Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

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Fliege
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Fliege »

MäckIntaier hat geschrieben:(22 Nov 2018, 15:01)
Während hier unzählige Stränge über den Islam laufen, schafft es Religion auch anderswo, die Gemüter zu erhitzen. Im vorliegenden, unten verlinkten Fall, haben Bewohner einer Andameninsel einen Versuch, sie zu missionieren, gewaltsam beendet. Liest man den Artikel ("Fisch und Fußball als Geschenke") erinnert das sicher manchen an etwas.

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/a ... 39839.html

Aber wie bewerten wir eigentlich aus ethischer Sicht das Verhalten der Andamaner? Hatten die ein Recht, den Missionar zu töten? Hatten sie es nicht? Was denken Sie? Und wenn nun einer kommt und ihnen Demokratie und Humanismus beibringen wollte?
Eine schöne Threaderöffnung mit einem Thema, das perfekt in einen Ethik-Bereich passen würde.
Danke und weiter so. :-)
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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Fliege
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Fliege »

aleph hat geschrieben:(22 Nov 2018, 18:36)
ethisch: natürlich ist es ethisch verwerflich, diesen menschen zu töten. er war ja unbewaffnet, kein grund, ihn zu töten.
Wäre die von dir vertretene These "natürlich", wärst du Vertreter einer Naturrechtsauffassung, wonach überpositive Maßstäbe gelten. Falls du keine Naturrechtsauffassung vertreten möchtest, müsstest du eine andere Quelle für ethische Bestimmungen benennen.
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Stoner

Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Stoner »

JJazzGold hat geschrieben:(25 Nov 2018, 17:05)

Ja, das entspricht meinem Gedankengang. Inwieweit sind wir gewillt, oder fühlen uns verpflichtet unsere Einstellung einer anderen Welt missionierend, oder mit Gewalt, wobei man beides nicht sauber trennen kann, über zu stülpen.
Das Problem ist aber grundsätzliher und betrifft unsere Ethik. Da das überpositive Recht dem positiven Recht als Legitimitätsquelle dient, gilt es gleichzeitig auch als Korrektiv des letzteren. Daher unterliegt in dieser Sicht im Zweifelsfall, wie wir ihn hier haben, das Recht der Andamaner dem Korrektiv durchs überpositive Recht, weil zum Beispiel die Menschenrechte daraus begründet werden, denn nur so lässt sich ja ihre Universalität auch überhaupt begründen. Sonst könnten Staaten ja hergehen und sich auf ihre Verfassung berufen, die abweichende Auffassungen über Teile oder die gesamten Menschenrechte enthält. In einer so begründeten Ethik kann die handlung der Andamaner kein Recht sein. Wer also die Prämisse vom überpositiven Recht setzt, kann die Tötung des Missionars nicht für rechtens erklären. Was allerdings nichts darüber aussagt, zu welchen Konsequenzen die Tat nun führen soll. Daher auch der Einwand gegen meine Position, wonach ich einen moralischen oder ethischen Relativismus vertrete, weil diese Position mit einem aus dem Naturrecht abgeleiteten Universalismus (das ist der freundliche Begriff) oder Absolutismus (das ist der weniger freundliche Begriff) nicht vereinbar ist und nur unter der Relativismus-Prämisse funktioniert.
van Kessel

Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von van Kessel »

Hey "MäckIntaier"](25 Nov 2018, 17:24)
Das ist Politik, nicht Ethik.
Vive la difference! Man kann die ungeheuer wichtigen Probleme dieser Welt durch die Ethik oder ganz simpel mit Politik erklären.

Eine Diskussion über die Anzahl von Engeln auf einer Kirchturmspitze, mag recht reizvoll sein für Hirne, welche der Demenz entgegentaumeln, bringt aber nicht wirklich einen Zugewinn.
Stoner

Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Stoner »

van Kessel hat geschrieben:(25 Nov 2018, 22:08)

Hey "MäckIntaier"](25 Nov 2018, 17:24)
Vive la difference! Man kann die ungeheuer wichtigen Probleme dieser Welt durch die Ethik oder ganz simpel mit Politik erklären.

Eine Diskussion über die Anzahl von Engeln auf einer Kirchturmspitze, mag recht reizvoll sein für Hirne, welche der Demenz entgegentaumeln, bringt aber nicht wirklich einen Zugewinn.
Gut. Wir sagen also dann beispielsweise: Ein Auto, das fährt, ohne dass einer es lenkt, fährt von selbst. Wenn das funktioniert, erlauben wir es, dann steigen die Leute ein, und das Auto fährt. Dann haben wir das politisch geklärt und alle sind glücklich und alle Fragen beantwortet.

Es ist nur so: Die Frage nach dem toten Missionar kann man natürlich politisch beantworten, nur hier sieht man vielleicht, dass sich an das Ereignis auch bestimmte ethische Frage knüpfen. Durften die das denn? Was sagen wir dazu? Wenn sie es nicht durften, warum eigentlich nicht? Oder warum doch? Und dann tauchen ein paar demenztaumelnde Hirnler auf und versuchen, eine Antwort auf die Frage zu finden. Obwohl doch politisch alles klar. Und Politik, wie alle wissen, ist völlig grund-los, freischwebend, frei nach dem Motto: In einem gesunden Hirn wohnt ein gesunder politischer Geist, den diese Ethik-Engel auf der Kirchturmspitze nichts angehen. Das kann man glauben. Aber warum sollte man es glauben?
van Kessel

Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von van Kessel »

Hey "MäckIntaier"](25 Nov 2018, 22:52)
Gut. Wir sagen also dann beispielsweise: Ein Auto, das fährt, ohne dass einer es lenkt, fährt von selbst. Wenn das funktioniert, erlauben wir es, dann steigen die Leute ein, und das Auto fährt. Dann haben wir das politisch geklärt und alle sind glücklich und alle Fragen beantwortet.
als Ethiker müsstest du erst einmal die Notwendigkeit eines Automobiles erklären.
Es ist nur so: Die Frage nach dem toten Missionar kann man natürlich politisch beantworten, nur hier sieht man vielleicht, dass sich an das Ereignis auch bestimmte ethische Frage knüpfen. Durften die das denn? Was sagen wir dazu? Wenn sie es nicht durften, warum eigentlich nicht? Oder warum doch?
dürfen..? Wenn du es ethisch siehst, kommst du auf keinen grünen Zweig. Politisch ist es schon klarer durch eine Gesetzgebung.
Und dann tauchen ein paar demenztaumelnde Hirnler auf und versuchen, eine Antwort auf die Frage zu finden. Obwohl doch politisch alles klar. Und Politik, wie alle wissen, ist völlig grund-los, freischwebend, frei nach dem Motto: In einem gesunden Hirn wohnt ein gesunder politischer Geist, den diese Ethik-Engel auf der Kirchturmspitze nichts angehen. Das kann man glauben. Aber warum sollte man es glauben?
weil auch taumelnde Demenzhirne sich der politischen Realität beugen müssen.

Wäre denn die Frage warum sich deutsche Soldaten in Afghanistan herumtreiben auch eine ethische oder doch eine politische Frage? Denn was dem einen sein Missionar auf einer Adamaneninsel, ist dem anderen sein Soldat in Afghanistan, oder?

