Dark Angel hat geschrieben:(05 Aug 2017, 23:12)
Sie tragen sie, weil sie es von Klein auf so gewöhnt sind, weil es den Tradition/Sitten entspricht, weil es den Bekleidungsvorschriften der jeweiligen Koranauslegung ist, weil sie es nicht anders kennen.
Ich bitte nochmals, die Links des Eingangsbeitrages zu lesen. Die dort zitierten Frauen, nicht nur die schweizer Konvertitin, tragen Vollverschleierung aus eigenem Entschluss, freiwillig, sie “kennen es anders“ und sind es keineswegs “von Klein auf so gewöhnt“! Die Gründe und Motive einer Vollverschleierung sind also immer differenziert zu betrachten.
Nein! Alle Religionen indoktrinieren! (…)
Wenn man es genau nimmt: alle Erziehung ist zugleich eine Art “Indoktrination“. Also sind auch deine Kriterien, mit denen du die bewussten muslimischen Frauen und ihr Verhalten beurteilst, ein Ergebnis deiner Erziehung und Sozialisation. Ich kann auch kaum aus dieser Haut heraus, wie mein erster, recht spontaner Beitrag in diesem Strang belegt.
Aber dennoch ist es möglich, nach weiterem Nachdenken noch einmal näher hinzuschauen und die anerzogenen Ansichten zu hinterfragen. Es gelingt mir nicht immer, aber ich versuche es.
Zu dem Artikelzitat über religiöse Kindererziehung nur eine kurze Bemerkung: aus Kindern werden Erwachsene, die dann die Möglichkeit erhalten, das Gelernte bzw. Anerzogene zu reflektieren. So stand es auch im Artikel. Und bei meiner These bleibe ich: diese Reflexionsfähigkeit hat vorallem mit Bildung zu tun!
Und genau das ist religiöse Indoktrination.
"Indoktrination ist eine besonders vehemente, keinen Widerspruch und keine Diskussion zulassende Belehrung. Dies geschieht durch gezielte Manipulation von Menschen durch gesteuerte Auswahl von Informationen, um ideologische Absichten durchzusetzen oder Kritik auszuschalten."
Nicht nur Kritik, sondern auch darüber nachdenken und hinterfragen ausschalten.
Schön, bleiben wir bei dieser hübschen Definition: “Indoktrination ist eine besonders vehemente, keinen Widerspruch und keine Diskussion zulassende Belehrung.“ Ich stelle fest, dass genau diese Definition auf die meisten Beiträge u. a. auch in diesem Strang zutrifft, die sich gegen Meinungen richten, die den vollverschleierten Muslima wenigstens ein Mindestmaß von Verständnis entgegenbringen. Selina hat mit ihrer Bemerkung zu der von dir zitierten Definition vollkommen Recht! Ich bin gegen Vollverschleierung, erkenne jedoch zugleich als Tatsache an, dass nicht alle Vollverschleierte tatsächlich unterdrückt, also gegen ihren Willen in die Vollverschleierung gezwungen werden, sondern dies auch freiwillig auf sich nehmen. Kein einziger Beitrag in diesem Strang hat mich bisher vom Gegenteil überzeugen können. Meiner Ansicht nach müssen wir bei vollverschleierten Muslima vorallem in Europa immer sorgsam prüfen, welche Beweggründe sie zur Vermummung veranlassen.
Aus dieser Erkenntnis können wir dann Konsequenzen ziehen für die Art und Weise, wie wir europäischen Gesellschaften mit Vollverschleierung umgehen wollen: aufklärend, erzieherisch – nach deiner Definition: indoktrinierend -, oder vornehmlich juristisch mittels Verboten und Strafen. Das ist so einfach nicht, wie es scheint, denn wir sind verpflichtet, dabei die Menschenwürde und die Religionsfreiheit zu beachten!
