Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

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Spector
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Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von Spector »

Die Moderne Medizin entwickelt sich täglich weiter, denn sie geht einher mit der Computertechnik in der folgendes Zitat gilt: "Was du heute kaufst, ist morgen alt"

Die Medizintechnik nimmt die Überhand, denn die Pharmaindustrie und die Krankenkassen gewinnen an Einfluss.
Ein gutes Beispiel ist der Allgemeinarzt sowie der Hausarzt, der nicht ansatzweise genau so viel verdient, wie der Kollege mit den vielen Maschinen, wie der Chirurg oder Dermatologe oder Radiologe.
Auch wenn diese Fachärzte höhere Ausgaben haben, darf nicht vergessen werden, dass am Ende des Monats trotzdem viel mehr übrig bleibt.
Auf Kongresse und Fortbildungen, die von Krankenkassen organisiert werden, bekommen die Ärzte regelmäßig Einladungen und Geschenke. (Hotel und Anreise inkl.)
Bei attestierten Medikament der Marke "XYZ" erhält der Arzt, bei Vertragsschluss mit einem Pharmaunternehmen, am Ende des Monats einen Bonus - völlig legal.

Der Patient wurde damals, als es noch keine Geräte gab, viel intensiver betreut. Es wurde auf ihn eingegangen, es wurde seine Psyche berücksichtigt, die keine Maschine der Welt erfassen kann.
Heute werden im Sekundentakt die Patienten untersucht und behandelt. Oftmals kommt es zu überflüssigen Operationen. Krankheiten besitzen multikausale Problem, die nur selten gefunden und behandelt werden.
Die Kommerzialisierung hat sich auch in der Modernen Medizin eingeschlichen.
Der Patient wird zum Objekt. Zu einem Kunden.
Der Hippokratische Eid verliert an Bedeutung und hat es bereits vereinzelt komplett.

Ich würde gerne hier eine Diskussion zur Trendentwicklung der Modernen Medizin eröffnen.
Dabei soll die Bedeutung des Arztes analysiert werden und auf die aktuelle Entwicklung der Pharmaindustrie eingegangen werden (be(an)stehende Forschungen)
"Kann ich überhaupt noch, unabhängig und zum Wohle des Patienten, untersuchen und behandeln?"



Gruß
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Zuletzt geändert von Spector am Dienstag 30. Juli 2013, 04:15, insgesamt 1-mal geändert.
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Tantris
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Pati

Beitrag von Tantris »

Was du beschreibst, hat eher mit den krankenkassen und dem abrechnungssystem zu tun.

Meinste als privatpatient wirste auch so behandelt? Oder, da kommste mit weniger diagnose maschinen zusammen?
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Sri Aurobindo
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Pati

Beitrag von Sri Aurobindo »

Die Menschen leben heute dank des Fortschritts in der Medizin wesentlich länger und gesünder.

Wir machen immer größere Fortschritte in der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen.

Ich kann auch ganz auf einen Arzt verzichten, wenn intelligente Maschinen (IBM Watson) bessere Diagnosen stellen als Menschen und in der Summe die Gesundheit der Menschen profitiert.

Ich begrüße die Automatisierung der Medizin!

;)
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Blickwinkel
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Pati

Beitrag von Blickwinkel »

Spector » Di 30. Jul 2013, 04:06 hat geschrieben:Die Moderne Medizin entwickelt sich täglich weiter, denn sie geht einher mit der Computertechnik in der folgendes Zitat gilt: "Was du heute kaufst, ist morgen alt"

Die Medizintechnik nimmt die Überhand, denn die Pharmaindustrie und die Krankenkassen gewinnen an Einfluss.
Ein gutes Beispiel ist der Allgemeinarzt sowie der Hausarzt, der nicht ansatzweise genau so viel verdient, wie der Kollege mit den vielen Maschinen, wie der Chirurg oder Dermatologe oder Radiologe.
Auch wenn diese Fachärzte höhere Ausgaben haben, darf nicht vergessen werden, dass am Ende des Monats trotzdem viel mehr übrig bleibt.
Auf Kongresse und Fortbildungen, die von Krankenkassen organisiert werden, bekommen die Ärzte regelmäßig Einladungen und Geschenke. (Hotel und Anreise inkl.)
Bei attestierten Medikament der Marke "XYZ" erhält der Arzt, bei Vertragsschluss mit einem Pharmaunternehmen, am Ende des Monats einen Bonus - völlig legal.

Der Patient wurde damals, als es noch keine Geräte gab, viel intensiver betreut. Es wurde auf ihn eingegangen, es wurde seine Psyche berücksichtigt, die keine Maschine der Welt erfassen kann.
Heute werden im Sekundentakt die Patienten untersucht und behandelt. Oftmals kommt es zu überflüssigen Operationen. Krankheiten besitzen multikausale Problem, die nur selten gefunden und behandelt werden.
Die Kommerzialisierung hat sich auch in der Modernen Medizin eingeschlichen.
Der Patient wird zum Objekt. Zu einem Kunden.
Der Hippokratische Eid verliert an Bedeutung und hat es bereits vereinzelt komplett.

Ich würde gerne hier eine Diskussion zur Trendentwicklung der Modernen Medizin eröffnen.
Dabei soll die Bedeutung des Arztes analysiert werden und auf die aktuelle Entwicklung der Pharmaindustrie eingegangen werden (be(an)stehende Forschungen)
"Kann ich überhaupt noch, unabhängig und zum Wohle des Patienten, untersuchen und behandeln?"
Deine Ausführungen sind nur ein Bild, welches du aus der Presse gewinnst, wenn du die Negativ-Schlagzeilen durchliest. Mit dem Alltag von Ärzten in Krankenhäusern hat das nichts zu tun. Warum manche Ärzte mehr verdienen als andere liegt an deren unterschiedlicher Belastung. Der Job eines Radiologen ist gesundheitsgefährdender durch die permanente Strahlenbelastung, wie der Job eines Hausarztes!

Im übrigen sind die anderen Ärzte auf die Auswertungen der Radiologen in sehr vielen Fällen angewiesen. Das hilft die Krankheit des Patienten genauer zu analysieren und zu erfassen und somit unnötige Operationen zu vermeiden. Ebenso kann frühzeitiger ein mögliches Leiden erkannt werden, z.B. Krebstumore, die früher ohne Technik nicht erkannt wurden.

Insofern ist die Technik in der Medizin für viele Menschen lebenswichtig und sie wird noch mehr zunehmen um Menschen ein gesundes und langes Leben zu ermöglichen. Dass diese Technik eben nicht für 2,50 Euro bei Aldi erhältlich ist, sollte ebenso klar sein.
Zuletzt geändert von Blickwinkel am Dienstag 30. Juli 2013, 10:16, insgesamt 1-mal geändert.
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Thomas I
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Pati

Beitrag von Thomas I »

Und das mit den geschenkten Kongressen ist auch passé. Heute bekommt man nicht mal mehr einen Kugelschreiber. Da hat sich ziemlich viel verändert in ziemlich kurzem Zeitraum.
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Pati

Beitrag von Max73 »

Die Probleme bestehen dadurch,
dass es sich um einen staatlich regulierten Markt handelt
und nicht um einen freien Markt.

Lobbyismus ist das Stichwort.
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Joker
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Pati

Beitrag von Joker »

Spector » Di 30. Jul 2013, 04:06 hat geschrieben:
Der Patient wurde damals, als es noch keine Geräte gab, viel intensiver betreut. Es wurde auf ihn eingegangen, es wurde seine Psyche berücksichtigt, die keine Maschine der Welt erfassen kann.
Früher hat der Arzt den Tripper Patienten sicher schon intensiver betreut.
Aderlass ,aufwändige Kräuterwicklungen usw. bis das der Tod eingetreten ist
Heute bekommt man Antibiotika verschrieben und man überlebt das auch noch.
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Thomas I
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Pati

Beitrag von Thomas I »

Max73 » Di 30. Jul 2013, 15:07 hat geschrieben:Die Probleme bestehen dadurch,
dass es sich um einen staatlich regulierten Markt handelt
und nicht um einen freien Markt.

Lobbyismus ist das Stichwort.
Ein freier Markt ist da aber auch nicht so richtig machbar. Denn die Kunden entscheiden sich da nicht frei eine Leistung nachzufragen. Du wirst ja nicht krank weil dein Arzt dir ein gutes Angebot zur Behandlung macht...
Ob ich mir ein neues Auto kaufe kann ich in einem freien Markt gut frei unter Berücksichtigung meiner finanziellen Möglichkeiten entscheiden, ob ich meine Lungenentzündung behandeln lasse nicht so wirklich, denn ohne Auto kann ich weiterleben, ohne Behandlung der Lungenentzündung eher nicht.
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Blickwinkel
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Pati

Beitrag von Blickwinkel »

Max73 » Di 30. Jul 2013, 16:07 hat geschrieben:Die Probleme bestehen dadurch,
dass es sich um einen staatlich regulierten Markt handelt
und nicht um einen freien Markt.

Lobbyismus ist das Stichwort.
Ja, das auch, Privatisierung sollte da stattfinden, wo es möglich ist. Allerdings ist bei manchen Dingen keine direkte Privatisierung möglich, weil Krankheiten nun mal nicht unbedingt "gewinnbringend" sind. Deswegen steigen die Beiträge auch bei den Privatversicherungen im Alter massiv an. Für manche Krankheiten werden wir nicht um eine Bürgerversicherung mit Kopfpauschale Drumherum kommen.
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Pati

Beitrag von Spector »

Deine Ausführungen sind nur ein Bild, welches du aus der Presse gewinnst, wenn du die Negativ-Schlagzeilen durchliest. Mit dem Alltag von Ärzten in Krankenhäusern hat das nichts zu tun. Warum manche Ärzte mehr verdienen als andere liegt an deren unterschiedlicher Belastung. Der Job eines Radiologen ist gesundheitsgefährdender durch die permanente Strahlenbelastung, wie der Job eines Hausarztes!