Politik, bekanntlich die Kunst des Möglichen scheint klarer als Ethik, welche mir als Kunst der Selbstbefriedigung erscheint. Wer hat je nach einem kategorischen Imperativ gelebt, wenn es keinen Vorteil brachte? Bringen wir den Pudel zum Gassigeh'n.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Zunder »

PeterK hat geschrieben:(25 Nov 2018, 16:57)

Du bemühtest das "Kriegsvölkerrecht". Vielleicht magst Du einem Laien wie mir erklären, inwiefern das "Kriegsvölkerrecht" in diesem Fall greifen könnte? Soweit ich weiß, war der "Missionar" nicht in der Situation, ein Volk oder einen Staat zu vertreten.
Was interessiert das die Sentinelesen?

Du behauptest
Kein Mensch hat das "Recht", einen Menschen zu töten; auch dann nicht, wenn er meint, sein Handeln sei natürlich.
und berufst dich auf ein übernatürliches Recht und "unsere" Ethik.

Tatsache ist, daß auch "unsere" Ethik die Tötung legitimiert:

"320. Den Personen mit Kombattantenstatus ist im bewaffneten Konflikt die Bekämpfung rechtmäßiger militärischer Ziele gestattet. Dies bedeutet die Befugnis zur Verletzung oder Tötung von Personen (gegnerische Kombattanten und Zivilpersonen, die ohne dazu berechtigt zu sein, unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen, 5 51 Abs. 3) sowie zur Beschädigung, Neutralisierung oder Zerstörung von Objekten, die als militärisches Ziel einzuordnen sind (5 52 Abs. 2 Satz 2, siehe auch Kapitel 4, Nrn. 407 ff.).
Handbuch für Soldatinnen und Soldaten und zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in allen Führungsebenen

Wenn selbst in hochzivilisierten Ländern die Tötung von Personen, die Feindseligkeiten begehen, legitim ist, gibt es keinen vernünftigen Grund, dieses Recht Naturvölkern abzusprechen. Das wäre purer Rassenchauvinismus.

Ob sich das Eindringen des Missionars als kriegerische Handlung darstellt, entscheidet doch nicht der Aggressor, sondern das angegriffene Volk.
Nachdem sie ihn ein Mal schon vertrieben hatten und er trotzdem wieder eingedrungen ist, brauchten die Sentinelesen an der feindseligen Haltung wohl kaum zu zweifeln. Aus dem ius ad bellum folgt das ius in bello.

Wenn man bedenkt, wie vor 75 Jahren die Deutschen Krieg geführt haben, ist diese Arroganz, Naturvölkern aus angeblich ethischen Gründen das Recht auf selbstbestimmter Gefahrenabwehr abzusprechen, geradezu grotesk.
Stoner

Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Stoner »

van Kessel hat geschrieben:(25 Nov 2018, 23:49)

Hey "MäckIntaier"](25 Nov 2018, 22:52)
als Ethiker müsstest du erst einmal die Notwendigkeit eines Automobiles erklären.dürfen..? Wenn du es ethisch siehst, kommst du auf keinen grünen Zweig. Politisch ist es schon klarer durch eine Gesetzgebung.weil auch taumelnde Demenzhirne sich der politischen Realität beugen müssen.
Politik trifft Entscheidungen natürlich nach Interessenslage, also werden beispielsweise wirtschaftliche Interessen eine Rolle spielen. Das findet aber nicht in einem ethischen Vakuum statt, darum geht es doch.

https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Press ... ssion.html

Oder: Die Politik kann regeln, ob Abtreibung erlaubt oder verboten ist. Sie würde das ohne ethische Überlegungen nur in einem Willkürakt vollziehen können. Gleiches gilt für Sterbehilfe, wo man sich sogar fragen könnte: Was um alles in der Welt haben sich Politiker um den selbstbestimmten Tod von Menschen zu scheren? Wie sollte ein Strafrecht ohne ethische Überlegungen funktionieren? Einfach politisch entscheiden, ob der Kopf abgeschlagen wird oder ob ein Täter eine milde Ermahnung bekommt? Deshalb schrieb ich, dass Politik nicht freischwebend ist, sondern immer eine Grundlage hat.
van Kessel hat geschrieben:(25 Nov 2018, 23:49)
Wäre denn die Frage warum sich deutsche Soldaten in Afghanistan herumtreiben auch eine ethische oder doch eine politische Frage? Denn was dem einen sein Missionar auf einer Adamaneninsel, ist dem anderen sein Soldat in Afghanistan, oder?
Die Entscheidung, Soldaten dorthin zu schicken, ist letztlich eine politische und (völker)rechtliche. Aber auch Recht schwebt nicht frei sondern steht in einem Wechselverhältnis mit der Ethik. Denn die Frage, was wollen wir in Afghanistan erreichen und welche Mittel sind angemessen - was sollte das letztlich anderes sein als eine ethische Frage?
van Kessel hat geschrieben:(25 Nov 2018, 23:49)
Politik, bekanntlich die Kunst des Möglichen scheint klarer als Ethik, welche mir als Kunst der Selbstbefriedigung erscheint. Wer hat je nach einem kategorischen Imperativ gelebt, wenn es keinen Vorteil brachte? Bringen wir den Pudel zum Gassigeh'n.
Ethik als Selbstbefriedigung, nun ja. Um noch einmal einen Gedanken von oben aufzunehmen: Wenn Sie 20 Jahre vom Hals ab gelähmt im Bett liegen, hätten Sie vielleicht nur noch einen Wunsch, nämlich zu sterben. Dann würden Sie feststellen, dass die Politik sie daran hindert, wenn Sie nicht genügend Geld haben, in die Schweiz zu fahren. Da hätte Ihnen die Kunst des Möglichen, also in diesem Falle dessen, was sein kann, weil Politik es sein machen kann, dann einen Strich durch die Rechnung gemacht und Ihnen das Unmögliche schmerzhaft vor Augen geführt. Keine Frage der Ethik? Liegt der Gelähmte dann selbstbefriedigend im Bett? Sie sollten das nochmal überdenken. Kants Ethik ist übrigens nur eine, der kategorische Imperativ nur der bekannteste Satz der Ethik. Aber kein Mensch muss Kant folgen, und trotzdem gibt es Ethik.

Der Fall des Missionars hat also ein paar Dimensionen als nur eine politische. Wie man sieht an der Diskussion, gibt es da ganz unterschiedliche ethische Selbstverständnisse, und diese unterschiedlichen Selbstverständnisse haben auch Auswirkungen auf Recht und Politik.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von PeterK »

Zunder hat geschrieben:(26 Nov 2018, 01:19)

Was interessiert das die Sentinelesen?

Du behauptest
Kein Mensch hat das "Recht", einen Menschen zu töten; auch dann nicht, wenn er meint, sein Handeln sei natürlich.
und berufst dich auf ein übernatürliches Recht und "unsere" Ethik.

Tatsache ist, daß auch "unsere" Ethik die Tötung legitimiert:

"320. Den Personen mit Kombattantenstatus ist im bewaffneten Konflikt die Bekämpfung rechtmäßiger militärischer Ziele gestattet. Dies bedeutet die Befugnis zur Verletzung oder Tötung von Personen (gegnerische Kombattanten und Zivilpersonen, die ohne dazu berechtigt zu sein, unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen, 5 51 Abs. 3) sowie zur Beschädigung, Neutralisierung oder Zerstörung von Objekten, die als militärisches Ziel einzuordnen sind (5 52 Abs. 2 Satz 2, siehe auch Kapitel 4, Nrn. 407 ff.).
Handbuch für Soldatinnen und Soldaten und zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in allen Führungsebenen

Wenn selbst in hochzivilisierten Ländern die Tötung von Personen, die Feindseligkeiten begehen, legitim ist, gibt es keinen vernünftigen Grund, dieses Recht Naturvölkern abzusprechen. Das wäre purer Rassenchauvinismus.
Erstens: Ich schrieb von überpositivem Recht, nicht von übernatürlichem Recht (gibt's das?).

