Ist die Eurokrise zurück...

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3x schwarzer Kater
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Re: Ist die Eurokrise zurück...

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Wähler hat geschrieben:(10 Jul 2018, 18:54)

Wenn Bürger aus den Südländern von ihren Heimatbanken Giralgeld in großen Mengen auf Konten bei deutschen Banken überweisen, dann brauchen die südländischen Banken Zentralbankgeld für die Überweisung. Vor der Eurokrise haben sich die Banken dieses Zentralbankgeld über den Interbankenhandel zwischen den Banken besorgt. Dieser Interbankenhandel ist duch die Hypotheken- und Staatsschuldenkrise zusammengebrochen. Nun sorgt die EZB für die nötige Liquidität an Zentralbankgeld bei den Südbanken, die dafür auch minderwertige Pfänder bei der EZB hinterlegen dürfen, zum Beispiel Staatsanleihen mit schlechter Bonität. Das ist der Kern von Target-II.
Die wesentliche Ursache liegt aber im Leistungsbilanzüberschuß Deutschlands. Der führt letztendlich zu einer Erhöhung des Auslandsvermögens von Deutschland. Und dieses liegt mittlerweile bei über 8 Billionen. Die Forderungen aus Target 2 sind demnach nur ein Bruchteil davon.
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Wähler
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Re: Ist die Eurokrise zurück...

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(10 Jul 2018, 18:54)
Wenn Bürger aus den Südländern von ihren Heimatbanken Giralgeld in großen Mengen auf Konten bei deutschen Banken überweisen, dann brauchen die südländischen Banken Zentralbankgeld für die Überweisung. Banken akzeptieren untereinander nur Zentralbankgeld, aber kein Giralgeld. Vor der Eurokrise haben sich die Banken dieses Zentralbankgeld über den Interbankenhandel zwischen den Banken besorgt. Dieser Interbankenhandel ist duch die Hypotheken- und Staatsschuldenkrise zusammengebrochen. Nun sorgt die EZB für die nötige Liquidität an Zentralbankgeld zu Gunsten der Südbanken, die dafür auch minderwertige Pfänder bei der EZB hinterlegen dürfen, zum Beispiel Staatsanleihen mit schlechter Bonität. Die nationalen Zentralbanken im EZB-System verbuchen dann untereinander einen Saldo. Das ist der Kern von Target-II.
3x schwarzer Kater hat geschrieben:(10 Jul 2018, 19:10)
Die wesentliche Ursache liegt aber im Leistungsbilanzüberschuß Deutschlands. Der führt letztendlich zu einer Erhöhung des Auslandsvermögens von Deutschland. Und dieses liegt mittlerweile bei über 8 Billionen. Die Forderungen aus Target 2 sind demnach nur ein Bruchteil davon.
Target 2 könnte man auch als Maß für die Entwicklung der Wechselkurse zwischen den EWU-Ländern verstehen, als ob es den Euro nicht gäbe. Bei einer Auflösung des Euro hätte die deutsche Bundesbank dann nämlich Pfänder, darunter sehr viele Staatsanleihen, mit schwachen Wechselkursen in ihren Büchern. Die Schweizer Natonalbank nimmt ja auch das Risiko eines negativen Eigenkapitals in Kauf, wenn der Wechselkurs der aufgehäuften Euro-Anleihen in ihren Büchern stark sinkt. Nationalbanken dürfen übrigens negatives Eigenkapital aufweisen, ohne dass sie in Insolvenz gehen müssen. Die sogenannten Schulden zwischen den Nationalbanken sind also Wechselkursrisiken, die sich im Fall einer Auflösung des Euro auf den Wert der und das Vertrauen in alle Einzelwährungen der ehemaligen Euro-Länder auswirken.
siehe auch:
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/e ... 78194.html
Zeitungstexte bei Genios mit Bibliotheksausweis kostenlos: https://www.wiso-net.de/login?targetUrl=%2Fdosearch (Zugang auch bundesweit)
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Re: Ist die Eurokrise zurück...

