Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Eiskalt »

zollagent hat geschrieben:(30 Jul 2018, 19:35)

Das werden solche Leute erst merken, wenn sie mal selbst betroffen sind. Mir fällt da immer Pastor Niemöller und sein geflügeltes Wort ein:
:thumbup:
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Sie betonen hier die mitmenschliche Seite, die durch Abschaffung der Gewaltenteilung und Rechtswillkür Schaden nimmt. Das könnte für die Polen eine sehr schmerzhafte Erfahrung werden, schon sehr klar!

Aber was noch härter zu Buche schlägt, das wird die Rechtsunsicherheit auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Zusammenarbeit sein. Man stelle sich vor, ein Unternehmer aus Frankreich baut in Polen eine große Molkerei auf, die durch Käse und andere Produkte mit französischem know-how einen guten Marktanteil erringt. Dann liegt es nahe, daß ein polnischer Wettbewerber solche Entwicklung mit Sorge sieht. Und er könnte anfangen, politisch zu wirken, um ein Gerichtsverfahren gegen diesen Wettbewerber wegen ...was weiß ich denn?... an zu strengen. Was kann dieser französische Unternehmer tun, um solchen konzentrierten parteipolitisch-wirtschaftlichen Machenschaften zu entgehen? Am Ende werden seine Verfahrenskosten höher sein als sein Gewinn aus unternehmerischer Tätigkeit in Polen... und er streicht die Segel.

Dieses sehr oberflächliche Beispiel ließe sich auf Feldern mit politischen Inhalten (Medien) noch schneller umsetzen. Will sagen: Die Regierungen werden sich am Ende zerstreiten, Unternehmer setzen Geld zu... und bleiben lieber in ihrem Lande, um sich dort redlich zu nähren.
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Orbiter1
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Orbiter1 »

Der "polnische Macron", Robert Biedron, steigt wieder auf Landesebene in die Politik ein und hat dazu eine Bewegung gegründet.

"Über seine Social-Media-Kanäle, mit denen er allein mehr Menschen erreicht als die beiden grössten Parteien des Landes zusammen, baute er unter dem Hashtag #CzasDecyzij (Zeit der Entscheidung) tagelang Spannung auf. In einem fast vierminütigen Video verkündete er dann, Polen brauche eine Überwindung der Spaltung und eine echte Alternative zu den dominierenden politischen Kräften. Es folgten eine Pressekonferenz unter freiem Himmel in Warschau, Fernseh- und Radiointerviews." Quelle: https://www.nzz.ch/international/wahlen ... ld.1417506

Auch wenn er viel Wind macht, vor einem schwulen Atheisten muß sich die PiS nicht fürchten. Sollte er wider Erwarten doch gefährlich werden wird man Mittel und Wege finden ihn zu diskreditieren und mundtot zu machen. Polen ist nach meiner Einschätzung bereits verloren.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(07 Sep 2018, 13:27)

Der "polnische Macron", Robert Biedron, steigt wieder auf Landesebene in die Politik ein und hat dazu eine Bewegung gegründet.

"Über seine Social-Media-Kanäle, mit denen er allein mehr Menschen erreicht als die beiden grössten Parteien des Landes zusammen, baute er unter dem Hashtag #CzasDecyzij (Zeit der Entscheidung) tagelang Spannung auf. In einem fast vierminütigen Video verkündete er dann, Polen brauche eine Überwindung der Spaltung und eine echte Alternative zu den dominierenden politischen Kräften. Es folgten eine Pressekonferenz unter freiem Himmel in Warschau, Fernseh- und Radiointerviews." Quelle: https://www.nzz.ch/international/wahlen ... ld.1417506

Auch wenn er viel Wind macht, vor einem schwulen Atheisten muß sich die PiS nicht fürchten. Sollte er wider Erwarten doch gefährlich werden wird man Mittel und Wege finden ihn zu diskreditieren und mundtot zu machen. Polen ist nach meiner Einschätzung bereits verloren.
Ein Vergleich mit dem Aufsteiger Macron fällt aber sehr schmeichelhaft für Herrn Biedron aus. In seiner Antritt mit "en marche" hatte Macron ein ausgearbeitetes Paket von Änderungen, mit denen er Frankreich wieder in die Spur bringen will. Daran wird er auch gemessen werden, falls er sich zur Wiederwahl stellen wird.

Die PiS hatte auch ein Programm vorgelegt, das sie nun Schritt für Schritt umsetzt. Nur die Härte, mit der die PiS ihr Programm auf den Weg bringt, ist erschreckend.

Wo ist aber das Gegenprogramm des "polnischen Macrons"? "So nicht" reicht dazu nicht so ganz. So weit ich diese Leute der Opposition beobachte, sind das mehr oder weniger Selbstdarsteller ohne erkennbaren Plan. Darum wurde aus den Protesten gegen umstrittene Änderungen keine politische Kraft. Die ist friedlich entschlummert. Kein Wunder, daß die PiS trotz ihrer Hemdsärmeligkeit immer noch hohe Zustimmung genießt.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Orbiter1 »

Auf die Reaktion der PiS-Regierung darf man gespannt sein. Akzeptieren sie das Urteil oder ignorieren sie es einfach. Ich tippe auf ignorieren und einen Hinweis auf die Nichteinmischung in innerpolnische Angelegenheitein.

"Polen muss Zwangspensionierung von Richtern stoppen. Empfindliche Schlappe für Polen: Das höchste Gericht der EU erlässt im Streit um die Rechtsstaatlichkeit in dem Land eine einstweilige Anordnung gegen das Land." Quelle: https://amp.tagesspiegel.de/politik/eug ... 09236.html
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(19 Oct 2018, 17:44)

Auf die Reaktion der PiS-Regierung darf man gespannt sein. Akzeptieren sie das Urteil oder ignorieren sie es einfach. Ich tippe auf ignorieren und einen Hinweis auf die Nichteinmischung in innerpolnische Angelegenheitein.

"Polen muss Zwangspensionierung von Richtern stoppen. Empfindliche Schlappe für Polen: Das höchste Gericht der EU erlässt im Streit um die Rechtsstaatlichkeit in dem Land eine einstweilige Anordnung gegen das Land." Quelle: https://amp.tagesspiegel.de/politik/eug ... 09236.html
Der polnische Minister für Justiz und zugleich Generalstaatsanwalt Zbignew Ziobro gehört nicht der PiS an, sondern der EU-skeptischen nationalkonservativen Solidarna Polska. Aber niemand kann sagen, daß er die Demontage der Gewaltenteilung und der Unabhägigkeit der Justiz gegen den Willen der PiS voran getrieben hat. Staatspräsident Duda hat die Gesetze alle bestätigt, die mit Mehrheit im Sejm erlassen wurden.

Diese Regierung bereitet den Weg zum Austritt Polens (POLEXIT) aus der EU... schreibt Rzeczpospolita. Man muß sehen, daß diese Feindseligkeiten gegen die EU bei 87% Zustimmung zur EU der im September 2018 befragten Polen kaltschnäuzig vom Zaun gebrochen werden.

Die einstweilige Anordnung des EuGH kommt gerade rechtzeitig vor den Wahlen zu den Regionalparlamenten, die am kommenden Sonntag, 21. Oktober 2018, abgehalten werden. Da dürften in politisch interessierten Kreisen die Wogen der Erregung hoch schlagen!

In einem Gespräch mit der Rzeczpospolita hat Minister Ziobro ganz klar ausgeführt, daß Polen als Mitglied der EU die einstweilige Anordnung des EuGH befolgen wird.

In einem anderen Pressegespräch kündigte der Wahlkämpfer und PiS-Parteiführer Kaczyński an, gegen das nachfolgende Urteil des EuGH Berufung einlegen zu wollen.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Orbiter1 »

Aus dem Rauswurf-Thread rübergeholt.
H2O hat geschrieben:(23 Oct 2018, 14:44)

Ich würde mich nicht wundern, wenn die polnische Regierung sehr bald das Gespräch mit der EU und mit Deutschland sucht. Präsident Duda ist heute zu Gast bei Präsident Steinmeier zur Feier von 100 Jahren polnischer Unabhängigkeit. Beide besuchen ein Festkonzert im Theater an Gendarmenmarkt in Berlin. Solche Ehrungen werden in Polen nicht ihre Wirkung verfehlen!
Hier in Deutschland hat dieser Festakt ganz sicher nicht seine Wirkung verfehlt. Erst kam es wegen Nordstream II zu einem Brüllduell und dann hat Präsident Duda klar gestellt was er unter einer feierlichen Ansprache versteht.

"Duda ist weniger diplomatisch. Er schildert die aktuellen Beziehungen zur Europäischen Union so, als sei die EU nur eine neue Form von Fremdherrschaft nach den Polnischen Teilungen, dem Überfall Nazideutschlands auf Polen und der langen Zwangszugehörigkeit zum Ostblock. „Wir haben gegen die Teilungen aufbegehrt, wir haben die Eigenstaatlichkeit errungen. Das war wie ein Wunder. Wenn andere uns ihre Lösungen aufzwingen wollen, dann wehren wir uns – dann reagieren wir stur. Das Konzert der Großmächte endete immer schlecht für Polen.“

Steinmeier korrigiert diese Geschichtslektion, zunächst freundlich. Die EU sei ein freiwilliger Zusammenschluss und nicht nur eine Wirtschafts-, sondern auch eine Rechtsgemeinschaft .... Duda jedoch bleibt bei seiner Linie, Polen als Opfer europäischer Übergriffigkeit darzustellen. Er benutzt Argumente, die auf hörbaren Protest eines Gutteils der mehreren hundert Gäste des Forums treffen. Es habe doch Gründe, dass die Briten die EU verlassen wollen. „Die Briten lassen sich keine Fremdherrschaft gefallen“, sagt Duda. ....

