Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

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schokoschendrezki
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(07 Dec 2017, 12:40)

Man kann eine persönliche Biografie nicht unabhängig vom Land betrachten, in dem man aufwuchs. Hast du auch selbst irgendwo weiter oben über dich geschrieben: Dass man angesichts bestimmter Erfahrungen mit Ordnungen sehr ordnungskritisch ist (meine Worte jetzt).

Es ist eine Frage der Betrachtung. Viele Ostler spüren ja gerade im Zuge von Wahlergebnissen im Osten, dass man ihre Biografien mit Blick auf die DDR auch individuell abwertet. Die DDR war sche*ße, also sind es auch die Biografien, und deshalb wählen diese Verrückten jetzt verrückt - so kommt wird das durchaus verkürzt.

Aber ich sehe, du bleibst hartnäckig bei deinem angeblich bindungsfreien Individualismus. ;) Aber glaubst du, jemand der in Somalia fünf verschiedene Terrororganisationen als Dorfbeschützer überlebt hat, würde sich auch das Verschwinden aller Ordnung und deinen Anarchismus wünschen? Ordnung ist natürlich auch Zwang, aber sie ist auch Schutz. Freiheit und Ordnung muss man nicht als Feinde verstehen, sondern sie bedingen einander. Ohne Ordnung gibt's nun einmal keine Freiheit, sondern den Krieg aller gegen alle. Und Ordnung funktioniert dann am besten, wenn sie unmerklich aus den BEziehungen der Menschen heraus entsteht. Das trägt den Rechtsstaat. Und das kann man abfragen. Je mehr Menschen in einem Staat die Frage, ob sie anderen Menschen grundsätzlich vertrauen, mit Ja beantworten, umso freiheitlicher und leistungsfähiger ist so ein Staat.
Ich rede nicht von einer grundsätzlich bestehenden statischen "Bindungsfreiheit" sondern von dem gegenwärtigen und aktuellen dynamischen realen Prozess der allgemeinen Bindungsauflösungen. Heute früh hörte ich eine Reportage über die letzten bestehenden SPD-Hochburgen mit 60+-Wahlergebnis. Am Beispiel Suurhusen bei Emden. Grund: Die große Mehrheit ist in der Kirchengemeinde aktiv, in einem Sportverein aktiv, im Kaninchenzüchterverein aktiv oder in allen dreien aktiv. Man kennt sich. Man weiß, wo man hingehört. Man steht zumeist auch beruflich in einer Familientradition. Ich weiß nur, dass ich den unaufhaltbaren Untergang oder zumindest grundlegenden Wandel dieser Welt nicht einfach ignorieren und verschlafen oder gar noch bejammern will. Sondern - wenn er denn schon unzweifelhaft stattfindet - lieber proaktiv dabei sein will.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Sextus Ironicus
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(07 Dec 2017, 14:29)

Ich rede nicht von einer grundsätzlich bestehenden statischen "Bindungsfreiheit" sondern von dem gegenwärtigen und aktuellen dynamischen realen Prozess der allgemeinen Bindungsauflösungen. Heute früh hörte ich eine Reportage über die letzten bestehenden SPD-Hochburgen mit 60+-Wahlergebnis. Am Beispiel Suurhusen bei Emden. Grund: Die große Mehrheit ist in der Kirchengemeinde aktiv, in einem Sportverein aktiv, im Kaninchenzüchterverein aktiv oder in allen dreien aktiv. Man kennt sich. Man weiß, wo man hingehört. Man steht zumeist auch beruflich in einer Familientradition. Ich weiß nur, dass ich den unaufhaltbaren Untergang dieser Welt nicht einfach ignorieren und verschlafen will. Sondern - wenn er denn schon unzweifelhaft stattfindet - lieber proaktiv dabei sein will.
Du bist echt schon bewaffnet? :?

;)

Wir kommen darauf zurück, was diese Auflösung bedeutet, wenn wir den Reckwitz analysieren. Denn diese "Valorisierungskultur" hin zum Besonderen findet ja nicht ohne Grundlagen im leeren Raum statt und ist als systemische Beschreibung sehr präzise, allerdings sagt sie definitionsgemäß und in Einklang mit modernen Systemtheorien nichts über irgendwelche Akteure und die Voraussetzungen ihres Handelns. Und ich habe auch mal extra, weil ich so genervt war von diesen toten Systemen (was das Buch aber nicht schlecht machen soll) bei Sapolsky (Gewalt und Mitgefühl) die Kapitel über Individualkulturen und Kollektivkulturen aus Sicht der Neurowissenschaften/Biologie nachgelesen. Da steckt eins der fehlenden Glieder drin, für die Soziologen leider keinen Sinn haben (müssen).
… habe ich mich sorgsam bemüht, menschliche Tätigkeiten nicht zu verlachen, nicht zu beklagen und auch nicht zu verdammen, sondern zu begreifen. (Spinoza)
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(07 Dec 2017, 13:33)

Ich glaube, schokoschendrezki, dass einfach schon viel damit getan wäre (so, wie es auch think twice und Sextus Ironicus gerade eben schrieben), wenn wir uns gegenseitig die verschiedensten Lebenswirklichkeiten erzählen und sie einfach so stehen lassen würden. Denn es ist, glaube ich, von außen nur schwer zu beurteilen, ob einer in solch einer "Gesellschaftsordnung" (blödes Wort, mir fällt aber im Moment kein anderes ein) halbwegs vernünftig und sinnerfüllt leben konnte oder nicht. Ich denke mal, so etwas geht durchaus. Ich werde heute auch oft gefragt, wie ich nur solch ein Spagat aushalten konnte, einerseits selbst von den DDR-Oberen diskriminiert worden zu sein und andererseits weiterhin neben all der Schei... auch Positives am damaligen Leben zu sehen und mich davon auch nicht abbringen zu lassen... bis heute. Solche Überschriften vom "Unrechtsstaat" und der "grausamen Diktatur" beschreiben nicht annähernd genau, welche Ambivalenz man in seinem eigenen Leben aushalten kann. Und damit nicht einmal ständig todunglücklich ist. Ich denke auch, dass man das in diesen Strukturen ("Kapitalismus" wird wohl nicht so gerne gehört), in denen wir uns seit den 90ern befinden, ebenfalls immer können muss: Ambivalenz aushalten. Ich konnte damals schon nicht verstehen, wenn einige Leute so einseitig das Hohelied auf den Sozialismus anstimmten, ohne seine Verwerfungen gleichfalls mit beim Namen zu nennen. Aber dasselbe kann ich auch heute nicht verstehen: Es gibt ein weitverbreitetes unkritisches Zur-Kenntnis-Nehmen der Verhältnisse, fast kein (zumindest kein öffentliches) Hinterfragen, ob vielleicht auch an den Grundfesten etwas nicht ganz stimmt. Und dieselbe Skepsis, die ich damals hatte und trotzdem ganz gut mit ihr lebte, habe ich heute wieder. Eine Art Grund-Skepsis gegen alles, was Verherrlichung oder Beschönigung irgendwelcher "Herrschaftsformen" oder auch das Abweisen von grundlegender Kritik anbelangt. Skepsis als eine Art Lebenselixier.
Sehr viele Menschen wissen ja diese Abwesenheit von äußeren Zwängen gar nicht zu nutzen und unterwerfen sich ganz freiwillig und sozusagen sogar "bittend" allen möglichen Zwängen. Aus dieser Perspektive war ein selbstbestimmtes Leben in der DDR-Gesellschaft ganz grundsätzlich vielleicht sogar eher möglich als in der heutigen Bundesrepublik. Auch wenn dies dann realiter auch in der DDR-Gesellschaft nur sehr selten praktiziert wurde. Ich sehe (inzwischen) auch große Teile dieser DDR-Oppositionellen-Kultur kritisch. Zum einen weil auf 10 echte Oppositionelle immer auch ein Stasi-Fritze kam. Das kann man einfach nicht ignorieren. Zum anderen muss es einen Grund haben, dass sich sämtliche ehemaligen DDR-Oppositionsbewegungen irgendwie entweder ganz aufgelöst haben oder im bürgerlichen Grau in Grau verschwunden sind. Ich würde ja gerne mal wissen, wie heute intern bei den Grünen über den Beschluss diskutiert wird, den Namenszusatz "Bündnis 90" aufzunehmen. Der einzige verbliebene bedeutsame DDR-Bürgerrechtler bei den Grünen ist/war der politisch höchst fragwürdige Werner Schulz.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(07 Dec 2017, 15:01)

Sehr viele Menschen wissen ja diese Abwesenheit von äußeren Zwängen gar nicht zu nutzen und unterwerfen sich ganz freiwillig und sozusagen sogar "bittend" allen möglichen Zwängen. Aus dieser Perspektive war ein selbstbestimmtes Leben in der DDR-Gesellschaft ganz grundsätzlich vielleicht sogar eher möglich als in der heutigen Bundesrepublik. Auch wenn dies dann realiter auch in der DDR-Gesellschaft nur sehr selten praktiziert wurde. Ich sehe (inzwischen) auch große Teile dieser DDR-Oppositionellen-Kultur kritisch. Zum einen weil auf 10 echte Oppositionelle immer auch ein Stasi-Fritze kam. Das kann man einfach nicht ignorieren. Zum anderen muss es einen Grund haben, dass sich sämtliche ehemaligen DDR-Oppositionsbewegungen irgendwie entweder ganz aufgelöst haben oder im bürgerlichen Grau in Grau verschwunden sind. Ich würde ja gerne mal wissen, wie heute intern bei den Grünen über den Beschluss diskutiert wird, den Namenszusatz "Bündnis 90" aufzunehmen. Der einzige verbliebene bedeutsame DDR-Bürgerrechtler bei den Grünen ist/war der politisch höchst fragwürdige Werner Schulz.
Ja, interessante Frage. Ich kenne nur einige von den damaligen Bürgerrechtlern, die keine solche prominenten Namen haben und nur in der Region hier bekannt waren. Und von denen erzählte mir neulich einer, dass er unheimlich enttäuscht sei, was von der damaligen Aufbruchsstimmung, die wirklich etwas Revolutionäres an sich hatte, heute noch geblieben sei. Nix. Er verstünde nicht, meinte er, wieso dieselben Leute, die damals mit ihm zusammen so vieles verändert hätten, heute keinerlei Unrechtsgespür und keinerlei Kritikfähigkeit mehr zeigten. Sie hätten sich alle irgendwie angepasst und gingen einem durchschnittlich gut bezahlten Job nach. Die anderen seien arbeitslos oder Rentner wie er. Das sind so ähnliche Geschichten, wie man sie auch von den Alt-68ern des Westens kennt. Die Grünen selbst sind ja zahlenmäßig und auch in ihrer Ausstrahlung völlig unbedeutend in den "neuen" Bundesländern. Aber wem sage ich das.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(07 Dec 2017, 15:27)

Ja, interessante Frage. Ich kenne nur einige von den damaligen Bürgerrechtlern, die keine solche prominenten Namen haben und nur in der Region hier bekannt waren. Und von denen erzählte mir neulich einer, dass er unheimlich enttäuscht sei, was von der damaligen Aufbruchsstimmung, die wirklich etwas Revolutionäres an sich hatte, heute noch geblieben sei. Nix. Er verstünde nicht, meinte er, wieso dieselben Leute, die damals mit ihm zusammen so vieles verändert hätten, heute keinerlei Unrechtsgespür und keinerlei Kritikfähigkeit mehr zeigten. Sie hätten sich alle irgendwie angepasst und gingen einem durchschnittlich gut bezahlten Job nach. Die anderen seien arbeitslos oder Rentner wie er. Das sind so ähnliche Geschichten, wie man sie auch von den Alt-68ern des Westens kennt. Die Grünen selbst sind ja zahlenmäßig und auch in ihrer Ausstrahlung völlig unbedeutend in den "neuen" Bundesländern. Aber wem sage ich das.
Naja. Da haben wir doch schon was an Verbundenheit. Auch wenn die historische Bedeutung eines Rudolf Bahro nicht mit der von Adorno oder Marcuse vergleichbar ist. In ihrer heutigen Aussortiertheit aber vielleicht schon.

