal geändert.
van Kessel

Re: Was ist Zufall?

Beitrag von van Kessel »

hi odiug,
Nutzen ist mir zu "lieblich".
ist nur ein Wort.
Ausbeuten trifft es meiner Meinung nach besser, weil es um eine Unterwerfung der Natur unter menschliche Zwecke geht.
wie beutest du denn beispielsweise per Photo-Voltaik die Sonne aus, oder per Gezeitenkraftwerk die Gravitationskräfte? Ich bin der Ansicht, dass man die Natur (als Begriff allen Seins) nicht ausbeuten kann. Du beschreibst eigentlich nicht Natur, sondern Umwelt. Aber ist dies hier Thema?
Und das Werkzeug dazu sind die Naturwissenschaften, welche die Naturgesetze aufstellen.
da kann ich dir nicht mehr folgen. Wissenschaftler stellen keine Naturgesetze auf, sondern stellen Modelle der Wirklichkeit vor, welche nach Überprüfung und Reproduzierungsverfahren als für den Zeitpunkt als gültig erachtet werden. Dies sind keine Ewigkeitsgesetze, können es aber sein.

Nimm einmal die Theorie über den Urknall. Momentan (seit ungefähr 50 Jahren) ist dies eine Annahme über die Entstehung unseres Universum. Dies ist nach allen Prüfungen durch die Wissenschaft, das plausibelste Modell, sich den Ursprung und Verteilung der Materie vorzustellen - ich will nicht langweilen -. Es ist nicht ausgeschlossen, dass dieses Modell in der Zukunft das Schicksal der Newton' Physik erleidet; es muss modifiziert werden.

Was dir wohl vorschwebt ist Umwelt (Environment) welche durch die Formeln der Wissenschaft negativ verändert werden können. Dies ist aber nicht das, was wir unter Natur hier abkaspern.
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Sri Aurobindo »

Matthias Pochmann » Do 25. Jul 2013, 12:22 hat geschrieben:Unsere Welt ist das Ergebnis der Hausaufgabe eines Schülers einer überlegenen Intelligenz

"Ihr liebe Schüler entwickelt bis nächste Woche eine Simulation eines Universums mit Lebewesen, Bewusstsein und Intelligenz
Bedingung: Die Lebensformen dürfen keinen Beweis finden, dass sie Teil einer Simulation sind"
Zufall ist es nur für uns
Für Gott ist es bewusster Wille
Zuletzt geändert von Sri Aurobindo am Do 1. Aug 2013, 18:10, insgesamt 1-mal geändert.
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Selaht
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Selaht »

Max73 » Sa 20. Jul 2013, 16:36 hat geschrieben:Meine Hypothese vorweg: Wir bringen den Begriff "Zufall" vor allem dann ins Spiel, wenn wir etwas nicht erklären können. Oder besser gesagt: Noch nicht erklären können.

Im normalen Sprachgebrauch wird der Begriff "Zufall" in etwa so benutzt, dass er Dinge oder Ereignisse beschreibt, die quasi ungeordnet, ohne eigentliche, innere Gesetzmäßigkeit geschehen, ja oft eventuell sogar ohne einen Impulsgeber. Bitte legt mich jetzt nicht auf eine optimale Formulierung fest. Man kann es bestimmt noch treffender ausdrücken.
Was mir immer wieder auffällt, ist dass Kreationisten den Evolutionsprozess als "zufällig" bezeichnen. obwohl es über rein zufällige Abläufe keine Theorie geben kann. Läuft der Evolutionsprozess quasi ungeordnet ohne Impulsgeber ab?

Ich möchte dich nicht festlegen. Aber, wenn du schon die Frage stellst, was Zufall ist, dürfte meines Erachtens gerade eine konkrete Betrachtung der Evolution Sinn machen. Inwieweit ist Evolution zufällig, inwieweit geordnet? Inwieweit ist "survival of the fittest" Impulsgeber?
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Praia61 »

Wenn es keine Umweltveränderungen gäbe, die Konkurenzsituation um die Nahrung sich nicht verändern würde, dann käme nur noch genetische Fehler bei der Reproduktion
in Frage als Grund für die Evolution.
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van Kessel

Re: Was ist Zufall?

Beitrag von van Kessel »

hi Selaht,
Was mir immer wieder auffällt, ist dass Kreationisten den Evolutionsprozess als "zufällig" bezeichnen. obwohl es über rein zufällige Abläufe keine Theorie geben kann. Läuft der Evolutionsprozess quasi ungeordnet ohne Impulsgeber ab?
Frage: lehnen Kreationisten nicht eine Evolution per se ab? Denn würden sie eine Evolution anerkennen, würden sie einen Kreator nicht benötigen. Und was ist ein Kreationist, welcher einen Schöpfer voraussetzt, dann aber die Evolution wirken lässt?
Ich möchte dich nicht festlegen. Aber, wenn du schon die Frage stellst, was Zufall ist, dürfte meines Erachtens gerade eine konkrete Betrachtung der Evolution Sinn machen.
Evolution ist nicht nur von Zufällen 'abhängig', sondern gleichzeitig auch ein 'Werkzeug'. Ein Zufall mag durchaus das Aussterben der Saurier sein, welches den Säugetieren neue 'Nischen' ermöglichte.
Inwieweit ist Evolution zufällig, inwieweit geordnet? Inwieweit ist "survival of the fittest" Impulsgeber?
ich denke da an Haie, welche seit Jahrmillionen keiner Evolution mehr 'unterworfen' sind. Sie haben wohl die optimale 'Verfassung' erhalten und kein Ereignis kann dies mehr optimieren. Sie können lediglich aussterben, weil bei dieser 'Tätigkeit' der Mensch fleissig mithilft.

Die Evolution ist -imho - nicht eine Funktion, welche stets verbessert, sondern welche Aufwand und Ertrag gegeneinander abwägt. So belässt sie alte Funktionen - welche nicht mehr benötigt werden oder unzweckmässig sind - weil die Änderung oder Entfernung dieser Funktionen, einen unverhältnissmässig hohen Aufwand zeitigen würde.

Evolution ist wohl kein Zufall, sondern eine Tendenz. Ist ein Weg einmal beschritten (wie die Entwicklung zu einem komplexen Gehirn) findet diese Entwicklung ihr Ende durch die Tatsache, dass ein Geburtskanal z.B. sich nicht 'unbeschadet' erweitern lässt. Eine 'Entwicklung' lässt sich dann nur noch 'in der Tiefe' ermöglichen; d.h. in der Qualität. Dies dürfte aber auch nicht ohne Verluste (wie z.B. als Autismus) geschehen, ehe sich Aufwand und Nutzen 'eingependelt' haben.