Duda bleibt auf Konfrontationskurs. Die EU-Reaktion auf Polens Justizreform sei wieder so ein Eingriff, wo Polen nur „stur“ reagieren könne. Noch heute seien in Polen Richter im Amt, die vor 1989 an Unrechtsurteilen gegen Menschen beteiligt waren, die gegen die kommunistische Diktatur protestierten, behauptet er. .... Und zum Hinweis, dass populäre Programme der staatlichen Medien wie der Radiosender „Trojka“ am Samstag nicht einmal über das Urteil des EuGH gegen Polen berichtet hatten, sagt Duda nur: „Ich unterdrücke keine Nachrichten.“ Der Saal antwortet mit Gelächter. Der Eingriff der PiS in die Unabhängigkeit des öffentlichen Rundfunks trifft schließlich ebenfalls auf Bedenken der EU." Quelle: https://amp.tagesspiegel.de/politik/100 ... 22144.html

Auf die Teilnahme an solchen Festakten wird die deutsche Seite in Zukunft hoffentlich verzichten. Und die polnische Regierung sollte endlich den Antrag zum EU-Austritt stellen damit sie nicht länger die EU-Fremdherrschaft erdulden müssen.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(24 Oct 2018, 08:28)

Aus dem Rauswurf-Thread rübergeholt.

Hier in Deutschland hat dieser Festakt ganz sicher nicht seine Wirkung verfehlt. Erst kam es wegen Nordstream II zu einem Brüllduell und dann hat Präsident Duda klar gestellt was er unter einer feierlichen Ansprache versteht.

"Duda ist weniger diplomatisch. Er schildert die aktuellen Beziehungen zur Europäischen Union so, als sei die EU nur eine neue Form von Fremdherrschaft nach den Polnischen Teilungen, dem Überfall Nazideutschlands auf Polen und der langen Zwangszugehörigkeit zum Ostblock. „Wir haben gegen die Teilungen aufbegehrt, wir haben die Eigenstaatlichkeit errungen. Das war wie ein Wunder. Wenn andere uns ihre Lösungen aufzwingen wollen, dann wehren wir uns – dann reagieren wir stur. Das Konzert der Großmächte endete immer schlecht für Polen.“

Steinmeier korrigiert diese Geschichtslektion, zunächst freundlich. Die EU sei ein freiwilliger Zusammenschluss und nicht nur eine Wirtschafts-, sondern auch eine Rechtsgemeinschaft .... Duda jedoch bleibt bei seiner Linie, Polen als Opfer europäischer Übergriffigkeit darzustellen. Er benutzt Argumente, die auf hörbaren Protest eines Gutteils der mehreren hundert Gäste des Forums treffen. Es habe doch Gründe, dass die Briten die EU verlassen wollen. „Die Briten lassen sich keine Fremdherrschaft gefallen“, sagt Duda. ....

Duda bleibt auf Konfrontationskurs. Die EU-Reaktion auf Polens Justizreform sei wieder so ein Eingriff, wo Polen nur „stur“ reagieren könne. Noch heute seien in Polen Richter im Amt, die vor 1989 an Unrechtsurteilen gegen Menschen beteiligt waren, die gegen die kommunistische Diktatur protestierten, behauptet er. .... Und zum Hinweis, dass populäre Programme der staatlichen Medien wie der Radiosender „Trojka“ am Samstag nicht einmal über das Urteil des EuGH gegen Polen berichtet hatten, sagt Duda nur: „Ich unterdrücke keine Nachrichten.“ Der Saal antwortet mit Gelächter. Der Eingriff der PiS in die Unabhängigkeit des öffentlichen Rundfunks trifft schließlich ebenfalls auf Bedenken der EU." Quelle: https://amp.tagesspiegel.de/politik/100 ... 22144.html

Auf die Teilnahme an solchen Festakten wird die deutsche Seite in Zukunft hoffentlich verzichten. Und die polnische Regierung sollte endlich den Antrag zum EU-Austritt stellen damit sie nicht länger die EU-Fremdherrschaft erdulden müssen.
Diese Unfreundlichkeit wird den Präsidenten das Amt kosten, wenn in den unabhängigen Medien der Wortlaut und die Umstände der bemerkenswert dummen Rede veröffentlicht werden. Hat dem jemand etwas in den Kaffee geschüttet?

87% Zustimmung zur EU bedeuten, daß Präsident Duda 87% der Befragten vor den Kopf stößt.

Die Reaktion im Zuschauerraum war dann ja auch entsprechend deutlich.

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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von schokoschendrezki »

Weder Duda noch Steinmeier haben irgendein Mandat, sich über Sinn, Unsinn oder Folgen des NordStream2-Projekts zu echauffieren. Es handelt sich um Staatsoberhäupter und beide wären gut beraten, auf dieser symbolischen Ebene für Vertrauen und nicht für Dissenz zu sorgen.

Der Zufall wollte es, dass ich just gestern die Rezension des jüngsten Buchs des FAZ-Korrespondenten Jochen Buchsteiner hörte. (Durchaus ironisch) betitelt mit: "Die Flucht der Briten aus der europäischen Utopie". Und das Interview mit dem Autor in DR Andruck macht schon nachdenklich. In Kontinentaleuropa herrsche in weiten Kreisen eine Art frohes Händereiben darüber, dass es den Briten jetzt gewissermaßen verdienterweise an den Kragen geht. Das sind grobe Vereinfachungen und Überheblichkeiten. Trotz der großen Schwierigkeiten bei den EU/Brexit-Verhandlungen gibt es bei den Brexitiers eigentlich nur eine minimale Zurücknahme ihrer Position. Und das sind - na aber - natürlich nicht alles nur Dummköpfe oder sozial Abgehängte. Da muss man auch einfach mal runterkommen von seiner kontinentaleuropäisch-arroganten Sichtweise. Die Kernaussage des Autors: Das Projekt EU wird dann und nur dann gerettet, wenn der Grundsatz einer "ever closer union" aufgegeben wird. Und als Alternative wird in der Rezension das jüngst erarbeitete "Clubs within the Club"-Modell vorgestellt. Die V4-Gemeinschaft wäre da schon so ein ganz typisches Beispiel für einen solchen EU-Club.
https://www.deutschlandfunk.de/die-fluc ... _id=430572
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von sünnerklaas »

H2O hat geschrieben:(24 Oct 2018, 08:40)

Diese Unfreundlichkeit wird den Präsidenten das Amt kosten, wenn in den unabhängigen Medien der Wortlaut und die Umstände der bemerkenswert dummen Rede veröffentlicht werden. Hat dem jemand etwas in den Kaffee geschüttet?

87% Zustimmung zur EU bedeuten, daß Präsident Duda 87% der Befragten vor den Kopf stößt.

Die Reaktion im Zuschauerraum war dann ja auch entsprechend deutlich.

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Man sollte da gelassen bleiben. Duda und sein Befehlsgeber Kaczynski sind aus meiner Sicht ganz kleine Würstchen, die auf ganz Dicke Hose machen.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von sünnerklaas »

schokoschendrezki hat geschrieben:(24 Oct 2018, 09:06)

Weder Duda noch Steinmeier haben irgendein Mandat, sich über Sinn, Unsinn oder Folgen des NordStream2-Projekts zu echauffieren. Es handelt sich um Staatsoberhäupter und beide wären gut beraten, auf dieser symbolischen Ebene für Vertrauen und nicht für Dissenz zu sorgen.
Der Befehlsgeber von Duda, Kaczynski hat noch persönliche offene Rechnungen. Sein angeblich von den Russen ermordeter Bruder.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von schokoschendrezki »

sünnerklaas hat geschrieben:(24 Oct 2018, 09:28)

Man sollte da gelassen bleiben. Duda und sein Befehlsgeber Kaczynski sind aus meiner Sicht ganz kleine Würstchen, die auf ganz Dicke Hose machen.
Das müsstest Du schon noch irgendwie belegen. Im internationalen politischen Weltgefüge steht Polen strategisch genau an der Bruchlinie zwischen EU-Europa und Russland und hat andererseits traditonell enge Beziehungen zu USA und UK. Und ist anders als etwa die baltischen Staaten ein großer bevölkerungsreicher Flächenstaat.

