Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Moderator: Moderatoren Forum 2

Welche Haltung habt ihr zur Meinungs- und Redefreiheit in Deutschland?

Die Meinungsfreiheit sollte faktisch stärker eingeschränkt werden durch konsequentere Anwendung bestehender Gesetze, z.B. durch Vorgehen gegen Hassrede im Netz
6
10%
Die Meinungsfreiheit sollte durch neue Gesetze stärker eingeschränkt werden
1
2%
Die Regelung der Meinungsfreiheit in Deutschland ist vollkommen angemessen
24
38%
Mit ganz geringen Ausnahmen (z.B. Beleidigung ausländischer Staatsoberhäupter) ist die Situation der Meinungsfreiheit in Deutschland angemessen
4
6%
Die Meinungsfreiheit in Deutschland ist eindeutig zu eng gefasst. Gleich eine ganze Reihe von Gesetzen sollte gestrichen werden, um Redefreiheit herzustellen
28
44%
 
Insgesamt abgegebene Stimmen: 63
Benutzeravatar
Julian
Beiträge: 9704
Registriert: Di 5. Jan 2016, 00:38

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(04 May 2016, 16:19)

In dem Streit geht es nicht um mögliche Einschränkungen des Artkel 1.
Doch, siehe zum Beispiel hier:
Grob vereinfacht war nach der Konzeption Dürigs in Art. 1 Abs.
1 kein „normales Grundrecht“ zu sehen, sondern vielmehr ein verbindlicher
Maßstab für alles staatliche Handeln: Anders als die in den
Worten des Art. 1 Abs. 3 „nachfolgenden Grundrechte“ der Art. 2 bis
20 konnte Dürig zufolge Art. 1 Abs. 1 GG keine Anspruchsgrundlage
für subjektiv öffentliche Rechte bieten, sondern sollte als „Basis für
ein ganzes Wertsystem“ fungieren.
5 Die Menschenwürde durfte demnach
nicht wie die übrigen Grundrechte Abwägungen unterzogen und
durch andere Grundrechte beschränkt werden.

Für Herdegen dagegen ist Art. 1 Abs. 1 GG ein Grundrecht wie jedes
andere auch, womit er jedoch keine neue Bresche in die Verfassungslandschaft
schlägt, sondern die heute weithin geltende Sichtweise
widerspiegelt. Mit der subjektivrechtlichen Ausgestaltung des Würdeanspruchs
tritt Art. 1 Abs. 1 automatisch in Konkurrenz zu anderen
Rechten und wird der Abwägung und Relativierung zugänglich.

Der „absolute Vorrang des Würdeanspruchs gegenüber kollidierenden
Grundrechtsbelangen“ ist damit Herdegen zufolge nicht mehr
durchzuhalten. Insbesondere könne die Menschenwürde vor dem
Grundrecht des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 auf Leben und körperliche Unversehrtheit
keinen unbeschränkten Vorzug geniessen.
http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de ... 8&view=pdf
Victrix causa deis placuit, sed victa Catoni
Benutzeravatar
3x schwarzer Kater
Beiträge: 25726
Registriert: Mo 26. Mai 2014, 16:25
user title: Do legst di nieda
Wohnort: Schwaben

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Julian hat geschrieben:(04 May 2016, 16:23)

Eine ganze Reihe von Gesetzen, insbesondere §90 (Verunglimpfung des Bundespräsidenten), §103 (Beleidigung ausländischer Repräsentanten), §130 (Volksverhetzung), und §166 (Blasphemieparagraph).

https://dejure.org/gesetze/StGB/90.html
https://dejure.org/gesetze/StGB/103.html
https://dejure.org/gesetze/StGB/130.html
https://dejure.org/gesetze/StGB/166.html
Nun Beispiel 1, 2 und 4 finden ihre Begründung wohl eher in Arikel 5 Satz 2, Beispiel 3 in Artikel 3 Satz 3 und eventuell auch Artikel 18.
„Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“ (Karl Valentin)
Benutzeravatar
3x schwarzer Kater
Beiträge: 25726
Registriert: Mo 26. Mai 2014, 16:25
user title: Do legst di nieda
Wohnort: Schwaben

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Julian hat geschrieben:(04 May 2016, 16:26)

Doch, siehe zum Beispiel hier:



http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de ... 8&view=pdf
Hier geht es aber nicht um die Einschränkung des Artkel 1, sondern um die Abwägung des in Artikel 1 verbrieften Rechts im Vergleich zu anderen Grundrechten. Das ist keine Enschränkungen. Für mögliche Einschränkungen von Grundrechten gilt, dass diese im GG auch konkret benannt werden müssen.
„Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“ (Karl Valentin)
Benutzeravatar
Julian
Beiträge: 9704
Registriert: Di 5. Jan 2016, 00:38

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(04 May 2016, 16:33)

Nun Beispiel 1, 2 und 4 finden ihre Begründung wohl eher in Arikel 5 Satz 2, Beispiel 3 in Artikel 3 Satz 3 und eventuell auch Artikel 18.
Das ist richtig; ich habe hier gleich mal eine Reihe von Gesetzen verlinkt. Von diesen wird im wesentlichen der Straftatbestand der Volksverhetzung im Zusammenhang mit der Würde des Menschen gesehen; auch hier im Forum.

Für mich zählt die Meinungs- und Redefreiheit mehr als die angenommene Verletzung der Menschenwürde, die dann doch sehr hypothetisch und abstrakt bleibt. Ich fühle mich nicht in meiner Würde gekränkt, wenn jemand alle Deutschen als Nazis bezeichnet. Ich würde demjenigen möglicherweise widersprechen; vielleicht würde ich aber auch eine Auseinandersetzung mit einem solchen vorurteilsbehafteten Menschen ablehnen. Jedenfalls käme ich nicht auf die Idee, juristische Schritte einzuleiten.

Dass Hetze andere Folgen haben kann, ist unbenommen. So muss ein Arbeitgeber es meiner Meinung nach nicht dulden, dass ein Mitarbeiter gegen eine bestimmte Personengruppe hetzt. Das Strafrecht ist für mich eben immer die ultima ratio. Es kann kein Ersatz für Anstand und Stil sein.
Victrix causa deis placuit, sed victa Catoni
Benutzeravatar
Cobra9
Beiträge: 42105
Registriert: Mo 10. Okt 2011, 11:28

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Cobra9 »

Julian hat geschrieben:(04 May 2016, 16:52)

Das ist richtig; ich habe hier gleich mal eine Reihe von Gesetzen verlinkt. Von diesen wird im wesentlichen der Straftatbestand der Volksverhetzung im Zusammenhang mit der Würde des Menschen gesehen; auch hier im Forum.
.
Wo steht das den so wie Du angibst :?:
Andrij Melnyk nennt Rolf Mützenich den „widerlichsten deutschen Politiker“..wo Er Recht hat...

Genieße den Augenblick, denn der Augenblick ist dein Leben
Fazer
Beiträge: 3993
Registriert: Mi 21. Okt 2015, 10:40

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Fazer »

Julian hat geschrieben:(04 May 2016, 16:23)

Eine ganze Reihe von Gesetzen, insbesondere §90 (Verunglimpfung des Bundespräsidenten), §103 (Beleidigung ausländischer Repräsentanten), §130 (Volksverhetzung), und §166 (Blasphemieparagraph).

https://dejure.org/gesetze/StGB/90.html
https://dejure.org/gesetze/StGB/103.html
https://dejure.org/gesetze/StGB/130.html
https://dejure.org/gesetze/StGB/166.html
Du fühlst dich also in deiner Meinungsfreiheit massiv beschränkt, weil du weder den BP verunglimpfen darfst, noch andere Präsidenten beleidigen, noch Volksgruppen verhetzen und nicht die Religionen in den Dreck ziehen darfst? Das gehört natürlich zum Tagesgeschäft und ist ganz wichtig, das man sowas dürfte, nicht wahr? Was ist eigentlich mit dem Beleidigungsparagraphen, ist es nicht völlig unsäglich, dass ich nicht einfach anderen meine Meinung geigen darf, wie dämlich die sind?
Freiheit bedeutet Verantwortung; das ist der Grund, weshalb sich die meisten vor ihr fürchten. (George Bernard Shaw)
Benutzeravatar
Julian
Beiträge: 9704
Registriert: Di 5. Jan 2016, 00:38

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

Cobra9 hat geschrieben:(04 May 2016, 16:57)

Wo steht das den so wie Du angibst :?:
Einige Mitdiskutanten sehen einen Zusammenhang zwischen Art. 1 und Volksverhetzung:
Tom Bombadil hat geschrieben:(04 May 2016, 13:29)

Es ist keine Gängelei, wenn Volksverhetzung verboten ist. Es ist auch keine gute Tradition, Tugend oder Institution, Volksverhetzung zu betreiben. Und über allem schwebt Art. 1 GG, alleine daraus abgeleitet muss der Staat gegen Hetzer vorgehen.
Unité 1 hat geschrieben:(04 May 2016, 15:32)Die Einschränkungen der Redefreiheit sind m.E. nämlich keineswegs künstlich, sondern konsequenter Ausdruck des Art.1. Volksverhetzung, und das war ja dein Aufhänger für den Strang, widerspricht auf fundamentale Weise der Einsicht der Menschen als Individuen, die als solche zu achten und zu behandeln sind, womit die Einschränkung der Redefreiheit in diesem Sinne natürlich ist.
Auch im Gesetzestext selbst ist von der Menschenwürde die Rede.
2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1.
eine Schrift (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder einer Person unter achtzehn Jahren eine Schrift (§ 11 Absatz 3) anbietet, überlässt oder zugänglich macht, die
a)
zum Hass gegen eine in Absatz 1 Nummer 1 bezeichnete Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstachelt,
b)
zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen in Buchstabe a genannte Personen oder Personenmehrheiten auffordert oder
c)
die Menschenwürde von in Buchstabe a genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden,
https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__130.html
Victrix causa deis placuit, sed victa Catoni
Benutzeravatar
Julian
Beiträge: 9704
Registriert: Di 5. Jan 2016, 00:38

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

Fazer hat geschrieben:(04 May 2016, 17:06)

Du fühlst dich also in deiner Meinungsfreiheit massiv beschränkt, weil du weder den BP verunglimpfen darfst, noch andere Präsidenten beleidigen, noch Volksgruppen verhetzen und nicht die Religionen in den Dreck ziehen darfst? Das gehört natürlich zum Tagesgeschäft und ist ganz wichtig, das man sowas dürfte, nicht wahr? Was ist eigentlich mit dem Beleidigungsparagraphen, ist es nicht völlig unsäglich, dass ich nicht einfach anderen meine Meinung geigen darf, wie dämlich die sind?
Ich liebe es, Religionen in den Dreck zu ziehen!

