Parlamentswahlen in Italien 2018

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Wähler
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(04 Nov 2018, 09:10)
Auf dem Höhepunkt der Griechenlandkrise war das genauso. Deswegen gab es auch Kapitalverkehrskontrollen. Die Griechen konnten nur begrenzt Giralgeld von ihren kurzfristigen Sichteinlagen als Bargeld, also Zentralbankgeld, abheben.
Orbiter1 hat geschrieben:(04 Nov 2018, 10:22)
Italien ist davon meilenweit entfernt. Da geht die Diskussion um eine Ausweitung der Verschuldungsrate auf 2,4% des BSP. Die Zinsen für 10-jährige italienische Staatsanleihen liegt aktuell bei 3,3%. Italien erzielt auch einen Leistungsbilanzüberschuss, verfügt über sehr hohe Durchschnittsvermögen in den Privathaushalten und kann seine Schulden locker bedienen. Der neuen italienischen Regierung geht es lediglich darum einen Dummen außerhalb Italiens zu finden der ihnen ein paar hundert Mrd Schulden abnimmt. Dann wäre wieder genügend Spielraum da um die gemachten Wahlversprechen auch umsetzen zu können.
Das wird so aber nicht funktionieren, weil der ESM für ein Rettungsprogramm Gegenleistungen verlangen wird. An einem Staatschuldenschnitt dürfte die jetzige italienische Regierung auch nicht interessiert sein. Das Spielen auf der Zeitachse dürfte ebenfalls nicht unbegrenzt weitergehen. Irgendwann wird die italienische Regierung also in den sauren Apfel beißen müssen, die Struktur ihres Staatshaushaltes zu überdenken. Nur das machen Politiker nicht so gerne. ;)
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von z4ubi »

Orbiter1 hat geschrieben:(04 Nov 2018, 10:22)
Italien ist davon meilenweit entfernt. Da geht die Diskussion um eine Ausweitung der Verschuldungsrate auf 2,4% des BSP. Die Zinsen für 10-jährige italienische Staatsanleihen liegt aktuell bei 3,3%. Italien erzielt auch einen Leistungsbilanzüberschuss, verfügt über sehr hohe Durchschnittsvermögen in den Privathaushalten und kann seine Schulden locker bedienen. Der neuen italienischen Regierung geht es lediglich darum einen Dummen außerhalb Italiens zu finden der ihnen ein paar hundert Mrd Schulden abnimmt. Dann wäre wieder genügend Spielraum da um die gemachten Wahlversprechen auch umsetzen zu können.
Das Durchschnittsvermögen hilft aber scheinbar vielen Italienern nicht, wenn man die niedrige Inflation und die hohe Arbeitslosigkeit in Italien betrachtet.
Wenn Italien die Verschuldung erhöht, macht sie auch nichts anderes als Spanien und Portugal, um die wirtschaftliche Lage zu verbessern.

Alternativ könnte man natürlich auch die Reichen und Vermögenden stärker besteuern.
Habe nichts dazu gelesen, ob es solche Vorschläge aus Brüssel gibt. (Vielleicht will man nicht, dass das noch Mode macht ;) )
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Wähler »

z4ubi hat geschrieben:(04 Nov 2018, 11:14)
Das Durchschnittsvermögen hilft aber scheinbar vielen Italienern nicht, wenn man die niedrige Inflation und die hohe Arbeitslosigkeit in Italien betrachtet.
Wenn Italien die Verschuldung erhöht, macht sie auch nichts anderes als Spanien und Portugal, um die wirtschaftliche Lage zu verbessern.
Alternativ könnte man natürlich auch die Reichen und Vermögenden stärker besteuern.
Habe nichts dazu gelesen, ob es solche Vorschläge aus Brüssel gibt. (Vielleicht will man nicht, dass das noch Mode macht ;) )
Bei einem Staatsschuldenschnitt wie in Griechenland würden alle Besitzer, ob private Einzelpersonen oder Banken oder Versicherungen, einen Kursverlust von 25% oder 50% für jede Anleihe hinnehmen müssen. Bei insolventen Banken kämen noch die Verluste für private Sichteinlagen über 100 000 Euro hinzu, wie es in Zypern der Fall war.
Die Banken Spaniens wurden übrigens über ein Rettungspaket des ESM rekapitalisiert. Spaniens Staatsverschuldung hat sich übrigens durch die Immobllienkrise verdoppelt.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von z4ubi »

Wenn man jetzt im Euroraum mit Schuldenschnitten großer Staaten wie Italien beginnt, könnte das Vertrauen an den Finanzmärkten in andere europäische Staatsanleihen erheblich sinken.
Dann doch lieber der EZB erlauben Staatsanleihen direkt zu erwerben - komme, was wolle.

Das Herumgewurschtel im Euroraum kann letztlich nur durch eine Euroreform gelöst werden (gemeinsame, geordnete Wirtschafts- und Fiskalpolitik usw.).

ps:
Ja, richtig, was Spanien und die Immobilienkrise betrifft. Die Arbeitslosigkeit ist ja dort auch immernoch recht hoch. Es bleibt spannend, wie es dort wietergehen wird.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

Wähler hat geschrieben:(04 Nov 2018, 10:27)

Das wird so aber nicht funktionieren, weil der ESM für ein Rettungsprogramm Gegenleistungen verlangen wird.
Nach meiner Überzeugung denkt die italienische Regierung nicht im Traum daran den ESM um ein Rettungsprogramm mit Auflagen zu bitten.
An einem Staatschuldenschnitt dürfte die jetzige italienische Regierung auch nicht interessiert sein.
Die sind sogar sehr stark an einem Staatsschuldenschnitt interessiert. Es kam ja schon die Forderung die EZB soll auf die Tilgung der italienischen Staatsanleihen die sie in den letzten Jahren aufgekauft hat (350 Mrd €) verzichten. Das wäre sogar das präferierte Traumszenario. Damit würden die Steuerzahler der anderen Eurostaaten die Kosten für den Schuldenschnitt übernehmen, aber nicht die italienischen Banken und auch nicht die italienischen Bürger.
Das Spielen auf der Zeitachse dürfte ebenfalls nicht unbegrenzt weitergehen. Irgendwann wird die italienische Regierung also in den sauren Apfel beißen müssen, die Struktur ihres Staatshaushaltes zu überdenken. Nur das machen Politiker nicht so gerne. ;)
Das wird ganz sicher nicht passieren. Dafür wurde die italienische Regierung nicht gewählt.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Wähler »

