Vipassana

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Sri Aurobindo
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Vipassana

Beitrag von Sri Aurobindo »

Vor einigen Tagen war ich zu einem 10-Tage Vipassana-Seminar in Triebel. Weil ich diese Erfahrung zu den wichtigsten meines bisherigen Lebens zähle, möchte ich kurz davon berichten. Weniger von meinen persönlichen Erfahrungen als mehr darüber, was Vipassana ist, was es bewirkt und was letztlich das Ziel ist.

Ich habe das Religionsforum gewählt, obwohl die Technik an sich auch sehr gut in das Wissenschaftsforum passen würde. Es geht nicht um Glauben, aber letztlich doch um etwas, das die Naturwissenschaft bisher nicht empirisch erfassen kann. Es geht um Erfahrungen, die jeder für sich nachvollziehen kann und muss.

Vipassana zielt darauf ab unser Leiden dadurch zu überwinden, dass es die Wurzeln des Leiden Stück für Stück eliminiert. Leid entsteht immer dann, wenn die Welt anders ist, als wir sie uns wünschen. Und wie wir alle wissen, gehorcht die Welt nur sehr selten unserem Willen.

Vipassana ist eine Meditationstechnik. Ihr oberstes Ziel ist die Entwicklung von Gleichmut. Dafür widmet man alle Aufmerksamkeit den Empfindungen im Körper. Denn nur eine Empfindung ist augenblicklich und unmittelbar. Alles andere, was wir von der Welt erfahren ist bereits vergangen, wenn wir uns dessen bewusst werden.

So zeigt das visuelle Bild, das wir mit Hilfe der Augen erfassen, eine bereits vergangene Situation. Einerseits ist das Licht bereits einige Zeit unterwegs, bevor es die Netzhaut trifft und anderseits benötigt unsere Gehirn Zeit, um aus der bloßen Reizung der Netzhaut das Bild konstruiert, das uns dann als visuelles Bild der Wirklichkeit erscheint.

Gleiches gilt für alle anderen verarbeiteten Sinneseindrücke und auch für Gefühle und Gedanken. Die Empfindungen (engl. sensations) hingegen sind augenblicklich und damit real.

Unser gesamter Körper ist von Nerven durchdrungen. Und diese Nerven senden jederzeit Informationen an das Gehirn. Uns wird das allerdings nur in den allerwenigsten Fällen bewusst. Z.B., wenn wir Schmerz empfinden. Unser Unterbewusstsein verarbeitet allerdings die gesamte Fülle dieser Informationen. Bewusst wird immer nur die „Spitze des Eisbergs“.

Vipassana ist eine Technik mit der man die Sensibilität, d.h. die Spürfähigkeit der Körper-Geist-Einheit trainiert. Dafür „tastet“ man während der Meditation mit seiner Achtsamkeit den gesamten Körper - von Kopf zu Fuß - Stück für Stück ab und wartet an jedem Ort solange, bis genau an dieser Körperstelle eine Empfindung völlig natürlich auftritt.

Das ist allerdings nur der eine Teil der Übung. Der andere Teil besteht darin diese Empfindung gleichmütig zu „betrachten“. Normalerweise reagiert der Geist auf jede Empfindung entweder mit Aversion oder mit Attraktion. Beide Reaktionen verursachen Leid. Man bemüht sich also während der Meditation z.B. Schmerzen in den Beinen vom lange Sitzen nicht mit Aversion zu begegnen, sondern mit Gleichmut. D.h. man „schaut“, wie fühlt sich der Schmerz an, welche Körperstellen nimmt er ein, wo ist das Zentrum. Man untersucht die Empfindung also objektiv, ganz ohne sie zu bewerten.

Grundlage für Gleichmut ist die Erkenntnis, dass jede Empfindung entsteht, andauert und wieder verschwindet. Mit diesem Wissen lernt man diesen Prozess der Genese und des Vergehens einer jeden Empfindungen gleichmütig zu beobachten.

Zu Beginn dieser Übung bemerkt man, dass große Teile des Körpers „blind“ sind. Es scheint unmöglich dort eine natürliche Empfindung zu fühlen. Mit der Zeit und Praxis entwickelt sich aber die Sensibilität immer weiter und nach und nach kann man überall, wohin man seine Achtsamkeit lenkt, Empfindungen wahrnehmen.

Gleichzeitig versinkt der Geist dabei Stück für Stück tiefer in einen meditativen Zustand. Die Außenwelt verblasst zunehmend und man ist nur noch mit den eigenen Empfindungen beschäftigt. Und auf diese Weise treten wir zeitweise auch von den festgefahrenen Denkmustern zurück. Es kommen zwar immer wieder Impulse dieser Denkschleifen zum Vorschein. Diesen kann man aber in diesem Moment sehr leicht mit Gleichmut begegnen. Und so lösen sich diese festgefahrenen Denkmuster mit der Zeit immer mehr auf. Man befreit sich von diesen lästigen alltäglichen Denkschleifen, die immer wieder hervortreten und die Ärger verursachen, der uns jeden Tag sehr viel Energie raubt.

Ziel von Vipassana ist also vor allem die Entwicklung von Gleichmut und das nicht nur während der Meditation, sondern auch im Leben. Das gelingt dadurch, dass man nun viel besser spüren kann, wie jede Erfahrung, jedes Gefühl und auch jeder Gedanke eine Empfindung irgendwo im Körper auslöst.

Wenn wir uns z.B. ärgern, dann fällt uns diese Tatsache meist gar nicht auf. Wir sind in diesem Moment mit unserer Aufmerksamkeit nicht bei unserem Körper und seinen Empfindungen, sondern ganz bei dem Objekt unseres Ärgers. Und so reagieren wir nicht gleichmütig, sondern eben mit Ärger - und Ärger ist alles andere als angenehm.