Zweitens: Wie oben schon dargestellt, besteht ein Unterschied zwischen einem Recht, das jemand hat, und einem Rechtfertigungsgrund, den er bemühen kann. Mir scheint, dass Du die beiden Begriffe nicht auseinanderhältst.
van Kessel

Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von van Kessel »

Hey "MäckIntaier"](26 Nov 2018, 08:28)
Oder: Die Politik kann regeln, ob Abtreibung erlaubt oder verboten ist. Sie würde das ohne ethische Überlegungen nur in einem Willkürakt vollziehen können.
eben. Es muss noch nicht einmal Willkür sein, sondern lediglich Anwendung des Mandates der Macht. Ich halte ethische Überlegungen deshalb für 'Selbstbefriedigung', weil mit ethischen Erwägungen jede Machtanwendung ausgehebelt werden kann.

Ist es ethisch, einen Missionar auf eine Insel mit Kannibalen oder 'Mördern' zu lassen? Nein, deshalb gilt das Primat des Gesetzes - der Macht -.
Gleiches gilt für Sterbehilfe, wo man sich sogar fragen könnte: Was um alles in der Welt haben sich Politiker um den selbstbestimmten Tod von Menschen zu scheren?
ist es eine ethische Entscheidung oder vielmehr der Machtanspruch, etwas erlauben zu können oder nicht?
Wie sollte ein Strafrecht ohne ethische Überlegungen funktionieren?
was gedacht werden kann, kann auch in Gesetze gegossen werden. Ist ein Tier unethisch, wenn es eine Beute schlägt? Sicherlich nicht, werden wir sagen, aber bei dem Menschen machen wir (trotz seines Raubtiercharakters) eine Ausnahme und meinen er könne ethisch handeln. Ich denke die Ethik kommt dann ins Spiel, wenn man einen Machtanspruch mit anderen Mitteln rechtfertigen will.
Einfach politisch entscheiden, ob der Kopf abgeschlagen wird oder ob ein Täter eine milde Ermahnung bekommt? Deshalb schrieb ich, dass Politik nicht freischwebend ist, sondern immer eine Grundlage hat.
Politik (Macht, was ja von Mandat (Mandas) kommt) hat erkannt, dass es einen Teil seiner selbst aufgeben muss, um das Ganze zu bekommen. Die Grundlage (Gesetze) welche du wohl meinst, sind Zugeständnisse, selten Einsichten.
Die Entscheidung, Soldaten dorthin zu schicken, ist letztlich eine politische und (völker)rechtliche. Aber auch Recht schwebt nicht frei sondern steht in einem Wechselverhältnis mit der Ethik. Denn die Frage, was wollen wir in Afghanistan erreichen und welche Mittel sind angemessen - was sollte das letztlich anderes sein als eine ethische Frage?
ich wüsste da viele Antworten, weshalb 'man' in Afghanistan mit den großen Hunden unbedingt pinkeln wollte; aber führt zu weit vom Thema.
Ethik als Selbstbefriedigung, nun ja. Um noch einmal einen Gedanken von oben aufzunehmen: Wenn Sie 20 Jahre vom Hals ab gelähmt im Bett liegen, hätten Sie vielleicht nur noch einen Wunsch, nämlich zu sterben. Dann würden Sie feststellen, dass die Politik sie daran hindert, wenn Sie nicht genügend Geld haben, in die Schweiz zu fahren. Da hätte Ihnen die Kunst des Möglichen, also in diesem Falle dessen, was sein kann, weil Politik es sein machen kann, dann einen Strich durch die Rechnung gemacht und Ihnen das Unmögliche schmerzhaft vor Augen geführt. Keine Frage der Ethik? Liegt der Gelähmte dann selbstbefriedigend im Bett? Sie sollten das nochmal überdenken. Kants Ethik ist übrigens nur eine, der kategorische Imperativ nur der bekannteste Satz der Ethik. Aber kein Mensch muss Kant folgen, und trotzdem gibt es Ethik.
Ein Schicksal kann kaum mit Ethik bewältigt werden. Hat ein Koma-Patient noch eine Ethik, dies wäre ja die Erhöhung der Geschichte vom Gelähmten?
Der Fall des Missionars hat also ein paar Dimensionen als nur eine politische. Wie man sieht an der Diskussion, gibt es da ganz unterschiedliche ethische Selbstverständnisse, und diese unterschiedlichen Selbstverständnisse haben auch Auswirkungen auf Recht und Politik.
sehe ich nicht so, denn ein Verbot etwas zu tun (in diesem Fall das Betreten einer Insel) hat keine ethischen Implikationen, sondern nur eine klare Anweisung.
An keiner Brücke oder Hochhaus steht ein Schild: "es ist ethisch nicht vertretbar, hier herunterzuspringen". Die Menschen machen es trotzdem ab und an. Da ist der Tod die Konsequenz eines Handelns; nicht anders als bei einem Bekehrer im Indischen Ozean welcher verbotenes Land betrat.

Ethik als moralisches Handeln camoufliert eher die Intentionen der(des)-jenigen, welche sich Macht anmaßen oder ausüben. "Aber ich liebe euch doch alle", meinte E.Mielke.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von PeterK »

van Kessel hat geschrieben:(26 Nov 2018, 17:08)
Ist ein Tier unethisch, wenn es eine Beute schlägt? Sicherlich nicht, werden wir sagen, aber bei dem Menschen machen wir (trotz seines Raubtiercharakters) eine Ausnahme und meinen er könne ethisch handeln.
Dass er es kann (wenn wir "ethisch" im Sinne von "auf einer Ethik basierend" verstehen), ist IMO kaum zu bezweifeln.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von BlueMonday »

Ethik ist die Disziplin, die sich mit Moralen beschäftigt. Normativ oder rein beschreibend.
Um das mal sauberer darzustellen.
So gesehen reflektiert der beschreibende Ethiker über etwas, das unbewusst im Handeln bereits vorhanden ist. Er macht das Unbewusste bewusst, hinterfragt es, vergleicht es, stellt es neben denkbare Alternativen, bewegt sich ins Kontrafaktische hinaus.

"Du sollst nicht töten" ist eine weit verbreitete Moral oder zumindest ein Partikel weit verbreiteter Moralen.
Der Ethiker oder Moralwissenschaftler fragt dann vielleicht: In jedem Fall? Was, wenn... man eine Gefahr abwenden will und dies nur kann, indem man tötet.
Sollte es Ausnahmen geben? Welchen Grund kann es dafür geben usw. Ethik ist Reflexion.