Nein, es ist schon richtig, dass ich in meinem Alltagsleben relativ wenig eingeschränkt bin. Trotzdem zeigt sich die Bedeutung der Freiheit ja eben gerade in den Meinungen, die nicht konform gehen mit den gegenwärtigen Vorstellungen unserer Gesellschaft. Es mag ja auch mal vorkommen, dass sich die Mehrheit mal irrt und es nützlich ist, auch andere Meinungen hören zu können, so abstrus oder beleidigend sie zunächst erscheinen mögen.

Wenn es nicht erlaubt ist, den Holocaust zu leugnen, kann dies als Präzedenzfall für andere Arten von Geschichtspolitik dienen. In einigen Ländern darf man ja auch nicht den Ruhm der Roten Armee leugnen. Und Erdogan und Gauck darf man auch nicht beleidigen. Der Schaden, der durch solche prinzipielle Verletzungen der Redefreiheit entsteht, kann enorm sein für eine freie Gesellschaft, deren Grundlage doch Meinungs- und Redefreiheit ist.

Das sagt beispielsweise Raul Hilberg, einer der bekanntesten Holocaust-Forscher überhaupt, über Gesetze gegen Holocaust-Leugnung:
I have come to the conclusion, not once but several times, that, as far as I am concerned, I do not agree with legislation that makes it illegal to utter pronouncements claiming that there was no Holocaust. I do not want to muzzle any of this because it is a sign of weakness not of strength when you try to shut somebody up. Yes, there is always a risk. Nothing in life is without risk, but you have to make rational decisions about everything.
http://www.logosjournal.com/issue_6.1-2/hilberg.htm

Dem kann ich nur zustimmen.
Victrix causa deis placuit, sed victa Catoni
Benutzeravatar
Julian
Beiträge: 9704
Registriert: Di 5. Jan 2016, 00:38

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

Hier Noam Chomsky, ebenfalls über Redefreiheit und Holocaust-Leugnung:
But it is elementary that freedom of expression (including academic freedom) is not to be restricted to views of which one approves, and that it is precisely in the case of views that are almost universally despised and condemned that this right must be most vigorously defended. It is easy enough to defend those who need no defense or to join in unanimous (and often justified) condemnation of a violation of civil rights by some official enemy.
https://chomsky.info/19810228/
Victrix causa deis placuit, sed victa Catoni
Fazer
Beiträge: 3993
Registriert: Mi 21. Okt 2015, 10:40

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Fazer »

Julian hat geschrieben:(04 May 2016, 17:09)

Einige Mitdiskutanten sehen einen Zusammenhang zwischen Art. 1 und Volksverhetzung:

Auch im Gesetzestext selbst ist von der Menschenwürde die Rede.

https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__130.html
Es gibt keine Strafe ohne entsprechende Strafvorschrift. Als müssen wir hier Art. 1 GG schlicht nicht bemühen, selbst wenn dessen Grundwertung, Schutz der Würde des Menschen, dann in bestimmten Strafvorschriften Ausdruck findet. Halte dich ans STGB, suche dir einen STGB Kommentar und erkenne, dass deine Phantasien, dass das die Meinungsfreiheit so massiv einschränkt eben Phantasien sind.
Freiheit bedeutet Verantwortung; das ist der Grund, weshalb sich die meisten vor ihr fürchten. (George Bernard Shaw)
William
Beiträge: 4382
Registriert: Di 19. Jan 2016, 17:36

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von William »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(04 May 2016, 14:23)

Nachdem unten schon per Definition dort ist, wo nichts ist, kann von dort aus dementsprechend auch nichts nach oben verteilt werden.
Dort unten sind nicht nur Billionen an Barververmögen sondern noch Häuser, Ländereien und Infrastruktur. Zu guter Letzt auch Manpower - und genau das alles wird sich der Staat im Auftrag der Bankster alles holen.
Benutzeravatar
Tom Bombadil
Beiträge: 73198
Registriert: Sa 31. Mai 2008, 16:27
user title: Non Soli Cedit

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Tom Bombadil »

Julian hat geschrieben:(04 May 2016, 14:53)

Damit lässt sich am Ende alles rechtfertigen...
Deswegen der Hinweis darauf, dass eine Verfassung und die Gesetze gelebt werden müssen. Hier und jetzt in Deutschland ist das der Fall: der Volksverhetzer bekommt eine Strafe, der Karikaturist darf weiter machen. Könnte natürlich sein, dass die Richter irgendwann alle total abdrehen und jedem, der den Buddhismus kritisiert die Höchststrafe verpassen, aber diese Gefahr dürfte äußerst gering sein. Auf der anderen Seite könnte auch eine Wahl mächtig in die Hose gehen, die AfD an die Macht kommen und der Justizminister Bachmann Faschogesetze durch die Instanzen prügeln, dann wären die Richter ein wichtiges Korrektiv. Aber auch das halte ich für sehr unwahrscheinlich.
Wie wäre es mit Argumenten?
Wie wäre es, wenn du die Informationen, die man dir gibt, verarbeitest? Für dich ist Art. 1 unwichtige, pathetische "Folklore", in der Realität ist Art. 1 der wichtigste Artikel im gesamten GG, auf dem sehr viele andere Artikel und auch Gesetze aufbauen.
Wieso immer alles absolut setzen?
Weil es da wenig Spielraum gibt. Wir haben freie und unabhängige Richter, die ebenso urteilen können und sollen, darüberhinaus haben wir jede Menge Instanzen, die Gerichtsurteile überprüfen. Das sind wichtige Bausteine der Gewaltenteilung. In deiner Welt lägen zwei der drei Gewalten bei der Legislative, das muss wirklich nicht sein.
The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure.
Thomas Jefferson
---
Diffamierer der Linken.
Fazer
Beiträge: 3993
Registriert: Mi 21. Okt 2015, 10:40

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Fazer »

William hat geschrieben:(04 May 2016, 18:01)

Dort unten sind nicht nur Billionen an Barververmögen sondern noch Häuser, Ländereien und Infrastruktur. Zu guter Letzt auch Manpower - und genau das alles wird sich der Staat im Auftrag der Bankster alles holen.
Wie gut, dass wir hier Meinungsfreiheit haben und du insoweit ungestraft so einen Unfug von dir geben kannst .... :D
Freiheit bedeutet Verantwortung; das ist der Grund, weshalb sich die meisten vor ihr fürchten. (George Bernard Shaw)
William
Beiträge: 4382
Registriert: Di 19. Jan 2016, 17:36

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von William »

Fazer hat geschrieben:(04 May 2016, 18:07)

Wie gut, dass wir hier Meinungsfreiheit haben und du insoweit ungestraft so einen Unfug von dir geben kannst .... :D
Och jöö, wolltest du mich gern dafür bestrafen? :D
Benutzeravatar
Progressiver
Beiträge: 2656
Registriert: So 1. Apr 2012, 00:37
Wohnort: Baden-Württemberg

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Progressiver »

Die Straftatbestände der "Majestätsbeleidigung" und der sogenannte "Blasphemieparagraph" sind Anachronismen, die in einem aufgeklärten Rechtsstaat des 21. Jahrhunderts nichts verloren haben. Erdogan und Gauck verdienen keinen besonderen Schutz vor Satire. Und irgendwelche Götter oder andere Fabelwesen besitzen keine Menschenwürde. Wenn solche Wesen existieren und sich beleidigt fühlen, dann steht ihnen der Rechtsweg offen. Oder aber sie können ja versuchen, selbst den "Frevler" mit einem Blitz zu erschlagen. Aber in der Regel kommt aus dieser Richtung nur Totenstille. Wenn also ein bestimmter Gott beleidigt wird und es passiert dem Frevler nichts, dann gibt es nur zwei Möglichkeiten: 1. Dieser Gott ist wohl tot. Oder 2. Ihm ist das egal, was hier vor sich geht. Menschliche Hilfe in Form von Blasphemieparagraphen oder durch selbsternannte Rächer, die auf Beleidigung ihrer Religion mit Amokläufen reagieren, sind in beiden Fällen nicht nötig. Auf jeden Fall stehen sie nur für die geistige Armut der Verteidiger des jeweiligen Gottes.

Wer aber meint, im Namen der Meinungsfreiheit gegen bestimmte Menschengruppen hetzen zu dürfen, der verdient weder Respekt noch Verständnis. Rassismus, Faschismus und andere Arten von Menschenfeindlichkeit sind keine Meinung, sondern ein Verbrechen!
"Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum." Friedrich Nietzsche

"Wer nur einen Hammer als Werkzeug hat, dem wird bald jedes Problem zum Nagel."
Benutzeravatar
Billie Holiday
Vorstand
Beiträge: 31569
Registriert: Mi 11. Jun 2008, 11:45
user title: Mein Glas ist halbvoll.
Wohnort: Schleswig-Holstein, meerumschlungen

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Billie Holiday »

Progressiver hat geschrieben:(04 May 2016, 18:52)

Die Straftatbestände der "Majestätsbeleidigung" und der sogenannte "Blasphemieparagraph" sind Anachronismen, die in einem aufgeklärten Rechtsstaat des 21. Jahrhunderts nichts verloren haben. Erdogan und Gauck verdienen keinen besonderen Schutz vor Satire. Und irgendwelche Götter oder andere Fabelwesen besitzen keine Menschenwürde. Wenn solche Wesen existieren und sich beleidigt fühlen, dann steht ihnen der Rechtsweg offen. Oder aber sie können ja versuchen, selbst den "Frevler" mit einem Blitz zu erschlagen. Aber in der Regel kommt aus dieser Richtung nur Totenstille. Wenn also ein bestimmter Gott beleidigt wird und es passiert dem Frevler nichts, dann gibt es nur zwei Möglichkeiten: 1. Dieser Gott ist wohl tot. Oder 2. Ihm ist das egal, was hier vor sich geht. Menschliche Hilfe in Form von Blasphemieparagraphen oder durch selbsternannte Rächer, die auf Beleidigung ihrer Religion mit Amokläufen reagieren, sind in beiden Fällen nicht nötig. Auf jeden Fall stehen sie nur für die geistige Armut der Verteidiger des jeweiligen Gottes.