Wenn man Vipassana praktiziert, dann fällt es viel leichter die Aufmerksamkeit im Moment des Ärgers auf den Körper zu richten. Man schaut, was macht der Ärger mit mir. Welche Empfindungen, an welcher Stelle im Körper tritt dabei auf. Zugleich richtet man die Aufmerksamkeit auf den Atem - denn auch der Atem verändert sich durch den Ärger. Wenn es gelingt im Moment eines Ärgernisses die Aufmerksamkeit auf die Empfindungen des Körpers und den Atem zu lenken, dann ebbt der Ärger sehr schnell ab. Das Feuer der Wut erhält keinen neuen Brennstoff - man kommt schnell wieder „von der Palme“ herunter.

Das letzte Ziel von Vipassana geht allerdings weit darüber hinaus. In sehr tiefen meditativen Zuständen verändert sich die Erfahrung der Wirklichkeit fundamental. Diese Erfahrungen nennt man Nirvana. Dafür muss allerdings zunächst die Sensibilität für Empfindungen so weit entwickelt sein, dass man jeden noch so kleinen Teil des Körpers erspüren kann.

https://www.dhamma.org/de/about/art

Ich kann aus persönlicher Erfahrung diese Seminare uneingeschränkt empfehlen. Allerdings ist ein solches Vipassana-Seminar keinesfalls Wellness. Es ist anstrengend und wirklich harte Arbeit. Man meditiert jeden Tag etwa 10 Stunden - mindestens eine Stunde am Stück. Der Tag beginnt 4:00 Uhr morgens und endet 21:30. Jeglicher Kontakt zur Außenwelt wird aufgegeben, d.h. es werden keine elektronischen Geräte geduldet und man verpflichtet sich für 9 der 10 Tage zu schweigen.

Interessant ist auch die Finanzierung. Das Seminar kostet generell nichts. Man kann allerdings nach Beendigung eine Spende geben. Diese dient nicht dazu die eigenen Kosten zu tragen, sondern dafür es auch anderen Schülern zu ermöglichen einen solchen Kurz zu besuchen.

Alle Mitarbeiter arbeiten ehrenamtlich - sie erhalten auch keinerlei Aufwandsentschädigung oder Reisekosten. Eine Spende dient deshalb in jedem Fall hundertprozentig der Verbreitung von Vipassana.
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Re: Vipassana

Beitrag von PublicEye »

Sri Aurobindo » So 3. Mai 2015, 19:24 hat geschrieben:Das letzte Ziel von Vipassana geht allerdings weit darüber hinaus. In sehr tiefen meditativen Zuständen verändert sich die Erfahrung der Wirklichkeit fundamental. Diese Erfahrungen nennt man Nirvana.
Nirwana ist also der komplette Rückzug, die komplette Isolation und Abtrennung von der Aussenwelt?
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Re: Vipassana

Beitrag von Sri Aurobindo »

PublicEye » Gestern 20:36 hat geschrieben: Nirwana ist also der komplette Rückzug, die komplette Isolation und Abtrennung von der Aussenwelt?
Unsere Erfahrung der Außenwelt ist lediglich eine winzige (nahe null) Teilerfahrung der Wirklichkeit.

Das Nirvana transzendiert die Grenzen von Raum, Zeit und Körper.
Das, was Du Außenwelt nennst, ist ein Teil dieser ganzheitlichen Erfahrung der Wirklichkeit.

Allerdings interpretiere ich persönlich diese Tatsache anders als die Buddhisten - ich glaube hier Aurobindo mehr. Er sagt, die Läuterung/Reinigung (Vipassana) der Körper-Geist-Einheit befähigt das menschliche Wesen erst den Willen Gottes bewusst in der Welt zu realisieren. Der Mensch wird auf diese Weise zu einem geeigneten Gefäß für das göttliche Bewusstsein. Die Buddhisten hingegen wollen an diesem Punkt für immer aussteigen.

Aber Vipassana ist eben eine universelle Methode - d.h. für alle Religionen/Weltanschauungen offen.
Auch wenn es dieselbe Technik ist, die Buddha zur Erleuchtung führte.
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Re: Vipassana

Beitrag von PublicEye »

Sri Aurobindo » Mo 4. Mai 2015, 19:44 hat geschrieben: Unsere Erfahrung der Außenwelt ist lediglich eine winzige (nahe null) Teilerfahrung der Wirklichkeit.

Das Nirvana transzendiert die Grenzen von Raum, Zeit und Körper.
Das, was Du Außenwelt nennst, ist ein Teil dieser ganzheitlichen Erfahrung der Wirklichkeit.
Eben, darum frage ich mich, warum der Fokus der Aufmerksamkeit von dieser "grossen" Wirklichkeit ausserhalb abgezogen wird und man sich bei Vipassana auf das Innerhalb des eigenen Körpers konzentriert.

Darum sieht das für mich eher nach Resignation und Rückzug aus.









Sri Aurobindo » Mo 4. Mai 2015, 19:44 hat geschrieben:Allerdings interpretiere ich persönlich diese Tatsache anders als die Buddhisten - ich glaube hier Aurobindo mehr. Er sagt, die Läuterung/Reinigung (Vipassana) der Körper-Geist-Einheit befähigt das menschliche Wesen erst den Willen Gottes bewusst in der Welt zu realisieren. Der Mensch wird auf diese Weise zu einem geeigneten Gefäß für das göttliche Bewusstsein. Die Buddhisten hingegen wollen an diesem Punkt für immer aussteigen.

Aber Vipassana ist eben eine universelle Methode - d.h. für alle Religionen/Weltanschauungen offen.
Auch wenn es dieselbe Technik ist, die Buddha zur Erleuchtung führte.
Demnach hätte Buddha trotz gleicher Technik lediglich eine Teilerleuchtung gehabt?
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Re: Vipassana

Beitrag von Sri Aurobindo »

PublicEye » vor 49 Minuten hat geschrieben: Eben, darum frage ich mich, warum der Fokus der Aufmerksamkeit von dieser "grossen" Wirklichkeit ausserhalb abgezogen wird und man sich bei Vipassana auf das Innerhalb des eigenen Körpers konzentriert.