Orbiter1 hat geschrieben:(05 Nov 2018, 08:08)
Nach meiner Überzeugung denkt die italienische Regierung nicht im Traum daran den ESM um ein Rettungsprogramm mit Auflagen zu bitten. Die sind sogar sehr stark an einem Staatsschuldenschnitt interessiert. Es kam ja schon die Forderung die EZB soll auf die Tilgung der italienischen Staatsanleihen die sie in den letzten Jahren aufgekauft hat (350 Mrd €) verzichten. Das wäre sogar das präferierte Traumszenario. Damit würden die Steuerzahler der anderen Eurostaaten die Kosten für den Schuldenschnitt übernehmen, aber nicht die italienischen Banken und auch nicht die italienischen Bürger. Das wird ganz sicher nicht passieren. Dafür wurde die italienische Regierung nicht gewählt.
Die EZB darf laut ihres Statuts gar nicht auf die Tilgung von als Pfand angenommenen italienischen Staatsanleihen verzichten, weil das unerlaubte Staatsfinanzierung durch die EZB wäre.
Bei dem Staatsschuldenschnitt für Griechenland musste die EZB aus diesem Grund auch außen vorbleiben.
siehe auch: Wie die EZB sich dem griechischem Schuldenschnitt entzieht
https://www.zeit.de/wirtschaft/2012-02/ ... ihentausch
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Varilion »

Über diesen Schuldenerlass haben die Herren nach der Wahkampagne faktisch nicht mehr geredet. Das bleibt ein gutes Argument, wenn man an der Opposition ist; Wenn man regieren muss, wird es dann problematisch.
In wirtschaftlicher oder politischer Hinsicht ist das nur Blödsinn.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Varilion hat geschrieben:(05 Nov 2018, 22:18)

Über diesen Schuldenerlass haben die Herren nach der Wahkampagne faktisch nicht mehr geredet. Das bleibt ein gutes Argument, wenn man an der Opposition ist; Wenn man regieren muss, wird es dann problematisch.
In wirtschaftlicher oder politischer Hinsicht ist das nur Blödsinn.
Der Überzeugung bin ich auch; wer sich verschuldet, der arbeitet für die Gewinne anderer Leute, oder er wettet auf deren plötzlichen Untergang. Ein Mittel, um einen "normalen" Haushalt zu führen, kann das nie und nimmer sein. Mir ist nicht klar, welche besondere politische Lage über Italien herein gebrochen sein sollte, daß es sich zur Abwendung der gröbsten Nöte derart verschulden muß. Aus meiner Sicht muß die EU sehr hart bleiben, damit Italien endlich seine überfälligen politischen Reformen einleitet. Ein so großes und mit bewundernswerten Fähigkeiten gesegnetes Land muß ganz einfach in der Lage sein, gute Regierungsführung um zu setzen!

In Deutschland waren Schulden und Steuererhöhungen für die Kosten der Wiedervereinigung nicht zu vermeiden, mit denen 40 Jahre Mißwirtschaft durch Sozialismus abgearbeitet werden mußten. Das bezahlt niemand aus der linken Westentasche.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Arcturus »

H2O hat geschrieben:(06 Nov 2018, 08:27)

Mir ist nicht klar, welche besondere politische Lage über Italien herein gebrochen sein sollte, daß es sich zur Abwendung der gröbsten Nöte derart verschulden muß.
Die Menschen, vor allem im Süden, sind verzweifelt. Sollten Sie doch eigentlich wissen.
Aus meiner Sicht muß die EU sehr hart bleiben, damit Italien endlich seine überfälligen politischen Reformen einleitet.
Dann ist Bella Italia raus aus der EU. Die Leute sind EU-müde. Dank an den Partito Democratico dafür.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

Varilion hat geschrieben:(05 Nov 2018, 22:18)

Über diesen Schuldenerlass haben die Herren nach der Wahkampagne faktisch nicht mehr geredet. Das bleibt ein gutes Argument, wenn man an der Opposition ist; Wenn man regieren muss, wird es dann problematisch.
In wirtschaftlicher oder politischer Hinsicht ist das nur Blödsinn.
Das mag so sein. Aber wer weiß schon zu welchen Mitteln eine populistische Regierung greift wenn sie mit dem Rücken an der Wand steht. Klar ist jedenfalls dass ausschließlich die italienische Regierung darüber entscheidet ob die von der EZB aufgekauften Staatsanleihen im Volumen von 350 Mrd EUR bedient und zurückgezahlt werden. Und klar ist auch dass die italienische Regierung sich Unterstützung vom EZB-Chef Draghi erhofft(e). Letzte Woche gab es da einen Rüffel von di Maio.

"Der EZB-Chef hatte auf einer Pressekonferenz in Frankfurt erklärt, er sei besorgt über den italienischen Haushaltsplan, denn eine Neuverschuldung bedeute ein Risiko für Banken, Unternehmen und Familien. Italiens Vize-Chef di Maio kontert, er sei überrascht von Draghi's Worten. Er habe die Atmosphäre weiter vergiftet, anstatt Italien zu unterstützen. Ausserdem überrasche es ihn, dass ausgerechnet ein Italiener so spreche." Quelle: https://de.euronews.com/2018/10/26/luig ... hef-draghi

Ich halte eine temporäre Erhöhung der Staatsverschuldung durchaus für sinnvoll, aber nur wenn sie von notwendigen strukturellen Anpassungen begleitet werden. Das haben ja auch schon eine ganze Reihe von Eurostaaten so gemacht einschließlich Deutschland. Von strukturellen Anpassungen kann aber beim Programm der italienischen Regierung nicht die Rede sein.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Arcturus hat geschrieben:(06 Nov 2018, 09:28)

Die Menschen, vor allem im Süden, sind verzweifelt. Sollten Sie doch eigentlich wissen.
Natürlich weiß ich das. Nur meine ich, daß Italien als Staat dafür zu sorgen hat, daß die Menschen dort ohne Verzweiflung leben können. Das tut er unermüdlich seit 150 Jahren... das ist doch nicht normal! Und eine dauerhafte Mitverantwortung für solche Mißwirtschaft lehne ich ab, wenn ich nicht mitbestimmen darf, wie dem ein Ende bereitet werden soll.
Dann ist Bella Italia raus aus der EU. Die Leute sind EU-müde. Dank an den Partito Democratico dafür.
Das wäre sehr schade, weil ich Italien sehr mag, weil ich dort ganz liebe Freunde gewonnen habe, weil ich die Zusammenarbeit mit ihnen voller Freude erleben konnte. Aber wenn Italien nichts Besseres einfällt, als mit ITEXIT zu drohen, dann muß man die Menschen ihren eigenen Weg gehen lassen.