Wer aber meint, im Namen der Meinungsfreiheit gegen bestimmte Menschengruppen hetzen zu dürfen, der verdient weder Respekt noch Verständnis. Rassismus, Faschismus und andere Arten von Menschenfeindlichkeit sind keine Meinung, sondern ein Verbrechen!
:thumbup:

Es macht einen großen Unterschied, ob ich pauschal eine ganze Gruppe als Minderwertige hinstelle, oder explizit meine, dass eine bestimmte Gruppe x sich meiner Meinung nach wie Affen aufgeführt hat. Das ist eindeutig eine Meinungsäußerung. Das erste schlicht eine Beleidigung.
„Wer mich beleidigt, bestimme ich.“ (Klaus Kinski)

„Just because you’re offended, doesn’t mean you’re right.“ (Ricky Gervais)
Benutzeravatar
Tom Bombadil
Beiträge: 73198
Registriert: Sa 31. Mai 2008, 16:27
user title: Non Soli Cedit

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Tom Bombadil »

Progressiver hat geschrieben:(04 May 2016, 18:52)

Die Straftatbestände der "Majestätsbeleidigung" und der sogenannte "Blasphemieparagraph" sind Anachronismen, die in einem aufgeklärten Rechtsstaat des 21. Jahrhunderts nichts verloren haben.
Diese Paragraphen kann man ja ändern oder entfernen, da sehe ich kein größeres Problem.
The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure.
Thomas Jefferson
---
Diffamierer der Linken.
Benutzeravatar
Umetarek
Beiträge: 17228
Registriert: Di 3. Jun 2008, 07:24
user title: auf dem Weg zur Wüste...
Wohnort: Pfalz

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Umetarek »

Julian hat geschrieben:(03 May 2016, 22:18)

Es ist eine Meinung, nicht mehr und nicht weniger. Ich muss das nicht teilen, und teile es auch nicht. Vielleicht finde ich es sogar unanständig, so etwas zu behaupten - aber muss man es wirklich mit dem Strafrecht ahnden? Wohin führt denn solche eine Meinungsdiktatur? An jedem Stammtisch und in jedem Fußballstadion wird mit solchen Begriffen hantiert.

Muss man die Deutschen im Sinne des Obrigkeitsstaates derart gängeln? Ist unser politisches System so unreif, dass man den Leuten den Mund verbieten muss? Ist denn die Freiheit nicht auch ein Wert?
Wenn jemand zu mir Arschloch sagt, ist das eine Beleidigung, wenn er mich noch nicht mal persönlich kennt, umso mehr. Wenn jemand Rotfuchs, oder Duracell oder Pippi Langstrumpf sagt, ist das ein Spitzname für Rothaarige, dafür muß er mich nicht kennen, du erkennst den Unterschied? Und nein, Beleidigungen sind nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt, insbesondere unpersönliche.
Mutter des Wahnsinns und Harmoniebeauftragte des Forums, sowie geprüfte Völkermörderin!
Fazer
Beiträge: 3993
Registriert: Mi 21. Okt 2015, 10:40

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Fazer »

William hat geschrieben:(04 May 2016, 18:42)

Och jöö, wolltest du mich gern dafür bestrafen? :D
Neee ... die Schmerzen für das Verbreiten von solchem Unfug musst du schon ganz alleine ertragen ... :D
Freiheit bedeutet Verantwortung; das ist der Grund, weshalb sich die meisten vor ihr fürchten. (George Bernard Shaw)
Fazer
Beiträge: 3993
Registriert: Mi 21. Okt 2015, 10:40

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Fazer »

Progressiver hat geschrieben:(04 May 2016, 18:52)

Die Straftatbestände der "Majestätsbeleidigung" und der sogenannte "Blasphemieparagraph" sind Anachronismen, die in einem aufgeklärten Rechtsstaat des 21. Jahrhunderts nichts verloren haben. Erdogan und Gauck verdienen keinen besonderen Schutz vor Satire. Und irgendwelche Götter oder andere Fabelwesen besitzen keine Menschenwürde. Wenn solche Wesen existieren und sich beleidigt fühlen, dann steht ihnen der Rechtsweg offen. Oder aber sie können ja versuchen, selbst den "Frevler" mit einem Blitz zu erschlagen. Aber in der Regel kommt aus dieser Richtung nur Totenstille. Wenn also ein bestimmter Gott beleidigt wird und es passiert dem Frevler nichts, dann gibt es nur zwei Möglichkeiten: 1. Dieser Gott ist wohl tot. Oder 2. Ihm ist das egal, was hier vor sich geht. Menschliche Hilfe in Form von Blasphemieparagraphen oder durch selbsternannte Rächer, die auf Beleidigung ihrer Religion mit Amokläufen reagieren, sind in beiden Fällen nicht nötig. Auf jeden Fall stehen sie nur für die geistige Armut der Verteidiger des jeweiligen Gottes.

Wer aber meint, im Namen der Meinungsfreiheit gegen bestimmte Menschengruppen hetzen zu dürfen, der verdient weder Respekt noch Verständnis. Rassismus, Faschismus und andere Arten von Menschenfeindlichkeit sind keine Meinung, sondern ein Verbrechen!
Du machst es dir etwas einfach.
Beim "Majestätsparagraphen" kann man noch die Position vertreten, dass ist halt eine natürlich Person, die eh schon durch § 185 STGB (Beleidigung) geschützt ist.

Einen solchen Schutz aus 185 hat eine Religionsgemeinschaft aber nicht. Und hier ist deine Position extrem widersprüchlich. Du willst die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die dann wohl durch Staatsangehörigkeit oder Flüchtlingsstatus geprägt ist schützen. Rassismus ist für dich ein Verbrechen. Aber wenn jemand einer Religion angehört und diese Religion (und damit ihr Angehöriger) massiv verunglimpft wird, dann ist alles in Ordnung? Warum soll "der Türke" vor Rassismus geschützt sein, aber "der Muslim" dadurch de facto nicht?

Der Fall mit dem Koran auf Klopapier zeigt, dass es hier Möglichkeiten gibt, die wenig mit Meinungsfreiheit, aber viel mit vorsätzliciher Provokation und Beleidigung einer Gruppe von Menschen zu tun hat.
Freiheit bedeutet Verantwortung; das ist der Grund, weshalb sich die meisten vor ihr fürchten. (George Bernard Shaw)
Benutzeravatar
Cobra9
Beiträge: 42105
Registriert: Mo 10. Okt 2011, 11:28

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Cobra9 »

Julian hat geschrieben:(04 May 2016, 17:09)

Einige Mitdiskutanten sehen einen Zusammenhang zwischen Art. 1 und Volksverhetzung:





Auch im Gesetzestext selbst ist von der Menschenwürde die Rede.


https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__130.html
Also nicht im off. Teil des Forum, sondern die Meinung einzelner Teilnehmer. Gut ist das klargestellt. Rechtlich sind Grenzen völlig okay wie aktuell vorhanden und ausreicgend Freiheit gibts. Auch in den USA gibts überigens Grezen. Prozesse des obersten Supreme Court legen diese fest und zementieren Präzedenzfälle.
Andrij Melnyk nennt Rolf Mützenich den „widerlichsten deutschen Politiker“..wo Er Recht hat...

Genieße den Augenblick, denn der Augenblick ist dein Leben
Benutzeravatar
Tom Bombadil
Beiträge: 73198
Registriert: Sa 31. Mai 2008, 16:27
user title: Non Soli Cedit

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Tom Bombadil »

Fazer hat geschrieben:(05 May 2016, 00:44)

Warum soll "der Türke" vor Rassismus geschützt sein, aber "der Muslim" dadurch de facto nicht?
Wenn man sich so sehr über den Islam lustig oder verächtlich macht oder ihn so sehr verunglimpft, dass der Blasphemie§ greifen würde, dann ist das Rassismus gegen Muslime?
The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure.
Thomas Jefferson
---
Diffamierer der Linken.
Benutzeravatar
Unité 1
Beiträge: 4428
Registriert: Mi 4. Jun 2008, 21:18
user title: fsociety

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Unité 1 »

Julian hat geschrieben:(04 May 2016, 15:54)

Es geht mir nicht um die Bindung staatlicher Gewalt an die Grundrechte,
Aber mir. Du solltest dir angewöhnen, ganze Absätze zu erfassen. Die Erwähnung der BIndung der staatlichen GEwalt an die Rechte im Art.1GG diente zur Verdeutlichung der Relevanz jenes Artikels.
sondern darum, dass hier Leute aufgetaucht sind, die die Meinungsfreiheit beschränkt sehen wollen mit Berufung auf die in Art. 1 genannte Würde des Menschen.
Da verdrehst du einiges. Du fechtest für das Recht zur Volksverhetzung. Nicht andere Leute wollen die Meinungsfreiheit beschränkt, du willst die Redefreiheit pervertiert sehen.
Die Erwähnung der Würde des Menschen und des Widerstandsrechtes im Grundgesetz sind in der Realität so unwichtig, dass man sie auch gar nicht zu ändern braucht; es ist ja, wie ich erwähnte, im wesentlichen Pathos, das niemanden etwas kostet. Außerdem kann das Grundgesetz jederzeit durch eine andere Verfassung abgelöst werden, wenn sich dafür eine Mehrheit findet.
Ja, prima. Danke für die Wiederholung. Kam aber schon beim ersten Mal an.