Der Alltag eines KH Arztes sieht noch viel schlimmer aus, da hast du Recht.
Ich finde die Begründung, dass Radiologen mehr Gehalt bekommen, da sie höheren Belastungen ausgesetzt sind unschlüssig.
Zumal die Radiologen nicht im CT/MRT selbst drin sind, sondern die Patienten.
Dem Gegenüber steht dann also ein Allgemeinmediziner, der einen höchst ansteckenden Patienten in einem 10 qm großen Zimmer die Hand schüttelt und im Abstand von einem Meter zu demjenigen sitzt.


Mir ging es allgemein um die Tatsache, dass die Medizintechnik zunimmt. Medizintechnik ist teuer und diese Investition muss sich rentieren. Deshalb wollte ich darauf hinaus, dass dem Patienten Untersuchgen angeboten werden, die lediglich im Sinne des Kommerzes getätigt worden sind und nicht weil der Patient es wirklich braucht.
Da du die Strahlenbelastung angesprochen hast, kann man dies auf den Patienten übertragen.

Mir ging es hierbei nicht um die Frage ob es wirklich sinnvoll ist, alles anzuwenden, was gebaut (wurde) werden kann (einige Antworten haben mich übrigens ziemlich erschrocken, wie kritiklos die Medizintechnik bejubelt wird) sondern viel eher darum, dass durch zu viele Untersuchungen, die keinen medizinischen Sinn ergeben und den Patienten, der Hilfe braucht, vernachlässigt wird.
Zuletzt geändert von Spector am Mittwoch 31. Juli 2013, 00:06, insgesamt 4-mal geändert.
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Pati

Beitrag von Max73 »

Thomas I » Di 30. Jul 2013, 21:36 hat geschrieben:
Ein freier Markt ist da aber auch nicht so richtig machbar. Denn die Kunden entscheiden sich da nicht frei eine Leistung nachzufragen. Du wirst ja nicht krank weil dein Arzt dir ein gutes Angebot zur Behandlung macht...
Ob ich mir ein neues Auto kaufe kann ich in einem freien Markt gut frei unter Berücksichtigung meiner finanziellen Möglichkeiten entscheiden, ob ich meine Lungenentzündung behandeln lasse nicht so wirklich, denn ohne Auto kann ich weiterleben, ohne Behandlung der Lungenentzündung eher nicht.
Hallo @Thomas,
das ist ein weitläufiges, komplexes Terrain, wäre ein Thema für einen eigenen Thread.
Der Staat hat beim Thema Gesundheit zwar ein durchaus berechtigtes, allgemeines Interesse. Er greift in Folge allerdings nicht immer auf der Sache selbst dienliche Weise ein. Er greift meist eher destruktiv strukturell und systemgestaltend ein, vor allem dort, wo markwirtschaftliche Mechanismen sehr viel förderlicher wären.
Die Behauptung, man könne solche Themen wie Krankheit nicht mit markwirtschaftlichen Augen betrachten, ist mir zu unreflektiert und klingt in meinen Ohren ein wenig zu sehr nachgeplappert.
Die Aufgabe des Staates ist hier primär die eines Ordnungshüters, der unter anderem sicher zu stellen hat, dass das Gesundheitssystem primär der Gesundheit dient, dass die Not der Patienten nicht missbraucht wird und dass die großen materiellen Risiken abgedeckt sind.
Der Staat greift in der Praxis in die Preisgestaltung ein, die sogar häufiger die Preise eher deutlich erhöhen, sowie in autonome, natürliche Entscheidungen der Patienten, die im System eigentlich die Kunden sind.
Der Staat schafft dadurch eine Situation, die dazu führt, dass zunehmend das zentrale Anliegen des Systems, nämlich die Gesundheit, in den Hintergrund gegenüber wirtschaftlichen Erwägungen tritt.
Das betrifft zwar nicht nur die Arbeit der Kliniken, aber natürlich auch. Bei therapeutischen Maßnahmen wird die formale Einnahmensituation der Kliniken und des Systems im Ganzen inzwischen eher höher gewichtet als das eigentliche Interesse der Kunden/Patienten, nämlich ihre Gesundheit.
Zwei typische Mechanismen, die hier zum Wirken kommen, sind
a) dass die Akteure de Systems therapeutisch fruchtbare Maßnahmen unterlassen, weil das politisch bzw. staatlich regulierte System diese Maßnahme nicht finanziert, was in Folge dazu führt, dass Chronifizierungen stattfinden, die zu deutlich höheren Folgekosten führen als wenn man gleich zu Beginn die verünftigste Maßnahme ergriffen hätte und
b) dass die Akteure des Systems bestimmte therapeutische Maßnahmen nur deshalb ergreifen, weil damit mehr Geld im System abzugreifen ist.
Was man daraus schon zwingend ableiten kann ist die Tatsache, dass im bestehenden System die Gesundheit der Patienten/Kunden zunehmend in den Hintergrund tritt, weil das System, das so tickt wie derzeit, keine gesunden Menschen braucht, sondern kranke Menschen. Es muss deshalb eher Krankheit fördern als Gesundheit, um auch zukünftigen Einnahmen zu sichern.
Dieser Status Quo wird auch durch ein System der Entmüdigung des Kunden/Patienten verursacht, welches ihm vorschreibt, welchen Weg er im System zu den Weg hat, oft sogar den Weg zu mehr Krankheit, anstatt zu weniger.
Das staatlich regulierte Gesundheitssystem ist, wenn man Input (Versicherungsbeiträge/Kosten) mit dem Output (tatsächlich der Gesundheit dienliche Leistungen des Systems) vergleicht, wenigstens zu 100% überteuert.
Es dient den lobbyistischen Interessen der Akteure auf der Dienstleisterseite und nicht primär den Patienten und Kunden, weshalb es auch nicht überrascht, dass die unterschieldlichen Anbietergruppe mit der Politik die Gestaltung des Systems vereinbaren, während der Patientenvertreter keinerlei Mitgestaltungsrechte hat.
Grüße
Max
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Thomas I
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Pati

Beitrag von Thomas I »

Max73 » Fr 2. Aug 2013, 12:51 hat geschrieben: Hallo @Thomas,
das ist ein weitläufiges, komplexes Terrain, wäre ein Thema für einen eigenen Thread.
Der Staat hat beim Thema Gesundheit zwar ein durchaus berechtigtes, allgemeines Interesse. Er greift in Folge allerdings nicht immer auf der Sache selbst dienliche Weise ein. Er greift meist eher destruktiv strukturell und systemgestaltend ein, vor allem dort, wo markwirtschaftliche Mechanismen sehr viel förderlicher wären.
Natürlich ist unser Gesundheitsystem nicht das denkbare Optimum aber es ist so schlecht garnicht. Die meisten Länder der Erde hätten sowas erst überhaupt gerne einmal...
Max73 » Fr 2. Aug 2013, 12:51 hat geschrieben: Die Behauptung, man könne solche Themen wie Krankheit nicht mit markwirtschaftlichen Augen betrachten, ist mir zu unreflektiert und klingt in meinen Ohren ein wenig zu sehr nachgeplappert.
Betrachten kann man das schon so, nur ich möchte im Betrachtungsergebnis dann doch ein paar Dinge wie Menschenwürde und das Recht zu Leben unabhängig von eigener (finanzieller) Leistungsfähigkeit berücksichtigt wissen.
Max73 » Fr 2. Aug 2013, 12:51 hat geschrieben: Die Aufgabe des Staates ist hier primär die eines Ordnungshüters, der unter anderem sicher zu stellen hat, dass das Gesundheitssystem primär der Gesundheit dient, dass die Not der Patienten nicht missbraucht wird und dass die großen materiellen Risiken abgedeckt sind.
Der Staat greift in der Praxis in die Preisgestaltung ein, die sogar häufiger die Preise eher deutlich erhöhen, sowie in autonome, natürliche Entscheidungen der Patienten, die im System eigentlich die Kunden sind.
In welche autonomen, natürlichen Entscheidungen der Patienten greift er denn ein?
Max73 » Fr 2. Aug 2013, 12:51 hat geschrieben: Der Staat schafft dadurch eine Situation, die dazu führt, dass zunehmend das zentrale Anliegen des Systems, nämlich die Gesundheit, in den Hintergrund gegenüber wirtschaftlichen Erwägungen tritt.
Was aber in Gesundheitssystemen mit mehr Aspekten von freiem Markt - wie z.B. in den USA - noch viel ausgeprägter der Fall ist.
Max73 » Fr 2. Aug 2013, 12:51 hat geschrieben: Das betrifft zwar nicht nur die Arbeit der Kliniken, aber natürlich auch. Bei therapeutischen Maßnahmen wird die formale Einnahmensituation der Kliniken und des Systems im Ganzen inzwischen eher höher gewichtet als das eigentliche Interesse der Kunden/Patienten, nämlich ihre Gesundheit.
Es mag ja sein dass mal unnötige Maßnahmen unternommen werden um mehr Geld einzunehmen, dass nötige Maßnahmen hierzulande verweigert werden ist eher der allerseltenste Ausnahmefall.

