Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

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Wähler
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

http://www.sueddeutsche.de/politik/euro ... -1.4030589
SZ 26. Juni 2018 Euro-Gruppen-Chef Mario Centeno skizziert den Rahmen für eine Reform der Währungsunion
Deutschland, die Niederlande und andere Nordstaaten haben sich durchgesetzt: Eine gemeinsame Einlagensicherung für Sparguthaben im Euro-Raum wird so schnell nicht kommen. Die "politischen Diskussionen" könnten zwar nach dem EU-Gipfel beginnen, heißt es in Centenos Brief, doch die Einschränkung folgt zugleich: "Risikoreduzierung und Risikoteilung müssen über 2018 hinaus fortgesetzt werden."
Zwischen den Euro-Staaten besteht jedenfalls Konsens, dass beim ESM die letzte Absicherung für den Fonds, der für die Abwicklung maroder Banken zuständig ist, angesiedelt werden soll. Diesen Geldtopf, im EU-Jargon common backstop genannt, sollen die europäischen Banken bis 2024 mit ihren Beiträgen auffüllen. Laut Centeno hat sich die Mehrheit der Mitgliedstaaten für eine zusätzliche Kreditlinie beim ESM ausgesprochen. Sie soll Ländern helfen können, die in eine Krise kommen, aber nicht gleich ein volles Rettungsprogramm à la Griechenland benötigen.
Paris und Berlin wollen das Euro-Budget in den EU-Haushalt integrieren, was aber von den Ländern der "Hanseatischen Liga" als nicht nötig erachtet wird. Sie lehnen auch den deutsch-französischen Vorschlag einer europäischen Arbeitslosenversicherung ab;
Die befürchtete Transferunion beschränkt sich also auch in Zukunft auf die Subventionierung der Banken der Südländer mittels Target II durch Zentralbankgeld der EZB und mögliche Giralgeld-Kreditlinien eines reformierten ESM. Die Banken müssen nach wie vor kein Eigenkapital für Staatsanleihen innerhalb ihrer Bilanz vorhalten. Ein faktischer Austritt eines Euro-Mitgliedes aus dem Euro ist durch eine Parallelwährung jeder Zeit möglich. Ist das Euro-System so flexibel genug, um zu überleben und wird der Außenwert des Euro nicht zu stark durch die Risiken einer aufgeblähten Zentralbankgeldmenge gefährdet?
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(27 Jun 2018, 09:10)
...

...

...Ein faktischer Austritt eines Euro-Mitgliedes aus dem Euro ist durch eine Parallelwährung jeder Zeit möglich....
Ok, gemachte Schulden bleiben in Euro, und Schulden müssen in Euro bedient werden. Woher sollen die Euros denn kommen?

Im Fall Griechenland schienen die erwartbaren Folgen für das Land ("zeitweise" Rückkehr zur Drachme) so haarsträubend zu sein, daß selbst Herr Varoufakis sich mit diesem Gedanken nicht anfreunden mochte. Warum sollte also ein Land wie Italien sich dem weltweiten Spekulantentum aussetzen? Der Euro und die finanzpolitische Solidität der wesentlichen Euro-Staaten bilden einen Schutzwall gegen derartige Bestrebungen. Deshalb ist Griechenland auch heute noch im Euro.
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Orbiter1
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Die FAZ fällt ein vernichtendes Urteil über den Stand zur Reform der Eurozone.

"Eine deutsch-französische Einigung kam nicht im März, sondern unter großem Zeitdruck erst vor zehn Tagen in Meseberg zustande, und die dort verfasste Erklärung der beiden größten Eurostaaten ist voller Formelkompromisse und Unklarheiten. So existieren höchst unterschiedliche Interpretationen darüber, was unter dem von Berlin und Paris vorgeschlagenen Euro-Budget zu verstehen ist. Zugleich hat die Eurogruppe ihren Arbeitsauftrag nicht erfüllt. Auf dem Treffen der Minister am vergangenen Donnerstag in Luxemburg kam es vielmehr zu offenem Streit über zentrale Fragen. Einigkeit wurde weder über Tusks Arbeitsauftrag noch darüber erzielt, was vom deutsch-französischen Papier zu halten ist. Beispiellos chaotisch sei es zugegangen, berichtet ein Teilnehmer.

Das Chaos mündete in eine E-Mail, die der niederländische Ressortchef Wopke Hoekstra noch in der Nacht auf Freitag auch im Namen seiner Amtskollegen aus Belgien, Luxemburg, Österreich, Finnland, den drei baltischen Staaten sowie den Nicht-Eurostaaten Schweden und Dänemark an Eurogruppenchef Mário Centeno richtete. Darin wird nicht nur ein Euro-Budget strikt abgelehnt. Die zehn Finanzminister geben auch zu Protokoll, dass sie die Voraussetzungen für die Fortentwicklung von Bankenunion und ESM noch nicht als erfüllt ansehen. Vor allem müssten die von vielen Banken immer noch ausgehenden Risiken gesenkt werden, bevor über deren Vergemeinschaftung gesprochen werde." Quelle: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/e ... 62858.html

Da ist wohl noch ein weiter Weg zu gehen, wenn da am Ende tatsächlich eine Reform (das wird wohl eher ein Reförmchen) der Eurozone rauskommen soll.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Orbiter1 hat geschrieben:(28 Jun 2018, 13:09)
Das Chaos mündete in eine E-Mail, die der niederländische Ressortchef Wopke Hoekstra noch in der Nacht auf Freitag auch im Namen seiner Amtskollegen aus Belgien, Luxemburg, Österreich, Finnland, den drei baltischen Staaten sowie den Nicht-Eurostaaten Schweden und Dänemark an Eurogruppenchef Mário Centeno richtete. Darin wird nicht nur ein Euro-Budget strikt abgelehnt. Die zehn Finanzminister geben auch zu Protokoll, dass sie die Voraussetzungen für die Fortentwicklung von Bankenunion und ESM noch nicht als erfüllt ansehen. Vor allem müssten die von vielen Banken immer noch ausgehenden Risiken gesenkt werden, bevor über deren Vergemeinschaftung gesprochen werde." Quelle: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/e ... 62858.html
Da ist wohl noch ein weiter Weg zu gehen, wenn da am Ende tatsächlich eine Reform (das wird wohl eher ein Reförmchen) der Eurozone rauskommen soll.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/e ... 62858.html
FAZ 28. Juni 2018 Die Eurostaaten sind zerstrittener denn je
"In einem Punkt dürften die Staats- und Regierungschefs immerhin einen Konsens erzielen. Der Euro-Krisenfonds ESM soll künftig als Letztsicherung („Common Backstop“) für den Bankenabwicklungsfonds SRF dienen. Der SRF, in den die Banken bis 2024 einen Betrag von gut 60 Milliarden Euro einzahlen sollen, soll mittels einer ESM-Kreditlinie in ungefähr derselben Höhe ergänzt werden, für den Fall, dass die Mittel des Abwicklungsfonds im Fall einer Bankenpleite nicht ausreichen."
Eine Phase intensiver inhaltlicher Diskussionen wird den EU-Mitgliedsländern gut tun. Konfliktscheue und deutsche Konsensdemokratie werden da nicht weiterhelfen. ;)
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Die 10 Aufrechten haben jetzt gesagt, was sie nicht möchten. Für die Weiterentwicklung der EU und der Euro-Gruppe wäre es aber besser, sie würden ein Ziel beschreiben, das sie gemeinsam gern ansteuern würden, und dazu die notwendigen Schritte/Meilensteine auf einer Zeitachse angäben, also Zwischenziele. Hieße ich Macron oder Merkel, ich würde die Kolleginnen und Kollegen darum bitten, schon um eine gemeinsame Gesprächsgrundlage zu finden. Warum sollen "die Kleinen" nicht auch einmal eine zündende dazu Idee beitragen, wie es in Europa weiter gehen könnte?
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von King Kong 2006 »

Trump empfiehlt Frankreich den Austritt aus der EU? Ein Gegner weniger.
Trump soll Macron zu EU-Austritt gedrängt haben

Bericht: US-Präsident bot im Gegenzug Handelsdeal an

Washington/Paris – US-Präsident Donald Trump soll angeblich versucht haben, Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron zu einem Austritt Frankreichs aus der Europäischen Union zu bewegen. Wie der "Washington Post"-Kolumnist Josh Rogin Donnerstagabend unter Verweis auf Quellen im Weißen Haus schrieb, soll der amerikanische Staatschef Macron bereits im April bei einem Treffen mit einer entsprechenden Aufforderung überrascht haben.