Kaum irgendwo wird das, was ich als eine "Überlagerung" des ehemaligen Ost-West-Konflikts durch völlig neue Gegenwärtigkeiten sehe deutlicher, als in der Person Solschenizyns. Der Literaturnobelpreisträger hat mit "Archipel Gulag" das historische Standardwerk zu Kritik an Stalinismus und Sozialismus in seiner diktatorischen Variante geschrieben. Und näherte sich in seiner späten Lebensphase dennoch dem Stalin-Relativierer Putin an. Muss man ihn deshalb "ekelhaft" nennen? Es ist einfach vorbei mit dieser simplen Ost-West-Gegenüberstellung. In Alexander Solschenizyn verband sich Antistalinismus, strammer Natonalismus, tiefste Religiösität, Kapitalismuskritik, Heinrich-Böll-Freundschaft ,,, und nun? Hilfe, ich habe die Orientierung verloren?

Statt über solchen Unsinn wie "Biographie-Entwertung" nachzudenken, sollte man lieber darüber nachdenken, was heute aktuell tatsächlich und wesentlich passiert.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Zunder »

schokoschendrezki hat geschrieben:(07 Dec 2017, 10:03)

Tja. Und genau darüber kann man eben unterschiedlicher Meinung sein. Selbstverständlich besteht auf der individuellen Ebene immer ein Wertebezug. Wenn mir der Erhalt der Natur als Wert wichtig ist, überlege ich eine Weile, lese Parteiprogramme und wähle dann möglicherweise die Grünen. Damit die dann im Parlament sich für entsprechende Gesetzesinitiativen einsetzen oder sogar an einer Regierung beteiligt sind. In gesamtgesellschaftlicher Wahrnehmung müsste ein Wertebezug nur dann eine Rolle spielen, wenn wir dieses System der demokratischen Machtausübung auf der Basis individueller Entscheidungen grundsätzlich in Frage stellen wollen. Und wiederum einen grundlegenden gesellschaftlichen Umbruch herbeiführen wollen, wo es dann gewissermaßen einen neuen Induktionsanfang gibt.
Der Wertebezug besteht dann, wenn es um Werte geht und nicht um ein aufgequollenes Geschwätz, ob "wir dieses System der demokratischen Machtausübung auf der Basis individueller Entscheidungen grundsätzlich in Frage stellen wollen". Die diktatorische Machtausübung basiert auch auf individuellen Entscheidungen. Der Begriff "individuelle Entscheidung" hat keine Qualität. Jedes Kreuz auf einem Wahlzettel ist das Ergebnis einer individuellen Entscheidung. Jeder Genickschuss auch.

Es geht nicht um die individuelle Ebene, sondern um die gesellschaftliche. Am Beispiel des Beschneidungsgesetzees wird doch deutlich, wie Werte kollidieren können und wie Grundrechte gegeneinander abgewogen werden müssen, um ein vernünftiges Zusammenleben möglich zu machen.
Dieser Diskurs läuft nicht nur innerhalb der Rechtsordnung ab.

Die Frage, inwieweit genveränderte Pflanzen Patentschutz genießen können, ist z.B. überhaupt kein rechtliches Problem. Da geht es um Werte, auf deren Basis geltendes Recht erst geschaffen werden muß.
Mit dem Rückzug auf die Rechtsordnung kommst du in einem solchen Fall auf keinen grünen Zweig.
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Selina
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(07 Dec 2017, 21:50)

Naja. Da haben wir doch schon was an Verbundenheit. Auch wenn die historische Bedeutung eines Rudolf Bahro nicht mit der von Adorno oder Marcuse vergleichbar ist. In ihrer heutigen Aussortiertheit aber vielleicht schon.

Kaum irgendwo wird das, was ich als eine "Überlagerung" des ehemaligen Ost-West-Konflikts durch völlig neue Gegenwärtigkeiten sehe deutlicher, als in der Person Solschenizyns. Der Literaturnobelpreisträger hat mit "Archipel Gulag" das historische Standardwerk zu Kritik an Stalinismus und Sozialismus in seiner diktatorischen Variante geschrieben. Und näherte sich in seiner späten Lebensphase dennoch dem Stalin-Relativierer Putin an. Muss man ihn deshalb "ekelhaft" nennen? Es ist einfach vorbei mit dieser simplen Ost-West-Gegenüberstellung. In Alexander Solschenizyn verband sich Antistalinismus, strammer Natonalismus, tiefste Religiösität, Kapitalismuskritik, Heinrich-Böll-Freundschaft ,,, und nun? Hilfe, ich habe die Orientierung verloren?

Statt über solchen Unsinn wie "Biographie-Entwertung" nachzudenken, sollte man lieber darüber nachdenken, was heute aktuell tatsächlich und wesentlich passiert.
Sicher sollte man das. Und ich bin die Letzte, die jammernd sagt, "die Wessis entwerten meine Biografie". Das ist nicht meine Intention und so wichtig ist mir der Blick zurück nun auch wieder nicht. Zumal es in der Gegenwart weiß Gott genug existenzielle Probleme gibt, die man ausführlich beleuchten müsste. Das hat sich hier nur so ergeben wegen einiger Postings. Da spricht man das einmal aus und gut isses. Und ganz nebenbei glaube ich, dass es für die Analyse dessen, was heute passiert, manchmal ganz günstig wäre, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen (Stichwort Vergangenheit-Gegenwart-Zukunft-Dialektik). Ohne das nun besonders auszudehnen. Und da gibts eben nicht nur die eine Wahrheit nach dem Motto: Der Sozialismus war das Reich des Bösen, wo nur der Dissident eine respektable Person war - der Kapitalismus/die Marktwirtschaft ist der Hort des Guten, der wahren Freiheit und der wahren Demokratie. Das wäre echt zu einfach und zu undifferenziert. Das eigentlich Interessante sind die vielen Grauschattierungen zwischen diesen Klischees. Mir geht es aber im Grunde die ganze Zeit nur darum, mal genauer zu hinterfragen, warum es diesen deutlich sichtbaren Rückzug ins Nationale, ins "Eigene", "Völkische" und in die "kulturelle Identität" seit einigen Jahren gibt. Das hat - wie ich oben irgendwo ausführlich beschrieb - durchaus auch mit dem Fall des Eisernen Vorhanges und mit den ökonomisch-politischen Vorgängen seit dieser Zeit zu tun.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Zunder »

Was war in der DDR eigentlich der Nationale Rat der DDR zur Pflege und Verbreitung des Deutschen Kulturerbes?

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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(08 Dec 2017, 13:16)
Mir geht es aber im Grunde die ganze Zeit nur darum, mal genauer zu hinterfragen, warum es diesen deutlich sichtbaren Rückzug ins Nationale, ins "Eigene", "Völkische" und in die "kulturelle Identität" seit einigen Jahren gibt. Das hat - wie ich oben irgendwo ausführlich beschrieb - durchaus auch mit dem Fall des Eisernen Vorhanges und mit den ökonomisch-politischen Vorgängen seit dieser Zeit zu tun.
Stört dich der Bezug auf die eigene Kultur bzw die Verbundenheit mit der eigenen Kultur, die Nationalität/Ethnizität, die Forderung nach Anerkennung Kultureller Identitität eigentlich nur bei Deutschen oder Europäern?

Stört dich der Bezug auf die eigene Kultur bzw die Verbundenheit mit der eigenen Kultur, die Nationalität/Ethnizität, die Forderung nach Anerkennung Kultureller Identitität eigentlich auch bei zugewanderten Minderheiten?

Ich habe noch nie erlebt, dass du dich gegen religiöse Bekleidungsvorschriften ausgesprochen hättest oder dass du die Verbundenheit zu eigenen (mitgebrachten) Kultur auch bei Zuwanderern beklagt hättest?

Stört dich der Bezug auf die eigene Kultur bzw die Verbundenheit mit der eigenen Kultur, die Nationalität/Ethnizität, die Forderung nach Anerkennung Kultureller Identitität eigentlich auch bei nationalen Minderheiten - z.B. Inuit, die verschiedenen Indianerstämme in Nord-, Mittel- und Südamerika und deren Festhalten an Traditionen oder stört dich das bei indigenen Völkern Afrikas und Amazoniens?

Auf diese Fragen hätte ich doch gerne mal eine klare, ehrliche Antwort!
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

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Selina
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Selina »

Dark Angel hat geschrieben:(08 Dec 2017, 20:23)

Stört dich der Bezug auf die eigene Kultur bzw die Verbundenheit mit der eigenen Kultur, die Nationalität/Ethnizität, die Forderung nach Anerkennung Kultureller Identitität eigentlich nur bei Deutschen oder Europäern?

Stört dich der Bezug auf die eigene Kultur bzw die Verbundenheit mit der eigenen Kultur, die Nationalität/Ethnizität, die Forderung nach Anerkennung Kultureller Identitität eigentlich auch bei zugewanderten Minderheiten?

Ich habe noch nie erlebt, dass du dich gegen religiöse Bekleidungsvorschriften ausgesprochen hättest oder dass du die Verbundenheit zu eigenen (mitgebrachten) Kultur auch bei Zuwanderern beklagt hättest?

