Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

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Orbiter1
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

LiberalKonservativ hat geschrieben:(19 Nov 2018, 17:14)

Am Wochenende gab es Zwei Meinungsartikel zur Zukunft Europas:
Jelte Wiersma sieht in Tichyseinblick ein Endspiel angebrochen und positioniert sich klar gegen die "ever closer union": https://www.tichyseinblick.de/wirtschaf ... sische-eu/
Der Artikel strotzt vor Unwahrheiten. EU-Staaten die keinen Bock mehr darauf haben die Verpflichtungen der EU-Verträge einzuhalten, haben in der EU nichts verloren und sollten sie gefälligst verlassen. Wie das geht zeigt ja gerade GB.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

LiberalKonservativ hat geschrieben:(19 Nov 2018, 17:14)
Es deutet alles auf die Fortsetzung des "religiös verfahrenen deutschen Dogma der immer enger werdenden Union (ever closer union)" (Wiersma) hin. Siehe Eurobudget, Armee, ESM -> EMF, europäische Arbeitslosenversicherung etc. Es wird spannend, wie viele fait accompli noch vor der Wahl im Mai 2019 geschaffen werden.
Ich sehe nicht, was eine EU-Armee, der ESM oder dann EMF, eine europäische Arbeitslosenversicherung und eine gemeinsame Grenzsicherung mit Dogmen zu tun haben. Eine EU-Armee kann allen Staaten Geld sparen, ein ESM beziehungsweise die Bankenunion können zukünftige Bankeninsolvenzen in einem geregelten Verfahren abwickeln, eine gemeinsame Grenzsicherung ist effektiver als bilaterale Rücknahmevereinbarungen im Rahmen der zu reformierenden Dublin-Verordnung und eine europäische Arbeitslosenversicherung könnte zumindestens Kurzarbeitergeld bei einem dicken eu-weiten Konjunkturcrash wie 2009 zahlen und so Arbeitsplätze sichern.
Ich empfehle, sich einmal in den einzelnen Punkten sachkundig zu machen und sinnvolle Gegenvorschläge zu unterbreiten.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Maikel »

Wähler hat geschrieben:(19 Nov 2018, 18:34)

Eine EU-Armee kann allen Staaten Geld sparen
Nicht, so lange sie noch Teil der NATO ist und es in der NATO die Vereinbarung gibt, daß 2% des BSP für Verteidigung auszugeben sind.

Es ist zwar richtig, daß eine Zusammenarbeit der EU-Staaten z.B. die zu beschaffenden Ausrüstungs-Gegenstände günstiger machen kann, aber dann müßte man mehr davon anschaffen, um das 2%-Ziel zu erreichen...
Die menschliche Sprache ist einzigartig, aber nicht eindeutig.
Jeder Versuch, sich mitzuteilen, kann nur mit dem Wohlwollen der anderen gelingen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Senexx »

Streit ums Geld

Der EU-Haushalt ist vorerst gescheitert, weil man sich nicht über die Finanzierung von Ausgabensteigerungen einigen konnte. Der Größenwahn der EU zeitig erste Folgen. Außerdem wirft der Brexit seinen Schatten voraus.

Das Scheitern des Haushalts ist erstmal eine gute Nachricht.

https://www.bild.de/politik/ausland/pol ... .bild.html
Ger9374

Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Ger9374 »

Senexx hat geschrieben:(20 Nov 2018, 08:01)

Streit ums Geld

Der EU-Haushalt ist vorerst gescheitert, weil man sich nicht über die Finanzierung von Ausgabensteigerungen einigen konnte. Der Größenwahn der EU zeitig erste Folgen. Außerdem wirft der Brexit seinen Schatten voraus.

Das Scheitern des Haushalts ist erstmal eine gute Nachricht.

https://www.bild.de/politik/ausland/pol ... .bild.html


Sehe ich auch so, weil die unkritische Abnickerei selbst von den kleinen E. U Ländern inzwischen obsolet erkannt wurde. Natürlich handelt Berlin wie gewohnt, Unkontrolliertes Kohle abdrücken:-(
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Ger9374 hat geschrieben:(20 Nov 2018, 22:17)

Sehe ich auch so, weil die unkritische Abnickerei selbst von den kleinen E. U Ländern inzwischen obsolet erkannt wurde. Natürlich handelt Berlin wie gewohnt, Unkontrolliertes Kohle abdrücken:-(
So unkontrolliert ist die Bereitstellung von Mitteln aus dem Bundeshaushalt gar nicht. Für die deutsche Wirtschaft ist es wichtig, daß die EU sich weiter entwickelt, damit die Zusammenarbeit verbessert werden kann, neue Kunden heran reifen und Fachkräfte gern in Deutschland eine Arbeit annehmen. Da ist es gut, mit Zugewinnen zu locken. Auch muß der BREXIT im EU-Haushalt verkraftet werden. Ein gerütteltes Maß der Nettozahlungen GBs wird wohl Deutschland zu tragen haben... und kann damit auch sehr gezielt Politik machen.
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Orbiter1
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Ich werde niemals begreifen wieso man diese abgrundtief korrupten Osteuropastaaten in die EU aufnehmen konnte. Über den Mißbrauch per Goldenem Visum EU-Bürger zu werden ist schon viel geschrieben worden. Dazu müssen in Zypern interessierte Leute (meistens Russen oder Chinesen) pro Person 2 Mio Euro auf den Tisch legen. Der Dienst wurde in den letzten 10 Jahren über 3.000 mal genutzt. In Bulgarien reichen schon wenige Tausend Euro um aus einen "Auslandsbulgaren" einen richtigen Bulgaren und damit einen EU-Bürger zu machen.

"Um einen Antrag zu stellen, reicht es, sich selbst als Bulgaren zu deklarieren. In nachfolgenden Schritten müssen dann eigentlich weitere Nachweise über verwandtschaftliche Beziehungen und Abstammung erbracht werden; eigentlich, denn die Bestimmungen werden oft nicht durchgesetzt. Der Korruptionsring in der Staatsagentur für Auslandbulgaren, der nun aufgeflogen ist, hat laut der Staatsanwaltschaft gegen die Bezahlung von mehreren tausend Euro oft gefälschte Bestätigungen von Vereinen als Nachweis für die bulgarische Abstammung anerkannt. Diese Vereine der Auslandbulgaren arbeiten höchst intransparent. Zusammen mit Mittelsleuten haben einige von ihnen das Geschäft mit den Einbürgerungen offensichtlich zu einer ergiebigen Ertragsquelle gemacht.
In den letzten 15 Jahren wurden so 115 000 Menschen eingebürgert. Wie viele dieser Entscheidungen auf gefälschten Zertifikaten beruhten, ist unklar." Quelle: https://www.nzz.ch/international/bulgar ... ld.1438225

Was immer da jetzt an Aktionismus losgetreten wird um diese Praxis in Zukunft zu verhindern, ändern wird sich nichts.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von LiberalKonservativ »

Wähler hat geschrieben:(19 Nov 2018, 18:34)

Ich sehe nicht, was eine EU-Armee, der ESM oder dann EMF, eine europäische Arbeitslosenversicherung und eine gemeinsame Grenzsicherung mit Dogmen zu tun haben. Eine EU-Armee kann allen Staaten Geld sparen, ein ESM beziehungsweise die Bankenunion können zukünftige Bankeninsolvenzen in einem geregelten Verfahren abwickeln, eine gemeinsame Grenzsicherung ist effektiver als bilaterale Rücknahmevereinbarungen im Rahmen der zu reformierenden Dublin-Verordnung und eine europäische Arbeitslosenversicherung könnte zumindestens Kurzarbeitergeld bei einem dicken eu-weiten Konjunkturcrash wie 2009 zahlen und so Arbeitsplätze sichern.
Ich empfehle, sich einmal in den einzelnen Punkten sachkundig zu machen und sinnvolle Gegenvorschläge zu unterbreiten.
Es ist das Dogma der "ever closer union". Aber einmal Punkt für Punkt:
1. EU-Armee: War bereits ursprünglich unter Adenauer angedacht (europäische Verteidigungsgemeinschaft), da die deutsche Wiederbewaffnung nur mit Westbindung und Kontrolle durch die westlichen Siegermächte denkbar war. Wurde allerdings von den Franzosen insebs. Gaullisten, die einen Souveränitätsverlust befürchteten, abgelehnt.
Hier zeigt sich exemplarisch eine sehr entscheidende Sache: Für die noch junge, NICHT souveräne BRD bedeutete die "europäische Integration" bis zur Wiedervereinigung einen Souveränitätsgewinn von den Siegermächten. Für alle anderen Staaten bedeutete die "europäische Integration" meist eher Souveränitätsverzicht. Meine Meinung zur EU-Armee: Als reine Verteidigungsarmee total sinnvoll. Leider geht es aber genau in die Richtung "Deutschland/Europa muss mehr internationale Verantwortung übernehmen", was Neusprech ist für "internationale Militär Interventionen" = Demokratie herbeibomben wie in Libyen unter Federführung der Franzosen oder Frankreichs billigen Uran-Nachschub in Mali und Niger zu sichern. Diese Art von europäische Armee lehne ich dankend ab.

2. ESM/EMF, Bankenunion inkl. EDIS, sowie europ. Sozversicherungen: Risiko-, Schuldenvergemeinschaftung. Ist Dogma ("ever closer union") und wird nur zu Zank führen, genau so wie der "Eurozonenbudget" genannte Länderfinanzausgleich.

Das eigentliche Problem ist doch, dass jetzt endlich mal eine Diskussion erfolgen muss, was überhaupt das Ziel des europäischen Projekts ist. In vielen Beiträgen ist zu lesen, die EU müsse sich reformieren/dürfe nicht still stehen/muss weiterentwickelt werden etc. Aber was soll überhaupt das Ziel sein?
Zuletzt geändert von LiberalKonservativ am Fr 23. Nov 2018, 21:40, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von LiberalKonservativ »

Orbiter1 hat geschrieben:(19 Nov 2018, 17:45)

Der Artikel strotzt vor Unwahrheiten. EU-Staaten die keinen Bock mehr darauf haben die Verpflichtungen der EU-Verträge einzuhalten, haben in der EU nichts verloren und sollten sie gefälligst verlassen. Wie das geht zeigt ja gerade GB.
Nö, der strotzt nicht vor Unwahrheiten. Deutschland hatte auch keinen bock sich an No-Bail-Out, Maastricht-Kriterien, etc. zu halten.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von LiberalKonservativ »

Orbiter1 hat geschrieben:(22 Nov 2018, 13:51)

Ich werde niemals begreifen wieso man diese abgrundtief korrupten Osteuropastaaten in die EU aufnehmen konnte. Über den Mißbrauch per Goldenem Visum EU-Bürger zu werden ist schon viel geschrieben worden. Dazu müssen in Zypern interessierte Leute (meistens Russen oder Chinesen) pro Person 2 Mio Euro auf den Tisch legen. Der Dienst wurde in den letzten 10 Jahren über 3.000 mal genutzt. In Bulgarien reichen schon wenige Tausend Euro um aus einen "Auslandsbulgaren" einen richtigen Bulgaren und damit einen EU-Bürger zu machen.