Bis zum Tod von Brzezinski 2017 gab es diese tradtitionelle Verbindung Polen, USA, Israel ... die auch immer ein wenig etwas männerbündisches hatte. Besonders der verstorbene Lech Kaczynski war ein großer Israel-Freund. Es kann sein, dass die Zeit solcher informeller Allianzen überhaupt vorbei ist. Und wir es nunmehr nur noch mit einzelnen Deals zu tun haben. Siehe aktuell USA-Saudi-Arabien. Wiederum war es ein Pole, der Soziologe Zygmunt Bauman, der den Begriff der "flüchtigen Moderne" einführte. "Es gibt kein Schaltzentrum der Macht mehr, die Strukturen sind flüchtig, die Freiheit beliebig." Auch wenn er das eher auf die Lage des Individuums in der modernen Welt bezog. Von seiner gesamtstrategischen Bedeutung her bleibt Polen dennoch relevant und wer anders sollte dort die Fäden in der Hand halten als J. Kaczynski.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von sünnerklaas »

schokoschendrezki hat geschrieben:(24 Oct 2018, 10:06)

Das müsstest Du schon noch irgendwie belegen. Im internationalen politischen Weltgefüge steht Polen strategisch genau an der Bruchlinie zwischen EU-Europa und Russland und hat andererseits traditonell enge Beziehungen zu USA und UK. Und ist anders als etwa die baltischen Staaten ein großer bevölkerungsreicher Flächenstaat.
Mit Jaroslaw Kaczynski steht Polen nicht an der Bruchlinie zwischen Westeuropa und Russland - es sitzt zwischen allen Stühlen. Und das eigentlich schon seit dem Frühjahr 2003 - als man mit großem Hurra an der Seite der USA des GWB in den Irak einmarschierte und damit die Grundlage für die Flüchtlingskrise 2015 legte. Schon danach fing das Verhältnis zwischen Frankreich und Deutschland auf der einen und Polen auf der anderen Seite zu schwächeln. D und F taten, wie wir heute wissen, gut daran, sich nicht an dem Irakabenteuer zu beteiligen. Psychologisch gesehen hat die damalige Achse Paris-Berlin-Moskau für Angst und Schrecken gesorgt - vor allem im Zusammenhang mit dem damals beschlossenen Bau der Ostseepipeline.
Von seiner gesamtstrategischen Bedeutung her bleibt Polen dennoch relevant und wer anders sollte dort die Fäden in der Hand halten als J. Kaczynski.
Wobei Kaczynski außenpolitisch kein wirklicher starker Mann ist - allein schon auf Grund, dass er sich sehr stark von Emotionen leiten lässt. Wut, Hass und Verbitterung sind eben schlechte Berater. Hinzu kommt, dass er ein ausgesprochener Feigling ist, der als "starker Mann" im Hintergrund immer andere vorschickt. Ähnlich ist ja Józef Piłsudski vorgegangen. Auch der hat stets nur aus der sicheren Deckung heraus agiert - mit am Ende fatalen Folgen für Polen. Die Konsequenzen durften andere tragen.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von schokoschendrezki »

sünnerklaas hat geschrieben:(24 Oct 2018, 11:18)

Mit Jaroslaw Kaczynski steht Polen nicht an der Bruchlinie zwischen Westeuropa und Russland - es sitzt zwischen allen Stühlen. Und das eigentlich schon seit dem Frühjahr 2003 - als man mit großem Hurra an der Seite der USA des GWB in den Irak einmarschierte und damit die Grundlage für die Flüchtlingskrise 2015 legte.
Die Koalition der Willigen war eher eine symbolische Geste. Italien hat sich mit 2754 Mann Truppenstärke noch etwas mehr als POlen mit 2500 daran beteiligt. Und niemand kommt auf die Idee, daraus etwas über die heutige Rolle Italiens abzuleiten. Neben den 138000 US-Soldaten waren das allesamt nur Nebenbeteiligte.
Wobei Kaczynski außenpolitisch kein wirklicher starker Mann ist - allein schon auf Grund, dass er sich sehr stark von Emotionen leiten lässt. Wut, Hass und Verbitterung sind eben schlechte Berater.
Das ist richtig. Und das ist der große Unterschied zu Politikern mit solchen kommunikativen Fähigkeiten wie Orbán. Der in perfektem Englisch sowohl mit europäischen Politikern wie auch mit Industrievertretern zu verhandeln weiß. Die Bedeutung Polens resultiert aber ja auch nicht aus der Bedeutung solcher Personen sondern aus der objektiv gegebenen geographischen, politischen, militärischen, wirtschaftlichen Lage heraus.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(25 Oct 2018, 09:05)

Die Koalition der Willigen war eher eine symbolische Geste. Italien hat sich mit 2754 Mann Truppenstärke noch etwas mehr als POlen mit 2500 daran beteiligt. Und niemand kommt auf die Idee, daraus etwas über die heutige Rolle Italiens abzuleiten. Neben den 138000 US-Soldaten waren das allesamt nur Nebenbeteiligte.

Das ist richtig. Und das ist der große Unterschied zu Politikern mit solchen kommunikativen Fähigkeiten wie Orbán. Der in perfektem Englisch sowohl mit europäischen Politikern wie auch mit Industrievertretern zu verhandeln weiß. Die Bedeutung Polens resultiert aber ja auch nicht aus der Bedeutung solcher Personen sondern aus der objektiv gegebenen geographischen, politischen, militärischen, wirtschaftlichen Lage heraus.
Also, ich wünsche mir einen führenden polnischen Politiker, der hinter einer ausgestreckten Hand nicht unbedingt einen Taschendieb vermutet; der also freundlich und offen die Zusammenarbeit mit seinem deutschen Nachbarn sucht und den Sympathiebonus Polens in Deutschland nach Kräften für die Entwicklung seines Landes nutzt. Da ginge doch noch sehr viel und viel mehr... und ist schon einmal gegangen. Schade!

Die jüngsten Regional- und Gemeindewahlen haben auch bestätigt, daß sehr viele Polen sich unwohl in der Rolle Polens als Krakeeler in der EU fühlen. Die PiS hat in den Städten nicht den erhofften Erfolg gehabt, trotz einiger sozialer Wohltaten und versprochener weiterer Wohltaten... immer mit "+500" umschrieben, jetzt für Rentner in Zloty. Man sieht, daß politisch interessierten Polen durchaus bewußt ist, welchen Kurs die national-konservative polnische Regierung steuert. Das läßt hoffen!
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(25 Oct 2018, 09:45)

Die jüngsten Regional- und Gemeindewahlen haben auch bestätigt, daß sehr viele Polen sich unwohl in der Rolle Polens als Krakeeler in der EU fühlen. Die PiS hat in den Städten nicht den erhofften Erfolg gehabt, trotz einiger sozialer Wohltaten und versprochener weiterer Wohltaten... immer mit "+500" umschrieben, jetzt für Rentner in Zloty. Man sieht, daß politisch interessierten Polen durchaus bewußt ist, welchen Kurs die national-konservative polnische Regierung steuert. Das läßt hoffen!
Wenn ich das richtig mitbekommen habe hat die PiS bei den Kommunalwahlen insgesamt um 5% zugelegt. Das ist es was zählt. Die sehen sich auf ihrem Weg der Autokratie und dem Joch der EU-Fremdherrschaft zu entfliehen bestätigt und werden den auch konsequent fortsetzen.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(25 Oct 2018, 10:18)

Wenn ich das richtig mitbekommen habe hat die PiS bei den Kommunalwahlen insgesamt um 5% zugelegt. Das ist es was zählt. Die sehen sich auf ihrem Weg der Autokratie und dem Joch der EU-Fremdherrschaft zu entfliehen bestätigt und werden den auch konsequent fortsetzen.
Das können diese Holzköpfe auch weiter so machen. Die jungen und leistungsfähigen Leute werden es ihnen danken durch Fortzug nach Westen. Ein ganz toller Sieg!
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Nomen Nescio »

H2O hat geschrieben:(25 Oct 2018, 11:18)

Das können diese Holzköpfe auch weiter so machen. Die jungen und leistungsfähigen Leute werden es ihnen danken durch Fortzug nach Westen. Ein ganz toller Sieg!
können wir (grob natürlich) folgern daß bei solchen regierungen mit den füßen gewählt wird? daß sogar möglicherweise ein braindrain statt findet?
nathan über mich: »er ist der unlinkste Nicht-Rechte den ich je kennengelernt habe. Ein Phänomen!«
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Nomen Nescio hat geschrieben:(01 Nov 2018, 22:37)

können wir (grob natürlich) folgern daß bei solchen regierungen mit den füßen gewählt wird? daß sogar möglicherweise ein braindrain statt findet?
Zumindest können Sie damit rechnen, daß die Menschen vor Ort das Vertrauen in eine solche Regierung verlieren. Das haben die letzten Wahlen gezeigt.

Die Abwanderung von jungen Leuten ist seit vielen Jahren zu beobachten. In Deutschland stellen Polen die zweit größte oder sogar größte Gruppe der Zuwanderer. Das Verhältnis von Mensch zu Mensch ist ganz entspannt. Die polnische Regierung sucht regelrecht nach Ärger... und die jungen Leute gehen eben.

Deutsche Unternehmen investieren in und verlagern nach Polen, weil das schon ein beachtlicher Markt ist. Damit wirken sie sicher einem BrainDrain entgegen. Und sie verändern die Gesellschaft dort. Kann man am besten vor Ort sehen, wie nun Entwicklungen laufen, die uns sehr vertraut sind. Wenn Leute in Polen einen größeren Ortswechsel machen müssen (Landflucht), dann werden die durchaus auch an Deutschland als Ziel denken.