Stört dich der Bezug auf die eigene Kultur bzw die Verbundenheit mit der eigenen Kultur, die Nationalität/Ethnizität, die Forderung nach Anerkennung Kultureller Identitität eigentlich auch bei nationalen Minderheiten - z.B. Inuit, die verschiedenen Indianerstämme in Nord-, Mittel- und Südamerika und deren Festhalten an Traditionen oder stört dich das bei indigenen Völkern Afrikas und Amazoniens?

Auf diese Fragen hätte ich doch gerne mal eine klare, ehrliche Antwort!
Ehrliche Antwort? Ok. Hier ist sie: Mich stört das alles überhaupt nicht. Im Gegenteil. Ich finde nur, dass man über Selbstverständlichkeiten nicht so intensiv reden muss, wie das einige Leute seit einigen Jahren ständig tun. Meine Frage geht daher in die Richtung des Motivs, warum es diesen auffallenden Rückzug ins Nationale, in die "kulturelle Identität", ins "Eigene" und dergleichen mehr seit einigen Jahren gibt. Und warum solche Fragen so eine hohe Priorität haben in einigen Kreisen im Vergleich zu anderen existenziellen Fragen. Das ist es, was mich interessiert dabei. Worauf ich allerdings noch keine Antwort erhalten habe.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Bielefeld09 »

Schon witzig wie rechtsnationiale Geister meinen,
es gäbe was Neues neben der verbindlichen deutschen Verfassung.
Wo soll das denn stattfinden?
Im Phantasialand?
Sorry Mods, lasst diese Laden am laufen. Das ist eben Demokratie :( :p
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Neandertaler »

Bielefeld09 hat geschrieben:(08 Dec 2017, 21:27)

Schon witzig wie rechtsnationiale Geister meinen,
es gäbe was Neues neben der verbindlichen deutschen Verfassung.
Wo soll das denn stattfinden?
Im Phantasialand?
Gähhhnnn
Du solltest dringend an deiner interkulturellen Kompetenz arbeiten
Ich bin linksliberal, ich habe mich testen lassen.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Bielefeld09 »

Neandertaler hat geschrieben:(08 Dec 2017, 21:44)

Gähhhnnn
Du solltest dringend an deiner interkulturellen Kompetenz arbeiten
Warum nur?
Inhalte statt Phrasen!
Was ist mit der interkulturellen Kompetenz?
Sorry Mods, lasst diese Laden am laufen. Das ist eben Demokratie :( :p
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

Bielefeld09 hat geschrieben:(08 Dec 2017, 21:27)

Schon witzig wie rechtsnationiale Geister meinen,
es gäbe was Neues neben der verbindlichen deutschen Verfassung.
Wo soll das denn stattfinden?
Im Phantasialand?
Ist das jetzt nicht ein bisschen sehr dürftiges Trockenbeerenausscheiden?
Haben dir deine Eltern die Dinge des Alltags aus der Verfassung vorgelesen?
Schreib doch mal was Inhaltliches zu irgendeinem Thema, geh mal auf einen Gedanken ein, widerlege, was du liest, ergänze es.
Sonst ist das nicht einmal Phantasialand, sondern bloß Phrasialand.
… habe ich mich sorgsam bemüht, menschliche Tätigkeiten nicht zu verlachen, nicht zu beklagen und auch nicht zu verdammen, sondern zu begreifen. (Spinoza)
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(08 Dec 2017, 21:05)

Ehrliche Antwort? Ok. Hier ist sie: Mich stört das alles überhaupt nicht. Im Gegenteil. Ich finde nur, dass man über Selbstverständlichkeiten nicht so intensiv reden muss, wie das einige Leute seit einigen Jahren ständig tun. Meine Frage geht daher in die Richtung des Motivs, warum es diesen auffallenden Rückzug ins Nationale, in die "kulturelle Identität", ins "Eigene" und dergleichen mehr seit einigen Jahren gibt. Und warum solche Fragen so eine hohe Priorität haben in einigen Kreisen im Vergleich zu anderen existenziellen Fragen. Das ist es, was mich interessiert dabei. Worauf ich allerdings noch keine Antwort erhalten habe.
Ist es tatsächlich ein Rückzug oder scheint das nur so?
Ich bin mir da nämlich nicht so sicher. Bis vor wenigen Jahren schien Traditionspflege, "Vereinsmeierei", die eigene Kultur pflegen und leben völlig normal und selbstverständlich. Niemand nahm Anstoß daran, jeder fand sich mit denen zusammen die gleiche Interessen und Hobbies teilten. Mein Eindruck ist eher, dass diese Normalität denunziert und diffamiert wird - auch von dir, in gewisser Weise. Irgendwann in den letzten Jahren wurde Traditionspflege (was immer man darunter verstehen und subsummieren mag) mit räächts und völkisch gleichgesetzt.
Und was die kulturelle Identität angeht - hatten wir schon. Da finden wir keinen Konsens. Für mich hat jeder Mensch eine kulturelle Identität, weil sie Teil seiner individuellen Identität ist. Das gilt für dich und mich genauso wie für den Inuit oder den Dakota, für den Nachfahren der Maya in Yucatan genauso wie für die Nachfahren der Inka in Peru, für den Zulu genauso für für den Japaner mit seiner Samurai-Tradition und die gilt auch für die Muslima, die sich an religiöse Bekleidungsvorschriften hält. Auch das hat mit kultureller Identität zu tun.
Und JA all das sind auch existenzelle Fragen - Fragen der kulturellen Existenz bzw der Existenz der Kultur in die man hinein geboren wurde, in der man lebt.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Bielefeld09 »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(08 Dec 2017, 22:48)

Ist das jetzt nicht ein bisschen sehr dürftiges Trockenbeerenausscheiden?
Haben dir deine Eltern die Dinge des Alltags aus der Verfassung vorgelesen?
Schreib doch mal was Inhaltliches zu irgendeinem Thema, geh mal auf einen Gedanken ein, widerlege, was du liest, ergänze es.
Sonst ist das nicht einmal Phantasialand, sondern bloß Phrasialand.
Mit dir werde ich nicht über meine Eltern und Grosseltern sprechen,
aber ich habe aus deutscher verbindender Kultur gelernt.
Ich bin Deutsch und National und Europäer.
Und das ist so!
Das ist Verbindung im Sinne der Völker.
Sorry Mods, lasst diese Laden am laufen. Das ist eben Demokratie :( :p
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Selina »

Dark Angel hat geschrieben:(08 Dec 2017, 23:16)

Ist es tatsächlich ein Rückzug oder scheint das nur so?
Ich bin mir da nämlich nicht so sicher. Bis vor wenigen Jahren schien Traditionspflege, "Vereinsmeierei", die eigene Kultur pflegen und leben völlig normal und selbstverständlich. Niemand nahm Anstoß daran, jeder fand sich mit denen zusammen die gleiche Interessen und Hobbies teilten. Mein Eindruck ist eher, dass diese Normalität denunziert und diffamiert wird - auch von dir, in gewisser Weise. Irgendwann in den letzten Jahren wurde Traditionspflege (was immer man darunter verstehen und subsummieren mag) mit räächts und völkisch gleichgesetzt.
Und was die kulturelle Identität angeht - hatten wir schon. Da finden wir keinen Konsens. Für mich hat jeder Mensch eine kulturelle Identität, weil sie Teil seiner individuellen Identität ist. Das gilt für dich und mich genauso wie für den Inuit oder den Dakota, für den Nachfahren der Maya in Yucatan genauso wie für die Nachfahren der Inka in Peru, für den Zulu genauso für für den Japaner mit seiner Samurai-Tradition und die gilt auch für die Muslima, die sich an religiöse Bekleidungsvorschriften hält. Auch das hat mit kultureller Identität zu tun.
Und JA all das sind auch existenzelle Fragen - Fragen der kulturellen Existenz bzw der Existenz der Kultur in die man hinein geboren wurde, in der man lebt.
Ich hab da einen ganz anderen Eindruck. Ich hab mich schon seit vielen Jahren mit dem Heimatbegriff und der Traditionspflege hier in der Region auseinandergesetzt. Das war immer alles genau so, wie du es schilderst: Normalität. Herausgehoben aus dieser Normalität und Alltäglichkeit wurde es erst zu der Zeit in etwa, als "Deutschland schafft sich ab" von Sarrazin erschien. Das war die Zeit, als sich auch in Deutschland die Neue Rechte herausbildete. Diese Leute begannen eine Riesendebatte über Ethnizität, "Genderwahn", Volk und Nation. Psychologen sagen dazu "Fokusverschiebung", das heißt, es wurde eine breite intensive Diskussion über Werte, über Deutschsein, über Zugehörigkeit, über "das Eigene" und "das Fremde" angeschoben. Warum? Diese Debatte sollte und soll den deutlich sichtbaren Rechtsruck theoretisch abfedern. Die AfD nannte das sogar auch als programmatisches Ziel: Solche Diskussionen über scheinbare Alltagsfragen, die also jeden irgendwo betreffen, ständig mit den Schwerpunkten der Neuen Rechten zu versehen.

Ist ja auch ganz einfach: Wer politisch will, dass sich weniger Menschen aus anderen Teilen der Welt in Deutschland ansiedeln, der braucht dafür eine theoretische Legitimation. Daher werden Gründe gesucht, die erklären, warum bestimmte Kulturen angeblich nicht miteinander vereinbar sind. Und wenn schon Integration (denn es sind ja eine Menge Migranten bereits hier, die man auch nicht mehr los wird), dann möglichst eine, die mit bedingungsloser Anpassung an das "Gastgeberland" einherzugehen hat. So die Forderung. Das ist dann eher Assimilation statt Integration. Ich sehe auch nicht, dass sich die Mehrheit der Flüchtlinge nun beharrlich weigert, sich hier "anzupassen", die Sprache zu lernen, Arbeit zu finden. Das ist eine Minderheit, die sich da schwer tut damit, was auch ganz verschiedene Ursachen hat und gar nicht immer an den Betroffenen selbst liegt. Und die Leute mit Migrationshintergrund, die sich in diesen viel zitierten Parallelgesellschaften befinden, sind auch differenziert zu betrachten. Dort, wo sie ihr Leben leben und die Integrität anderer damit nicht verletzen, ist auch das durch das Grundgesetz abgedeckt. Und für Kriminalitätsbekämpfung, egal, welcher Herkunft Täter und Opfer sind, gibt es ebenfalls klare Regeln und Gesetze.

