Bayern nimmt neuen Anlauf in Sachen Online-Durchsuchung

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von Dahlenberg
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Bayern nimmt neuen Anlauf in Sachen Online-Durchsuchung

Beitrag von von Dahlenberg »

http://www.heise.de/newsticker/Bayern-b ... ung/109424

Nach Aussage der Bayrischen Justizministerin Beate Merk sind die Verfolgungsbehörden nicht mehr in der Lage, schwerste Straftaten und Terrorismus zu bekämpfen. Hierfür fehlten ihnen angeblich die Möglichkeiten. Abhilfe soll ein Gesetzentwurf bringen, der die heimliche Online-Durchsuchung in der Strafprozessordnung (StPO) verankert. Der Entwurf der Bayern gibt bereits Auskunft darüber, welche Taten man mit der Maßnahme bekämpfen will. Neben erheblichsten Straftaten (u.a. aus dem Terrorismusbereich) sind dort aber auch Kinderpornografie, Raub, räuberische Erpressung und Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz genannt.

Von der ursprünglich thematisierten Terrorbekämpfung, derer man Herr werden wollte, hat man sich inzwischen bereits erkennbar gelöst. Es wäre auch naiv zu denken, dass seitens der Politik derart viel Druck für eine Norm entwickelt würde, die nur in ein bis zwei Fällen im Jahr anwendbar gewesen wäre. Der Wille zur Verankerung in der StPO zeigt meines Erachtens nach, worauf man wirklich aus ist. Nämlich auf eine "Alltagsnorm", die später analog zur konventionellen Durchsuchung Anwendung findet. Man darf gespannt sein, wie der Katalog der erfassten Straftaten zukünftig noch erweitert wird.
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bakunicus
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Re: Bayern nimmt neuen Anlauf in Sachen Online-Durchsuchung

Beitrag von bakunicus »

ich bin mir über den tenor ihres beitrags nicht ganz klar,
befürworten sie online durchsuchungen oder nicht ?
sollten wir beide wirklich mal einer meinung sein ?

ich bin ein klarer gegner, den die online durchsuchungen zur terrorbekämpfung machen keinen sinn.
ich gebe mal ein paar punkte vor:

- wie will man verhindern dass terroristen ein internetcafe zu konspirativen gesprächen nutzen ?
man kann ja wohl kaum präventiv alles kontrollieren; das wäre auch durch keine rechtssprechung gedeckt.

- moderne verschlüsselungstechnik wie pretty good privacy sind kaum zu knacken

- der begriff trojaner ist eine nebelkerze. man will gar nicht mit einem virus arbeiten, sondern man setzt schon beim provider an, und kann so jeden download mit einer massgeschneiderten spähsoftware infizieren.

- wie will eine spähsoftware erkennen ob sie sich auf einem virtuellen oder einem physischen laufwerk befindet ?
relevante daten können so versteckt werden.

- wer sich zugang zu einem fremden rechner verschafft, der kann auch daten schreiben. die beweiskraft geht so gegen null.
wie will man verhindern das bka oder verfassungsschutz belastendes material auf dem rechner installieren ?

- verfassungsschutz und andere institutionen haben schon versucht hersteller von soft- und hardware zu bewegen " hintertürchen " in ihre systeme einzubauen, über die man leichter zugang haben kann. die gefahr dabei ist, das diese publik werden, und sich gewöhnliche kriminelle über diesen weg in unser aller rechner einschleichen können. das wäre das totale desaster.

all diese gründe sprechen schon lange eine andere sprache. es ist so wie sie sagen: es geht nicht um ein paar untersuchungen im jahr, sondern um das massenweise ausspähen von konsumenten, rechtsanwälten, bürgeriniativen und journalisten. man sieht den feind überall; abartig.

bakunicus
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von Dahlenberg
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Re: Bayern nimmt neuen Anlauf in Sachen Online-Durchsuchung

Beitrag von von Dahlenberg »

bakunicus hat geschrieben:ich bin mir über den tenor ihres beitrags nicht ganz klar,

Das liegt an meiner diplomatischen Art.
bakunicus hat geschrieben: befürworten sie online durchsuchungen oder nicht ?

Nein, ich lehne sie in der Form strikt ab.
bakunicus hat geschrieben: sollten wir beide wirklich mal einer meinung sein ?

Ich könnte damit notfalls leben. Außerdem konnte ich bereits deiner Einlassung zum Thema Integrationsgrundsätze von Politik, Gesellschaft und Migranten (hab den Thread jetzt grad nicht parat) in großen Teilen folgen. Es geschehen offenbar noch Wunder.
bakunicus hat geschrieben: - wie will man verhindern dass terroristen ein internetcafe zu konspirativen gesprächen nutzen ?