40.000 Polen kommen jährlich auf Dauer nach Deutschland; 800.000 Polen leben dauerhaft in Deutschland.
https://www.welt.de/politik/deutschland ... er-an.html
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Orbiter1 »

Heute finden die polnisch-deutschen Regierungskonsultationen statt. Das wird wohl eine der letzten Möglichkeiten sein direkt auf die verhasste Merkel einzudreschen. Die werden sich die Vertreter der PiS-Regierung sicher nicht entgehen lassen.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von schokoschendrezki »

Nomen Nescio hat geschrieben:(01 Nov 2018, 22:37)

können wir (grob natürlich) folgern daß bei solchen regierungen mit den füßen gewählt wird? daß sogar möglicherweise ein braindrain statt findet?
Ich hatte schon mal einen Link zu den aktuellen Zahlen zum Export/Import zwischen Deutschland und Polen, ihren Trend für 2016/2017 und den Vergleich mit den Wirtschaftszahlen Deutschland/Frankreich hier gepostet. Wie so häufig stehen der komplexen Wirklichkeit die Versuche gegenüber, eine monokausale, von persönlichen, subjektiven Vorlieben geprägte Weltsicht entgegenzusetzen. Die politische Wirklichkeit in Polen ist von einer bedauerlichen Zunahme der Akzeptanz von Autoritarismus geprägt. Das Problem der Abwanderung von Fachrkräften und allgemein das Problem des demographischen Wandels nimmt zu. Wirtschaft und Handel dagegen entwickeln sich prächtig. Die Arbeitslosenrate in Polen hat mit aktuell 3,4 Prozent (https://de.statista.com/statistik/daten ... -laendern/) ein europaweit derart minimales Niveau erreicht (wird nur noch von Tschechien mit sage und schreibe 2,5 Prozent unterboten), dass man in Anbetracht von einer immer vorhandenen Basisvariabilität auf dem Arbeitsmarkt davon sprechen kann, dass das Phänomen "Arbeitslosigkeit" praktisch nicht mehr existiert. Deutschland wird aus POlen über kurz oder lang mehr Güter und Dienstleistungen importieren als aus Frankreich. Schaut auf die Dinge wie sie sind und nicht wie Ihr euch sie denkt, vorstellt, wünscht oder fürchtet.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(02 Nov 2018, 07:45)

Heute finden die polnisch-deutschen Regierungskonsultationen statt. Das wird wohl eine der letzten Möglichkeiten sein direkt auf die verhasste Merkel einzudreschen. Die werden sich die Vertreter der PiS-Regierung sicher nicht entgehen lassen.
Das Gegenteil wird richtig sein. Natürlich kommen Streitpunkte auf die Tagesordnung:
Northstream II
Reparationsforderungen
Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung
vertiefte Zusammenarbeit der Euro-Gruppe

Aus Northstream II können beide aber auch etwas Gutes machen, was ihre Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit verbessern wird. In Swinemünde wird das Flüssiggasterminal ausgebaut, von dem aus Gas in Polen verteilt werden kann. Warum nicht auch in Ostdeutschland, und warum nicht Gas aus Meckpom in Westpolen?

Reparationsforderungen sind nach deutscher Rechtsauffassung so erledigt wie die aus Griechenland. Dazu muß Polen dann eben vor internationalen Gerichten klagen.

Bei der Rechtsstaatlichkeit wird die Kanzlerin empfehlen, eine gemeinsame Kommission der EU und Polens zu bilden, die die polnische Verfassung in den kritischen Punkten EU-fest umbaut und dennoch die berechtigten Anliegen Polens berücksichtigt.

Die Euro-Gruppe wird sich bestimmt nicht von Polen oder anderen Staaten der EU ohne Gemeinschaftswährung vorschreiben lassen, wie weit sie ihre Zusammenarbeit voran bringt. Dieses Vorgehen ist in den Verträgen von Lissabon ausdrücklich zugelassen. Polen wird sich in eine Abseitsstellung bringen, wenn das Land für sich selbst mehr eigene Entscheidungen und Wünsche abseits der Gemeinschaft durchsetzt. In Rczeczpospolita äußern Kommentatoren immer wieder den Verdacht, daß der Justizminister Ziobro Polen in Richtung Polexit führen möchte. Das wird aber nichts!

Das alles sind Punkte, die man ohne Blutdruck verhandeln kann... wenn man will.

Die Kanzlerin erfreut sich in Polen aber hoher Zustimmung, selbst durch die PiS, wie Kommentare zu ihrem schrittweisen Rückzug aus der Macht zeigen. Ein Kommentar des PiS-Führers Kaczyński zu den Bundestagswahlen: "Frau Merkel ist für Polen die beste aller Möglichkeiten!" Das hat gestern Außenminister Czaputowicz bestätigt. Ich bin überzeugt, daß die deutsche Abordnung hart in der Sache, aber freundlich im Ton dieses Treffen überstehen wird.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben:(02 Nov 2018, 08:24)
Das alles sind Punkte, die man ohne Blutdruck verhandeln kann... wenn man will.
Ohne erhöhten Blutdruck. Ganz ohne Blutdruck gehts glaub ich auch nicht ... :)

Es gibt - wie allgemein klar ist - vier Punkte: Rechtsstaatlichkeit, Reparationsforderungen, Nord Stream 2, Migrationspolitik.

"Reparationsforderungen" ist wohl doch eher reine Rhetorik und Propaganda und nicht wirklich ernsthaft gemeint.

"Rechtsstaatlichkeit" (und dann auch natürlich Pressefreiheit) ist ein sehr ernstes und mit Bezug auf Länder wie Polen oder UNgarn auch sehr trauriges Thema. Auf verlorenem Posten, wie ich inzwischen glaube. Checks and Balances sind auf dem Rückzug. Der Supreme Court kann einen Trump nicht mehr stoppen. Polen ist da nur ein Nebenschauplatz.

Differenzen in der europäischen MIgrationspolitik sind ein Teil der sonstigen Differenzen. Man will, wo man meint, es wollen zu sollen, eigene Wege gehen, und man will, wo man meint, es nicht wollen zu sollen, gemeinsame Wege in der EU gehen. Je nachdem.

Vor allem das Projekt Nord Stream 2 steht für ein tatsächlich bedeutsames und brisantes und nicht-triviales Zerwürfnis-Thema. Hier gehts wirklich um was. Stellvertretend und als Symptom natürlich. Weltmachtgerangel Westen, China, Russland, das herannahende Ende der Ära der fossilen Brennstoffe, Militärblöcke, Rüstung, Ukraine-Konflikt, Klimawandel, LNG-Technologie, Fracking in den USA, Oman Kuweit & Co, Gazprom, BP ... die großen Giganten.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(02 Nov 2018, 08:43)

Ohne erhöhten Blutdruck. Ganz ohne Blutdruck gehts glaub ich auch nicht ... :)

Es gibt - wie allgemein klar ist - vier Punkte: Rechtsstaatlichkeit, Reparationsforderungen, Nord Stream 2, Migrationspolitik.

"Reparationsforderungen" ist wohl doch eher reine Rhetorik und Propaganda und nicht wirklich ernsthaft gemeint.

"Rechtsstaatlichkeit" (und dann auch natürlich Pressefreiheit) ist ein sehr ernstes und mit Bezug auf Länder wie Polen oder UNgarn auch sehr trauriges Thema. Auf verlorenem Posten, wie ich inzwischen glaube. Checks and Balances sind auf dem Rückzug. Der Supreme Court kann einen Trump nicht mehr stoppen. Polen ist da nur ein Nebenschauplatz.

Differenzen in der europäischen MIgrationspolitik sind ein Teil der sonstigen Differenzen. Man will, wo man meint, es wollen zu sollen, eigene Wege gehen, und man will, wo man meint, es nicht wollen zu sollen, gemeinsame Wege in der EU gehen. Je nachdem.

Vor allem das Projekt Nord Stream 2 steht für ein tatsächlich bedeutsames und brisantes und nicht-triviales Zerwürfnis-Thema. Hier gehts wirklich um was. Stellvertretend und als Symptom natürlich. Weltmachtgerangel Westen, China, Russland, das herannahende Ende der Ära der fossilen Brennstoffe, Militärblöcke, Rüstung, Ukraine-Konflikt, Klimawandel ....
Oooch, ich glaube schon, daß Reparationen ein polnischer Traum sind... wie auch der Goldzug von Waldenburg/Walbrzych. Man wird wohl noch einmal träumen dürfen. :) Natürlich wissen die allermeisten Polen, daß das alles Seifenblasen sind, aber sie schillern so schön bunt. Und sie können auch darüber schmunzeln und Witze reißen.

Die EU braucht Polen nicht unbedingt, obwohl es natürlich ganz wunderbar ist, ein so großes Volk mit im Verein zu haben. Aber bestimmt nicht als Störfaktor. Wir müssen demnächst ohne die Briten unsere EU entwickeln, was wir alle wirklich bedauern und am liebsten umdrehen würden. Auch da geht es ohne Briten weiter. Auf Null gehen Handel und Wandel nicht zurück, und ein Zuwanderungsgesetz wird es auch geben, dem zufolge Fachkräfte in der EU eine Arbeit aufnehmen können. Auch da geht es nicht auf Null zurück.