Zusammengefasst: Die theoretische Schwerpunktsetzung mit Fokus auf Nation, Volk, Kultur, Ethnie und Identität erfolgt nicht durch Leute wie mich, sondern durch die Neue Rechte und ihre Anhänger (darunter Leute verschiedener Couleur) selbst, die ein Interesse haben, diese Positionen immer "am Kochen" zu halten. Das ist für diese Leute schon auch ein Teufelskreis inzwischen geworden: Hörten sie nämlich auf mit genau dieser Schwerpunktsetzung, verlören sie sofort an Zuspruch. Was sich im politischen Alltag sofort auf zurückgehende Prozentpunkte für die AfD äußern würde. Das wiederum würde den Verlust von etwas bedeuten, was die AfD eigentlich mal bekämpft hat: Ihre gerade erworbene Stellung im "Establishment" ginge wieder flöten. Ihre Angst vor dem Verlust von Macht, Geld und Posten schreit inzwischen förmlich danach, die Themen Volk, Nation, Identität, Kultur und Ethnie immer weiter zu bedienen.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(09 Dec 2017, 12:52)

Ich hab da einen ganz anderen Eindruck. Ich hab mich schon seit vielen Jahren mit dem Heimatbegriff und der Traditionspflege hier in der Region auseinandergesetzt. Das war immer alles genau so, wie du es schilderst: Normalität. Herausgehoben aus dieser Normalität und Alltäglichkeit wurde es erst zu der Zeit in etwa, als "Deutschland schafft sich ab" von Sarrazin erschien. Das war die Zeit, als sich auch in Deutschland die Neue Rechte herausbildete. Diese Leute begannen eine Riesendebatte über Ethnizität, "Genderwahn", Volk und Nation. Psychologen sagen dazu "Fokusverschiebung", das heißt, es wurde eine breite intensive Diskussion über Werte, über Deutschsein, über Zugehörigkeit, über "das Eigene" und "das Fremde" angeschoben. Warum? Diese Debatte sollte und soll den deutlich sichtbaren Rechtsruck theoretisch abfedern. Die AfD nannte das sogar auch als programmatisches Ziel: Solche Diskussionen über scheinbare Alltagsfragen, die also jeden irgendwo betreffen, ständig mit den Schwerpunkten der Neuen Rechten zu versehen.

Ist ja auch ganz einfach: Wer politisch will, dass sich weniger Menschen aus anderen Teilen der Welt in Deutschland ansiedeln, der braucht dafür eine theoretische Legitimation. Daher werden Gründe gesucht, die erklären, warum bestimmte Kulturen angeblich nicht miteinander vereinbar sind. Und wenn schon Integration (denn es sind ja eine Menge Migranten bereits hier, die man auch nicht mehr los wird), dann möglichst eine, die mit bedingungsloser Anpassung an das "Gastgeberland" einherzugehen hat. So die Forderung. Das ist dann eher Assimilation statt Integration. Ich sehe auch nicht, dass sich die Mehrheit der Flüchtlinge nun beharrlich weigert, sich hier "anzupassen", die Sprache zu lernen, Arbeit zu finden. Das ist eine Minderheit, die sich da schwer tut damit, was auch ganz verschiedene Ursachen hat und gar nicht immer an den Betroffenen selbst liegt. Und die Leute mit Migrationshintergrund, die sich in diesen viel zitierten Parallelgesellschaften befinden, sind auch differenziert zu betrachten. Dort, wo sie ihr Leben leben und die Integrität anderer damit nicht verletzen, ist auch das durch das Grundgesetz abgedeckt. Und für Kriminalitätsbekämpfung, egal, welcher Herkunft Täter und Opfer sind, gibt es ebenfalls klare Regeln und Gesetze.

Zusammengefasst: Die theoretische Schwerpunktsetzung mit Fokus auf Nation, Volk, Kultur, Ethnie und Identität erfolgt nicht durch Leute wie mich, sondern durch die Neue Rechte und ihre Anhänger (darunter Leute verschiedener Couleur) selbst, die ein Interesse haben, diese Positionen immer "am Kochen" zu halten. Das ist für diese Leute schon auch ein Teufelskreis inzwischen geworden: Hörten sie nämlich auf mit genau dieser Schwerpunktsetzung, verlören sie sofort an Zuspruch. Was sich im politischen Alltag sofort auf zurückgehende Prozentpunkte für die AfD äußern würde. Das wiederum würde den Verlust von etwas bedeuten, was die AfD eigentlich mal bekämpft hat: Ihre gerade erworbene Stellung im "Establishment" ginge wieder flöten. Ihre Angst vor dem Verlust von Macht, Geld und Posten schreit inzwischen förmlich danach, die Themen Volk, Nation, Identität, Kultur und Ethnie immer weiter zu bedienen.
Wie ich bereits sagte: Wir finden hier keinen Konsens, was u.a an deiner verengten einseitigen Sichtweise liegt.
Dein Problem besteht darin, dass du dich nicht inhaltlich mit Argumenten auseinander setzt, sondern mit der Person, die diese Argumente bringt. Du prüfst die vorgebrachten Argumente nicht, sondern schmetterst diese mit dem argumentum ad hominem ab. Auf dieser Grundlage lässt sich keine sachliche Diskussion führen. Ideologie vs. sachliche Argumente funktioniert nunmal nicht.
Auf die Idee, dass dem - so oft beschworenen - Rechtsruck, ein Linksruck voraus gegangen ist (sein muss), kommst du nicht.
Auf die Idee, dass die Idee, dass Diskussionen über Werte, Kultur, Identität, Zugehörigkeit etc per se nichts mit rääächts zu tun hat bzw haben könnte, sondern tatsächlich mit unkontrollierter Massenzuwanderung, kommst du ebenfalls nicht. Du wirfst alles, völlig unreflektiert, in einen Topf.
Dass die AfD durch die unkontrollierte Massenzuwanderung überhaupt erst an Bedeutung gewonnen hat, willst du nicht begreifen und ebenso wenig willst du begreifen, dass diese unkontrollierte Massenzuwanderung auch Ängste auslöst und ausgelöst hat und dass es diese unkontrollierte Massenzuwanderung war, die eine Auseinandersetzung mit dem "Eigenen" und dem "Fremden" überhaupt erst in Gang gesetzt hat. Das passt nicht in dein Weltbild und damit hinterfragst du auch nicht.
"Ist alles räächts, ist pöhse" - damit ist das Thema erledigt, ist ein Tabu aufgebaut, mit dem man sich so richtig schön moralisch überlegen fühlen kann.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Selina »

Dark Angel hat geschrieben:(09 Dec 2017, 14:01)

Wie ich bereits sagte: Wir finden hier keinen Konsens, was u.a an deiner verengten einseitigen Sichtweise liegt.
Dein Problem besteht darin, dass du dich nicht inhaltlich mit Argumenten auseinander setzt, sondern mit der Person, die diese Argumente bringt. Du prüfst die vorgebrachten Argumente nicht, sondern schmetterst diese mit dem argumentum ad hominem ab. Auf dieser Grundlage lässt sich keine sachliche Diskussion führen. Ideologie vs. sachliche Argumente funktioniert nunmal nicht.
Auf die Idee, dass dem - so oft beschworenen - Rechtsruck, ein Linksruck voraus gegangen ist (sein muss), kommst du nicht.
Auf die Idee, dass die Idee, dass Diskussionen über Werte, Kultur, Identität, Zugehörigkeit etc per se nichts mit rääächts zu tun hat bzw haben könnte, sondern tatsächlich mit unkontrollierter Massenzuwanderung, kommst du ebenfalls nicht. Du wirfst alles, völlig unreflektiert, in einen Topf.
Dass die AfD durch die unkontrollierte Massenzuwanderung überhaupt erst an Bedeutung gewonnen hat, willst du nicht begreifen und ebenso wenig willst du begreifen, dass diese unkontrollierte Massenzuwanderung auch Ängste auslöst und ausgelöst hat und dass es diese unkontrollierte Massenzuwanderung war, die eine Auseinandersetzung mit dem "Eigenen" und dem "Fremden" überhaupt erst in Gang gesetzt hat. Das passt nicht in dein Weltbild und damit hinterfragst du auch nicht.
"Ist alles räächts, ist pöhse" - damit ist das Thema erledigt, ist ein Tabu aufgebaut, mit dem man sich so richtig schön moralisch überlegen fühlen kann.
Och, ich begreife mehr, als du glaubst. Und mein Beitrag war sachlich und argumentativ schlüssig aufgebaut. Auch nicht persönlich verletzend. Nichts dergleichen. Kann oben jeder nachlesen. Da hilft auch dein gebetsmühlenartig vorgebrachter Vorwurf nichts, ich setzte mich angeblich nicht mit deinen Argumenten auseinander. Jeder einzelne Satz in meinem Kommentar ist genau diese Auseinandersetzung mit vielen deiner "Argumente", die du über einen längeren Zeitraum hinweg immer wieder bringst. "Argumente" schreibe ich deshalb in Anführung, weil sie meine Person bewerten und nicht den Sachverhalt. Und ein Linksruck ist der Sarrazin-Ära eindeutig nicht vorausgegangen. Wär mir aufgefallen, ganz bestimmt. Was aber auffällt, ist dein Vokabular, zu dem ich nie was sagen würde, wenn du nicht immer wieder schreiben würdest, ich verurteile dich und die Deinen als "räächts und pöhse", Formulierungen, die ich im Übrigen immer etwas kindisch finde. Nein, deine Diktion ist eindeutig: "Unkontrollierte Massenzuwanderung" ist nun mal ein ganz klar bei der Neuen Rechten und den rechtsradikalen Identitären angesiedelter Begriff. Damit weist du dich aus. Ansonsten habe ich in meinem obigen Beitrag alles dazu gesagt. Schönen zweiten Advent!
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(09 Dec 2017, 14:26)