Darum sieht das für mich eher nach Resignation und Rückzug aus.
Die Außenwelt können wir immer nur in unserem Inneren erfahren.
Die Außenwelt reizt unsere Sinne und unser Inneres erschafft aus diesen Daten in unserem Inneren eine Projektion der Außenwelt. Diese Prozesse kann man beobachten - Vipassana ist eine Methode sich selbst näher zu kommen und die eigenen "geistigen Funktionsweisen" besser zu verstehen.

Und diese Selbsterkenntnis reinigt und befreit. Man entwickelt Gleichmut und dieser Gleichmut wiederum hilft dabei die Welt objektiv zu sehen - d.h. so, wie sie wirklich ist.

Bei seiner Suche kam der Buddha schließlich zu der Erkenntnis - es gibt nichts, was nicht vergänglich, was nicht anicca (http://de.wikipedia.org/wiki/Anicca) wäre.

Und hier trennen sich die Wege - Aurobindo nennt das Nirvana den apersonellen Aspekts Brahmans. Auch real - aber eben nicht die ganze Wahrheit.

Demnach hätte Buddha trotz gleicher Technik lediglich eine Teilerleuchtung gehabt?

Ja so in etwa sieht es Aurobindo. Er zeigt noch einen weiteren Unterschied auf. So würden die Buddhisten versuchen den Weg ganz aus eigener Kraft zu gehen. Laut Aurobindos Aussage führt aber erst die Hinwendung zu Gott mit Bitte um Transformation zu einer vollständigen Läuterung. Nur auf diese Weise realisiert die reinkarnierende Seele das höchste Ziel der Natur in der Welt.
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Re: Vipassana

Beitrag von PublicEye »

Sri Aurobindo » Mi 6. Mai 2015, 21:51 hat geschrieben:
Die Außenwelt können wir immer nur in unserem Inneren erfahren.
Die Außenwelt reizt unsere Sinne und unser Inneres erschafft aus diesen Daten in unserem Inneren eine Projektion der Außenwelt. Diese Prozesse kann man beobachten - Vipassana ist eine Methode sich selbst näher zu kommen und die eigenen "geistigen Funktionsweisen" besser zu verstehen.
Konzentriert man sich auf sich selbst, rsp. auf sein Inneres, so läuft das schlussendlich darauf hinaus, eine rein subjektive Beobachtung zu machen, also die Beobachtung der eigenen Reaktion auf die Reize der Aussenwelt.
So ist jedoch ebenfalls nur eine Teilwahrnehmung der Aussenwelt möglich...
Es ändert sich am Ergebnis nicht viel mit Vipassana, man ändert nur die Methode und die Blickrichtung.








Sri Aurobindo » Mi 6. Mai 2015, 21:51 hat geschrieben:Bei seiner Suche kam der Buddha schließlich zu der Erkenntnis - es gibt nichts, was nicht vergänglich, was nicht anicca (http://de.wikipedia.org/wiki/Anicca) wäre.
Das ist eine korrekte Erkenntnis durch Schlussfolgerung bei Beobachtung sowohl der Aussen-, als auch der Innenwelt.
David hatte diese Erkenntnis ebenfalls ca. 1.000 v.Chr. gewonnen und sie in den Psalmen festgehalten (z.B. Psalm 90) und sein Sohn Salomo ebenfalls, was er in den Kapiteln des Buches Prediger zu diesem Thema äussert und beschreibt.









Sri Aurobindo » Mi 6. Mai 2015, 21:51 hat geschrieben:Ja so in etwa sieht es Aurobindo. Er zeigt noch einen weiteren Unterschied auf. So würden die Buddhisten versuchen den Weg ganz aus eigener Kraft zu gehen. Laut Aurobindos Aussage führt aber erst die Hinwendung zu Gott mit Bitte um Transformation zu einer vollständigen Läuterung. Nur auf diese Weise realisiert die reinkarnierende Seele das höchste Ziel der Natur in der Welt.
Aurobindo geht von einem Gott aus, der eine Person ist?
Was ist denn gemäss Aurobindo das "höchtste Ziel der Natur in der Welt"?
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Re: Vipassana

Beitrag von Sri Aurobindo »

Ich trenne das mal auf - sind ja alles eigene Aspekte
PublicEye » Heute 12:44 hat geschrieben: Konzentriert man sich auf sich selbst, rsp. auf sein Inneres, so läuft das schlussendlich darauf hinaus, eine rein subjektive Beobachtung zu machen, also die Beobachtung der eigenen Reaktion auf die Reize der Aussenwelt.
So ist jedoch ebenfalls nur eine Teilwahrnehmung der Aussenwelt möglich...
Es ändert sich am Ergebnis nicht viel mit Vipassana, man ändert nur die Methode und die Blickrichtung.
Ich habe die Technik noch nicht vollständig dargestellt. Deshalb kann das bisher noch nicht verständlich werden.

Dafür muss man etwas tiefer in die Theorie gehen. Es geht um die Frage, wie oder was wir sind. Es geht um das Prinzip von Ursache und Wirkung - als um Karma. Wir sind in jedem Augenblick das Resultat unserer Vergangenheit. Unsere Vergangenheit führt genau zu der Wesenskonstitution, die wir in der Gegenwart, im Augenblick, sind.