Beitrag von Sorgenking »

Ich denke das Problem sind neben der Niedrigzinspolitik vorallem die "falschen" Ansätze in der Fiskalpolitik.
Deutschland geht es gut und wir befeuern die Konjunktur immer weiter, durch mehr Ausgaben (zusätzlich durch die EZB bedingt). Krisenländer, wie bspw. Griechenland, müssen hingegen Sparen, statt das dort Geld ausgegeben wird. Wie 2009 nur andersherum.
Dann gibt es ja auch noch Bsp. wie ITalien, die quasi nur durch die Niedrigzinspolitik überleben können, obwohl genau diese zu ihrer Situation geführt hat.
Ich denke in naher Zukunft braucht man neben der Normalisierung der EZB-Politik, eine EU gemeinsame Fiskal & Wirtschaftspolitik, damit die Konjunkturzyklen sich ein wenig angleichen.
Auch diese reine Export/Import orientierung und die damit einhergehende steigung der Schuldenungleichheit bzw. LB-Ungleichheit sollte abgebaut werden.
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Re: Ist die Eurokrise zurück...

Beitrag von Wähler »

Sorgenking hat geschrieben:(18 Jul 2018, 21:28)
Ich denke in naher Zukunft braucht man neben der Normalisierung der EZB-Politik, eine EU gemeinsame Fiskal & Wirtschaftspolitik, damit die Konjunkturzyklen sich ein wenig angleichen.
Auch diese reine Export/Import orientierung und die damit einhergehende steigung der Schuldenungleichheit bzw. LB-Ungleichheit sollte abgebaut werden.
Es gibt auch ermutigende Zeichen:
https://www.euractiv.de/section/binnenm ... ktioniert/
Euractiv 19. Juli 2018 315 Milliarden zusätzlicher Investitionen sollte der Europäische Investitionsfonds auslösen. Laut EU-Kommission wird dieses Ziel übererfüllt.
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Orbiter1
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Re: Ist die Eurokrise zurück...

Beitrag von Orbiter1 »

Die FDP-Fraktion hat mal angefragt wie hoch die Summe der faulen Kredite bei den Banken der Eurozone sind.

"Auf 813 Milliarden Euro schätzt die Europäische Bankenaufsicht die Summe der Problem-Kredite in den Bilanzen europäischer Banken ... Genau wie vor zehn Jahren sei ein Großteil der faulen Kredite "im Immobilienbereich zu verorten", berichtet das Blatt weiter. Und diese lägen vor allem in den Bilanzen südeuropäischer Banken: in Griechenland, Zypern, Italien und Portugal. Bei griechischen Instituten seien 44,9 Prozent der Kredite "notleidend", in Zypern 38,9 Prozent. Italien hat 186,7 Milliarden Euro an faulen Krediten angehäuft, die Hälfte davon sei nicht durch Kapital abgesichert." https://www.dw.com/de/europ%C3%A4ische- ... a-44951653

Da weiß man dann auch warum ein paar Staaten aus dem Süden so scharf auf eine Vertiefung der bestehenden Bankenunion mit gemeinsamer Einlagensicherung sind.
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Re: Ist die Eurokrise zurück...

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(11 Jul 2018, 07:37)
Target 2 könnte man auch als Maß für die Entwicklung der Wechselkurse zwischen den EWU-Ländern verstehen, als ob es den Euro nicht gäbe. Bei einer Auflösung des Euro hätte die deutsche Bundesbank dann nämlich Pfänder, darunter sehr viele Staatsanleihen, mit schwachen Wechselkursen in ihren Büchern. Die Schweizer Natonalbank nimmt ja auch das Risiko eines negativen Eigenkapitals in Kauf, wenn der Wechselkurs der aufgehäuften Euro-Anleihen in ihren Büchern stark sinkt. Nationalbanken dürfen übrigens negatives Eigenkapital aufweisen, ohne dass sie in Insolvenz gehen müssen. Die sogenannten Schulden zwischen den Nationalbanken sind also Wechselkursrisiken, die sich im Fall einer Auflösung des Euro auf den Wert der und das Vertrauen in alle Einzelwährungen der ehemaligen Euro-Länder auswirken.
siehe auch:
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/e ... 78194.html
Hier eine gute schematische Erklärung zu den Target-Salden und ihren Risiken für die einzelnen Volkswirtschaften:
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldord ... hemaTarget
siehe auch Lesermeinungen von Experten:
http://blogs.faz.net/fazit/2018/06/25/v ... ika-10073/
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