"Um einen Antrag zu stellen, reicht es, sich selbst als Bulgaren zu deklarieren. In nachfolgenden Schritten müssen dann eigentlich weitere Nachweise über verwandtschaftliche Beziehungen und Abstammung erbracht werden; eigentlich, denn die Bestimmungen werden oft nicht durchgesetzt. Der Korruptionsring in der Staatsagentur für Auslandbulgaren, der nun aufgeflogen ist, hat laut der Staatsanwaltschaft gegen die Bezahlung von mehreren tausend Euro oft gefälschte Bestätigungen von Vereinen als Nachweis für die bulgarische Abstammung anerkannt. Diese Vereine der Auslandbulgaren arbeiten höchst intransparent. Zusammen mit Mittelsleuten haben einige von ihnen das Geschäft mit den Einbürgerungen offensichtlich zu einer ergiebigen Ertragsquelle gemacht.
In den letzten 15 Jahren wurden so 115 000 Menschen eingebürgert. Wie viele dieser Entscheidungen auf gefälschten Zertifikaten beruhten, ist unklar." Quelle: https://www.nzz.ch/international/bulgar ... ld.1438225

Was immer da jetzt an Aktionismus losgetreten wird um diese Praxis in Zukunft zu verhindern, ändern wird sich nichts.
Sie werden es nie begreifen, da Sie vermutlich an die "europäischen Werte" glauben. Es ging a) um die Öffnung der osteuropäischen Absatz- und billig Arbeitsmärkte und b) um die geostrategische Verfestigung nach dem Zusammenbruch der UdSSR, da die EU auch als politischer Arm der NATO gesehen werden kann, sprich um den expansiven Drang der Brüssler Imperialisten.
Golden Visa kosten übringens 200k in Deutschland, wobei die offenbar investiert werden müssen. https://citizenshipshop.com/product/ger ... lden-visa/
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(19 Nov 2018, 18:34)
Ich sehe nicht, was eine EU-Armee, der ESM oder dann EMF, eine europäische Arbeitslosenversicherung und eine gemeinsame Grenzsicherung mit Dogmen zu tun haben. Eine EU-Armee kann allen Staaten Geld sparen, ein ESM beziehungsweise die Bankenunion können zukünftige Bankeninsolvenzen in einem geregelten Verfahren abwickeln, eine gemeinsame Grenzsicherung ist effektiver als bilaterale Rücknahmevereinbarungen im Rahmen der zu reformierenden Dublin-Verordnung und eine europäische Arbeitslosenversicherung könnte zumindestens Kurzarbeitergeld bei einem dicken eu-weiten Konjunkturcrash wie 2009 zahlen und so Arbeitsplätze sichern.
Ich empfehle, sich einmal in den einzelnen Punkten sachkundig zu machen und sinnvolle Gegenvorschläge zu unterbreiten.
LiberalKonservativ hat geschrieben:(23 Nov 2018, 21:28)
Es ist das Dogma der "ever closer union". Aber einmal Punkt für Punkt:
1. EU-Armee: War bereits ursprünglich unter Adenauer angedacht (europäische Verteidigungsgemeinschaft), da die deutsche Wiederbewaffnung nur mit Westbindung und Kontrolle durch die westlichen Siegermächte denkbar war. Wurde allerdings von den Franzosen insebs. Gaullisten, die einen Souveränitätsverlust befürchteten, abgelehnt.
Hier zeigt sich exemplarisch eine sehr entscheidende Sache: Für die noch junge, NICHT souveräne BRD bedeutete die "europäische Integration" bis zur Wiedervereinigung einen Souveränitätsgewinn von den Siegermächten. Für alle anderen Staaten bedeutete die "europäische Integration" meist eher Souveränitätsverzicht. Meine Meinung zur EU-Armee: Als reine Verteidigungsarmee total sinnvoll. Leider geht es aber genau in die Richtung "Deutschland/Europa muss mehr internationale Verantwortung übernehmen", was Neusprech ist für "internationale Militär Interventionen" = Demokratie herbeibomben wie in Libyen unter Federführung der Franzosen oder Frankreichs billigen Uran-Nachschub in Mali und Niger zu sichern. Diese Art von europäische Armee lehne ich dankend ab.
2. ESM/EMF, Bankenunion inkl. EDIS, sowie europ. Sozversicherungen: Risiko-, Schuldenvergemeinschaftung. Ist Dogma ("ever closer union") und wird nur zu Zank führen, genau so wie der "Eurozonenbudget" genannte Länderfinanzausgleich.
Das eigentliche Problem ist doch, dass jetzt endlich mal eine Diskussion erfolgen muss, was überhaupt das Ziel des europäischen Projekts ist. In vielen Beiträgen ist zu lesen, die EU müsse sich reformieren/dürfe nicht still stehen/muss weiterentwickelt werden etc. Aber was soll überhaupt das Ziel sein?
Das mit den Zielen wurde hier im Forum schon diskutiert:
siehe auch:
Wähler hat geschrieben:Re: Die Idee von einer europäischen Nation ist eine Illusion(07 May 2016, 16:50)
http://www.wiwo.de/politik/europa/fuenf ... 4-all.html
Wirtschaftswoche 31. Juli 2015 Wie sieht Europa im Jahr 2030 aus? Wissenschaftler haben fünf Szenarien entwickelt
Die 5 Szenarien sind vielleicht zu schematisch und wirtschaftslastig, zeigen aber die Bandbreite der möglichen Entwicklung
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

LiberalKonservativ hat geschrieben:(23 Nov 2018, 21:39)

Golden Visa kosten übringens 200k in Deutschland, wobei die offenbar investiert werden müssen. https://citizenshipshop.com/product/ger ... lden-visa/
Ich habe bei den Vorgängen in Bulgarien vom Erwerb der Staatsbürgerschaft geschrieben, nicht von einer zeitlich begrenzten Aufenthaltsgenehmigung. Der Mißbrauch ist in manchen Ländern exzessiv.

"Für Länder wie Griechenland, Zypern, Portugal und Malta haben die golden visa erhebliches wirtschaftliches Gewicht. Zypern hat 2016 aus dem Verkauf von Pässen rund vier Milliarden Euro eingenommen, im Tourismus erwirtschaftet die Insel 2,5 Milliarden." Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/201 ... ngen-5vor8
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Wähler hat geschrieben:(24 Nov 2018, 08:13)

Das mit den Zielen wurde hier im Forum schon diskutiert:
siehe auch:

http://www.wiwo.de/politik/europa/fuenf ... 4-all.html
Wirtschaftswoche 31. Juli 2015 Wie sieht Europa im Jahr 2030 aus? Wissenschaftler haben fünf Szenarien entwickelt
Die 5 Szenarien sind vielleicht zu schematisch und wirtschaftslastig, zeigen aber die Bandbreite der möglichen Entwicklung
Über die zukünftige Ausrichtung der EU gibt es doch schon längst 5 mögliche Szenarien die von der EU-Kommission erarbeitet und in einem Weißbuch dokumentiert wurden. Da reicht die Bandbreite von zurück in die EWG bis zur Ever-Closer-Union. Der formelle Prozess in welche Richtung es geht sollte eigentlich noch vor den Europawahlen im Juni beginnen. Quelle: https://ec.europa.eu/germany/news/weiss ... ft_eu27_de
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(24 Nov 2018, 08:37)

Ich habe bei den Vorgängen in Bulgarien vom Erwerb der Staatsbürgerschaft geschrieben, nicht von einer zeitlich begrenzten Aufenthaltsgenehmigung. Der Mißbrauch ist in manchen Ländern exzessiv.

"Für Länder wie Griechenland, Zypern, Portugal und Malta haben die golden visa erhebliches wirtschaftliches Gewicht. Zypern hat 2016 aus dem Verkauf von Pässen rund vier Milliarden Euro eingenommen, im Tourismus erwirtschaftet die Insel 2,5 Milliarden." Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/201 ... ngen-5vor8
Solche Machenschaften zu Lasten der Europäischen Union führen doch fast wie von allein zur Vergabe europäischer Pässe ausschließlich durch die EU-Verwaltung; will sagen, die großzügig verteilte "Unionsbürgerschaft" ist ungeeignet in den Händen korrupter Verwaltungen. Was weiterhin bedeutet, daß "Schengen" und die 4 Grundfreiheiten in der EU allein von Europäern mit dieser Unionsbürgerschaft genutzt werden dürfen. Grenzkontrollen sind dann unerläßlich, zumindest zu Staaten, die bekanntermaßen leichtfertig "Unionsbürgerschaften" verteilen. Schade, aber so ist die Welt!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Die Schweizer haben im Rahmen einer Volksabstimmung die Selbstbestimmungsinitiative mit 2/3 der Stimmen abgelehnt. Danach steht das Völkerrecht in der Schweiz nach wie vor über nationalem Recht. Man beugt sich z B weiterhin den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Ein Mut machendes Zeichen in Zeiten des zunehmenden Nationalismus.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Euractiv 29. November 2018 Scholz´ Bekenntnis zu Europa
https://www.euractiv.de/section/europak ... zu-europa/
"„Die europäischen Staaten haben ungefähr 180 unterschiedliche Waffensysteme, die USA 30. Das ist teuer, das ist ineffizient, und es ist überflüssig. Denn es stellt eine engere Kooperation der EU-Armeen vor unnötige Schwierigkeiten. Deshalb sollten die nationalen Regierungen in einem ersten Schritt bei der Beschaffung viel enger zusammenarbeiten,“ argumentierte der Finanzminister."
"„Zwar haben wir mit dem EU-Haushalt heute bereits ein Instrument, welches öffentliche Investitionen in Kohäsionsländern auch in der Krise stabilisiert. Und natürlich muss jeder Mitgliedstaat eigenverantwortlich dafür sorgen, dass er in der Lage ist, in einer Krise zu handeln. Wir brauchen aber weitere Handlungsinstrumente, um auf zyklische wirtschaftliche Schwächephasen reagieren zu können. Ich halte es daher für richtig, mit einem Eurozonen-Budget sicherzustellen, dass diese Mittel dem betroffenen Mitgliedsstaat auch und gerade in Schwächephasen weiterhin zur Verfügung stehen.“"
Irgendeine Art Eurozonen-Budget dürfte als Entgegenkommen für Frankreich herausspringen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(01 Dec 2018, 10:19)

Euractiv 29. November 2018 Scholz´ Bekenntnis zu Europa
https://www.euractiv.de/section/europak ... zu-europa/
"„Die europäischen Staaten haben ungefähr 180 unterschiedliche Waffensysteme, die USA 30. Das ist teuer, das ist ineffizient, und es ist überflüssig. Denn es stellt eine engere Kooperation der EU-Armeen vor unnötige Schwierigkeiten. Deshalb sollten die nationalen Regierungen in einem ersten Schritt bei der Beschaffung viel enger zusammenarbeiten,“ argumentierte der Finanzminister."
"„Zwar haben wir mit dem EU-Haushalt heute bereits ein Instrument, welches öffentliche Investitionen in Kohäsionsländern auch in der Krise stabilisiert. Und natürlich muss jeder Mitgliedstaat eigenverantwortlich dafür sorgen, dass er in der Lage ist, in einer Krise zu handeln. Wir brauchen aber weitere Handlungsinstrumente, um auf zyklische wirtschaftliche Schwächephasen reagieren zu können. Ich halte es daher für richtig, mit einem Eurozonen-Budget sicherzustellen, dass diese Mittel dem betroffenen Mitgliedsstaat auch und gerade in Schwächephasen weiterhin zur Verfügung stehen.“"
Irgendeine Art Eurozonen-Budget dürfte als Entgegenkommen für Frankreich herausspringen.
Mit solchen Bekenntnissen habe ich gedankliche Schwierigkeiten. Von einem Minister hätte ich erwartet, daß er mit seinen Möglichkeiten gestalten will. Um meine Gedanken zu erläutern: Warum sagt Finanzminister Scholz nicht, wie er den unbedingt notwendigen Rückschnitt der Waffensysteme auf den Weg bringen möchte? Etwa mit Hilfe deutscher Beschaffungsmaßnahmen gemeinsam mit der Verteidigungsministerin Frau von der Leyen? Nur einen sattsam bekannten Mißstand beklagen, das ist doch zu wenig!