Dass ein vorläufiges End'produkt' momentan an der Spitze gesehen wird, verkleistert die Tatsache, dass der Mensch ein Zufallsprodukt der Geschichte dieses Planeten ist. Zufall deshalb, weil bei den bekannten Massenausterben, die Vorläufer des 'Menschen', diesem Massenaussterben - warum auch immer - entkamen; ansonsten es uns nicht gäbe.

Ich würde die Evolution nur bedingt mit Zufall in Verbindung bringen. Die Darwin' Feststellung vom Überleben des Angepasstesten ( to fit), kann nicht den Zufall ausklammern, denn was nutzt die beste Anpassung, wenn eine Kette von Vulkanausbrüchen eine kleine Population von Lebewesen mitsamt Environment vernichtet?

Vielleicht existiert der Zufall nur in den Weiten der Physik, wo virtuelle Teilchen einen irren Tanz aufführen und uns nur an Zufall denken lassen, ehe wir eine Gesetzmässigkeit erkennen.
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von gallerie »

van Kessel » Fr 2. Aug 2013, 19:35 hat geschrieben:
Vielleicht existiert der Zufall nur in den Weiten der Physik, wo virtuelle Teilchen einen irren Tanz aufführen und uns nur an Zufall denken lassen, ehe wir eine Gesetzmässigkeit erkennen.
…eben, sobald wir aber eine Gesetzmäßigkeit erkennen ist es kein Zufall mehr. Ein Zufall ergibt sich aus einer momentanen Situation heraus, beleuchtet man diesen angeblichen Zufall erkennt man früher oder später eine logische Konsequenz.
Zuletzt geändert von gallerie am Fr 2. Aug 2013, 14:45, insgesamt 1-mal geändert.
odiug

Re: Was ist Zufall?

Beitrag von odiug »

van Kessel » Do 1. Aug 2013, 16:57 hat geschrieben:hi odiug,
ist nur ein Wort.

wie beutest du denn beispielsweise per Photo-Voltaik die Sonne aus, oder per Gezeitenkraftwerk die Gravitationskräfte? Ich bin der Ansicht, dass man die Natur (als Begriff allen Seins) nicht ausbeuten kann. Du beschreibst eigentlich nicht Natur, sondern Umwelt. Aber ist dies hier Thema?da kann ich dir nicht mehr folgen. Wissenschaftler stellen keine Naturgesetze auf, sondern stellen Modelle der Wirklichkeit vor, welche nach Überprüfung und Reproduzierungsverfahren als für den Zeitpunkt als gültig erachtet werden. Dies sind keine Ewigkeitsgesetze, können es aber sein.

Nimm einmal die Theorie über den Urknall. Momentan (seit ungefähr 50 Jahren) ist dies eine Annahme über die Entstehung unseres Universum. Dies ist nach allen Prüfungen durch die Wissenschaft, das plausibelste Modell, sich den Ursprung und Verteilung der Materie vorzustellen - ich will nicht langweilen -. Es ist nicht ausgeschlossen, dass dieses Modell in der Zukunft das Schicksal der Newton' Physik erleidet; es muss modifiziert werden.

Was dir wohl vorschwebt ist Umwelt (Environment) welche durch die Formeln der Wissenschaft negativ verändert werden können. Dies ist aber nicht das, was wir unter Natur hier abkaspern.
Es ist schon die Natur, also das Sein an sich jenseits des menschlichen Seins.
Ich bezweifle das "interessenlose Wohlgefallen".
Der Mensch betrachtet alles Andere immer unter dem Aspekt des eigenen Zwecks.
Auch die Aesthetik, also die Kunst, welche ja das einzige waere, wo der Zweck sich im Idealfall verfluechtigt.
Er schleicht sich aber durch die Hintertuer des Genusses wieder in unser tun.
Und Ausbeuten der Natur heisst fuer mich, die Unterwerfung der Natur unter den menschlichen Zweck.
Dazu zaehlt dann auch de Photovoltaik oder das Gezeitenkraftwerk, da natuerliche Phaenomene unter den Nutzen fuer den Menschen gezwaengt werden.
Die Natur, also das Sein ist fuer sich.
Wir als Menschen nehmen es aber nur wahr fuer uns.
Wir koennen nicht denken und erleben wir ein Adler n schwindelnden Hoehen oder wie ein Fisch im Wasser.
Zuletzt geändert von odiug am Fr 2. Aug 2013, 17:17, insgesamt 1-mal geändert.
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Shoogar
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Shoogar »

Dem kleinen Ausflug in die Evolutionstheorie habe ich einen eigenen Thread verpasst.
Bitte führt Eure Gedanken zu diesem Thema hier nicht mehr weiter aus.

Grüße
Shoogar
Das Leben auf der Erde mag teuer sein, aber eine jährliche Rundreise um die Sonne ist gratis mit dabei.
http://www.politik-forum.eu/viewtopic.php?f=27&t=353
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Max73 »

Shoogar » Fr 2. Aug 2013, 21:30 hat geschrieben:Dem kleinen Ausflug in die Evolutionstheorie habe ich einen eigenen Thread verpasst.
Bitte führt Eure Gedanken zu diesem Thema hier nicht mehr weiter aus.

Grüße
Shoogar
Danke.
:thumbup:
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Shlabotnik
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Shlabotnik »

Also wenn ich das mit der Bell'schen Ungleichung richtig verstanden habe, gibt es also Ereignisse, die nicht "realistisch" sind in dem Sinne, dass die Eigenschaft unabhängig von der Messung ist. Der radioaktive Zerfall eines einzelnen Atoms wäre dann (wenn er das obige Kriterium eben nicht erfüllt) eben "echt" zufällig, und nicht nur "von noch nicht bekannten Faktoren abhängig".

Zudem gibt es auch Ereignisse, die nicht "lokal" sind, wie bei den verschränkten (trotz räumlicher Entfernung) Photonen beobachtet wurde.

J.S.
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Herr Bert
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Herr Bert »

Der Neandertaler » Sonntag 21. Juli 2013, 20:10 hat geschrieben:
  • Rauchen, Saufen ... Risiko?
KLar!
  • ... teils teils.

Es ist bewiesen, daß diese Dinge ein Risiko sind, daß wir durch den 'Nicht-Konsum' davon, daß wir dann gesunder bleiben ... länger gesund bleiben.
Nein. Das ist es nicht.
Es ist noch nicht einmal bewiesen, dass es ein Risiko ist.