"Warum verlässt du nicht einfach die EU?", hat Trump demnach in ein Gespräch über Handelspolitik eingestreut. Gelockt haben soll er Macron mit dem Angebot, Frankreich in diesem Fall einen wesentlich besseren Handelsdeal anzubieten, als Washington ihn der EU als Ganzer zu machen bereit sei.

Macron dementiert nicht

Eine Bestätigung dafür, dass das Gespräch so stattgefunden hat, wollte am Freitag weder das Weiße Haus noch der Élysée-Palast abgeben. Allerdings gab es in Washington auch auf direkte Nachfragen kein Dementi – und allein, dass seine Umgebung Trump die Aussage zutraut, wird in Europa als vielsagend empfunden. Macron selbst, der beim EU-Gipfel nach dem Bericht befragt wurde, sagte nur "was in diesem Zimmer gesagt wurde, bleibt in diesem Zimmer".

derstandard.at/2000082523712/Trump-soll-Macron-zu-EU-Austritt-gedraengt-haben
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Wissen stellt eine Barriere dar, die einen daran hindert, etwas in Erfahrung zu bringen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Vorstellbar, aber reichlich dämlich. "Haben Sie Ihr Vermögen zusammen geklaut?" "Nein; wieso?" Der Befragte wies das zurück; die üblichen Ausflüchte. Damit hat er seine Taten eingestanden.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

http://www.sueddeutsche.de/politik/refo ... -1.4034765
SZ 29. Juni 2018 Wie erwartet spalten die neuen Ideen für die Eurozone die Mitglieder. Deswegen: Vertagung.
Das einzig Konkrete in der Gipfelerklärung ist die Einigung auf die Letztabsicherung für jenen Fonds, der für die Abwicklung der Banken zuständig ist. Diese Letztabsicherung soll künftig beim Euro-Rettungsfonds ESM angesiedelt sein. Im EU-Jargon nennt sich das "common backstop". Der Abwicklungsfonds, in den die Banken bis 2024 einen Betrag von gut 60 Milliarden Euro einzahlen sollen, wird mit einer ESM-Kreditlinie in etwa derselben Höhe aufgestockt.
"Wie es aussieht, dürfte diese Debatte erst im Zuge der Verhandlungen über den nächsten EU-Haushaltsrahmen ab 2021 beendet werden. Was die anderen Themen betrifft, heißt es: Wiedervorlage im Dezember."
Herr Macron wird sich in Geduld üben müssen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(30 Jun 2018, 09:23)

http://www.sueddeutsche.de/politik/refo ... -1.4034765
SZ 29. Juni 2018 Wie erwartet spalten die neuen Ideen für die Eurozone die Mitglieder. Deswegen: Vertagung.

Herr Macron wird sich in Geduld üben müssen.
Wir haben einen Richtungskonflikt in der EU: Wollen wir die "große Lösung" mit 27 und mehr gleichberechtigten Mitgliedern und Mitbestimmern, was mehr auf einen Staatenbund unabhängiger Mitglieder hinaus läuft, oder wollen wir die "Kernlösung der Willigen", die die EU in Richtung einer stetig sich vertiefenden Zusammenarbeit entwickeln wollen... Endziel wäre wohl eine Föderation der Mitgliedsstaaten.

Ich finde auch, daß eine solche Richtungsentscheidung Zeit braucht, viele Streitgespräche und Konzeptvorschläge, bevor man sich endgültig auf den Weg macht.

Um in der Sache klar zu sein: Ich bevorzuge die "Kernlösung der Willigen", halte die "Große Lösung der 27 und mehr" für einen nicht arbeitsfähigen Ansatz... wie das schon jetzt zu sehen ist. Aber der Versuch sollte tatsächlich gemacht werden, damit man später nicht einer Sache nachtrauert, die so nie gelungen wäre.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(30 Jun 2018, 09:23)
http://www.sueddeutsche.de/politik/refo ... -1.4034765
SZ 29. Juni 2018 Wie erwartet spalten die neuen Ideen für die Eurozone die Mitglieder. Deswegen: Vertagung.
"Wie es aussieht, dürfte diese Debatte erst im Zuge der Verhandlungen über den nächsten EU-Haushaltsrahmen ab 2021 beendet werden. Was die anderen Themen betrifft, heißt es: Wiedervorlage im Dezember."
Herr Macron wird sich in Geduld üben müssen.
H2O hat geschrieben:(30 Jun 2018, 10:37)
Um in der Sache klar zu sein: Ich bevorzuge die "Kernlösung der Willigen", halte die "Große Lösung der 27 und mehr" für einen nicht arbeitsfähigen Ansatz... wie das schon jetzt zu sehen ist. Aber der Versuch sollte tatsächlich gemacht werden, damit man später nicht einer Sache nachtrauert, die so nie gelungen wäre.
In welchen Politikfeldern ist denn eine Kernlösung der Willigen über den Lissabon-Vertrag hinaus realistisch?
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(30 Jun 2018, 10:37)

Wir haben einen Richtungskonflikt in der EU: Wollen wir die "große Lösung" mit 27 und mehr gleichberechtigten Mitgliedern und Mitbestimmern, was mehr auf einen Staatenbund unabhängiger Mitglieder hinaus läuft, oder wollen wir die "Kernlösung der Willigen", die die EU in Richtung einer stetig sich vertiefenden Zusammenarbeit entwickeln wollen... Endziel wäre wohl eine Föderation der Mitgliedsstaaten.

Ich finde auch, daß eine solche Richtungsentscheidung Zeit braucht, viele Streitgespräche und Konzeptvorschläge, bevor man sich endgültig auf den Weg macht.

Um in der Sache klar zu sein: Ich bevorzuge die "Kernlösung der Willigen", halte die "Große Lösung der 27 und mehr" für einen nicht arbeitsfähigen Ansatz... wie das schon jetzt zu sehen ist. Aber der Versuch sollte tatsächlich gemacht werden, damit man später nicht einer Sache nachtrauert, die so nie gelungen wäre.
Tja lieber H2O, der EU-Berggipfel kreiste und gebar noch nicht einmal eine Maus sondern nur ein winziges Mäuslein. Wie oft haben sie beim Thema Reform der EU und der Eurozone auf den EU-Gipfel Ende Juni verwiesen? Macron`s Esprit ist komplett verpufft. Wie erwartet will sich außer einem zögerlichen Deutschland, dass mehr geschoben werden muß als es selbst will, auf Macron`s Pläne einlassen. Jetzt soll es also der EU-Gipfel im Dezember richten. Ich bleib dabei, das wird nichts mehr.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(30 Jun 2018, 11:46)

Tja lieber H2O, der EU-Berggipfel kreiste und gebar noch nicht einmal eine Maus sondern nur ein winziges Mäuslein. Wie oft haben sie beim Thema Reform der EU und der Eurozone auf den EU-Gipfel Ende Juni verwiesen? Macron`s Esprit ist komplett verpufft. Wie erwartet will sich außer einem zögerlichen Deutschland, dass mehr geschoben werden muß als es selbst will, auf Macron`s Pläne einlassen. Jetzt soll es also der EU-Gipfel im Dezember richten. Ich bleib dabei, das wird nichts mehr.
Man soll die Hoffnung auf eine vernünftig gestaltete EU nie aufgeben. Die Kanzlerin hat den Gipfel mit dem Asylthema zugeschüttet. Das wird sicher noch einige Male so kommen, bis genügend viele Partner die Faxen dicke haben.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(30 Jun 2018, 13:59)

Man soll die Hoffnung auf eine vernünftig gestaltete EU nie aufgeben. Die Kanzlerin hat den Gipfel mit dem Asylthema zugeschüttet. Das wird sicher noch einige Male so kommen, bis genügend viele Partner die Faxen dicke haben.
Wie winzig der Fortschritt und wie riesig die Meinungsunterschiede bei der Reform der Eurozone sind hat die NZZ schön zusammengefasst. https://www.nzz.ch/amp/wirtschaft/die-r ... ld.1399551
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(01 Jul 2018, 21:12)

Wie winzig der Fortschritt und wie riesig die Meinungsunterschiede bei der Reform der Eurozone sind hat die NZZ schön zusammengefasst. https://www.nzz.ch/amp/wirtschaft/die-r ... ld.1399551
Ganz zu Anfang ihrer Kanzlerschaft hatte die frischgebackene Kanzlerin gesagt, daß nichts in großen Schritten gelingt, sondern fast immer nur in Trippelschritten. Da scheint sie auf Dauer Recht zu behalten. Die Hauptsache ist dabei wohl, daß der Weg sich nicht als Kreisverkehr ohne Ausfahrt zum Ziel erweist.

Ich selbst hätte auch lieber einen klaren und entschiedenen Kurs im europäischen Projekt, auch mit harten Entscheidungen. Vielleicht ist es aber politisch klüger, mit Trippelschrittchen Stück für Stück dem Ziel näher zu kommen.