Max73 » Fr 2. Aug 2013, 12:51 hat geschrieben: Zwei typische Mechanismen, die hier zum Wirken kommen, sind
a) dass die Akteure de Systems therapeutisch fruchtbare Maßnahmen unterlassen, weil das politisch bzw. staatlich regulierte System diese Maßnahme nicht finanziert, was in Folge dazu führt, dass Chronifizierungen stattfinden, die zu deutlich höheren Folgekosten führen als wenn man gleich zu Beginn die verünftigste Maßnahme ergriffen hätte und
Kann ich so nicht erkennen. Beispiele?
Max73 » Fr 2. Aug 2013, 12:51 hat geschrieben: b) dass die Akteure des Systems bestimmte therapeutische Maßnahmen nur deshalb ergreifen, weil damit mehr Geld im System abzugreifen ist.
Das ist schon eher mal der Fall.
Max73 » Fr 2. Aug 2013, 12:51 hat geschrieben: Was man daraus schon zwingend ableiten kann ist die Tatsache, dass im bestehenden System die Gesundheit der Patienten/Kunden zunehmend in den Hintergrund tritt, weil das System, das so tickt wie derzeit, keine gesunden Menschen braucht, sondern kranke Menschen. Es muss deshalb eher Krankheit fördern als Gesundheit, um auch zukünftigen Einnahmen zu sichern.
Wenn du zu dem System auch die Krankenversicherungen zählst ist deine Aussage falsch, denn die brauchen eher gesunde Beitragszahler.
Und dass das System Krankheit fördert sehe ich nicht so wirklich.
Max73 » Fr 2. Aug 2013, 12:51 hat geschrieben: Dieser Status Quo wird auch durch ein System der Entmüdigung des Kunden/Patienten verursacht, welches ihm vorschreibt, welchen Weg er im System zu den Weg hat, oft sogar den Weg zu mehr Krankheit, anstatt zu weniger.
Diese Aussage halte ich in der Pauschalität für falsch.
Max73 » Fr 2. Aug 2013, 12:51 hat geschrieben: Das staatlich regulierte Gesundheitssystem ist, wenn man Input (Versicherungsbeiträge/Kosten) mit dem Output (tatsächlich der Gesundheit dienliche Leistungen des Systems) vergleicht, wenigstens zu 100% überteuert.
Kannszt du das näher begründen/ausführen?
Max73 » Fr 2. Aug 2013, 12:51 hat geschrieben: Es dient den lobbyistischen Interessen der Akteure auf der Dienstleisterseite und nicht primär den Patienten und Kunden, weshalb es auch nicht überrascht, dass die unterschieldlichen Anbietergruppe mit der Politik die Gestaltung des Systems vereinbaren, während der Patientenvertreter keinerlei Mitgestaltungsrechte hat.
Patientenvertreter ist so eine Sache, wer ist den Patient? Doch im Zweifel alle Bürger. Und werden die nicht durch die Politik, also die gesetzgeberisch tätigen Abgeordneten schon vertreten?
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Sri Aurobindo
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Pati

Beitrag von Sri Aurobindo »

Max73 » Fr 2. Aug 2013, 13:51 hat geschrieben: das ist ein weitläufiges, komplexes Terrain, wäre ein Thema für einen eigenen Thread.
Den gibt es schon :
http://www.politik-forum.eu/viewtopic.php?f=20&t=37417
Der Staat hat beim Thema Gesundheit zwar ein durchaus berechtigtes, allgemeines Interesse. Er greift in Folge allerdings nicht immer auf der Sache selbst dienliche Weise ein. Er greift meist eher destruktiv strukturell und systemgestaltend ein, vor allem dort, wo markwirtschaftliche Mechanismen sehr viel förderlicher wären.
Die Behauptung, man könne solche Themen wie Krankheit nicht mit markwirtschaftlichen Augen betrachten, ist mir zu unreflektiert und klingt in meinen Ohren ein wenig zu sehr nachgeplappert.
Wenn es um das Überleben geht, versagen Marktmechanismen.

Patient und Gesellschaft werden erpressbar und müssen prinzipiell jeden Preis bezahlen.
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Pati

Beitrag von Blickwinkel »

Spector » Di 30. Jul 2013, 23:42 hat geschrieben: Der Alltag eines KH Arztes sieht noch viel schlimmer aus, da hast du Recht.
Ich finde die Begründung, dass Radiologen mehr Gehalt bekommen, da sie höheren Belastungen ausgesetzt sind unschlüssig.
Radiologen finden das sehr schlüssig und die Strahlenbelastung lässt die Radiologen auch schneller altern. Das ist kein Witz sondern ein Faktum.
Zumal die Radiologen nicht im CT/MRT selbst drin sind, sondern die Patienten.
Aber die Radiologen machen das jeden Tag acht Stunden. D.h. die haben eine höhere Dauerbelastung als der Normalbürger.
Dem Gegenüber steht dann also ein Allgemeinmediziner, der einen höchst ansteckenden Patienten in einem 10 qm großen Zimmer die Hand schüttelt und im Abstand von einem Meter zu demjenigen sitzt.
Ein Allgemeinmediziner schickt die Patienten zu Spezialisten wenn er nicht mehr weiterweis. Spezialisten sind in jeder Branche höher bezahlt, weil es davon einfach weniger gibt.
Mir ging es allgemein um die Tatsache, dass die Medizintechnik zunimmt. Medizintechnik ist teuer und diese Investition muss sich rentieren. Deshalb wollte ich darauf hinaus, dass dem Patienten Untersuchgen angeboten werden, die lediglich im Sinne des Kommerzes getätigt worden sind und nicht weil der Patient es wirklich braucht.
Das hat aber nichts mit Medizintechnik zu tun. Die Technik ist nicht schuld, wenn ein Arzt Geld mit dem Patienten machen will oder machen muss.
Da du die Strahlenbelastung angesprochen hast, kann man dies auf den Patienten übertragen.
Der Unterschied zwischen Patient und Radiologe ist ganz einfach: der Radiologe hat eine Strahlenbelastung von 8h * 220 Tage * 35 Jahre, der Patient 1h * 10 Jahre. Die Strahlenbelastung ist in dem Beruf erhöht und permanent.
Mir ging es hierbei nicht um die Frage ob es wirklich sinnvoll ist, alles anzuwenden, was gebaut (wurde) werden kann (einige Antworten haben mich übrigens ziemlich erschrocken, wie kritiklos die Medizintechnik bejubelt wird) sondern viel eher darum, dass durch zu viele Untersuchungen, die keinen medizinischen Sinn ergeben und den Patienten, der Hilfe braucht, vernachlässigt wird.
Du verwechselst Medizintechnik mit dem Abrechnungssystem medizinischer Leistungen. Das Abrechnungssystem wird permanent diskutiert und ist natürlich suboptimal, aber die Medizintechnik verlängert dein Leben und rettet tausenden Menschen in Deutschland ihr Leben.

Also nochmal:

Medizintechnik = gut (hilft den Menschen)

Abrechnungssystem von medizinischen Leistungen = diskussionswürdig
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Pati

Beitrag von Thomas I »

Spector » Di 30. Jul 2013, 22:42 hat geschrieben:[[...]einige Antworten haben mich übrigens ziemlich erschrocken, wie kritiklos die Medizintechnik bejubelt wird[...]
Was gibt es daran zu kritisieren? Ohne Medizintechnik wäre ich jetzt Tod. Hätte ich 20 Jahre früher gelebt wäre ich wegen der damals noch nicht so vorhandenen Technik jetzt auch Tod. Da hätte auch mehr Zuwendung der Ärzte mir garnicht geholfen, wobei ich die auch in der Jetztzeit völlig angemessen fand.
Wenn du mal den Tod vor Augen gehabt hast und dank moderner Medizin, Medizintechnik und Forschung noch knapp vorerst davongekommen bist, dann lernst du das zu schätzen.
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Pati

Beitrag von Max73 »

Zum Thema Markwirtschaft ein erster Punkt:

Die sogenannte Niederlassungsfreiheit der Ärzte, oder besser gesagt die Niederlassungsbeschränkungen.
Oft wird darüber gejammert, dass man in manchen Regionen wochenlang warten muss,
um einen Termin bei einem Facharzt zu bekommen.

In einem freien Markt würde das dazu führen, dass sich weitere Fachärzte derselben Richtung in dieser Region ansiedeln würden, denn ganz offensichtlich ist die
Nachfrage höher als das Angebot.

Tatsächlich aber rührt diese Situation daher, dass die Politik, und allen voran die Ärzteverbände selber, gar kein Interesse an einem System haben, das Konkurrenz zum
normalen Alltag macht, jedenfalls Kokurrenz, die diesen Namen auch verdient.

Denn man möchte, dass die bestehenden niedergelassenen Ärzte gut verdienen und das unternehmerische Risiko gegen Null geht. Im Grunde sind also niedergelassene
Ärzte nichts anderes als Beamte mit dem zusätzlichen Vorteil einer nach oben nicht zwingend begrenzten Einkommenshöhe. Man muss als niedergelassener Arzt im
derzeitigen System schon dumm wie Stroh sein, um pleite zu gehn.

Selbst unter den ganz normalen Allgemein- und Hausärzten gibt es nicht wirklich Konkurrenzmechanismen, die diesen Namen verdienen, weil durch die genannte
Reglementierung bei der Praxiszulassung der Patient im Grunde keinem marktwirtschaftlichen Konkurrenzgeschehen gegenüber steht.

Bestes Beispiel ist meine ursprüngliche, ländliche Heimatregion. Dort befinden sich im Umkreis von etwa 10 km zwar etwa ein Dutzend Allgemeinarztpraxen, was für
deutsche Verhältnisse schon recht viel ist. Aber eigentlich wollen alle nur zu dem einen Arzt im Nachbardorf, weil er der einzige ist, der tatsächlich über eine
ausreichende Berufsqualifikation verfügt, nicht nur eine formale, sondern auch eine inhaltliche. Dieser Arzt nimmt inzwischen aber längst nur noch Patienten neu auf, die
in seinem Ort leben, weil er sich sagt, dass er auch noch Freizeit haben möchte. Dies führt dazu, dass die übrigen Patienten gezwungen sind, zu den Stümpern und
Scharlatanen zu gehen und diese dadurch immer auch über ausreichend Patienten verfügen.

