3x schwarzer Kater hat geschrieben:(17 May 2018, 14:04)
so sehr ich deine sehr fundierten Beiträge schätze, unterliegst du dennoch auch immer dem gleichen Problem, dem auch diejenigen unterliegen, die gegenteiliger Meinung von dir sind.
Du lässt den technischen Fortschritt und die damit einhergehende Veränderung in der Gesellschaft außer acht. Wer sagt denn, dass wir in 20 Jahren z.B. noch die gleiche Beziehung zum Automobil haben wie heute. Was ist, wenn sich das komplett ändert? Aufgrund des technischen Fortschrittes und der Möglichkeiten, die man hat.
Du gehst genauso wie viele andere davon aus, dass es auch Zukunft so sein wird, dass ein Auto gekauft wird, also Eigentum einer ganz bestimmten Person sein wird, die darüber zu hundert Prozent verfügen können. Was ist aber wenn, das plötzlich nicht mehr so wäre? Wenn ich annähernd gleich über ein Auto verfügen könnte, das mir nicht gehört.
Also z.B: Ich geh morgens aus meinem Haus, sehe ein Auto. Da steig ich ein und benutze es. Wenn ich es nicht mehr brauch stelle ich es einfach ab. Für die Rückfahrt nutze ich eine anderes Auto nach dem gleichen Prinzip. Ähnlich verhält es sich mit der Nutzung von Elektroautos auf langen Strecken. Statt zu tanken steig ich einfach in anderes Fahrzeug um.
Unsere Gesellschaft verändert sich durch die Möglichkeiten, die sich bieten. Wir diskutieren hier doch mehr oder weniger darüber, welche Angebote uns demnächst Anreize geben, unseren Lebensstil zu verändern. Und damit gestalten wir doch unbeabsichtigt die nähere Zukunft mit.
Bisher verlief unsere gesellschaftliche Entwicklung so, daß wir immer mehr Schutz durch die Gemeinschaft mit immer mehr persönlicher Freiheit zusammen bringen konnten. Ein Anreiz dazu bot uns doch die Entwicklung von Kraftfahrzeugen, die uns die Freiheit der Wahl des Wohnorts zur Arbeitsstelle vergrößerte, im persönlichen Besitz auch den Zeitpunkt frei gab, wann wir denn eine Fahrt antreten wollen. Dazu muß man niemanden bitten, man muß gar nicht organisieren, ist nahezu grenzenlos frei. Natürlich müssen bei massenhafter Erfüllung dieser Freiheitsträume genau dadurch bisher unbekannte Probleme auftreten... Riesenstaus, in denen wir gegen unseren Willen gefangen sind, Umweltbelastungen, die unsere verfügbare Technik verursacht.
Aber bitte: Da sind doch Träume in Erfüllung gegangen, die allenfalls bei täglicher Wiederholung der unerwünschten Folgen davon vergällt werden... und zum Umdenken veranlassen. Die Umweltschäden sind der eine Antrieb dazu, die eben auch durch massenhaften Gebrauch der Freiheit, eine womöglich überflüssige Fahrt anzutreten, mit verursacht werden. Also ändern wir unsere Antriebstechnik so, daß sie in das Konzept der erneuerbaren Energien eingepaßt wird.
Daran, daß wir unsere Verkehrswege zeitweise verstopfen, ändert diese veränderte Technik kaum etwas. Mit übergeordnetem Steueraufwand können Verkehrswege besser genutzt werden, aber da. sind doch Grenzen zu sehen. Dadurch sind aber bisher kaum Wünsche gescheitert, sich den Traum jederzeitiger Verfügbarkeit über das eigene Fahrzeug zu erfüllen. Wenn nicht überzeugende neue
Möglichkeiten mit Vorteilen (auch im persönlichen Aufwand) für die Benutzer angeboten werden, dann wird der Traum "Freiheit" doch weiter geträumt und nach Möglichkeit erfüllt.
Das Szenarium, das Sie hier eingestellt haben, mit einem unbegrenzten Carsharing, alle Autos gehören allen, irgendwie wird die in Anspruch genommene Leistung auch abgerechnet, nimmt gar keine Rücksicht darauf, daß Menschen mit ihrem Eigentum meist pfleglich umgehen, weil sie ansonsten bald kein brauchbares Eigentum mehr haben, daß aber vielen darunter der Zustand des öffentlichen Eigentums herzlich Wurst ist, und sie damit dementsprechend umgehen. Das ist an anderer Stelle in diesem Forum immer wieder Gegenstand von Streitgesprächen über "Singapur" und vermüllte und mutwillig verunzierte Städte. Gar nicht so schwer, sich den Zustand dieses Fahrzeugparks nach wenigen Wochen Betrieb vor zu stellen.
Dem muß mindestens mit kontrollierter Ausgabe und Entgegennahme von Fahrzeugen entgegen gewirkt werden. Mag sein, daß durch selbststeuernde Fahrzeuge diese Übergabe weniger mühsam wird, daß Vandalen und Schmutzfinken der technische Zugriff auf öffentliche Fahrzeuge entzogen wird. Bleibt die Verfügbarkeit jederzeit als Freiheitstraum. Wenn der Traum nur sehr unvollkommen erfüllt wird, dann werden zwar viele Mutmachreden geschwungen, dieses Übel hin zu nehmen, aber wer sich das leisten kann, der schafft sich sein persönliches Eigentum als Teil seiner persönlichen Entscheidungsfreiheit.
Ich kann mir deshalb zur Zeit gar nicht vorstellen, daß auf dem Gebiet "persönliche Freiheit jederzeit" ernsthaft Rückschritte durchsetzbar sind... außer durch anhaltende wirtschaftliche Krisen. Dann frißt der Teufel auch Fliegen...