Bundespräsident Steinmeier hatte beim Treffen "100 Jahre polnische Unabhängigkeit in Berlin" gegenüber Präsident Duda polnische Extratouren schon angesprochen: "Die EU ist ein freiwilliger Zusammenschluß von demokratischen Staaten"... womit eigentlich das Thema vollumfänglich umrissen wurde.

Allzu viel Phantasie gehört wirklich nicht dazu, sich die Folgen eines solchen Eigensinns vor zu stellen. Hoffen wir, daß die Polen lieb und nett bleiben... ein Streit mit Nachbarn ist so ziemlich das Schlimmste, was friedliebenden Leuten passieren kann. Ersprießlicher, mit den Franzosen die Zusammenarbeit in der Eurogruppe aus zu bauen. Tatsächlich motzt die polnische Regierung dagegen an; wie übergriffig! :eek:
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben:(02 Nov 2018, 09:15)

Oooch, ich glaube schon, daß Reparationen ein polnischer Traum sind... wie auch der Goldzug von Waldenburg/Walbrzych. Man wird wohl noch einmal träumen dürfen. :) Natürlich wissen die allermeisten Polen, daß das alles Seifenblasen sind, aber sie schillern so schön bunt. Und sie können auch darüber schmunzeln und Witze reißen.
Lassen Sie es mich wissen, wenn Sie über solche Fragen Informationen über ernsthafte Gespräche haben ... interessiert mich sehr.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(02 Nov 2018, 09:23)

Lassen Sie es mich wissen, wenn Sie über solche Fragen Informationen über ernsthafte Gespräche haben ... interessiert mich sehr.


Gespräche darüber gibt es doch ständig auf allen Ebenen mit dem gleichen Verlauf: Polen erinnert an Reparationsforderungen, und Deutschland erinnert an abgeschlossene Verträge. Ende des Austauschs zum Thema. Das hat inzwischen den Charakter eines Rituals. Hoffnungslos, aber nicht ernst...
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Orbiter1 »

Der nächste Tritt vor's Schienbein. Wann endlich beschränkt die deutsche Bundesregierung den Dialog mit der PiS-Regierung auf das Allernotwendigste?

"Die Regierungen Deutschlands und Polens finden zu keinem harmonischen Miteinander. Selbst Projekte, die der guten Nachbarschaft dienen sollen, enden derzeit oft im Gefühl der Brüskierung. Diesen Eindruck hinterließ auch die zweitägige Konferenz "Ein Jahrhundert deutsche Polenpolitik (1918-2018)" im Auswärtigen Amt. Die Bundesregierung wollte Polen mit der kritischen Rückschau "ein Geschenk" zum 100. Geburtstag der staatlichen Wiedergeburt Polens 1918 machen, "um die gemeinsame Erinnerungskultur zu pflegen", ...Doch Polens Botschafter Andrzej Przylebski, der den verhinderten Außenminister Czaputowcz vertrat, ergriff die ausgestreckte Hand nicht. Seine Rede mündete in der Aussage, die gesamten letzten 100 Jahre deutsche Polenpolitik seien "eine Katastrophe" gewesen. Auch nach 1989 "hat sich die Lage nicht so entwickelt, wie die meisten Polen es sich gewünscht haben". Die Nachbarschaft sei "nicht zufriedenstellend".

Diese Interpretation der Beziehungen der letzten drei Jahrzehnte stieß auf Kritik unter den Konferenzteilnehmern, ja: auf Empörung. Gesine Schwan, lange Jahre Polen-Beauftragte der Bundesregierung und als Präsidentin der Viadrina-Universität in Frankfurt/Oder eine Gestalterin der intensiven Nachbarschaft, wies Przylebskis Wertung in einem emotionalen Auftritt zurück und erhielt stürmischen Applaus." Quelle: https://amp.tagesspiegel.de/politik/kon ... 51604.html

Heiko Maas war in den 9 Monaten seit er Außenminister ist 3 mal in Polen. Damit sollte jetzt endlich Schluss sein. Und der polnische Außenminister sollte sich nicht in Deutschland blicken lassen. Den Dialog erst wieder aufnehmen wenn es die PiS-Regierung nicht mehr gibt. Es reicht.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(19 Nov 2018, 07:58)

Der nächste Tritt vor's Schienbein. Wann endlich beschränkt die deutsche Bundesregierung den Dialog mit der PiS-Regierung auf das Allernotwendigste?

"Die Regierungen Deutschlands und Polens finden zu keinem harmonischen Miteinander. Selbst Projekte, die der guten Nachbarschaft dienen sollen, enden derzeit oft im Gefühl der Brüskierung. Diesen Eindruck hinterließ auch die zweitägige Konferenz "Ein Jahrhundert deutsche Polenpolitik (1918-2018)" im Auswärtigen Amt. Die Bundesregierung wollte Polen mit der kritischen Rückschau "ein Geschenk" zum 100. Geburtstag der staatlichen Wiedergeburt Polens 1918 machen, "um die gemeinsame Erinnerungskultur zu pflegen", ...Doch Polens Botschafter Andrzej Przylebski, der den verhinderten Außenminister Czaputowcz vertrat, ergriff die ausgestreckte Hand nicht. Seine Rede mündete in der Aussage, die gesamten letzten 100 Jahre deutsche Polenpolitik seien "eine Katastrophe" gewesen. Auch nach 1989 "hat sich die Lage nicht so entwickelt, wie die meisten Polen es sich gewünscht haben". Die Nachbarschaft sei "nicht zufriedenstellend".

Diese Interpretation der Beziehungen der letzten drei Jahrzehnte stieß auf Kritik unter den Konferenzteilnehmern, ja: auf Empörung. Gesine Schwan, lange Jahre Polen-Beauftragte der Bundesregierung und als Präsidentin der Viadrina-Universität in Frankfurt/Oder eine Gestalterin der intensiven Nachbarschaft, wies Przylebskis Wertung in einem emotionalen Auftritt zurück und erhielt stürmischen Applaus." Quelle: https://amp.tagesspiegel.de/politik/kon ... 51604.html

Heiko Maas war in den 9 Monaten seit er Außenminister ist 3 mal in Polen. Damit sollte jetzt endlich Schluss sein. Und der polnische Außenminister sollte sich nicht in Deutschland blicken lassen. Den Dialog erst wieder aufnehmen wenn es die PiS-Regierung nicht mehr gibt. Es reicht.
Nein, so sollte man es deutscherseits überhaupt nicht machen! Sondern weiterhin geduldig jene Projekte voran bringen, die mit und in Polen möglich sind. Auf persönlicher Ebene bestehen beste Beziehungen, die sich auch nutzen lassen, um in der Zusammenarbeit voran zu kommen, vor allem wirtschaftlich und persönlich!

Vielleicht sollte die Bundesregierung ihre Freundschaft den Polen nicht aufdrängen, sondern die polnische Regierung darum ringen lassen, während ständig weitere Polen ihre Schritte nach Westen lenken, um dort in freiheitlich sozialen Demokratien zu Wohlstand zu gelangen.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Audi »

Polens Botschafter brüskiert Außenminister Maas öffentlich
Bei einer Konferenz im Auswärtigen Amt hat Polens Botschafter die deutsche Polenpolitik als "Katastrophe" bezeichnet. Damit brüskiert er Außenminister Heiko Maas öffentlich. Der hatte zuvor in einer Rede noch versucht, versöhnliche Töne anzuschlagen.

https://m.focus.de/politik/ausland/offe ... 35375.html

Nicht ganz sauber die Jungs in polen
Ger9374

Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Ger9374 »

Es ist klar erkennbar das die PIS kein Freund der Deutschen sein will.Aber die PIS ist nicht Polen!
Das die derzeitige Bundesregierung mehr zur Arschkriecherei neigt macht es der PIS umso leichter die Bemühungen um vernünftigen Umgang unter E.U Partnern zu torpedieren. Klare Worte auf höchster Ebene tun Not. Die wirtschaftlichen und teils auch politisch ähnlichen Interessen schreien nach normalem Umgang miteinander. Das geradezu Kindliche Gebaren der PIS darf nicht weiter ohne akzeptable Antwort aus Berlin bleiben
Ungewohnt aber effektiv muss diese Antwort sein.
Ist doch nichts an dem Gehabe der PIS wirklich von Gewicht. Fantasie an Reparationszahlungen beweist auch Griechenland. Das alles wurde in London vor Jahrzehnten völkerrechtlich geklärt.
Audi
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Audi »

Ger9374 hat geschrieben:(21 Nov 2018, 01:14)

Es ist klar erkennbar das die PIS kein Freund der Deutschen sein will.Aber die PIS ist nicht Polen!
Das die derzeitige Bundesregierung mehr zur Arschkriecherei neigt macht es der PIS umso leichter die Bemühungen um vernünftigen Umgang unter E.U Partnern zu torpedieren. Klare Worte auf höchster Ebene tun Not. Die wirtschaftlichen und teils auch politisch ähnlichen Interessen schreien nach normalem Umgang miteinander. Das geradezu Kindliche Gebaren der PIS darf nicht weiter ohne akzeptable Antwort aus Berlin bleiben
Ungewohnt aber effektiv muss diese Antwort sein.
Ist doch nichts an dem Gehabe der PIS wirklich von Gewicht. Fantasie an Reparationszahlungen beweist auch Griechenland. Das alles wurde in London vor Jahrzehnten völkerrechtlich geklärt.
Und wie soll man mit so einer Regierung eine EU armee Aufstellen?
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Audi hat geschrieben:(21 Nov 2018, 10:47)

Und wie soll man mit so einer Regierung eine EU armee Aufstellen?
Ganz nüchtern über Verträge, Schritt für Schritt, auf völlig freiwilliger Grundlage. Niemand muß müssen. Aber wer nicht am Rand stehen will und dabei zusehen möchte, wie sich Europa ausformt, der wird schon irgendwann in Schwung kommen. Und wenn nicht, dann leben wir Europäer auch damit. Bei PESCO ist Polen mit eingestiegen... mit welchem Interessenschwerpunkt, das habe ich nirgendwo gefunden.