Womit bereits ein weiteres Kernthema des überregulierten Geundheitssystems deutlich wird, denn dies führt dauerhaft indirekt zu eklatanten Qualifikationsdefiziten. Es
dürfte keine andere Berufsgruppe in Deutschland mit einer so hohen Rate an Berufsfehlern geben, d.h. mit einer so geringen Qualifikation, jedenfalls wenn man sie unter
dem Gesichtspunkt der Motivation des Kunden sieht. Der Patient geht ja nicht in eine Arztpraxis, weil er sich im Wartezimmer bei 6 Monate alten llustrierten aufwärmen
möchte, sondern, weil er krank ist.
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Pati

Beitrag von Sri Aurobindo »

Max73 » Fr 2. Aug 2013, 17:08 hat geschrieben: Bestes Beispiel ist meine ursprüngliche, ländliche Heimatregion. Dort befinden sich im Umkreis von etwa 10 km zwar etwa ein Dutzend Allgemeinarztpraxen, was für
deutsche Verhältnisse schon recht viel ist. Aber eigentlich wollen alle nur zu dem einen Arzt im Nachbardorf, weil er der einzige ist, der tatsächlich über eine
ausreichende Berufsqualifikation verfügt, nicht nur eine formale, sondern auch eine inhaltliche. Dieser Arzt nimmt inzwischen aber längst nur noch Patienten neu auf, die
in seinem Ort leben, weil er sich sagt, dass er auch noch Freizeit haben möchte. Dies führt dazu, dass die übrigen Patienten gezwungen sind, zu den Stümpern und
Scharlatanen zu gehen und diese dadurch immer auch über ausreichend Patienten verfügen.
Und was sollte MW hier konkret verbessern?
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Pati

Beitrag von Blickwinkel »

Max73 » Fr 2. Aug 2013, 17:08 hat geschrieben:Zum Thema Markwirtschaft ein erster Punkt:

Die sogenannte Niederlassungsfreiheit der Ärzte, oder besser gesagt die Niederlassungsbeschränkungen.
Oft wird darüber gejammert, dass man in manchen Regionen wochenlang warten muss,
um einen Termin bei einem Facharzt zu bekommen.

In einem freien Markt würde das dazu führen, dass sich weitere Fachärzte derselben Richtung in dieser Region ansiedeln würden, denn ganz offensichtlich ist die
Nachfrage höher als das Angebot.
Ne, die Nachfrage auf dem Land ist wohl höher als es dort Ärzte gibt. In den Ballungszentren gibt es sehr viel mehr Ärzte, weil eben auch Ärzte lieber in Nähe der Stadt wohnen als auf dem Land.
Tatsächlich aber rührt diese Situation daher, dass die Politik, und allen voran die Ärzteverbände selber, gar kein Interesse an einem System haben, das Konkurrenz zum
normalen Alltag macht, jedenfalls Kokurrenz, die diesen Namen auch verdient.
Doch bei den IGEL-Leistungen gibt es Konkurrenz und unter der Hand weiss man ja, welcher Arzt besser ist, als der andere. Im Endeffekt kann der Patient das regulieren, indem er gute Ärzte besucht und weniger gute Ärzte meidet. Das passiert auch schon.
Denn man möchte, dass die bestehenden niedergelassenen Ärzte gut verdienen und das unternehmerische Risiko gegen Null geht. Im Grunde sind also niedergelassene
Ärzte nichts anderes als Beamte mit dem zusätzlichen Vorteil einer nach oben nicht zwingend begrenzten Einkommenshöhe. Man muss als niedergelassener Arzt im
derzeitigen System schon dumm wie Stroh sein, um pleite zu gehn.
Das stimmt nicht, Ärzte müssen schon ranklotzen für ihre Kohle, je nachdem wie stark frequentiert ihre Praxis ist. Da kann es sein, dass Patienten im 10 min Takt behandelt werden müssen, weil man sonst zeitlich die Anzahl Patienten nicht schafft. Es gibt so manche Ärzte, die unter chronischer Müdigkeit leiden, bestimmt nicht wegen ihrem entspannten Leben.
Selbst unter den ganz normalen Allgemein- und Hausärzten gibt es nicht wirklich Konkurrenzmechanismen, die diesen Namen verdienen, weil durch die genannte
Reglementierung bei der Praxiszulassung der Patient im Grunde keinem marktwirtschaftlichen Konkurrenzgeschehen gegenüber steht.
Klar gibt es den, du als Patient bist die Marktinstanz, denn nur wenn du dich behandeln lässt, verdient der Arzt. Vorher gibt's gar nichts für den Arzt. Um als Patient aber die gleichen Leistungen für den gleichen Preis zu erhalten (zumindest die Basisleistungen) muss ein einheitlicher Satz her. Es geht nicht anders!
Bestes Beispiel ist meine ursprüngliche, ländliche Heimatregion. Dort befinden sich im Umkreis von etwa 10 km zwar etwa ein Dutzend Allgemeinarztpraxen, was für
deutsche Verhältnisse schon recht viel ist. Aber eigentlich wollen alle nur zu dem einen Arzt im Nachbardorf, weil er der einzige ist, der tatsächlich über eine
ausreichende Berufsqualifikation verfügt, nicht nur eine formale, sondern auch eine inhaltliche. Dieser Arzt nimmt inzwischen aber längst nur noch Patienten neu auf, die
in seinem Ort leben, weil er sich sagt, dass er auch noch Freizeit haben möchte. Dies führt dazu, dass die übrigen Patienten gezwungen sind, zu den Stümpern und
Scharlatanen zu gehen und diese dadurch immer auch über ausreichend Patienten verfügen.
Das ist der Ärztemangel auf dem Land, in der Stadt sieht das anders aus. Dein Beispiel zeigt aber genau den marktwirtschaftlichen Teil der dt. Medizinlandschaft.
dem Gesichtspunkt der Motivation des Kunden sieht. Der Patient geht ja nicht in eine Arztpraxis, weil er sich im Wartezimmer bei 6 Monate alten llustrierten aufwärmen
möchte, sondern, weil er krank ist.
Ja und damit die Stümper nicht so auffallen, gibt es für jeden Arzt allg. Regeln und Behandlungsmethoden, die zu einem bestimmten Satz abrechnet werden.
Nichts ist in der Regel unsozialer als der sogenannte Wohlfahrtsstaat, der die menschliche Verantwortung erschlaffen und die individuelle Leistung absinken läßt. (Ludwig Erhard)
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Pati

Beitrag von Spector »

Thomas I » Fr 2. Aug 2013, 16:07 hat geschrieben:
Was gibt es daran zu kritisieren? Ohne Medizintechnik wäre ich jetzt Tod. Hätte ich 20 Jahre früher gelebt wäre ich wegen der damals noch nicht so vorhandenen Technik jetzt auch Tod. Da hätte auch mehr Zuwendung der Ärzte mir garnicht geholfen, wobei ich die auch in der Jetztzeit völlig angemessen fand.
Wenn du mal den Tod vor Augen gehabt hast und dank moderner Medizin, Medizintechnik und Forschung noch knapp vorerst davongekommen bist, dann lernst du das zu schätzen.
Rettungsgeschwister, Stammzellentherapie, Klonierung etc.
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Pati

Beitrag von Thomas I »

Spector » Fr 2. Aug 2013, 16:31 hat geschrieben:
Rettungsgeschwister, Stammzellentherapie, Klonierung etc.

Ja und? Gerade die Stammzellentherapie ist für viele eine Chance weiterzuleben und hat noch grosses Zukunftspotential.
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Pati

Beitrag von Thomas I »

Max73 » Fr 2. Aug 2013, 16:08 hat geschrieben:Zum Thema Markwirtschaft ein erster Punkt:

Die sogenannte Niederlassungsfreiheit der Ärzte, oder besser gesagt die Niederlassungsbeschränkungen.
Oft wird darüber gejammert, dass man in manchen Regionen wochenlang warten muss,
um einen Termin bei einem Facharzt zu bekommen.
In einem freien Markt würde das dazu führen, dass sich weitere Fachärzte derselben Richtung in dieser Region ansiedeln würden, denn ganz offensichtlich ist die
Nachfrage höher als das Angebot..
Die Niederlassungsbeschränkungen gibt es aber eben gerade weil die Ärzte genau das nicht tun. Weil sie eben lieber der 347. Facharzt im attraktiven München als der einzige im abgelegenen Bodenmais sind...
...Menschen gestalten ihr Leben nunmal nicht alleine nach Gesichtspunkten des Marktes.