Und sicherlich kann Reflexion wirkmächtig werden, kann Menschen in ihren Handeln beeinflussen. Das ist ja geradezu der Sinn geäußerter ethischer Überlegungen, also praktisch zu werden.
Der Übergang in das Politische ist fließend. Politik findet in einer bestimmten Konstellation statt. Moralen treffen hier aufeinander, suchen den Kompromiss, die Schnittmenge, das kleinste Übel usw. Eine metaethische Ebene gibt es dann allenfalls in Gestalt irgendwelcher übergeordneten Gerichte. Politik findet vor allem im Rahmen eines Gewaltmonopols statt, um dessen Einsatz letztlich gerungen wird, also wer die Gewalten walten lassen darf. Das ist die staatliche Moral sozusagen, dass nicht jedermann gewaltsam werden darf, um seine Interessen und Moralvorstellungen durchzusetzen. Stattdessen muss ein ein langwieriges politisches Verfahren durchlaufen werden bis zum beschlossenen "Gesetz": Die fixierte, allgemeinverbindliche Norm oder Moralregel.

Ethik geht darüber hinaus, reflektiert auch den Staat, das politische Mittel, das politische Verfahren, das Gewaltmonopol, die Gewalt, die die erste Regel(Staatsverfassung) setzt. Ethik kann also durchaus die Legitimität des Staates als solches infragestellen, als Hebelpunkt für eine außerstaatliche Bewegung, für eine Revolution.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von PeterK »

BlueMonday hat geschrieben:(26 Nov 2018, 20:44)
...
Interessant. Und wie beantwortest Du den Eingangspost des Threads?

Zur Erinnerung:
MäckIntaier hat geschrieben:(22 Nov 2018, 15:01)
Aber wie bewerten wir eigentlich aus ethischer Sicht das Verhalten der Andamaner? Hatten die ein Recht, den Missionar zu töten?
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Milady de Winter »

Mein persönlicher moralischer Kompass sagt mir, dass sie nicht das Recht hatten, ihn zu töten, denn er hat sie nicht angegriffen oder Gewalt gegen sie angewendet. Sie hätten sich seiner ggf. anderweitig entledigen können. Aber Mitleid empfinde ich ehrlich gesagt auch nicht wirklich. Andere Länder, andere Sitten. Und wer sich in Gefahr begibt, kommt (tendenziell) darin um. 5 Euro ins Phrasenschwein, aber so sehe ich das.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Misterfritz »

Milady de Winter hat geschrieben:(26 Nov 2018, 21:08)

Mein persönlicher moralischer Kompass sagt mir, dass sie nicht das Recht hatten, ihn zu töten, denn er hat sie nicht angegriffen oder Gewalt gegen sie angewendet. Sie hätten sich seiner ggf. anderweitig entledigen können. Aber Mitleid empfinde ich ehrlich gesagt auch nicht wirklich. Andere Länder, andere Sitten. Und wer sich in Gefahr begibt, kommt (tendenziell) darin um. 5 Euro ins Phrasenschwein, aber so sehe ich das.
OK, nach unseren westlichen Moralvorstellungen hast Du Recht.
Aber, wir kennen die Moralvorstellungen dieses kleinen Völkchens nicht. Und warum sollten unsere Moralvorstellungen besser sein als deren? Zumal sie auf einer kleinen Insel leben, nicht auf die Idee kommen, ihre Vorstellungen weltweit verbreiten zu wollen?
Es besteht ein Verbot für allen anderen Menschen, diese Insel zu betreten - von daher, selbst Schuld.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Milady de Winter »

Misterfritz hat geschrieben:(26 Nov 2018, 22:17)

OK, nach unseren westlichen Moralvorstellungen hast Du Recht.
Aber, wir kennen die Moralvorstellungen dieses kleinen Völkchens nicht. Und warum sollten unsere Moralvorstellungen besser sein als deren? Zumal sie auf einer kleinen Insel leben, nicht auf die Idee kommen, ihre Vorstellungen weltweit verbreiten zu wollen?
Es besteht ein Verbot für allen anderen Menschen, diese Insel zu betreten - von daher, selbst Schuld.
Sag ich ja. Ich sage nicht, dass meine Moralvorstellungen besser sind. Es ging ja darum, wie WIR das sehen, ergo hab ich nur meine persönliche Sicht der Dinge geschildert. Letztendlich hat der Missionar es selbst zu verantworten. Er ist auf sie zugegangen, also in IHRE Welt eingedrungen - es war nicht umgekehrt. Nur hat er eben keine Gewalt angewendet, soweit ich das sehe. Und das macht für mich den Unterschied. Wenn jemand sich gewaltsam Zugang zu meinem Areal verschafft oder Gewalt gegen mich anwendet, dann habe ich kein Problem damit, dass diese Person eliminiert wird. In diesem Fall war es aber anders. Aber wie wir schon feststellten: das Völkchen hat eigene Regeln.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Zunder »

PeterK hat geschrieben:(26 Nov 2018, 16:16)
Erstens: Ich schrieb von überpositivem Recht, nicht von übernatürlichem Recht (gibt's das?).
Natürlich geht es um überpositives Recht. Mein Fehler.
Allerdings ist überpositives Recht nach wie vor weitgehend göttliches Recht, legitimiert sich also insofern durch eine übernatürliche Instanz. Fiktiv versteht sich, es bleibt ja von Menschen gemachtes Recht.
Und wenn man sich auf überpositives Recht beruft, muß man redlicherweise nachfragen, ob diese Form der Legitimation nicht auch bei Naturvölkern gegeben ist.
Der Schamane als Urvater der Geistlichen, Rechtsanwälte und Ärzte
Möglicherweise kommt die Vorstellung eines überpositiven Rechts aus den Naturreligionen? Immerhin steht hinter allem ein Gott.
Angenommen die Sentinelesen haben die Götter befragt, bevor sie den Missionar töteten, was berechtigt dann vermeintlich Zivilisierte sich bei der Verurteilung dieser Tat auf überpositives Recht zu berufen? - Außer Chauvinismus nichts.
PeterK hat geschrieben:(26 Nov 2018, 16:16)
Zweitens: Wie oben schon dargestellt, besteht ein Unterschied zwischen einem Recht, das jemand hat, und einem Rechtfertigungsgrund, den er bemühen kann. Mir scheint, dass Du die beiden Begriffe nicht auseinanderhältst.
Mir scheint, daß du dich ziemlich billig aus der Affäre ziehen willst.
Ein Rechtfertigungsgrund wird bemüht, um ein rechtswidriges Verhalten irgendwie zu legitimieren - z.B. der Befehlsnotstand bei der Beteiligung an Kriegsverbrechen. Wurde nach dem Zweiten Weltkrieg ausgiebig praktiziert.
Im Rahmen regulärer Kriegshandlungen besteht ein solcher Rechtfertigungszwang überhaupt nicht.

Die Frage nach den geographischen Grenzen eines bewaffneten Konflikts, und damit nach der Anwendbarkeit des humanitären Völkerrechts (im Gegensatz zum „Friedensrecht“) hat für die rechtliche Bewertung von Tötungen oder Festnahmen etwa von Mitgliedern nicht-staatlicher Gruppierungen (Terrormilizen, Partisanen etc.) gravierende Konsequenzen: So ist etwa bei Drohnenangriffen (mit Blick auf das sog. „targeted killing“) entscheidend, ob diese im Rahmen oder außerhalb eines bewaffneten Konfliktes stattfinden. Das humanitäre Völkerrecht lässt nämlich Tötungen (von Kombattanten oder Personen, die an Feindseligkeiten teilnehmen) grundsätzlich zu.
https://www.bundestag.de/blob/415562/54 ... f-data.pdf

Bewertet man die Tötung des Missionars als Kriegshandlung, war sie auch nach den Standards des Völkerrechts der angeblich zivilisierten Welt legitim.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von BlueMonday »

PeterK hat geschrieben:(26 Nov 2018, 21:03)

Interessant. Und wie beantwortest Du den Eingangspost des Threads?