Ich fände es besser, wenn Italien, Deutschland und Frankreich von Brüssel oder Straßburg aus regiert würden. In Rom regieren und auf die EU schimpfen... das ist kein besonders originelles Verfahren!
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(06 Nov 2018, 12:10)

Natürlich weiß ich das. Nur meine ich, daß Italien als Staat dafür zu sorgen hat, daß die Menschen dort ohne Verzweiflung leben können. Das tut er unermüdlich seit 150 Jahren... das ist doch nicht normal! Und eine dauerhafte Mitverantwortung für solche Mißwirtschaft lehne ich ab, wenn ich nicht mitbestimmen darf, wie dem ein Ende bereitet werden soll.
Wie man an Griechenland sehen kann ändert auch eine Extremkrise mit 7-jähriger Mitbestimmung von außen absolut Null an den "Gepflogenheiten" eines Landes. Das wäre auch in Süditalien so. Demnächst kann man sich im Kino ansehen wie das dort in der Politik so läuft. Ein 22-jähriger Journalist ist letztes Jahr bei den Bürgermeisterwahlen von Palermo für die Lega angetreten, und hat die Unterredungen die mit ihm von Seiten der eigenen Partei, dem politischem Gegner und der Mafia geführt wurden heimlich mitgefilmt. Überaus aufschlussreich. Im Guardian ist dazu vor ein paar Wochen ein Artikel erschienen: https://amp.theguardian.com/world/2018/ ... ra-palermo
Das wäre sehr schade, weil ich Italien sehr mag, weil ich dort ganz liebe Freunde gewonnen habe, weil ich die Zusammenarbeit mit ihnen voller Freude erleben konnte. Aber wenn Italien nichts Besseres einfällt, als mit ITEXIT zu drohen, dann muß man die Menschen ihren eigenen Weg gehen lassen.
Auch wenn man sie ziehen lässt, die Staatsschulden Italiens (incl den Target-II-Verbindlichkeiten der Eurozone) lösen sich deswegen nicht in Luft auf.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(06 Nov 2018, 13:06)

Wie man an Griechenland sehen kann ändert auch eine Extremkrise mit 7-jähriger Mitbestimmung von außen absolut Null an den "Gepflogenheiten" eines Landes. Das wäre auch in Süditalien so. Demnächst kann man sich im Kino ansehen wie das dort in der Politik so läuft. Ein 22-jähriger Journalist ist letztes Jahr bei den Bürgermeisterwahlen von Palermo für die Lega angetreten, und hat die Unterredungen die mit ihm von Seiten der eigenen Partei, dem politischem Gegner und der Mafia geführt wurden heimlich mitgefilmt. Überaus aufschlussreich. Im Guardian ist dazu vor ein paar Wochen ein Artikel erschienen: https://amp.theguardian.com/world/2018/ ... ra-palermo
Ich bin nicht so bar jeder Hoffnung, daß man dumme Gewohnheiten nicht ändern kann. Unser Juckepunkt sind die Hoheitsrechte von Nationalstaaten, die sich zwar erfrechen, zu unserer Verschuldung beitragen zu dürfen, die sich aber jede Belehrung und Eingriffe verbitten, wie der Schuldenritterei ein Ende gemacht werden könnte. Dann übernehme ich auch keinerlei Mitverantwortung an der berichteten Verzweiflung. Soll sich diese italienische Regierung einen anderen Dummen suchen, der dabei mitspielt. Mitverantwortung heißt auch Mitbestimmung. Ansonsten sollen mir diese Schlamperiche vom Hof bleiben.
Auch wenn man sie ziehen lässt, die Staatsschulden Italiens (incl den Target-II-Verbindlichkeiten der Eurozone) lösen sich deswegen nicht in Luft auf.
Tja, was haben wir denn von den Staatsschulden dieses eigensinnigen Partners, wenn er sie nur als Ausgangspunkt neuer Schulden sieht? Dann doch eher ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende!
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von z4ubi »

H2O hat geschrieben:(06 Nov 2018, 15:25)

Ich bin nicht so bar jeder Hoffnung, daß man dumme Gewohnheiten nicht ändern kann.
Bei einer Jugendarbeitslosigkeit von 30% vielleicht der falsche Zeitpunkt?
Mir wäre es lieber, man würde sich in Brüssel auch mal um die Arbeitslosigkeit und das soziale Befinden in der Eurozone kümmern.
Leider haben die schwarzen und roten Nullen dort wohl immer noch die Oberhand.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

z4ubi hat geschrieben:(06 Nov 2018, 16:44)

Bei einer Jugendarbeitslosigkeit von 30% vielleicht der falsche Zeitpunkt?
Mir wäre es lieber, man würde sich in Brüssel auch mal um die Arbeitslosigkeit und das soziale Befinden in der Eurozone kümmern.
Leider haben die schwarzen und roten Nullen dort wohl immer noch die Oberhand.
Die schwarzen und roten Nullen sitzen doch in den Regierungen. Insofern ist "Oberhand" nicht ganz falsch.

Und dann haben Sie doch noch Unrecht: In Rom sitzt die Regierung Italiens. Die sorgt sich offenbar tadellos seit 150 Jahren um Arbeitslose in Süditalien und um deren soziales Empfinden. Jetzt hat sie einen zündenden Lösungsvorschlag mit Mehrheit beschlossen: Italiens Schieflage ist eine europäische Aufgabe geworden. Die Schieflage hat nix mit italienischer Regierung zu tun. Die EU ist schuld!
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Juan »

H2O hat geschrieben:(06 Nov 2018, 12:10)

Das wäre sehr schade, weil ich Italien sehr mag, weil ich dort ganz liebe Freunde gewonnen habe, weil ich die Zusammenarbeit mit ihnen voller Freude erleben konnte. Aber wenn Italien nichts Besseres einfällt, als mit ITEXIT zu drohen, dann muß man die Menschen ihren eigenen Weg gehen lassen.
Selbst wenn ein ITEXIT zustande kommen sollte, wären doch ihre Freunde nicht einfach verloren, und das schöne Land würde schön bleiben. Auch wäre Italien mit einem Austieg aus der EU nicht einfach verloren, im Gegenteil, es könnte seine Aussengrenze besser schützen, da Brüssel nicht mehr dreinreden kann, was ja auch eine der Absichten vom Vereinigten Königreich ist. Sicher, einige Schwierigkeiten würden auftauchen, die aber längerfristig handelbar sind. Sache ist, Italien, wie jeder europäische Staat hat das Recht, seinen eigenen Weg zu gehen.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Juan hat geschrieben:(06 Nov 2018, 17:14)