Vielleicht wäre Helmut Schmidt längst tot, hätte er nie geraucht.
Beweise das Gegenteil!
Merkst Du was?
:D
Alexander Zwo

Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Alexander Zwo »

Es existiert nur eine einzige echte Wahrscheinlichkeit (ein einziger echter Zufall) und zwar der, dass es sowas wie Wahrscheinlichkeiten statt Determinismus gibt! :cool:
Herr Bert
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Herr Bert »

Alexander Zwo » Samstag 21. Dezember 2013, 15:54 hat geschrieben:Es existiert nur eine einzige echte Wahrscheinlichkeit (ein einziger echter Zufall) und zwar der, dass es sowas wie Wahrscheinlichkeiten statt Determinismus gibt! :cool:
Was die praktische Voraussagbarkeit betrifft, mag das stimmen.
Aber nur da.
;)
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Cat with a whip
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Cat with a whip »

EDIT.
Zuletzt geändert von Cat with a whip am Mo 23. Dez 2013, 12:20, insgesamt 1-mal geändert.
"Die Erde ist ein Irrenhaus. Dabei könnte das bis heute erreichte Wissen der Menschheit aus ihr ein Paradies machen." Joseph Weizenbaum
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Der Neandertaler
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo Herr Bert.
Herr Bert hat geschrieben: Nein. Das ist es nicht.
Es ist noch nicht einmal bewiesen, dass es ein Risiko ist.

Vielleicht wäre Helmut Schmidt längst tot, hätte er nie geraucht.
Beweise das Gegenteil!
Merkst Du was?
:D
Ich gebe Dir Recht. Daß, was wir als 'Grenze' ... als 'Risiko-Bewertung' ansehen, sind lediglich weitgehend Vermutungen, die sich daraus ergeben, daß etwas passiert oder noch-nicht-passiert.
Aber ich beurteile es so, daß wir bestimmte Zusammenhänge noch nicht verstehen. Daher können wir auch bestimmte Vorhersagen (was wäre wenn ...) nicht genau treffen.
Dies mag durchaus als 'Zufall' aussehen, aber ich bezeichne dies nicht derartig. Es gibt mit Sicherheit eine Erklärung für derartige Vorgänge.
Aber nur deswegen, weil ich nun das Gegenteil eines Vorgangs nicht erklären oder beweisen kann, muß es doch nicht gleich Zufall sein.

Das, was wir weitläufig als Zufall bezeichnen, deuten wir also weitgehend aus einer Verkürzung heraus. Einer Verkürzung, die sich aus Zeitmangel oder Bequemlichkeit ergibt. Wobei eine Verkürzung, die sich etwa in stereotypischen Beurteilungen zeigt, hilft uns weitgehend unsere Umwelt ... unser Umfeld zu verstehen. Von daher ist eine Beurteilung nach 'Zufall' oder nicht-Zufall weitgehend 'normal'.
Aber grundsätzlich glaube ich nicht an Zufälle!
"Ich teile Ihre Meinung nicht, ich werde aber bis zu meinem letzten Atemzug kämpfen, daß Sie Ihre Meinung frei äußern können." (Voltaire)
Herr Bert
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Herr Bert »

Der Neandertaler » Montag 6. Januar 2014, 15:25 hat geschrieben:Hallo Herr Bert.
Ich gebe Dir Recht. Daß, was wir als 'Grenze' ... als 'Risiko-Bewertung' ansehen, sind lediglich weitgehend Vermutungen, die sich daraus ergeben, daß etwas passiert oder noch-nicht-passiert.
Hallo Neandertaler,
bereits der Begriff Risiko ist in diesen Fällen schon wissenchaftlich ungenau.
Statistisch festgestellte Begleiterscheinungen sind kein inhaltlicher Beweis,
solange der kausale Zusammenhang nicht bewiesen ist.
Das ist nicht der Fall.
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von schokoschendrezki »

Der Neandertaler » Mo 6. Jan 2014, 16:25 hat geschrieben:Hallo Herr Bert.

Aber ich beurteile es so, daß wir bestimmte Zusammenhänge noch nicht verstehen. Daher können wir auch bestimmte Vorhersagen (was wäre wenn ...) nicht genau treffen.
Dies mag durchaus als 'Zufall' aussehen, aber ich bezeichne dies nicht derartig. Es gibt mit Sicherheit eine Erklärung für derartige Vorgänge.
Aber nur deswegen, weil ich nun das Gegenteil eines Vorgangs nicht erklären oder beweisen kann, muß es doch nicht gleich Zufall sein.

Das, was wir weitläufig als Zufall bezeichnen, deuten wir also weitgehend aus einer Verkürzung heraus. Einer Verkürzung, die sich aus Zeitmangel oder Bequemlichkeit ergibt. Wobei eine Verkürzung, die sich etwa in stereotypischen Beurteilungen zeigt, hilft uns weitgehend unsere Umwelt ... unser Umfeld zu verstehen. Von daher ist eine Beurteilung nach 'Zufall' oder nicht-Zufall weitgehend 'normal'.
Aber grundsätzlich glaube ich nicht an Zufälle!
Das gilt für die Quantentheorie jedenfalls ganz sicher nicht. Denn in demselben Maße wie sie mit der Behauptung der Existenz echter Zufälle die Welt (im Kleinen) als indeterministisch ansieht, beschreibt und quantifiziert sie diese Zufälligkeiten mit umso höherer Genauigkeit. Der Aufenthaltsort eines einzelnen Quantenteilchens zu gegebener Zeit ist vollkommen zufällig, aber die Verteilung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten wird durch eine mathematisch exakte Formel beschrieben. Und die Entwicklung dieser Theorie war alles andere als "bequemlich".