In gleicher Weise ist wirtschaftlich zu verfahren: Verträge, Investitionen, Zweigwerke...
Auch da wird man sehen, ob eine polnische Regierung sich gegen Investitionen auf polnischem Boden wehrt. Die europäische Wirtschaft kann ja auch in der Slowakei und im Baltikum investieren... oder in Slowenien und Kroatien. Deutschland liegt nun einmal in der Mitte und kann nach allen Seiten Ausschau halten nach lohnenden Geschäften.

Politisch ebenso: Wenn weitere Vereinigungsschritte anstehen, dann geht das aller Voraussicht nach in der Euro-Zone los: Harmonisierungen auf unterschiedlichsten Gebieten erleichtern die Zusammenarbeit und verbessern die wirtschaftliche Lage der beteiligten Partner, fördern Verflechtungen... und niemand muß Polen dazu um Erlaubnis bitten. Aber Polen ist herzlichst eingeladen, sich endlich den Euro zu zu legen, wie das die bestehenden Verträge vorsehen, und sich auch sonst an der Mitgestaltung der EU zu beteiligen... aber muß das nicht tun.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Audi »

H2O hat geschrieben:(21 Nov 2018, 11:07)

Ganz nüchtern über Verträge, Schritt für Schritt, auf völlig freiwilliger Grundlage. Niemand muß müssen. Aber wer nicht am Rand stehen will und dabei zusehen möchte, wie sich Europa ausformt, der wird schon irgendwann in Schwung kommen. Und wenn nicht, dann leben wir Europäer auch damit. Bei PESCO ist Polen mit eingestiegen... mit welchem Interessenschwerpunkt, das habe ich nirgendwo gefunden.

In gleicher Weise ist wirtschaftlich zu verfahren: Verträge, Investitionen, Zweigwerke...
Auch da wird man sehen, ob eine polnische Regierung sich gegen Investitionen auf polnischem Boden wehrt. Die europäische Wirtschaft kann ja auch in der Slowakei und im Baltikum investieren... oder in Slowenien und Kroatien. Deutschland liegt nun einmal in der Mitte und kann nach allen Seiten Ausschau halten nach lohnenden Geschäften.

Politisch ebenso: Wenn weitere Vereinigungsschritte anstehen, dann geht das aller Voraussicht nach in der Euro-Zone los: Harmonisierungen auf unterschiedlichsten Gebieten erleichtern die Zusammenarbeit und verbessern die wirtschaftliche Lage der beteiligten Partner, fördern Verflechtungen... und niemand muß Polen dazu um Erlaubnis bitten. Aber Polen ist herzlichst eingeladen, sich endlich den Euro zu zu legen, wie das die bestehenden Verträge vorsehen, und sich auch sonst an der Mitgestaltung der EU zu beteiligen... aber muß das nicht tun.
Ich sag dir das jetzt Mal so wie ich denke
Polen z.B. ist die US Kolonie in Europa. USA wird alles tun damit sie ihre macht in Europa nicht verlieren, das heißt auch eine EU armee sabotieren wo es nur geht. Die EU muss sich emanzipieren und erst dann ist so etwas möglich.
Ich kann dieses " EU muss sich Moskau Zuwenden wenn es mit USA eine Krise gibt" oder zusammen mit China bla bla nicht mehr hören.
Wir in der EU haben es eigentlich gar nicht nötig sich hinter einem US ODER MOSKAU ROCK zu verstecken. Aber so extreme pro US kriecher Regierungen wie in Polen oder Rumänien machen diese Idee obsolet
Die USA haben ihre eigene Agenda siehe "fuck the EU"
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Haben Sie bei mir auch nur einen Hinweis auf solche Salonstrategien gefunden? Schritt für Schritt mit dazu gewillten Weggefährten, das ist der lange Weg zum europäischen Projekt. Wer nachhängt, der darf sich gern bemühen, den Anschluß wieder her zu stellen, aber ausdauernd bremsen ist nicht.

Das Konzept "keiner bleibt zurück!" war und ist löblich, wenn alle sich tatsächlich in eine Richtung bewegen. Zurück ins 19. Jahrhundert... wie verlockend Leichenberge sein können.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(21 Nov 2018, 11:07)

Ganz nüchtern über Verträge, Schritt für Schritt, auf völlig freiwilliger Grundlage.
EU-Staaten die sich bei elemantaren Themen wie z.B. der Rechtsstaatlichkeit nicht an die EU-Verträge halten und deswegen ein Verfahren am Hals haben muß man bei der EU-Armee ausschließen. Vertragsbrecher haben bei der auf Verträgen basierenden EU-Armee schlicht und einfach nichts verloren. Polen und Ungarn kommen deswegen für die EU-Armee nicht in Frage. Sollte man diesen Ländern auch offen sagen.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(21 Nov 2018, 13:41)

EU-Staaten die sich bei elemantaren Themen wie z.B. der Rechtsstaatlichkeit nicht an die EU-Verträge halten und deswegen ein Verfahren am Hals haben muß man bei der EU-Armee ausschließen. Vertragsbrecher haben bei der auf Verträgen basierenden EU-Armee schlicht und einfach nichts verloren. Polen und Ungarn kommen deswegen für die EU-Armee nicht in Frage. Sollte man diesen Ländern auch offen sagen.
Ja, sicher kann man das sagen... sollte man das sagen. Aber an PESCO sind diese Sünder vollwertig beteiligt. Und je nach Überlappungsgrad der Interessen sind sie dort mit wohlgelittenen Partnern verbandelt. Das halte man jetzt einmal sauber auseinander. Ich meine, wir sollten den Ausgang der Verhandlungen des EuGH beobachten. Bisher hat die polnische Regierung zähneknirschend die einstweilige Verfügung auf Wiedereinsetzung der entlassenen Verfassungsrichter erfüllt. Und dann sehen wir weiter.

Das ist alles überhaupt nicht schön für uns Europäer. Niemand hat aber verboten, daß gemeinsame Strukturen in Teilen der EU entwickelt werden, an die sich andere Partner anschließen können, wenn sie die Streitigkeiten mit der Gemeinschaft beigelegt haben.

Ich schlage vor, so lange nach hinnehmbaren Lösungen zu suchen, bis unsere Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Sich völlig zerstreiten geht schneller, zumal mit diesen Polen und Ungarn. Aber es gibt auch andere.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Ger9374 »

Orbiter1 hat geschrieben:(21 Nov 2018, 13:41)

EU-Staaten die sich bei elemantaren Themen wie z.B. der Rechtsstaatlichkeit nicht an die EU-Verträge halten und deswegen ein Verfahren am Hals haben muß man bei der EU-Armee ausschließen. Vertragsbrecher haben bei der auf Verträgen basierenden EU-Armee schlicht und einfach nichts verloren. Polen und Ungarn kommen deswegen für die EU-Armee nicht in Frage. Sollte man diesen Ländern auch offen sagen.


So manch klares Wort würde auch ich begrüßen, auch wenn das scheinbar eine Einbahnstraße der Kritik an Deutschland geworden ist!
Vermutlich hat Merkel alle Schlaffis aus ihrem Bündnis genauestens eingeschärft was man sagen darf und nicht .
Polen spielt eine Karte nach der anderen gegen Deutschland aus, ohne ersichtlichen Zwang.
Partner in der E.U , aber nur wenn es ihnen passt.
Falsches Spiel , am falschen Ort.
Profilieren auf Kosten Deutschlands.
Das Oststandbein sollte Polen werden für die E.U.
Aber langsam degradiert sich Warschau selbst für so einen Part in der E.U.
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Polens Rechte lenkt bei Richtern ein

Beitrag von imp »

https://www.tagesschau.de/ausland/pis-105.html
Polens Regierung hat sich den Streit mit der EU um zwangspensionierte Richter noch einmal überlegt. Die Ordnung ist in diesem Punkt wieder hergestellt.
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Re: Polens Rechte lenkt bei Richtern ein

Beitrag von Nomen Nescio »

imp hat geschrieben:(21 Nov 2018, 19:08)

https://www.tagesschau.de/ausland/pis-105.html
Polens Regierung hat sich den Streit mit der EU um zwangspensionierte Richter noch einmal überlegt. Die Ordnung ist in diesem Punkt wieder hergestellt.
nein, denn jetzt gibt es chaos. die neuen richter bleiben im amt; die alten kommen zurück. es gibt aber nur eine beschränkte zahl plätze. wer verzichtet ?
nathan über mich: »er ist der unlinkste Nicht-Rechte den ich je kennengelernt habe. Ein Phänomen!«
blues über mich: »du bist ein klassischer Liberaler und das ist auch gut so.«
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Re: Polens Rechte lenkt bei Richtern ein

Beitrag von H2O »

Nomen Nescio hat geschrieben:(21 Nov 2018, 19:54)

nein, denn jetzt gibt es chaos. die neuen richter bleiben im amt; die alten kommen zurück. es gibt aber nur eine beschränkte zahl plätze. wer verzichtet ?
Niemand; die neuen Richter werden warten, bis die alten nach Recht und Gesetz ihre Stellen geräumt haben... bei vollen Bezügen, versteht sich. Das freut die Wählerschaft ungemein.