Zur Erinnerung:
Steht ein paar Seiten weiter vorn. Überlesen?

"Und zur Threadfrage: Recht ist dann, wenn eine Macht oder ein Wille mit sich im Reinen ist."

Das scheint im vorliegenden Fall gegeben zu sein. Von Skrupeln, Gewissensbissen oder Ähnlichem zeugen die Handlungen dieses Volks oder Stammes jedenfalls nicht.
Das eigene Territorium mit Waffengewalt zu verteidigen scheint auch ein universales Bestreben zu sein, also für richtig oder rechtens gehalten zu werden.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Fliege »

MäckIntaier hat geschrieben:(22 Nov 2018, 15:01)
Aber wie bewerten wir eigentlich aus ethischer Sicht das Verhalten der Andamaner? Hatten die ein Recht, den Missionar zu töten?
Geht es um die Fragestellung, ob bei den Andamanern das Recht besteht (positives Recht), einen Missionar zu töten, so handelt es sich um eine empirische Fragestellung, die in den Bereich der deskriptiven Ethik fällt und beispielsweise von Ethnologen (Völkerkundlern, Sittenkundlern) oder Soziologen (Rechtssoziologen) beantwortet wird.

Geht es hingegen um die Fragestellung, ob ein überpositives Recht besteht, demgemäß das (etwaige und for sake of argument) positive Recht der Andamaner, einen Missionar zu töten, überpositiv rechtens ist, so handelt es sich um eine moralische Fragestellung, die in den Bereich der normativen Ethik, Moralphilosophie und/oder Moral (im Sinne von universeller Moral) fällt (bei nicht-universeller Moral spricht man von Sitte).
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
van Kessel

Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von van Kessel »

Hey "Fliege"](27 Nov 2018, 13:58)
Geht es um die Fragestellung, ob bei den Andamanern das Recht besteht (positives Recht), einen Missionar zu töten, so handelt es sich um eine empirische Fragestellung, die in den Bereich der deskriptiven Ethik fällt und beispielsweise von Ethnologen (Völkerkundlern, Sittenkundlern) oder Soziologen (Rechtssoziologen) beantwortet wird.Geht es hingegen um die Fragestellung, ob ein überpositives Recht besteht, demgemäß das (etwaige und for sake of argument) positive Recht der Andamaner, einen Missionar zu töten, überpositiv rechtens ist, so handelt es sich um eine moralische Fragestellung, die in den Bereich der normativen Ethik, Moralphilosophie und/oder Moral (im Sinne von universeller Moral) fällt (bei nicht-universeller Moral spricht man von Sitte).
bei aller 'Gelarsamkeit', der gesunde Menschenverstand reicht allemal aus, abzuwägen, ob ein Risiko für's eigene Leben besteht, oder ob es nicht doch besser ist, einen 'Zebrastreife' zu benutzen.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Fliege »

van Kessel hat geschrieben:(27 Nov 2018, 14:59)
bei aller 'Gelarsamkeit', der gesunde Menschenverstand reicht allemal aus, abzuwägen, ob ein Risiko für's eigene Leben besteht, oder ob es nicht doch besser ist, einen 'Zebrastreife' zu benutzen.
Und Psychologie ist wieder etwas anderes.
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
Stoner

Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Stoner »

Heute morgen war das noch einmal Thema im DR-Kultur:

https://www.deutschlandfunkkultur.de/jo ... _id=435189

Etwas überraschend diese Feststellung:
Haben Sie gewusst, dass die Inder, zu deren Staatsgebiet die Andamanen gehören, schon in sieben Bundesstaaten ein Gesetz haben, das jeden Missionsversuch unter ernsthafte Strafe stellt?
Da könnten sich Südostasien, das von Evangelikalen traktiert wird, ein Beispiel nehmen.
Skeptiker

Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Skeptiker »

MäckIntaier hat geschrieben:(07 Dec 2018, 08:12)
Heute morgen war das noch einmal Thema im DR-Kultur:

https://www.deutschlandfunkkultur.de/jo ... _id=435189

Etwas überraschend diese Feststellung:

Da könnten sich Südostasien, das von Evangelikalen traktiert wird, ein Beispiel nehmen.
Allerdings wäre dann zu klären, was in dem Zusammenhang als Missionierung zu verstehen ist.

Wenn es um den Schutz nativer Lebensgemeinschaften vor Kontakt von Außen geht, okay. Wenn es darum geht Mitglieder von Religionsgemeinschaften vor Kontakt mit anderen Religionen oder Weltanschauungen zu schützen, dann könnte mas das auch kritisch sehen.
Stoner

Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Stoner »

Skeptiker hat geschrieben:(07 Dec 2018, 09:15)

Allerdings wäre dann zu klären, was in dem Zusammenhang als Missionierung zu verstehen ist.

Wenn es um den Schutz nativer Lebensgemeinschaften vor Kontakt von Außen geht, okay. Wenn es darum geht Mitglieder von Religionsgemeinschaften vor Kontakt mit anderen Religionen oder Weltanschauungen zu schützen, dann könnte mas das auch kritisch sehen.
Ich muss mir das mal anschauen, welche Bundesstaaten das sind oder meinen indischen Nachbarn fragen, ob er das weiß.
Uffzach
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Uffzach »

Bei der Geschichte musste ich herzhaft lachen :D
Stoner

Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Stoner »

Skeptiker hat geschrieben:(07 Dec 2018, 09:15)

Allerdings wäre dann zu klären, was in dem Zusammenhang als Missionierung zu verstehen ist.

Wenn es um den Schutz nativer Lebensgemeinschaften vor Kontakt von Außen geht, okay. Wenn es darum geht Mitglieder von Religionsgemeinschaften vor Kontakt mit anderen Religionen oder Weltanschauungen zu schützen, dann könnte mas das auch kritisch sehen.
Eigentlich wäre das fast einen eigenen Strang wert. Wer sich die Pest der Missionierung in Südostasien, aber auch in Südamerika durch Evangelikale anschaut, dem möchte gelegentlich die kalte Wut packen. Hier werden Kulturen wirklich ohne Sinn und Zweck und ohne jeden Mehrwert zerstört. Insofern handeln die Inder hier zumindest klug.
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aleph
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von aleph »

MäckIntaier hat geschrieben:(07 Dec 2018, 10:27)

Eigentlich wäre das fast einen eigenen Strang wert. Wer sich die Pest der Missionierung in Südostasien, aber auch in Südamerika durch Evangelikale anschaut, dem möchte gelegentlich die kalte Wut packen. Hier werden Kulturen wirklich ohne Sinn und Zweck und ohne jeden Mehrwert zerstört. Insofern handeln die Inder hier zumindest klug.
Ja, allerdings haben Natives auch das Recht darauf, modernes Leben kennen zu lernen. Man kann ja trotzdem Sprache und Kultur behalten (wie es z.B. in Kanada geht).

Mission ist aber auch deswegen problematisch, weil da eine Religion gegen eine andere Religion ausgetauscht wird und der Konvertit aus der Familie oder der Gesellschaft ausgegrenzt werden oder gar mit dem Tod bedroht werden kann.

