Mithrandir hat geschrieben:
Kein Gericht kann im allgemeinen durch Verbot einer Website effektiv etwas an ihrer Existenz ändern. Verboten werden können Handlungen von Personen, für die deutsche Gesetze Gültigkeit haben. Das kann das Anbieten einer Website sein, die Verfügbarmachung oder sogar der Besitz der Inhalte. Diese Unterscheidung mag Dir vielleicht pingelig erscheinen ist mir aber wichtig, weil »Verbot einer Website« ein völlig unklarer Begriff ist, der zwar auf den ersten Blick gut aussehen mag, weil er suggeriert, dass eine problematische Website durch Verbot aus der Welt sei, aber in Wirklichkeit gar nicht spezifiziert, was genau verboten ist.
Das suggeriert er so wenig wie der Begriff "Verbot von Mord" dass keine Morde mehr stattfänden...
Mithrandir hat geschrieben:
An einer solchen Provokation ist mir durchaus gelegen. Die meisten Leute wissen wenig über die technischen Hintergründe des Internet und haben daher etwas weltfremde Vorstellungen. Meinem persönlichen Empfinden nach betrifft das auch insbesondere Juristen.
Das ist ein Lieblingsargument von der Seite der Techniker wenn die Rechtswissenschaften sie zu Veränderungen zwingt. Da gibt es unzählige Beispiele in der Rechtsgeschichte....:
- Rauchfreie Loks waren angeblich auch nicht möglich als der Staat New York in 1903 das Verkehren von Dampfloks ab 1908 auf dem Genbiet der Stadt New York verboten hat. Die betroffenen Bahnen hatten aber nach dem Hickhack es dann - obwohl technisch nicht möglich - bis dahin geschafft ihr betroffenes Netz auf Elloks umzustellen (die sich dann sogar als leistungsstärker und kostengünstiger erwiesen..)
- Katalysatoren waren laut Experten der Autoindustrie überhaupt nicht möglich...
- Der erforderliche Anteil der Zero-Emission-Fahrzeuge in Kalifornien war niemals zu erreichen...
Mit anderen Worten: Techniker versuchen Juristen gerne Unwillen und Unvermögen als Unmöglichkeit zu verkaufen...
Mithrandir hat geschrieben:
Eine inhaltsbasierte Filterung unterscheidet sich von einer Überwachung der Verbindungen dadurch, dass nicht überwacht wird, wer wann mit wem kommuniziert, sondern dass die Kommunikationsinhalte überwacht werden und verändert werden.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung steht übrigens immer noch aus.
Die gebündelte Überwachung von Telekommunikationsverbindungen nach bestimmten Suchbegriffen gemäß dem Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (G10) ist eine Überwachung von Kommunikationsinhalten UND wer mit wem.
Laut BVerwG verfassungskonform.
Mithrandir hat geschrieben:
Unabhängig, wie die Juristen darauf reagieren, es geht wirklich nicht.
Ein Verbot wird natürlich immer Forderungen nach sich ziehen, es auch durchzusetzen. Nur gehöre ich zu den Menschen, die sich schon vorher Gedanken machen, wie eine effektive Durchsetzung überhaupt zu bewerkstelligen wäre.
Dass jemand beispielsweise über das Internet auf kinderpornographisches Material zugreift, das lässt sich durch Einschränkungen der Freiheiten im Internet nicht wirkungsvoll verhindern, selbst ein Verschlüsselungsverbot, das aufgrund der Spionagefahr Wahnsinn wäre, würde immer noch steganographische Umgehung zulassen, eine Methode, die übrigens neben anderen Tricks längst schon zum Standard-Repertoire von Terroristen gehört. Da müsste man schon vorsorglich die Rechner verwanzen.
Um zu verhindern, dass entsprechendes Material per Post verschickt wird, müssten präventiv Sendungen gesichtet werden. Was will man gegen den Transport mit dem dem eigenen Automobil tun? Flächendeckende Kontrollen? Kommen als nächstes verdachtsunabhängige Kellerkontrollen?
Wer redet hier von E-Mails? Eine Website ist ja wohl weniger mit einem Brief als mehr mit einem Rundfunksender oder einer Zeitung zu vergleichen. Und dass in den Bereichen Kinderpornographie publiziert wird lässt sich derzerit m.E. ganz gut verhindern, denn es findet faktisch nicht statt.
Vielleicht sollten die Techniker mal anfangen zu begreifen dass das Internet juristisch betrachtet nicht ein Block ist sondern es vielmehr gravierende Unterschiede gibt je nach dem wer wie mit wem kommuniziert und was für wen zugänglich ins Netz setellt.
Während eine E-Mail natürlich unter das Post-und Telekommunikationsgeheimnis nach Art. 10 GG fällt, gilt das für eine Website noch lange nicht, die ist je nach Inhalt und Gestaltung ein Fall für die Presse- und Rundfunkfreiheit nach Art. 5 GG.
Bestimmte Inhalte sind in diesem Land nunmal verboten, das gilt auch für Rundfunk und Presse entsprechenden Internetangeboten.
Solche gesetzlichen Bestimmungen werde auch nicht dadurch für das Internet ungültig dass es angeblicht nich möglich ist sie dort effektiv durchzusetzen.
Mithrandir hat geschrieben:
Wenn es Räume gibt, die vor staatlichem Zugriff geschützt sind, besteht immer die Gefahr, dass dort kriminelle Handlungen stattfinden.
Richtig. Nur versuchst du gerade Dinge in diese Räume zu verlagern die dort garnicht hineingehören.