87% Zustimmung der befragten Polen zur EU... das hat sogar diese Regierung beeindruckt. Sicher auch das in Aussicht gestellte Strafgeld von einigen hunderttausend Euronen pro Tag, die fällig werden, wenn die polnische Regierung nicht sofort zum gesetzlichen Stand zurück kehrt. Die Bezüge der zu früh ernannten Richter sind dagegen nur Kleingeld.

Moral von der Geschichte: Man lege sich besser nicht mit Herrn Timmermanns an!
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Neueste Umfrage von 23. Oktober 2018 in Polen (Stichprobe 1100 Teilnehmer):

Wollen Sie, daß Polen in der EU bleibt?
84% Ja, 8% Nein, 8% Unentschieden

Würden Sie an einer Volksabstimmung zum Verbleib Polens in der EU teilnehmen?
90% Ja, 7% Nein, 3% Unentschieden

Die Wähler der regierenden euroskeptischen PiS stimmten
13 % für POLEXIT, 76% wollen in der EU bleiben

Die Wähler der Oppositionspartei PO stimmten zu
97% für den Verbleib in der EU.

Daraus läßt sich etwas machen, wenn die PiS weiter gegen die EU Stimmung macht und die Opposition sich das nicht länger mit ansieht! Noch ist Polen nicht verloren!
Ger9374

Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Ger9374 »

Die PIS Politlinie ist nicht unbedingt eine anti E .U
Linie. Eher Polen zuerst Politik.Da muss man sich gerade am Lieblingsopfer Deutschland reiben.
Alles von Trump abgekupfert. Der Rückzug vom Richterstreit ist da nur ein Aufhänger gewesen
Weshalb man sich mit Russland vor der Nase auch noch Deutschland zum Buhmann seiner Aussenpolitik erwählt, bleibt mir da ein Rätsel .
Das kann nur innenpolitische Gründe haben.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von imp »

H2O hat geschrieben:(27 Nov 2018, 16:12)

Neueste Umfrage von 23. Oktober 2018 in Polen (Stichprobe 1100 Teilnehmer):

Wollen Sie, daß Polen in der EU bleibt?
84% Ja, 8% Nein, 8% Unentschieden

Würden Sie an einer Volksabstimmung zum Verbleib Polens in der EU teilnehmen?
90% Ja, 7% Nein, 3% Unentschieden

Die Wähler der regierenden euroskeptischen PiS stimmten
13 % für POLEXIT, 76% wollen in der EU bleiben

Die Wähler der Oppositionspartei PO stimmten zu
97% für den Verbleib in der EU.

Daraus läßt sich etwas machen, wenn die PiS weiter gegen die EU Stimmung macht und die Opposition sich das nicht länger mit ansieht! Noch ist Polen nicht verloren!
Heraus aus der EU will Polen nicht - jedoch möchten die Politiker manche Vereinbarungen mit der EU nicht wirksam erfüllen.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

imp hat geschrieben:(28 Nov 2018, 10:27)

Heraus aus der EU will Polen nicht - jedoch möchten die Politiker manche Vereinbarungen mit der EU nicht wirksam erfüllen.
Ja, genau da liegt der Widerspruch. Die Regierungspartei PiS ist nationalkonservativ mit starker sozialer Komponente. Für letzteres Angebot wurde sie gewählt und die liberalen Parteien abgewählt. Aber gute Europäer möchten die Polen auch sein... in Pommern in meiner dortigen Umgebung mit Haut und Haar. In Ostpolen soll das nicht ganz so überschwänglich sein... kann ich nicht beurteilen.

Nachdem der ganz große Flüchtlingsdruck abgeklungen ist, kann es auch sein, daß mit einem Generationenwechsel die PiS plötzlich ihr europäisches Herz entdeckt. MP Morawiecki versucht jedenfalls, aus der dummen Falle "Verfassungsänderung mit Abschaffung der Gewaltenteilung wieder heraus zu kommen. Wie weit ihm der Koalitionspartner, Justizminster und Stellvertreter Ziobro, dabei folgt, das wird man ab zu warten haben.

Die bürgerliche PO hat aus meiner Sicht gute Aussichten, die national-konservative PiS zu schlagen, wenn sie das Thema "Dauerstreit mit Brüssel und POLEXIT" in den Mittelpunkt des Wahlkampfs stellt.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von imp »

H2O hat geschrieben:(28 Nov 2018, 10:50)

Ja, genau da liegt der Widerspruch. Die Regierungspartei PiS ist nationalkonservativ mit starker sozialer Komponente. Für letzteres Angebot wurde sie gewählt und die liberalen Parteien abgewählt. Aber gute Europäer möchten die Polen auch sein... in Pommern in meiner dortigen Umgebung mit Haut und Haar. In Ostpolen soll das nicht ganz so überschwänglich sein... kann ich nicht beurteilen.
Dass das Thema EU dort präsenter ist, wo man freien Grenzverkehr usw hautnah erlebt, ist verständlich. Die Motive der einzelnen Polen, diese Politiker zu wählen, können auch ganz verschieden sein. Dass jedes Land versucht, aus der EU herauszuholen, was an Vorteilen geht und an Nachteilen möglichst zu sparen, ist auch nicht weiter besonders. Da macht Polen mit. Wir müssen aufpassen, dass es im Rahmen bleibt und Wege finden, damit umzugehen, wenn das Erträgliche überschritten wird.
Es kann auch sein, daß mit einem Generationenwechsel die PiS plötzlich ihr europäisches Herz entdeckt. MP Morawiecki versucht jedenfalls, aus der dummen Falle "Verfassungsänderung mit Abschaffung der Gewaltenteilung wieder heraus zu kommen. Wie weit ihm der Koalitionspartner, Justizminster und Stellvertreter Ziobro, dabei folgt, das wird man ab zu warten haben.
Alle europäischen Demographien entwickeln sich leider so, dass der Anteil der Alten an der Wählerschaft vorerst zunimmt. Es liegt also ganz daran, ob diese neuen Alten sich mehr in ihrer aktuellen Lebenslage oder mehr in Erinnerung an die Jugend und an eigene frühere Hoffnungen und Bestrebungen positionieren. Dieses wiederkehrende Beleidigtsein als Haltung gegenüber der EU ist eine andere Konfliktebene als ernsthafte Austrittsdiskussionen. Wir sollten halbwegs entspannt bleiben.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Ger9374 »

Wir müssen aufpassen, dass es im Rahmen bleibt und Wege finden, damit umzugehen, wenn das Erträgliche überschritten wird.

Nur wann sind Grenzen in der E.U überschritten?
Ist es nicht im Sinne der E.U mal die Grenzen klar zu machen!?Das eines ohne das andere nicht geht!
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

j
Ger9374 hat geschrieben:(30 Nov 2018, 23:59)

Wir müssen aufpassen, dass es im Rahmen bleibt und Wege finden, damit umzugehen, wenn das Erträgliche überschritten wird.

Nur wann sind Grenzen in der E.U überschritten?
Ist es nicht im Sinne der E.U mal die Grenzen klar zu machen!?Das eines ohne das andere nicht geht!
In der EU schlägt der EU-Ministerrat ein Gesetz vor; die EU-Kommission arbeitet mit ihrer Beamtenschaft dieses Gesetz aus. Das Gesetz wird dem Ministerrat und dem EU-Parlament zur Zustimmung vorgelegt. Dann wird das Gesetz den nationalen Parlamenten zur Ratifizierung vorgelegt, wonach es Bestandteil des nationalen Rechtskörpers wird. Die Bezeichnung "Rechtskörper" ist mir erstmals beim Nachlesen zum Entstehungsgang von EU-Recht begegnet.

Ja, und dann können wir EU-Bürger national klagen, daß das rechtskräftige Regelwerk ein zu halten ist. Oder Staaten können vor dem EuGH klagen, wenn ein EU-Staat die geltenden Rechtsregeln nicht beachtet werden. Der EuGH verdonnert einen säumigen Staat zur Unterlassung des Rechtsbruchs und besteht auf formaler Beachtung der EU-Gesetze.