Och, ich begreife mehr, als du glaubst. Und mein Beitrag war sachlich und argumentativ schlüssig aufgebaut. Auch nicht persönlich verletzend. Nichts dergleichen. Kann oben jeder nachlesen. Da hilft auch dein gebetsmühlenartig vorgebrachter Vorwurf nichts, ich setzte mich angeblich nicht mit deinen Argumenten auseinander. Jeder einzelne Satz in meinem Kommentar ist genau diese Auseinandersetzung mit vielen deiner "Argumente", die du über einen längeren Zeitraum hinweg immer wieder bringst. "Argumente" schreibe ich deshalb in Anführung, weil sie meine Person bewerten und nicht den Sachverhalt. Und ein Linksruck ist der Sarrazin-Ära eindeutig nicht vorausgegangen. Wär mir aufgefallen, ganz bestimmt. Was aber auffällt, ist dein Vokabular, zu dem ich nie was sagen würde, wenn du nicht immer wieder schreiben würdest, ich verurteile dich und die Deinen als "räächts und pöhse", Formulierungen, die ich im Übrigen immer etwas kindisch finde. Nein, deine Diktion ist eindeutig: "Unkontrollierte Massenzuwanderung" ist nun mal ein ganz klar bei der Neuen Rechten und den rechtsradikalen Identitären angesiedelter Begriff. Damit weist du dich aus. Ansonsten habe ich in meinem obigen Beitrag alles dazu gesagt. Schönen zweiten Advent!
Vor 2015 war die AfD vollkommen bedeutungslos! Seitdem hat sie an Bedeutung gewonnen.
Ja warum wohl?
Du willst doch nicht ernsthaft behaupten, dass die Zuwanderung, die Frau Merkel 2015/2016 mit ihrer Grenzöffnung zu verantworten hat, keine unkontrollierte Massenzuwanderung war, willst doch nicht etwa behaupten, dass es sich bei ca. 1,5 Mio Menschen, die über die Balkanroute kamen, um eine geordnete, kontrollierte, gut organisierte und vor allem überschaubare Menge Menschen handelte, die nach Deutschland kam?
Wenn du das allen Ernstes behauptest, sorry - aber dann ist dein Realitätsverlust größer als ich befürchtet habe.
Von unkontrollierter Massenzuwanderung im Jahr 2015/2016 zu sprechen, hat nichts mit identitär oder räächts, rechtsextrem oder sonstwas zu tun, das ist eine schlichte Tatsache, die von Landesregierungen, Bundesbehörden - wie der Bundespolizei - und auch vom BMI genau SO genannt wurde. Frau Merkel hat die zu verantworten und als sie den Zustrom der Migranten nicht mehr beherrschen konnte, sollten andere EU-Staaten ebenfalls aufnehmen, nur haben die ihr die kalte Schulter gezeigt. Und bei diesen EU-Staaten handelte es sich NICHT nur um osteuropäische Staaten.
Dass DIR der Linksruck von SPD und CDU nicht aufgefallen ist, wundert mich gar nicht. Dem früheren Außenminister Guido Westerwelle ist dieser Linksruck bereits 2009 aufgefallen, als er von einer "erschreckenden Sozialdemokratisierung der CDU" sprach.
Aber falls dir auch das entgangen sein sollte: Die AfD als Partei gibt es erst seit 2012. Diese Partei entstand überhaupt erst während der Regierungszeit von Frau Merkel. Wenn du nicht erkennst, dass erst ein Linksruck von SPD und CDU die Gründung dieser Partei überhaupt erst ermöglicht hat, weil ein politisches Vakuum zugelassen wurde, sorry - dann weiß ich auch nicht mehr weiter. Dass die AfD immer mehr an Bedeutung gewinnt, liegt nicht daran, dass die Menschen plötzlich alle rääächts sind. ==> siehe Aussage Guido Westerwelle.
Sorry Selina - aber mit deinem inflationären Menschen als rechts/neurechts/rechtsradikal zu diffamieren und denunzieren relativierst du den tatsächliche Rechtsextremismus.
Und nochmal: du setzt dich nicht inhaltlich mit Argumenten auseinander, auch wenn du das Gegenteil behauptest.
Sich inhaltlich mit Argumenten auseinander setzen bedeutet nämlich selbst Argumente haben bzw bringen, mit denen man die Argumente der Gegenseiten widerlegen kann bzw widerlegt. Du widerlegst allerdings nichts, sondern bringst die immer gleichen ideologischen Phrasen bedienst alle nur denkbaren schlechten Argumente - und ich bin nicht die Einzige, die dir das schon mehrfach gesagt hat. Selbstreflektion bei dir gleich Null - es sind immer die anderen, die falsch liegen, die nichts erkennen (wollen).
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Selina »

Diese ewige Merkel-Legende, sie habe die Grenzen für jedermann geöffnet und damit die "unkontrollierte Masseneinwanderung" erst in Gang gesetzt, ist nur heiße Luft. So war es wirklich:

http://www.zeit.de/politik/ausland/2016 ... ene-grenze

Am Rande: Nicht ich verorte Menschen als neurechts oder rechtsradikal, nein, das tun diese Leute selbst. Und zwar sehr deutlich. Sie forcieren immer wieder eine künstliche Debatte um "kulturelle Identität", Nation, Volk, Ethnie und Kultur (kann man hier im Strang deutlich sehen) mit der Absicht der Ausgrenzung dessen, was sie als "das Fremde" bezeichnen. "Das Eigene" wird zu diesem Zweck enorm überzeichnet und überbetont. Es sei durch fremde Einflüsse gefährdet und müsse verteidigt werden, heißt es bei der Neuen Rechten. Ihre Vertreter fühlen sich quasi ständig umzingelt, überrollt und unterwandert vom "Fremden" (Stichworte "Überfremdung", "Austausch"). Dazu findet man programmatische Aussagen bei der AfD und den Identitären, die ich weiter oben bereits mehrfach verlinkte. Und zur Auseinandersetzung mit deinen "Argumenten": Nur, weil ein führender FDP-Mann mal etwas von einem so genannten Linksruck bei SPD und CDU und von einer "Sozialdemokratisierung der CDU" gesagt hat und das nun viele nachplappern, muss das noch lange nicht stimmen. Wie soll sich denn die "Sozialdemokratisierung der CDU" geäußert haben? Aber gut: Wer weit rechts steht, für den ist dann fast alles links. Ein wirklicher Linksruck wäre etwas völlig anderes als etwa die Regierungspolitik der letzten Legislaturperioden. Bei Bedarf kann ich gerne detailliert erläutern, wie ein echter Linksruck im Land aussehen könnte :D
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Uffzach »

Selina hat geschrieben:(10 Dec 2017, 01:53)

Diese ewige Merkel-Legende, sie habe die Grenzen für jedermann geöffnet und damit die "unkontrollierte Masseneinwanderung" erst in Gang gesetzt, ist nur heiße Luft. So war es wirklich:

http://www.zeit.de/politik/ausland/2016 ... ene-grenze
Ich denke nicht, dass es angemessen ist die Fakten so dreist zu verleugnen. De facto hat Merkel ja auch nicht die Grenzen geöffnet, weil diese bereits offen waren. Sie hat aber de facto eine Einladung ausgesprochen und diese dann nicht zurückgenommen und nicht die Grenzen geschlossen. Denn nach der Aufnahme der Flüchtlinge aus Ungarn, wäre die offizielle Betonung, dass dies eine einmalige Sonderhandlung gewesen ist und die vorrübergehende Grenzschließung die angezeigten Maßnahmen gewesen, um den Kollaps der bundesdeutschen kommunalen Verwaltung und der Judikative und des Sicherheitsapparates und zukünftige zweistellige jährliche Millardenausgaben und die Belastung des Sozialsystems durch illegale Masseneinwanderung zu verhindern.
Die Grenzschließung war ja auch schon bereits beschlossen, wurde dann aber wegen Feigheit des Innenministers und der Regierung nicht umgesetzt. u.a. Robin Alexander weiß zu berichten wie wirklich es gewesen ist und es gab mittlerweile auch schon einige TV-Reportagen u.a. auf Phoenix zum Thema, die Alexanders Recherche bestätigten. Warum also dein Ansinnen die Fakten zu leugnen? Vergötterst du Merkel derart?

Aber, was bitte hat das eigentlich mit dem Thema zu tun? :cool:
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von think twice »

Uffzach hat geschrieben:(10 Dec 2017, 09:35)

Denn nach der Aufnahme der Flüchtlinge aus Ungarn, wäre die offizielle Betonung, dass dies eine einmalige Sonderhandlung gewesen ist und die vorrübergehende Grenzschließung die angezeigten Maßnahmen gewesen, um den Kollaps der bundesdeutschen kommunalen Verwaltung und der Judikative und des Sicherheitsapparates und zukünftige zweistellige jährliche Millardenausgaben und die Belastung des Sozialsystems durch illegale Masseneinwanderung zu verhindern.
Garnichts ist kollabiert. Die Kommunen , die Justiz, die Gerichte, das BAMF, die Polizei standen unverhofft vor riesigen Herausforderungen. Im Grossen und Ganzen haben sie ihre Sache jedoch gut gemacht, mit viel Engagement und Einsatz der Einzelnen. Es gab zeitweise etwas Chaos, aber zu keinem Zeitpunkt einen Kollaps.

Lustig ist ja auch immer wieder die unlogische Argumentation, dass Merkel einerseits alle hereingebeten hat und gleichzeitig eine illegale Einwanderung stattgefunden hat. Naja, man weiss ja, von wem es kommt. :rolleyes:
Duldsamkeit heißt nicht, dass ich auch billige, was ich dulde.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

Uffzach hat geschrieben:(10 Dec 2017, 09:35)

Aber, was bitte hat das eigentlich mit dem Thema zu tun? :cool:
Hat es indirekt natürlich schon, wird aber ausführlich auch anderswo diskutiert, sodass man es hier nicht braucht.

Wie das Verbindende einer Kultur noch funktioniert, kann man einer Äußerung einer Pflegekraft entnehmen, über die im Wirtschaftsteil der ZEIT vom Donnerstag berichtet wird. Ganz zum Schluss des Artikels über die Misere des deutschen Pflegewesens sagte die nämlich, dass sie der Generation, die dieses Land aufgebaut hatte und nun die Pflegheime bevölkert, mit ihrer Arbeit jetzt etwas zurückgeben möchte. Auch diese Art des Verbundenseins ist ein Stück verbindende deutsche Kultur, allerdings natürlich keins, das es schaffen würde, über eine Sonntagsrede hinaus noch einen hippen Wert darzustellen. Das wäre dem sich selbst verwirklichenden Universalethiker vermutlich zu wenig besonders und zu anstrengend.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von odiug »

Uffzach hat geschrieben:(10 Dec 2017, 09:35)

Ich denke nicht, dass es angemessen ist die Fakten so dreist zu verleugnen. De facto hat Merkel ja auch nicht die Grenzen geöffnet, weil diese bereits offen waren. Sie hat aber de facto eine Einladung ausgesprochen und diese dann nicht zurückgenommen und nicht die Grenzen geschlossen. Denn nach der Aufnahme der Flüchtlinge aus Ungarn, wäre die offizielle Betonung, dass dies eine einmalige Sonderhandlung gewesen ist und die vorrübergehende Grenzschließung die angezeigten Maßnahmen gewesen, um den Kollaps der bundesdeutschen kommunalen Verwaltung und der Judikative und des Sicherheitsapparates und zukünftige zweistellige jährliche Millardenausgaben und die Belastung des Sozialsystems durch illegale Masseneinwanderung zu verhindern.
Die Grenzschließung war ja auch schon bereits beschlossen, wurde dann aber wegen Feigheit des Innenministers und der Regierung nicht umgesetzt. u.a. Robin Alexander weiß zu berichten wie wirklich es gewesen ist und es gab mittlerweile auch schon einige TV-Reportagen u.a. auf Phoenix zum Thema, die Alexanders Recherche bestätigten. Warum also dein Ansinnen die Fakten zu leugnen? Vergötterst du Merkel derart?