Menschen sind nicht irrational, sie handeln manchmal irrational. Ich jammere nicht, ich stelle fest. Und ich stelle fest, dass die islamisch geprägte Kultur rückständig und rückwärtsgewandt ist und ein sehr archaisches Frauen- und Menschbild vertritt.
Da wird nichts als "Abwertung und Unterdrückung" bewertet, sondern ist Abwertung und Unterdrückung.
Dieser Tatsache müssen wir uns stellen und können (dürfen) sie nicht weiter schönreden.
Ob Menschen irrational sein oder nur irrational handeln können, darüber will ich mich nicht streiten. Mir genügt die Tatsache der “Unvernunft“.
Deine Bewertung, auch meine Bewertung sind das Ergebnis unserer Erziehung und Sozialisation. Wir sind beide davon überzeugt, dass unsere Kultur der Kultur der muslimischen Länder überlegen ist. Aber sind wir mit diesem Pauschalurteil nicht zu vorschnell und sollten lieber differenzierter urteilen?
Und welcher Unterschied soll, biite, zwischen Bildung und Bildungsabschluss bestehen? Kannst du da mal erklären.
Diese Frage wundert mich ein wenig. Ich denke, dass jeder von uns Menschen kennt, die auch ohne Hochschulabschluss, einem rein formalen Bildungsabschluss, aufgrund ihrer vielseitigen Interessen und eigenen Bemühungen durchaus sehr gebildet sind, dagegen gewisse Hochschulabsolventen, die allenfalls als Fachidioten durchgehen, ihre Unbildung nicht verbergen können.
Sorry - entweder ist es per definitionem Abwertung und Unterdrückung der Frau
… so sehen es du, ich und die meisten Europäer …
oder es ist nicht Abwertung und Unterdrückung der Frau.
So sehen es die muslimischen Gesellschaften wohl mehrheitlich. Natürlich werden wir sagen: wir Europäer haben Recht! Aber sind wir dabei nicht zu überheblich? Immerhin können wir wohl von Menschen, die in Europa leben wollen, wenigstens verlangen, dass sie sich mit unseren Vorstellungen auseinandersetzen – wenn sie es können.
Die Zeiten, in denen Menschen Besitz von (anderen) Menschen waren, sind ein für allemal vorbei.
Da stimme ich vollkommen zu. Allerdings möchte ich erwähnen, dass es auch eine nicht kleine Zahl von wenig gebildeten Europäern gibt, für die “Gleichberechtigung von Frau und Mann“ ein unbekanntes, allenfalls inhaltsleeres Schlagwort ist.
Dieser Tatsache müssen nicht wir uns stellen, sondern die Muslime, der Islam muss sich reformieren. Auch Toleranz hat ihre Grenzen.
Ja, Toleranz hat Grenzen, muss Grenzen haben. Aber darüber müssen wir uns auch im Klaren sein: wir können in Europa durch keine Maßnahme erzwingen, dass sich “der Islam reformiert“. Einerseits gibt es “den Islam“ nicht, der, wie das Christentum, unterschiedliche Glaubensrichtungen ausgebildet hat. Andererseits müsste der Prozess der “Reformation“ vorallem in der islamischen Welt stattfinden, um nachhaltig zu wirken. “Aufgeklärte Muslime“ gibt es in Europa durchaus, aber ihr Wirkungskreis ist noch zu beschränkt. Ich befürworte, sie intensiv zu unterstützen!
Wenn Muslima unbedingt ihren Niqab hier in Europa tragen wollen/müssen, dann müssen sie sich auch der Tatsache stellen, dass sie sich selbst ab- und ausgrenzen. Sie selbst grenzen sich aus, nicht umgekehrt. Dann dürfen sie sich aber auch über mangelnde Akzeptanz nicht beklagen.
Ja, das sind die auch von mir gesehenen Konsequenzen, in gewissem Sinne ein Teufelskreis, der schwer zu durchbrechen ist. Was soll, was kann man dagegen tun?