Ich hätte wohl genauer fragen müssen: Wenn Art.1GG zum Wesenskern des GG gehört - eine Auffassung, die, soweit ich weiß, von niemanden von Relevanz in Frage gestellt wird -, wie kann man dann ernsthaft von obsoleter Folklore sprechen? Warum steht wohl die Bindung der staatlichen GEwalt an die Grundrechte im Art.1GG, wenn es nur hohles Pathos sei? Warum stünde ausgerechnet das "Pathos" unter ewigem Schutz, Kinkerlitzchen wie Presse- oder Versammlungsfreiheit aber nicht?


Danke, es freut mich immer wieder, wenn andere meine Gedanken faszinierend finden! :D
Gern.
Ich meine damit nicht den Inhalt, sondern die Form. Der Glaube daran, dass die Moral höchsten Ansprüchen genügen muss. Der Glaube daran, dass durch Regeln und Gesetze alles machbar ist. Das Übersehen der Wichtigkeit des Herzlichen, des Einfachen, Schlichten.

Wenn man die deutsche Geschichte betrachtet, wird man ein Oszillieren zwischen höchstem moralischen Anspruch und größter Verwerflichkeit finden, wie bei kaum einer zweiten Nation. Ob das Luther ist oder das Zweite Reich und das Dritte Reich; immer hat man sich für etwas besseres gehalten. Und, vor allem, die Theorie musste passen. So konnte man gemäß - wer war es gleich? Himmler? - anständig bleiben, während man einen Massenmord beging.

Auch heute noch kann man diesen hohen moralischen Anspruch spüren
Deine Salbaderei ist so unerheblich wie nervtötend. Stell dir vor, du warst beim ersten Mal schon verstanden. Stell dir weiterhin vor, dass ich Reaktorunglücke ebenfalls faszinierend finde.
- etwa in der Einschränkung der Meinungsfreiheit.
https://en.wikipedia.org/wiki/Hate_speech

Ist es nicht faszinierend, wie jemand bar jeglichen Wissens sich an der Ablehnung Menschenwürde als Ausdruck tiefsten deutschen Moralismus hochgeilt, dabei nicht davor zurückscheut, die Idee der Verrechtlichung der Menschenwürde in den Geist des Holocaust zu stellen, und das mittels einer Aneinanderreihung inhaltsloser Worthülsen?

Solche böswilligen Verdrehungen unter Missachtung von Realität kommt üblicherweise nur von einer Klientel, nämlich, ähh, von FDP-Anhängern, nech Julian?
Oh, das ist böse, das darf man nicht sagen!
Kann nicht mal jemand dem Vogel Julian das Gefieder rupfen? Bitte?*
Auch der Umweltschutz ist solch ein Beispiel. Andere Länder belehrt man dann gerne, übersieht aber, das jene kein tugendhaftes Verbrechen in der Größenordnung wie Deutschland zu verantworten haben.
Ich denke, ich verzichte an dieser Stelle auf die Gelegenheit, deine Wortwahl wieder mal genauer zu betrachten, "tugendhaftes Verbrechen in der Größenordnung wie Deutschland", obwohl die Betrachtung zweifelsohne sehr erhellend wäre. Nein, ich begnüge mich mit der Feststellung, dass für Teilnehmer Julian eine Linie von Auschwitz zum Dosenpfand besteht. Wegen höchster moralischer ANsprüche und so.
Der Verlauf dieser Diskussion zeigt auch, wie moralisch aufgeladen und prinzipiell alles in Deutschland zugeht. Kann man es nicht ein bisschen tiefer hängen?
:D Genau!
http://www.politik-forum.eu/viewtopic.p ... 8#p3525148
Julian hat geschrieben:Im Dritten Reich durfte man auch die Meinung haben, dass Hitler ein Idiot ist. Nur öffentlich durfte das nicht werden.
Bin deiner Meinung, es ist eine Pest mit jenen Diskutanten, die alles am 3.Reich kontrastieren und feststellen, dass es heute ja immer noch so sei.
In anderen Ländern lebt es sich auch ganz gut, ohne die Einschränkung der Meinungsfreiheit, und ohne verfassungsmäßig verankerte Menschenwürde. Man kann ja gerne anderer Meinung sein und gegen mich argumentieren, aber man sollte doch wahrnehmen, dass das, was ich hier vorschlage, nicht aus der Luft gegriffen und auch nicht abgrundtief böse ist, sondern zur Realität in vielen anderen Ländern, darunter nicht den schlechtesten, gehört.
Es ist angekommen, dass dir aufging, dass der Schutz der Menschenwürde beim fröhlichen Hetzen - was unabdingbar erlaubt werden müsse, sonst würden wir den Ungeist ders Holocaust nie los - irgendwie stört.

*Oh, ist das etwa böse und wirst du jetzt moralisch argumentieren? Oder strafrechtlich argumentieren? Wie auch immer, deine moralinsaure Einschränkungswünsche der Meinungsfreiheit kotzen mich an.

Julian hat geschrieben:(04 May 2016, 16:09)

Grund- und Menschenrechte sind sinnvoll; sie beschreiben ja auch relativ konkrete Dinge.

Das Folterverbot ist in Art. 104 und in verschiedenen anderen Gesetzen geregelt. Du siehst, dies ergibt sich keineswegs aus Art. 1, sondern muss gesondert geregelt werden.
Nein. Die Artikel zur Rede-, Religions- usw-Freiheit ergeben sich ja auch aus Art2.GG - anders wäre eine freie Entfaltung der Persönlichkeit kaum möglich - und sind trotzdem extra aufgeführt.

Genau deswegen sind wir auf Art.1 gekommen. Offenbar ist der Artikel so allgemein formuliert, dass er dazu missbraucht werden kann, anderen den Mund zu verbieten.
Niemand verbietet dir den Mund wegen des Art.1. Erstens kannst du weiterhin auf deinen FDP-Kameradschaftsabenden Wahrheiten über das Gelumpe und Viehzeugs austauschen, solltest du nur nicht öffentlich machen. Zweitens ist es nicht Art.1, sondern Art.5 der missbräuchlicherweise hochgehalten wird, wenn es um das gemeinschaftsstiftende Recht geht, Dinge sagen zu dürfen, die man doch wohl noch mal sagen sollen darf. Drittens hat Art.1 mit den BP-Beleidigungs§ u.ä. nichts zu tun.
We're more like FDP, ambitious and misunderstood!
Benutzeravatar
Julian
Beiträge: 9704
Registriert: Di 5. Jan 2016, 00:38

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

Unité 1 hat geschrieben:(05 May 2016, 10:17)

Solche böswilligen Verdrehungen unter Missachtung von Realität kommt üblicherweise nur von einer Klientel, nämlich, ähh, von FDP-Anhängern, nech Julian?
Kann nicht mal jemand dem Vogel Julian das Gefieder rupfen? Bitte?*
Unité 1 hat geschrieben:(05 May 2016, 10:17)
Niemand verbietet dir den Mund wegen des Art.1. Erstens kannst du weiterhin auf deinen FDP-Kameradschaftsabenden Wahrheiten über das Gelumpe und Viehzeugs austauschen, solltest du nur nicht öffentlich machen. Zweitens ist es nicht Art.1, sondern Art.5 der missbräuchlicherweise hochgehalten wird, wenn es um das gemeinschaftsstiftende Recht geht, Dinge sagen zu dürfen, die man doch wohl noch mal sagen sollen darf. Drittens hat Art.1 mit den BP-Beleidigungs§ u.ä. nichts zu tun.
Du verstehst offenbar überhaupt nicht, was ich (und viele andere!) unter Freiheit verstehe. Was sollen die ständigen Unterstellungen, Stichwort Kameradschaftsabende? Was ich hier verteidige, ist ein Konzept der Meinungs- und Redefreiheit, das in den USA und anderen Ländern seit langem angewandt wird.

Hier wird so getan, als würde ich etwas Unerhörtes sagen, das die Tore zur Hölle öffnet. Ist das der Effekt, den die deutsche Schule auf die Leute hat, in dem Sinne, dass ein rotes Licht angeht, sobald man eine bestimmte, von der Regierung und der Lehrerschaft festgelegte Linie überschreitet und etwas Undenkbares, Unerlaubtes schreibt? Wenn jemand gegen den Volksverhetzungsparagraphen ist, muss es notwendigerweise ein Nazi sein, der auf Kameradschaftsabende geht? Was ist das denn bitte für eine ideologische Indoktrination! Dabei ist die Redefreiheit, auf die ich abziele, Realität in anderen Ländern, die im übrigen eine viel stärkere demokratische Tradition als Deutschland haben.

Ich befinde mich, wie auch schon erwähnt, mit einigen Vorschlägen in guter Gesellschaft. Oder denkt jemand, Raul Hilberg oder Noam Chomsky wären verdächtig, Kameradschaftsabende zu organisieren?

Man kann ja gerne anderer Meinung sein und dies argumentativ darstellen. Ich habe weiter oben erwähnt, dass meine eigene Meinungsbildung dazu noch gar nicht abgeschlossen ist; deswegen will ich mich ja in einem Diskussionsfaden austauschen. Allerdings nicht über Kameradschaftsabende und Unterstellungen, sondern über inhaltliche Argumente, die sachlich vorgetragen werden.