Selbst wenn ein ITEXIT zustande kommen sollte, wären doch ihre Freunde nicht einfach verloren, und das schöne Land würde schön bleiben. Auch wäre Italien mit einem Austieg aus der EU nicht einfach verloren, im Gegenteil, es könnte seine Aussengrenze besser schützen, da Brüssel nicht mehr dreinreden kann, was ja auch eine der Absichten vom Vereinigten Königreich ist. Sicher, einige Schwierigkeiten würden auftauchen, die aber längerfristig handelbar sind. Sache ist, Italien, wie jeder europäische Staat hat das Recht, seinen eigenen Weg zu gehen.
Wo Sie Recht haben, da haben Sie Recht! Viele Europäer sind der Meinung, daß mit vereinten Kräften die Zukunft besser zu gestalten ist. Wer das anders sieht, der wird daran überhaupt nicht gehindert. Der bezahlt seine Schulden und geht, notfalls ganz ohne Vertrag für die Zukunft. Kann man nicht oft genug sagen. So auch Präsident Steinmeier zum polnischen Präsidenten Duda: "Die EU ist ein freiwilliges Bündnis von Mitgliedsstaaten. Niemand wird zur Mitgliedschaft genötigt!"
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Eiskalt »

Der "Finanzstaatsstreich", der doch keiner war

Jeroen Dijsselbloem, Ex-Chef der Eurogruppe, ruft angeblich zu einem Angriff auf Italiens Finanzen auf - in einem Interview, das die Fünf-Sterne-Bewegung verbreitet und dessen Aussagen mutwillig verdreht wurden.

.....

Freilich weiß auch der inzwischen wohl, dass sein Land mit ziemlicher Gewissheit in eine Finanzmisere schlittern wird, wenn er nicht vieles von seinen Wahlgeschenken "aufschiebt", um den Schuldenanstieg abzubremsen. Das wäre ökonomisch sinnvoll, aber politisch desaströs: Schon jetzt verblasst der Sternenglanz ja fast im Wochenrhythmus, während sein Lega-Partner-Konkurrent ständig zulegt. Deshalb braucht Di Maio jetzt Schuldige für das anstehende Debakel. Und das sind, klar, "die in Brüssel". Die wollen die Zinsen in die Höhe treiben, so "einen finanziellen Staatsstreich" anzetteln und "die Regierung stürzen", sagt Di Maio.

http://m.spiegel.de/wirtschaft/italien- ... 36928.html

Erinnert an GB.
Es sind halt immer die in Brüssel...

Was machen die eigentlich wenn es „Brüssel“ für die mal nicht mehr gibt??
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Juan »

H2O hat geschrieben:(06 Nov 2018, 17:26)

Viele Europäer sind der Meinung, daß mit vereinten Kräften die Zukunft besser zu gestalten ist. Wer das anders sieht, der wird daran überhaupt nicht gehindert. Der bezahlt seine Schulden und geht, notfalls ganz ohne Vertrag für die Zukunft. Kann man nicht oft genug sagen.
Rückzahlung de Schulden wäre selbstverständlich Pflicht, was aber einige Jahre dauern wird. Wären die Kosten des Asylwesens einmal vom Tisch, könnte Italien mehrere Milliarden pro Jahr locker machen. Ja ich weiss, könnten, würden,sollten... :-)
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von z4ubi »

Einen Ausstieg aus dem Euro würde eine italienische Regierung vermutlich nur mitmachen, wenn sie die Euroschulden in Schulden der neuen Währung tauschen kann.
Ob die anderen Eurostaaten damit einverstanden wären, bezweifel ich. ;)

H2O hat geschrieben:(06 Nov 2018, 17:08)
Und dann haben Sie doch noch Unrecht: In Rom sitzt die Regierung Italiens. Die sorgt sich offenbar tadellos seit 150 Jahren um Arbeitslose in Süditalien und um deren soziales Empfinden. Jetzt hat sie einen zündenden Lösungsvorschlag mit Mehrheit beschlossen: Italiens Schieflage ist eine europäische Aufgabe geworden. Die Schieflage hat nix mit italienischer Regierung zu tun. Die EU ist schuld!
Ja, aber die Schuldfrage hilft letztlich nicht weiter, sondern wie man jetzt zu Lösungen kommt. (Hätte man die letzten Jahre die Augen vor der Eurokrise nicht zugemacht, hätte man jetzt vermutlich so eine Regierung in Italien nicht am Steuer).
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Fliege »

z4ubi hat geschrieben:(06 Nov 2018, 19:31)
Einen Ausstieg aus dem Euro würde eine italienische Regierung vermutlich nur mitmachen, wenn sie die Euroschulden in Schulden der neuen Währung tauschen kann.
Ob die anderen Eurostaaten damit einverstanden wären, bezweifel ich. ;)
Deutschland und Österreich haben, wie ich tippen möchte, kein Problem damit, die Target-2-Schulden der Italiener gegen Südtirol einzutauschen, das anschließend zu Österreich kommt. Das bedeutet: Was mich anbelangt, geht ein etwaiger Ausstieg der Italiener aus dem Euro klar. (Südtirol wäre damit zwar deutlich teurer als Alaska, doch ich gönne den Italienern die Südtirol-Rendite.)
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

z4ubi hat geschrieben:(06 Nov 2018, 19:31)

Einen Ausstieg aus dem Euro würde eine italienische Regierung vermutlich nur mitmachen, wenn sie die Euroschulden in Schulden der neuen Währung tauschen kann.
Ob die anderen Eurostaaten damit einverstanden wären, bezweifel ich. ;)
Das wäre bei vertrauenswürdigen Partnern gar kein Thema; aber diesen Politikern traue ich bei solchen Wahlversprechen auf anderer Partner Kosten nicht über den Weg
Ja, aber die Schuldfrage hilft letztlich nicht weiter, sondern wie man jetzt zu Lösungen kommt. (Hätte man die letzten Jahre die Augen vor der Eurokrise nicht zugemacht, hätte man jetzt vermutlich so eine Regierung in Italien nicht am Steuer).
Was hätten die Euro-Partner gegenüber Italien anders machen sollen, ohne in die Rechte des demokratisch gewählten italienischen Parlaments ein zu greifen? Es gibt ein Regelwerk in der Gemeinschaftswährung und in der EU, das wirksam wird, wenn ein Partner bestimmte Grenzen der Staatsverschuldung überschreitet. Die Regierung Renzi und ihre Nachfolge-Regierung haben versucht, in diesen Rahmen zurück zu gelangen. Das hat die derzeit amtierende Regierung nicht fortgesetzt, sondern entgegen allseitigen Warnungen schon im Wahlkampf Geldausgaben versprochen, die Italien überhaupt nicht erwirtschaften kann. Damit versucht sie, die Gemeinschaft für ihre unmögliche Haushaltspolitik haftbar zu machen... was sicher kein Euro-Partner zulassen wird.