Garnicht. Wie will man verhindern, dass sich Terroristen in ungeschütze/offene Netze einloggen? Wie kann man eigentlich ernsthaft davon ausgehen, dass Berufskriminelle und Terroristen nicht über das nötige know how und Möglichkeiten verfügen, um die Maßnahmen zu umgehen. Vielmehr ist es so, dass man den Deckmantel "Terrorismus" nutzen will, um gegen die oben beschriebenen Alltagsdelikte vorgehen zu können. Diese Kriminellen sind vermutlich mehrheitlich nicht in der Lage, sich gegen staatliche Zugriffe zu schützen.
bakunicus hat geschrieben: man kann ja wohl kaum präventiv alles kontrollieren; das wäre auch durch keine rechtssprechung gedeckt.
Das ist vor allem personell wohl kaum zu schaffen. Auch wenn natürlich vieles rechnergestützt vorbereitet wird.
bakunicus hat geschrieben: all diese gründe sprechen schon lange eine andere sprache. es ist so wie sie sagen: es geht nicht um ein paar untersuchungen im jahr, sondern um das massenweise ausspähen von konsumenten, rechtsanwälten, bürgeriniativen und journalisten. man sieht den feind überall; abartig.

bakunicus
Zu denken, es bliebe bei einzelnen Maßnahmen pro Jahr ist naiv. Die Online-Durchsuchung ist die Hausdurchsuchung der Zukunft. Und die konventionelle Durchsuchung findet jeden Tag hundert- vielleicht tausendfach statt. Der Unterschied ist aber, dass bei der konventionellen Durchsuchung der Beschluss dem Betroffenen vor Ort ausgehändigt werden muss, dass er ein Anwesenheitsrecht hat oder zumindest ein Zeuge hinzugezogen wird und somit die Maßnahme in der Regel offen und transparent abläuft.

Ich bin der letzte, der sich gegen eine effektive Strafverfolgung stellt. Aber das Ausspähen von privaten Rechnern ist meines Erachtens nach nicht in geeigneter Form überprüfbar und wird früher oder später eine erhebliche Ausweitung erfahren. Die Schweden haben mit ihrem Gesetzesvorhaben in etwa gezeigt, wo der Weg hinführen kann. Beschränkt man sich dort noch auf das Ausspähen von Verbindungsdaten, die ins Ausland gehen oder daher kommen (im Zeitalter des world wide web!!??), so wird es zukünftig sicher einen Grund geben, diese Maßnahme auch auf nationaler Ebene durchzuführen. Spätestens dann vermag ich nicht mehr von Informationeller Selbstbestimmung zu sprechen.
Rombel Bombel

Re: Bayern nimmt neuen Anlauf in Sachen Online-Durchsuchung

Beitrag von Rombel Bombel »

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Re: Bayern nimmt neuen Anlauf in Sachen Online-Durchsuchung

Beitrag von Archetype »

bakunicus hat geschrieben:
all diese gründe sprechen schon lange eine andere sprache. es ist so wie sie sagen: es geht nicht um ein paar untersuchungen im jahr, sondern um das massenweise ausspähen von konsumenten, rechtsanwälten, bürgeriniativen und journalisten. man sieht den feind überall; abartig.

bakunicus
Das dürfte die Gesellschaft nicht nur noch psychotischer machen als sie es jetzt schon ist, sondern insgesamt das Vertrauen in das bestehende System nachhaltig aushölen. Zwei sich sich gegenseitig verstärkende Entwicklungen: je mehr Überwachung, desto mehr Mißtrauen gegen das Spitzel-System und Vertrauensverlust, was wiederum - aus Angst - noch mehr Überwachung nach sich zieht. Man darf gespannt sein, was die Zukunft bringt...

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Re: Bayern nimmt neuen Anlauf in Sachen Online-Durchsuchung

Beitrag von Archetype »

Rombel Bombel hat geschrieben:
Gefahr fuer die Freiheit von Personen ist natuerlich pures Gummi, dadrunter kann man sich viel vorstellen.
Aber das schoenste ist, dass die Polizei auch Daten veraendern und loeschen koennen soll. Bayern scheint damit zu einer voellig neuen Qualitaet der Beweissicherung ueberzugehen.
Das ist in der Tat höchst bedenklich und könnte eventuell einmal dahin führen, sich leicht unliebsamer Systemkritiker zu entledigen.
Rombel Bombel hat geschrieben: Was soll man als Buerger gegen solche Politker noch tun ? Das Urteil des Bundesverfassungsgericht scheint in Bayern ja keine Sau zu interessieren.
Vielleicht sollte man seinerseits mit Kameras und Mikros aufrüsten und damit seine eigenen vier Wände überwachen. So dürfte man zumindest sicher sein, wer, wann die Wohnung betreten hat....

;)

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Rombel Bombel

Re: Bayern nimmt neuen Anlauf in Sachen Online-Durchsuchung

Beitrag von Rombel Bombel »

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Zuletzt geändert von Rombel Bombel am Fr 15. Jan 2010, 14:52, insgesamt 1-mal geändert.
Locutus
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Re: Bayern nimmt neuen Anlauf in Sachen Online-Durchsuchung

Beitrag von Locutus »

Gegen das, was die EU vorhat, sind Schäuble und die Bayern Waisenknaben.

klick

Das bedeutet, man wird ständig beobachtet. Jeder klick wird aufgezeichnet, jede besuchte Webseite, jeder chat, jeder Mailkontakt.....so kann man nicht nur sogenannte Urheberrechtsverletzer vorgehen, sondern auch politisch unliebsame Mitbürger kontrollieren und schikanieren.
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