Mit dem Finanzthema kenne ich mich nicht gut genug aus; ich meine, daß anläßlich des letzten Macron-Besuchs ein vergleichsweise kleiner Betrag für Investitionen der Euro-Gruppe oder der EU (?) beschlossen wurde. Ok, da hat sich die Bundesregierung dem Anliegen des französischen Präsidenten nicht platt verweigert, aber durch die Höhe des Budgets zugleich eine Haltmarke gesetzt. Von Vorwärtsdrängen in Sachen Europa kann da keine Rede sein... oder verwechsele ich da etwas?
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Zeit 3. Dezember 2018 Finanztransaktionssteuer: Deutschland und Frankreich legen Positionspapier vor
https://www.zeit.de/wirtschaft/boerse/2 ... laf-scholz
Als Vorlage für die geplante Steuer dient das bereits in Frankreich erprobte Modell. Dort werden sämtliche Transaktionen von im Inland emittierten Aktien besteuert. Zahlen müssen Unternehmen, deren Börsenwert bei mehr als einer Milliarde Euro liegt...Die Einnahmen aus einer Finanztransaktionssteuer könnten mit den Beiträgen für den EU-Haushalt verrechnet werden. Staaten, die sich beteiligen, müssten somit weniger in die Gemeinschaftskasse zahlen...Neben Deutschland und Frankreich zählten dazu Belgien, Griechenland, Italien, Portugal, Österreich, Spanien, Slowenien und die Slowakei.
In der EU scheint es nur noch mit einer mehr oder weniger großen Gruppe von Willigen weiter zu gehen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(04 Dec 2018, 07:35)

Zeit 3. Dezember 2018 Finanztransaktionssteuer: Deutschland und Frankreich legen Positionspapier vor
https://www.zeit.de/wirtschaft/boerse/2 ... laf-scholz

In der EU scheint es nur noch mit einer mehr oder weniger großen Gruppe von Willigen weiter zu gehen.
Zu dieser Erkenntnis war schon Präsident Hollande gelangt. Auch die Kanzlerin äußerte sich wiederholt in diesem Sinne. Deshalb ist es auch recht verwunderlich, daß sie sich am Ende doch dem Wunsch der EU-Kommission angeschlossen hatte, die naturgemäß den "Laden EU" zusammenhalten möchte. Dieses Zaudern kann zum völligen Zusammenbruch der Union führen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Orbiter1 »

Na sowas, jetzt wo die EU unvermeidbar ihren Ende entgegentaumelt und mit GB das erste Land die Mitgliedschaft aufkündigt, erreicht die Zustimmung zur EU bei den EU-Bürgern ein 25-Jahreshoch.

"Stolze 62 Prozent der EU-Bürgerinnen und -Bürger sehen die Mitgliedschaft ihres Landes in der Union positiv – der höchste Wert seit einem Vierteljahrhundert. In Deutschland ist die Zustimmung besonders groß: 81 Prozent der Befragten haben ein positives Bild von der EU; drei Viertel glauben, dass Deutschland von der Mitgliedschaft profitiert. Die Zahlen stammen aus der jüngsten Erhebung des Eurobarometers; andere, nationale Umfragen bestätigen den Trend. Europa wird beliebter. ...

Ein Wendepunkt, darin sind sich die Meinungsforscher einig, war der Brexit. Seit die Briten im Sommer 2016 entschieden haben, die EU zu verlassen, ist das Ansehen der Union in den meisten Mitgliedsstaaten gewachsen. Klingt paradox, ist aber leicht zu erklären. Die EU ist nicht trotz der vielen Krisen populärer geworden, sondern umgekehrt: Gerade die vielen Krisen, von der Ukraine bis zum Brexit, haben den Europäern vor Augen geführt, was sie an der EU haben." Quelle: https://www.zeit.de/2018/49/europaeisch ... ettansicht

Kann eigentlich nicht sein. Bisher wurde von der Politik immer hemmungslos auf die EU eingedroschen, Brüssel ist an allen Mißständen schuld. Die Zustimmung müsste eigentlich sinken. Mal sehen, vielleicht hat sich die Fragestellung geändert. Ich versuche das mal rauszufinden.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

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Euractiv 6. Dezember 2018 Gestern und heute kommen die regionale Vertreter der 28 Mitgliedstaaten zusammen, um über den mehrjährigen Finanzplan der EU ab 2021 abzustimmen
https://www.euractiv.de/section/europak ... ushalt-ab/
Mit 365 Milliarden Euro in der derzeitigen Förderperiode sind die Strukturfonds der größte Ausgabenpunkt der EU, noch vor der Landwirtschaft.
Doch von nun an soll gekürzt werden. 47 Milliarden Euro weniger soll es ab 2021 für die Regionen geben, denn der Brexit und neue Prioritäten wie Verteidigung und Innovation wollen finanziert werden. Für das wohlhabende Deutschland, so hat es die Bundesregierung kürzlich errechnet (LINK), würde das knapp 21 Prozent weniger bedeuten.
Zwar steht der Vorschlag der Kommission, den Asyl- und Migrationsfonds auszubauen, heute nicht auf der Abstimmungsagenda der Regionalvertreter, doch das Thema ist für sie von größter Bedeutung. Sie fordern, dass die Kommission deutlich mehr Geld für die Integration von Flüchtlingen in den Städten und Gemeinden einplant, als bisher vorgesehen, statt die Mittel für das Grenzmanagement zu vervierfachen.
"So sollen die Strukturfonds teilweise eingefroren werden können, wenn ein Mitgliedsstaat gegen die Haushaltsdisziplin der EU verstoßen, ähnlich wie derzeit im Fall Italiens. Dieser Punkt müsse aus der neuen Verordnung gestrichen werden, verlangt der AdR, da sonst Regionen für das Fehlverhalten ihrer nationalen Regierungen gerade stehen müssten."
Struktur- und Regionalfonds der EU dienen der regionalen Kohäsion von Infrastruktur über Ländergrenzen hinweg. Beim Euro-Budget ginge es wohl mehr um Industriepolitik und Modernisierung von Wirtschaftsbranchen.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(12 Dec 2018, 07:45)

Euractiv 6. Dezember 2018 Gestern und heute kommen die regionale Vertreter der 28 Mitgliedstaaten zusammen, um über den mehrjährigen Finanzplan der EU ab 2021 abzustimmen
https://www.euractiv.de/section/europak ... ushalt-ab/


"So sollen die Strukturfonds teilweise eingefroren werden können, wenn ein Mitgliedsstaat gegen die Haushaltsdisziplin der EU verstoßen, ähnlich wie derzeit im Fall Italiens. Dieser Punkt müsse aus der neuen Verordnung gestrichen werden, verlangt der AdR, da sonst Regionen für das Fehlverhalten ihrer nationalen Regierungen gerade stehen müssten."
Struktur- und Regionalfonds der EU dienen der regionalen Kohäsion von Infrastruktur über Ländergrenzen hinweg. Beim Euro-Budget ginge es wohl mehr um Industriepolitik und Modernisierung von Wirtschaftsbranchen.
Ich finde es auch sehr bedrückend, daß der Schutz der EU-Außengrenzen mit mehr Beamten und Ausrüstung so plötzlich keine besondere Rolle mehr spielt. Lange Zeit war das doch die gezielte Gegenmaßnahme gegen unerwünschte Zuwanderer. Aber offenbar will keiner der "Frontstaaten" EU-Truppen an seinen Grenzen sehen. Dann kann man die geplanten Mittel streichen.

Regionalfonds für den grenzüberschreitenden Wiederaufbau benachbarter Gebiete zu Regionen sind eine sehr gute Sache, wie man im östlichen Mecklenburg-Vorpommern, im östlichen Brandenburg und Sachsen sehen kann. Wenn die Leute aus Mangel an Spachkenntnissen nicht miteinander reden, so wagen sich doch immer mehr Leute "auf die andere Seite". Da dürften sich beiderseits so manche Verspannungen lösen. Es wäre schon schade, wenn man das Programm kürzte.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

14. Dezember 2018 EU-Gipfel - Staats- und Regierungschefs wollen Reformpaket
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ ... -1.4253402
So hatten sich die Niederlande bereits auf Ebene der EU-Finanzminister damit durchgesetzt, dass die Mittel eines Euro-Zonen-Budgets nicht für in wirtschaftliche Not geratene Staaten verwendet werden dürfen. Macron hatte so eine Funktion für die Stabilisierung gefordert, fand dafür aber keine Mehrheit.
Der Zweck des Haushalts sei es, "die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und die Konvergenz zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel.Ob es zu einem Haushalt für die Euro-Zone kommt, wird sich also in den Verhandlungen über den nächsten EU-Haushaltsrahmen der Jahre 2021-2027 entscheiden.
"Bei ihrem Gipfeltreffen billigten die Staats- und Regierungschefs zudem das Euro-Reformpaket, das die Finanzministern vereinbart hatten. Demnach soll der Rettungsfonds ESM künftig eine stärkere Rolle beim Entwurf und der Überwachung von Kreditprogrammen für Krisenländer bekommen...Der Rettungsfonds soll künftig auch bei der Abwicklung maroder Banken tätig werden können. Beim ESM wird die sogenannte Letztsicherung (Backstop) für den Bankenabwicklungsfonds SRF angedockt."
Die Weiterentwicklung des ESM wird wieder auf Basis zwischenstaatlicher Verträge erfolgen, während ein mögliches Euro-Budget nach den Europawahlen zur Wiedervorlage ansteht.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

z4ubi hat geschrieben:(15 Dec 2018, 23:21)

...
Frankreich und Italien kritisieren ist der einfache Weg und man lenkt vom eigentlichen Problem ab. Dass der Euro so nicht zukunfstfähig zu sein scheint und man ihn entweder reformieren muss oder andere Konsequenzen ziehen sollte.
Na, ohne fachliche Hilfe bringen wir die Geschichte mit dem Wert einer Währung nicht ins Reine.

Sie richten den Blick schon auf den wesentlichen Punkt: Der Euro scheint so wie jetzt nicht zukunftsfähig zu sein, weil eben einige bekannte Sünder den Wert der gemeinsamen Währung anknabbern, weil sie sich aus der gemeinsamen Schatulle
bedienen, ohne dort entstandene Lücken wieder aus zu füllen oder ausfüllen zu können. Und wenn die gemeinsame Währung gegen die Wand gefahren wurde, dann sind wir Deutschen an den entstandenen Schäden zu 28% beteiligt.

Die notwendige Reform des Euros ist doch völlig klar: Man darf keinem Teilnehmer gestatten, aus eigenem Ermessen seinen nationalen Haushalt zu gestalten. Man nimmt den Teilnehmern das sogenannte Königsrecht der Verfügung über Steuereinnahmen und Staatsverschuldung. Der gemeinsame Finanzminister muß her, der gemeinsame Wirtschaftsminister, harmonisierte Steuern und Abgaben, harmonisierte Sozialleistungen. Harmonisiert heißt hier nicht Angleichung absolut, sondern prozentual. Natürlich geht es mit unterschiedlichem Wohlstand in dieses neue Abenteuer hinein.

Erst dann kann man aus meiner betont europäischen Sicht daran gehen, die aufgelaufenen Schieflagen Stück für Stück ab zu tragen... wer viel hat, kann viel geben, aber dazu beitragen müssen alle nach Maßgabe des Finanzministers. Damit ist eine Teilantwort auch auf Ihre Frage "Wie soll man in Italien investieren?" möglich.
Natürlich nur nach Plan und mit Erfolgskontrolle durch den Investor... hier unserem gemeinsamen Finanzminister.

Präsident Macron hatte diesen Weg im Sinn. Ich halte ihn für möglich, wenn er in europäischer Solidarität beschritten wird und Abweichungen von den gemeinsam gefaßten Beschlüssen der Wirtschaftsregierung schon im Keim erstickt werden.