Vipassana will diese Kausalität durchbrechen. Das gelingt dadurch, dass man nicht mehr agiert. Nicht agieren gelingt dadurch, dass man gleichmütig das Geschehende nur beobachtet. Dabei erlebt man, wie Impulse zu Denken oder Handeln auftauchen - kann aber in der Meditation mit Achtsamkeit auf die Gegenwart, also auf die gegenwärtigen Empfindungen, Gleichmut bewahren. Dadurch folgt dem Impuls keine Aktion, die Aktion verebbt anstatt neuen Samen für leidvolles Agieren zu sähen.
(Diese Ursache-Wirkung-Knoten nennt man Sankharas - diese Sankharas lösen sich durch Vipassana auf - das lindert gleich zu Beginn viele psychosomatische Störungen.)

Diese Meditation geht dabei soweit, dass sich die gesamte innere Kette von Ursache und Wirkung soweit auflöst, dass der Geist so rein und fein wird, dass er die Grenzen des Körpers transzendieren kann. Und diese Transzendenz nennt sich Nirvana.
Zuletzt geändert von Sri Aurobindo am Do 7. Mai 2015, 23:11, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Vipassana

Beitrag von Sri Aurobindo »

PublicEye » Heute 12:44 hat geschrieben:Das ist eine korrekte Erkenntnis durch Schlussfolgerung bei Beobachtung sowohl der Aussen-, als auch der Innenwelt.
David hatte diese Erkenntnis ebenfalls ca. 1.000 v.Chr. gewonnen und sie in den Psalmen festgehalten (z.B. Psalm 90) und sein Sohn Salomo ebenfalls, was er in den Kapiteln des Buches Prediger zu diesem Thema äussert und beschreibt.
Ich zweifle allerdings an der Erkenntnis - weil ich an die Existenz eines unsterblichen, unwandelbaren Selbst/Atman/Seele glaube.

Die Buddhisten sagen, auch das Selbst löst sich im Nirvana auf.
Die nennen das anātman.
http://de.wikipedia.org/wiki/Anatta
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Re: Vipassana

Beitrag von Sri Aurobindo »

PublicEye » Heute 12:44 hat geschrieben:Aurobindo geht von einem Gott aus, der eine Person ist?
Ja.
Er sagt das Brahman, als absolute (und einzige) Wirklichkeit, besitzt sowohl einen personellen als auch einen apersonellen Aspekt. "Er" ist zugleich Schöpfer,Schöpfung und (alle) erfahrende Subjekte in der Schöpfung (beseelt die Schöpfung)
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Re: Vipassana

Beitrag von Sri Aurobindo »

PublicEye » Heute 12:44 hat geschrieben: Was ist denn gemäss Aurobindo das "höchtste Ziel der Natur in der Welt"?
Sein Yoga zielt auf die Transformation des menschlichen Wesens auf allen Ebenen.

Es geht um die vollständige Einsicht in die Natur Gottes - das wird durch die Identität mit Gott möglich.
Diese innere Identität führt zu absolutem Bewusstsein, absolutem Sein und absoluter Seligkeit. (saccidananda)

Und mit diesem Bewusstsein agiert dieses Wesen als bewusstes Werkzeug für den göttlichen Willen in der Welt.

... so in etwa - ganz kurz umrissen.
Don Quijote

Re: Vipassana

Beitrag von Don Quijote »

Du bist offensichtlich höchstens 2,5 cm abgehoben - sonst würdest Du Dich nicht mit fremden Leuten, die Du weder kennst und siehst, in einem Forum herumärgern und streiten. ;)
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Re: Vipassana

Beitrag von Sri Aurobindo »

Don Quijote » vor 14 Minuten hat geschrieben:Du bist offensichtlich höchstens 2,5 cm abgehoben - sonst würdest Du Dich nicht mit fremden Leuten, die Du weder kennst und siehst, in einem Forum herumärgern und streiten. ;)
Wie kommst Du darauf, dass ich mich ärgere?

Aber keine Angst - ich habe die Bodenhaftung nicht verloren - auch keine 2,5 cm.
Zumindest nicht abseits der Meditation.
;)
Don Quijote

Re: Vipassana

Beitrag von Don Quijote »

Sri Aurobindo » Fr 8. Mai 2015, 00:10 hat geschrieben: Wie kommst Du darauf, dass ich mich ärgere?

Aber keine Angst - ich habe die Bodenhaftung nicht verloren - auch keine 2,5 cm.
Zumindest nicht abseits der Meditation.
;)
Wie ich darauf komme?

Ich habe mir Deine Postings angeschaut. - Besonders im Zusammenhang mit Dark Angel. :D
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Re: Vipassana

Beitrag von Sri Aurobindo »

Don Quijote » vor 6 Minuten hat geschrieben:
Wie ich darauf komme?

Ich habe mir Deine Postings angeschaut. - Besonders im Zusammenhang mit Dark Angel. :D
das ist aber schon eine Weile her
... und ja, wenn ich so zurückblicke, seit dem habe ich doch sehr viel Gleichmut entwickelt.
:cool:

Aber wirklich, ich bin beeindruckt, dass es so etwas, wie Vipassana tatsächlich gibt.
Nach so etwas hatte ich mein halbes Leben lang gesucht ... ich habe gut 18 Jahre lang versucht zu meditieren ... aber eine richtige, meine, Technik habe ich erst jetzt gefunden.

ich wollte weniger über meine persönlichen Erfahrungen berichten.
:)
Don Quijote

Re: Vipassana

Beitrag von Don Quijote »

Sri Aurobindo » Sa 9. Mai 2015, 00:49 hat geschrieben: das ist aber schon eine Weile her
... und ja, wenn ich so zurückblicke, seit dem habe ich doch sehr viel Gleichmut entwickelt.
:cool:

Aber wirklich, ich bin beeindruckt, dass es so etwas, wie Vipassana tatsächlich gibt.
Nach so etwas hatte ich mein halbes Leben lang gesucht ... ich habe gut 18 Jahre lang versucht zu meditieren ... aber eine richtige, meine, Technik habe ich erst jetzt gefunden.

ich wollte weniger über meine persönlichen Erfahrungen berichten.
:)
erst, wenn ich dich hier nicht mehr sehe - bin ich überzeugt von deiner Läuterung.