Philosophisch betrachtet ist eine (vollkommen, im Großen wie im Kleinen gleichermaßen) deterministische Welt etwas sehr unwahrscheinliches, ja etwas geradezu Kurioses. Denn wenn jeder Zustand aus vorhergehenden Zuständen - prinzipiell jedenfalls - ableitbar wäre, wenn die Welt ein zwar sehr sehr kompliziertes aber eben doch mechanisch ablaufendes großes Uhrwerk wäre ... dann könnte so etwas wie Leben nicht entstehen. Für die Entstehung und Entwicklung von Leben bedarf es eines grundsätzlichen Variationsmechanismus, bei dem tatsächlich Neues aus dem Nichts und nicht Neues aus Altem entsteht. Intuitiv jedenfalls ist das für mich eine Selbstverständlichkeit, über die gar kein Zweifel besteht.
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Perdedor »

schokoschendrezki hat geschrieben: Philosophisch betrachtet ist eine (vollkommen, im Großen wie im Kleinen gleichermaßen) deterministische Welt etwas sehr unwahrscheinliches, ja etwas geradezu Kurioses.
Kurios, in der Tat.
Aber warum unwahrscheinlich? Weil viel mehr nicht-deterministische Welten vorstellbar sind? Wäre dann nicht alles, was passiert immer unwahrscheinlich?
schokoschendrezki hat geschrieben: Für die Entstehung und Entwicklung von Leben bedarf es eines grundsätzlichen Variationsmechanismus, bei dem tatsächlich Neues aus dem Nichts und nicht Neues aus Altem entsteht.
Warum das denn? Was bedeutet "neu"?
Wieso sollte sich "Leben" nicht deterministisch aus den Anfangsbedingungen auf der Erde ergeben?
Im Zusammenhang mit der Mutation wird natürlich oft von Zufall geredet, aber das muss kein echter (quantenmechanischer) Zufall sein. Selbst wenn die Sonne vollkommen deterministisch ihre Gamma-Strahlen aussendet und diese vollkommen deterministisch auf die DNS eines Organismus treffen und sie verändern, funktioniert Evolution.
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo schokoschendrezki.
schokoschendrezki hat geschrieben:Das gilt für die Quantentheorie jedenfalls ganz sicher nicht. Denn in demselben Maße wie sie mit der Behauptung der Existenz echter Zufälle die Welt (im Kleinen) als indeterministisch ansieht, beschreibt und quantifiziert sie diese Zufälligkeiten mit umso höherer Genauigkeit. Der Aufenthaltsort eines einzelnen Quantenteilchens zu gegebener Zeit ist vollkommen zufällig, aber die Verteilung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten wird durch eine mathematisch exakte Formel beschrieben. Und die Entwicklung dieser Theorie war alles andere als "bequemlich".

Philosophisch betrachtet ist eine (vollkommen, im Großen wie im Kleinen gleichermaßen) deterministische Welt etwas sehr unwahrscheinliches, ja etwas geradezu Kurioses. Denn wenn jeder Zustand aus vorhergehenden Zuständen - prinzipiell jedenfalls - ableitbar wäre, wenn die Welt ein zwar sehr sehr kompliziertes aber eben doch mechanisch ablaufendes großes Uhrwerk wäre ... dann könnte so etwas wie Leben nicht entstehen. Für die Entstehung und Entwicklung von Leben bedarf es eines grundsätzlichen Variationsmechanismus, bei dem tatsächlich Neues aus dem Nichts und nicht Neues aus Altem entsteht. Intuitiv jedenfalls ist das für mich eine Selbstverständlichkeit, über die gar kein Zweifel besteht.
Ich will und kann nicht auf die Quantentheorie eingehen. Erstens ist dies nicht mein Wissensfach - davon verstehe ich recht wenig ... zu wenig.
Zweitens:
  • Wie ich es beurteile (und das steckt ja auch in diesem Wort), ist dies (vorläufig) eine Theorie. Eine Theorie, die zweifellos heutzutage weitgehend anerkannt und/oder bewiesen ist.
Auch die Einstein'sche Relativitätstheorie ist ja derart anerkannt. Und trotzdem geben Einstein'sche Theorien noch heutzutage Anlaß und Stoff zu weitreichenden (und - von außen betrachtet -zu teilweise abstrusen) Diskussionen.
Es ist also alles irgendwie zu erklären - es kommt lediglich auf den Wissensstand und deren Erkenntnis an.
  • (zur Erweiterung dieses Wissensstandes können und werden diese Diskurse wohl beitragen. Weil dadurch (berechtigte) Fragen aufkommen, welche wiederum Grundlage zu weitergehenden Forschungen und Untersuchungen sind.)
Deine These, daß "so etwas wie Leben nicht entstehen" könne, "wenn jeder Zustand aus vorhergehenden Zuständen - prinzipiell jedenfalls - ableitbar wäre", diese dürfte sich wohl widerlegt haben.
  • (meiner Meinung nach, ist sie schon widerlegt.)
Alleine schon durch die Evolutionsgeschichte. Daß also 'die Natur' weitgehend experimentiert (daß sie also bei 'Menschwerdung' das, was sich als vorteilhafte Lösung herausgestellt hat), und die besten Lösungen weiterverwendet hat (von Australopithen über Homo Erectus und Neandertaler bishin zum Homo sapiens), bezeugt doch, daß immer auf den vorherigen 'Erfolgen' aufgebaut wurde ... bzw., nur erfolgversprechendes, was zu bevorstehenden Lösung beitragen könnte, daß lediglich dies berücksichtigt wurde.

Experimentieren, also "Variationsmechanismus" und auf-dem-Vorherigen-aufbauen schließen sich ja nicht prinzipiell aus. Ich kann ja das Vorherige berücksichtigen, dies verarbeiten, aber verbessern.
  • (was ja wiederum ein Experiment wäre.)
So entsteht "Neues aus Altem".
  • Aber auch das Experimentieren sollte man nicht dem Zufall zuschreiben!
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von ThorsHamar »

Der Neandertaler » Di 7. Jan 2014, 07:01 hat geschrieben:
....Daß also 'die Natur' weitgehend experimentiert (daß sie also bei 'Menschwerdung' das, was sich als vorteilhafte Lösung herausgestellt hat), und die besten Lösungen weiterverwendet hat (von Australopithen über Homo Erectus und Neandertaler bishin zum Homo sapiens), bezeugt doch, daß immer auf den vorherigen 'Erfolgen' aufgebaut wurde ... bzw., nur erfolgversprechendes, was zu bevorstehenden Lösung beitragen könnte, daß lediglich dies berücksichtigt wurde. ....