Heute früh ein hochinteressantes Gespräch im DLF mit dem österreichischen Schriftsteller Menasse
anläßlich der Übernahme der Ratspräsidentschaft durch den österreichischen Bundeskanzler Kurz. Neben der Bewertung der Fähigkeiten des Kanzlers kam dann auch das Thema auf den offenkundigen Zerfall der EU. Dazu meinte Menasse nur, daß die jüngeren Politiker die rauchenden Trümmerhaufen des 2. Weltkriegs nicht mehr gesehen haben. "Die werden das europäische Projekt gegen die Wand fahren, um danach laut zu wehklagen, daß so etwas nie wieder geschehen darf."

So ähnlich hatte auch der Präsident des Ministerrats, Donald Tusk, seine "Krönungsrede" gestaltet. Ungefähr so, daß wir uns hüten sollten, das Erreichte im Zorn zu zerstören, weil danach sehr wahrscheinlich bitteres Wehklagen über den Verlust einsetzen werde. Na ja, geholfen hat das dem europäischen Projekt auch nicht so richtig.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Hier mal wieder ein Nachweis dass sich Länder in ihrem Verhalten halt doch nicht ändern. Mit Korruption kämpft Rumänien schon seit ewigen Zeiten und bei den Verhandlungen zur Aufnahme in die EU vor inzwischen über 20 Jahren hat man feste Zusicherungen gemacht dass man weiter unerbittlich gegen Korruption vorgehen wird. Im Januar diesen Jahres waren Menschenmassen in den Großstädten Rumäniens auf der Straße um gegen Korruption zu protestieren und heute ist das passiert:

"Rumänien: Parlament billigt umstrittene Strafrechtsmilderung für unter Korruptionsverdacht stehende Politiker. Das Abgeordnetenhaus gab grünes Licht im Eiltempo." Quelle: Guidants News http://news.guidants.com

Solche Länder haben in der EU nichts verloren. Hoffentlich wird man die wieder los.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(04 Jul 2018, 15:01)

Hier mal wieder ein Nachweis dass sich Länder in ihrem Verhalten halt doch nicht ändern. Mit Korruption kämpft Rumänien schon seit ewigen Zeiten und bei den Verhandlungen zur Aufnahme in die EU vor inzwischen über 20 Jahren hat man feste Zusicherungen gemacht dass man weiter unerbittlich gegen Korruption vorgehen wird. Im Januar diesen Jahres waren Menschenmassen in den Großstädten Rumäniens auf der Straße um gegen Korruption zu protestieren und heute ist das passiert:

"Rumänien: Parlament billigt umstrittene Strafrechtsmilderung für unter Korruptionsverdacht stehende Politiker. Das Abgeordnetenhaus gab grünes Licht im Eiltempo." Quelle: Guidants News http://news.guidants.com

Solche Länder haben in der EU nichts verloren. Hoffentlich wird man die wieder los.
Müßte eigentlich über ein Vertragsverletzungsverfahren möglich sein; man muß ja nur die alten Verträge wieder ausgraben und die Mängelliste auf den heutigen Stand bringen. Danach einen sinnvollen Termin für die Lösung der nationalen Probleme setzen, und danach Scheidungsbrief, wenn das Ergebnis nicht ausreicht.

Meine Rede seit einiger Zeit: Die Bewertung von Transparency International als Grundlage für die EU-Mitgliedschaft nutzen. Man kann ja von Zeit zu Zeit den Schwellwert nachbessern, um so das Übel systematisch ab zu stellen.

Oder man macht es umgekehrt: Man bildet einen Kern mit besonders enger Verzahnung jener Mitglieder, die in Hinsicht Korruptionsbekämpfung untadelig sind. Und läßt den Rest im Kielwasser laufen. Sie können immerhin ja aufschließen...
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

http://www.faz.net/aktuell/finanzen/fin ... 29924.html
FAZ 19. Juni 2018 Ökonomischer Berater warnt : „In Italien droht eine Parallelwährung“
"Vor allem die Andeutungen der neuen Regierung, dass öffentliche Rechnungen künftig mittels kurzlaufender Schuldverschreibungen beglichen werden könnten, sieht Odenius als gefährlich an. „Mit solchen Finanzinstrumenten könnten Privatleute dann ihre Steuerschulden begleichen. Diese Instrumente könnten dann auch als Parallelwährung gehandelt werden.“ Er vergleicht diese Instrumente mit den IOUs, die Kalifornien eine Zeitlang begeben hat. Im Grunde seien das Mini-Anleihen, die das Finanzamt begebe. Der entscheidende Unterschied sei aber, dass Kalifornien wachse
Italien sei dagegen neben Griechenland das einzige Land im Euroraum, in dem das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf seit Einführung der Gemeinschaftswährung nicht gestiegen sei."
Da ist Macron mit seinem Euro-Budget-Vorschlag für Investitionshilfen auch in Italien auf einem sinnvolleren Weg. Die Deutschen und die Nordländer warten wieder einmal nur die nächste Krise ab.
siehe auch:
Wähler hat geschrieben:(27 Jun 2018, 09:10)
http://www.sueddeutsche.de/politik/euro ... -1.4030589
SZ 26. Juni 2018 Euro-Gruppen-Chef Mario Centeno skizziert den Rahmen für eine Reform der Währungsunion
Die befürchtete Transferunion beschränkt sich also auch in Zukunft auf die Subventionierung der Banken der Südländer mittels Target II durch Zentralbankgeld der EZB und mögliche Giralgeld-Kreditlinien eines reformierten ESM. Die Banken müssen nach wie vor kein Eigenkapital für Staatsanleihen innerhalb ihrer Bilanz vorhalten. Ein faktischer Austritt eines Euro-Mitgliedes aus dem Euro ist durch eine Parallelwährung jeder Zeit möglich. Ist das Euro-System so flexibel genug, um zu überleben und wird der Außenwert des Euro nicht zu stark durch die Risiken einer aufgeblähten Zentralbankgeldmenge gefährdet?
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Orbiter1 hat geschrieben:(04 Jul 2018, 15:01)

Hier mal wieder ein Nachweis dass sich Länder in ihrem Verhalten halt doch nicht ändern. Mit Korruption kämpft Rumänien schon seit ewigen Zeiten und bei den Verhandlungen zur Aufnahme in die EU vor inzwischen über 20 Jahren hat man feste Zusicherungen gemacht dass man weiter unerbittlich gegen Korruption vorgehen wird. Im Januar diesen Jahres waren Menschenmassen in den Großstädten Rumäniens auf der Straße um gegen Korruption zu protestieren und heute ist das passiert:

"Rumänien: Parlament billigt umstrittene Strafrechtsmilderung für unter Korruptionsverdacht stehende Politiker. Das Abgeordnetenhaus gab grünes Licht im Eiltempo." Quelle: Guidants News http://news.guidants.com

Solche Länder haben in der EU nichts verloren. Hoffentlich wird man die wieder los.
Passend dazu musste der rumänische Präsident heute die oberste Korruptionsermittlerin entlassen. Sie ist auch den Leuten ganz oben auf die Zehen gestiegen. Das kam dort nicht gut an.

„Laura Kövesi galt vielen Rumänen als mächtigste Frau im Land. Die Regierung plante ihren Sturz seit Langem. Präsident Klaus Johannis musste der Entlassung zustimmen.“ Quelle: https://www.zeit.de/amp/politik/ausland ... s-iohannis

Rumänien wird so korrupt bleiben wie es war. Ganz oben will man es so.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(09 Jul 2018, 20:27)

...