Aber, was bitte hat das eigentlich mit dem Thema zu tun? :cool:
'tschuldige mal ... aber denkst du wirklich, die Flüchtlinge hätten sich in Luft aufgelöst ohne Merkels Selfie :?:
Das ist doch ein wenig kurz gedacht ... oder :p
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Uffzach »

think twice hat geschrieben:(10 Dec 2017, 09:59)
Lustig ist ja auch immer wieder die unlogische Argumentation, dass Merkel einerseits alle hereingebeten hat und gleichzeitig eine illegale Einwanderung stattgefunden hat. Naja, man weiss ja, von wem es kommt. :rolleyes:
Dir ist die Fähigkeit abhanden gekommen zu erkennen, dass alleine normative Regularien die Grundlage der Bewertung 'legal' und 'illegal' sind. Aber macht dir nichts draus, das geht allen 'evangelikalen' Pseudo-Politikern so. :D

Aber was bitte hat das mit dem Thema zu tun? :cool:
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Uffzach »

odiug hat geschrieben:(10 Dec 2017, 10:16)

'tschuldige mal ... aber denkst du wirklich, die Flüchtlinge hätten sich in Luft aufgelöst ohne Merkels Selfie :?:
Das ist doch ein wenig kurz gedacht ... oder :p
Von 'Selfie' habe ich weder gesprochen noch daran gedacht.

Deine Argumentation lässt schließen, dass du folgerst, dass die bloße Existenz von Flüchtlingen es verbietet, dass der Staat die Hoheit über das Staatsgebiet innehat und seinem Auftrag illegale Einwanderung zu verhindern und Einwanderung insgesamt kontrolliert zu steuern nicht nach kommen darf.

Aber was bitte hat das mit dem Thema zu tun? :cool:
odiug

Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von odiug »

Uffzach hat geschrieben:(10 Dec 2017, 10:27)

Von 'Selfie' habe ich weder gesprochen noch daran gedacht.

Deine Argumentation lässt schließen, dass du folgerst, dass die bloße Existenz von Flüchtlingen es verbietet, dass der Staat die Hoheit über das Staatsgebiet innehat und seinem Auftrag illegale Einwanderung zu verhindern und Einwanderung insgesamt kontrolliert zu steuern nicht nach kommen darf.

Aber was bitte hat das mit dem Thema zu tun? :cool:
Ja Moment einmal ... hat Merkel, eigentlich war es ja die Bundesregierung, die Flüchtlinge ins Land gelassen oder nicht :?:
Weil dann sind die Flüchtlinge ja nicht illegal hier.
Uffzach
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Uffzach »

odiug hat geschrieben:(10 Dec 2017, 10:42)

Ja Moment einmal ... hat Merkel, eigentlich war es ja die Bundesregierung, die Flüchtlinge ins Land gelassen oder nicht :?:
Weil dann sind die Flüchtlinge ja nicht illegal hier.
Nur zu deiner Information: die Bundesregierung hat einen Chef und der heißt Bundeskanzler. Aber wenn du die Bundesregierung als 'Rat der Verantwortungslosen' - neudeutsch 'Team' ;) - verstehst, dann wird es dir natürlich auch nicht gelingen, Merkel als Verantwortliche zu identifizieren.

Dann: Legal wird ein Sachverhalt nicht dadurch, dass sich der Bundeskanzler und seine Regierung über geltendes Recht hinwegsetzen und die Aufgaben des Staates vernachlässigen. 'legal' ist eine normative Bewertung auf der Grundlage geltenden Rechts.

Selbst Touristen dürfen aus vielen Ländern nicht ohne Visum einreisen, auch dann nicht, wenn sie zu Fuß reisen. Spätestens dann, wenn sie den Schengenraum betreten, betreten sie ihn illegal und der Status bleibt auch dann illegal, wenn es innerhalb des Schengenraumes Reisefreiheit gibt.

Aber was hat dies bitte mit dem Thema zu tun? :cool:
odiug

Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von odiug »

Uffzach hat geschrieben:(10 Dec 2017, 10:55)

Nur zu deiner Information: die Bundesregierung hat einen Chef und der heißt Bundeskanzler. Aber wenn du die Bundesregierung als 'Rat der Verantwortungslosen' - neudeutsch 'Team' ;) - verstehst, dann wird es dir natürlich auch nicht gelingen, Merkel als Verantwortliche zu identifizieren.

Dann: Legal wird ein Sachverhalt nicht dadurch, dass sich der Bundeskanzler und seine Regierung über geltendes Recht hinwegsetzen und die Aufgaben des Staates vernachlässigen. 'legal' ist eine normative Bewertung auf der Grundlage geltenden Rechts.

Selbst Touristen dürfen aus vielen Ländern nicht ohne Visum einreisen, auch dann nicht, wenn sie zu Fuß reisen. Spätestens dann, wenn sie den Schengenraum betreten, betreten sie ihn illegal und der Status bleibt auch dann illegal, wenn es innerhalb des Schengenraumes Reisefreiheit gibt.

Aber was hat dies bitte mit dem Thema zu tun? :cool:
Ahhh schon wieder diese AfD Platte vom Rechtsbruch :eek:
Frau Weidel tingelt damit ja auch durch die Talkshows ... da kannst du sie ja mal fragen, gegen welchen Paragraphen die Bundesregierung genau verstoßen hat, um von einem Rechtsbruch zu sprechen :?:
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Uffzach »

odiug hat geschrieben: Frau Weidel tingelt damit ja auch durch die Talkshows ... da kannst du sie ja mal fragen, gegen welchen Paragraphen die Bundesregierung genau verstoßen hat, um von einem Rechtsbruch zu sprechen :?:
Ich spreche ausschließlich für mich. Was Frau Weidel sagt, kümmert mich nicht.
odiug hat geschrieben:(10 Dec 2017, 11:02)

Ahhh schon wieder diese AfD Platte vom Rechtsbruch :eek:
Ich spreche ausschließlich für mich. Aber dein unangemessener Kommentar gibt mir die Gelegenheit zum Thema zurückzukommen: Recht und Ordnung ist ein wesentlicher Aspekt einer verbindenden deutschen Kultur.

Du scheinst dagegen Willkür zu bevorzugen oder eine Moral bzw Ethik, die sich herausnehmen kann, sich über geltendes Recht hinwegzusetzen, ganz ähnlich der muslimischen Scharia. Was zeigt dies? Dass es von vornherein nichts Verbindendes gibt und dass nur der Staat Recht und Ordnung als Verbindendes setzen kann und dass es dieses Verbindende dann aber erst wirklich gibt, wenn der Staat es auch exekutiv durchsetzt.
odiug

Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von odiug »

Uffzach hat geschrieben:(10 Dec 2017, 11:12)

Ich spreche ausschließlich für mich. Was Frau Weidel sagt, kümmert mich nicht.



Ich spreche ausschließlich für mich. Aber dein unangemessener Kommentar gibt mir die Gelegenheit zum Thema zurückzukommen: Recht und Ordnung ist ein wesentlicher Aspekt einer verbindenden deutschen Kultur.

Du scheinst dagegen Willkür zu bevorzugen oder eine Moral bzw Ethik, die sich herausnehmen kann, sich über geltendes Recht hinwegzusetzen, ganz ähnlich der muslimischen Scharia. Was zeigt dies? Dass es von vornherein nichts Verbindendes gibt und dass nur der Staat Recht und Ordnung als Verbindendes setzen kann und dass es dieses Verbindende dann aber erst wirklich gibt, wenn der Staat es auch exekutiv durchsetzt.
Ich würde immer noch gerne wissen, welches geltende Recht du meinst :?:
Weil weder in der Verfassung, noch in irgendwelchen Gesetzen, ja nicht einmal im Dublin III Abkommen steht, daß Deutschand keine Flüchtlinge im Rahmen einer humanitären Aktion aufnehmen darf.
Also wo ist das Gesetz, das Merkel und die Bundesregierung gebrochen haben soll :?:
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

odiug hat geschrieben:(10 Dec 2017, 11:15)

Ich würde immer noch gerne wissen, welches geltende Recht du meinst :?:
Weil weder in der Verfassung, noch in irgendwelchen Gesetzen, ja nicht einmal im Dublin III Abkommen steht, daß Deutschand keine Flüchtlinge im Rahmen einer humanitären Aktion aufnehmen darf.
Also wo ist das Gesetz, das Merkel und die Bundesregierung gebrochen haben soll :?:
Kann man das nicht bitte in einem Flüchtlingsstrang diskutieren, statt den hier zu schreddern?
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Selina »

Uffzach hat geschrieben:(10 Dec 2017, 09:35)

Aber, was bitte hat das eigentlich mit dem Thema zu tun? :cool:
Wenn du die Güte hättest, den Beitrag über meinem Kommentar von DA (Sa 9. Dez 2017, 23:38) zu lesen, wüsstest du, was es mit dem Thema zu tun hat. Ich hatte lediglich auf das Statement der Userin zur so genannten "unkontrollierten Masseneinwanderung" (sie nennt es "unkontrollierte Massenzuwanderung") geantwortet. Ein Begriff, der gerne von einigen konservativen, aber vor allem von rechtsnationalen und identitären Leuten verwendet wird. Genauso wie "ungebremster Flüchtlingsstrom" oder "unaufhaltsame Flüchtlingswelle, die über das Land rollt". Alles Formulierungen, die außer Acht lassen, dass es sich hier um einzelne Menschen handelt, die aus Krisen- und Kriegsgebieten fliehen. Nein, das ist eine "Welle", ein "Strom" und das Ganze ergießt sich noch dazu "unkontrolliert" ähnlich einem Tsunami über die armen gequälten deutschen Lande. Damit wird Angst geschürt und Panik verbreitet. Das ist demagogische Sprachregelung reinsten Wassers. Eine "verbindende AfD-Kultur".
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Uffzach »

odiug hat geschrieben:(10 Dec 2017, 11:15)

Ich würde immer noch gerne wissen, welches geltende Recht du meinst :?:
Weil weder in der Verfassung, noch in irgendwelchen Gesetzen, ja nicht einmal im Dublin III Abkommen steht, daß Deutschand keine Flüchtlinge im Rahmen einer humanitären Aktion aufnehmen darf.
Also wo ist das Gesetz, das Merkel und die Bundesregierung gebrochen haben soll :?:
Ich bezog mich ja auch nicht auf die einmalige Aufnahme der Flüchtlinge aus Ungarn. Ich bezog mich auf den daraufhin folgenden Zustand der illegalen unkontrollierten Massenzuwanderung über Monate hinweg , der eindeutig gegen geltendes Recht, auch gegen Verfassungsrecht verstoßen hat wie das Verfassungsgericht im Nachinein festgestellt hat, indem es feststellte, dass der Bundestag für solche Einwanderungswellen hätte eingeschaltet werden müssen.

