Sextus Ironicus hat geschrieben:(27 Dec 2017, 10:15)
Eine Re-Christianisierung ist nicht in Sicht, aber derzeit ist es unvorstellbar, dass unabhängig von der Zahl der Mitglieder eine Trennung zwischen Staat und Kirche erfolgt. Allein die Zahl der Konkordate, die abzuwickeln wären, ist eine Aufgabe für 100 Jahre.
Da fehlt bei den Parteien nur der Wille. Wie viele Panzerarmeen kann der Vatikan bzw. der EKD an unseren Grenzen aufstellen, wenn der Bundestag einfach so beschließt, dass die Kirchen für ihre Kosten selbst aufkommen müssen? Ich halte das für eine leere Drohgebärde der Kirchenoberen, auf die nur verblendete und vom Christentum gebrochene Politiker hereinfallen können, die fürchten, dadurch nach dem Tode in eine Hölle zu kommen. Es wird Zeit für eine neue Aufklärung! Und wenn sich die katholische Kirche beispielsweise anmaßt, ehemalige Kirchengüter zurückzufordern, welche sie sich von sogenannten "Ketzern" oder "Hexen" zusammengeräubert hat, würde ich da ganz schnell die Riegel vorschieben.
Selbst moderate Vorschläge wie die Beschlüsse der FDP zur Trennung von Kirche und Staat aus den Siebzigerjahren würden heute als Kulturrevolution daherkommen. Die Kirchen sitzen bei rückläufiger Zahl von Gläubigen fester im Sattel denn je. Und ob der Staat den Kölner Dom übernehmen möchte, bezweifle ich auch.
Um beim Threadthema zu bleiben: Du vertrittst hier die These, dass es seit den 1970ern in Kirchenfragen einen "konservativen Rollback" gegeben hätte? Wieso steht die CDU dann schlecht wie nie zuvor da? Die Kirchen sitzen nur deswegen so gut im Sattel, da die politische Eliten sich vor dem "Fegefeuer" fürchten. Die "FDP" ist da einfach umgefallen. Aber sie will ja selbst nicht mehr liberal sein.
Den Kölner Dom kann die Kirche gerne selbst behalten. Aber sie muss dann eben für die Renovierung und Instandhaltung aufkommen.
Was die Muslime angeht, ist die Sache noch schwieriger. Ich habe zu Weihnachten den schönen Cartoonband "Unheilige Bilder" geschenkt bekommen, in dem ein paar Dutzend der bekanntesten deutschen Meister des Fachs zu Kirche und Religion zeichnen und zuspitzen. Die Hälfte von ihnen würde sofort unter Polizeischutz stehen, wenn sie sich den Koran und den Propheten vergleichbar vorgenommen hätten. Und hier ist eine Integration nicht einmal in Ansätzen erkennbar, da integriert sich nämlich die aufnehmende Gesellschaft, indem sie mit windigen Argumenten und durch Selbstzensur sich dem islamischen Anspruch beugt. Denn eine Jesusbeleidigung gilt immer noch als progressiver Akt, wer den Propheten beleidigt, läuft eher unter Rassismusverdacht.
Man soll ja nicht auf plumpe Weise auf Stürmer-Niveau irgendwelche sogenannten Heiligen beleidigen. Aber die Kunstform der Satire soll jeden und jede aufs Korn nehmen dürfen. Da darf in unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft auch einen Jesus oder Mohammed nicht vor Religionskritik sicher sein.
Und die Kirchen versuchen sich das ja schon zunutze zu machen und auch CSU-Abgeordnete bringen schon wieder Blasphemieparagrafen ins Spiel.
Den Blashphemieparagraphen gibt es immer noch. Er gehört aber abgeschafft! Wenn die religiösen Figuren wie ein sogenannter Gott, Jesus, Mohammed oder wie sie alle heißen sich beleidigt fühlen, dann sollen sie gefälligst selbst auf die Erde herabsteigen und entweder beispielsweise sich mit Blitz und Donner wehren oder aber bei der nächsten Polizeistelle den Rechtsweg einleiten! Wenn dies nicht passiert, dann bedeutet dies wohl: Entweder diese "Heiligen" sind zu schwach oder zu ignorant gegenüber den Beleidigungen. Oder, was wahrscheinlicher ist: Sie sind tot! Die Blashphemieparagraphen haben also keine Rechtfertigung. Außerdem sind wir hier nicht bei den Taliban!
Die Hoffnung auf eine Umfunktionierung des Islam vom Raubtier zum Bettvorleger, wie das in geistiger Hinsicht beim erschlafften aber institutionell noch immer mächtigen Christentum geklappt hat, Teile ich nicht. Und aus Sicht der Muslime, die hier mit großen aber eben illusorischen Hoffnungen herkommen, ist das ja nachvollziehbar. Mit ihrer Religion haben Sie etwas, was sie unangreifbar macht, womit sie diejenigen, die ihnen angeblich den Respekt verweigern, am Nasenring durch die Manege der Freiheit führen können. Das wird nichts, und der theologische Schlüssel liegt sowieso in Kairo oder anderswo an den theologischen Fakultäten in diesen Gegenden. Deshalb wird man Lehrstühle und islamischen Unterricht zur Verfügung stellen, in der Hoffnung, besseren Zugriff zu bekommen.
Auch das halte ich letztendlich für eine Kapitulation gegenüber den Muslimen! Wenn man die jungen Noch-Muslime erreichen will, dann helfen oft schon gute Integrationsmöglichkeiten in die Gesellschaft. Man darf nicht gleichgültig dabei zusehen, dass viele von denen durch das deutsche Bildungssystem rutschen und zu Sozialfällen werden. Da braucht es einen aktivierenden Staat, der sich um die potentiellen Bildungsverlierer kümmert. Und dies egal, ob die Abgehängten jetzt deutsche oder ausländische Vorfahren haben. In Deutschland gibt es bekanntermaßen zunehmend einen Fachkräftemangel. Da ist es langfristig gesehen schlicht zu teuer, wenn wir es zulassen, dass ein großer Teil der Immigranten in Hartz IV abrutscht, während anderswo Fachkräfte gesucht werden.
Je höher der Ausbildungsgrad eines Menschen ist, umso wahrscheinlicher ist es auch, dass er oder sie die religiösen Märchen nicht braucht. Wenn man also die sozialen Probleme besser löst und die Nochmuslime an der Arbeits- und Konsumgesellschaft teilnehmen lässt, dann werden sie noch lange nicht zu Atheisten , die das gute Leben im philosophischen Sinne suchen. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass die Nochmuslime, die aufsteigen können, ihrer Religion bald nur noch so wenig Bedeutung beimessen werden wie der Rest der Gesellschaft. D.h., die Dinge gleichen sich an. Wir leben in einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung mit einem funktionierenden Rechtsstaat und einem einigermaßen funktionierenden Sozialstaat, welche sich auf die Menschenrechte berufen. Da unsere Gesellschaft zudem arbeitsteilig organisiert ist, hat Religion zunehmend ihre Funktion verloren. Mit islamischem Religionsunterricht dagegen wird der Einfluss der Religionen zementiert.