Es gab nach dem Zweiten Weltkrieg sicherlich gute Gründe, den Deutschen zu misstrauen und sicherzustellen, dass nationalsozialistische Propaganda nicht mehr möglich ist. Nun sind aber 70 Jahre vergangen. Ist Deutschland, sind die deutschen Bürger bereit für freiheitlichere Regelungen? Oder müssen wir vor uns selbst immer noch Angst haben und einander Maulkörbe anlegen?
Victrix causa deis placuit, sed victa Catoni
Benutzeravatar
Brainiac
Beiträge: 9189
Registriert: Do 30. Jun 2011, 11:41

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Brainiac »

Ich sehe das Ganze so:

Wenn wir mal beim Vergleich mit den USA bleiben, dann kann man dort sicher mehr öffentlich sagen als hier. Siehe zB Trump. Das Land geht deshalb nicht unter. Andererseits geht Deutschland auch nicht deshalb unter, weil man hier etwas weniger öffentlich sagen kann. Jedenfalls kann ich das aus den letzten 70 Jahren nicht erkennen.

D.h. beides ist grundsätzlich möglich. Ich bin aber immer etwas skeptisch, etwas, was woanders funktioniert, in D implantieren zu wollen (weswegen ich auch skeptisch bin, das Schweizer Modell der Direkten Demokratie 1:1 in D einzuführen). Die USA sind in mancher Beziehung härter drauf. Das ist nicht besser und nicht schlechter, es ist einfach anders. Die USA-Interpretation der Redefreiheit 1:1 hier umsetzen zu wollen, würde ggf. nicht zu Deutschland passen.
History doesn't repeat itself, but it often rhymes (Twain). Unfortunately, we can't predict the rhyme.
Benutzeravatar
Unité 1
Beiträge: 4428
Registriert: Mi 4. Jun 2008, 21:18
user title: fsociety

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Unité 1 »

Julian hat geschrieben:(05 May 2016, 11:46)

Du verstehst offenbar überhaupt nicht, was ich (und viele andere!) unter Freiheit verstehe.
Natürlich tue ich das, ist doch nicht schwer.
Was sollen die ständigen Unterstellungen, Stichwort Kameradschaftsabende?
Ein Problem mit der Meinungsfreiheit, Julian?
Ist das der Effekt, den die deutsche Schule auf die Leute hat, in dem Sinne, dass ein rotes Licht angeht, sobald man eine bestimmte, von der Regierung und der Lehrerschaft festgelegte Linie überschreitet und etwas Undenkbares, Unerlaubtes schreibt?
Ja, so war das. Ich habe mich vorher mit meinen alten Lehrern kurzgeschlossen, weil ich nicht wusste, was die gewünschte Mehrheitsmeinung ist.

Die insinuierte Vorstellung einer 68er-Verschwörung, die die gegenwärtige Denkwelt derart beherrscht, das Diskutanten mit anderer Ansicht als Julian auf keinen Fall ihre tatsächliche Meinung vertreten, sondern "festgelegte Linien", ist übrigens auch so ein klassisches FDP-Topos.
Für jemanden, der die Freiheitsidee der USA so hoch hält, hast du ein erstaunliches Problem mit der Anerkennung anderer Meinungen als individuelle.
Wenn jemand gegen den Volksverhetzungsparagraphen ist, muss es notwendigerweise ein Nazi sein, der auf Kameradschaftsabende geht? Was ist das denn bitte für eine ideologische Indoktrination!
Für jemanden, der vorgeblich Achtung und Anstand hochhält, biste ganz schön schnell dabei, meine Meinung als Ergebnis von Indoktrination abzutun. Ich hab's jedenfalls begründet und dir gefällt's nicht. Heul doch.

Es gab nach dem Zweiten Weltkrieg sicherlich gute Gründe, den Deutschen zu misstrauen und sicherzustellen, dass nationalsozialistische Propaganda nicht mehr möglich ist. Nun sind aber 70 Jahre vergangen. Ist Deutschland, sind die deutschen Bürger bereit für freiheitlichere Regelungen? Oder müssen wir vor uns selbst immer noch Angst haben und einander Maulkörbe anlegen?
Und du fragst dich tatsächlich, warum jemand nach der dritten Wiederholung dieses Mists dich für einen, ähh, FDP-Anhänger halten kann. *kopfschüttel*
We're more like FDP, ambitious and misunderstood!
Benutzeravatar
Progressiver
Beiträge: 2656
Registriert: So 1. Apr 2012, 00:37
Wohnort: Baden-Württemberg

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Progressiver »

Fazer hat geschrieben:(05 May 2016, 00:44)

Du machst es dir etwas einfach.
Beim "Majestätsparagraphen" kann man noch die Position vertreten, dass ist halt eine natürlich Person, die eh schon durch § 185 STGB (Beleidigung) geschützt ist.

Einen solchen Schutz aus 185 hat eine Religionsgemeinschaft aber nicht. Und hier ist deine Position extrem widersprüchlich. Du willst die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die dann wohl durch Staatsangehörigkeit oder Flüchtlingsstatus geprägt ist schützen. Rassismus ist für dich ein Verbrechen. Aber wenn jemand einer Religion angehört und diese Religion (und damit ihr Angehöriger) massiv verunglimpft wird, dann ist alles in Ordnung? Warum soll "der Türke" vor Rassismus geschützt sein, aber "der Muslim" dadurch de facto nicht?

Der Fall mit dem Koran auf Klopapier zeigt, dass es hier Möglichkeiten gibt, die wenig mit Meinungsfreiheit, aber viel mit vorsätzliciher Provokation und Beleidigung einer Gruppe von Menschen zu tun hat.
Für mich stellt sich dieser Punkt recht unkompliziert dar, da ich zwischen Ideen und Menschen unterscheiden kann. Eine Religion ist für mich ein Ideengebilde, welches keiner rationalen oder wissenschaftlichen Prüfung standhält. Genau so wie es erlaubt ist, meine eigenen Ideen zu kritisieren, muss es auch erlaubt sein, ohne falsche Rücksicht Religionen zu hinterfragen und in Grund und Boden zu kritisieren. Bei Menschen verhält es sich jedoch anders, da sie -im Gegensatz zu Ideengebilden, Religionen etc.- so etwas wie eine Menschenwürde besitzen. Wenn ich beispielsweise einen Menschen jüdischen Glaubens als "den Juden" bezeichne und ihn mit allerlei antisemitischen Vorurteilen und Stereotypen belege, dann ist das verbrecherisch. Wenn ich diesen nur als "den Juden" bezeichne, reduziere ich ihn zunächst in seiner Identität auf seine Religionszugehörigkeit. Im zweiten Schritt wird er in diesem Fall von Antisemiten mit allen möglichen schlechten Eigenschaften belegt -also "verschlagen, geldgierig usw.", um ihn abzuwerten. Alleine dadurch wird ihm das Recht genommen, als Subjekt und Individuum zu existieren. Er wird zum Objekt degradiert. Und mit der klischeehaften Zuschreibung von schlechten Eigenschaften wird er in eine Kategorie gepresst, mit der er als Individuum vielleicht gar nichts zu tun hat.

Oder um es anders zu sagen: In einer freien Gesellschaft dürfen, ja müssen, alle Ideen einer kritischen Überprüfung standhalten. Wer aber Menschen kritisiert, indem er sie zu Objekten degradiert und ihnen ihre Menschenwürde abspricht, der hat oft genug die Absicht, sie physisch zu vernichten. Einer Idee tut es nicht weh, wenn man sie auf den Müllhaufen der Geschichte ablädt oder sie augenscheinlich vernichten will. Sie ist ja nur ein Werkzeug. Wenn man mit Menschen dagegen ähnlich verfahren will, dann ist das inhuman und menschenverachtend.
"Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum." Friedrich Nietzsche

"Wer nur einen Hammer als Werkzeug hat, dem wird bald jedes Problem zum Nagel."
Odin1506
Beiträge: 2441
Registriert: Mi 16. Jul 2014, 21:45
user title: Mensch
Wohnort: Auf dieser Welt

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Odin1506 »

Was mich nervt ist diese political correctness.
Ich bin keine Signatur, ich putze hier nur!!! :p
Benutzeravatar
Julian
Beiträge: 9704
Registriert: Di 5. Jan 2016, 00:38

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

Unité 1 hat geschrieben:(05 May 2016, 12:12)

Natürlich tue ich das, ist doch nicht schwer.
Das bezweifle ich. Du kannst es mir aber gerne erklären.
Unité 1 hat geschrieben:(05 May 2016, 12:12)
Ein Problem mit der Meinungsfreiheit, Julian?
Nein, überhaupt nicht. Wenn ich etwas für nicht anständig halte, wenn ich jemanden dazu aufrufe, etwas nicht weiter zu behaupten, wenn ich sage, das etwas falsch sei, heißt das noch lange nicht, dass ich nach dem Strafrichter rufe.

Ich plagiiere mich hier mal eben selbst, obwohl das Ganze sicher noch besser formuliert werden könnte:


Es werden hier mehrere Ebenen miteinander vermischt.

1. Meinungs- und Pressefreiheit als Recht gegen den Staat
Hier bin ich sehr liberal in meiner Auslegung; dafür wurde ich hier bereits mehrfach kritisiert. Ein Beispiel wäre, dass ich Begriffe wie "Hetze", mit der eine Strafverfolgung begründet wird, sehr kritisch sehe. Ich halte die Meinungsfreiheit, oder besser: Redefreiheit, für fundamental in einer Demokratie. Dieses Recht darf nur wohlüberlegt eingeschränkt werden (etwa bei Verleumdung einer Person).

2. Meinungs- und Pressefreiheit als Recht gegen andere
Auch hier bin ich der Meinung, dass der Staat die Meinungsfreiheit schützen muss. Beispiel: Hamed Abdel-Samad wird bedroht, weil seine Meinung manchen Muslimen nicht passt. Der Staat hat die Aufgabe, diese Meinung nicht nur zu erlauben, sondern auch denjenigen, der sie äußert, zu schützen und ihm die Meinungsäußerung zu ermöglichen. Dazu gehört beispielsweise der Polizeischutz für gefährdete Personen oder der polizeiliche Schutz von Veranstaltungen.