Schon dieser formale Ablauf verhindert in vielen Fällen Gefühlsausbrüche in Verhandlungen.
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H2O
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Mit dem Versuch, durch Gesetz die polnische Nation heilig zu sprechen, ist der national-konservativen polnischen Regierung ein sowohl bühnenreifes als auch tragisches Eigentor gelungen:

Der Versuch ging los mit der Benennung der Vernichtungslager, die deutsche Nazis auf polnischem Boden errichtete hatten. Die wurden verkürzt als "polnische Konzentrationslager" bezeichnet. Da wird jeder nüchtern denkende Mensch sofort verstehen, daß diese Verbindung eine Tatbeteiligung Polens am industriell organisierten Massenmord an mißliebigen Minderheiten im Machtbereich der Nazis nahe legt. Diese Verbindung von "polnisch" und "Konzentrationslager" wurde also mit Gesetz verboten.. und wird auch verfolgt; zu Recht, meine ich.

Dadurch ermutigt, versuchte nun die polnische Regierung einen weiteren Schritt. Es ist wahr, daß keine rechtmäßige polnische Regierung an der Vernichtung der polnischen Juden mitgewirkt hat. Anstatt aber bei dieser Wahrheit zu bleiben, wurde gleich das "polnische Volk" davon freigesprochen und auch dazu ein Gesetz erlassen, das bei Strafe verbietet, solche Dinge zu behaupten. Da ist polnischen Juden in Israel und in Polen der Kragen geplatzt, weil damit bei Strafe verboten worden wäre, die tatsächliche Beteiligung von Polen an Übergriffen bis hin zum Mord vor, während und auch nach der Besetzung Polen durch die deutschen Nazis zu erforschen. Offenbar gab es aber solche Übergriffe und auch den Verrat von untergetauchten polnischen Juden an die deutschen Nazis... meist mit tödlichem Ausgang für diese Opfer.

Unfreiwillig leistete der polnische EU-Parlamentarier Czarnecki einen Beitrag, dieses Feld zu beleuchten, indem er im Wortgefecht die polnische EU-Parlamentarierin Rosa von Thun als "Szmałcownik" bezeichnete. Das war die verächtliche Bezeichnung für Polen, die für wirtschaftliche Vorteile untergetauchte Juden an die deutschen Nazis verrieten. Oft genug eigneten die Verräter sich deren Habe an. Also, da war etwas, und das auch gar nicht völlig ungewöhnlich. Im Grunde hielt er Frau von Thun ihre deutschen Wurzeln vor... "ist doch keine richtige Polin". Dafür wurde Czarnecki scharf gerügt und seines Amtes als Sprecher seiner Fraktion enthoben.

Die Nachforschungen von Geschichtsforschen belegen solchen Verrat durch Polen, gewaltsame Übergriffe und sogar bandenmäßige gezielte Verfolgung polnischer Juden. Das rieben Israelis und polnische Juden und amerikanische Juden den Polen medial und öffentlich unter die Nase. Polnische Regierungsvertreter ruderten zurück und wiesen darauf hin, daß doch nur vereinzelte wenige Polen dort Schuld auf sich geladen hatten. In der kommunistischen Zeit muß aber ebenfalls einiger Druck auf polnische Juden ausgeübt worden sein, den nach Israel und in die USA abgewanderte Juden nicht vergessen hatten.

Dann kam zuletzt vom frisch gebackenen israelischen Außenminister (und potentiellen Nachfolger Netanjahus!) die Aussage, daß Polen den Antisemitismus schon mit der Muttermilch verabreicht bekommen. Zuvor hatte Netanjahu wohl auch darauf hingewiesen, daß Polen an der Verfolgung und Vernichtung von Juden beteiligt waren, wobei angeblich das entscheidende "einige", oder "nicht wenige" medial unterschlagen worden war.

Das löste "Empörungstufe Rot" in der polnischen Regierung aus. Die steht jetzt vor einem politischen Scherbenhaufen. Sie hatte sich um eine Nahostkonferenz in Warschau bemüht, in der Araber und Israelis an einem Tisch mit den USA über Wege zum Frieden in Nahost und die Eindämmung Irans beraten hatten. Kein Ergebnis, dafür die Wut Irans, den Zorn Israels und Achselzucken der USA... war ja wohl nix.

Zur Krönung der polnischen Diplomatie sollte noch eine Tagung der Visegrad-Gruppe in Jerusalem stattfinden... als Spitze gegen die "deutsch dominierte EU" zu verstehen. Nach den vorangegangenen Verletzungen der polnischen Eitelkeit zogen nacheinander der polnische Ministerpräsident Morawiecki und der polnische Außenminister Czaputowicz ihre Teilnahme an der geplanten Veranstaltung zurück... also nicht mehr Visegrad in Jerusalem. Von dort berichtet nun die internationale Presse, wie sich Ungarns MP Orban angeregt mit Netanjahu in der Pressekonferenz unterhielt. In Warschau betretenes Schweigen. Jedes weitere Wort wäre da wohl eins zu viel.

Fast parallel dazu fand die alljährliche Münchner Sicherheitskonferenz ohne die USA und Frankreich statt. Dort wurde eine Mutmachrede der Kanzlerin mit stehenden Ovationen gefeiert, wurden Weichen für europäische Selbstbehauptung gestellt. Zur Not eben ohne Visegrad... und die USA.

Diese polnische Pleiten, Pech und Pannen-Nummer ist schon fast tragisch zu nennen. Deutschland als Ausgangspunkt der Judenvernichtung in Europa feiert unbehelligt einen kleinen diplomatischen Sieg in München... und Polen, sowohl Opfer Deutschlands als auch Beteiligter an den Vernichtungsgreueln im Windschatten der deutschen Nazis, steht vor einem Trümmerhaufen seiner Beziehungen zu Israel und vermutlich auch der USA. Das können die Folgen zu großen Ehrgeizes und übertriebener Eitelkeit sein. Deutschland muß eigentlich gar nichts tun, um Polens Extratouren ein zu hegen. Das schaffen die Polen ganz ohne deutsche Hilfe!
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von Orbiter1 »

H2O hat geschrieben:(19 Feb 2019, 11:39)

... und Polen, sowohl Opfer Deutschlands als auch Beteiligter an den Vernichtungsgreueln im Windschatten der deutschen Nazis, steht vor einem Trümmerhaufen seiner Beziehungen zu Israel und vermutlich auch der USA.
Das wird schon wieder. Sowohl die USA als auch Israel benötigen zumindest vorübergehend Polen und die anderen Visegradstaaten um einen Keil in die EU zu treiben.
Das können die Folgen zu großen Ehrgeizes und übertriebener Eitelkeit sein. Deutschland muß eigentlich gar nichts tun, um Polens Extratouren ein zu hegen. Das schaffen die Polen ganz ohne deutsche Hilfe!
Das hat aus meiner Sicht nichts mit Ehrgeiz oder Eitelkeit zu tun, sondern mit Nationalismus und Populismus. Eine Gemeinschaft von Staaten die alle nationalistisch und populistisch gesinnt sind lässt sich auf Dauer nicht aufrecht erhalten. Früher oder später kollidieren da Interessen untereinander. Deswegen wird beispielsweise auch nichts aus der Schiene Polen - Italien. Italien besteht grundsätzlich darauf Flüchtlinge auf alle EU-Staaten zu verteilen, Polen besteht grundsätzlich darauf keine Flüchtlinge aufzunehmen.
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Re: Will Polen die Entwicklung der EU behindern?

Beitrag von H2O »

Orbiter1 hat geschrieben:(19 Feb 2019, 12:02)

Das wird schon wieder. Sowohl die USA als auch Israel benötigen zumindest vorübergehend Polen und die anderen Visegradstaaten um einen Keil in die EU zu treiben.
Das hat aus meiner Sicht nichts mit Ehrgeiz oder Eitelkeit zu tun, sondern mit Nationalismus und Populismus. Eine Gemeinschaft von Staaten die alle nationalistisch und populistisch gesinnt sind lässt sich auf Dauer nicht aufrecht erhalten. Früher oder später kollidieren da Interessen untereinander. Deswegen wird beispielsweise auch nichts aus der Schiene Polen - Italien. Italien besteht grundsätzlich darauf Flüchtlinge auf alle EU-Staaten zu verteilen, Polen besteht grundsätzlich darauf keine Flüchtlinge aufzunehmen.
Diese Gegensätze wollen wir Europäer doch ausgleichen. Das ist im Westen auch weitgehend gelungen... und deshalb funktioniert die EU ja auch so leidlich. Natürlich... was jetzt aus Italien werden soll, da bin ich völlig ratlos. Die muß man wohl eine Weile sich selbst überlassen, damit ihnen bewußt wird, worauf sie herumtrampeln.

Wenn man bedenkt, daß die italienische Regierung die französischen Gelbwesten anstachelt, sich gegen ihre demokratisch legitimierte Regierung auf zu lehnen... das ist ja ein richtig feindseliger Akt über Landesgrenzen hinweg!

Im Grunde war das polnische Manöver ja auch so etwas. Daher ja auch meine Verblüffung, wie tölpelhaft sich diese polnische politische Klasse dabei aufgeführt hat.

Uns Europäern bleibt nichts weiter übrig, als unbeirrt unseren erfolgreichen Weg fort zu setzen, notfalls bockige Mitglieder zurück zu lassen.
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