Die Evangelikalen, die Du ansprichst, sind übrigens häufig Charismatiker/Pfingstler, die wiederum von anderen Evangelikalen abgelehnt werden. In Südamerika wachsen die auf Kosten der Katholiken. Die missionieren keineswegs nur unter Natives.
Auf dem Weg zum Abgrund kann eine Panne lebensrettend sein. Walter Jens
Besser schweigen und als Narr zu scheinen, als sprechen und jeden Zweifel zu beseitigen. Abraham Lincoln
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Stoner »

aleph hat geschrieben:(07 Dec 2018, 10:54)

Ja, allerdings haben Natives auch das Recht darauf, modernes Leben kennen zu lernen. Man kann ja trotzdem Sprache und Kultur behalten (wie es z.B. in Kanada geht).
Ich war nie ein Freund von Anspruchsrechten, sie sind viel häufiger Fluch als Segen, besonders dann, wenn sie in solcher Form gelten sollen. Mehr als ein Recht, in Ruhe gelassen zu werden, sollte man für andere nicht formulieren. Missionierungen sind immer ein Gewaltakt, weder Humanismus noch Religion brauchen Missionare. Die kleinen Völker dieser Welt haben das moderne Leben meistens mit dem Leben selbst oder mit dem Aussterben ihrer Kultur bezahlt. Es wäre schön, man würde andere respektieren und sich selbst um die eigene Moral im modernen Leben kümmern, denn am Ende sehen Edelholzmöbel sicher hübsch aus, aber als Bäume im unmodernen Leben wären sie sogar dem modernen Leben nützlicher. Insofern ist mir auch Indien mit seinem Missionierungsverbot ganz sympathisch, auch wenn der Hinduismus ein paar sehr unschöne Elemente enthält. Aber das müssen die Menschen dort selbst regeln.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Skeptiker »

MäckIntaier hat geschrieben:(07 Dec 2018, 11:24)
Ich war nie ein Freund von Anspruchsrechten, sie sind viel häufiger Fluch als Segen, besonders dann, wenn sie in solcher Form gelten sollen. Mehr als ein Recht, in Ruhe gelassen zu werden, sollte man für andere nicht formulieren. Missionierungen sind immer ein Gewaltakt, weder Humanismus noch Religion brauchen Missionare. Die kleinen Völker dieser Welt haben das moderne Leben meistens mit dem Leben selbst oder mit dem Aussterben ihrer Kultur bezahlt. Es wäre schön, man würde andere respektieren und sich selbst um die eigene Moral im modernen Leben kümmern, denn am Ende sehen Edelholzmöbel sicher hübsch aus, aber als Bäume im unmodernen Leben wären sie sogar dem modernen Leben nützlicher. Insofern ist mir auch Indien mit seinem Missionierungsverbot ganz sympathisch, auch wenn der Hinduismus ein paar sehr unschöne Elemente enthält. Aber das müssen die Menschen dort selbst regeln.
Korrekt, als Atheist finde ich das auch sehr sympathisch.

Aber was ist Missionierung anderes als das Recht seine Meinung zu vertreten? Stoßen wir dann nicht auf Fragestellungen, die mit unseren Werten kollidieren, wenn wir sagen, jemand dürfe nicht missionieren?
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Ammianus
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Ammianus »

Skeptiker hat geschrieben:(07 Dec 2018, 13:06)

Korrekt, als Atheist finde ich das auch sehr sympathisch.

Aber was ist Missionierung anderes als das Recht seine Meinung zu vertreten? Stoßen wir dann nicht auf Fragestellungen, die mit unseren Werten kollidieren, wenn wir sagen, jemand dürfe nicht missionieren?
Ich finde, dass hängt immer mit dem Umfeld zusammen. Ein Missionsverbot bei uns würde ich absolut ablehnen. Das wäre ein Eingriff in die Freiheit des Einzelnen. Niemand ist gezwungen sich auf ein Gespräch mit Wachturmverkäufern einzulassen. Und wenn er das dann doch macht, dann ist das, einschließlich der möglichen Folgen, seine Sache.

Bei den Leuten dort auf der Insel sieht das aber anders aus. Sie verfügen nur über rudimentärste Kenntnisse von dem, was jenseits ihrer Strände ist. Gesellschaftlich leben sie in Verhältnissen, die als mittelsteinzeitlich (zwischen Ende letzter Eiszeit und Ackerbau und Viehzucht) eingestuft werden können. Wenn sie auch, wie die ganz wenigen Bilder zeigen, Schüsseln und andere Behälter der Kulturen außerhalb ihrer Insel benutzen, die irgendwie zu ihnen gelangten.
Bekannt ist der Fall, dass eine Gruppe von ihnen entführt wurde. Die erkrankte dann und starb zur Häflte aus. Die Überlebenden kamen dann zurück auf die Insel. Das bedeutet, sie wissen, dass von Außen der Tod kommt. Dementsprechend verhalten sie sich.
Wir müssen berücksichtigen, diese Leute leben in einer vollkommen anderen Welt als wir. Und zwar in einer wirklich vollkommen anderen Welt. Es ist gut, wenn man sie zufrieden lässt - in jeder Beziehung.
"Ich möchte an einem Ort sein, an dem es keine Politik gibt, keine Waffen, keine Religion."
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Fliege »

MäckIntaier hat geschrieben:(07 Dec 2018, 08:12)
Heute morgen war das noch einmal Thema im DR-Kultur:
https://www.deutschlandfunkkultur.de/jo ... _id=435189

Etwas überraschend diese Feststellung:
"Haben Sie gewusst, dass die Inder, zu deren Staatsgebiet die Andamanen gehören, schon in sieben Bundesstaaten ein Gesetz haben, das jeden Missionsversuch unter ernsthafte Strafe stellt?'"

Da könnten sich Südostasien, das von Evangelikalen traktiert wird, ein Beispiel nehmen.
Neben dem Christentum tritt auch der Islam aggressiv auf, und zwar außer in Indien auch in Birma/Myanmar (Bengalen-Problem), Thailand (Islamisten drohen, "der Krieg geht weiter") und Philippinen (IS-Terrorgruppe Abu Sayyaf); Indonesien ist bereits so gut wie an den Islam verloren, während Malaysia in Gefahr ist, dem Islam zum Opfer zu fallen.
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
Stoner

Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Stoner »

Fliege hat geschrieben:(07 Dec 2018, 19:33)

Neben dem Christentum tritt auch der Islam aggressiv auf, und zwar außer in Indien auch in Birma/Myanmar (Bengalen-Problem), Thailand (Islamisten drohen, "der Krieg geht weiter") und Philippinen (IS-Terrorgruppe Abu Sayyaf); Indonesien ist bereits so gut wie an den Islam verloren, während Malaysia in Gefahr ist, dem Islam zum Opfer zu fallen.
Gibt es denn heilsgeschichtliche Weltanschauungen, die nicht aggressiv auftreten? Wie subtil sie jeweils vorgehen, kann dabei getrost beiseite gelassen werden. Am Ende läuft es doch auf wenige Modelle hinaus, die alles andere neben sich abschaffen oder überwältigen werden, bevor sie Halbfinale und Endspiel austragen. Die Demokratie wird dabei bei den Buchmachern keine guten Quoten haben.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Fliege »