...sorry, dass ich mich hier einmische, aber vielleicht mal als Denkanstoss:

Es sieht nur scheinbar so aus, als würde "die beste Lösung weiterverwendet".
Das hat damit zu tun, dass sich die Bedingungen des Systems nur extrem langsam und sukzessive verändern, in welchen z.B. Lebewesen sich bewegen.
Wenn ab sofort die Umweltbedingungen der Urerde herrschten, könnte sich lediglich die Lebewesen wieder an der Gestaltung der Natur beteiligen, welche in der Lage sind, diese Bedingungen zu ertragen und darauf mit Weiterleben zu reagieren ... :cool:
Die "beste Lösung" für Sauerstoffarmer hat in Schwefeldämpfen keine Chance.
Wir selbst bemerken ja kaum die stete Entwicklung um uns herum und auch in und mit uns. Dazu sind 80 Jahre zu kurz ....
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo ThorsHamar.
ThorsHamar hat geschrieben:...sorry, dass ich mich hier einmische, aber vielleicht mal als Denkanstoss:

Es sieht nur scheinbar so aus, als würde "die beste Lösung weiterverwendet".
Das hat damit zu tun, dass sich die Bedingungen des Systems nur extrem langsam und sukzessive verändern, in welchen z.B. Lebewesen sich bewegen.
Wenn ab sofort die Umweltbedingungen der Urerde herrschten, könnte sich lediglich die Lebewesen wieder an der Gestaltung der Natur beteiligen, welche in der Lage sind, diese Bedingungen zu ertragen und darauf mit Weiterleben zu reagieren ... :cool:
Die "beste Lösung" für Sauerstoffarmer hat in Schwefeldämpfen keine Chance.
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Ist schon in Ordnung - jeder darf und soll mitreden!
Du machst auf einen interessanten Punkt aufmerksam - auf den ich nicht unbedingt eingehen wollte. Es ist aber inetwa das, worauf ich abzielte - deswegen habe ich den 'Erfolg' fett geschrieben.
Es ist insofern das, was zum Thema gehört, weil, wenn wir ein Rädchen drehen (hier: der Fortschritt - das Weiterbestehen ... zum Wohle der Menschheit, wie wir sie gerne hätten), wissen wir nicht, wie sich dies auswirkt. (weil wir (noch) nicht alles verstehen.)
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von schokoschendrezki »

Perdedor » Mo 6. Jan 2014, 19:11 hat geschrieben:
Kurios, in der Tat.
Aber warum unwahrscheinlich? Weil viel mehr nicht-deterministische Welten vorstellbar sind? Wäre dann nicht alles, was passiert immer unwahrscheinlich?



Warum das denn? Was bedeutet "neu"?
Wieso sollte sich "Leben" nicht deterministisch aus den Anfangsbedingungen auf der Erde ergeben?
Im Zusammenhang mit der Mutation wird natürlich oft von Zufall geredet, aber das muss kein echter (quantenmechanischer) Zufall sein. Selbst wenn die Sonne vollkommen deterministisch ihre Gamma-Strahlen aussendet und diese vollkommen deterministisch auf die DNS eines Organismus treffen und sie verändern, funktioniert Evolution.
Ich denke schon, es muss ein echter Zufall sein. Das Stichwort lautet Emergenz. Leben, das sich fortentwickelt und komplexer werden soll, braucht auf der einen Seite strukturelle Stabilität im Großen und auf der anderen Seite emergente Störungen im Kleinen und an den Verzweigungspunkten. Ein deterministisches System kann zwar beliebig komplex werden, aber die Schwelle zum Lebendigen wird es dennoch niemals überschreiten. Dabei ist es im Prinzip gleichgültig, ob es Differentialgleichungen berechnen oder einfach nur 1 und 1 addieren kann.
Klaus Mainzer hat geschrieben: Aus Zufallsfluktuationen bilden sich nach den Gesetzen der Physik immer komplexere atomare und molekulare Strukturen. Diese atomare und molekulare Selbstorganisation von Ordnung charakterisiert die Expansion des Universums und macht die Entstehung von Sternen und schließlich von Leben möglich. Aber auch an der Wiege des Lebens ist der Zufall der entscheidende Pate. Ohne Zufall gäbe es keine Vielfalt und Variabilität, ohne Vielfalt und Variabilität keine Emergenz und Selektion der Arten. Zufall macht die Entstehung von Neuem erst möglich.
aus: Klaus Mainzer: Der kreative Zufall. Wie das Neue in die Welt kommt. München, 2007. Hier wird auf knapp 300 Seiten sowohl mit philosophischen als auch naturwissenschaftlichen Methoden erläutert, warum der Zufall, und zwar der echte Zufall, auf allen Ebenen, nicht nur auf der quantenmechanischen, absolut essentiell dafür ist, dass die Welt so ist wie sie ist.

Ich habe da überhaupt keinen Zweifel. Viel interessanter finde ich die Reflexion über diese Rolle des Zufalls. Irgendwo las ich, dass dies quasi als vierte große "anthropologische Kränkung" (nach der kopernikanischen Wende, nach der Darwinschen Wende und nach den Erkenntnissen Freuds über die Rolle des Unterbewussten) aufgefasst werden müsse. Es sind gar keine wissenschaftlichen Argumente, die die "Deterministen" gegen den Zufall wettern lassen, sondern die Kränkung, die hinter dieser Unmöglichkeit prinzipieller umfassender Voraussehbarkeit, Planbarkeit und auch Zurückführbarkeit steckt. Für mich schwer nachvollziehbar, denn erst mit dem Abschied vom Determinismus ist ja überhaupt so etwas wie ein individueller Spielraum abseits von mechanischen Durchläufen denkbar.
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von gallerie »

…Zufall ist die momentane Wahrnehmung eines unvorhergesehenen Ereignisses, welches sich erst durch spätere Reflexion des gesamten gesellschaftlichen Rahmenereignis als logische Konsequenz darstellt. ;)
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von schokoschendrezki »

gallerie » Di 7. Jan 2014, 16:43 hat geschrieben:…Zufall ist die momentane Wahrnehmung eines unvorhergesehenen Ereignisses, welches sich erst durch spätere Reflexion des gesamten gesellschaftlichen Rahmenereignis als logische Konsequenz darstellt. ;)
Das ist dehalb falsch bzw. unvollständig, weil die deutsche Sprache bzw. der übliche Sprachgebrauch den Begriff "Zufall" eigentlich für zwei völlig unterschiedliche Dinge verwendet: Einmal für Ereignisse, die aus menschlicher Sicht, wegen fehlender Information einen unbestimmbaren Ausgang haben, nicht weil er objektiv unbestimmbar ist, sondern weil er eben subjektiv nicht berechenbar ist. Und zum anderen für etwas vollkommen anderes: Den objektiven Zufall, der eine fundamentale Eigenschaft alles Seienden ist und komplett unabhängig vom menschlichen Standpunkt existiert. Und gerade umgekehrt: Das Deterministische ist die Summation und Überlagerung, die grobe Annäherung zahlloser elementarer Zufälligkeiten.
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Perdedor »