Die Niederlassungsbeschränkung verunmöglicht es aber eben 347. Arzt im Ballungsraum zu werden und zwiungt einen neuen Arzt dann in die weniger attraktiven, unterversorgten Regionen.
Max73 » Fr 2. Aug 2013, 16:08 hat geschrieben: Tatsächlich aber rührt diese Situation daher, dass die Politik, und allen voran die Ärzteverbände selber, gar kein Interesse an einem System haben, das Konkurrenz zum normalen Alltag macht, jedenfalls Kokurrenz, die diesen Namen auch verdient.
In Zeiten wo wenn man zuviele Patienten hat man noch Strafen zahlen muß kann Konkurrenz kaum aufkommen. Das liegt aber nicht an den Ärzteverbänden, das ist auf dem Mist der gesetzlichen Kassen gewachsen.
Max73 » Fr 2. Aug 2013, 16:08 hat geschrieben: Denn man möchte, dass die bestehenden niedergelassenen Ärzte gut verdienen und das unternehmerische Risiko gegen Null geht. Im Grunde sind also niedergelassene Ärzte nichts anderes als Beamte mit dem zusätzlichen Vorteil einer nach oben nicht zwingend begrenzten Einkommenshöhe. Man muss als niedergelassener Arzt im derzeitigen System schon dumm wie Stroh sein, um pleite zu gehn.
Du redest Unsinn. Man muß nur unterdurchschnittlich wenige Privatpatienten haben und gleichzeitig viele das Budget sprengende gesetzlich versicherte Patienten und das geht ganz schnell.
Offenbar sind dir die Realitäten diesbezüglich nicht einmal ansatzweise vertraut.
Max73 » Fr 2. Aug 2013, 16:08 hat geschrieben: Selbst unter den ganz normalen Allgemein- und Hausärzten gibt es nicht wirklich Konkurrenzmechanismen, die diesen Namen verdienen, weil durch die genannte Reglementierung bei der Praxiszulassung der Patient im Grunde keinem marktwirtschaftlichen Konkurrenzgeschehen gegenüber steht.
Das hat nichts mit der Niederlassungsfreiheit zu tun sondern mit dem Abrechnungssystem für gesetzlich Versicherte.
Max73 » Fr 2. Aug 2013, 16:08 hat geschrieben: Bestes Beispiel ist meine ursprüngliche, ländliche Heimatregion. Dort befinden sich im Umkreis von etwa 10 km zwar etwa ein Dutzend Allgemeinarztpraxen, was für deutsche Verhältnisse schon recht viel ist. Aber eigentlich wollen alle nur zu dem einen Arzt im Nachbardorf, weil er der einzige ist, der tatsächlich über eine ausreichende Berufsqualifikation verfügt, nicht nur eine formale, sondern auch eine inhaltliche. Dieser Arzt nimmt inzwischen aber längst nur noch Patienten neu auf, die
in seinem Ort leben, weil er sich sagt, dass er auch noch Freizeit haben möchte. Dies führt dazu, dass die übrigen Patienten gezwungen sind, zu den Stümpern und Scharlatanen zu gehen und diese dadurch immer auch über ausreichend Patienten verfügen.
Tja, das ist Marktwirtschaft. Wenn beim Sterne-Koch alle Plätze belegt sind muß man halt zu Burger King...
...oder anders: Weshalb sollte dieser Arzt bei Niederlassungsfreiheit mehr Patienten behandeln oder warum sollten dann fähige andee Ärzte da eine Praxis aufmachen??
Max73 » Fr 2. Aug 2013, 16:08 hat geschrieben: Womit bereits ein weiteres Kernthema des überregulierten Geundheitssystems deutlich wird, denn dies führt dauerhaft indirekt zu eklatanten Qualifikationsdefiziten. Es dürfte keine andere Berufsgruppe in Deutschland mit einer so hohen Rate an Berufsfehlern geben, d.h. mit einer so geringen Qualifikation, jedenfalls wenn man sie unter dem Gesichtspunkt der Motivation des Kunden sieht. Der Patient geht ja nicht in eine Arztpraxis, weil er sich im Wartezimmer bei 6 Monate alten llustrierten aufwärmen
möchte, sondern, weil er krank ist.
Sorry aber das ist einfach nur noch billige Polemik gegen Ärzte.
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von Papaloooo »

Man schimpft doch immer wieder gerne über die moderne Medizin und wie unmenschlich sie doch geworden sei.
Wenn man dann aber selbst was Ernsthaftes hat, dann fordert man gleich die modernsten Behandlungsmethoden.

Nun hat man es erstmals geschafft, in die Feinjustierung eines fehlgeleiteten Immunsystems regulierend einzugreifen,
und hat eine Autoimmunerkrankung geheilt!

Wahnsinn!!!

Hierbei wurden T-Zellen wurden gentechnisch mit einem künstlichen Rezeptor ausgestattet.
Damit wiederum wurden sie auf die fehlgeleiteten B-Zellen angesetzt,
und haben diese erfolgreich beseitigt.

Die Frau, die zuvor einen systemischen Lupus hatte, war danach geheilt.
Unglaubliche Leistung!!!
Wir sind doch hier nicht im Trollhouse!
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von H2O »

@ Papaloooo:

Da bewundert unsereiner als völliger Laie natürlich diese Höchstleistung der Medizin... keine Frage. Gibt es eine lesbare Quelle zu dieser Meldung?
franzmannzini

Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von franzmannzini »

Papaloooo hat geschrieben:(24 Aug 2021, 21:32)

Man schimpft doch immer wieder gerne über die moderne Medizin und wie unmenschlich sie doch geworden sei.
Wenn man dann aber selbst was Ernsthaftes hat, dann fordert man gleich die modernsten Behandlungsmethoden.

Nun hat man es erstmals geschafft, in die Feinjustierung eines fehlgeleiteten Immunsystems regulierend einzugreifen,
und hat eine Autoimmunerkrankung geheilt!

Wahnsinn!!!

Hierbei wurden T-Zellen wurden gentechnisch mit einem künstlichen Rezeptor ausgestattet.
Damit wiederum wurden sie auf die fehlgeleiteten B-Zellen angesetzt,
und haben diese erfolgreich beseitigt.

Die Frau, die zuvor einen systemischen Lupus hatte, war danach geheilt.
Unglaubliche Leistung!!!
Meinst Du das hier:
https://www.infranken.de/ratgeber/gesun ... rt-5262268
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von Papaloooo »

franzmannzini hat geschrieben:(25 Aug 2021, 05:25)

Meinst Du das hier:
https://www.infranken.de/ratgeber/gesun ... rt-5262268
Danke ja, ich hatte vergessen, den Link beizufügen.
Wir sind doch hier nicht im Trollhouse!
Sören74

Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von Sören74 »

Wirklich gute Nachrichten. Generell zu dem Thema, es gibt immer wieder Klischees im Umlauf, dass es eine klare Trennung zwischen Schul- und Alternativmedizin gäbe und sich die einen nicht mehr um die Menschen kümmern und die anderen schon. Aber es sind Klischees bis hin zu Falschaussagen, meiner Meinung nach. Ich finde eine wesentliche Sache wird übersehen, die begrenzte Ressource Zeit. Und das kann man sich mal schnell verdeutlichen, wie unser medizinisches System aussehen würde, wenn jeder Allgemeinmediziner und Facharzt sich für jeden Patienten eine Stunde Redezeit nehmen würde. Es würde ganz einfach bedeuten, es käme nur noch ein Teil der Patienten in der Praxis dran. Oder wir hätten Wartezeiten nicht nur von Wochen und Monaten, sondern von Jahren. Moderne Medizin oder gerne abwertend Gerätemedizin genannt hat eigentlich einen wesentlich Vorteil hervorgebracht, den man oft übersieht, Zeitersparnis. Denn dadurch das aufwendige Untersuchungen abgekürzt und "automatisiert" werden können, besteht überhaupt die Möglichkeit, möglichst alle Patienten entsprechend zu behandeln. Auch hier, meine Meinung. :)
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von Atue001 »

Tatsächlich ist es auch ein aktueller Trend gerade der modernen Medizin, dass der Mensch viel subjektiver betrachtet, analysiert und behandelt wird. Während man früher Alt und Jung, Frau und Mann etc. etc. relativ gleich behandelt hat, weiß und berücksichtigt man zunehmend die Unterschiede, die die individuellen Körper haben. Die Zukunft der Medizin liegt nicht nur in der Automation, sondern auch in der wesentlich individuelleren Behandlung.

Trotzdem kann ich verstehen, dass so mancher die Moderne Medizin als unpersönlich und befremdend empfindet. Ärzte haben kaum die Zeit, um Patienten mit relativ unproblematischen Erkrankungen umfassend zu erläutern und zu erklären, was da genau in ihrem Körper so abgeht. Gleichzeitig vertrauen die Patienten aber auch ihrem Arzt weniger als früher blind, und verschaffen sich viel Halbwissen aus dem Internet. Angefüllt mit diesem Halbwissen hören sie den Ärzten auch nicht mehr zu, sondern erzählen von ihrem angeblichen Wissen, und haben die Erwartungshaltung, dass der geduldige Arzt wohlwollend den Kopf dazu nickt und vielleicht auch noch applaudiert.

Dazu kommt noch die "realistische" Darstellung von Ärzten in den vielen Serien - die haben immer viele Stunden Zeit, um sich sehr intensiv mit den einzelnen Schicksalen in ihrer Klinik zu beschäftigen.....da wird ein Bild vom Arztwesen gezeigt, was romantisch verklärt ist, aber kaum der Realität entspricht.

Ein weiteres Problem sind rechtliche Fragestellungen. Gerne unterhält man sich ja auch mit dem Pflegepersonal über die eigenen Befindlichkeiten.....nur - wenn diese in einem Gespräch falsche Aussagen zur Erkrankung und Behandlung machen würden, die über ihre Kompetenz hinausgehen, macht sich die Klinik und der Pfleger angreifbar. Auch so wird es schwieriger, das Bedürfnis der Patienten nach kommunikativer Verarbeitung ihres Leidens zu befriedigen.....