Alles Jute. - :)
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Re: Vipassana

Beitrag von Joker »

Sri Aurobindo » So 3. Mai 2015, 19:24 hat geschrieben:Vor einigen Tagen war ich zu einem 10-Tage Vipassana-Seminar in Triebel. Weil ich diese Erfahrung zu den wichtigsten meines bisherigen Lebens zähle, möchte ich kurz davon berichten. Weniger von meinen persönlichen Erfahrungen als mehr darüber, was Vipassana ist, was es bewirkt und was letztlich das Ziel ist.

Ich habe das Religionsforum gewählt, obwohl die Technik an sich auch sehr gut in das Wissenschaftsforum passen würde. Es geht nicht um Glauben, aber letztlich doch um etwas, das die Naturwissenschaft bisher nicht empirisch erfassen kann. Es geht um Erfahrungen, die jeder für sich nachvollziehen kann und muss.

Vipassana zielt darauf ab unser Leiden dadurch zu überwinden, dass es die Wurzeln des Leiden Stück für Stück eliminiert. Leid entsteht immer dann, wenn die Welt anders ist, als wir sie uns wünschen. Und wie wir alle wissen, gehorcht die Welt nur sehr selten unserem Willen.

Vipassana ist eine Meditationstechnik. Ihr oberstes Ziel ist die Entwicklung von Gleichmut. Dafür widmet man alle Aufmerksamkeit den Empfindungen im Körper. Denn nur eine Empfindung ist augenblicklich und unmittelbar. Alles andere, was wir von der Welt erfahren ist bereits vergangen, wenn wir uns dessen bewusst werden.

So zeigt das visuelle Bild, das wir mit Hilfe der Augen erfassen, eine bereits vergangene Situation. Einerseits ist das Licht bereits einige Zeit unterwegs, bevor es die Netzhaut trifft und anderseits benötigt unsere Gehirn Zeit, um aus der bloßen Reizung der Netzhaut das Bild konstruiert, das uns dann als visuelles Bild der Wirklichkeit erscheint.

Gleiches gilt für alle anderen verarbeiteten Sinneseindrücke und auch für Gefühle und Gedanken. Die Empfindungen (engl. sensations) hingegen sind augenblicklich und damit real.

Unser gesamter Körper ist von Nerven durchdrungen. Und diese Nerven senden jederzeit Informationen an das Gehirn. Uns wird das allerdings nur in den allerwenigsten Fällen bewusst. Z.B., wenn wir Schmerz empfinden. Unser Unterbewusstsein verarbeitet allerdings die gesamte Fülle dieser Informationen. Bewusst wird immer nur die „Spitze des Eisbergs“.

Vipassana ist eine Technik mit der man die Sensibilität, d.h. die Spürfähigkeit der Körper-Geist-Einheit trainiert. Dafür „tastet“ man während der Meditation mit seiner Achtsamkeit den gesamten Körper - von Kopf zu Fuß - Stück für Stück ab und wartet an jedem Ort solange, bis genau an dieser Körperstelle eine Empfindung völlig natürlich auftritt.

Das ist allerdings nur der eine Teil der Übung. Der andere Teil besteht darin diese Empfindung gleichmütig zu „betrachten“. Normalerweise reagiert der Geist auf jede Empfindung entweder mit Aversion oder mit Attraktion. Beide Reaktionen verursachen Leid. Man bemüht sich also während der Meditation z.B. Schmerzen in den Beinen vom lange Sitzen nicht mit Aversion zu begegnen, sondern mit Gleichmut. D.h. man „schaut“, wie fühlt sich der Schmerz an, welche Körperstellen nimmt er ein, wo ist das Zentrum. Man untersucht die Empfindung also objektiv, ganz ohne sie zu bewerten.

Grundlage für Gleichmut ist die Erkenntnis, dass jede Empfindung entsteht, andauert und wieder verschwindet. Mit diesem Wissen lernt man diesen Prozess der Genese und des Vergehens einer jeden Empfindungen gleichmütig zu beobachten.

Zu Beginn dieser Übung bemerkt man, dass große Teile des Körpers „blind“ sind. Es scheint unmöglich dort eine natürliche Empfindung zu fühlen. Mit der Zeit und Praxis entwickelt sich aber die Sensibilität immer weiter und nach und nach kann man überall, wohin man seine Achtsamkeit lenkt, Empfindungen wahrnehmen.

Gleichzeitig versinkt der Geist dabei Stück für Stück tiefer in einen meditativen Zustand. Die Außenwelt verblasst zunehmend und man ist nur noch mit den eigenen Empfindungen beschäftigt. Und auf diese Weise treten wir zeitweise auch von den festgefahrenen Denkmustern zurück. Es kommen zwar immer wieder Impulse dieser Denkschleifen zum Vorschein. Diesen kann man aber in diesem Moment sehr leicht mit Gleichmut begegnen. Und so lösen sich diese festgefahrenen Denkmuster mit der Zeit immer mehr auf. Man befreit sich von diesen lästigen alltäglichen Denkschleifen, die immer wieder hervortreten und die Ärger verursachen, der uns jeden Tag sehr viel Energie raubt.

Ziel von Vipassana ist also vor allem die Entwicklung von Gleichmut und das nicht nur während der Meditation, sondern auch im Leben. Das gelingt dadurch, dass man nun viel besser spüren kann, wie jede Erfahrung, jedes Gefühl und auch jeder Gedanke eine Empfindung irgendwo im Körper auslöst.

Wenn wir uns z.B. ärgern, dann fällt uns diese Tatsache meist gar nicht auf. Wir sind in diesem Moment mit unserer Aufmerksamkeit nicht bei unserem Körper und seinen Empfindungen, sondern ganz bei dem Objekt unseres Ärgers. Und so reagieren wir nicht gleichmütig, sondern eben mit Ärger - und Ärger ist alles andere als angenehm.