Wenn sich dieser Rettungseinsatz für die Gemeinschaftswährung nicht durchsetzen läßt, dann wird dieses Abenteuer Euro mit einem schlimmen Streit enden... vielleicht im kleineren Kreis Gleichgesinnter und Gutwilliger neu damit begonnen. Allerdings meine ich, daß man nie wieder eine Gemeinschaftswährung ohne Durchgriff in die Haushaltsgestaltung der Teilnehmer einführen sollte. Was also den "alten" Euro retten soll, gleich von Anfang an im kleineren Kreis einführen.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Wähler »

Eulenwoelfchen hat geschrieben:(16 Dec 2018, 03:18)
Dieses Weggeben der Entscheidungs- und Gestaltungsmacht über den nationalen Haushalt wäre klar verfassungswidrig in Deutschland.
Und nach meinem verfassungsrechtlichen Wissensstand gehört die Bestimmungs- und Gestaltungshoheit über den Bundeshaushalt in der Hand des Bundestages als allein bestimmende Instanz zu den unveränderbaren GG-Gesetzen.
Das Problem ist kein juristisches, weil das Budgetrecht des Bundestages auf das EU-Parlament übergehen könnte, wenn Deutschland einem europäischen Bundesstaat, wie die DDR damals, beitreten würde.
Die EU ist sich wenigstens der Außenwert-Problematik einer Währung bewußt, während Japan und die USA die Geduld der inländischen, beziehungsweise ausländischen Staatsanleihenhalter über die Maßen strapazieren. Das dürfte auf Dauer ohne erheblichen Außenwertverlust vor allem für die Geldwertbesitzer nicht ohne Konsequenzen bleiben. Der Beschluss des EU-Gipfels vom Freitag für ein kleines Euro-Budget geht in die richtige Richtung, weil es die notwendige Austeritätspolitik um das Instrument einer gemeinsamen Wirtschafts- und Industriepolitik ergänzen könnte. Eine gemeinsame Finanz- und Wirtschaftspolitik beinhaltet eine Annäherung der unterschiedlichen Mentalitäten zwischen "protestantischem Norden und katholischem Süden". Die zunehmende Binnenmigration innerhalb der EU dürfte die Annäherung beschleunigen.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

@Eulenwölfchen & @Wähler

Ja, so macht ein Gespräch im Forum Freude. Vielen Dank... und der Humor soll auch nicht zu kurz kommen!

Vielen Dank auch für Ihre Erläuterungen zum Wert einer Währung! Diese Dinge waren mir bewußt, aber ich konnte sie nicht gut darlegen. z4ubi wird nun nachfühlen können, wie ich zusammengezuckt bin, als er meinte die EZB sei völlig frei in der Gestaltung des Werts der Währung.

An einer Stelle kommt bei Eulenwölfchen noch hervor, daß Italien Euros drucken könne "ohne Ende". Ich meine, daß Italien zwar technisch so etwas machen kann... in Neapel wird die eine oder andere Werkstatt helfen können... aber das wäre wohl ein arger Vertragsbruch. Natürlich darf Italien nur Geld drucken nach Absprache mit der EZB. Das war doch auch der Klemmer in Griechenland... daß die Banken schließen mußten, weil sie keine Euros mehr ausgeben konnten. Die durften ja auch keinen Drucker anwerfen (Vielleicht haben die Griechen auch nicht diese technisch Möglichkeit; Italien aber mit Sicherheit!) Will sagen, die EZB läßt nur eine bestimmte Geldmenge zu. Wenn dann die Teilnehmer am Euro nicht spuren, dann erzeugen sie Falschgeld und ruinieren die Gemeinschaftswährung.

Da habe ich Sie wohl erschreckt... den nationalen Parlamenten das Haushaltsrecht nehmen zu wollen. Ich vermute, daß der zugehörige Mechanismus auch wieder über die EZB und ihre Hoheit über die ausgegebenen Kredite laufen würde. Wenn ein Land über die Stränge schlägt, dann... siehe Griechenland: Nichts geht mehr. Oder man ist draußen. Die gemeinsame Pleite werden die Partner nicht gerade beschließen.

@Eulenwölfchen... Unser Grundgesetz will mit Sicherheit nicht die europäische Einigung bis hin zu einer Föderation der Euro-Staaten verhindern. Universelle Werte wie die Menschenrechte sind nicht gestaltbarer Anteil des Grundgesetzes... sie sind aber auch Bestandteil der Verfassungen unserer Partnerstaaten. Das ist ja die Besonderheit der EU, daß wir gemeinsame Werte vertreten und Partner vor den EuGH zerren, wenn die diese gemeinsame europäische Grundlage nachträglich ändern möchten. Wenn es also jemals dazu kommen wird, daß ein europäisches Parlament auch über deutsche Steuergelder verfügen kann, dann ist das so zu sehen, wie wenn der Bund über sächsische oder bayerische Steuereinnahmen bestimmt. Dazu werden sich rechtlich belastbare Konstruktionen finden lassen. Aber, leider, leider, sind wir noch lange nicht so weit.

Der Weg zur Reform des Umgangs mit dem Euro wird aber an einer gesamtstaatlichen Konstruktion nicht vorbei kommen, wie wir schon durch unser Gespräch zeigen. Und das war doch auch die Absicht, als dann der Euro als Gemeinschaftswährung endgültig eingeführt wurde. Wir alle wissen, daß dann gegen Geist und Buchstaben der heiligen Schwüre verstoßen wurde. Dagegen müssen wir den Euro sichern; wenn es denn sein muß mit harten Strafen. In der Bundesrepublik Deutschland klappt das... so muß auch die Europäische Föderation sich zusammen raufen, hilft doch alles nichts! Tja, wann wird uns das wohl gelingen?

Als ich 25 Jahre alt war, glaubte ich ernstlich, daß wir zu meinem 50. Geburtstag im gemeinsamen europäischen Staat leben würden (die Gründungsstaaten der EU). Jetzt ist die Gemeinschaft angeschwollen und Einigungen dieser Art sind schwieriger zu erreichen... das Ergebnis aber auch nahezu unfaßbar in seinen Ausmaßen. Dafür lohnt der Kampf, Enttäuschungen und neue Anläufe.

Dann werden wir Europäer gemeinsam mit den italienischen Europäern auch Mittel und Wege finden, den Mezzogiorno zu einem liebenswerten Landstrich zu entwickeln. Tatsächlich sind dazu eiserne Fäuste notwendig, und wir alle wissen auch, warum das so ist!
Eulenwoelfchen

Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Eulenwoelfchen »

@H2O,
es ist bereits Fakt, dass die EU in Brüssel über deutsche Steuergelder verfügt bzw. über deren Verwendung alleine bestimmt. Aber natürlich in viel zu geringem Umfang und sehr eingeschränkt hinsichtlich gesamteuropäischer Gestaltungs- und Wirkungsmöglichkeiten.

Schwieriger sind wesentlich hartnäckigere und auch verfassungsrechtliche Frage wie die generelle, per GG festgeschriebene Budgethoheit des Bundestages voll ausgeschaltet werden könnte. Ich halte das für ausgeschlossen aufgrund unseres Grundgesetzes und seiner zwingenden, verfassungsrechtlichen Bindungen. Die andere Frage, wie man dies alles dennoch zielführend gestalten könnte..., andere sagen, umgehen könnte, ist eng mit der Frage und Bereitschaft umfassender europäischen Solidarität verknüpft. Die im Endeffekt in einer gesamtschuldnerischen Solidarität enden muss. Damit realiter natürlich auch eine gesamtschuldnerische Haftung gegeben wäre.

Mittel und Wege dahin gibt es mit verschiedensten Lösungsansätzen. Einer davon wäre ja der Macronvorschlag eines eigenen Europäischen Finanzministers, der über einvon den einzelnen Nationalstaaten (und deren Zustimmung) unabhängiges und nicht nur dem Namen nach, bedeutendes und wirkmächtiges EU-Haushaltsbudget hätte. Mit dem er, auch als Stärkung und Demokratisierungsfortschritt der Vision Europäische Föderation nur dem Parlament und dessen Zustimmung verantwortlich wäre. Und ebenso eine dem EU-Parlament verantwortliche EU-Regierung. Die als sog. EU-Kommission (Quasi-Regierung der EU) bisher nicht, wie die EU-Abgeordneten per geheimer und demokratischer Wahl von den wahlberechtigten Menschen der EU gewählt und legitimiert würde, sondern per odre mufti der 27 EU-Regierungschefs und -innen bestimmt wird.

Diese Pseudo-EU-Regierung, Europäische Kommission genannt, ist auch nicht an Beschlüsse und Weisungen des EU-Parlaments gebunden. Sondern ausschließlich dem Wohl und Wehe der Nationalen Regierungen und deren Zustimmung ausgesetzt bzw. rechenschaftspflichtig verantwortlich. Im Prinzip ist dieser aktuelle Machtverteilungs- und Machtbestimmungszustand eine Lachnummer par excellence. In einem Europa, das fast schon nicht mehr gehen kann, so schwer wiegt dessen Demokratie-Sendungsbewusstsein. Aber das fast schon monstranzartig vorgetragene und bei jeder Gelegenheit gezeigte Demokratieverständnis macht offenbar zuweilen so schwere Beine in den politisch verantwortlichen Köpfen, die sich dann gegenseitig den Fuß legen. Wie bei einem May-Tanz vor Ureinwohnern. :D - Ein demokratiebesoffenes Europa, das darauf hofft, die Menschen in Europa übersehen genauso besoffen diese Demokratur mehrheitlich als unwichtig.

Solange die Verantwortlichen Staaten der EU für diese Europäische Union nur demokratisches Wasser predigen und in Wirklichkeit antidemokratischen Wein saufen, können Sie von den Menschen nicht erwarten, dass diese die Demokratie für die gesamte EU als etwas Verbindendes empfinden und erkennen:
Als einen essentiellen, elementaren und universell gültigen Lebensgrundwert, für den es sich lohnt einzutreten, geradezustehen und ihn auch als etwas zu verteidigen, das die Rechte und Chancen der Menschen wie keine andere Staatsform gewährleistet und sicherstellt. Und damit verbunden auch das höchste Gut menschlichen Miteinanders garantiert: FRIEDEN, Freiheit und Unversehrtheit an Leib und Leben.

Es wäre natürlich schon viel gewonnen, wenn es gelänge, eine sogenannte Transferunion ins Werk zu setzen, die ähnlich dem föderalen Prinzip hierzulande mit einem Länderfinanzausgleich wirtschaftlich schwächere Staaten genauso stützt, wie das in D ökonomisch sehr starke Staaten wie Bayern, BaWü oder Hessen leisten ("dürfen" :D ). Auch wenn sie regelmäßig darüber recht unsolidarisch maulen...Oder die Uneinigkeit bzw. die Widerstände in der Frage von Eurobonds oder wenigstens einem gesamteuropäischen Inverstitionsfonds, der selbstständig dort Investitionen anschiebt, wo nationale Haushaltsdisziplin und staatlich zu enge Finanzierungsspielräume einfach zu wenig für die Menschen im jeweiligen Land tun können. Das würde auch den Menschen mehr und besser erfahrbar zeigen, dass man sie nicht vergißt. Besonders nicht die EU, die ja für alles, was schief oder nicht so gut läuft, nur zu gerne verantwortlich gemacht wird. Über die bereits heute wirkenden Segnungen dieses einmalige, politische Friedens- und Lebensprojekt wird wie selbstverständlich und nicht der Erwähnung wert einfach hinweggegangen.

Und ja, eine Europäische Föderation wäre ein Traum, ein Bundesstaat, dessen "Bundesländer" die jeweiligen Nationen wären, mit einer - wie von Ihnen angesprochenen - gemeinsamen, harmonisierten Sozialgesetzgebung, Besteuerung und Bildungspolitik usw. - Ein Ziel, von dem nicht nur sie als junger Mann träum(t)en. Ein einiges, (Grundwerte)selbstbewusstes Europa ohne Grenzen. Als prosperierender und innovativer Standort für Wissenschaft, Forschung und Unternehmen. Mit breitgestreuten Möglichkeiten und fairer Chancengleichheit EU-weit für künftige Generationen, die über ihr Lebens- und Berufsglück innerhalb dieses grandiosen und rechtssicheren Lebens- und Wirtschaftsraums selbstbestimmt und frei von bürokratischer Maßregelung bestimmen und entscheiden könnten. A melting pot of people, der nicht mehr die Nation, sondern den Menschen in den Vordergrund stellt. Menschen, die sich gentechnisch sowieso nur um 0,1 % voneinander unterscheiden, egal ob sie Chinesen, Afrikaner, Nordamerikaner oder Europäer sind. Oder welcher sonstigen Nationalität angehörend, deren explizite Nichterwähnung keineswegs deminuierend gemeint war und auch bitteschön so nicht verstanden werden möge.

Wie sagte einst Martin Luther King: I had a dream...
Aber es wird sehr schwierig und langwierig. Und ein Scheitern ist nicht ausgeschlossen. Der Mensch ist halt leider zuallererst an sich selbst und seinen Vorteilen interessiert.