Recht und Ordnung kann die verbindende deutsche Kultur sein, wenn man sich nicht drüber hinwegsetzt. :cool:
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von odiug »

Uffzach hat geschrieben:(10 Dec 2017, 11:31)

Ich bezog mich ja auch nicht auf die einmalige Aufnahme der Flüchtlinge aus Ungarn. Ich bezog mich auf den daraufhin folgenden Zustand der illegalen unkontrollierten Massenzuwanderung über Monate hinweg , der eindeutig gegen geltendes Recht, auch gegen Verfassungsrecht verstoßen hat wie das Verfassungsgericht im Nachinein festgestellt hat, indem es feststellte, dass der Bundestag für solche Einwanderungswellen hätte eingeschaltet werden müssen.

Recht und Ordnung kann die verbindende deutsche Kultur sein, wenn man sich nicht drüber hinwegsetzt. :cool:
Es gibt ein Urteil des Bundes-Verfassungsgerichts über Merkles Flüchtlingspolitik :?:
Wo, wann, wie :?:
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(10 Dec 2017, 01:53)

Diese ewige Merkel-Legende, sie habe die Grenzen für jedermann geöffnet und damit die "unkontrollierte Masseneinwanderung" erst in Gang gesetzt, ist nur heiße Luft. So war es wirklich:

http://www.zeit.de/politik/ausland/2016 ... ene-grenze
Wenn man die Fakten do dreist leugnet und verdreht wie du, leidet man tatsächlich unter extremen Realitätsverlust!

"Das deutsche Fernsehen zeigt Bilder von Flüchtlingen am Budapester Bahnhof, die "Merkel, Merkel" rufen. Am 1. September lässt Orbán die ersten ausreisen. Bis Mitternacht kommen bis zu 600 in München an. "We love you, Germany", rufen sie bei ihrer Ankunft." [...]
" Merkel wird am Abend des 4. September vom österreichischen Bundeskanzler Werner Faymann alarmiert, Flüchtlinge seien auf dem Weg zur Grenze.
Mitte September beginnt Ungarn damit, seine Grenze zu Kroatien mit Stacheldraht zu schließen.
Die beiden entscheiden, die Grenzen zu öffnen. Ganz unbürokratisch. Auf Kontrollen und Registrierungen wollen sie vorerst verzichten.
"[...]
"In einer Telefonkonferenz des CSU-Vorstandes sagt Seehofer, die Kanzlerin habe sich "leider im Alleingang für die Vision eines anderen Deutschland" entschieden. Es ist der Anfang des Bruches zwischen ihm und Merkel, der bis heute nicht gekittet ist."
Quelle


"Altmaier hat sich am Freitag früh aufgemacht. Er fliegt nach Frankfurt, weiter nach Genf, setzt dann auf dem französischem Teil des Sees über. In Evian soll er am Samstag eine Rede halten. Stundenlang ist er nicht zu erreichen, in den Stopps zwischen den Flügen: Hektische Telefonate mit Merkel. Um ein Uhr morgens legt der Saarländer das Handy aus der Hand. In Berlin steht die Entscheidung: Grenze öffnen. Die Argumentationslinie ist, dass man damit Zeit gewinne, um eine politische Lösung in der EU zu suchen." [...]
Merkel hat im Affekt gehandelt – ohne das Parlament zu beteiligen
Für den nächsten Morgen – gegen neun Uhr – ruft Altmaier die Chefs der Staatskanzleien der 16 Bundesländer zu einer Schaltkonferenz zusammen. Keiner hat sie gefragt, ob die Grenze geöffnet werden soll. Aber jetzt sind sie plötzlich gefragt, wenn es darum geht, die Flüchtlinge zu versorgen. Die Länder sind "not amused".

Merkel hat im Affekt gehandelt, am Telefon, unter (Zeit)Druck, ohne Blaupause, ohne die Länder zu informieren oder das Parlament zu beteiligen.
"
Quelle

Oder hier: Geschichte eines Staatsversagens

und dann noch:

"Bis jetzt ist die Rechtsgrundlage, auf der die Einreise von Asylsuchenden im Herbst 2015 genehmigt wurde, nicht geklärt.
Das haben Juristen der Wissenschaftliche Dienste des Bundestages festgestellt.
Eigentlich hätten die aus dem sicheren Drittstaat Österreich kommenden Flüchtlinge abgewiesen werden müssen."

"Wenige Tage vor der Bundestagswahl sorgt ein Gutachten zur Flüchtlingskrise für Aufregung. Ausgerechnet die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages stellen darin die Frage, ob das Parlament im Herbst 2015 nicht über den Massenzuzug hätte abstimmen müssen. Die Juristen des Parlaments stellen fest, dass die Bundesregierung bis heute nicht erklärt hat, auf welcher Rechtsgrundlage sie damals entschied." [...]
Quelle


Merkel hat sehr wohl im Alleingang - OHNE Einbeziehen und OHNE Abstimmung durch das Parlament - entschieden, die Grenzen zu öffnen und auf Grenzkontrollen zu verzichten.
Verzicht auf Grenzkontrollen ist nichts anderes als unkontrollierte Massenzuwanderung!

Also nix mit "Merkel-Legende, sondern Fakten - Merken HAT im Alleingang (OHNE Parlamentsentscheidung) die Grenzen geöffnet, sie HAT Gesetze missachtet und sie HAT mit der Aussetzung von Grenzkontrollen, eine unkontrollierte Massenzuwanderung in Gang gesezt!
Selina hat geschrieben:(10 Dec 2017, 01:53)Am Rande: Nicht ich verorte Menschen als neurechts oder rechtsradikal, nein, das tun diese Leute selbst. Und zwar sehr deutlich. Sie forcieren immer wieder eine künstliche Debatte um "kulturelle Identität", Nation, Volk, Ethnie und Kultur (kann man hier im Strang deutlich sehen) mit der Absicht der Ausgrenzung dessen, was sie als "das Fremde" bezeichnen.

Aber selbstverständlich legst DU fest, was rechts, neurechts oder rechtsradikal ist und verortest die Menschen in diesem politischem Spektrum. Beweist du doch gerade wieder!
Du kannst und willst nicht zwischen Abgrenzung und Ausgrenzung unterscheiden, unterstellst gewollte Ausgrenzung und damit diffamierst und denunzierst du Menschen als neurechts und rechtsradikal.
Zu kultureller Identität habe ich aus einer Habilitation zu diesem Thema zitiert, habe diese (einschließlich eines Kommentars dazu) verlinkt - nimmst du nicht zu Kenntnis, behauptest stattdessen weiterhin, es handele sich um einen neurechten oder gar rechtsradikalen Begriff und erhebst damit deine Meinung - die auf einer eingeschränkten, einseitigen Sicht (einseitgem Informationsbezug) - zur Allgemeingültigkeit.
Doch DU und niemand anders verortest Menschen - allein aufgrund einer, dir nicht genehmen Meinungsäußerung - im neurechten oder rechtsradikalen politischen Spektrum und genau das nennt man diffamieren und denunzieren.
q.e.d.

Und ganz nebenbei: Es handelt sich eben NICHT um eine künstliche Debatte, sondern um den ganz normalen Vorgang der ABgrenzung des Eigenen vom Fremden!
Selina hat geschrieben:(10 Dec 2017, 01:53) Und zur Auseinandersetzung mit deinen "Argumenten": Nur, weil ein führender FDP-Mann mal etwas von einem so genannten Linksruck bei SPD und CDU und von einer "Sozialdemokratisierung der CDU" gesagt hat und das nun viele nachplappern, muss das noch lange nicht stimmen.
Gerade weil ein FDP-Politiker davon spricht, hat die Aussage durchaus ihre Berechtigung, "stimmt diese Aussage".
Die Existenz einer Partei wie der AfD IST der Beweis dafür!
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Uffzach »

odiug hat geschrieben:(10 Dec 2017, 11:46)

Es gibt ein Urteil des Bundes-Verfassungsgerichts über Merkles Flüchtlingspolitik :?:
Wo, wann, wie :?:
Nein, hatte ich in der Eile falsch ausgedrückt. Es gab eine parlamentarische Anfrage an den wissenschaftlichen Dienst des Bundestages nach der Rechtsgrundlage für die 'Grenzöffnung' durch Merkel, die ja tatsächlich ein Offenlassen trotz massenhaften illegalen Grenzübertrittes war, und dieser bezog sich in seiner Darlegung, dass es keine Rechtsgrundlage gab, auf die Begründung eines Urteil des VerfG zum Familiennachzug ( "„… obliegt es der Entscheidung der Legislative … ob und bei welchem Anteil Nichtdeutscher an der Gesamtbevölkerung die Zuwanderung von Ausländern ins Bundesgebiet begrenzt wird“), welches die Einschaltung des Bundestages erforderlich gemacht hätte. Folglich war Merkel's Grenzoffenhaltung nach der einmaligen Aufnahme der Flüchtlinge ein Verstoß gegen die verfassungsgemäße Ordnung, d.h. ein Rechtsbruch.

siehe auch Beitrag von Dark Angel gleich über diesem Beitrag.

https://www.tichyseinblick.de/daili-es- ... zoeffnung/
odiug

Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von odiug »

Uffzach hat geschrieben:(10 Dec 2017, 16:42)

Nein, hatte ich in der Eile falsch ausgedrückt. Es gab eine parlamentarische Anfrage an den wissenschaftlichen Dienst des Bundestages nach der Rechtsgrundlage für die 'Grenzöffnung' durch Merkel, die ja tatsächlich ein Offenlassen trotz massenhaften illegalen Grenzübertrittes war, und dieser bezog sich in seiner Darlegung, dass es keine Rechtsgrundlage gab, auf die Begründung eines Urteil des VerfG zum Familiennachzug ( "„… obliegt es der Entscheidung der Legislative … ob und bei welchem Anteil Nichtdeutscher an der Gesamtbevölkerung die Zuwanderung von Ausländern ins Bundesgebiet begrenzt wird“), welches die Einschaltung des Bundestages erforderlich gemacht hätte. Folglich war Merkel's Grenzoffenhaltung nach der einmaligen Aufnahme der Flüchtlinge ein Verstoß gegen die verfassungsgemäße Ordnung, d.h. ein Rechtsbruch.

siehe auch Beitrag von Dark Angel gleich über diesem Beitrag.