... Rumänien wird so korrupt bleiben wie es war. Ganz oben will man es so.
Da wird es aber höchste Zeit, daß die EU ihre Interessen energisch vertritt. Wer wieviel EU-Geld bekommt, das sollte unbedingt von der Qualität der Mitwirkung in der EU abhängen. Korruption muß in der EU ständig bekämpft werden. Raus schmeißen!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von unity in diversity »

In Osteuropa und Südeuropa überlegt man gerade, von wem man Streicheleinheiten entgegennehmen sollte.
Von Trump oder China:
https://www.handelsblatt.com/politik/in ... rbIWSL-ap2
Egal wer gewinnt, Verlierer ist die EU.
Für jedes Problem gibt es 2 Lösungsansätze:
Den Falschen und den Unsrigen.
Aus den USA.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

unity in diversity hat geschrieben:(13 Jul 2018, 21:18)

In Osteuropa und Südeuropa überlegt man gerade, von wem man Streicheleinheiten entgegennehmen sollte.
Von Trump oder China:
https://www.handelsblatt.com/politik/in ... rbIWSL-ap2
Egal wer gewinnt, Verlierer ist die EU.
Das Gegenteil ist der Fall. Damit wird die EU hoffentlich die korrupten, nach Autokratie strebenden Staaten in Osteuropa und auf dem Balkan los, die mit den Werten der EU sowieso nichts anfangen können. An den Grenzen zur verbleibenden EU dann Einzelkontrolle und Einreise nur per Visum.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von unity in diversity »

Orbiter1 hat geschrieben:(13 Jul 2018, 21:27)

Das Gegenteil ist der Fall. Damit wird die EU hoffentlich die korrupten, nach Autokratie strebenden Staaten in Osteuropa und auf dem Balkan los, die mit den Werten der EU sowieso nichts anfangen können. An den Grenzen zur verbleibenden EU dann Einzelkontrolle und Einreise nur per Visum.
Manchmal bietet China eine Standortpolitik, die nicht gerade als sauber gilt:
https://www.wiwo.de/politik/europa/161- ... 67616.html
Wenn Brüssel das durchgehen läßt, lege ich das als Schwäche aus.
Man sollte die europäischen Filterbauer mobilisieren, wenn man den Dreck schon nicht verhindert.
Für jedes Problem gibt es 2 Lösungsansätze:
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(13 Jul 2018, 21:27)

Das Gegenteil ist der Fall. Damit wird die EU hoffentlich die korrupten, nach Autokratie strebenden Staaten in Osteuropa und auf dem Balkan los, die mit den Werten der EU sowieso nichts anfangen können. An den Grenzen zur verbleibenden EU dann Einzelkontrolle und Einreise nur per Visum.
In der EU hat man seit dem Erscheinen des Weißbuchs der EU-Kommission im März 2017 überhaupt nichts mehr getan, um den Niedergang der EU zu beenden. Die Gemeinschaft duldet also alle vom europäischen Projekt wegführenden Entwicklungen weiterhin und überlegt noch obendrein, die Zahl der Abweichler zu vergrößern durch "Beitrittsperspektiven", ohne dazu klare Voraussetzungen zu benennen, und zwar unüberhörbar. Gerade einmal im Fall Türkei hat man sich dazu durchgerungen, deren Selbstherrlichkeit erst einmal und vorläufig zum Anlaß zu nehmen, von der seit 60 Jahren genährten "Beitrittsperspektive" Abstand zu nehmen. Wobei mir noch nicht einmal klar ist, ob diese Nachricht der Türkei auch wirklich auf offiziellen Kanälen zugeleitet wurde!

Was gute Regierungsführung betrifft, so wäre eine enge Zusammenarbeit mit Botswana, Ruanda und Namibia sinnvoller als mit den Korruptokratien des Balkans. Der Korruptionsindex der NGO Transparency International kann unmittelbar zur Bewertung einer guten Regierungsführung genutzt werden. Ein ziemlich ernüchternder Befund!

Genau genommen hat die EU entschieden, ihre Fehlentwicklung fort zu setzen. Da entsteht keine Wertegemeinschaft, sondern ein Bündnis sehr unterschiedlicher Staaten, das im wesentlichen den wirtschaftlichen Vorteil durch einen größeren Markt sucht. Das ist ja auch nichts Schlechtes, aber eben keine Wertegemeinschaft mehr. Dementsprechend sollten aber sämtliche Vorleistungen der alten EU auf das politische Zusammenwachsen der EU abgesetzt werden, oder sie sich auf jene Länder beschränken, die weiterhin das europäische Projekt anstreben.

Das Konzept des französischen Präsidenten Macron, über den Ausbau der Euro-Zone das europäische Projekt zu retten, wird von Deutschland nicht mitgestaltet, sondern abgebremst. Denn in der Euro-Gruppe haben sich Teilnehmer festgesetzt, die ebenfalls das Thema Korruption nicht in den Griff bekommen (Griechenland, Italien) und die staatliche Strukturen zur Geldwäsche der italienischen Mafia aufgebaut haben (Slowakei). Mitgestalten heißt doch wohl, die Fehlentwicklungen ansprechen und sie systematisch ab zu stellen. Das Konzept Macrons: "Eurogruppe gut, andere nicht so gut" enthält leider diesen Mangel, dürfte also auch recht bald nach frohem Beginnen stranden.
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Re: Europäische Asyl- und Flüchtlingspolitik

Beitrag von Senexx »

Warum die EU nur ein Papiertiger ist

Zwischen den Großmächten USA, Russland und China droht die EU zerrieben zu werden. Früher war alles so einfach. Die USA hat die Westeuropäer vor der Sowjetunion beschützt, die Kosten getragen, während die Europäer sich teure Wohlfahrtsstaaten geleistet haben. Nach dem Zerfall der SU haben friedensbesoffene Gehirne von "Friedensdividende" gefaselt und geglaubt, nun sei alles Friede, Freude, Eierkuchen.

Die EU fährt weiterhin auf Sicht, langfristiges Denken Null, man steckt den Kopf in den Sand, wurstelt von Vorsitz zu Vorsitz. Eine Vorstellung von Weiterentwicklung hat man nicht, Brüssel reißt immer mehr Macht an sich, ohne Rücksicht auf Verluste und zerstört das Vertrauen der Mitglieder in die EU. Sie fragen sich, ob ihnen die EU noch genügend Vorteile biete, welche die Nachteile aufwiege. An den Schalthebel sitzen Menschen mit einer Froschperspektive wie Junker, der den politischen Horizont eines Moselländers besitzt, der gerade mal von Trier bis Esch-sur-Alzette reicht. In Deutschland herrscht eine Angela Merkel, Tochter eines in die DDR geflüchteten protestantischen Pfarrers, beheimatet im pommerschen Hinterwald, aufgewachsen, politisch gebildet in der Abgeschottetheit der DDR, ohne Bezug zu Europa und ohne kulturelles Verständnis für die Befindlichkeiten anderer Kulturen. Die zuhause eine Politik fährt, welche die Axt an die Zukunftsfähigkeit des eigenen Landes legt (Atomausstieg, Investitionsverzicht, Massenimigration, Euro-Rettung).

Und zu guter Letzt taucht ein Macron auf. Ein ENA-Zögling, vollgepumpt mit Selbstüberschätzung, mit Sendungsbewusstsein ausgestattet, und knallharter Verfolger französischer Machtpolitik aus Vorkriegsgeist, der die alte Führungsrolle Frankreichs wieder herstellen möchte und Deutschland als willfährige Melkkuh betrachtet. Er stebt nach einer Neuauflage der alten EWG und will die EU, wie wir sie kennen, sprengen.

UK, welches immer eine Gegengewicht gegen den Brüsseler Zentralismus gebildet hat und den Freihandel gefördert hat, scheidet leider aus. Die Schuld liegt bei den Brüsseler Zentralisten, die es nicht verstanden haben die Milliarden einzusetzen, eine vernünftiges ausgewogenes Konzept zu entwickeln und die Zustimmung der Bürger zu gewinnen. Europaweit sinkt die Zustimmung zur EU, sie strebt ehr und mehr auseinander. Verschrotter wie Macron reiben sich die Hände und gießen Öl ins Feuer.

Die USA unter Trump setzen auf eine Politik der eigenen Stärke, "America First", und betrachtet die Welt als eine Verhandlungsrunde, in der es darum geht, gute Deals zu erzielen. Aus Sicht der USA ist das verständlich, das Hemd sitzt nun mal näher als der Rock. Die dämlichen Europäer tun so, als sei das Trump, und geben sich der Illusion hin, als würde sich das ändern, wenn nur ein anderer gewählt würde. Die Entfremdung zwischen den USA und Europa könnte aber von Dauer sein. Die Schuld tragen die Europäer, die lange darauf gesetzt haben, dass die Amis ihre Politik des Beschützer treudoof auf ewig weiter spielen und sie sich und ihre Haushalte ducken können. Trump hat begrüßenswerterweise mit dieser "Exploitation of the great by the small"-Schluss gemacht und die Karten neu gemischt. Noch ist nicht aller Tage Abend, aber vielleicht setzten sich in Europa doch noch Kräfte durch, die erkennen, dass Europa mehr Verantwortung übernehmen muss und kann.

Russland hat unter Putin zu altem zaristischen Denken zurückgefunden, zur alten Politik der Sowjetunion, und mischt überall, vor allem auch in Europa kräftig mit, und agiert nach dem Motto teile und herrsche. Es ist kalkuliert aggressiv, versucht die tumben Europäer von seinen Rohstoffen abhängig und willfährig zu machen. Mit Gas-Gerd hat es sich sogar einen ehemaligen Bundeskanzler als Chefagenten geholt. Er und seine Kumpane von den Grünen habe einst die Abhängigkeit Deutschlands vom Russengas mit ihrem Einstieg in den Atom- und Kohle-Ausstieg so richtig in Gang gesetzt. Und diese olitik lässt er sich nun fürstlich honorieren. Putin strebt nach einem Pas-de-deux mit Trump. Könnte ihm sogar gelingen.