Schönen Restsonntag noch!
Eulenwoelfchen

Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Eulenwoelfchen »

Wähler hat geschrieben:(16 Dec 2018, 09:31)

Das Problem ist kein juristisches, weil das Budgetrecht des Bundestages auf das EU-Parlament übergehen könnte, wenn Deutschland einem europäischen Bundesstaat, wie die DDR damals, beitreten würde.
Diese Lösung würde allerdings ein Verschwinden des Staates Bundesrepublik Deutschland in der aktuellen Form beinhalten, so wie ja der Staat DDR und seine Verfassung auch liquidiert wurde. Deuschland als Nationalstaat mit einer eigenen Verfassung (Grundgesetz) würde damit zwingend und rechtsentgültig abgeschafft werden müssen. Sonst geht Ihr angeblich - nichtjuristisches - Prolem in die Hose bzw. wird im Gegenzug der Nichtzerstörung des Staates Bundesrepublik Deutschland zu einem sehr großen und juristisch, besser staats- bzw. verfassungsrechtlich, sogar unlösbarem Problem. Wie ich schon zu erläutern versuchte.

Meine Ausführungen dazu gingen nicht von einer Abschaffung und Selbstauflösung des Rechtsstaates Bundesrepublik Deutschland und seiner Verfassung und deren zwingenden grundgesetzlichen Vorgaben aus.

Ihr Szenario ist theoretisch zwar denkbar, aber in meinen Augen eine völlig unrealistische Lösung. Die zudem jede nationale Identität und das Gefühl dafür, woher ich komme oder meine Eltern kamen, sprich das Gefühl von Heimat,
zerstört. Ob das für Menschen so gut ist, sie in ihrem Ursprungsempfinden so sehr zu entwurzeln, so quasi die Menschheit - zumindest die in einem künftigen Europäischen Bundesstaat - zu patriotischen Atheisten zu machen...ich weiss nicht? Mein persönliches Gefühl sagt klar "NEIN". Ich fände diesen Verlust nationaler Identität verheerend. Den das Verschwinden eines Deutschen Nationalstaats im Wesenskern dieser Lösung mit sich brächte. Den Verlust seines individuellen Selbstverständnisses, seiner positiven patriotischen Eigenheiten, seiner Traditionen und geistig-kulturellen Vermächtnisse. Gleiches gilt natürlich genauso für alle anderen, aktuellen Staaten und Nationen Europas.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(16 Dec 2018, 09:31)
Das Problem ist kein juristisches, weil das Budgetrecht des Bundestages auf das EU-Parlament übergehen könnte, wenn Deutschland einem europäischen Bundesstaat, wie die DDR damals, beitreten würde... Der Beschluss des EU-Gipfels vom Freitag für ein kleines Euro-Budget geht in die richtige Richtung, weil es die notwendige Austeritätspolitik um das Instrument einer gemeinsamen Wirtschafts- und Industriepolitik ergänzen könnte. Eine gemeinsame Finanz- und Wirtschaftspolitik beinhaltet eine Annäherung der unterschiedlichen Mentalitäten zwischen "protestantischem Norden und katholischem Süden". Die zunehmende Binnenmigration innerhalb der EU dürfte die Annäherung beschleunigen.
Wähler hat geschrieben:(16 Dec 2018, 09:31)
Ihr Szenario ist theoretisch zwar denkbar, aber in meinen Augen eine völlig unrealistische Lösung. Die zudem jede nationale Identität und das Gefühl dafür, woher ich komme oder meine Eltern kamen, sprich das Gefühl von Heimat, zerstört.
Es geht eher um eine historische Entwicklung, vergleichbar der Entstehung des deutschen Nationalstaates im 19. Jahrhundert. Mit dem EU-Haushalt und dem ESM hat der deutsche Bundestag bereits einen Teil seiner Hoheitsrechte an supranationale Institutionen abgegeben.
Unsere Kinder, Enkel und Urenkel werden das mit dem Heimatgefühl wahrscheinlich anders empfinden. Drei meiner Neffen und Nichten leben in einer binationalen Ehe in der EU. Europa befindet sich bereits in einem Prozess der grenzüberschreitenden Durchmischung. Die Binnenmigration in der EU hat seit der Weltfinanzkrise von 2008 deutlich zugenommen. Jede Generation sollte für sich entscheiden, ob und in welchem Maß sie an diesem Prozess teilnimmt oder nicht.
Zuletzt geändert von Wähler am So 16. Dez 2018, 16:18, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

@Eulenwölfchen

Wenn die Dinge so geplant würden, wie Sie sie befürchten, dann wäre ich auch kein Freund der stetig sich vertiefenden Zusammenarbeit in Europa.

Aus meiner Sicht bleibt das deutsche Volk doch weitgehend selbständig auf seinem Staatsgebiet, das in der Föderation Europa die Rolle eines mächtigen und einflußreichen Bundesstaats spielt. Über unserem Bundesstaat steht die Europäische Union, die ziemlich sicher von vielen deutschen Politikern mit verantwortet wird. Die werden selbstverständlich das Wohl der Gemeinschaft verfolgen. Wäre das denn nicht auch unser Wohl?

Ihre Heimat bleibt Ihnen erhalten, Ihre alltägliche Muttersprache, die Menschen, die Sie lieben. Wer will Ihnen die nehmen? Einige Dienste werden besser, weil sie nicht innerhalb der EU vernetzt sind... andere bleiben auf das alte Staatsgebiet begrenzt... etwa Schulen und Berufsbildung... Landespolizei, Meldeämter... Solche Dinge werden von Zeit zu Zeit nachgebessert, dem Bedarf angepaßt. Auf Gemeinschaftsebene wäre dafür das EU-Parlament zuständig, auf Landesebene der Bundestag. Als Normalverbraucher bemerken Sie alltäglich kaum, daß sie einem vergrößerten Gemeinwesen angehören. So soll das ja auch sein.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von z4ubi »

Eulenwoelfchen hat geschrieben:(16 Dec 2018, 14:58)
Ihr Szenario ist theoretisch zwar denkbar, aber in meinen Augen eine völlig unrealistische Lösung. Die zudem jede nationale Identität und das Gefühl dafür, woher ich komme oder meine Eltern kamen, sprich das Gefühl von Heimat,
zerstört.
Es gibt aber immernoch Raum für einen Kompromiss.
Die nationalen Parlamente behalten ihr Budgetrecht und ein demokratisch legitimiertes Euro-Finanz-/Wirtschaftsministerium (mit klaren Vorgaben) erhält sein eigenes Budgetrecht.
Für die Einzelstaaten wäre es dann realistischer sich an den Stabilitätspakt zu halten, wenn das Euro-Ministerium dann investiert wenn nötig. (Wirtschaftskrisen, Arbeitslosigkeit usw.)

Eulenwoelfchen hat geschrieben:(16 Dec 2018, 03:18)
Die japan. Währung YEN sogar zu einer sog. "save heaven" - Währung macht. Neben der Schweiz, die mit Abstand den unanständigsten Negativleitzins vorweist: -0,75 %. Japans Notenbank begnügt sich immerhin mit nur -0,1 % Leitzins, gefolgt von der Sparerverarschungszentrale der EZB mit dem ihr vorstehenden Roß- und Mäusetäuscher Mario Draghi.
Es gibt aber nachvollziehbare Gründe, warum die Notenbänker so handeln. Die FED hat nach der Finanzkrise auch eine lockere Geldpolitik betrieben.
Die Frage ist eher, wieso die FED auf dem Weg ist diese Phase zu beenden (sofern es gelingen wird) und andere nicht.

Eulenwoelfchen hat geschrieben:(16 Dec 2018, 03:18)
***Inhaber bzw. Eigentümer des US-Dollar ist nicht der amerikanische Staat, sondern ein Bankenkonsortium. Auch das ist ein Unterschied zu anderen Leitwährungen. Böse Zungen behaupten, JFK wäre vor allem deshalb liquidiert worden, weil er das ändern wollte= den USD in das Eigentum der USA überführen wollte.
Warum hätte er an der Konstruktion der FED etwas ändern wollen? Die Gewinne der FED fließen an das US-Finanzministerium und die USA können sich direkt bei der FED verschulden, wenn nötig. Was will man mehr von einer Zentralbank?

H2O hat geschrieben:(16 Dec 2018, 11:13)
Vielen Dank auch für Ihre Erläuterungen zum Wert einer Währung! Diese Dinge waren mir bewußt, aber ich konnte sie nicht gut darlegen. z4ubi wird nun nachfühlen können, wie ich zusammengezuckt bin, als er meinte die EZB sei völlig frei in der Gestaltung des Werts der Währung.
Was ich so nur nicht behauptet habe.
Vertrauen, Wirtschaftskraft usw. spielt alles eine Rolle, aber jede Zentralbank hat Werkzeuge, um die jeweilige Währung ab- oder aufzuwerten. Man erinnere sich nur an die Entscheidung der Schweizer Nationalbank 2015 die Eurobindung aufzuheben. Der Kurs des Franken
ist schlagartig nach oben gestiegen.
Eulenwoelfchen

Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Eulenwoelfchen »

Wähler hat geschrieben:(16 Dec 2018, 15:55)
Mit dem EU-Haushalt und dem ESM hat der deutsche Bundestag bereits einen Teil seiner Hoheitsrechte an supranationale Institutionen abgegeben.
Zwischen persönlicher Interpretation und der tatsächlichen Faktenlage klafft mitunter ein beträchtlicher Unterschied, den man kurz zusammengefasst,
bezüglich Ihrer vorstehend zitierten Aussage als falsch bezeichnen kann. Sowohl der ESM als auch der Anteil Deutschlands waren oder sind Bereiche,
die nachwievor der mehrheitlichen Zustimmung des Bundestags bedürfen. Hier wurden qua Abstimmung keinerlei Abgaben des Hoheitsrechts
des Deutschen Bundestages beschlossen. Sowohl die Mittel für den ESM als auch die Einzahlungen Deutschlands in den EU-Haushalt sind
hoheitliche Entscheidungen des Bundestages, die in Ihrer Höhe eindeutig begrenzt sind und keineswegs automatisches EU-Verfügungsrecht über den
Bundeshaushalt bedeuten. Vor allem dann nicht, wenn der Bundestag etwaige Mittelverwendung bzw. -bereitstellung mehrheitlich ablehnen würde.

Diese Aufgabe seiner Hoheitsrechte wäre im übrigen verfassungswidrig und längst vor dem BVG gelandet. Selbst wenn die Bundesregierung dem
zugestimmt hätte. Es wäre nicht das erstemal, dass sie vom BVG wegen verfassungswidriger Maßnahmen deutlich korrigiert wurde, sprich klar
verfassungswidrig handelte.

Und solange sich Deutschland, wie auch immer sich das Land vielleicht künftig innerhalb einer Europäischen Union verstehen mag oder existent sein will,
als nicht mehr vorhandener Nationalstaat (dem familiären Wunsch ihrer Kinder und Enkelkinder entsprechend ja angeblich das, was die künftige Generation
so haben will) ...oder als neugegründete Republik EUland, oder wie immer sie dann heissen mag, ist das Grundgesetz dieses Landes maßgebend.
Natürlich kann sich ein neugegründeter Deutscher Staat auch eine neue Verfassung geben.

Zum Beispiel eine dann vielleicht Europäische Verfassung, die allerdings aktuell wohl weder in ITA - schon gar nicht in FRA - eine Chance hätte.
Gerade Frankreich - angeblich eines der Zugpferde einer vertieften Europäischen Union - lehnte eine Europäische Verfassung deutlich ab. Wie ja sattsam
bekannt sein dürfte. Und die schon seit längerem, wenn auch irrationale, antieuropäische Stimmung und Stimmungsmache kann auch nur negieren,
wer anfällig für Phantasiewelten ist und weniger für die knallharte Realität.