3. Anstand
Nicht alles, was von der Meinungsfreiheit gemäß 1. und 2. gedeckt ist, halte ich für anständig. Deswegen kann es durchaus sein, dass ich äußere: Das sollte man so aber nicht äußern. Damit meine ich nicht, dass eine Äußerung strafrechtlich verfolgt werden sollte, sondern nur, dass ich sie nicht für anständig halte und die Leute dazu aufrufe, so etwas nicht zu äußern. Ich würde die Leute aber nicht mit strafrechtlichen Maßnahmen davon abhalten, das zu tun.

4. Die eigene Meinung
Die Meinungsfreiheit zeigt sich gerade darin, dass man auch Meinungen erlaubt, die der eigenen widersprechen. Häufig wird mir vorgeworfen, eine bestimmte Meinung, für deren legale Äußerung ich eintrete, auch selbst zu vertreten. Das ist ein ganz typischer Vorwurf, der gezielt der Diskreditierung der Verteidiger der Meinungsfreiheit dienen soll.

5. Öffentliche Finanzierung
Eine ganz andere Frage ist es, wenn ein Medium (oder ein Kunstwerk) öffentlich finanziert werden soll, über Steuern oder über Gebühren. Selbstverständlich darf man dann eine um Objektivität und Qualität bemühte Berichterstattung erwarten und auch fordern, dass bestimmte Dinge eben nicht öffentlich finanziert ausgedrückt :D werden sollten. Das heißt nicht, dass man Entsprechendes nicht äußern dürfte; allein, ich sehe es nicht ein, so etwas zu finanzieren.

Unité 1 hat geschrieben:(05 May 2016, 12:12)
Ja, so war das. Ich habe mich vorher mit meinen alten Lehrern kurzgeschlossen, weil ich nicht wusste, was die gewünschte Mehrheitsmeinung ist.

Wusst ich's doch. :rolleyes:

Unité 1 hat geschrieben:(05 May 2016, 12:12)
Die insinuierte Vorstellung einer 68er-Verschwörung, die die gegenwärtige Denkwelt derart beherrscht, das Diskutanten mit anderer Ansicht als Julian auf keinen Fall ihre tatsächliche Meinung vertreten, sondern "festgelegte Linien", ist übrigens auch so ein klassisches FDP-Topos.
Für jemanden, der die Freiheitsidee der USA so hoch hält, hast du ein erstaunliches Problem mit der Anerkennung anderer Meinungen als individuelle.
Für jemanden, der vorgeblich Achtung und Anstand hochhält, biste ganz schön schnell dabei, meine Meinung als Ergebnis von Indoktrination abzutun. Ich hab's jedenfalls begründet und dir gefällt's nicht. Heul doch.
Indoktrination, Sozialisierung, wie auch immer man das nennen mag. Ich finde es gefährlich, dass wir mittlerweile in der Gesellschaft einen Konsens darüber haben, dass bloße Meinungen verboten werden sollten, wenn sie gewisse rote Linien überschreiten - ganz offenbar, weil sie für gefährlich gehalten werden.

Und all dies wird - ausgerechnet! - mit einer Stärkung der Demokratie begründet, dabei ist doch die Meinungsfreiheit das stärkste Bollwerk gegen autoritäre, antidemokratische Entwicklungen. Alle gefährlichen Ideologien, die mir auf die Schnelle einfallen, setzen doch auf die Beschränkung der Meinungsfreiheit, ob das nun der Nationalsozialismus, der Faschismus, der Kommunismus, der politische Islam oder absolute Monarchien sind.

Wäre die Liebe zur Freiheit in den Köpfen und Herzen der Menschen verankert, statt die nur transiente Vorstellung davon, was gesagt werden darf und was nicht, würde ich besser schlafen.
Unité 1 hat geschrieben:(05 May 2016, 12:12)
Und du fragst dich tatsächlich, warum jemand nach der dritten Wiederholung dieses Mists dich für einen, ähh, FDP-Anhänger halten kann. *kopfschüttel*
Ich finde es schwierig für mich, eine politische Heimat zu finden.
Benutzeravatar
Unité 1
Beiträge: 4428
Registriert: Mi 4. Jun 2008, 21:18
user title: fsociety

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Unité 1 »

Julian hat geschrieben:(23 Dec 2017, 20:29)

Das bezweifle ich. Du kannst es mir aber gerne erklären.
Ich soll dir erklären, was du unter Freiheit verstehst? Ernsthaft? :D

Ich plagiiere mich hier mal eben selbst, obwohl das Ganze sicher noch besser formuliert werden könnte:
Ja, wahnsinnig spannend, dieser xtausendste Beitrag von Julian über Julian. Haste neben der Umvolkung eigentlich noch andere Themen als dich?
Wusst ich's doch. :rolleyes:
Ich glaub dir, dass du das glaubst.



Indoktrination, Sozialisierung, wie auch immer man das nennen mag. Ich finde es gefährlich, dass wir mittlerweile in der Gesellschaft einen Konsens darüber haben, dass bloße Meinungen verboten werden sollten, wenn sie gewisse rote Linien überschreiten - ganz offenbar, weil sie für gefährlich gehalten werden.
Es gibt keine Meinungsverbote. Es gibt keine Debatten über Meinungsverbote. Es gibt aber auch keine Applauspflicht für Faschoscheiß. Damit musste leben lernen.
Ich finde es schwierig für mich, eine politische Heimat zu finden.
Wozu auch, wenn Meinungen bald verboten werden sollen? Strick doch lieber was.
We're more like FDP, ambitious and misunderstood!
Benutzeravatar
Kritikaster
Beiträge: 23725
Registriert: Sa 1. Okt 2016, 00:55
user title: TROLLJÄGER
Wohnort: Unbedeutender, abgelegener Seitenarm der Milchstrasse

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Kritikaster »

Julian hat geschrieben:(23 Dec 2017, 20:29)

Indoktrination, Sozialisierung, wie auch immer man das nennen mag. Ich finde es gefährlich, dass wir mittlerweile in der Gesellschaft einen Konsens darüber haben, dass bloße Meinungen verboten werden sollten, wenn sie gewisse rote Linien überschreiten - ganz offenbar, weil sie für gefährlich gehalten werden.
Mal davon abgesehen, dass die ständig wiederholte Behauptung eines angeblichen Meinungsverbotes hanebüchener Unsinn ist, entbehrt es nicht einer gewissen Komik, dass Du für Dich offenbar ausschließt, DEINE hier zum Besten gegebenen Ergüsse seien NICHT das Ergebnis von "Indoktrination", nur eben durch andere, DEINE Wahrnehmung steuernde Elemente. :D
Der am höchsten entwickelte Sinn ist der Unsinn. (Peter E. Schumacher)
Wo der Sinn aufhört, beginnt der Wahnsinn. (Erhard Horst Bellermann)
Polibu

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Polibu »

In Amerika gibt es Meinungsfreiheit. Hier in Deutschland gibt es nur ein abgespeckte Version. Absolut nicht gleichwertig. Die Meinungsfreiheit in Deutschland ist von schlechterer Qualität.
Benutzeravatar
Unité 1
Beiträge: 4428
Registriert: Mi 4. Jun 2008, 21:18
user title: fsociety

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Unité 1 »

Kritikaster hat geschrieben:(23 Dec 2017, 21:00)

Mal davon abgesehen, dass die ständig wiederholte Behauptung eines angeblichen Meinungsverbotes hanebüchener Unsinn ist, entbehrt es nicht einer gewissen Komik, dass Du für Dich offenbar ausschließt, DEINE hier zum Besten gegebenen Ergüsse seien NICHT das Ergebnis von "Indoktrination", nur eben durch andere, DEINE Wahrnehmung steuernde Elemente. :D
Wenn er es denn ehrlich meinte, woran ich erhebliche Zweifel habe. Ich meine, gesellschaftlicher Konsens über Meinungsverbote, srly?
We're more like FDP, ambitious and misunderstood!
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17527
Registriert: Do 29. Sep 2016, 15:33

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Selina »

Julian hat geschrieben:(05 May 2016, 11:46)

Es gab nach dem Zweiten Weltkrieg sicherlich gute Gründe, den Deutschen zu misstrauen und sicherzustellen, dass nationalsozialistische Propaganda nicht mehr möglich ist.
Diese "guten Gründe" gibt es heute immer noch. Oder schon wieder.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Benutzeravatar
Sextus Ironicus
Beiträge: 737
Registriert: Mo 13. Nov 2017, 14:04
user title: Normativer Minimalismus
Wohnort: Südwest

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Sextus Ironicus »

Julian hat geschrieben:(23 Dec 2017, 20:29)



Ich finde es schwierig für mich, eine politische Heimat zu finden.
Braucht auch kein Mensch. Sobald man sich darauf einlässt, ist alle Freiheit im Kopf weg, man verinnerlicht eine Sklavenmoral, egal ob man nun in der hypermoralischen, der hyperautoritären oder hyperglobalisierungstechnischen Höhle sitzt. Der Verstand, die Urteilskraft, die Skepsis, die Freiheit überleben nur in einer überpolitischen Heimat.
… habe ich mich sorgsam bemüht, menschliche Tätigkeiten nicht zu verlachen, nicht zu beklagen und auch nicht zu verdammen, sondern zu begreifen. (Spinoza)
Benutzeravatar
Julian
Beiträge: 9704
Registriert: Di 5. Jan 2016, 00:38

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

Unité 1 hat geschrieben:(23 Dec 2017, 20:47)

Ich soll dir erklären, was du unter Freiheit verstehst? Ernsthaft? :D


Ja, wahnsinnig spannend, dieser xtausendste Beitrag von Julian über Julian. Haste neben der Umvolkung eigentlich noch andere Themen als dich?

Ich glaub dir, dass du das glaubst.




Es gibt keine Meinungsverbote. Es gibt keine Debatten über Meinungsverbote. Es gibt aber auch keine Applauspflicht für Faschoscheiß. Damit musste leben lernen.


