Alter Stubentiger hat geschrieben:(15 Aug 2018, 18:29)
Ja. Und durch die Kontrolle der meisten Medien kann er überall verbreiten dass das Ausland schuld ist. Ist wohl der Trend bei den großen Führern. Schuld ist das Ausland, die Lügenpresse, Verräter, NGO`s. Die Diktatoren lieben ihre Opferrolle. Denn dass sie selber Schuld an der miesen Lage sein könnten ist nun ja........allein diese Frage zu stellen würde mir in der Türkei wohl als Beleidigung des Türkentums ausgelegt werden.
Eine Landeswährung entsteht und wächst doch mit dem wirtschaftlichem und politischem Handeln der Menschen, die in einem Land leben. Von nix kommt nix. Da kann Präsident Erdogan nun seinen ihm noch zugeneigten Landsleuten erzählen, was immer er möchte. Die Landeswährung schöpft daraus bestimmt keine Kraft. Es gab Zeiten, da war die Türkei die Kleiderkammer Europas: Eine riesige Textilindustrie. Was haben die Leute daraus gemacht? Türkische Mode, türkischer Stil?
Fast vermute ich, daß diese Fertigungsstätte ein paar Häuser weiter gezogen ist.
Die Türkei hatte einen wachsenden Anteil am europäischen Reiseverkehr... nicht nur Pauschalurlauber, auch Bildungsreisen in die Provinzen des Landes. Das brachte Beschäftigung und Konsum landestypischer Erzeugnisse. Aber die Türkei mußte dringend zündeln in Syrien und dann noch mit den Kurden im Osten und sie ist zerstritten mit allen Nachbarn ringsum. Da werden nur hartgesottene Abenteurer eine Bildungsreise nach Anatolien wagen.
Eine enge türkisch-deutsche Zusammenarbeit hatte sich auf allen möglichen Gebieten entwickelt; die Türkei als Zulieferer und Montageplatz nach Blaupausen. So etwas geht nicht kurz 'mal eben zu Bruch. Aber in einem Klima der rechtlichen und politischen Ungewißheit wird die Lust sinken, große Summen für Projekte in der Türkei an zu legen. Als Folge dvon schrumpft auch die technische Zusammenarbeit, die zwar türkisches Geld kostet, aber auch türkische Risiken dämpft. Mit dem Verzicht der USA auf F35-Lieferung und Teilefertigung in der Türkei ist eine solche Zusammenarbeit zu Bruch gegangen. Fehlendes Vertrauen als Begründung. Eben einmal umschwenken auf europäische Hersteller... derzeit völlig unvorstellbar. Auf russische Hersteller? Tja, mit dem Verbündeten Assads nun eng zusammenarbeiten. Dann können die Streithähne im Fall eines Konflikts die erbeuteten gegnerischen Waffensysteme ausschlachten für Ersatzteile. Wenig wahrscheinlich!
Selbst machen? Tja, die Risken sind dann aber auch vorhanden... man denke an unser Abenteuer mit A400M. Und das dann auf vielen entscheidenden Gebieten... da hat sich der Präsident wohl doch arg verhoben. Auferstehung des Osmanischen Reichs gegen alle Nachbarn und mit Bürgerkrieg im Inneren... na, das wird aber etwas!
So gesehen wird die Landeswährung aller Voraussicht nach einen anhaltenden Sturzflug hinlegen. Und ich sehe niemanden, der vertrauensvoll Hilfe zur Selbsthilfe leisten wird.
Präsident Erdogan hat das Kunststück vollbracht, durch unsinniges Gepoltere ringsum und lauthals geäußerten Größenwahn ("osmanische Ohrfeigen", "bereit, Krieg zu führen") jahrzehntelang und länger gewachsenes Vertrauen in Bündnissen und Anwartschaften auf EU-Mitgliedschaft in wenigen Jahren aus zu löschen. Erstaunlich und zugleich erschütternd, daß tatsächlich eine Hälfte der Bewohner der Türkei ihm dabei folgt. Die müßten doch bemerken, daß stetig bis dahin hoch angesehene Leute in Gefängnisse geraten oder das Land verlassen... daß da eine grundlegend falsche Politik im Lande verfolgt wird.
Das türkische Abenteuer wird nicht gut enden können. Die Währung Lira wird aus dem internationalen Devisenhandel verschwinden... oder zu Phantasiepreisen gehandelt, wie das zum politischen Ende Jugoslawiens zu erleben war.