Auch wenn in D die Leute in der Summe nicht so bekloppt sind wie in GB, ITA und FRA, um die EU als permanenten Sündenbock und
Ursache für all die negativen Entwicklungen anzusehen, oder zumindest für sich als negativ empfinden, sondern durchaus das Land mit
bedeutendem politischen Gewicht sind, das klar proeuropäisch tickt, wage ich die Behauptung, dass selbst in diesem an sich mehrheitlich
proeuropäisch-positiv eingestellten Deutschland eine Aufgabe der Nationalen Identität incl. Aufgabe seines Grundgesetzes keine Chance auf Realisierung
hätte. Nicht die nächsten 50 Jahre, sofern diese friedlich bleiben.

Und solange Deutschland als Staat besteht, wie seit der Neugründung im vorigen Jahrhundert, wird auch diese Verfassung, sein Grundgesetz
die Meßlatte sein, gerade auch für elementare Gesetze des GG, die nicht ohne Grund so massiv geschützt=höchrangig innerhalb des GG sind, wie eben auch
das alleinige Hoheitsrecht über den Bundeshaushalt in der alleinigen Verfügungs- und Entscheidungsmacht des Bundestages.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Eulenwoelfchen »

z4ubi hat geschrieben:(16 Dec 2018, 16:59)

Warum hätte er an der Konstruktion der FED etwas ändern wollen? Die Gewinne der FED fließen an das US-Finanzministerium und die USA können sich direkt bei der FED verschulden, wenn nötig. Was will man mehr von einer Zentralbank?
Ganz einfach, die USA haben für die Nutzung des USD an bestimmte Banken - nennen wir es Nutzungsgebühren :D - für jeden USD zu bezahlen. Weil er weder der FED noch dem amerikanischen Staat gehört, sondern eben im Eigentum von Banken ist. Und wenn mir etwas nicht gehört, ich das aber gerne nutzen möchte, wird meist eine Gebühr fällig. Sofern man es mit Banken und nicht dem Samariterbund zu tun hat. JFK hatte wohl keine Lust mehr, die USA für die Nutzung des USD an Banken blechen zu lassen... Mit Gewinnen der FED hat das nichts zu tun. ;)
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Nomen Nescio »

Eulenwoelfchen hat geschrieben:(17 Dec 2018, 01:27)

JFK hatte wohl keine Lust mehr, die USA für die Nutzung des USD an Banken blechen zu lassen... Mit Gewinnen der FED hat das nichts zu tun. ;)
ist es aber geändert geworden ??
nathan über mich: »er ist der unlinkste Nicht-Rechte den ich je kennengelernt habe. Ein Phänomen!«
blues über mich: »du bist ein klassischer Liberaler und das ist auch gut so.«
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(16 Dec 2018, 15:55)
Mit dem EU-Haushalt und dem ESM hat der deutsche Bundestag bereits einen Teil seiner Hoheitsrechte an supranationale Institutionen abgegeben.
Eulenwoelfchen hat geschrieben:(17 Dec 2018, 01:15)
Diese Aufgabe seiner Hoheitsrechte wäre im übrigen verfassungswidrig und längst vor dem BVG gelandet. Selbst wenn die Bundesregierung dem zugestimmt hätte. Es wäre nicht das erstemal, dass sie vom BVG wegen verfassungswidriger Maßnahmen deutlich korrigiert wurde, sprich klar verfassungswidrig handelte.
Und solange Deutschland als Staat besteht, wie seit der Neugründung im vorigen Jahrhundert, wird auch diese Verfassung, sein Grundgesetz die Meßlatte sein, gerade auch für elementare Gesetze des GG, die nicht ohne Grund so massiv geschützt=höchrangig innerhalb des GG sind, wie eben auch das alleinige Hoheitsrecht über den Bundeshaushalt in der alleinigen Verfügungs- und Entscheidungsmacht des Bundestages.
Für diese komplizierten juristischen Fragen gibt es als Orientierungspunkt das sogenannte Maastricht-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von 2009:
https://de.wikipedia.org/wiki/Maastricht-Urteil
Mit dem Vertrag von Maastricht, der am 7. Februar 1992 unterzeichnet wurde, wurde die Europäische Union gegründet, die die bis dahin existierenden Europäischen Gemeinschaften überwölben sollte. Außerdem sah der Vertrag eine Abtretung bestimmter nationaler Souveränitätsrechte an die europäische Ebene vor. Dies betraf insbesondere die Währungspolitik, da im Vertrag von Maastricht die Gründung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion beschlossen wurde (die später zur Einführung des Euro führte).
„Zur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union mit, die demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen und dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet ist und einen diesem Grundgesetz im wesentlichen vergleichbaren Grundrechtsschutz gewährleistet. Der Bund kann hierzu durch Gesetz mit Zustimmung des Bundesrates Hoheitsrechte übertragen.“ – Art. 23 GG
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

Eulenwoelfchen hat geschrieben:(17 Dec 2018, 01:15)


Und die schon seit längerem, wenn auch irrationale, antieuropäische Stimmung und Stimmungsmache kann auch nur negieren,
wer anfällig für Phantasiewelten ist und weniger für die knallharte Realität.
Na ja, knallharte Realität ist dass die Zustimmung zur EU in allen EU-Staaten gesamt aktuell den höchsten Wert seit 25 Jahren erreicht. http://www.bilder-hochladen.net/i/m0rw-3x-9ba0.jpg Fakt ist aber auch dass hier Frankreich schon seit langer Zeit unter dem EU-Durchschnitt und Italien auf den letzten Plätzen liegt (nur 42% der Italiener betrachten die EU-Mitgliedschaft als eine gute Sache für ihr Land). Einen EU-Austritt könnte man den italienischen Wählern vermutlich relativ problemlos verkaufen. http://www.bilder-hochladen.net/i/m0rw-3y-1cc1.jpg Beim Euro sieht das aber anders aus. Hinter dem stehen 2/3 Der Italiener. http://www.bilder-hochladen.net/i/m0rw-40-3c3b.jpg Und das eine (der Euro) geht nicht ohne das andere (EU-Mitgliedschaft).
Auch wenn in D die Leute in der Summe nicht so bekloppt sind wie in GB, ITA und FRA, um die EU als permanenten Sündenbock und
Ursache für all die negativen Entwicklungen anzusehen, oder zumindest für sich als negativ empfinden, sondern durchaus das Land mit
bedeutendem politischen Gewicht sind, das klar proeuropäisch tickt, wage ich die Behauptung, dass selbst in diesem an sich mehrheitlich
proeuropäisch-positiv eingestellten Deutschland eine Aufgabe der Nationalen Identität incl. Aufgabe seines Grundgesetzes keine Chance auf Realisierung hätte. Nicht die nächsten 50 Jahre, sofern diese friedlich bleiben.
Soweit mir bekannt gab es noch nie eine Umfrage die in irgendeinem EU-Land eine Mehrheit für die Vereinigten Staaten von Europa gezeigt hätte. Ist vielleicht was für das nächste Jahrhundert.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von H2O »

Dazu zwei Anmerkungen:

Natürlich sind politische Vereinigungen, die gewohnheitsmäßig ein Feindbild brauchen, sehr glücklich, daß sie mit der EU eine Reibungsfläche finden. Die Leute fallen eher auf als jene, die ganz einfach ihre Arbeit machen, ihr Gemeinwesen und die EU so still und heimlich voran bringen. EU-Gegner sind unangenehm lautstarke Mehrheiten im Bereich 10% bis 25%.

Vorstellungen, daß die Europäische Föderation von heute auf morgen entsteht, wird wohl kein erdverbundener Mitbürger hegen. Dazu sind also Umfragen nicht erforderlich, weil das nicht auf der Tagesordnung steht. Was aber klammheimlich abläuft, das sind Vereinbarungen, die mal hier mal da nahe liegen, um eine besser aufgestellte Gemeinschaft zu erreichen. Die Linie ist doch vorgezeichnet: Die stetig sich vertiefende Zusammenarbeit. Dabei gibt es auch Rückschläge, siehe BREXIT, siehe "Visegrad". Aber an der Grundlinie ändert sich wenig. Am Ende des Weges steht das, worüber man überhaupt nicht abstimmen muß.
Eulenwoelfchen

Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Eulenwoelfchen »

Wähler hat geschrieben:(17 Dec 2018, 07:35)

Für diese komplizierten juristischen Fragen gibt es als Orientierungspunkt das sogenannte Maastricht-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von 2009:
https://de.wikipedia.org/wiki/Maastricht-Urteil

„Zur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union mit, die demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen und dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet ist und einen diesem Grundgesetz im wesentlichen vergleichbaren Grundrechtsschutz gewährleistet. Der Bund kann hierzu durch Gesetz mit Zustimmung des Bundesrates Hoheitsrechte übertragen.“ – Art. 23 GG
Ihnen ist bekannt, dass sich das BVG bezüglich der Verfassungskonformität bei der Frage der Übertragung der Budgethoheit weg vom Bundestag und hin zur EU bisher erfolgreich herumgedrückt hat. Y/N?
Eine diesbezügliche höchstrichterliche Entscheidung gibt es nicht. Egal, was sie hier zitieren. Und diese Entscheidung würde im Falle solcher weitgehenden Theoriemodells einer künftigen EU mit mehr Kompetenzen
und die nationale Gestaltungssouveränität einschränkenden überragenden Hoheitsrechte zwangsläufig erfordern und auch nötig werden. Und hier sieht für die meisten Verfassungsrechtler ebend die Sache nicht so einfach
aus, wie ihr zitierte §23 GG glauben machen möchte. Ich behaupte nachwievor, dass das Budgethoheitsrecht des Bundestages, der im GG verankert ist, ein sog. höchstrangiger Grundgesetzartikel ist, der nicht abgeschafft oder
für faktisch nicht bindend erkärt werden kann, sofern man nicht gegen die Verfassung verstoßen will.

Und damit das BVG zwangsläufig in dieser Frage, sofern sie irgendwann tatsächlich zur Entscheidung ansteht, hier der Abgabe der Budgethoheit des Bundeshaushalts an die EU einen klaren Riegel (zwingend) vorschieben müsste.

Im übrigen sind die Anmerkungen, Bemerkungen und Hinweise hier mehr eine theoretische Trockenübung zu einer künfigen Ausgestaltung des Modells EU. Was sein könnte, aber nicht ist. Noch lange nicht. Und auch angesichts der grassierenden Europa- bzw. EU-Skepsis auch nicht (so schnell) sein wird. Sofern es überhaupt zu solchen "Reformen" kommt und nicht zum weiteren Zerfall oder einer zunehmenden Aufweichung des Vereinigungsgedankens zugunsten von mehr nationaler Souveränität und Entscheidungshoheit.
Eulenwoelfchen

Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Eulenwoelfchen »

Orbiter1 hat geschrieben:(17 Dec 2018, 08:37)
Soweit mir bekannt gab es noch nie eine Umfrage die in irgendeinem EU-Land eine Mehrheit für die Vereinigten Staaten von Europa gezeigt hätte. Ist vielleicht was für das nächste Jahrhundert.
Das hat auch niemand behauptet. Wie soll es auch eine solche Umfrage zu den "Vereinigten Staaaten von Europa" auch geben. Dazu müsste man ja ersteinmal ein nachvollziehbares Gesamtmodell entworfen und vorgestellt haben, wie dieses Utopie aussehen könnte. Ein Modell "Vereinigte Staaten von Europa" gibt es vielleicht in manchen Wunschvorstellungsköpfen. Als diffuses Schlagwort. Nicht einmal halbwegs konkret erkennbare Detailumrisse eines solchen Europäischen Föderationsstaatsmodells oder supraeuropäischen Bundesstaates existieren.