Wenn man Vipassana praktiziert, dann fällt es viel leichter die Aufmerksamkeit im Moment des Ärgers auf den Körper zu richten. Man schaut, was macht der Ärger mit mir. Welche Empfindungen, an welcher Stelle im Körper tritt dabei auf. Zugleich richtet man die Aufmerksamkeit auf den Atem - denn auch der Atem verändert sich durch den Ärger. Wenn es gelingt im Moment eines Ärgernisses die Aufmerksamkeit auf die Empfindungen des Körpers und den Atem zu lenken, dann ebbt der Ärger sehr schnell ab. Das Feuer der Wut erhält keinen neuen Brennstoff - man kommt schnell wieder „von der Palme“ herunter.

Das letzte Ziel von Vipassana geht allerdings weit darüber hinaus. In sehr tiefen meditativen Zuständen verändert sich die Erfahrung der Wirklichkeit fundamental. Diese Erfahrungen nennt man Nirvana. Dafür muss allerdings zunächst die Sensibilität für Empfindungen so weit entwickelt sein, dass man jeden noch so kleinen Teil des Körpers erspüren kann.

https://www.dhamma.org/de/about/art

Ich kann aus persönlicher Erfahrung diese Seminare uneingeschränkt empfehlen. Allerdings ist ein solches Vipassana-Seminar keinesfalls Wellness. Es ist anstrengend und wirklich harte Arbeit. Man meditiert jeden Tag etwa 10 Stunden - mindestens eine Stunde am Stück. Der Tag beginnt 4:00 Uhr morgens und endet 21:30. Jeglicher Kontakt zur Außenwelt wird aufgegeben, d.h. es werden keine elektronischen Geräte geduldet und man verpflichtet sich für 9 der 10 Tage zu schweigen.

Interessant ist auch die Finanzierung. Das Seminar kostet generell nichts. Man kann allerdings nach Beendigung eine Spende geben. Diese dient nicht dazu die eigenen Kosten zu tragen, sondern dafür es auch anderen Schülern zu ermöglichen einen solchen Kurz zu besuchen.

Alle Mitarbeiter arbeiten ehrenamtlich - sie erhalten auch keinerlei Aufwandsentschädigung oder Reisekosten. Eine Spende dient deshalb in jedem Fall hundertprozentig der Verbreitung von Vipassana.
Das mit dem Gleichmut ,also das mit den Leck mich am Arsch und von der Palme runter, erreichste auch mit Kiffen.

Wobei ich ja schon der Überzeugung bin dass das Kiffen bei solchen Seminaren ein ganz wesentlicher Bestandteil ist
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Re: Vipassana

Beitrag von Sri Aurobindo »

Joker » Heute 08:51 hat geschrieben: Das mit dem Gleichmut ,also das mit den Leck mich am Arsch und von der Palme runter, erreichste auch mit Kiffen.

Wobei ich ja schon der Überzeugung bin dass das Kiffen bei solchen Seminaren ein ganz wesentlicher Bestandteil ist
Du hast die Bedeutung des Begriffes Gleichmut nicht wirklich erfasst.
Das hat mit "Leck mich am Arsch" nämlich nichts zu tun.

Und zu Deiner Überzeugung kann ich Dir aus eigener Erfahrung sagen, sie ist falsch. Selbst Raucher müssen dort für 10 Tage abstinent bleiben. Es gibt auch keine Möglichkeit heimlich zu rauchen. ... Aber wer ernsthaft an einem solchen Seminar teilnimmt, verzichtet freiwillig.

Hier die 5 Grundregeln
http://www.dvara.dhamma.org/Teilnahmebe ... .html?&L=1
Alle Teilnehmer an einem Vipassana-Kurs müssen für die Dauer des Kurses die folgenden fünf Regeln gewissenhaft beachten:

kein lebendes Wesen zu töten;
nicht zu stehlen;
sich jeglicher sexueller Aktivitäten zu enthalten;
nicht zu lügen;
keine Rauschmittel irgendwelcher Art (einschl. Tabak und Alkohol) zu sich zu nehmen.
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Re: Vipassana

Beitrag von Provokateur »

Aber wer auf einen Wurm tritt oder nachts eine Spinne verschluckt, der tötet doch. Das kann man gar nicht verhindern.
Harry riss sich die Augen aus dem Kopf und warf sie tief in den Wald. Voldemort schaute überrascht zu Harry, der nun nichts mehr sehen konnte.
twitter.com/Provokateur_Tom
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Re: Vipassana

Beitrag von Sri Aurobindo »

Provokateur » Heute 18:50 hat geschrieben:Aber wer auf einen Wurm tritt oder nachts eine Spinne verschluckt, der tötet doch. Das kann man gar nicht verhindern.
Das war mir auch durch den Kopf gegangen, als ich in den Pausen dort im anliegenden Wald spazieren ging.

Aber ich denke, es geht wohl vor allem darum, dass man versucht keine Tiere zu töten - und vor allem auch keine Tiere mit Absicht tötet - also eine Mücke vielleicht stechen lassen und sie nicht erschlagen?
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Re: Vipassana

Beitrag von Sri Aurobindo »

Im April werde ich das zweite zum Vipassana gehen ... das erste Mal hat mein Leben sehr tiefgründig verändert - ich bin sehr gespannt, wie das nächste Mal wird.
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Re: Vipassana

Beitrag von Lomond »

Hab jetzt mal nachgeschaut, was Vipassana denn bedeutet:
Vipassanā (pali „Einsicht“) bezeichnet im Buddhismus die „Einsicht“ in die Drei Daseinsmerkmale Unbeständigkeit (anicca), Leidhaftigkeit bzw. Nichtgenügen (dukkha) und Nicht-Selbst (anatta).[1]

Der Übungsweg zur Entfaltung dieser Einsicht wird „Vipassana-Meditation“ (vipassanā-bhāvanā), „Einsichtsmeditation“ oder „Vipassana-Praxis“ genannt.[2] Vipassana-Praxis ist ein Weg, um das durch Nichtsehen (avijjâ) und Verblendung (kilesa) verursachte Leiden (dukkha) zu überwinden bzw. im Leben die Befreiung des Nirwana zu erlangen. Er wird auf einen Kommentar (Visuddhi-Magga) zu den im Pali-Kanon überlieferten Lehrreden des historischen Buddha zurückgeführt.