Eine Lösung für diese subjektiven Wahrnehmungen und Probleme sehe ich derzeit nicht - aktuelle Medizin ist eine Hochleistungsbetrieb, die ziemlich effizient und effektiv eingesetzt wird - das hilft, geht aber an den emotionalen Bedürfnissen so mancher Menschen mit ihren Ängsten und Sorgen vorbei. Solange die Medizin ihr Ziel der Gesundung des Patienten erreicht, ist das noch ok - wenn aber die überbrachten Botschaften und das Endergebnis ein anderes sind, ist das unbefriedigend.
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von Sören74 »

@Atue001, finde ich als Ganzes einen nachdenkenswerten Beitrag. Die teilweise hohen Erwartungshaltungen gerade im Bereich persönliche Zuwendung gekoppelt mit dem Wunsch nach Zustimmung können schon zu Enttäuschungen führen. Gleichzeitig weiß man von den Placebostudien, wie wichtig die Zuwendung des Arztes gegenüber dem Patienten ist. Da aber die Zeit ein knappe Ressource ist, kann die technische Weiterentwicklung der Medizin, verbunden mit mehr Automatisierung (mit Hilfe von KI) eine Hilfe sein, damit eben der Arzt mehr Zeit für seine Patienten hat.
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Pati

Beitrag von discipula »

Thomas I hat geschrieben:(02 Aug 2013, 14:06)
Betrachten kann man das schon so, nur ich möchte im Betrachtungsergebnis dann doch ein paar Dinge wie Menschenwürde und das Recht zu Leben unabhängig von eigener (finanzieller) Leistungsfähigkeit berücksichtigt wissen.
:thumbup:

Es mag ja sein dass mal unnötige Maßnahmen unternommen werden um mehr Geld einzunehmen, dass nötige Maßnahmen hierzulande verweigert werden ist eher der allerseltenste Ausnahmefall.
Stimmt, das Problem ist viel eher Überversorgung als Unterversorgung. Wobei Überversorgung nicht "mal" ausnahmsweise geschieht, sondern in enormem Ausmass.


Kann ich so nicht erkennen. Beispiele?
Es ist einfacher, sich für Rückenschmerzen alle möglichen und umöglichen Therapien verschrieben zu bekommen (manchmal sogar Krafttraining, was eine der wirksamsten und zuverlässigsten Methoden ist in vielen Fällen) - aber wer einen vernünftigen Bürostuhl haben will, was Rückenschmerzen in vielen Fällen verhindern würde, sodass sie idealerweise gar nie entstehen, muss das selbst zahlen.

Bei vagen/diffusen Beschwerden, zum Beispiel dem, was unter dem Begriff "Reizdarm" zusammengefasst wird, ist die Medizin eher ratlos. ein paar Schmerzmittel kriegt man natürlich immer, und auch Labor und Maschinen kann man meist problemlos haben, aber mal zehn Minuten oder auch länger in Ruhe mit dem Arzt über das Leben, Umstände, Sorgen und andere medizinisch relevante Sachen reden? - gilt als fast unmöglich. Dabei könnte man eine Menge Dinge erfahren, einfach indem man Leute dazu befragt. erstaunlich aber wahr.


Wenn du zu dem System auch die Krankenversicherungen zählst ist deine Aussage falsch, denn die brauchen eher gesunde Beitragszahler.
Und dass das System Krankheit fördert sehe ich nicht so wirklich.
Leute, die arbeitsfähig sind, aber chronisch Medikation brauchen, sind der Traumkunde der Pharma. und, wie es der Zufall will, so über vierzig Jahren werden die Leute selten, die das nicht haben... aber auch schon bei Jüngeren gibt es viele, die keinen Tag ohne Medikamentenkonsum haben. Man wird "eingestellt" und kann dann funktionieren, aber ohne je zu heilen.

und auch solche Dinge sind lukrativ, die man quer der ganzen Bevölkerung, bzw grossen Gruppen davon, angedeihen lassen kann. zB die Mammografieuntersuchungen für Frauen um die Menopause und älter. Viel Aufwand, solider berechenbarer Umsatz, aber zweifelhafter Nutzen.
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/ ... vorgreifen

Diese Aussage halte ich in der Pauschalität für falsch.
Als Patient muss man schon immer wach, kritisch und vorsichtig sein, aktiv nach Alternativen zu einer gegebenen Behandlung fragen, auch nicht vergessen zu fragen "und was wäre, wenn man da gar nichts macht?" Wenn es um Menschen geht, ist "weniger ist mehr" oft ein guter Ansatz. Heutige Medizin neigt aber massiv zum "mehr ist mehr" und will ständig behandeln.

und von wegen Bevormundung: mir scheint ,die ganze Geschichte mit der Evidence Based Medicine und den davon abgeleiteten Leitlinien, wird da nicht auch der Arzt dazu degradiert, als Datatypist Symptome in einen Computer einzugeben, und dann einfach auszuführen, was die Maschine an Empfehlungen ausspuckt? Und falls der Arzt davon abweichen will, besser gleich schon den Anwalt rufen?

Patientenvertreter ist so eine Sache, wer ist den Patient? Doch im Zweifel alle Bürger. Und werden die nicht durch die Politik, also die gesetzgeberisch tätigen Abgeordneten schon vertreten?
nicht unbedingt in ihrer Eigenschaft als Patienten... die Abgeordneten haben ja alle gutes Geld, die können womöglich die Sorgen von jenen, die es knapper haben, nicht gut nachvollziehen.
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von H2O »

...die ganze Geschichte mit der Evidence Based Medicine und den davon abgeleiteten Leitlinien,
Für den wissenschaftlichen Teil der Heilkunde sehe ich darin nichts Kritikwürdiges. Im Gegenteil sehe ich darin die Abkehr vom Hokuspokus, der vor vielen Jahrzehnten veranstaltet wurde. Erfahrene Ärzte hatten aber schon immer auch ein Gefühl für die Ursache so mancher Beschwerde, und sie gingen der Sache auf den Grund. Aber als gesammelter Erfahrungsschatz kann ein solches Regelwerk schon Zeit sparen und dem Kranken schneller helfen. Die Heilkunde hat in den letzten 100 Jahren unglaubliche Fortschritte gemacht... was wir mit unserer stetig zunehmenden statistischen Lebensdauer nachweisen.

Ich führe diesen Nachweis unter anderem mit Hilfe regelmäßig zu schluckender und ein zu spritzender Medikamente. Vor 20 Jahren bin ich dem Teufel noch einmal von der Schippe gesprungen. Ohne regelmäßigen Abgleich der Blut- und Urin-Werte durch Medikamente hätte mich der Teufel schon längst geholt. Und so lebe ich glücklich und zufrieden meine hinzu gewonnene Lebenszeit... als hochangesehener Kunde der Arzneihersteller und meines Hausarzts. :)
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Pati

Beitrag von Sören74 »

discipula hat geschrieben:(08 Sep 2021, 09:06)

Es ist einfacher, sich für Rückenschmerzen alle möglichen und umöglichen Therapien verschrieben zu bekommen (manchmal sogar Krafttraining, was eine der wirksamsten und zuverlässigsten Methoden ist in vielen Fällen) - aber wer einen vernünftigen Bürostuhl haben will, was Rückenschmerzen in vielen Fällen verhindern würde, sodass sie idealerweise gar nie entstehen, muss das selbst zahlen.
Zum Glück gibt es immer mehr Unternehmen, die verstanden haben, dass solche Krankheitskosten auch auf sie zurückfallen und so finanzieren auch immer mehr Unternehmen ergonomische Stühle für ihre Mitarbeiter.
discipula hat geschrieben:Bei vagen/diffusen Beschwerden, zum Beispiel dem, was unter dem Begriff "Reizdarm" zusammengefasst wird, ist die Medizin eher ratlos. ein paar Schmerzmittel kriegt man natürlich immer, und auch Labor und Maschinen kann man meist problemlos haben, aber mal zehn Minuten oder auch länger in Ruhe mit dem Arzt über das Leben, Umstände, Sorgen und andere medizinisch relevante Sachen reden? - gilt als fast unmöglich. Dabei könnte man eine Menge Dinge erfahren, einfach indem man Leute dazu befragt. erstaunlich aber wahr.
Zum Thema Reizdarm, ein sprichwörtlich weites Feld, aber da liegen die Defizite weniger am Gesundheitssystem, sondern am noch fehlenden wissenschaftlichen Stand, diese Phänomene besser zu verstehen. Was die 10 Minuten angeht, dafür könnte die Zeit noch reichen, aber ich möchte einfach mal jeden bitten selbst im Kopf zu überschlagen, welcher zeitliche Aufwand für den Arzt wirklich dahinter steckt. Einfache Rechnung, eine Hausarztpraxis hat 1.000 Patienten und alle möchten nur mal 10 Minuten mit dem Arzt sprechen, dann ist das ein Bedarf an 10.000 Minuten oder 166 Stunden. Das ließe sich noch gut über ein Jahr verteilen. Wenn es aber über das hinausgehen soll (1 Stunde statt 10 Minuten) dann kommen wir einfach an kapazitive Grenzen, und das ignorieren leider viele, die auch so tolle Vorschläge in Richtung besseres Medizinsystem machen.
discipula hat geschrieben:und auch solche Dinge sind lukrativ, die man quer der ganzen Bevölkerung, bzw grossen Gruppen davon, angedeihen lassen kann. zB die Mammografieuntersuchungen für Frauen um die Menopause und älter. Viel Aufwand, solider berechenbarer Umsatz, aber zweifelhafter Nutzen.
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/ ... vorgreifen
Ich will dem gar nicht widersprechen. Heißt aber auch, wenn wir alles nur eine Kosten-Nutzen-Betrachtung unterziehen, werden gesetzliche Leistungen begrenzt bleiben und alles was wir darüber hinaus wollen, müssen wir aus eigener Tasche bezahlen. Mein Zahnarzt hat es mir mal so erklärt, was eine Zahnwurzelbehandlung angeht, bezahlen die KK nur das, was dem technischen Stand vor 50 Jahren entspricht. Alles was darüber hinaus geht, musst Du selber bezahlen oder extra versichern lassen. Also, Kosten-Nutzen-Betrachtung ist wichtig, sollte aber auch kein Diktat sein.
discipula hat geschrieben: Als Patient muss man schon immer wach, kritisch und vorsichtig sein, aktiv nach Alternativen zu einer gegebenen Behandlung fragen, auch nicht vergessen zu fragen "und was wäre, wenn man da gar nichts macht?" Wenn es um Menschen geht, ist "weniger ist mehr" oft ein guter Ansatz. Heutige Medizin neigt aber massiv zum "mehr ist mehr" und will ständig behandeln.
Ich würde es ähnlich formulieren, ein guter Patient muss immer mitdenken. Ich habe allerdings die Erfahrung gemacht, dass dieses "will ständig behandeln" eher von den Heilpraktikern kenne und weniger von der "Schulmedizin". Letztere lassen mich im Grunde zu frieden und sagen, dass muss man nicht unbedingt behandeln, während der Heilpraktiker meint, ich solle unbedingt auf diese 50 Lebensmittel verzichten und diese Globolis nehmen. :rolleyes:
discipula hat geschrieben:und von wegen Bevormundung: mir scheint ,die ganze Geschichte mit der Evidence Based Medicine und den davon abgeleiteten Leitlinien, wird da nicht auch der Arzt dazu degradiert, als Datatypist Symptome in einen Computer einzugeben, und dann einfach auszuführen, was die Maschine an Empfehlungen ausspuckt?