Wozu auch, wenn Meinungen bald verboten werden sollen? Strick doch lieber was.
Ich fasse deinen Beitrag mal zusammen: Null inhaltliche Auseinandersetzung mit den von mir aufgeworfenen Fragen. Danke fürs Gespräch.
Benutzeravatar
Julian
Beiträge: 9704
Registriert: Di 5. Jan 2016, 00:38

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

Kritikaster hat geschrieben:(23 Dec 2017, 21:00)

Mal davon abgesehen, dass die ständig wiederholte Behauptung eines angeblichen Meinungsverbotes hanebüchener Unsinn ist, entbehrt es nicht einer gewissen Komik, dass Du für Dich offenbar ausschließt, DEINE hier zum Besten gegebenen Ergüsse seien NICHT das Ergebnis von "Indoktrination", nur eben durch andere, DEINE Wahrnehmung steuernde Elemente. :D
Du bestreitest es, dass bestimmte Meinungen in Deutschland strafbar sind, so sie denn geäußert werden?

Man darf hier ja nicht einmal Religionen beschimpfen, wenn dies geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. Was das genau ist - eine Beschimpfung und die Störung des öffentlichen Friedens - entscheiden dann Gerichte, nach völlig willkürlichen Kriterien. Das heißt, unsere Rechtssystem unterstützt religiöse Fanatiker, die sich eine Beleidigung ihrer Religion verbitten ("die Beschimpfung") und damit mit Gewalt reagieren ("den öffentlichen Frieden stören").

Traurig, dass das die Leute nicht einmal mehr merken, so sehr haben sie sich an die Gängelung gewöhnt.
Benutzeravatar
Julian
Beiträge: 9704
Registriert: Di 5. Jan 2016, 00:38

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

Spam entfernt
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17527
Registriert: Do 29. Sep 2016, 15:33

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Selina »

Nö, ich plappere nur keine Bildzeitungs-Überschriften nach, was die DDR anbelangt. Aber Nostalgikerin ganz sicher nicht. Geht gar nicht bei meiner Biografie. Allerdings bezog sich mein Satz überhaupt nicht auf die DDR, sondern auf diese Bemerkung von dir: "Es gab nach dem Zweiten Weltkrieg sicherlich gute Gründe, den Deutschen zu misstrauen und sicherzustellen, dass nationalsozialistische Propaganda nicht mehr möglich ist." Und ich erwiderte, dass es diese "guten Gründe" heute immer noch oder schon wieder gibt. Das hätte ich mir damals zum Beispiel beim besten Willen nicht vorstellen können, dass man mal Angst haben muss, dass rechtsradikales Gedankengut wieder salonfähig wird und sich sogar im Bundestag wiederfinden könnte. War vor paar Jahrzehnten noch undenkbar. Und jetzt sitzen die Typen wahrhaftig im Hohen Haus.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Benutzeravatar
Julian
Beiträge: 9704
Registriert: Di 5. Jan 2016, 00:38

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

Selina hat geschrieben:(23 Dec 2017, 22:06)

Nö, ich plappere nur keine Bildzeitungs-Überschriften nach, was die DDR anbelangt. Aber Nostalgikerin ganz sicher nicht. Geht gar nicht bei meiner Biografie. Allerdings bezog sich mein Satz überhaupt nicht auf die DDR, sondern auf diese Bemerkung von dir: "Es gab nach dem Zweiten Weltkrieg sicherlich gute Gründe, den Deutschen zu misstrauen und sicherzustellen, dass nationalsozialistische Propaganda nicht mehr möglich ist." Und ich erwiderte, dass es diese "guten Gründe" heute immer noch oder schon wieder gibt. Das hätte ich mir damals zum Beispiel beim besten Willen nicht vorstellen können, dass man mal Angst haben muss, dass rechtsradikales Gedankengut wieder salonfähig wird und sich sogar im Bundestag wiederfinden könnte. War vor paar Jahrzehnten noch undenkbar. Und jetzt sitzen die Typen wahrhaftig im Hohen Haus.
Erstens ist deine Gleichsetzung der AfD mit den Nationalsozialisten lachhaft, zweitens glaube ich, dass man in einer reifen Demokratie jede Meinung aushalten muss, auch und gerade dann, wenn sie einem nicht passt. Dieses erzieherische, bevormundende Getue darüber, was gesagt werden darf und was nicht, geht mir auf die Nerven.
Benutzeravatar
Kritikaster
Beiträge: 23725
Registriert: Sa 1. Okt 2016, 00:55
user title: TROLLJÄGER
Wohnort: Unbedeutender, abgelegener Seitenarm der Milchstrasse

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Kritikaster »

Julian hat geschrieben:(23 Dec 2017, 21:51)

Du bestreitest es, dass bestimmte Meinungen in Deutschland strafbar sind, so sie denn geäußert werden?

Man darf hier ja nicht einmal Religionen beschimpfen, wenn dies geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. Was das genau ist - eine Beschimpfung und die Störung des öffentlichen Friedens - entscheiden dann Gerichte, nach völlig willkürlichen Kriterien. Das heißt, unsere Rechtssystem unterstützt religiöse Fanatiker, die sich eine Beleidigung ihrer Religion verbitten ("die Beschimpfung") und damit mit Gewalt reagieren ("den öffentlichen Frieden stören").

Traurig, dass das die Leute nicht einmal mehr merken, so sehr haben sie sich an die Gängelung gewöhnt.
Welch übel Ding, dass Du so etwas hier schreiben darfst, nicht wahr? :D

Aber Du hast recht, dass Du offenbar nicht mehr merkst, was Du so von Dir gibst.
Der am höchsten entwickelte Sinn ist der Unsinn. (Peter E. Schumacher)
Wo der Sinn aufhört, beginnt der Wahnsinn. (Erhard Horst Bellermann)
Charles
Beiträge: 1124
Registriert: Fr 17. Apr 2015, 19:29

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Charles »

Meinungsfreiheit ist doch auch viel mehr, als vom Staat für seine Meinungsäusserungen nicht verfolgt zu werden. Was nutzt es mir, wenn ich zwar vom Staat nicht verfolgt werde, aber unter Polizeischutz leben muss und meinen Job verliere, wenn ich meine Meinung sage?
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17527
Registriert: Do 29. Sep 2016, 15:33

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Selina »

Julian hat geschrieben:(23 Dec 2017, 22:08)

Erstens ist deine Gleichsetzung der AfD mit den Nationalsozialisten lachhaft, zweitens glaube ich, dass man in einer reifen Demokratie jede Meinung aushalten muss, auch und gerade dann, wenn sie einem nicht passt. Dieses erzieherische, bevormundende Getue darüber, was gesagt werden darf und was nicht, geht mir auf die Nerven.
Ja. So what. Wie sagte Unité 1 doch gleich? "Es gibt aber auch keine Applauspflicht für Faschoscheiß." Es gibt eine Art von brauner Argumentation, da passt das Wort "Meinung" beim besten Willen nicht. Das wäre so, als würde man plötzlich zum Stubentiger "Bello" sagen.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
CaptainJack

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von CaptainJack »

Selina hat geschrieben:(23 Dec 2017, 22:06)

Nö, ich plappere nur keine Bildzeitungs-Überschriften nach, was die DDR anbelangt. Aber Nostalgikerin ganz sicher nicht. Geht gar nicht bei meiner Biografie. Allerdings bezog sich mein Satz überhaupt nicht auf die DDR, sondern auf diese Bemerkung von dir: "Es gab nach dem Zweiten Weltkrieg sicherlich gute Gründe, den Deutschen zu misstrauen und sicherzustellen, dass nationalsozialistische Propaganda nicht mehr möglich ist." Und ich erwiderte, dass es diese "guten Gründe" heute immer noch oder schon wieder gibt. Das hätte ich mir damals zum Beispiel beim besten Willen nicht vorstellen können, dass man mal Angst haben muss, dass rechtsradikales Gedankengut wieder salonfähig wird und sich sogar im Bundestag wiederfinden könnte. War vor paar Jahrzehnten noch undenkbar. Und jetzt sitzen die Typen wahrhaftig im Hohen Haus.
Die sind eben nicht rechtsradikal. Die offizielle Bezeichnung (auch der gegnerischen Politiker) ist i.d.R. allerhöchstens "rechtspopulistisch". Was soll also dein ewiges Gegacker? Immerhin sind wir hier in einem Politikforum, wo wenigstens ein paar eine seriöse Kommunikation führen wollen. Mich aufblähen kann ich an den Stammtischen.
Benutzeravatar
Watchful_Eye
Beiträge: 3129
Registriert: Sa 7. Jun 2008, 12:13
Kontaktdaten:

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Watchful_Eye »