Die Vipassana-Praxis und das Erreichen ihrer Ziele ist grundsätzlich an keine Religionszugehörigkeit gebunden. Vipassana-Meditation wird auch von Nicht-Buddhisten geübt und gelehrt. Wesentlicher Teil der verschiedenen Schulungsmethoden ist die Übung von Achtsamkeit (sati). In der psychologischen Literatur wird Vipassana-Meditation gewöhnlich „Achtsamkeitsmeditation“ statt Einsichtsmeditation genannt.[3]

Die „Vipassana-Bewegung“[4] ist eine lose geknüpfte Laien- und Ordiniertenbewegung, die im Theravada-Buddhismus ihren Ursprung hat. Sie umfasst heute zahlreiche „Vipassana-Lehrer“, „Vipassana-Schüler“, „Vipassana-Kurse“, „Vipassana-Meditationszentren“ und „Vipassana-Gemeinschaften“.
https://de.wikipedia.org/wiki/Vipassana
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Fadamo
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Re: Vipassana

Beitrag von Fadamo »

Sri Aurobindo » So 3. Mai 2015, 18:24 hat geschrieben:Vor einigen Tagen war ich zu einem 10-Tage Vipassana-Seminar in Triebel. Weil ich diese Erfahrung zu den wichtigsten meines bisherigen Lebens zähle, möchte ich kurz davon berichten. Weniger von meinen persönlichen Erfahrungen als mehr darüber, was Vipassana ist, was es bewirkt und was letztlich das Ziel ist.

Ich habe das Religionsforum gewählt, obwohl die Technik an sich auch sehr gut in das Wissenschaftsforum passen würde. Es geht nicht um Glauben, aber letztlich doch um etwas, das die Naturwissenschaft bisher nicht empirisch erfassen kann. Es geht um Erfahrungen, die jeder für sich nachvollziehen kann und muss.

Vipassana zielt darauf ab unser Leiden dadurch zu überwinden, dass es die Wurzeln des Leiden Stück für Stück eliminiert. Leid entsteht immer dann, wenn die Welt anders ist, als wir sie uns wünschen. Und wie wir alle wissen, gehorcht die Welt nur sehr selten unserem Willen.

Vipassana ist eine Meditationstechnik. Ihr oberstes Ziel ist die Entwicklung von Gleichmut. Dafür widmet man alle Aufmerksamkeit den Empfindungen im Körper. Denn nur eine Empfindung ist augenblicklich und unmittelbar. Alles andere, was wir von der Welt erfahren ist bereits vergangen, wenn wir uns dessen bewusst werden.

So zeigt das visuelle Bild, das wir mit Hilfe der Augen erfassen, eine bereits vergangene Situation. Einerseits ist das Licht bereits einige Zeit unterwegs, bevor es die Netzhaut trifft und anderseits benötigt unsere Gehirn Zeit, um aus der bloßen Reizung der Netzhaut das Bild konstruiert, das uns dann als visuelles Bild der Wirklichkeit erscheint.

Gleiches gilt für alle anderen verarbeiteten Sinneseindrücke und auch für Gefühle und Gedanken. Die Empfindungen (engl. sensations) hingegen sind augenblicklich und damit real.

Unser gesamter Körper ist von Nerven durchdrungen. Und diese Nerven senden jederzeit Informationen an das Gehirn. Uns wird das allerdings nur in den allerwenigsten Fällen bewusst. Z.B., wenn wir Schmerz empfinden. Unser Unterbewusstsein verarbeitet allerdings die gesamte Fülle dieser Informationen. Bewusst wird immer nur die „Spitze des Eisbergs“.

Vipassana ist eine Technik mit der man die Sensibilität, d.h. die Spürfähigkeit der Körper-Geist-Einheit trainiert. Dafür „tastet“ man während der Meditation mit seiner Achtsamkeit den gesamten Körper - von Kopf zu Fuß - Stück für Stück ab und wartet an jedem Ort solange, bis genau an dieser Körperstelle eine Empfindung völlig natürlich auftritt.

Das ist allerdings nur der eine Teil der Übung. Der andere Teil besteht darin diese Empfindung gleichmütig zu „betrachten“. Normalerweise reagiert der Geist auf jede Empfindung entweder mit Aversion oder mit Attraktion. Beide Reaktionen verursachen Leid. Man bemüht sich also während der Meditation z.B. Schmerzen in den Beinen vom lange Sitzen nicht mit Aversion zu begegnen, sondern mit Gleichmut. D.h. man „schaut“, wie fühlt sich der Schmerz an, welche Körperstellen nimmt er ein, wo ist das Zentrum. Man untersucht die Empfindung also objektiv, ganz ohne sie zu bewerten.

Grundlage für Gleichmut ist die Erkenntnis, dass jede Empfindung entsteht, andauert und wieder verschwindet. Mit diesem Wissen lernt man diesen Prozess der Genese und des Vergehens einer jeden Empfindungen gleichmütig zu beobachten.

Zu Beginn dieser Übung bemerkt man, dass große Teile des Körpers „blind“ sind. Es scheint unmöglich dort eine natürliche Empfindung zu fühlen. Mit der Zeit und Praxis entwickelt sich aber die Sensibilität immer weiter und nach und nach kann man überall, wohin man seine Achtsamkeit lenkt, Empfindungen wahrnehmen.