Die Umfragen bzw. Zustimmungswerte beziehen sich auf die aktuelle EU-Konstruktion, der unstrittig nicht nur z.B. durch die Ablehnung einer Europäischen Verfassung wie in FRA
das Leben ausgehaucht wurde und damit auch die negative Haltung zur EU dokumentierten bzw. weitergehender Bindung an diese unter gleichzeitiger Aufgabe nationaler Souveränität.
Die EU-Skepsis ist signifikant ansteigend. Und in Ländern wie FRA oder ITA als Schwergewichte und sog. EU-Urgesteine ist die ablehnende oder mehrheitlich negative Grundstimmung gegenüber der
EU evident. Anders als in Deutschland, wo die EU und die EU-Mitgliedschaft Deutschlands in ihrer derzeitigen Ausformung mit einer deutlichen Mehrheit positiv gesehen wird.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Orbiter1 »

Eulenwoelfchen hat geschrieben:(17 Dec 2018, 12:05)

Die EU-Skepsis ist signifikant ansteigend.
Woran machen sie das fest? Die regelmäßig durchgeführten Umfragen sagen was anderes.
Und in Ländern wie FRA oder ITA als Schwergewichte und sog. EU-Urgesteine ist die ablehnende oder mehrheitlich negative Grundstimmung gegenüber der EU evident.
Vielleicht macht es ja Sinn mit den starken EU-Befürwortern weitere Schritte der Vertiefung einzugehen. Sind aber mit Ausnahme von Spanien nur relativ kleine Staaten. Ob die mit dem Riesen Deutschland das wagen wollen ist zu bezweifeln. Ist jetzt alles OT und kann im Europa-Thread weiter besprochen werden.
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H2O
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Ja, lieber Orbiter1, da wären wir dann bei der Gemeinschaft der Willigen, die also ihre Zusammenarbeit immer weiter vertiefen, obwohl andere Mitglieder der Gemeinschaft das schon Erreichte wieder aufgeben möchten zugunsten von mehr Selbstbestimmung auch gegen die Interessen anderer Mitglieder.

Man könnte ein Stufenmodell der europäischen Einigung entwerfen, das in jeder Stufe einige in sich stimmige Gemeinsamkeiten enthält, und wo die nächsthöhere Stufe natürlich diese Gemeinsamkeiten enthält und weitere darauf aufbauende Gemeinsamkeiten hinzu kommen... bis man in der letzten Stufe den europäischen Zentralstaat entwickelt, der aus einem europäischen Bundesstaat hervor gehen könnte. Diese letzte Vereinigungsstufe lehne ich innerlich ab!

Dieses Stufenmodell könnte jedem EU-Partner vorgelegt werden, und jeder EU-Partner entscheidet sich für seine Stufe der Zusammenarbeit, die ja alle vorangehenden Stufen enthält und nachkommende Erweiterungen ausschließt. Dann könnte man erkennen, mit welchen Partnern das Gespräch über weitergehende Gemeinschaftlichkeit gar nicht erst geführt werden müßte.

Gar nicht so einfach, weil man davon ausgehen muß, daß in jedem Partnerstaat Liebhaber einer jeden Stufe zu finden sein könnten. Immerhin könnte man aber erkennen, bis zu welcher Stufe eine klare Mehrheit eines Partnerlandes gesprächsbereit wäre. Meinungen und Stimmungen sind wandelbar... diese Befragung müßte also mit jeder Europawahl erneut durchgeführt werden. Dann müßte ja etwas Gemeinschaftliches ganz furchtbar schief gegangen sein, wenn bei unveränderter Zahl der Partner das Gesamtbild zu geringeren Stufen der Zusammenarbeit abrutschte!

Mit mir kann jeder Europäer über einen europäischen Bundesstaat sprechen, in dem die Bundesländer so ungefähr die Eigenständigkeit eines autonomen Gebiets haben, etwa so wie in der Schweiz, Österreich oder Deutschland oder in den USA. Um in einer solchen Entscheidung nicht mit einem Riesen mit 85 Mio Menschen verhandeln zu müssen, könnte ich mir vorstellen, daß deutsche Bundesländer auf europäischer Ebene weiter so behandelt werden wie kleinere europäische Staaten, allerdings mit der Freiheit einer vertieften Zusammenarbeit, wenn sie jeweils erwünscht sein sollte.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von z4ubi »

Die ganze Mühe einer Verfassungsänderung kann man sich ganz einfach sparen, indem man ein supranationales Eurobudget parallel zu denen der Einzelstaaten installiert.
Wähler hat geschrieben:(16 Dec 2018, 09:31)
Die EU ist sich wenigstens der Außenwert-Problematik einer Währung bewußt, während Japan und die USA die Geduld der inländischen, beziehungsweise ausländischen Staatsanleihenhalter über die Maßen strapazieren. Das dürfte auf Dauer ohne erheblichen Außenwertverlust vor allem für die Geldwertbesitzer nicht ohne Konsequenzen bleiben.
In Japan läuft das ja schon eine ganze Weile länger und ich denke solange dort (und in den USA) die Wirtschaftsleistung stimmt, wird das ganze ohne Konsequenzen bleiben.
Wieso sollte es denn welche geben?
Wieso sollte man sich um die US-Staatsverschuldung sorgen machen, aber nicht um die US-Unternehmensverschuldung?
Was die EU nicht begriffen hat, ist, dass man Staatsverschuldung nicht isoliert betrachten sollte.

Eulenwoelfchen hat geschrieben:(17 Dec 2018, 01:27)

Ganz einfach, die USA haben für die Nutzung des USD an bestimmte Banken - nennen wir es Nutzungsgebühren :D - für jeden USD zu bezahlen. Weil er weder der FED noch dem amerikanischen Staat gehört, sondern eben im Eigentum von Banken ist. Und wenn mir etwas nicht gehört, ich das aber gerne nutzen möchte, wird meist eine Gebühr fällig. Sofern man es mit Banken und nicht dem Samariterbund zu tun hat. JFK hatte wohl keine Lust mehr, die USA für die Nutzung des USD an Banken blechen zu lassen... Mit Gewinnen der FED hat das nichts zu tun. ;)
Das würde ich gerne etwas genauer wissen. Ist damit 6% Dividende gemeint, die an die Anteilseigner ausgezahlt wird?
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von frems »

Mal zwei aktuelle Artikel zum Ursprungsthema. Clark bringt recht interessante Perspektiven hinein:
„Europa kann auch wieder schrumpfen“

Christopher Clark gehört zu den renommiertesten Historikern der Welt. Im Interview spricht er über das Ende des Fortschritts, die große Verlangsamerin Angela Merkel und Europa nach dem Brexit. [...]

WELT: Warum beschwören die Populisten die Vergangenheit so sehr?

Clark: Weil sie meinen, dass der Fortschritt seine Grenzen erreicht hat. Weil sie das gesamtgesellschaftliche Fortschrittsbild nicht mehr wollen. Gleichgeschlechtliche Paare, Immigration, Aufhebung des Nationalstaats, das alles sind Fragen, die ihnen zu weit gehen. George Orwell lässt in seinem utopischen Roman „1984“ den Parteifunktionär O’Brian die Formel prägen: „Wer die Vergangenheit kontrolliert, beherrscht auch die Zukunft.“ Das wissen die Populisten. Sie machen sich zielbewusst an die Geschichte ran und versuchen, neue Geschichtsbilder zu prägen. Da sind sie sehr aktiv. [...]

WELT: Könnte der Brexit in irgendeiner Form auch positive Effekte auf Europa haben?

Clark: Ich persönlich hoffe immer noch, dass er einfach nicht passiert. Aber ich weiß, das ist Wunschdenken. Mit Großbritannien verlässt ein ambivalentes Mitglied die EU. Eines, das immer einen Sonderstatus haben wollte, nie vollkommen drin war. Was dann übrig bleibt, ist vielleicht leichter zu koordinieren. Wichtig ist vor allem das deutsch-französische Verhältnis. Wenn es unbedingt sein muss, dann kann Europa auch wieder schrumpfen auf den westeuropäischen Kern, in dem die Wertegemeinschaft gewährleistet ist – also, Spanien, Portugal, Italien mit einem kleinen Fragezeichen versehen, weil die politische Führung dort so unberechenbar ist, Benelux natürlich, Skandinavien. Das wäre nicht die schlimmste aller möglichen Welten. Natürlich ist mein frommer Wunsch, dass Polen, Ungarn, die Tschechische Republik und Slowakei, dass alle dabei bleiben. Aber wenn es nicht mehr geht, weil kein Konsens mehr herzustellen ist, dann muss man pragmatisch sein und bereit, sich wie ein Schiff im 19. Jahrhundert auf hoher See, von einem Teil der Ladung befreien. Die EU ist ein Staatsgebilde, das sich im Laufe der Jahrzehnte stets freiwillig vergrößert hat, nie durch Eroberung. Ich sehe das, vielleicht auch, weil ich Australier bin, sehr positiv. Interessanterweise hat die australische Regierung sich klar gegen den Brexit ausgesprochen, obwohl sie in den 70ern den Eintritt der Briten in die EG mit einer gewissen Enttäuschung zur Kenntnis genommen hat.
https://www.welt.de/kultur/literarische ... mpfen.html (WELT-Plus-Paywall)
Europa ist in der Krise, Europa verliert den Zusammenhalt, Europa muss jetzt endlich die Kurve kriegen, ansonsten ist es bald aus. Wer sich durch Zeitungen, Twitter und Facebook wühlt, der mag den Eindruck gewinnen, dass die da oben in Brüssel zurzeit alles falsch machen. Ansonsten wäre die Bevölkerung doch nicht so unzufrieden, richtig? Falsch! Die von vielen so verwünschte Europäische Union eilt gerade von Sieg zu Sieg. Nur merkt das kaum einer.

Auch in guten Zeiten wäre es nicht einfach, 28 Mitgliedsstaaten zusammenzuhalten. In schlechten Zeiten ist es umso schwieriger. Und ja, es sind schlechte Zeiten für Europa. Nicht nur weil mit Großbritannien einer der größten Quertreiber endgültig die Nase voll hat und aus dem Bund aussteigen will. Sondern weil andere Länder Parteien in Regierungsfunktionen gehoben haben, die für Europa nicht so viel übrig haben. Da können selbst die fähigsten Polit-Dompteure eher selten glänzen. Und ja, Jean-Claude Juncker ist bei aller Kritik einer der fähigsten Dompteure, die in Europa so herumlaufen. Und ja, es ist erstaunlich, mit welch großem Geschick seine Kommission die vielen Krisen meistert.
https://www.businessinsider.de/das-euro ... es-2018-12
Labskaus!

Ob Mailand oder Madrid -- Hauptsache Europa.
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

Meine Vermutung:

Sowie das Duo D&F den Grundgedanken "Schrumpfen wir uns zurück zur Handlungsfähigkeit!" laut äußert und durchblicken läßt, wer in diesem Zusammenhang nicht mehr dazu gehören sollte, wird ein lautes Wehklagen einsetzen und unverlangte Treueschwüre werden geleistet.

Eine solche Stoßrichtung geht weit über das übliche Gemeckere hinaus und sie dürfte auch in einigen Fällen den politischen Frieden in EU-Mitgliedsstaaten gefährden. Denn so mancher Vertreter der nationalen Unabhängigkeit sitzt doch nicht so fest im Sattel, wie man in Brüssel glaubte...siehe Orbán und auch die rumänischen "Sozialdemokraten".