China strebt nach Weltmacht, kolonisiert Afrika mit dem Scheckbuch und sichert sich dessen Rohstoff - ausgenommen seine Menschen, sieht händereibend zu, wie sie nach Europa immigrieren und Europa schwächen. Es schüchtert seine asiatischen Nachbarn ein, baut Militärbasen in Afrika und wird bald auch versuchen, nach Europa auszugreifen. In Europa, speziell in Deutschland, kauf es die Diamanten der Wirtschaft auf.Dann bedarf es keiner Kanonenboot, sondern es kann sich subtilerer Mittel bedienen. Bald dürfte es auch im Internet seine Muskeln spielen lassen.

Afrika wird auf absehbare Zeit keine Weltmacht werden, aber hat "Weltmacht", in dem es mit der dort tickenden Bevölkerungszeitbombe Europa bedroht. Die Europäer haben kein Konzept, realisieren das Problem noch nicht einmal. Illusionisten schwätzen von Humanität und Asylgrundrecht und wollen Millionen illegale Immigranten ins Land lassen, mit der Begründung, wird bräuchten Arbeitskräfte.

Wenn Europa überleben will, muss es sich diesen Herausforderung stellen, sie zuerst wahrnehmen und politische Konzepte entwickeln.

Dazu mehr in einem weiteren Beitrag in den nächsten Tagen.
Zuletzt geändert von Senexx am Sa 14. Jul 2018, 11:17, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Brainiac »

watisdatdenn? hat geschrieben:(19 Jul 2018, 22:29)

Das ist die Schweiz auch. Trotzdem geht es den Schweizern gut.
Bei Norwegen ist das auch so.

Ich bin von der Einstellung eigentlich klar pro europäisch, weil sich dadurch Synergien zum Wohle aller Europäer heben lassen.

Wenn die EU aber weiter durch volksferne Kommissare in Handlungen getrieben wird, die für die Europäer schädlicher sind als die positiven Synergieeffekte, dann hat die EU ihren elementaren Zweck (Nutzen für die europäische Bevölkerung bringen) verloren!

Dann sollte man zurück auf Los (Freihandel in der EU) und die EU politisch komplett neu aufbauen. Und diesmal von Anfang an (!) konsequent demokratisch (!), ohne solche undemokratischen "elitären" Perversitäten wie die EU-Kommission!
Definier doch mal, was du unter "volksfern" verstehst und woran du das im Falle der EU-Kommission festmachst, beispielsweise in Abgrenzung zur "Volksnähe" der deutschen, französischen, italienischen oder auch ungarischen Regierung. Müsstest du können, ist ja sicher nicht nur so eine inhaltsleere Dummfloskel von dir. :|
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von watisdatdenn? »

Brainiac hat geschrieben:(19 Jul 2018, 22:35)
Definier doch mal, was du unter "volksfern" verstehst und woran du das im Falle der EU-Kommission festmachst, beispielsweise in Abgrenzung zur "Volksnähe" der deutschen, französischen, italienischen oder auch ungarischen Regierung. Müsstest du können, ist ja sicher nicht nur so eine inhaltsleere Dummfloskel von dir. :|
Danke erst mal für das querverlinken.

Der EU Kommissionspräsident und EU Kommissare werden durch den Rat der EU vorgeschlagen und nicht durch die direkten Vertreter der europäischen Völker: Die EU Parlamentarier.

Das verstehe ich unter volksfern. Am volksnächsten wäre es natürlich wenn er direkt durch das europäische Volk gewählt würde.

Mir stößt auch das alleinige Initiativrecht der Kommission sauer auf!
Im Bundestag kann jede Fraktion einen Gesetzesentwurf einbringen. Im EU Parlament kann es keine Fraktion. Nur die Kommission kann EU-Gesetze zur Abstimmung bringen (und lässt diese in der Praxis oft durch einflussreiche Lobbyisten vorbereiten). Ich meine: WTF?!
Demokratisch ist was anderes..

Also: Im Kern der europäischen Gesetzgebung (Gesetzesvorschläge) sitzt eine Institution, die nicht durch die europäischen Bürger gewählt wurde und noch nicht mal durch deren direkte Vertreter (EU Parlamentarier) ausgewählt wurde.
Das ist in den meisten nationalen Parlamenten deutlich demokratischer geregelt.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

watisdatdenn? hat geschrieben:(19 Jul 2018, 23:19)

Danke erst mal für das querverlinken.

Der EU Kommissionspräsident und EU Kommissare werden durch den Rat der EU vorgeschlagen und nicht durch die direkten Vertreter der europäischen Völker: Die EU Parlamentarier.

Das verstehe ich unter volksfern. Am volksnächsten wäre es natürlich wenn er direkt durch das europäische Volk gewählt würde.

Mir stößt auch das alleinige Initiativrecht der Kommission sauer auf!
Im Bundestag kann jede Fraktion einen Gesetzesentwurf einbringen. Im EU Parlament kann es keine Fraktion. Nur die Kommission kann EU-Gesetze zur Abstimmung bringen (und lässt diese in der Praxis oft durch einflussreiche Lobbyisten vorbereiten). Ich meine: WTF?!
Demokratisch ist was anderes..

Also: Im Kern der europäischen Gesetzgebung (Gesetzesvorschläge) sitzt eine Institution, die nicht durch die europäischen Bürger gewählt wurde und noch nicht mal durch deren direkte Vertreter (EU Parlamentarier) ausgewählt wurde.
Das ist in den meisten nationalen Parlamenten deutlich demokratischer geregelt.
Sie verbreiten hier erneut einen Irrtum! Das alleinige Initiativrecht in der EU liegt beim EU-Ministerrat, also der Versammlung der Regierungschefs der EU-Länder oder deren Stellvertreter. Das sind durchweg mit demokratischer Legitimation ihrer Parlamente entscheidende Leute. Der Präsident des EU-Ministerrats ist der Geschäftsführer des Ministerrats in Angelegenheiten der Organisation anstehender Arbeiten.

In kleinerem Umfang hat sich das EU-Parlament ein Initiativrecht ertrotzt... wenigstens in eigener Angelegenheit.

Die EU-Kommission ist die nachgelagerte Behörde des EU-Ministerrats. Sie arbeitet die Gesetzesvorschläge des Ministerrats in dessen Auftrag aus. Die EU-Kommission ist die Rechtsabteilung und die Verwaltungsbehörde des EU-Ministerrats... mehr nicht. Sie bestimmt auch gar nichts, prüft aber die Vertragstreue der Mitglieder, was die EU-Verträge betrifft. Sie reicht Klage ein beim EuGH, wenn da etwas mutwillig aus dem Ruder läuft.

Der Ministerrat ernennt die Kommissionsmitglieder, das EU-Parlament hatte sich das Recht ertrotzt, den EU-Präsidenten zu ernennen und damit ein Gleichgewicht zwischen EU-Parlamentspräsident und EU-Kommissionspräsident her zu stellen. Das EU-Parlament kann die vom Ministerrat vorgeschlagene EU-Kommission ablehnen. Das Recht auf Ablehnung der vorgeschlagenen Kommission verleiht ihm einige Macht im Verhältnis zum Ministerrat... aber wichtige Gesetze darf das EU-Parlament zwar engagiert diskutieren, aber niemals erlassen. Das ist das alleinige Recht des EU-Minsterrats.

Das sind die wahren Machtverhältnisse in der EU-Führung. Bitte nicht immer wieder der EU-Kommission etwas vorhalten, wofür sie überhaupt keine Verantwortung übernehmen darf. Das wäre in etwa so, als ob Sie den Polizeichef für die Innenpolitik eines demokratischen Landes verantwortlich machten. Die wahre politische Macht in der EU geht vom EU-Ministerrat aus.

Natürlich wäre es sinnvoll, die politische Macht allmählich auf das EU-Parlament zu übertragen. Aber noch überwiegen die nationalen Interessen der Mitglieder, und die wollen weiter das Sagen haben, eben im EU-Ministerrat. So ganz undemokratisch ist diese Konstruktion aber auch nicht.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Senexx »

H2O hat geschrieben:(20 Jul 2018, 00:50)

Sie verbreiten hier erneut einen Irrtum! Das alleinige Initiativrecht in der EU liegt beim EU-Ministerrat, also der Versammlung der Regierungschefs der EU-Länder oder deren Stellvertreter.

..