Gleichzeitig versinkt der Geist dabei Stück für Stück tiefer in einen meditativen Zustand. Die Außenwelt verblasst zunehmend und man ist nur noch mit den eigenen Empfindungen beschäftigt. Und auf diese Weise treten wir zeitweise auch von den festgefahrenen Denkmustern zurück. Es kommen zwar immer wieder Impulse dieser Denkschleifen zum Vorschein. Diesen kann man aber in diesem Moment sehr leicht mit Gleichmut begegnen. Und so lösen sich diese festgefahrenen Denkmuster mit der Zeit immer mehr auf. Man befreit sich von diesen lästigen alltäglichen Denkschleifen, die immer wieder hervortreten und die Ärger verursachen, der uns jeden Tag sehr viel Energie raubt.

Ziel von Vipassana ist also vor allem die Entwicklung von Gleichmut und das nicht nur während der Meditation, sondern auch im Leben. Das gelingt dadurch, dass man nun viel besser spüren kann, wie jede Erfahrung, jedes Gefühl und auch jeder Gedanke eine Empfindung irgendwo im Körper auslöst.

Wenn wir uns z.B. ärgern, dann fällt uns diese Tatsache meist gar nicht auf. Wir sind in diesem Moment mit unserer Aufmerksamkeit nicht bei unserem Körper und seinen Empfindungen, sondern ganz bei dem Objekt unseres Ärgers. Und so reagieren wir nicht gleichmütig, sondern eben mit Ärger - und Ärger ist alles andere als angenehm.

Wenn man Vipassana praktiziert, dann fällt es viel leichter die Aufmerksamkeit im Moment des Ärgers auf den Körper zu richten. Man schaut, was macht der Ärger mit mir. Welche Empfindungen, an welcher Stelle im Körper tritt dabei auf. Zugleich richtet man die Aufmerksamkeit auf den Atem - denn auch der Atem verändert sich durch den Ärger. Wenn es gelingt im Moment eines Ärgernisses die Aufmerksamkeit auf die Empfindungen des Körpers und den Atem zu lenken, dann ebbt der Ärger sehr schnell ab. Das Feuer der Wut erhält keinen neuen Brennstoff - man kommt schnell wieder „von der Palme“ herunter.

Das letzte Ziel von Vipassana geht allerdings weit darüber hinaus. In sehr tiefen meditativen Zuständen verändert sich die Erfahrung der Wirklichkeit fundamental. Diese Erfahrungen nennt man Nirvana. Dafür muss allerdings zunächst die Sensibilität für Empfindungen so weit entwickelt sein, dass man jeden noch so kleinen Teil des Körpers erspüren kann.

https://www.dhamma.org/de/about/art

Ich kann aus persönlicher Erfahrung diese Seminare uneingeschränkt empfehlen. Allerdings ist ein solches Vipassana-Seminar keinesfalls Wellness. Es ist anstrengend und wirklich harte Arbeit. Man meditiert jeden Tag etwa 10 Stunden - mindestens eine Stunde am Stück. Der Tag beginnt 4:00 Uhr morgens und endet 21:30. Jeglicher Kontakt zur Außenwelt wird aufgegeben, d.h. es werden keine elektronischen Geräte geduldet und man verpflichtet sich für 9 der 10 Tage zu schweigen.

Interessant ist auch die Finanzierung. Das Seminar kostet generell nichts. Man kann allerdings nach Beendigung eine Spende geben. Diese dient nicht dazu die eigenen Kosten zu tragen, sondern dafür es auch anderen Schülern zu ermöglichen einen solchen Kurz zu besuchen.

Alle Mitarbeiter arbeiten ehrenamtlich - sie erhalten auch keinerlei Aufwandsentschädigung oder Reisekosten. Eine Spende dient deshalb in jedem Fall hundertprozentig der Verbreitung von Vipassana.


Ich gehe doch nicht in eine Sekte rein. :mad2:
10 Tage schweigen geht bei mir schon gar nicht. Und ohne meinem PC läuft auch nix.


Sri Aurobindo hat geschrieben: Du hast die Bedeutung des Begriffes Gleichmut nicht wirklich erfasst.
Das hat mit "Leck mich am Arsch" nämlich nichts zu tun.

Und zu Deiner Überzeugung kann ich Dir aus eigener Erfahrung sagen, sie ist falsch. Selbst Raucher müssen dort für 10 Tage abstinent bleiben. Es gibt auch keine Möglichkeit heimlich zu rauchen. ... Aber wer ernsthaft an einem solchen Seminar teilnimmt, verzichtet freiwillig.

Hier die 5 Grundregeln
http://www.dvara.dhamma.org/Teilnahmebe ... .html?&L=1

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Wahrscheinlich nur mit dem kursleiter,wa ? :D :D :D
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Re: Vipassana

Beitrag von Lomond »

Fadamo » Fr 20. Nov 2015, 18:39 hat geschrieben:


10 Tage schweigen geht bei mir schon gar nicht.




Manch einem tät's aber gut tun. :cool: ;)
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Re: Vipassana

Beitrag von Laertes »

Fadamo » Fr 20. Nov 2015, 17:39 hat geschrieben:Ich gehe doch nicht in eine Sekte rein. :mad2:
10 Tage schweigen geht bei mir schon gar nicht. Und ohne meinem PC läuft auch nix.
Nicht rauchen,kein alkohol und wie sieht es mit sex machen aus :?:
Wahrscheinlich nur mit dem kursleiter,wa ?
Keine Sorge bei dir besteht ganz bestimmt keine akute Erleuchtungsgefahr.
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Re: Vipassana

Beitrag von Laertes »

Wer einfach nur mal am Feierabend in das Thema Vipassana rein schnuppern will, dem kann ich diese einfache Einführung empfehlen. Oder diese
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