Niemand kann das Ei des Kolumbus legen: Freie Gestaltung des nationalen Haushalts in einer Gemeinschaftswährung, ohne auf deren Regeln zu achten. Der "Aufstand der Anständigen" gegen italienische Zumutungen ist deshalb unvermeidlich.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

z4ubi hat geschrieben:(06 Nov 2018, 16:44)

Bei einer Jugendarbeitslosigkeit von 30% vielleicht der falsche Zeitpunkt?
Mir wäre es lieber, man würde sich in Brüssel auch mal um die Arbeitslosigkeit und das soziale Befinden in der Eurozone kümmern.
Leider haben die schwarzen und roten Nullen dort wohl immer noch die Oberhand.
Nein, die schwarzen und roten Nullen sitzen nicht in Brüssel sondern in Italien. Von 99 Mrd € Wirtschaftsförderung für Italien, die zwischen 2007 und 2013 zur Verfügung standen wurden nicht einmal die Hälfte abgerufen, und das was abgerufen wurde verschwand zum großen in schwachsinnigen Projekten oder fiel der Korruption zum Opfer. https://www.welt.de/wirtschaft/article1 ... arden.html Einfach Fördermittel dorthin zu schicken bringt gar nichts.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von z4ubi »

H2O hat geschrieben:(06 Nov 2018, 20:25)

Was hätten die Euro-Partner gegenüber Italien anders machen sollen, ohne in die Rechte des demokratisch gewählten italienischen Parlaments ein zu greifen?
Man könnte beispielsweise ein Euro-Finanzministerium (demokratisch legitimiert) installieren, das gezielt investitionen im Euroraum tätigt, wenn Bedarf besteht (dort wo niedriges Wirtschaftswachstum herrscht, hohe Arbeitslosigkeit usw.).
Das könnte parallel zu den nationalen Parlamenten laufen und würde dort also zu keinen direkten Eingriffen führen, während es den einzelnen Parlamenten weiterhin möglich wäre sich so gut es geht an den Stabilitäts- und Wachstumspakt zu halten.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Senexx »

H2O hat geschrieben:(06 Nov 2018, 20:25)

Der "Aufstand der Anständigen" gegen italienische Zumutungen ist deshalb unvermeidlich.
Uff. Ich dachte schon, Sie wollten, dass wir uns mit den Italienern anlegen.

Aber wir Unanständigen sind dann ja außen vor.

Und können uns fein zurückhalten und unsere Liebe und Freundschaft zu Italien pflegen. :)
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

z4ubi hat geschrieben:(06 Nov 2018, 22:08)

Man könnte beispielsweise ein Euro-Finanzministerium (demokratisch legitimiert) installieren, das gezielt investitionen im Euroraum tätigt, wenn Bedarf besteht (dort wo niedriges Wirtschaftswachstum herrscht, hohe Arbeitslosigkeit usw.).
Das könnte parallel zu den nationalen Parlamenten laufen und würde dort also zu keinen direkten Eingriffen führen, während es den einzelnen Parlamenten weiterhin möglich wäre sich so gut es geht an den Stabilitäts- und Wachstumspakt zu halten.
Das ist doch schon einmal ein praktisch umsetzbarer Vorschlag! Tatsächlich wird ja das Fehlen einer gemeinsamen Finanz- und Wirtschaftsregierung für den schwersten Mangel der Gemeinschaftswährung gehalten. Von daher kam der Vorschlag des französischen Präsidenten, diese Sache schleunigst in Angriff zu nehmen. Unsere Bundesregierung hat das Thema ausgesessen: Da tut sich erst einmal gar nichts.

Der Grund dafür ist auch leicht zu erraten: Niemand bezahlt gern mit seinen Steuergeldern Förderungsmaßnahmen in Ländern, auf die er ansonsten keinen Einfluß nehmen kann. Das wäre aber das Ergebnis, wenn eine Euro-Regierung über die Steuereinnahmen der einzelnen Staaten in dieser Weise verfügte.

Mit anderen Worten: Wir brauchen eine europäische Regierung, die alle Euro-Partner zugleich führt. Die nationalen Regierungen sind dann auch nicht mehr Herr ihrer nationalen Steuereinnahmen. Wir hätten das europäische Projekt vollständig erreicht!

Ich unterstütze dieses Vorgehen, weil das Ziel des europäischen Projekts diese vertiefte Zusammenarbeit vorsieht... die europäische Föderation!
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Nomen Nescio »

nach berlusconi kam doch monti? parteilos. vllt passiert etwas derartiges wieder: ein technokratenkabinett.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(06 Nov 2018, 22:58)

Das ist doch schon einmal ein praktisch umsetzbarer Vorschlag! Tatsächlich wird ja das Fehlen einer gemeinsamen Finanz- und Wirtschaftsregierung für den schwersten Mangel der Gemeinschaftswährung gehalten. Von daher kam der Vorschlag des französischen Präsidenten, diese Sache schleunigst in Angriff zu nehmen. Unsere Bundesregierung hat das Thema ausgesessen: Da tut sich erst einmal gar nichts.

Der Grund dafür ist auch leicht zu erraten: Niemand bezahlt gern mit seinen Steuergeldern Förderungsmaßnahmen in Ländern, auf die er ansonsten keinen Einfluß nehmen kann. Das wäre aber das Ergebnis, wenn eine Euro-Regierung über die Steuereinnahmen der einzelnen Staaten in dieser Weise verfügte.

Mit anderen Worten: Wir brauchen eine europäische Regierung, die alle Euro-Partner zugleich führt. Die nationalen Regierungen sind dann auch nicht mehr Herr ihrer nationalen Steuereinnahmen. Wir hätten das europäische Projekt vollständig erreicht!

Ich unterstütze dieses Vorgehen, weil das Ziel des europäischen Projekts diese vertiefte Zusammenarbeit vorsieht... die europäische Föderation!
Das sind vollkommen weltfremde Vorstellungen. Die Gefahr dass bei der anstehenden Reform der Eurozone noch nicht einmal ein Reförmchen übrig bleibt ist erheblich. Eine Gruppe von 10 nord- und osteuropäischen Ländern strebt eine Verschärfung der Kreditbedingungen des ESM an. Selbst hinter der sicher geglaubten 60 Mrd Kreditlinie des ESM als Letztsicherung für den Bankenabwicklungsfonds muß man nun ein dickes Fragezeichen machen. http://m.faz.net/aktuell/wirtschaft/eur ... 2.amp.html Die von ihnen angesprochene gemeinsame Finanz- und Wirtschaftsregierung ist sowieso toter als tot. Dafür lässt sich keine Mehrheit in der Eurozone finden. Und das wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf absehbare Zeit so bleiben.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(06 Nov 2018, 23:46)