schokoschendrezki hat geschrieben: Ich denke schon, es muss ein echter Zufall sein. Das Stichwort lautet Emergenz.
(Schwache) Emergenz existiert auch ohne echten Zufall. Man nehme z.B. die klassische statistische Physik. Emergente Konzepte, wie Temperatur etc. ergeben sich dort aus dem deterministischen Verhalten einer großen Anzahl mikroskopischer Bestandteile.
Eine "starke Emergenz" wird nirgendwo benötigt.
schokoschendrezki hat geschrieben: Leben, das sich fortentwickelt und komplexer werden soll, braucht auf der einen Seite strukturelle Stabilität im Großen und auf der anderen Seite emergente Störungen im Kleinen
Was ist eine "emergente Störung im Kleinen"? Emergenz ist gerade eine Eigenschaft des "Großen". Im Kleinen kann es einen echten Zufall geben, aber der Begriff Emergenz wäre hier sinnlos.
schokoschendrezki hat geschrieben: Ein deterministisches System kann zwar beliebig komplex werden, aber die Schwelle zum Lebendigen wird es dennoch niemals überschreiten.
Aber warum? Vielleicht kannst du das zentrale Argument von Mainzer hier in zwei Sätzen darlegen? Ist für ihn wirklich der echte (quantenmechanische) Zufall relevant? Nach überfliegen des Inhaltsverzeichnisses scheint er mir sehr allgemein vom Zufall zu reden und nicht notwendig vom echten Zufall.
schokoschendrezki hat geschrieben: Es sind gar keine wissenschaftlichen Argumente, die die "Deterministen" gegen den Zufall wettern lassen, sondern die Kränkung, die hinter dieser Unmöglichkeit prinzipieller umfassender Voraussehbarkeit, Planbarkeit und auch Zurückführbarkeit steckt.
Dabei ist gerade das eher das Gegenteil einer Kränkung.
Denn unsere Unfähigkeit etwas vorhersagen zu können, ist im Falle des echten Zufall dann kein Defizit unsererseits mehr. Der Mensch wird dadurch eher in Schutz genommen: "Ja, wir können manche Dinge nicht vorhersagen. Aber das liegt nicht daran, dass wir Unfähig sind, sondern daran, dass es nichts vorherzusagen gibt. Das Ergebnis eines echten Zufalls ist in der Natur selbst nicht festgelegt und daher gibt es da auch nichts, was man herausfinden könnte."
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von gallerie »

schokoschendrezki » Di 7. Jan 2014, 22:16 hat geschrieben:
Das ist dehalb falsch bzw. unvollständig, weil die deutsche Sprache bzw. der übliche Sprachgebrauch den Begriff "Zufall" eigentlich für zwei völlig unterschiedliche Dinge verwendet: Einmal für Ereignisse, die aus menschlicher Sicht, wegen fehlender Information einen unbestimmbaren Ausgang haben, nicht weil er objektiv unbestimmbar ist, sondern weil er eben subjektiv nicht berechenbar ist. Und zum anderen für etwas vollkommen anderes: Den objektiven Zufall, der eine fundamentale Eigenschaft alles Seienden ist und komplett unabhängig vom menschlichen Standpunkt existiert. Und gerade umgekehrt: Das Deterministische ist die Summation und Überlagerung, die grobe Annäherung zahlloser elementarer Zufälligkeiten.
…die gibt es nicht!
Jede Form der Zufälligkeit zeigt sich im Nachhinein als logische Konsequenz. Es bedarf nur einer konsequenten Aufklärung/Reflexion.
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von schokoschendrezki »

gallerie » Di 7. Jan 2014, 17:27 hat geschrieben: …die gibt es nicht!
Jede Form der Zufälligkeit zeigt sich im Nachhinein als logische Konsequenz. Es bedarf nur einer konsequenten Aufklärung/Reflexion.
Dieses mechanistische Weltbild begann sich bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts aufzulösen und war spätestens in den Zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts endgültig passé. Man darf sich durch die starke Betonung auf "Logik" nicht verwirren lassen. Es handelt sich letztendlich dennoch um eine Art antimoderne Gegenreform. Meine Vermutung ist, dass es im Kern um die Rettung irgendeiner Art von "männlichem Prinzip" handelt. Das jedenfalls ist die Sicht, in der das Antimoderne dieses Determinismus am deutlichsten wird.
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von gallerie »

schokoschendrezki » Di 7. Jan 2014, 22:50 hat geschrieben:
Dieses mechanistische Weltbild begann sich bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts aufzulösen und war spätestens in den Zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts endgültig passé. Man darf sich durch die starke Betonung auf "Logik" nicht verwirren lassen. Es handelt sich letztendlich dennoch um eine Art antimoderne Gegenreform. Meine Vermutung ist, dass es im Kern um die Rettung irgendeiner Art von "männlichem Prinzip" handelt. Das jedenfalls ist die Sicht, in der das Antimoderne dieses Determinismus am deutlichsten wird.
...
Der Determinismus (lat. determinare „abgrenzen“, „bestimmen“) ist die Auffassung, dass alle – insbesondere auch zukünftige – Ereignisse durch Vorbedingungen eindeutig festgelegt sind.[1]
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von schokoschendrezki »

Perdedor hat geschrieben: Aber warum? Vielleicht kannst du das zentrale Argument von Mainzer hier in zwei Sätzen darlegen? Ist für ihn wirklich der echte (quantenmechanische) Zufall relevant? Nach überfliegen des Inhaltsverzeichnisses scheint er mir sehr allgemein vom Zufall zu reden und nicht notwendig vom echten Zufall.
In den zum Thema entsscheidenden Abschnitten des Buches versucht er mit systemtheoretischen Methoden (zelluläre Automaten zum Beispiel) darzulegen, wie sich der echte quantenmechanische Zufall von der Mikro- auf die Makroebene fortsetzt. Wobei darauf hingewiesen wird, dass zwischen deterministischem Chaos und biologischer Komplexität immer noch ein Unterschied besteht. Der betreffende Abschnitt ist allerdings wegen der vorausgesetzten Kenntnisse sowohl in Biologie als auch in Systemtheorie, Chemie usw. nicht gerade leicght zu verstehen.
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von schokoschendrezki »

gallerie » Di 7. Jan 2014, 17:55 hat geschrieben: ...
Der Determinismus (lat. determinare „abgrenzen“, „bestimmen“) ist die Auffassung, dass alle – insbesondere auch zukünftige – Ereignisse durch Vorbedingungen eindeutig festgelegt sind.[1]
Dem kann ich nur zustimmen!
Bei der Frage gehts allerdings eher um objektvie Erkenntnis als um subjektive Zustimmung.
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Dampflok94 »