MäckIntaier hat geschrieben:(07 Dec 2018, 23:41)
Gibt es denn heilsgeschichtliche Weltanschauungen, die nicht aggressiv auftreten? Wie subtil sie jeweils vorgehen, kann dabei getrost beiseite gelassen werden. Am Ende läuft es doch auf wenige Modelle hinaus, die alles andere neben sich abschaffen oder überwältigen werden, bevor sie Halbfinale und Endspiel austragen. Die Demokratie wird dabei bei den Buchmachern keine guten Quoten haben.
So verhält es sich, wobei ich ergänzend empfehle, Jan Assmanns Buch Monotheismus und die Sprache der Gewalt von 2006 zu konsultieren.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Stoner »

Fliege hat geschrieben:(07 Dec 2018, 23:58)

So verhält es sich, wobei ich ergänzend empfehle, Jan Assmanns Buch Monotheismus und die Sprache der Gewalt von 2006 zu konsultieren.
Der Empfehlung schließe ich mich an.
Skeptiker

Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Skeptiker »

Ammianus hat geschrieben:(07 Dec 2018, 13:22)
Ich finde, dass hängt immer mit dem Umfeld zusammen. Ein Missionsverbot bei uns würde ich absolut ablehnen. Das wäre ein Eingriff in die Freiheit des Einzelnen. Niemand ist gezwungen sich auf ein Gespräch mit Wachturmverkäufern einzulassen. Und wenn er das dann doch macht, dann ist das, einschließlich der möglichen Folgen, seine Sache.

Bei den Leuten dort auf der Insel sieht das aber anders aus. Sie verfügen nur über rudimentärste Kenntnisse von dem, was jenseits ihrer Strände ist. Gesellschaftlich leben sie in Verhältnissen, die als mittelsteinzeitlich (zwischen Ende letzter Eiszeit und Ackerbau und Viehzucht) eingestuft werden können. Wenn sie auch, wie die ganz wenigen Bilder zeigen, Schüsseln und andere Behälter der Kulturen außerhalb ihrer Insel benutzen, die irgendwie zu ihnen gelangten.
Bekannt ist der Fall, dass eine Gruppe von ihnen entführt wurde. Die erkrankte dann und starb zur Häflte aus. Die Überlebenden kamen dann zurück auf die Insel. Das bedeutet, sie wissen, dass von Außen der Tod kommt. Dementsprechend verhalten sie sich.
Wir müssen berücksichtigen, diese Leute leben in einer vollkommen anderen Welt als wir. Und zwar in einer wirklich vollkommen anderen Welt. Es ist gut, wenn man sie zufrieden lässt - in jeder Beziehung.
Das sehe ich sehr ähnlich. Mein Hinweis mit der Missionierung versteht sich auf die Aussage von MäckIntaier bezogen, dass es in Indien mehrere Gebiete gibt, in denen Missionierung verboten ist.

Darunter verstehe ich dann aber keine Inseln mit isolierter Bevölkerung, sondern zivilisierte Gebiete. Wer aber zur Zivilisation gehört, der unterliegt auch den Regeln der Zivilisation, und da ist nunmal jeder selber für sein Seelenheil zuständig.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Tom Bombadil »

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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Fliege »

Tom Bombadil hat geschrieben:(08 Dec 2018, 01:19)
Border Control World Champions: https://i.imgur.com/tPWmOxB.jpg :thumbup:
Ob die EU diesen Wink versteht?
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Zunder »

Fliege hat geschrieben:(08 Dec 2018, 01:24)

Ob die EU diesen Wink versteht?
Die Bürger der EU gehören ja schließlich zu den bedrohten Völkern, nicht wahr?
Genau für eine solche Scheiße wurde der Strang offensichtlich eröffnet.
Stoner

Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Stoner »

Zunder hat geschrieben:(08 Dec 2018, 02:23)

Die Bürger der EU gehören ja schließlich zu den bedrohten Völkern, nicht wahr?
Genau für eine solche Scheiße wurde der Strang offensichtlich eröffnet.

Solchen Spam möchte ich mir dann ausdrücklich verbeten haben bzw. Sie können das anhand meiner Beiträge sicher belegen. Falls nicht, gilt der Mit-Verlaub-Satz.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Ammianus »

Skeptiker hat geschrieben:(08 Dec 2018, 00:53)

Das sehe ich sehr ähnlich. Mein Hinweis mit der Missionierung versteht sich auf die Aussage von MäckIntaier bezogen, dass es in Indien mehrere Gebiete gibt, in denen Missionierung verboten ist.

Darunter verstehe ich dann aber keine Inseln mit isolierter Bevölkerung, sondern zivilisierte Gebiete. Wer aber zur Zivilisation gehört, der unterliegt auch den Regeln der Zivilisation, und da ist nunmal jeder selber für sein Seelenheil zuständig.
Das Problem in Indien und anderen Teilen der Welt ist, dass es dort große Bevölkerungsgruppen gibt, die auf Missionsversuche nicht auf eine Weise reagieren, wie wir es in unserem Teil der Welt heute voraussetzen. Da droht dann Gewalt, auch tötliche und Bürgerkrieg. Man betrachte dazu nur die auch in der jüngeren Geschichte stattgefundenen teilweise in Massenmorden endenden Auseinandersetzungen zwischen Hindus und Moslems.
Dass diese Insel nun zufüllig indisches Hoheitsgebiet ist ein guter Schutz für ihre Bewohner. Aber eben auch der Umstand, dass es dort nichts zu holen gibt. Wäre es anders, gäbe es dort z.B. ein riesiges unterirdisches Ölfeld, dann wären die Mesolithiker längst alle tot. Es hätte ein paar anklagende Artikel in verschiedenen Medien gegeben und vielleicht noch ein, zwei Doktorarbeiten.
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Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Zunder »

MäckIntaier hat geschrieben:(08 Dec 2018, 11:10)

Solchen Spam möchte ich mir dann ausdrücklich verbeten haben bzw. Sie können das anhand meiner Beiträge sicher belegen. Falls nicht, gilt der Mit-Verlaub-Satz.
Wer Beiträge anderer User sinnentstellend verkürzt und ihnen eine Aussage unterstellt, die sich aus dem tatsächlich Geschriebenen nicht einmal andeutungsweise ergibt, befindet sich nicht wirklich in einer Position, die ihm erlaubt, sich dezidierte Meinungsäußerungen zu verbitten.

Falls es dir hilft:

MäckIntaier:
Stimmt, denn diejenigen, die Verständnis äußern, zeigen ja deutlich, dass sie für Homogenität und gegen Vielfalt sind. Gut, dass es Ihnen auffiel, wie sich das Böse in immer neuen Fratzen als das Gute präsentiert.

Billie Holiday hat geschrieben:
(23 Nov 2018, 09:49)

Gegen eine von beiden Seiten gewünschte Vielfalt spricht nichts.
Also haben wir mit diesem kleinen Naturvolk, das keinerlei Ansprüche stellt an den Rest der Welt, weitere Rechtsextremisten gefunden. Man sollte sie zwangsbeglücken wie die Indianer. Woher sollen sie auch wissen, was für sie und die vielen potentiellen Forscher, Auswanderer, Geschäftsleute und Touristen gut ist.

MäckIntaier:
So ist es.


Den Beitrag von Zinnamon sollte man in diesem Zusammenhang ruhig noch einmal lesen:
http://www.politik-forum.eu/viewtopic.p ... 2#p4345002

Und da zu diesem Beitrag:

Tom Bombadil hat geschrieben:
(08 Dec 2018, 01:19)
Border Control World Champions: https://i.imgur.com/tPWmOxB.jpg :thumbup:

Fliege:
Ob die EU diesen Wink versteht?


kein Widerspruch kommt, verstehe ich das als ausdrückliche Nicht-Ablehnung, was meine Einschätzung dann doch eher stützt.