Das sind vollkommen weltfremde Vorstellungen. Die Gefahr dass bei der Reform der Eurozone noch nicht einmal ein Reförmchen übrig bleibt ist erheblich. Eine Gruppe von 10 nord- und osteuropäischen Ländern strebt eine Verschärfung der Kreditbedingungen des ESM an. Selbst hinter der sicher geglaubten 60 Mrd Kreditlinie des ESM als Letztsicherung für den Bankenabwicklungsfonds muß man nun ein dickes Fragezeichen machen. http://m.faz.net/aktuell/wirtschaft/eur ... 2.amp.html Die von ihnen angesprochene gemeinsame Finanz- und Wirtschaftsregierung ist sowieso toter als tot. Dafür lässt sich keine Mehrheit in der Eurozone finden. Und das wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf absehbare Zeit so bleiben.
Noch habe ich nicht alle Hoffnungen fahren lassen, daß das europäische Projekt nicht doch wieder in Fahrt zu bringen sein wird. Ich stimme Ihnen aber zu, daß die Erfolgsaussichten durch vermehrtes Auftreten von Populisten in den Partnerstaaten gesunken sind!
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

Die Süddeutsche glaubt in Italien einen Stimmungswechsel wahrzunehmen. Mit den steigenden Zinsen, die inzwischen von den Banken an die Unternehmen und Bürger weitergereicht werden, schwindet die Unterstützung der Populisten. Die ersten Medien schreiben über das Vorgehen der italienischen Regierung von politischen Selbstmord. Wo es beim Thema Flüchtlinge nur so wimmelte vor Freunden im Ausland, gibt es jetzt wo es ums Geld geht nur noch Gegner und man ist in der EU isoliert. Quelle: https://sz.de/1.4221175

Tja ich weiß nicht was ich davon halten soll. Von einen Stimmungswechsel habe ich persönlich noch nichts bemerkt. War vor kurzem auf einen Fest bei dem auch Besuch aus Italien (Sizilien) anwesend war. Die haben ordentlich auf Brüssel eingedroschen und die Populistenregieung über den Klee gelobt.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Arcturus »

Orbiter1 hat geschrieben:(22 Nov 2018, 11:20)

Die Süddeutsche glaubt in Italien einen Stimmungswechsel wahrzunehmen. Mit den steigenden Zinsen, die inzwischen von den Banken an die Unternehmen und Bürger weitergereicht werden, schwindet die Unterstützung der Populisten. Die ersten Medien schreiben über das Vorgehen der italienischen Regierung von politischen Selbstmord. Wo es beim Thema Flüchtlinge nur so wimmelte vor Freunden im Ausland, gibt es jetzt wo es ums Geld geht nur noch Gegner und man ist in der EU isoliert. Quelle: https://sz.de/1.4221175

Tja ich weiß nicht was ich davon halten soll. Von einen Stimmungswechsel habe ich persönlich noch nichts bemerkt. War vor kurzem auf einen Fest bei dem auch Besuch aus Italien (Sizilien) anwesend war. Die haben ordentlich auf Brüssel eingedroschen und die Populistenregieung über den Klee gelobt.
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Letzte Umfrage von gestern. Wo hat denn die Süddeutsche recherchiert?

p.s.: Umfrage mit 1500 Teilnehmern, also eher vorsichtig zu bewerten. Trotzdem von Stimmungswechsel keine Spur aus meiner Sicht.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Varilion »

Doch finde ich dieser Artikel von der Süddeutsche sehr genau. Der Punkt ist nicht, dass die Stimmung für die Parteien wechselt, sondern, dass die Stellung der Parteien verändert sich. Steigender “Unruhe” innerhalb von Lega Nord ist sowieso merkbar. In den letzten Tagen gab es unterschiedlichen aussagen von Lega Nord Politikern für eine änderung der Wirtschaftspolitik. Es ist deswegen sogar fraglich, ob eine Mehrheit für die verkündigung der Budgetgesetz gibt.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Arcturus »

Varilion hat geschrieben:(22 Nov 2018, 19:27)

Steigender “Unruhe” innerhalb von Lega Nord ist sowieso merkbar. In den letzten Tagen gab es unterschiedlichen aussagen von Lega Nord Politikern für eine änderung der Wirtschaftspolitik. Es ist deswegen sogar fraglich, ob eine Mehrheit für die verkündigung der Budgetgesetz gibt.
Wo kann ich das nachlesen?
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Varilion »

Es gab Gestern eine ganze Reihe von Artikel auf ilcorriere.it und heute einige auch auf ilsole24ore.it
Offensichtlich hat der Minister für die “Europeische Politike”, der Euroskeptiker Paolo Savona, gestern gesagt: “Das Budget muss neu geschrieben werden”. Heute hätte er noch gesagt: “nicht nur muss das Budget geändert werden, sonder auch die Regierung”. Was meint er?
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Arcturus »

Varilion hat geschrieben:(23 Nov 2018, 19:00)

Es gab Gestern eine ganze Reihe von Artikel auf ilcorriere.it und heute einige auch auf ilsole24ore.it
Offensichtlich hat der Minister für die “Europeische Politike”, der Euroskeptiker Paolo Savona, gestern gesagt: “Das Budget muss neu geschrieben werden”. Heute hätte er noch gesagt: “nicht nur muss das Budget geändert werden, sonder auch die Regierung”. Was meint er?
Savona ist a) parteilos und b) wurden diese Aussagen schon längst dementiert. Dem Corriere wirft Savona Fake News vor. Leider finde ich keine Aussage von Lega-Politikern, die ihre Aussage bestätigen.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Alpha Centauri »

Arcturus hat geschrieben:(22 Nov 2018, 18:15)

Lega 32.7%
M5S 26.4%

Letzte Umfrage von gestern. Wo hat denn die Süddeutsche recherchiert?

p.s.: Umfrage mit 1500 Teilnehmern, also eher vorsichtig zu bewerten. Trotzdem von Stimmungswechsel keine Spur aus meiner Sicht.

Das nun drohende Sanktionsverfahren gegen Italien, spielt doch Lega und Cinque Stelle voll in die Karten, damit stärkt die EU die Populisten in Rom sogar noch.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Nomen Nescio »

ich vermute daß matteo salvini, der innenminister in italien, eine besondere person ist.

ich bekam den eindruck daß er eine klon von trump ist, d.h. er tweetet vllt genauso viel wie trump. alles kommentiert er, darum wird manchmal gesagt »man kann ihn überall finden, nur nicht aus seinem ministerium«. der mann ist stark anti-europa. das muß er selbst wissen.
schlimm aber finde ich daß viel gemunkelt wird über salvinis kontakte mit der ndrangheta. die scheinen sogar sehr stark zu sein.
wir werden sehen was das bedeutet.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Arcturus »

Nomen Nescio hat geschrieben:(08 Dec 2018, 09:25)

ich vermute daß matteo salvini, der innenminister in italien, eine besondere person ist.