Die allermeisten KI-Systeme in der Medizin sind Analyse-Tools und keine Behandlungsentscheider. Und es ist wie mit allen Werkzeugen im Leben (auch den statistischen), man muss lernen, mit ihnen richtig umzugehen.
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von discipula »

Atue001 hat geschrieben:(07 Sep 2021, 23:04)

Während man früher Alt und Jung, Frau und Mann etc. etc. relativ gleich behandelt hat,
"Früher" heisst da wohl "Anfänge der industriellen Pharmaproduktion"

noch früher, zu Zeiten der Viersäftelehre, war es logisch, individuell zu schauen.

Gleichzeitig vertrauen die Patienten aber auch ihrem Arzt weniger als früher blind, und verschaffen sich viel Halbwissen aus dem Internet. Angefüllt mit diesem Halbwissen hören sie den Ärzten auch nicht mehr zu, sondern erzählen von ihrem angeblichen Wissen, und haben die Erwartungshaltung, dass der geduldige Arzt wohlwollend den Kopf dazu nickt und vielleicht auch noch applaudiert.
Im Internet gibt es sehr viele sehr gute Ressourcen. Wer nicht grad komplett ungeeignet ist dafür (zB wegen Hypochondrie) kann eine Menge guter Infos bei Dr. Google besorgen.

und ja klar erwarte ich von einem Arzt, dass er mich anhört und ernst nimmt. Ich vezahle ihn schliesslich als Dienstleister. Gutsherrenart steht mir quer, das mag ich gar nicht.


die aktuelle Medizin ist eine Hochleistungsbetrieb, die ziemlich effizient und effektiv eingesetzt wird -
Wenn praktisch alle über 40 chronisch krank und behandlungsbedürftig sind, so ist das keineswegs effektiv.

Effektiv wäre, wenn der kranke Mensch danach gesund (nicht "eingestellt") wäre.

. Solange die Medizin ihr Ziel der Gesundung des Patienten erreicht,
was sie leider allzu oft nicht tut. das ist ja eben das Problem.
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von Atue001 »

Ich bezweifle doch stark, dass diese negative Sicht auf die Medizin den Fakten gerecht wird. Da haben wir eine immer höhere Lebenserwartung, und immer mehr Menschen, die auch im hohen Alter noch aktiv sind. Es gibt weniger Tote im Kindbett, bei der Arbeit, im Verkehr....ich denke, so ganz schlecht ist die Bilanz der modernen Medizin nicht. Sie wird natürlich nicht mit der Erwartungshaltung mithalten können, dass JEDER 150 wird, und topfit ist.
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von franzmannzini »

Atue001 hat geschrieben:(11 Sep 2021, 22:43)

Ich bezweifle doch stark, dass diese negative Sicht auf die Medizin den Fakten gerecht wird. Da haben wir eine immer höhere Lebenserwartung, und immer mehr Menschen, die auch im hohen Alter noch aktiv sind. Es gibt weniger Tote im Kindbett, bei der Arbeit, im Verkehr....ich denke, so ganz schlecht ist die Bilanz der modernen Medizin nicht. Sie wird natürlich nicht mit der Erwartungshaltung mithalten können, dass JEDER 150 wird, und topfit ist.
Die Medizin ist nur ein Baustein, der mit dem Wohlstand einher geht.
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von H2O »

franzmannzini hat geschrieben:(11 Sep 2021, 22:47)

Die Medizin ist nur ein Baustein, der mit dem Wohlstand einher geht.
Klar, ohne die dazu notwendigen wirtschaftlichen Freiräume können keine aufsehenerregenden Erfolge der Medizin systematisch erarbeitet werden. Aber dazu gehört ganz offenbar nicht etwa ein Wohlstand, der sich mit dem in Deutschland erreichten vergleichen läßt. So geht dem medizinischen Standard im vergleichsweise armen Staat Kuba doch ein sehr guter Ruf voraus. Es kommt offenbar auch darauf an, welcher Stellenwert den medizinischen Wissenschaften in einem Gemeinwesen zugewiesen wird.
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von Atue001 »

franzmannzini hat geschrieben:(11 Sep 2021, 22:47)

Die Medizin ist nur ein Baustein, der mit dem Wohlstand einher geht.
Was heißt hier "nur"? Wäre dir weniger Medizin lieber? Oder auch weniger Wohlstand?
franzmannzini

Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von franzmannzini »

Atue001 hat geschrieben:(11 Sep 2021, 23:04)

Was heißt hier "nur"? Wäre dir weniger Medizin lieber? Oder auch weniger Wohlstand?
Ohne Wohlstand kommt es gar nicht zu einer Entfaltung der "Wunder" der Medizin.
Medizin muß man sich leisten können.
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von Atue001 »

franzmannzini hat geschrieben:(11 Sep 2021, 23:06)

Ohne Wohlstand kommt es gar nicht zu einer Entfaltung der "Wunder" der Medizin.
Medizin muß man sich leisten können.
Schon klar - nur wir können es ja, und profitieren offensichtlich davon - und doch sind viele nicht zufrieden......
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von discipula »

Atue001 hat geschrieben:(11 Sep 2021, 22:43)

ich denke, so ganz schlecht ist die Bilanz der modernen Medizin nicht. Sie wird natürlich nicht mit der Erwartungshaltung mithalten können, dass JEDER 150 wird, und topfit ist.
Die moderne Medizin ist super, wenn es um Hygiene geht, und wenn es darum geht, akut vom Tod bedrohte Leute zu retten.

Dass aber die meisten über 40 chronisch krank sind, und ihre tägliche Dosis Symptomlinderung brauchen, und je älter desto schlimmer wird es, das kann's wirklich nicht sein.

wird aber von den meisten mit derselben schulterzuckenden Resignation akzeptiert, mit der man im Mittelalter die Pest als Geissel Gottes akzeptierte. statt endlich mal was dagegen zu machen, da ist nämlich noch viel Luft nach oben.
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von Atue001 »

discipula hat geschrieben:(11 Sep 2021, 23:27)

Die moderne Medizin ist super, wenn es um Hygiene geht, und wenn es darum geht, akut vom Tod bedrohte Leute zu retten.

Dass aber die meisten über 40 chronisch krank sind, und ihre tägliche Dosis Symptomlinderung brauchen, und je älter desto schlimmer wird es, das kann's wirklich nicht sein.

wird aber von den meisten mit derselben schulterzuckenden Resignation akzeptiert, mit der man im Mittelalter die Pest als Geissel Gottes akzeptierte. statt endlich mal was dagegen zu machen, da ist nämlich noch viel Luft nach oben.
Ich könnte jetzt sagen: Besser mit 40 chronisch krank als tot.
Zumal die Medizin auch daran arbeitet, immer mehr Menschen mit chronischen Krankheiten noch ein lebenswertes Leben über 40 zu ermöglichen.

Ich bezweifle aber auch schon stark, dass die Aussage "Die meisten über 40 sind chronisch krank" so stimmt.
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von discipula »

Atue001 hat geschrieben:(11 Sep 2021, 23:39)

Ich könnte jetzt sagen: Besser mit 40 chronisch krank als tot.
ja, genau: schulterzuckende Resignation. man hält es noch nicht mal für möglich, dass es auch anders sein könnte

ich sage: besser bei blühender Gesundheit bis ins hohe Alter statt ein halbes Leben lang krank.

Zumal die Medizin auch daran arbeitet, immer mehr Menschen mit chronischen Krankheiten noch ein lebenswertes Leben über 40 zu ermöglichen.
Worin sie sich leider, speziell gemessen an der investierten Zeit, Arbeit und Geld jämmerlich schlecht anstellt.

und es dabei schafft, simple und naheliegende Dinge, die offensichtlich hilfreich wären, praktisch komplett zu ignorieren. zum Beispiel alles, was Prävention ist. (Prävention - nicht Früherkennung)

es wäre sinnvoller, schmerzfreier, billiger und rundum schöner, wenn Leute gar nicht erst massive Nierenschwächen kriegten, statt Starchirurgen zu haben, die Nieren transplantieren können.

zum Beispiel.

und nein, nicht alle diese Schwächen sind genetisch bedingt und unvermeidbar.