Die EU-Kommission ist die nachgelagerte Behörde des EU-Ministerrats. Sie arbeitet die Gesetzesvorschläge des Ministerrats in dessen Auftrag aus. Die EU-Kommission ist die Rechtsabteilung und die Verwaltungsbehörde des EU-Ministerrats... mehr nicht. Sie bestimmt auch gar nichts, prüft aber die Vertragstreue der Mitglieder, was die EU-Verträge betrifft. Sie reicht Klage ein beim EuGH, wenn da etwas mutwillig aus dem Ruder läuft.
Ihre Behauptungen sind falsch
Die Europäische Kommission ist die politisch unabhängige Exekutive der EU. Sie ist allein zuständig für die Erarbeitung von Vorschlägen für neue europäische Rechtsvorschriften
Siehe die Webseiten der Kommission.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Senexx hat geschrieben:(20 Jul 2018, 01:00)

Ihre Behauptungen sind falsch



Siehe die Webseiten der Kommission.
Dann steht da Unsinn; die Kommission handelt im Auftrag... daher der Name Kommission. Sie darf keine Gesetze erlassen... sie muß sie ausarbeiten im Auftrag des EU Ministerrats. Da finden die entscheidenden Abstimmungen statt. Wie jede Behörde hat die Kommission nach Maßgabe von bestehenden Gesetzen zu handeln. Wo es politisch entlang geht, das bestimmt die Versammlung der Merkels, Macrons... und wie sie alle heißen, nach dem Grundsatz der qualifizierten Mehrheit... mit wenigen Ausnahmen, in denen ein Veto zugelassen ist. Fragen Sie mich bitte nicht, wo in der EU noch das Veto gilt.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Senexx »

H2O hat geschrieben:(20 Jul 2018, 01:10)

Dann steht da Unsinn;
Ok. Die Kommission verbreitet Unsinn. Wie gut, dass Sie das korrigieren...
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Senexx hat geschrieben:(20 Jul 2018, 01:14)

Ok. Die Kommission verbreitet Unsinn. Wie gut, dass Sie das korrigieren...
Ihre Interpretation ist daneben; ich habe mir den Satz genauer angesehen. Der Satz ist in Ordnung, sagt aber nicht das aus, was Sie daraus lesen. Da stimmt meine Ausführung uneingeschränkt, auch mit den zitierten Satz.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Senexx »

H2O hat geschrieben:(20 Jul 2018, 01:20)

Ihre Interpretation ist daneben; ich habe mir den Satz genauer angesehen. Der Satz ist in Ordnung, sagt aber nicht das aus, was Sie daraus lesen. Da stimmt meine Ausführung uneingeschränkt, auch mit den zitierten Satz.
Wie ich schon sagte: Gut, dass wir Sie als Erklärer haben...
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Senexx hat geschrieben:(20 Jul 2018, 01:34)

Wie ich schon sagte: Gut, dass wir Sie als Erklärer haben...
Wenn Sie das endlich einmal einsehen!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von watisdatdenn? »

H2O hat geschrieben:(20 Jul 2018, 00:50)
Das alleinige Initiativrecht in der EU liegt beim EU-Ministerrat, also der Versammlung der Regierungschefs der EU-Länder oder deren Stellvertreter.
Bei Wikipedia steht zur EU Kommission:
Insbesondere besitzt sie im Bereich der Legislative der EU das alleinige Initiativrecht, das heißt, nur sie kann den formalen Vorschlag zu einem EU-Rechtsakt machen und diesen dem Rat der Europäischen Union und dem Europäischen Parlament unterbreiten.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Europ%C ... Kommission

Was richtig ist:
Sowohl der europäische Rat, als auch das europäische Parlament, als auch die EU Bürger über eine Bürgerinitiative können der EU Kommission Gesetzesvorschläge unterbreiten.
Aber! Die EU Kommission ist an diese Vorschläge nicht gebunden!
Sie kann da einfach sagen: "Nö machen wir nicht"
Und schon schauen sowohl EU Bürger, EU Parlament und europäischer Rat dumm aus der Wäsche..

Es gibt keine Möglichkeit der Gesetzgebung an der Kommission vorbei. Das ist mein zentraler Kritikpunkt!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Brainiac »

watisdatdenn? hat geschrieben:(19 Jul 2018, 23:19)

Danke erst mal für das querverlinken.

Der EU Kommissionspräsident und EU Kommissare werden durch den Rat der EU vorgeschlagen und nicht durch die direkten Vertreter der europäischen Völker: Die EU Parlamentarier.

Das verstehe ich unter volksfern. Am volksnächsten wäre es natürlich wenn er direkt durch das europäische Volk gewählt würde.

Mir stößt auch das alleinige Initiativrecht der Kommission sauer auf!
Im Bundestag kann jede Fraktion einen Gesetzesentwurf einbringen. Im EU Parlament kann es keine Fraktion. Nur die Kommission kann EU-Gesetze zur Abstimmung bringen (und lässt diese in der Praxis oft durch einflussreiche Lobbyisten vorbereiten). Ich meine: WTF?!
Demokratisch ist was anderes..

Also: Im Kern der europäischen Gesetzgebung (Gesetzesvorschläge) sitzt eine Institution, die nicht durch die europäischen Bürger gewählt wurde und noch nicht mal durch deren direkte Vertreter (EU Parlamentarier) ausgewählt wurde.
Das ist in den meisten nationalen Parlamenten deutlich demokratischer geregelt.
Dann verstehe ich dich recht, dass du für echte europaweite Listen / Parteien und Wahlkämpfe eintrittst, die dann ein EU-Parlament wählen, aus dem dann wiederum eine echte, solcherart vom europäischen Volk gewählte EU-Regierung resultiert? Mit allen aktiven legislativen Befugnissen beim EU-Parlament analog zum deutschen Bundestag für Deutschland?

Die formellen und rechtlichen Details und wie realistisch das ist, mal aussen vor, da würdest du bei mir jedenfalls offene Türen einrennen. Dass das nicht so ist, kannst du aber kaum der EU vorwerfen. Es sind die Nationalstaaten und deren Staatsvertreter, die sich davor fürchten und es nicht wollen. Denn die haben derzeit das Sagen in der EU, siehe H2O.

Doch halt, ich vergaß. Die EU ist ja an allem schuld. :rolleyes:
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Senexx »

watisdatdenn? hat geschrieben:(20 Jul 2018, 07:07)

Bei Wikipedia steht zur EU Kommission:

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Europ%C ... Kommission

Was richtig ist:
Sowohl der europäische Rat, als auch das europäische Parlament, als auch die EU Bürger über eine Bürgerinitiative können der EU Kommission Gesetzesvorschläge unterbreiten.
Aber! Die EU Kommission ist an diese Vorschläge nicht gebunden!
Sie kann da einfach sagen: "Nö machen wir nicht"
Und schon schauen sowohl EU Bürger, EU Parlament und europäischer Rat dumm aus der Wäsche..

Es gibt keine Möglichkeit der Gesetzgebung an der Kommission vorbei. Das ist mein zentraler Kritikpunkt!
Bei uns haben Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung ein Initiativrecht.

Analog wäre es denkbar, neben der Kommission ("Bundesregierung") auch der EU-Parlament und dem Ministerrat ("Bundesrat") ein Initiativrecht zu geben.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Europa2050 »

Brainiac hat geschrieben:(20 Jul 2018, 07:52)

Dann verstehe ich dich recht, dass du für echte europaweite Listen / Parteien und Wahlkämpfe eintrittst, die dann ein EU-Parlament wählen, aus dem dann wiederum eine echte, solcherart vom europäischen Volk gewählte EU-Regierung resultiert? Mit allen aktiven legislativen Befugnissen beim EU-Parlament analog zum deutschen Bundestag für Deutschland?

Die formellen und rechtlichen Details und wie realistisch das ist, mal aussen vor, da würdest du bei mir jedenfalls offene Türen einrennen. Dass das nicht so ist, kannst du aber kaum der EU vorwerfen. Es sind die Nationalstaaten und deren Staatsvertreter, die sich davor fürchten und es nicht wollen. Denn die haben derzeit das Sagen in der EU, siehe H2O.

Doch halt, ich vergaß. Die EU ist ja an allem schuld. :rolleyes:
Ja, was Du schreibst, ist das einzig vernünftige.

Unser Problem ist, dass wir uns inzwischen in den meisten Dingen nach außen benehmen wie ein Bundesstaat, aber nach innen keiner sind.

Und erst wenn die Wähler nach politischer Präferenz (Konservativ-Liberal-links-grün-...) wählen und nicht nach Nationalität haben wir die Probleme los.