ich bekam den eindruck daß er eine klon von trump ist, d.h. er tweetet vllt genauso viel wie trump. alles kommentiert er, darum wird manchmal gesagt »man kann ihn überall finden, nur nicht aus seinem ministerium«. der mann ist stark anti-europa. das muß er selbst wissen.
schlimm aber finde ich daß viel gemunkelt wird über salvinis kontakte mit der ndrangheta. die scheinen sogar sehr stark zu sein.
wir werden sehen was das bedeutet.
Er ist ein besondere Person - aber nicht unbedingt eine besonders positive. Kann mir einen Kontakt zur Ndrangheta nicht vorstellen - aber wissen kann man es nicht. Das Problem ist: Er ist zehn Mal schlauer als Trump. Und er ist ein Workaholic. Und reden kann er verdammt gut. Überzeugend auftreten ist seine Stärke. Ich hoffe M5S überlebt diesen Mann.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Nomen Nescio »

Arcturus hat geschrieben:(08 Dec 2018, 09:30)

Kann mir einen Kontakt zur Ndrangheta nicht vorstellen - aber wissen kann man es nicht.
ich hörte es von zwei korrespondenten: ein NL und ein GB journalist.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Arcturus »

Nomen Nescio hat geschrieben:(08 Dec 2018, 09:33)

ich hörte es von zwei korrespondenten: ein NL und ein GB journalist.
Es wird auch in Italien vermutet. Aber wie gesagt: Ich glaube da nicht dran.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Wähler »

Alpha Centauri hat geschrieben:(25 Nov 2018, 22:35)
Das nun drohende Sanktionsverfahren gegen Italien, spielt doch Lega und Cinque Stelle voll in die Karten, damit stärkt die EU die Populisten in Rom sogar noch.
Mit einem Euro-Budget könnte die EU-Kommission Italien Investitionsprogramme für den Mezzogiorno finanzieren. Das wollen aber die EU-Nordstaaten nicht. Brüssel ist also immer ein Kompromiss um die qualifizierte Mehrheit der Mitgliedsstaaten.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(08 Dec 2018, 10:02)

Mit einem Euro-Budget könnte die EU-Kommission Italien Investitionsprogramme für den Mezzogiorno finanzieren. Das wollen aber die EU-Nordstaaten nicht. Brüssel ist also immer ein Kompromiss um die qualifizierte Mehrheit der Mitgliedsstaaten.
150 Jahre italienische Investitionsleistungen in den Mezzogiorno haben zur heute zu beobachtenden Lage geführt. Ehe auch nur ein einziger Euro aus EU-Mitteln dorthin fließt, möchte ich einen Plan mit Kontrollstufen sehen, wie Italien sich nachhaltig aus der Rolle des Sponsors für Süditalien lösen kann. Den italienischen Zentralstaat durch den Brüsseler Geldsack ersetzen zu wollen, das kann ja wohl kein zugelassener Lösungsweg sein. Dann lieber Populisten an der Macht. Das ist auf Dauer preiswerter.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(08 Dec 2018, 10:02)
Mit einem Euro-Budget könnte die EU-Kommission Italien Investitionsprogramme für den Mezzogiorno finanzieren. Das wollen aber die EU-Nordstaaten nicht. Brüssel ist also immer ein Kompromiss um die qualifizierte Mehrheit der Mitgliedsstaaten.
H2O hat geschrieben:(09 Dec 2018, 09:14)
Den italienischen Zentralstaat durch den Brüsseler Geldsack ersetzen zu wollen, das kann ja wohl kein zugelassener Lösungsweg sein. Dann lieber Populisten an der Macht. Das ist auf Dauer preiswerter.
Auch in Frankreich begehrt die sich benachteiligt fühlende Peripherie gegen den französischen Zentralstaat auf. Die deutschen Ängste vor einer Transferunion halte ich für übertrieben, zumal die Brüssler Regional- und Strukturpolitik seit Jahrzehnten auf klaren Regeln beruht. Auch der Junckerfonds hat sich als relativ erfolgreich erwiesen. Ein Euro-Budget könnte einen Geburtsfehler des Euro beheben. Wenn sich die Wirtschaftsstandorte innerhalb des EWU weiter auseinanderentwickeln, wird der Euro bald Geschichte sein oder sich auf den Norden der EU beschränken.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(09 Dec 2018, 09:51)

Auch in Frankreich begehrt die sich benachteiligt fühlende Peripherie gegen den französischen Zentralstaat auf. Die deutschen Ängste vor einer Transferunion halte ich für übertrieben, zumal die Brüssler Regional- und Strukturpolitik seit Jahrzehnten auf klaren Regeln beruht. Auch der Junckerfonds hat sich als relativ erfolgreich erwiesen. Ein Euro-Budget könnte einen Geburtsfehler des Euro beheben. Wenn sich die Wirtschaftsstandorte innerhalb des EWU weiter auseinanderentwickeln, wird der Euro bald Geschichte sein oder sich auf den Norden der EU beschränken.
Nein, nein, der eine wirtschaftet und versagt Leistungen, um seinen Haushalt ordentlich zu führen, und der andere zieht die Spendierhosen an und führt sein Land in 150 Jahren in ein Chaos.... Und nun sieht der Teilnehmer mit den leeren Taschen gespannt zu dem hinüber, der nicht so großzügig verteilt hat, was dereinst noch zu erwirtschaften wäre.

Ein solches Verfahren halte ich für sehr einseitig. Ich weiß auch gar nicht, warum ich mich dafür europäisch begeistern sollte. Gemeinsam etwas aufbauen... da bin ich als Europäer mit Gemeinsinn sofort zur Stelle. Aber hartnäckige Mißwirtschaft mit 150 Jahren Geschichte fortschreiben... ohne mich.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(09 Dec 2018, 09:51)
Auch in Frankreich begehrt die sich benachteiligt fühlende Peripherie gegen den französischen Zentralstaat auf. Die deutschen Ängste vor einer Transferunion halte ich für übertrieben, zumal die Brüssler Regional- und Strukturpolitik seit Jahrzehnten auf klaren Regeln beruht. Auch der Junckerfonds hat sich als relativ erfolgreich erwiesen. Ein Euro-Budget könnte einen Geburtsfehler des Euro beheben. Wenn sich die Wirtschaftsstandorte innerhalb des EWU weiter auseinanderentwickeln, wird der Euro bald Geschichte sein oder sich auf den Norden der EU beschränken.
H2O hat geschrieben:(09 Dec 2018, 10:58)
Ein solches Verfahren halte ich für sehr einseitig. Ich weiß auch gar nicht, warum ich mich dafür europäisch begeistern sollte. Gemeinsam etwas aufbauen... da bin ich als Europäer mit Gemeinsinn sofort zur Stelle. Aber hartnäckige Mißwirtschaft mit 150 Jahren Geschichte fortschreiben... ohne mich.
Dafür gibt es ja demnächst Europawahlen, um ein Meinungsbild grenzüberschreitend abzubilden. ;)
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(09 Dec 2018, 11:04)

Dafür gibt es ja demnächst Europawahlen, um ein Meinungsbild grenzüberschreitend abzubilden. ;)
Leider scheint zu solcher Zuversicht gar kein Anlaß zu bestehen. Denn die Gedanken unserer europäischen Mitbürger ändern sich doch nicht grundlegend von der gerade erst abgehaltenen Parlamentswahl in Italien und den Europawahlen im kommenden Mai 2019.