Man sollte also diesen Gedanken erst dann vortragen, wenn man von der bestehenden EU endgültig "die Faxen dicke" hat, man also die politischen Folgen für vertretbar hält.
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Re: Parlamentswahlen in Italien 2018

Beitrag von Wähler »

z4ubi hat geschrieben:(17 Dec 2018, 18:14)
In Japan läuft das ja schon eine ganze Weile länger und ich denke solange dort (und in den USA) die Wirtschaftsleistung stimmt, wird das ganze ohne Konsequenzen bleiben.
Wieso sollte es denn welche geben?
Wieso sollte man sich um die US-Staatsverschuldung sorgen machen, aber nicht um die US-Unternehmensverschuldung?
Was die EU nicht begriffen hat, ist, dass man Staatsverschuldung nicht isoliert betrachten sollte.
Währungskursentwicklungen verlaufen in Schüben. Die Nettoauslandsschulden spielen schon eine Rolle für den Außenwert einer Währung:
https://de.wikipedia.org/wiki/Auslandsverm%C3%B6gen
Beim Dollar kommt hinzu, dass die asiatischen Staaten in Zukunft mehr grenzüberschreitende Geschäfte nicht mehr in Dollar abwickeln wollen.
Beim Euro-Raum gibt es das Problem möglicher Austritte aus der EWU. Italien kann sich keinen höheren Zinsrisikozuschlag auf seinen riesigen Schuldenberg mehr leisten, ohne das die italienischen und französischen Banken in akute Insolvenzgefahr geraten. Unterschätzen sollte man die Verschuldungsproblematik auf keinen Fall, auch wenn im Fall Italiens nur eine geringe Nettoauslandsverschuldung dem gegenüber steht.
Zeitungstexte bei Genios mit Bibliotheksausweis kostenlos: https://www.wiso-net.de/login?targetUrl=%2Fdosearch (Zugang auch bundesweit)
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von schokoschendrezki »

frems hat geschrieben:(17 Dec 2018, 19:23)

Mal zwei aktuelle Artikel zum Ursprungsthema. Clark bringt recht interessante Perspektiven hinein:


https://www.welt.de/kultur/literarische ... mpfen.html (WELT-Plus-Paywall)


https://www.businessinsider.de/das-euro ... es-2018-12
Vor allem letzterer Artikel ist schon ganz verständlich. Pragmatismus sollte angesagt sein. Weniger "Kultur"-Aufgeladenheit. Alle gegenwärtigen politischen Tendenzen Richtung "rechts" sind mit Kultur-Aufgeladenheit verbunden. Lassen wir das mal endlich!
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von schokoschendrezki »

Es gibt zwei wichtige konkrete Projekte, die Macron in seiner berühmten Sorbonne-Rede als Kernbestandteile eines erneuerten Kerneuropas auf den Weg bringen wollte: Das Eurozonen-Budget und die Digital-Präsenz-Steuer. In einem aktuellen Kommentar des Deutschlandradios heißt es dazu bilanzierend:
Die Bundesregierung tauchte Macrons Sorbonne-Vorschläge stattdessen in ein politisches Salzsäurebad, in dem sie sich nach und nach auflösten.
https://www.deutschlandfunk.de/deutsch- ... _id=436051
Und weiterhin, dass nach dem Ausscheiden UKs nun mehrere rivalisierende Kraftzentren innerhalb der EU miteinander konkurrieren werden. Neben Frankreich/Deutschland, den V4+Ö+I auch die sogenannte "Hanseliga" (also Benelux+Skandinavien+Baltikum) und dann die großen Südstaaten. Ist das schlmm? Eigentlich nicht. Weil es nicht um Identitäten und Zugehörigkeiten und "Kultur" geht sondern pragmatisch um Problemlösungen. Es ist völlig klar, dass freier Waren- und Personenverkehr, Zollfreiheit eine Win-Win-Situation schafft und dabei bleibt es auch. Ein identitäres Kerneuropa ... wäre das nicht einfach ein neuer Rechtsnationalismus, nur sozusagen eine Ebene höher?
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(19 Dec 2018, 08:31)

Es gibt zwei wichtige konkrete Projekte, die Macron in seiner berühmten Sorbonne-Rede als Kernbestandteile eines erneuerten Kerneuropas auf den Weg bringen wollte: Das Eurozonen-Budget und die Digital-Präsenz-Steuer. In einem aktuellen Kommentar des Deutschlandradios heißt es dazu bilanzierend:
https://www.deutschlandfunk.de/deutsch- ... _id=436051
Und weiterhin, dass nach dem Ausscheiden UKs nun mehrere rivalisierende Kraftzentren innerhalb der EU miteinander konkurrieren werden. Neben Frankreich/Deutschland, den V4+Ö+I auch die sogenannte "Hanseliga" (also Benelux+Skandinavien+Baltikum) und dann die großen Südstaaten. Ist das schlmm? Eigentlich nicht. Weil es nicht um Identitäten und Zugehörigkeiten und "Kultur" geht sondern pragmatisch um Problemlösungen. Es ist völlig klar, dass freier Waren- und Personenverkehr, Zollfreiheit eine Win-Win-Situation schafft und dabei bleibt es auch. Ein identitäres Kerneuropa ... wäre das nicht einfach ein neuer Rechtsnationalismus, nur sozusagen eine Ebene höher?
Kommt eben ganz darauf an, was man erreichen will. Das Kerneuropa sollte einen einheitlichen Wirtschafts- und Währungsraum mit harmonisierten Regeln für Wirtschafts- und Sozialwesen schaffen, wo weitgehend gleiche Möglichkeiten für die Bewohner erreicht werden... vielleicht eines Tages auch eine Föderation.

Man kann natürlich auch eine Gemeinschaft mit nationalem Wettbewerb auf fast allen Gebieten schaffen wollen. So lange diese Gemeinschaft ihren Mitgliedern Vorteile verschafft, wird sie auch halten. Eine Solidarität im Wettbewerb... außer warmen Worten... ist dann eher nicht zu erwarten. Schließlich steht man im Wettbewerb. So richtig sehe ich den Sinn einer solchen Gemeinschaft nicht. Eine Freihandelszone?

Genau genommen stehen die Gemeinsamkeiten dann in der gemeinsamen Vergangenheit in einer EU, die eigentlich mehr wollte. Die wird dann Stück für Stück abgewickelt, weil gemeinsame Ziele fehlen.
Eulenwoelfchen

Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Eulenwoelfchen »

Ich sehe diese ganzen Diskussionen um ein sog. Kerneuropa für reichlich unrealistische Politträumerei. Wie will man das realisieren, ohne gegen Statuten, Verträge und die gegebenen Rechtsgrundlagen der bestehenden EU NICHT zu verstoßen? - Oder etwa erreichen, dass diesem Kerneuropa
nur gewisse Länder angehören bzw. sich die EU auf solche "einigen" Länder reduzieren müsste. Mitgliedsländer können nicht zum Austritt gezwungen werden, und ich glaube auch kaum, dass es verschiedenes EU-Recht für Sozial- und Steuerstandards usw. geben kann. Auf der einen Seite die gehobene
Variante der reichen oder potenten und wirtschaftskräftigen Kerneuropäer und auf der anderen Seite die EU-Standards einer "EU-Hartz IV"-Rechtslage,
für die armen oder weniger leistungsstarken Länder, die sich so hohe Sozial- Lohn- und Rentenstandards als bindende und rechtsgültige Grundlage nicht leisten können.

In meinen Augen wäre schon viel gewonnen, wenn
a) Generalunternehmen bei Bauprojekten in einem Hochlohnland wie D voll haftbar und verantwortlich für die Einhaltung der derzeit geltenden Lohnstandards wären und auch dafür, was oft aus dem EU-Billiglohnraum agierende Subunternehmenskonstrukte mit in D beschäftigen anstellen
und dabei natürlich auch inländische Firmen mit dubiosem Lohndumping ausbremsen. Und teils gotterbärmlich diese Beschäftigten um den mit ehrlicher Arbeit verdienten Lohn prellen.
Wie kann es sein, dass ein Generalunternehmen hier einfach sagen kann, das haben wir nicht zu verantworten? Einfach lächerlich, so eine Begründung und ein himmelschreiender Schandfleck für alle politisch Verantwortlichen hierzulande.

b) Diese sog. Leiharbeiterfirmen in D gemeldet sein müssen mit Firmensitz, und hier auch die Steuern zu entrichten sind. In dem Land, in dem diese Firmen die Gewinne erwirtschaften und nicht die Steuern in einem obskuren Karpatennest entrichten können. Auch die Sozialabgaben und
korrekte Entlohnung** genauso stringent überwacht und bzw. kontrolliert werden könnte wie bei inländischen Firmen. Und bei Verstößen die
Sanktionen genauso stringent wären, wie das inländischen Firmen im Fall von Lohn- oder Sozialbetrug oder Nichtabführung von Lohnsteuer- und Sozialbeiträgen blüht.
**Eine Entlohnung, die nach Abzug der Profitmarge der Leiharbeitsfirmen den jeweiligen gesetzlichen Mindestlohn der Beschäftigungsbranche
zwingend in der gesetzlich vorgesehenen vollen Höhe zu erbringen hat. Und ebenso diese Unternehmen, und übergeordnet hauptverantwortlich der Generalunternehmer, der Gewerke an solche Firmen vergibt, dafür sorge zu tragen hat, dass diese temporär Beschäftigten, die aus EU-Ländern rekrutiert werden, während ihrer Beschäftigung auch in Unterkünften untergebracht werden müssen, die wenigstens nicht hinter dem gesetzlich vorgeschriebenen "Wohnraum" eines deutschen Schäferhundes hinterherhinken, sprich einen Mindeststandard an menschenwürdiger oder zivilisierter Unterbringung gewährleisten.

Wenn das EU-weit harmonisiert würde, wäre schon viel gewonnen. Hier in D, aber auch in ITA (siehe die fast schon verbrecherische Behandlung der
Tomatenerntearbeiter in Süditalien. Wo leider auch noch arbeitswillige Flüchtlinge aus nicht EU-Ländern regelrecht versklavt werden. Wie der letzte Zwangsarbeiterdreck bedroht, beschissen und in ihrer Notlage ausgenützt werden. Damit nicht zuletzt uns in D das Tomatenmark oder die gewürfelten, aromatischen Dosentomaten für 20 Cent 5 Kilo Pasta versüßen).

Manchmal wäre es sinnreicher, konkrete, jederzeit machbare kleinere Schritte zu diskutieren, als das ganz Große. Dieses schlagwortartige Kerneuropa.
Wenn nicht einmal die minimalsten Mondestandards eingehalten oder als selbstverständlich angesehen werden. Weder in den gedachten Ländern dieses obskuren Kerneuropa wie in D. Noch in den "kleineren" oder "nicht so leistungsstarken "Reste-EU" Ländern.
Die natürlich - wie der Hund vor der Fleischereieingangstüre - nicht rein dürften. Ausserhalb dieser Kern-EU angeleint werden.
Was soll das?

Und Wettbewerb wird es immer geben innerhalb der EU und seines Binnenmarkts. Auch wird sich kaum vermeiden lassen, dass eine Volkswirtschaft wie die deutsche, die immerhin (noch) unter den "big five" der Welt rangiert, auch ein lukrativer Absatzmarkt für andere EU-Länder ist, Die genauso wie das D ja im Falle des US-Marktes macht, von der enorme Kauf- und Konsumkraft eines solchen Handelsraums profitieren wollen.
Wähler
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Re: Sammelstrang: Quo vadis, Europa und EU?

Beitrag von Wähler »

Eulenwoelfchen hat geschrieben:(20 Dec 2018, 01:38)
Manchmal wäre es sinnreicher, konkrete, jederzeit machbare kleinere Schritte zu diskutieren, als das ganz Große. Dieses schlagwortartige Kerneuropa.
Wenn nicht einmal die minimalsten Mindestandards eingehalten oder als selbstverständlich angesehen werden. Weder in den gedachten Ländern dieses obskuren Kerneuropa wie in D. Noch in den "kleineren" oder "nicht so leistungsstarken "Reste-EU" Ländern.
Und Wettbewerb wird es immer geben innerhalb der EU und seines Binnenmarkts. Auch wird sich kaum vermeiden lassen, dass eine Volkswirtschaft wie die deutsche, die immerhin (noch) unter den "big five" der Welt rangiert, auch ein lukrativer Absatzmarkt für andere EU-Länder ist, Die genauso wie das D ja im Falle des US-Marktes macht, von der enorme Kauf- und Konsumkraft eines solchen Handelsraums profitieren wollen.
Es werden doch konkrete Schritte angestrebt, zum Beispiel eine gemeinsame Rüstungsbeschaffung im Rahmen einer Verteidigungsunion, oder ein kleines Euro-Budget, um gemeinsame Industriepolitik in Zeiten von Digitalisierung und Industrie 4.0 anstoßen zu können. Das Kerneuropa-Konzept ist doch nur Marketing.
Sicherlich brauchen die Klärungsprozesse innerhalb der demokratisch verfassten EU zu viel Zeit. Die Alternative wäre allerdings ein autokratisches China, welches seine Bürger mit künstlicher Intelligenz so flächendeckend überwacht, wie es in Orwells 1984 beschrieben ist.
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