gallerie » 7. Jan 2014, 16:55 hat geschrieben: ...
Der Determinismus (lat. determinare „abgrenzen“, „bestimmen“) ist die Auffassung, dass alle – insbesondere auch zukünftige – Ereignisse durch Vorbedingungen eindeutig festgelegt sind.[1]
Dem kann ich nur zustimmen!
Wem oder was stimmst Du zu? Der Definition von Determinismus oder einem deterministischen Weltbild. Ersteres tue ich auch, letzteres nicht!
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Perdedor »

schokoschendrezki hat geschrieben: In den zum Thema entsscheidenden Abschnitten des Buches versucht er mit systemtheoretischen Methoden (zelluläre Automaten zum Beispiel) darzulegen, wie sich der echte quantenmechanische Zufall von der Mikro- auf die Makroebene fortsetzt. Wobei darauf hingewiesen wird, dass zwischen deterministischem Chaos und biologischer Komplexität immer noch ein Unterschied besteht.
Dann werde ich es mir vielleicht mal Gelegenheit durchlesen müssen, denn vorerst erscheint es mir nicht sehr einleuchtend.
Vor allem weil ein Organismus bei seiner Evolution ja gar nicht weiß, ob äußere Einflüsse letztendlich auf einen echten Zufall zurückzuführen sind, oder nicht. Wo sollte also die Relevanz liegen?
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von ThorsHamar »

Der Neandertaler » Di 7. Jan 2014, 07:39 hat geschrieben:Hallo ThorsHamar.
Ist schon in Ordnung - jeder darf und soll mitreden!
Du machst auf einen interessanten Punkt aufmerksam - auf den ich nicht unbedingt eingehen wollte. Es ist aber inetwa das, worauf ich abzielte - deswegen habe ich den 'Erfolg' fett geschrieben.
Es ist insofern das, was zum Thema gehört, weil, wenn wir ein Rädchen drehen (hier: der Fortschritt - das Weiterbestehen ... zum Wohle der Menschheit, wie wir sie gerne hätten), wissen wir nicht, wie sich dies auswirkt. (weil wir (noch) nicht alles verstehen.)
Das ist wohl wahr.
Das "zum Wohle der Menschheit" hat ja ganz offensichtlich noch niemals einen Konsens ergeben und da es ja praktisch politisch inkorrekt ist, sozialdarwinistische Ideen, also soziale Evolution mit der allgemeinen Funktionsweise von Anpassung an sich verändernde Umstände gleichzusetzen, bleibt es wohl bei "Mensch und bzw. ( nach mosaischer Prämisse) über Natur" anstelle von "Mensch IST Natur".
Damit wird weiter tpfer ignoriert, dass der Mensch als biologisches und politisches Wesen letztlich nach Naturgesetzen funktioniert, wobei menschliche Vernunft Teil des Evolution ist, also Anpassung, nicht etwa irgendwie "besser" werdend!
Aber das nur mal nebenbei ... :cool:
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von ThorsHamar »

gallerie » Di 7. Jan 2014, 10:55 hat geschrieben: ...
Der Determinismus (lat. determinare „abgrenzen“, „bestimmen“) ist die Auffassung, dass alle – insbesondere auch zukünftige – Ereignisse durch Vorbedingungen eindeutig festgelegt sind.[1]
Dem kann ich nur zustimmen!
Eine technische Beschreibung der Allmacht des Bibelgottes. :cool:
Und gleichzeitig die Offenbarung, dass Zufall nur in einem definierten, untergeordneten System existiert, nämlich als konkrete praktische Auswirkung in diesem System.
Der Schlag des Schmetterlingsflügels initiiert kein Erdbeben.
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von krokodol »

Würde es im Bewegten nur eine einzige Zufälligkeit geben, ...
dann wären zumindest ab diesem Ereignis alle anderen Bewegungen als "zufällig" einzuordnen. Das glaube ich nicht angesichts der vielen beobachtbaren Gleichabläufe.
Mir erscheint deshalb auch das Unwahrscheinlichste aus meiner Sicht oder irgendeines Betrachters nicht als "Zufall". Den Begriff samt Inhalt selbst lehne ich für meine Argumentation zwangsläufig ab. Ich könnte ihn höchstens als Auslöser der Entwicklung von Materie denken, also ins "Nichts" verorten, ohne jedoch das Nichts selbst denken oder beschreiben zu können.

Trotzdem akzeptiere ich den Begriff in der volkstümlichen Auslegung als Beschreibung eines ungewöhnlichen Ereignisses, besser gesagt einer ungewöhnlichen Verkettung von Bewegungen. Man sollte aber immer vermerken, dass jedes einzelne "zufällige" Ereignis erklärbar wäre, wenn man alle Einflussfaktoren kennen würde und richtig interpretiert. Natürlich bleibt das eine rein theoretische Angelegenheit, weil die Annäherung an die objektive Realität nie vollendet sein kann. Annäherung bleibt Annäherung und keine vollständige Erkenntnis. Dieser Weg reicht auch für unsere gewöhnliche Betrachtung der Welt, er reicht, um zum Beispiel auf die Funktion eines Katalysators im Auto zu vertrauen.
Problematisch wird es bei hochkomplexen Systemen, wie die menschliche Gesellschaft selbst. Wer da prognostisch deterministisch ansetzt, hat schon verloren im Ausschluss des "Zufalls".

Interessanter Thread hier ...
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Perdedor »

krokodol hat geschrieben: Würde es im Bewegten nur eine einzige Zufälligkeit geben, ...
dann wären zumindest ab diesem Ereignis alle anderen Bewegungen als "zufällig" einzuordnen.
Das wäre aber egal, da das Ganze "von weitem" betrachtet trotzdem deterministisch sein kann.
In der Quantenmechanik spricht man vom Korrespondenzprinzip.
Die Quantenphysik erlaubt in der Regel lediglich Wahrscheinlichkeitsprognosen für den Wert einer Messgröße wie beispielsweise den Ort, an dem sich ein Objekt befinden wird. Sie ist daher nicht mehr bezüglich jeder Fragestellung deterministisch. Berechnet man den so genannten Erwartungswert, das heißt den Mittelwert dieser Messgröße im Grenzfall unendlich häufiger Wiederholung des Experiments, so stellt sich bei Existenz der Größe in der klassischen Physik heraus, dass dieser den bekannten Gleichungen der newtonschen Physik gehorcht (Ehrenfest-Theorem).
http://de.wikipedia.org/wiki/Korrespondenzprinzip
Zuletzt geändert von Perdedor am Di 7. Jan 2014, 18:56, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von schokoschendrezki »

krokodol » Di 7. Jan 2014, 18:57 hat geschrieben:Würde es im Bewegten nur eine einzige Zufälligkeit geben, ...
dann wären zumindest ab diesem Ereignis alle anderen Bewegungen als "zufällig" einzuordnen. Das glaube ich nicht angesichts der vielen beobachtbaren Gleichabläufe.
Mir erscheint deshalb auch das Unwahrscheinlichste aus meiner Sicht oder irgendeines Betrachters nicht als "Zufall". Den Begriff samt Inhalt selbst lehne ich für meine Argumentation zwangsläufig ab. Ich könnte ihn höchstens als Auslöser der Entwicklung von Materie denken, also ins "Nichts" verorten, ohne jedoch das Nichts selbst denken oder beschreiben zu können.