In DIE ZEIT wurde während des italienischen Wahlkampfs von italienischen Wählern die Ansicht vertreten, daß der "Norden" dem "Süden" Hilfe und Unterstützung schulde, der "Norden" also zahlen müsse. War der Norden in der Vergangenheit das wirtschaftlich erfolgreiche Norditalien, so ist dieses "Opfer" nun elegant seitlich ausgewichen... und alle fordernden Blicke des Südens sind auf Sie und mich gerichtet, auf Leistung ohne Gegenleistung, ohne Plan und ohne Ziel und ohne Ende.

Als Melkkuh ohne Lustgewinn habe ich keinen Bock auf Europa. Da möchte ich schon etwas wachsen sehen, was wir Europäer jeder allein für sich niemals geschafft hätten, und da sind mir auch Opfer nicht so wichtig. Ich meine, daß wir nicht aus lauter Angst vor empörten Zwischenrufen solche klaren Festlegungen vermeiden dürfen.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(09 Dec 2018, 11:04)
Dafür gibt es ja demnächst Europawahlen, um ein Meinungsbild grenzüberschreitend abzubilden. ;)
H2O hat geschrieben:(10 Dec 2018, 21:09)
Leider scheint zu solcher Zuversicht gar kein Anlaß zu bestehen. Denn die Gedanken unserer europäischen Mitbürger ändern sich doch nicht grundlegend von der gerade erst abgehaltenen Parlamentswahl in Italien und den Europawahlen im kommenden Mai 2019.
Als Melkkuh ohne Lustgewinn habe ich keinen Bock auf Europa. Da möchte ich schon etwas wachsen sehen, was wir Europäer jeder allein für sich niemals geschafft hätten, und da sind mir auch Opfer nicht so wichtig. Ich meine, daß wir nicht aus lauter Angst vor empörten Zwischenrufen solche klaren Festlegungen vermeiden dürfen.
Ein Eurozonen-Budget könnte nach dem Subsidiaritätsprinzip auch nur auf Investitionen, die von nationaler Seite jeweils zu ergänzen sind, beschränkt werden. Dann hätte man eine zusätzlichen vertiefenden Struktur- und Regionalfonds.
Der Hinweis auf die Europawahl ist schon wesentlich, weil die nationalen Sichtweisen nur im Europaparlament überwunden werden können. Wenn wir zu einer koordinierteren vertieften Wirtschaftspolitik innerhalb der EWU noch nicht bereit sind, dann ist dem leider halt so. Dann sollten wir uns allerdings auch nicht mehr darüber beklagen, wenn die proeuropäischen Kräfte im Europaparlament an Zugkraft verlieren. Durch die zunehmende Binnenmigration werden sich die Gewichte dann vielleicht wohl eher langfristig verschieben können. Der Vater meiner Lebensgefährtin ist übrigens 1960 aus Apulien nach Augsburg zugewandert.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

Wähler hat geschrieben:(11 Dec 2018, 06:08)

Ein Eurozonen-Budget könnte nach dem Subsidiaritätsprinzip auch nur auf Investitionen, die von nationaler Seite jeweils zu ergänzen sind, beschränkt werden. Dann hätte man eine zusätzlichen vertiefenden Struktur- und Regionalfonds.
Was soll das bringen? Italien, insbesondere der Süden Italiens, hat bereits in der Vergangenheit nur die Hälfte der möglichen EU-Gelder abgerufen.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(11 Dec 2018, 08:30)

Was soll das bringen? Italien, insbesondere der Süden Italiens, hat bereits in der Vergangenheit nur die Hälfte der möglichen EU-Gelder abgerufen.
Ich bin auch sicher, daß der Süden Italiens nicht an einem Mangel an Zuwendungen gelitten hat oder leidet. Dagegen sprechen 150 Jahre fieberhafter Aufholjagd mitsamt Geldströmen aus dem Norden. Da ist gesellschaftlich ganz schrecklich etwas aus dem Ruder gelaufen.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(11 Dec 2018, 06:08)

Ein Eurozonen-Budget könnte nach dem Subsidiaritätsprinzip auch nur auf Investitionen, die von nationaler Seite jeweils zu ergänzen sind, beschränkt werden. Dann hätte man eine zusätzlichen vertiefenden Struktur- und Regionalfonds.
Der Hinweis auf die Europawahl ist schon wesentlich, weil die nationalen Sichtweisen nur im Europaparlament überwunden werden können. Wenn wir zu einer koordinierteren vertieften Wirtschaftspolitik innerhalb der EWU noch nicht bereit sind, dann ist dem leider halt so. Dann sollten wir uns allerdings auch nicht mehr darüber beklagen, wenn die proeuropäischen Kräfte im Europaparlament an Zugkraft verlieren. Durch die zunehmende Binnenmigration werden sich die Gewichte dann vielleicht wohl eher langfristig verschieben können. Der Vater meiner Lebensgefährtin ist übrigens 1960 aus Apulien nach Augsburg zugewandert.
Nein, lieber Wähler, an europäischem Gemeinsinn fehlt es bei mir und ganz vielen deutschen Mitbürgern wirklich nicht. Nur war es bisher so, daß bei der Verteilung europäischer Wohltaten immer wieder aufgefallen ist, daß die angegebenen Daten provinzweise mehr Olivenbäume oder Weinstöcke aufwiesen, als ansonsten in ganz Italien. Oder in Griechenland bezog eine große Insel für seine gesamte Einwohnerschaft Unterstützung für Erblindete. Wenn solche Mogeleien, die ja auch "amtlich" begleitet wurden, heraus kommen, dann erlahmt doch jeder gute Wille.

Angesichts des Dieselfilzes hier zu Lande will ich mich da überhaupt nicht überheben; aber da ist ja auch niemand mit dem Klingelbeutel herum gegangen, um für die notleidenden leitenden Angestellten Spenden ein zu fordern.

Ihr apulischer Schwiegervater wird sich bestimmt noch daran erinnern, weshalb er vor fast 60 Jahren Apulien verlassen hat, und was dort dem Hörensagen zufolge schief lag. Ansonsten finde ich es sympathisch, daß Sie sich für Europa ins Zeug werfen. Die Erfahrung lehrt aber, daß die Verteilung von Gemeinschaftsleistungen zugleich von strengen Kontrollen durch EU-Beamte begleitet sein muß. Der örtliche Filz verhindert das aber.
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