Wenn dann dieses Parlament z.B. eine Linie in Sachen Flüchtlinge festlegt und ggf. die Gerichte diese für verfassungskonform halten, dann gilt die - in Berlin wie in Budapest. (Auch wenn da etwas rauskommen sollte, das einzelnen Teilen nicht passt).

Aber soweit ist man in Europa noch nicht, bzw. befürchte ich, war man da schon mal weiter.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

watisdatdenn? hat geschrieben:(20 Jul 2018, 07:07)

Bei Wikipedia steht zur EU Kommission:

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Europ%C ... Kommission

Was richtig ist:
Sowohl der europäische Rat, als auch das europäische Parlament, als auch die EU Bürger über eine Bürgerinitiative können der EU Kommission Gesetzesvorschläge unterbreiten.
Aber! Die EU Kommission ist an diese Vorschläge nicht gebunden!
Sie kann da einfach sagen: "Nö machen wir nicht"
Und schon schauen sowohl EU Bürger, EU Parlament und europäischer Rat dumm aus der Wäsche..

Es gibt keine Möglichkeit der Gesetzgebung an der Kommission vorbei. Das ist mein zentraler Kritikpunkt!
Nein, den Text deuten Sie nicht richtig: Ganz platt: Die EU-Kommission ist dem EU-Ministerrat nachgeordnet, sagen wir hier einmal als Rechtsabteilung. Sie darf keine Gesetze aus eigener Veranlassung vorschlagen und ausarbeiten. Insofern täuscht Sie der Text: Es ist wahr, daß niemand sonst in der EU diese Gesetze ausarbeiten darf. Das darf nur die Kommission!

Das Vorschlagsrecht liegt nur beim Ministerrat. Der schlägt nach interner Beratung ein Gesetz vor, und die EU-Kommission macht daraus einen rechtlich sauberen Text in den offiziellen Sprachen der EU. Meist werden diese Gesetze ratifiziert, will heißen: Teil des nationalen Rechts nach Beratung im nationalen Parlament. Die EU-Staaten sind sich in dieser Verfahrensweise sehr ähnlich; aber manchmal quietscht das ein wenig, siehe Verteilungsquote für Asylbewerber.

Die EU-Kommission ist auch ein wenig "Regierung" der EU. Mit ihren vielen Kommissaren und Fachleuten ist die Kommission auch ganz ordentlich mit Sachverstand ausgestattet. So lange sie sich im Rahmen der EU-Gesetze bewegt, bekommt sie dabei auch keinen Ärger mit dem EU-Ministerrat. In dem Fall dürfte sich der Präsident des EU-Ministerrats (derzeit Herr Tusk) ganz vertrauensvoll beim EU-Kommissionspräsidenten (derzeit Herr Juncker) melden und ihn um Kurskorrektur bitten. Ungeschützt sage ich hier einmal, daß der Ministerrat die EU-Kommission aus dem Amt schmeißen kann, wenn die etwas anderes tut als der Ministerrat beschlossen hat.

Ansonsten bin ich begeistert: Bitte mehr EU und weniger Nationalstaat. Aber bis dahin ist noch eine ärgerlich lange Wegstrecke zurück zu legen... sie ist zuletzt sogar länger geworden. Das erfüllt mich mit Zorn. Ich würde die Nationalisten von allen Vorzügen der EU abschneiden. Sollen sie doch klagen und -exiten. Da geht nichts verloren, aber viel ist zu gewinnen.
Zuletzt geändert von H2O am Fr 20. Jul 2018, 08:27, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Senexx »

Europa2050 hat geschrieben:(20 Jul 2018, 08:19)

Ja, was Du schreibst, ist das einzig vernünftige.

Unser Problem ist, dass wir uns inzwischen in den meisten Dingen nach außen benehmen wie ein Bundesstaat, aber nach innen keiner sind.

Und erst wenn die Wähler nach politischer Präferenz (Konservativ-Liberal-links-grün-...) wählen und nicht nach Nationalität haben wir die Probleme los.

Wenn dann dieses Parlament z.B. eine Linie in Sachen Flüchtlinge festlegt und ggf. die Gerichte diese für verfassungskonform halten, dann gilt die - in Berlin wie in Budapest. (Auch wenn da etwas rauskommen sollte, das einzelnen Teilen nicht passt).

Aber soweit ist man in Europa noch nicht, bzw. befürchte ich, war man da schon mal weiter.
Europa-Listen fördern die Entfremdung zwischen EU und Bürgern. Wenn da irgendwelche Abgeordnete aus Randregionen draufstehen, die man nicht kennt, die man nicht verstehen kann, die man nicht einschätzen kann. Eine Pesönlichkeitswahl wie in den USA ohne Landeslisten wäre viel sinnvoller.

Aber die EU setzt ja darauf, die Entfremdung immer weiter zu vergrößern.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Europa2050 »

Senexx hat geschrieben:(20 Jul 2018, 08:26)

Europa-Listen fördern die Entfremdung zwischen EU und Bürgern. Wenn da irgendwelche Abgeordnete aus Randregionen draufstehen, die man nicht kennt, die man nicht verstehen kann, die man nicht einschätzen kann. Eine Pesönlichkeitswahl wie in den USA ohne Landeslisten wäre viel sinnvoller.

Aber die EU setzt ja darauf, die Entfremdung immer weiter zu vergrößern.
Weiß nicht.

Also (nur zum Beispiel) ich würde mich von einem Liberalen aus Portugal besser vertreten fühlen, als von einem Linken aus Berlin.
Vorausgesetzt, der genannte Politiker wäre in erster Linie Liberaler und nicht Portugiese.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Senexx »

Europa2050 hat geschrieben:(20 Jul 2018, 08:29)

Weiß nicht.

Also (nur zum Beispiel) ich würde mich von einem Liberalen aus Portugal besser vertreten fühlen, als von einem Linken aus Berlin.
Vorausgesetzt, der genannte Politiker wäre in erster Linie Liberaler und nicht Portugiese.
Der Liberale aus Portugal weiß im Zweifel noch nicht einmal, wo Ihr Wahkreis liegt und welche Problem der hat. Diese Vorstellung ist Traumtänzerei.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Senexx hat geschrieben:(20 Jul 2018, 08:26)

Europa-Listen fördern die Entfremdung zwischen EU und Bürgern. Wenn da irgendwelche Abgeordnete aus Randregionen draufstehen, die man nicht kennt, die man nicht verstehen kann, die man nicht einschätzen kann. Eine Pesönlichkeitswahl wie in den USA ohne Landeslisten wäre viel sinnvoller.

Aber die EU setzt ja darauf, die Entfremdung immer weiter zu vergrößern.
Das ist auch meine Befürchtung. Man müßte die Parteilisten weiterhin mit nationalen Bewerbern national wählen können, aber die europaweite Partei müßte für ein gemeinsam verabschiedetes Programm stehen, das die nationalen Bewerber dann i ihren Ländern vertreten.

Die Folge davon wird die degressive Stimmenzuordnung je Partnerstaat bleiben: Ein EU-Abgeordneter aus Malta vertritt im Parlament (Spielzahl!) 100.000 Bewohner Maltas, ein deutscher Abgeordneter über 800.000. Dafür gibt es nur wenige Abgeordnete aus Malta., aber immerhin gibt es sie. Bei 1 Wahlberechtigter gleich 1 Stimmgewicht wäre das vermutlich nicht mehr gesichert. Ich meine, wenn das klar erkannt ist, dann kann man mit den unterschiedlichen Stimmengewichten leben.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Senexx hat geschrieben:(20 Jul 2018, 08:35)

Der Liberale aus Portugal weiß im Zweifel noch nicht einmal, wo Ihr Wahkreis liegt und welche Problem der hat. Diese Vorstellung ist Traumtänzerei.
So gerne ich dem Kollegen Europa2050 zustimmen würde... da hat der Kollege Senexx wohl Recht.
Aber wer oder was hindert den Kollegen Europa2050, einen liberalen Bewerber aus Deutschland ins EU-Parlament zu entsenden?

Der Plan des Kollegen Europa2050 könnte sich eines sehr fernen Tages erfüllen, wenn man auf 1 Mann gleich 1 Stimmgewicht mit europaweiten Parteien übergehen könnte. Warum soll dann nicht ein sehr freundlicher Liberaler aus Portugal viel Zustimmung in Deutschland finden. Dann müssen die Wähler aber auch diesen Abgeordneten verstehen, in Finnland, Griechenland und Ungarn so wie in Portugal und Irland... die gemeinsame Umgangssprache fehlt uns Europäern eben. Das bleibt noch für Jahrhunderte unsere Besonderheit, die uns zu besonderen politischen Gemeinschaftslösungen nötigt.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Welfenprinz »

Ihre Behauptungen sind falsch
Genauso wie H2O das erklärt,hab ich das mal auf einer Versammlung vom EU -Referenten der LWK Hannover gehört. Also ,der Mann vor Ort hat uns mal so von ganz klein auf für dummies erzählt,wie so ein EU Gesetz ,über das nachher alle schimpfen :D ,überhaupt entsteht.