Trotzdem akzeptiere ich den Begriff in der volkstümlichen Auslegung als Beschreibung eines ungewöhnlichen Ereignisses, besser gesagt einer ungewöhnlichen Verkettung von Bewegungen. Man sollte aber immer vermerken, dass jedes einzelne "zufällige" Ereignis erklärbar wäre, wenn man alle Einflussfaktoren kennen würde und richtig interpretiert. Natürlich bleibt das eine rein theoretische Angelegenheit, weil die Annäherung an die objektive Realität nie vollendet sein kann. Annäherung bleibt Annäherung und keine vollständige Erkenntnis. Dieser Weg reicht auch für unsere gewöhnliche Betrachtung der Welt, er reicht, um zum Beispiel auf die Funktion eines Katalysators im Auto zu vertrauen.
Problematisch wird es bei hochkomplexen Systemen, wie die menschliche Gesellschaft selbst. Wer da prognostisch deterministisch ansetzt, hat schon verloren im Ausschluss des "Zufalls".

Interessanter Thread hier ...
Es ist eben umgekehrt: Die klassische deterministische Physik ist der vereinfachte Grenzfall der eigentlichen nichtdeterministischen Abläufe bei Annahme sehr großer Teilchenzahlen. (Siehe weiter oben: Korrespondenzprinzip) Dieser Irrweg einer "volkstümlichen Auslegung" und eines tiefen Misstrauens gegen die Abstraktionen der modernen Physik wurde ja schon einmal unter dem Titel "Deutsche Physik" beschritten. Es war eine der peinlichsten Sackgassen neuerer Wissenschaft überhaupt.

Möglicherweise liegt der Irrtum darin begründet, dass man "Zufälligkeit" zu schnell mit "Gesetzlosigkeit" assoziiert. Tatsächlich aber erlaubt die fürs Einzelobjelkt indeterministische Quantenphysik statistische Aussagen von unerhörter Präzision und vorher nicht gekannter Übereinstimmung von Prognose und experimenteller Überprüfung. Viel genauer etwa als die bis dahin klassische deterministische Mechanik bei der Berechnung der Bewegung der Himmelskörper.

Und ist es nicht bei gesellschaftlichen Prozessen ähnlich? Über das Schicksal eines einzelnen Individuums lässt sich prognostisch nur sehr wenig vorhersagen, während etwa demografische Vorhersagen über die Entwicklung der Bevölkerungsstruktur eines ganzen Landes mit ziemlicher Sicherheit getroffen werden können. Da hat man nicht etwa "vorher verloren" sondern befindet sich - im Gegenteil - ziemlich auf der sicheren Seite.
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Cat with a whip
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Cat with a whip »

Jetzt weiß der gescheite Schokoklicker schon wann ein Kern zerfällt.
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schokoschendrezki
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Re: Was ist Zufall?

Beitrag von schokoschendrezki »

Cat with a whip » Di 7. Jan 2014, 23:40 hat geschrieben:Jetzt weiß der gescheite Schokoklicker schon wann ein Kern zerfällt.
Er meint - im Gegenteil - zu wissen, dass man dies nicht wissen könne. Dass man aber über die Wahrscheinlichkeit eines Zerfalls durchaus genaue Aussagen treffen kann.

Dazu zum Thema ein Auszug aus einem Blog-Eintrag aus wissenbloggt.de, der das Thema dieses Threads kurz und bündig so abhandelt, dass dem eigentlich nix mehr hinzuzufügen ist:
Argutus hat geschrieben: lm Zuge der weiteren Entwicklung der Physik wurden jedoch neue mathematische Modelle entwickelt, in denen sich der alte Determinismusbegriff als für die Beschreibung der Natur entbehrlich herausstellte, weshalb er von den Physikern als unnötige und sinnlose Komplikation ihres neuen Weltbildes fallengelassen wurde. Man ersetzte ihn durch den statistischen Begriff der Wahrscheinlichkeit, die angibt, wie hoch der Anteil eines Ereignisses als Wirkung einer bestimmten Ursache relativ zur Gesamtheit aller denkbaren Ereignisse ist, die den Naturgesetzen entsprechen.

Am besten läßt sich das an einem Beispiel aufzeigen: Als Ereignis betrachten wir den radioaktiven Zerfall von Plutonium-238 durch Aussenden eines Alphateilchens. Die Wahrscheinlichkeit, daß ein konkreter Kern in den nächsten 86 Jahren zerfällt, beträgt 50%, das Gegenteil desgleichen. Der Zerfall erfolgt ohne vorangegangene Ursache, und es gibt keine Möglichkeit, sein Eintreten zu beeinflussen oder vorherzusagen. Dieses spontane und unberechenbare Verhalten ist der Inhalt des physikalischen Indeterminismusbegriffes.
Naturwissenschaftlich ist das eigentlich schon lange lange gegessen und wird von ernsthaften Wissenschaftlern - abgesehen vielleicht von ein paar Käuzen - auch nicht im Mindesten mehr angezweifelt. Wirklich interessant sind da eher die gesellschaftlichen, politischen, kulturellen, soziologischen Ursachen, die die jeweiligen Zeitgenossen gegen Zufall und für Determinismus haben eintreten lassen.
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krokodol

Re: Was ist Zufall?

Beitrag von krokodol »

Die "Vorhersehbarkeit von zufälligen Ereignissen" - ein Term, den hier keiner genannt hat, ist ein Widerspruch in sich. Entweder, man weiß, die Richtung einer Bewegung in der Zukunft exakt zu beschreiben, oder man weiß es nicht. Letzteres betrachte ich als Zufall. Wahrscheinlichkeitsrechnung ist etwas anderes, als Zufallserklärung.
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