Deine Invektive darfst du dir sonstwo hinschieben.

Um zukünftige Missverständnisse zu vermeiden:
Ich halte dich zumindest vorläufig für einen identitären Troll, der auf intellektuell frisiert wurde.
Sollte ich mich täuschen, wär's mir recht.
Stoner

Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Stoner »

Zunder hat geschrieben:(08 Dec 2018, 21:51)

Um zukünftige Missverständnisse zu vermeiden:
Ich halte dich zumindest vorläufig für einen identitären Troll, der auf intellektuell frisiert wurde.
Sollte ich mich täuschen, wär's mir recht.
Es gibt keine aktuellen Missverständnisse, Sie können meine Beiträge verstehen, wie Sie diese verstehen möchten oder können jeden User hier für das halten, was Ihnen Ihre Weltsicht und Ihre individuellen Möglichkeiten sowie die Regeln des Froums gestatten. Die Tatsache, dass Sie ein bestimmtes Vokabular (identitärer Troll) hier einführen, dreht aber die normalen Gepflogenheiten nicht um: die Beweislast liegt nicht bei mir, sondern bei Ihnen, was Sie m.E. auch genau wissen. Weder bin ich verpflichtet, Einlassungen eines anderen Users zu widersprechen, noch bin ich verpflichtet, ad personam gerichtete Behauptungen zu widerlegen. Meine Gedanken werden auch weiterhin in der Tradition Lecs ganz unfrisiert hier ankommen, solange ich Lust habe, sie hier auszuprobieren. Ich werde fremde Probleme nicht zu meinen machen, sondern mich weiterhin einigermaßen bemühen, Inhalte für mich persönlich ohne Rücksicht auf fremde Empfindlichkeiten zu klären. Und MEINE Inhalte zu diesem Themen sind hier unmissverständlich nachzulesen. Die Userin, die schon einmal einen Versuch wie Sie hier gestartet hat und das Thema von meinen Fragen in Richtung einer Unterstellung wegzerren wollte, habe ich nach deren ersten Beitrag umgehend auf die Ignorierliste gesetzt. Das ist nicht mein Diskussionstil. Es muss ja keiner etwas beitragen zu einem Thema, für das ihm der Sinn und das Verständnis fehlen. In diesem Sinne: Glauben Sie immer, was Sie glauben wollen. Fremder Glaube, fremde Weltanschauung ist dem Einzelnen etwas Äußeres, und wie Hermann Lenz das sagte: Das Äußere findet seine Grenzen am inneren Bezirk des Individuums, und so bleibt das Objekt Ihrer Täuschung oder Nicht-Täuschung von beidem eben folgerichtig unberührt.

Damit darf zum Thema zurückgekehrt werden oder auch nicht.
Stoner

Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Stoner »

Nachdem die ZEIT dem Fall in der aktuellen Ausgabe noch einmal ein ganzes Dossier widmet, hier noch ein paar ergänzende Angaben.

Auch der Vater des getöteten John Chau wurde interviewt, wollte jedoch nicht direkt zu seinem Sohn befragt werden. Der Vater ist während Maos Kulturrevolution aus China geflohen, überzeugter Konfuzianer (seine Frau christlich-fundamentalistisch) und bereut, seinen Sohn nicht mehr aus der chinesischen Welt vermittelt zu haben. Er sieht die Aktion seines Sohnes ziemlich eindeutig.
Mitte Oktober 2019, mehrere Monate nach dem ersten Mailwechsel, schreibt Patrick Chau, der Vater, in einer weiteren E-Mail, er sei nun doch bereit, zu sprechen. Allerdings nur über die Philosophie, an die er glaube: den Konfuzianismus. Und am liebsten in Form von Textnachrichten per WhatsApp.

Er habe seine Kinder christlich erzogen und leider nur selten mit John über die konfuzianische Philosophie gesprochen, schreibt er. Die evangelikale Ideologie sei zu dominant gewesen.

Aus seinen Nachrichten liest man eine ungeheure Wut heraus. Patrick Chau kritisiert den kolonialen Charakter des Christentums, er kritisiert den Missionsbefehl. Er vergleicht seinen Sohn mit einem Dschihadisten, der für den "Islamischen Staat" im heiligen Krieg gestorben ist. Er schreibt: "Das Extremistische ist immer böse, egal, ob es im Namen des Islams passiert oder im Namen des Christentums."
Der Artikel bringt auch etliche Auszüge aus Briefen und Aufzeichnungen des gescheiterten Seelenfischers.

Interessant noch, wie der juristische Fall weitergeht. Es wurden Anklagen gegen "unbekannte Sentinelesen" wegen Mordes erhoben (es wird nicht versucht, jemandem habhaft zu werden), und gegen fünf Fischer und zwei Hintermänner. Die waren länger in U-Haft und haben jetzt einen Prozess zu erwarten wegen fahrlässiger Tötung (da sie wussten, was mit dem Missionar geschehen würde).

Dabei haben die Fischer nicht in erster Linie aus Geldgier gehandelt. Es sind Angehörige der Karen, die seit ihrer Bekehrung zum Christentum als sehr strenggläubig gelten und die den Missionar auch aus diesen Gründen unterstützt haben sollen.

Der Artikel schließt noch mit dem Ausblick, dass der Tod des Missionars für viele Gleichgesinnte wohl ein Ansporn ist, es wieder zu versuchen. :mad2:
Skeptiker

Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Skeptiker »

MäckIntaier hat geschrieben:(09 Nov 2019, 10:29)
...
Der Artikel schließt noch mit dem Ausblick, dass der Tod des Missionars für viele Gleichgesinnte wohl ein Ansporn ist, es wieder zu versuchen. :mad2:
Nutzen die Missionare diese Inselbewohner um sich zu Märtyrern zu machen? Für mich wirklich eine extremistische Verhaltensweise.

Der Vater kann einem leid tun.
Stoner

Re: Tod eines Missionars: Recht oder Unrecht?

Beitrag von Stoner »

Skeptiker hat geschrieben:(09 Nov 2019, 11:10)

Nutzen die Missionare diese Inselbewohner um sich zu Märtyrern zu machen? Für mich wirklich eine extremistische Verhaltensweise.

Der Vater kann einem leid tun.
Sie nehmen den Tod in Kauf, sind aber zutiefst überzeugt von dem, was sie versuchen. Ein indischer Freund, ebenfalls Christ, rechtfertigt die Versuche so:
Sam glaubt, es sei eine Illusion, diese Menschen dauerhaft von der Moderne abriegeln zu können. Früher oder später werde die Welt zu ihnen kommen, in Form von Touristen, Abenteurern, Wilderern. Denen aber seien die Ureinwohner gleichgültig, es gehe ihnen nur um den eigenen Nutzen, den eigenen Profit. John Chau dagegen habe die Sentinelesen langsam und vorsichtig an das Leben von heute heranführen wollen. Sam sagt, Chau hätte ihnen wirklich helfen können.

Menschenfreunde also :rolleyes:

Deshalb sage ich ja immer: Der Misanthrop richtet das wenigste Unheil an, weil er keinen irgendwie gearteten Heilsauftrag kennt, keine Heilsgeschichten verbreiten will. Höchstens den utopischen der Menschenleere ;)
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