Initiative Nationalregierungen,Umsetzungen Kommission.
Der hat das Bild eines “schwarzen Brettes“ gebraucht,an dem jeder(Nationalstaat) einen quasi Wunschzettel :p dran pinnt,und dann werden die Zettel (von der Kommission) abgenommen und ausgewertet.
Sterben kann nicht so schlimm sein,sonst würden es nicht so viele tun.
Lt. griinpissstudien stirbt eine Ratte, wenn ihr ein 200l-Fass Glyphosat auf den Kopf fällt.
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H2O
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Welfenprinz hat geschrieben:(20 Jul 2018, 09:07)

Genauso wie H2O das erklärt,hab ich das mal auf einer Versammlung vom EU -Referenten der LWK Hannover gehört. Also ,der Mann vor Ort hat uns mal so von ganz klein auf für dummies erzählt,wie so ein EU Gesetz ,über das nachher alle schimpfen :D ,überhaupt entsteht.

Initiative Nationalregierungen,Umsetzungen Kommission.
Der hat das Bild eines “schwarzen Brettes“ gebraucht,an dem jeder(Nationalstaat) einen quasi Wunschzettel :p dran pinnt,und dann werden die Zettel (von der Kommission) abgenommen und ausgewertet.
Vermutlich wird heute der Präsident des Ministerrats, derzeit Herr Tusk, diese Wunschzettel einsammeln und auswerten. Denn ohne gemeinsame Beratung im Ministerrat geht doch kein Wunsch nach einem Gesetz an die Kommission. Herr Tusk wird also zu einer Sitzung des EU-Ministerrats einladen und die Tagesordnung dafür anhand der Wunschzettel zusammenstellen. Danach kann der Ministerrat die Kommission beauftragen, einen Gesetzestext an zu fertigen.
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Julian
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Julian »

H2O hat geschrieben:(20 Jul 2018, 08:38)
Die Folge davon wird die degressive Stimmenzuordnung je Partnerstaat bleiben: Ein EU-Abgeordneter aus Malta vertritt im Parlament (Spielzahl!) 100.000 Bewohner Maltas, ein deutscher Abgeordneter über 800.000. Dafür gibt es nur wenige Abgeordnete aus Malta., aber immerhin gibt es sie. Bei 1 Wahlberechtigter gleich 1 Stimmgewicht wäre das vermutlich nicht mehr gesichert. Ich meine, wenn das klar erkannt ist, dann kann man mit den unterschiedlichen Stimmengewichten leben.
Man kann damit nur leben, wenn man auf demokratische Prozesse nicht so viel Wert legt. Es ist höchst undemokratisch, wenn die Stimme eines Bürgers zehnmal so viel Gewicht hat wie die eines anderen.

Es wurde ja immer wieder bestritten, dass die EU ein demokratisches Defizit habe. Das unterschiedliche Stimmengewicht ist ein Beispiel dafür.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von watisdatdenn? »

Brainiac hat geschrieben:(20 Jul 2018, 07:52)
Dann verstehe ich dich recht, dass du für echte europaweite Listen / Parteien und Wahlkämpfe eintrittst, die dann ein EU-Parlament wählen, aus dem dann wiederum eine echte, solcherart vom europäischen Volk gewählte EU-Regierung resultiert? Mit allen aktiven legislativen Befugnissen beim EU-Parlament analog zum deutschen Bundestag für Deutschland?
Genau!

Eine kleine Geschichte dazu:
Ich habe vor etwa einem Jahr mit Engländern gesprochen die für Brexit gestimmt haben.
Neben der Angst Flüchtlinge aufzunehmen und die Nettokosten für UK war auch der Ärger über die undemokratische Struktur der EU (EU Kommission) genau ein Argument, welches sie zu ihrer Wahl veranlasst hat.
Ich konnte das sehr gut nachvollziehen..
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von watisdatdenn? »

Welfenprinz hat geschrieben:(20 Jul 2018, 09:07)
Initiative Nationalregierungen,Umsetzungen Kommission.
Der hat das Bild eines “schwarzen Brettes“ gebraucht,an dem jeder(Nationalstaat) einen quasi Wunschzettel :p dran pinnt,und dann werden die Zettel (von der Kommission) abgenommen und ausgewertet.
Ich finde das bildliche Beispiel gut.
Ich hab das so verstanden:

Das gute ist: Es darf nicht nur die ein Nationalstaat seine Wunschzettel dran pinnen, sondern auch das EU Parlament und sogar EU Bürger in einer europäischen Bürgerinitiative.
Soweit so gut!

Das Problem ist nun: Die EU Kommission kann mit den Wunschzetteln auf der Pinnwand machen was sie will!
Sie kann sich damit das schmutzige Hinternteil säubern, darüber philosophieren, oder eben darauf basierend einen konkreten Gesetzesvorschlag erarbeiten und zur Abstimmung bringen.

Das Problem für den europäischen Rat, für das Parlament und die europäischen Bürger ist, dass sie nur Wunschzettel schreiben können um ein neues EU Gesetz zu starten, die ebenso verbindlich für die EU Kommission wie echte Wunschzettel sind!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Welfenprinz »

watisdatdenn? hat geschrieben:(20 Jul 2018, 10:12)



Das Problem ist nun: Die EU Kommission kann mit den Wunschzetteln auf der Pinnwand machen was sie will!
Sie kann sich damit das schmutzige Hinternteil säubern, darüber philosophieren, oder eben darauf basierend einen konkreten Gesetzesvorschlag erarbeiten.

!

Gut,das kann ich nicht beurteilen. Berücksichtigen muss man wohl ,dass am Ende 27 Vorstellungen untergebracht sein wollen.Da mag wohl mancher konstatieren,dass von seinen eigenen Vorstellungen doch gar nix mehr zu erkennen ist.

Eine Schwäche mag weiterhin sein,dass die Kommissionsbesetzung durch die Person(Nation) eine Amtszeit sehr stark richtungsprägt. Ein EU Agrarkommissar(sorry,aber Agrar ist nun mal DAS gemeinsame Politikfeld der EU seit 1963) Fischler aus Österreich (ciolos,Rumänien) setzen tatsächlich ganz andere Akzente und Richtungen als der Holländer Andriesen oder der Ire Hogan. Darunter leiden natürlich langfristig Kontinuität und Verlässlichkeit. Hier könnte ich mir schon en detail eine Verbesserung vorstellen dahingehend,dass Grundsätze formuliert werden,die über der Person(Nation) stehen.

Auch die Kritik an der Rolle des EU-Parlaments finde ich grundsätzlich berechtigt. Es war 1979,ich war stolzer Erstwähler und ich habe(war es im Juni?) das erste EU Parlament mitgewählt. :p

Das ist 40Jahre her. Gut,dass es am Anfang eine reine Statistenveranstaltung war,war irgendwie hinnehmbar. Hauptsache ein Anfang.

Aber inzwischen muss man sagen,dass da in der Entwicklung einer starken Funktion des Parlaments in 40 Jahren durchaus hätte mehr passieren müssen.
Gerade wegen der Erweiterungen auf 27 Staaten. Für deren gemeinsame Willensbildung ist die Konstruktion aus Rat und Kommission nicht mehr so gut geeignet.
Sterben kann nicht so schlimm sein,sonst würden es nicht so viele tun.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Humelix33 »

Die EU Kommission tut nur Dienst nach Vorschrift, von daher wäre eine Reform gleichbedeutend mit dem Ende der Vereinigten Staaten von Europa. Es ist seit dem Lissabonvertrag nunmal vorgesehen, dass die Kommission stetig neue Gesetze prüft und zur Beschlussvorlage vorlegt, die mehr und mehr nationalen Gesetze damit aushebeln werden.

Die Bevölkerung der EU muss entscheiden was sie will, Viele wissen einfach nicht, dass nationale Parlamente irgendwann vollständig unnütz sein werden, und alles in Brüssel entschieden werden soll.

Der Zuspruch, der, trotz sinkender Zahlen, immer noch halbwegs da ist, beruht daher auch bei nicht wenigen Leuten auf das alte EU Bild oder die "alte" EU, vor dem Lissabonvertrag z.B. . Wenn man mit den Menschen darüber spricht, was da wirklich zukommt, ist die Zustimmung an einer Hand abzuzählen.

Das, was jetzt an Kritik und Widerstand zu sehen ist wird in naher Zukunft, als Kindergeburtstag gelten, es wird erst richtig losgehen.
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