Ich bezweifle aber auch schon stark, dass die Aussage "Die meisten über 40 sind chronisch krank" so stimmt.
als "chronisch krank" würde ich jene bezeichnen, die täglich mindestens ein Medikament einnehmen aus gesundheitlichen Gründen. (also zB nicht Verhütungspille)

hier geht es eher um die Älteren
https://www.aerzteblatt.de/archiv/12304 ... d-oft-mehr

So sind einer Untersuchung des Robert-Koch-Instituts zufolge in der Altersgruppe über 65 Jahre nur noch 7,1 Prozent der Frauen gesund und 9,4 Prozent der Männer (1):


.. die werden bestimmt nicht alle erst am Tag des 65. Geburtstags krank, sondern das entwickelt sich über längere Zeit...

Hier zum Thema Medikamentensucht
https://www.unabhaengig-im-alter.de/dat ... dikamente/

... das kann's ja wirklich nicht sein, diese Zustände.

auch wenn sehr viele Leute dazu beitragen, seien es Patienten, die aktiv nach Medikamenten fragen, seien es Ärzte, die beim Rezepte schreiben schneller sind als Lucky Luke mit seinem Colt.
Sören74

Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von Sören74 »

discipula hat geschrieben:(12 Sep 2021, 09:24)

ich sage: besser bei blühender Gesundheit bis ins hohe Alter statt ein halbes Leben lang krank.
Die Frage ist, wie kommt man da hin?
discipula hat geschrieben: es wäre sinnvoller, schmerzfreier, billiger und rundum schöner, wenn Leute gar nicht erst massive Nierenschwächen kriegten, statt Starchirurgen zu haben, die Nieren transplantieren können.
Klar, wenn niemand krank würde, müssten sie nicht mehr zum Arzt. :x
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von discipula »

Sören74 hat geschrieben:(12 Sep 2021, 09:33)

Die Frage ist, wie kommt man da hin?
sich gesunde Gewohnheiten aneignen und diese pflegen machen eine Menge aus.

nicht täglich eine Flasche Schnaps trinken
nicht täglich 40 Zigaretten rauchen
nicht den ganzen Tag im Haus sein
nicht ständig sitzen
nicht ständig übermüdet sein
sich nicht Tausenden von Stressoren aussetzen
nicht schwelende Konflikte ignorieren
nicht krank zur Arbeit gehen

... zugegeben, modernes Leben macht es einem nicht leicht. Aber wir sollten nicht ungesunde Rahmenbedingungen als normal und unvermeidbar betrachten. sondern an Verbesserungen arbeiten.

Klar, wenn niemand krank würde, müssten sie nicht mehr zum Arzt. :x
Genau.

Salutogenese kommt massiv zu kurz. was eigentlich kein Geheimnis ist.
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von Teeernte »

discipula hat geschrieben:(12 Sep 2021, 10:16)

Salutogenese kommt massiv zu kurz. was eigentlich kein Geheimnis ist.
Alles was

täglich eine Flasche Schnaps trinken
täglich 40 Zigaretten rauchen
den ganzen Tag im Haus sein
ständig sitzen
ständig übermüdet sein
Tausenden von Stressoren aussetzen
schwelende Konflikte ignorieren
krank zur Arbeit gehen

Stirbt nach kurzer schwerer Krankheit ...kurz über 46.... Kostet keine Rente ....geht arbeiten...und hat nie beim Arzt gesessen.

Kurz - es hat die Sozialkasse nie belastet ....immer mit minimal 500 eu monatlich finanziert !!

Gaaaaaanz schlecht für das Tabletten-"Krankheitswesen" ....es verdient damit kein Geld !!
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von Misterfritz »

discipula hat geschrieben:(12 Sep 2021, 09:24)

als "chronisch krank" würde ich jene bezeichnen, die täglich mindestens ein Medikament einnehmen aus gesundheitlichen Gründen. (also zB nicht Verhütungspille)
Das ist eine ziemlich schwachsinnige Einteilung von Dir.
Es gibt z.B. Leute, die täglich ein Medikament nehmen, um NICHT krank zu werden - z.B. Schildrüsenhormone.
Das Salz in der Suppe des Lebens ist nicht Selbstdisziplin, sondern kontrollierte Unvernunft ;)
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von Teeernte »

Misterfritz hat geschrieben:(12 Sep 2021, 10:25)

Das ist eine ziemlich schwachsinnige Einteilung von Dir.
Es gibt z.B. Leute, die täglich ein Medikament nehmen, um NICHT krank zu werden - z.B. Schildrüsenhormone.
...in den USA sind Hormone für ältere Leute grade im Freiverkauf zugelassen worden.....

Das erspart den Älteren Leuten viele Tabletten.

Hier in D unter "Rimkus" gehandelt.

https://www.frauenaerztin-dr-kudlich.de ... s-methode/

gibts auch für Männer...

Aber - da verkauft die Industrie viel weniger "Medikament" - deshalb selten bekannt...
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von discipula »

Misterfritz hat geschrieben:(12 Sep 2021, 10:25)

Das ist eine ziemlich schwachsinnige Einteilung von Dir.
Es gibt z.B. Leute, die täglich ein Medikament nehmen, um NICHT krank zu werden - z.B. Schildrüsenhormone.
Da diese Leute keine spontan funktionierende Schilddrüse haben, sind sie eben nicht gesund, sondern nur "eingestellt". Die anscheinende Gesundheit ist nur ein schöner Schein, nicht echt.

Gesunde brauchen keine Medikamente Sie sind ja gesund.

Wobei Symptomlindetung durchaus seinen Wert und seine Berechtigung hat. aber bitte nicht als einziger Ansatz, und bitte nicht mit dem Verzicht, Heilung überhaupt anzustreben
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von Atue001 »

Unser Gesundheitssystem hat sicherlich noch deutliches Potential nach oben - gar keine Frage.
Trotzdem würde ich Themen wie

nicht täglich eine Flasche Schnaps trinken
nicht täglich 40 Zigaretten rauchen
nicht den ganzen Tag im Haus sein
nicht ständig sitzen
nicht ständig übermüdet sein
sich nicht Tausenden von Stressoren aussetzen
nicht schwelende Konflikte ignorieren
nicht krank zur Arbeit gehen

man könnte auch noch: Nicht die falschen Sachen Essen und Trinken.....

erst mal im Bereich der Eigenverantwortung sehen. Es ist ja nicht so, dass diese Punkte neu wären, oder ein Geheimnis. Im Prinzip weiß das jeder - oder könnte es wissen, wenn es ihn/sie interessieren würde. Ein Arzt kann da auch kaum die Antwort sein, und wer erst einen persönlichen Lebensberater braucht, um erwachsen eigenverantwortlich auch für sich selbst und sein Leben einzutreten, der ist auch irgendwie krank.

Wenn also diese Aspekte eher eigenverantwortlich gelöst werden, dann bleiben noch die Dinge, die man eben nicht alleine eigenverantwortlich lösen kann. Da zählen dann beispielsweise normale Defekte des menschlichen Körpers mit dazu, die man mit Medikamenten gut behandeln kann.

Altern ist ein Zerfallsprozess. Dieser gehört zum menschlichen Körper mit dazu. Insofern ist es normal, dass Menschen mit zunehmendem Alter zunehmend mehr anfällig für Krankheiten werden. Die Leistung der Medizin ist es, dass sie trotz der biologischen Probleme unseres Körpers sehr viele Menschen in die Lage versetzt, bis ins hohe Alter recht fit und lebenswert durch die Landschaft zu gehen.

Alles in allem ist unser medizinisches System damit nicht so ganz verkehrt - und wer mal genauer schaut, findet auch dort viele Angebote die auch Vorsorge betreffen, oder Hilfe zur Selbsthilfe um zu einem gesunden Leben zurückzukehren.
Sören74

Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von Sören74 »

discipula hat geschrieben:(12 Sep 2021, 10:16)

sich gesunde Gewohnheiten aneignen und diese pflegen machen eine Menge aus.

nicht täglich eine Flasche Schnaps trinken
nicht täglich 40 Zigaretten rauchen
nicht den ganzen Tag im Haus sein
nicht ständig sitzen
nicht ständig übermüdet sein
sich nicht Tausenden von Stressoren aussetzen
nicht schwelende Konflikte ignorieren
nicht krank zur Arbeit gehen

... zugegeben, modernes Leben macht es einem nicht leicht. Aber wir sollten nicht ungesunde Rahmenbedingungen als normal und unvermeidbar betrachten. sondern an Verbesserungen arbeiten.
Das sind alles Dinge, die beispielsweise meine Eltern gemacht haben und trotzdem brauch(t)en sie ärztliche Hilfe.
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Re: Die Moderne Medizin und das verlorene Subjekt - der Patient

Beitrag von Misterfritz »

discipula hat geschrieben:(12 Sep 2021, 10:16)

sich gesunde Gewohnheiten aneignen und diese pflegen machen eine Menge aus.

nicht täglich eine Flasche Schnaps trinken
nicht täglich 40 Zigaretten rauchen
nicht den ganzen Tag im Haus sein
nicht ständig sitzen
nicht ständig übermüdet sein
sich nicht Tausenden von Stressoren aussetzen
nicht schwelende Konflikte ignorieren
nicht krank zur Arbeit gehen
Das Problem dabei ist - z.B. beim Essen -, dass der moderne Mensch ernährungsphysiologisch immer noch ein Höhlenmensch ist. Er isst am liebsten eiweissreiche, möglichst Fette Kost (Fleisch), Kohlehydrate und zuckerhaltige Nahrung. Diese sichert erstens nicht zu verhungern und zweitens schnelle Reaktion bei Gefahr.
Dann: Der Mensch ist faul, weil es für den Höhlenmenschen völlig unsinnig war, Energie zu verschwenden - man kennt auch keine Tiere, die just for fun Sport machen.

Die Evolution hinkt halt der modernen Entwicklung ein paar Jahrtausende zurück.
Das Salz in der Suppe des Lebens ist nicht Selbstdisziplin, sondern kontrollierte Unvernunft ;)
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