Julians Einteilung in jene 5 Punkte gefällt mir, muss ich sagen. Aber ich kann nicht allem zustimmen:
Julian hat geschrieben:(23 Dec 2017, 20:29)
1. Meinungs- und Pressefreiheit als Recht gegen den Staat
[...]Ein Beispiel wäre, dass ich Begriffe wie "Hetze", mit der eine Strafverfolgung begründet wird, sehr kritisch sehe. [...]
Ich bin auch für eine weite Auslegung der Redefreiheit, muss aber auch sagen, dass es Grenzen gibt. Bestimmten Völkern die Pest an den Hals zu wünschen o.ä. sollte schon strafbar sein.
Julian hat geschrieben:(23 Dec 2017, 20:29)
2. Meinungs- und Pressefreiheit als Recht gegen andere
[...] Der Staat hat die Aufgabe, diese Meinung nicht nur zu erlauben, sondern auch denjenigen, der sie äußert, zu schützen und ihm die Meinungsäußerung zu ermöglichen. [...]
Hier stimme ich zu. Ich verstehe, wenn man es z.B. bei Rechtsradikalen als problematisch empfindet, wenn man sie offen sprechen lässt, aber umgedreht heißt das, dass man andernfalls jedem Menschen die Redefreiheit einschränken kann, sofern man die nötigen Mittel zum Krawall hat. Haben die Rechten bei Merkel ja zum Beispiel auch teilweise gemacht - oder die Linken bei Lindner in Bochum. Gelegtliche Zwischenrufe sind meines Erachtens okay, allerdings keine Störungen mit dem Ziel, eine Veranstaltung dauerhaft unhörbar oder durch Lärm unerträglich zu machen. Das kanns nicht sein.
Julian hat geschrieben:(23 Dec 2017, 20:29)
3. Anstand
Nicht alles, was von der Meinungsfreiheit gemäß 1. und 2. gedeckt ist, halte ich für anständig. Deswegen kann es durchaus sein, dass ich äußere: Das sollte man so aber nicht äußern. [...] Ich würde die Leute aber nicht mit strafrechtlichen Maßnahmen davon abhalten, das zu tun.
Wie gesagt, das Drohen mit strafrechtlichen Maßnahmen würde ich nach Möglichkeit auch vermeiden, aber in Extremfällen kann es schon nötig sein.
Julian hat geschrieben:(23 Dec 2017, 20:29)
4. Die eigene Meinung
[...]Häufig wird mir vorgeworfen, eine bestimmte Meinung, für deren legale Äußerung ich eintrete, auch selbst zu vertreten.[...]
Das habe ich früher tatsächlich auch schon erlebt. Ich habe vor einigen Jahren mal - auch hier im Forum - die Meinung vertreten, die Leugnung des Holocaust sollte, obwohl es zweifellos eine falsche und überaus geschmacklose Äußerung ist, nicht pauschal verboten sein. Es könne meiner Ansicht nach nämlich theoretisch durchaus sein, dass jemand an dieser Stelle einer dummen Verschwörungstheorie aufgesessen ist, aber diese nicht in hetzerischer Absicht vertritt. Zwar kann man sagen, dass es eigentlich klar sein sollte, dass der Holocaust stattgefunden hat - aber es gibt ja auch Leute, die an Chemtrails oder Reptiloiden glauben. Inzwischen bin ich da skeptisch geworden, weil ich eingesehen habe, dass die Symbolwirkung der Aufhebung eines solchen Verbots in der heutigen Zeit überaus problematisch wäre. Was mich damals allerdings sehr geärgert hat, ist, dass mir, als ich diese Position im Piraten-Forum diskutiert hatte, viele unterstellten, ich sei in Wahrheit selbst ein Holocaustleugner und einer von jenen, die die Piraten von Rechts unterwandern wollten. Das ist völliger Quatsch, und ihr habt alle mein Ehrenwort, dass ich den Holocaust nicht anzweifle und mich jederzeit für einen Ban aus diesem Forum aussprechen würde, wenn es jemand tut.
Julian hat geschrieben:(23 Dec 2017, 20:29)5. Öffentliche Finanzierung
Eine ganz andere Frage ist es, wenn ein Medium (oder ein Kunstwerk) öffentlich finanziert werden soll, über Steuern oder über Gebühren. [...]
Da stimme ich zu. Es sollte stets unzweifelhaft sein, dass sich diese Kunstwerke etc. im Einklang mit dem Grundgesetz befinden.
"In a world where I feel so small, I can't stop thinking big." (Rush - Caravan)
Benutzeravatar
Julian
Beiträge: 9704
Registriert: Di 5. Jan 2016, 00:38

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

Selina hat geschrieben:(23 Dec 2017, 22:13)

Ja. So what. Wie sagte Unité 1 doch gleich? "Es gibt aber auch keine Applauspflicht für Faschoscheiß." Es gibt eine Art von brauner Argumentation, da passt das Wort "Meinung" beim besten Willen nicht. Das wäre so, als würde man plötzlich zum Stubentiger "Bello" sagen.
"Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda", "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen" - und was Naziproganda oder Faschismus ist, entscheidend die allwissende Antifa oder die Partei. Warum bin ich da nicht gleich darauf gekommen?

Merk dir eins: Bei Meinungsfreiheit geht es immer darum, dass man Menschen mit anderer Meinung duldet, nicht der eigenen. Ist das so schwer zu verstehen? Heute mag es die Meinung von XY sein, die verboten ist, morgen vielleicht die deinige.

Und immer wird es eine saubere Begründung geben, und Juristen, die entsprechende Gesetze ausarbeiten und interpretieren. Es wird immer für das Gute geschehen und immer gegen das Böse, ganz wie bei Herrn Maas. Auch Islamisten meinen es nur gut mit dir, oder zumindest mit deiner Seele, die man davor beschützen muss, Mohammed weiter beleidigen zu können.
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17527
Registriert: Do 29. Sep 2016, 15:33

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Selina »

Julian hat geschrieben:(23 Dec 2017, 22:22)

"Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda", "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen" - und was Naziproganda oder Faschismus ist, entscheidend die allwissende Antifa oder die Partei. Warum bin ich da nicht gleich darauf gekommen?

Merk dir eins: Bei Meinungsfreiheit geht es immer darum, dass man Menschen mit anderer Meinung duldet, nicht der eigenen. Ist das so schwer zu verstehen? Heute mag es die Meinung von XY sein, die verboten ist, morgen vielleicht die deinige.

Und immer wird es eine saubere Begründung geben, und Juristen, die entsprechende Gesetze ausarbeiten und interpretieren. Es wird immer für das Gute geschehen und immer gegen das Böse, ganz wie bei Herrn Maas. Auch Islamisten meinen es nur gut mit dir, oder zumindest mit deiner Seele, die man davor beschützen muss, Mohammed weiter beleidigen zu können.
Ich weiß nicht, was du hast, du kannst doch alles sagen, was du willst. Keiner verbietet deine Worte, niemand fällt dir in den Arm. Also alles bestens. Und wenn ich von bräunlichen Tönen im Bundestag und in den Landtagen rede, dann dürfen die betreffenden Herrschaften doch auch alle reden, was ihnen so in den Sinn kommt. Keiner fällt ihnen in den Arm. Alles wunderbar. Die Freiheit der Rede ist nicht eingeschränkt. Aber ich muss es doch nicht gut finden so ganz für mich persönlich. Im Gegenteil: Ich krieg da immer das Kotzen.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Benutzeravatar
Progressiver
Beiträge: 2656
Registriert: So 1. Apr 2012, 00:37
Wohnort: Baden-Württemberg

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Progressiver »

Polibu hat geschrieben:(23 Dec 2017, 21:08)

In Amerika gibt es Meinungsfreiheit. Hier in Deutschland gibt es nur ein abgespeckte Version. Absolut nicht gleichwertig. Die Meinungsfreiheit in Deutschland ist von schlechterer Qualität.
In den USA gibt es auch den Begriff hate speech, was in etwa ein Äquivalent zur deutschen Volksverhetzung darstellt. Ich würde da trotzdem nicht gerne leben wollen. Dank der laschen Waffengesetze und der hohen Kriminalitätsrate führen die Amerikaner ein weniger stressfreies Leben.
"Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum." Friedrich Nietzsche

"Wer nur einen Hammer als Werkzeug hat, dem wird bald jedes Problem zum Nagel."
Benutzeravatar
Watchful_Eye
Beiträge: 3129
Registriert: Sa 7. Jun 2008, 12:13
Kontaktdaten:

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Watchful_Eye »

Julian hat geschrieben:(23 Dec 2017, 22:22)
"Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda", "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen" - und was Naziproganda oder Faschismus ist, entscheidend die allwissende Antifa oder die Partei. Warum bin ich da nicht gleich darauf gekommen?
Du sagst:
3. Anstand
Nicht alles, was von der Meinungsfreiheit gemäß 1. und 2. gedeckt ist, halte ich für anständig. Deswegen kann es durchaus sein, dass ich äußere: Das sollte man so aber nicht äußern. Damit meine ich nicht, dass eine Äußerung strafrechtlich verfolgt werden sollte, sondern nur, dass ich sie nicht für anständig halte und die Leute dazu aufrufe, so etwas nicht zu äußern. Ich würde die Leute aber nicht mit strafrechtlichen Maßnahmen davon abhalten, das zu tun.
Die Aussage "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen" fällt explizit unter diese Kategorie. Diese Menschen sind der Meinung, dass faschistische Meinungen - was auch immer sie damit meinen - nicht unter die Meinungsfreiheit fallen sollten. Wenn Faschisten faschistisch sein dürfen, dürfen die das doch auch, oder? ;)
"In a world where I feel so small, I can't stop thinking big." (Rush - Caravan)
Charles
Beiträge: 1124
Registriert: Fr 17. Apr 2015, 19:29

Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Charles »

Watchful_Eye hat geschrieben:(23 Dec 2017, 22:21)
Ich habe vor einigen Jahren mal - auch hier im Forum - die Meinung vertreten, die Leugnung des Holocaust sollte, obwohl es zweifellos eine falsche und überaus geschmacklose Äußerung ist, nicht pauschal verboten sein. Es könne meiner Ansicht nach nämlich theoretisch durchaus sein, dass jemand an dieser Stelle einer dummen Verschwörungstheorie aufgesessen ist, aber diese nicht in hetzerischer Absicht vertritt. Zwar kann man sagen, dass es eigentlich klar sein sollte, dass der Holocaust stattgefunden hat - aber es gibt ja auch Leute, die an Chemtrails oder Reptiloiden glauben.
Selbst wenn jemand in "hetzerischer Absicht" den Holocaust leugnen würde, wäre ich dagegen, dass es strafbar ist. Verbote irgendetwas zu leugnen erinnern mich an das finsterste Mittelalter, wo die Autoritäten irgendwelche ultimativen Wahrheiten und Dogmen per Gesetz festgelgt haben, die man nicht anzweifeln durfte, sonst landete man als "Ketzer" auf dem Scheiterhaufen. Grundsätzlich sollte man alles leugnen dürfen, von der Mondlandung über die runde Erdform bis zum Holocaust und der Existenz Gottes.

Ich denke auch, mit dem Verbot einer Leugnung des Holocaust erreicht man in Wirklichkeit genau das Gegenteil von dem, was man behauptet mit dem Verbot erreichen zu wollen.
Gesperrt