https://www.tichyseinblick.de/daili-es- ... zoeffnung/
Gut ... das ist aber ein formaler Fehler von Merkel, angesichts der Mehrheitsverhältnisse im damaligen Bundestag.
Aber prinzipiell gebe ich dir da sogar recht, dieser formale Fehler zeigt ein zumindest fragwürdiges Demokratieverständnis über die Rolle des Parlaments der Bundesregierung ... ist aber kein Rechtsbruch ... deswegen ist Merkel nicht kriminell.
Und natürlich kann man dir auch den Europäischen Gerichtshof entgegenhalten:
Deutschland machte von „Eintrittsklausel“ Gebrauch

Gleichzeitig verwies der EuGH aber auf eine „Eintrittsklausel“ im EU-Flüchtlingsrecht. Diese erlaube es anderen Staaten, „einseitig oder in abgestimmter Weise im Geist der Solidarität“ Anträge von Flüchtlingen auf internationalen Schutz auch dann zu prüfen, wenn sie nach den Dublin-Regeln hierfür nicht zuständig sind.
http://www.focus.de/politik/deutschland ... 00677.html
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von think twice »

Uffzach hat geschrieben:(10 Dec 2017, 16:42)

Folglich war Merkel's Grenzoffenhaltung nach der einmaligen Aufnahme der Flüchtlinge ein Verstoß gegen die verfassungsgemäße Ordnung, d.h. ein Rechtsbruch.

siehe auch Beitrag von Dark Angel gleich über diesem Beitrag.

https://www.tichyseinblick.de/daili-es- ... zoeffnung/
Wurde das von offizieller Seite schon so festgestellt oder ist das die unmassgebliche Meinung von Tichy und seiner juristisch versierten Gefolgschaft?
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(08 Dec 2017, 21:05)

Ehrliche Antwort? Ok. Hier ist sie: Mich stört das alles überhaupt nicht. Im Gegenteil. Ich finde nur, dass man über Selbstverständlichkeiten nicht so intensiv reden muss, wie das einige Leute seit einigen Jahren ständig tun. Meine Frage geht daher in die Richtung des Motivs, warum es diesen auffallenden Rückzug ins Nationale, in die "kulturelle Identität", ins "Eigene" und dergleichen mehr seit einigen Jahren gibt. Und warum solche Fragen so eine hohe Priorität haben in einigen Kreisen im Vergleich zu anderen existenziellen Fragen. Das ist es, was mich interessiert dabei. Worauf ich allerdings noch keine Antwort erhalten habe.
Da muss ich sagen: Das stört mich im Unterschied zu Dir ganz ungemein. Es gibt zum Beispiel Statistiken über den bekundeten kulturellen Nationalismus in (Nord- und Süd-)Amerika. Mexiko liegt auf einem der vorderen Plätze. Und ich habe einen ungarischen "Kindheitsfreund", der in jungen Jahren in die USA ausgewandert ist und dort eine Mexikanerin geheiratet hat. Sein Vater, immerhin Professor für ungarische Liteatur an einer Budapester Universität, musste am Telefon tatsächlich wortwörtlich bekunden, dass Ungarn als Nation weniger wert ist als Mexiko, um die beiden in den USA besuchen zu dürfen. Ich meine: Das muss man sich mal vorstellen! Das ist doch ungeheuerlich.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(07 Dec 2017, 14:40)

Du bist echt schon bewaffnet? :?

;)

Wir kommen darauf zurück, was diese Auflösung bedeutet, wenn wir den Reckwitz analysieren. Denn diese "Valorisierungskultur" hin zum Besonderen findet ja nicht ohne Grundlagen im leeren Raum statt und ist als systemische Beschreibung sehr präzise, allerdings sagt sie definitionsgemäß und in Einklang mit modernen Systemtheorien nichts über irgendwelche Akteure und die Voraussetzungen ihres Handelns. Und ich habe auch mal extra, weil ich so genervt war von diesen toten Systemen (was das Buch aber nicht schlecht machen soll) bei Sapolsky (Gewalt und Mitgefühl) die Kapitel über Individualkulturen und Kollektivkulturen aus Sicht der Neurowissenschaften/Biologie nachgelesen. Da steckt eins der fehlenden Glieder drin, für die Soziologen leider keinen Sinn haben (müssen).
Ja richtig. Das, was ich bis jetzt in "Die Gesellschaft der Singularitäten" gelesen habe, unterscheidet sich in (mindestens) zwei Punkten, von dem, was ich unter dem Stichwort "Kosmopolitismus vs. Kommunitarismus" mitbekommen habe. Reckwitz betrachtet den gesellschaftlichen Wandel in jüngerer Zeit wesentlich systemisch und nicht sozusagen als einen Mentalitätswechsel. Für ihn wandeln sich nicht nur die Menschen sondern auch die Dinge, die Städtearchitekturen, die Richtung des technologischen Fortschritts usw. Deshalb auch "Singularität" statt "Kosmopolitismus". Und dann, das ist (u.a.) das wirklich spannende: Er geht ausführlich auf die Entwertungsreflexe als Folge dieser Wandlung von der Industriegesellschaft der 60er-80er zur aktuellen postmodernen Gesellschaft ein. Dem Bedeutungszuwachs des Singulären stehen ausgesprochen heftige Abwertungsreaktionen gegenüber. Die Rechtsdrift bis hin zum Neonationalismus in Europa ist ein Teil dieser Gegenreaktion.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Dec 2017, 08:46)

Ja richtig. Das, was ich bis jetzt in "Die Gesellschaft der Singularitäten" gelesen habe, unterscheidet sich in (mindestens) zwei Punkten, von dem, was ich unter dem Stichwort "Kosmopolitismus vs. Kommunitarismus" mitbekommen habe. Reckwitz betrachtet den gesellschaftlichen Wandel in jüngerer Zeit wesentlich systemisch und nicht sozusagen als einen Mentalitätswechsel. Für ihn wandeln sich nicht nur die Menschen sondern auch die Dinge, die Städtearchitekturen, die Richtung des technologischen Fortschritts usw. Deshalb auch "Singularität" statt "Kosmopolitismus". Und dann, das ist (u.a.) das wirklich spannende: Er geht ausführlich auf die Entwertungsreflexe als Folge dieser Wandlung von der Industriegesellschaft der 60er-80er zur aktuellen postmodernen Gesellschaft ein. Dem Bedeutungszuwachs des Singulären stehen ausgesprochen heftige Abwertungsreaktionen gegenüber. Die Rechtsdrift bis hin zum Neonationalismus in Europa ist ein Teil dieser Gegenreaktion.
Ja, ich bin jetzt fast durch, werde mir heute noch die Milieustudie des Heidelberger Sinus-Institus, auf die er sich stützt, anschauen. Im Grunde stehen für mich die 30 % der neuen kulturellen Mittelschicht für diejenigen, die die Herren über den gesamten Valorisierungsprozess sind. Die anderen 70 % (mit Ausnahme des 1 % der Superreichen) sind diejenigen, die nicht unbedingt sozial oder ökonomisch, aber auf jeden Fall kulturell abgehängt sind. Er hat das wirklich erstklassig herausgearbeitet. Es sollte Pflichtlektüre für einige hier sein :D
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Dec 2017, 08:34)

Da muss ich sagen: Das stört mich im Unterschied zu Dir ganz ungemein. Es gibt zum Beispiel Statistiken über den bekundeten kulturellen Nationalismus in (Nord- und Süd-)Amerika. Mexiko liegt auf einem der vorderen Plätze. Und ich habe einen ungarischen "Kindheitsfreund", der in jungen Jahren in die USA ausgewandert ist und dort eine Mexikanerin geheiratet hat. Sein Vater, immerhin Professor für ungarische Liteatur an einer Budapester Universität, musste am Telefon tatsächlich wortwörtlich bekunden, dass Ungarn als Nation weniger wert ist als Mexiko, um die beiden in den USA besuchen zu dürfen. Ich meine: Das muss man sich mal vorstellen! Das ist doch ungeheuerlich.
Dann muss das wohl ein Missverständnis sein. Selbstverständlich lehne ich ebenfalls jegliche Überspitzungen und auch den "kulturellen Nationalismus" ab. Ich hab so etwas mal bei meinen polnischen Freunden erlebt. Wir sprachen aber ausgiebig darüber und näherten uns irgendwie an in diesen Punkten. Aber die gegenseitige Sympathie war sowieso immer das Ausschlaggebende dabei. Ist auch alles etliche Jahre her. Was ich mit meinem Posting meinte, ist, dass ich einfach unheimlich skeptisch bin, wenn Leute die "kulturelle Identität" so dermaßen betonen und wie eine Monstranz vor sich hertragen. Und dann noch das ganze Vokabular (hab ich dann später noch was dazu geschrieben hier)... Und ja, auch dieses ständige angebliche Mehr-wert-Sein als andere finde ich einfach nur entsetzlich. Das macht mir alles große Sorgen, vielleicht auch deshalb, weil ich altersmäßig noch näher an der Nachkriegszeit dran bin als du.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Billie Holiday »

Selina hat geschrieben:(11 Dec 2017, 09:06)

Dann muss das wohl ein Missverständnis sein. Selbstverständlich lehne ich ebenfalls jegliche Überspitzungen und auch den "kulturellen Nationalismus" ab. Ich hab so etwas mal bei meinen polnischen Freunden erlebt. Wir sprachen aber ausgiebig darüber und näherten uns irgendwie an in diesen Punkten. Aber die gegenseitige Sympathie war sowieso immer das Ausschlaggebende dabei. Ist auch alles etliche Jahre her. Was ich mit meinem Posting meinte, ist, dass ich einfach unheimlich skeptisch bin, wenn Leute die "kulturelle Identität" so dermaßen betonen und wie eine Monstranz vor sich hertragen. Und dann noch das ganze Vokabular (hab ich dann später noch was dazu geschrieben hier)... Und ja, auch dieses ständige angebliche Mehr-wert-Sein als andere finde ich einfach nur entsetzlich. Das macht mir alles große Sorgen, vielleicht auch deshalb, weil ich altersmäßig noch näher an der Nachkriegszeit dran bin als du.

Wer konkret sagt, er sei mehr wert als andere?
Dieser Schwachsinn ist doch an den Haaren herbeigezogen.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Billie Holiday hat geschrieben:(11 Dec 2017, 09:12)

Wer konkret sagt, er sei mehr wert als andere?
Dieser Schwachsinn ist doch an den Haaren herbeigezogen.
Na Mensch, B.H., ich hab' doch grad' zwei Beiträge weiter oben ein Beispiel aus der Realität beschrieben, die genau das verdeutlichen.

Und einfach nur fünf Minuten Radio-Nachrichten werden das mit großer Wahrscheinlichkeit bestätigen. Es gibt einen seltsamen westlichen Idealismus, der zum Beispiel seine eigene Sichtweise auf den Buddhismus als angeblich sanfte, friedliche Religion entwickelt hat und nicht wahrhaben will, dass buddhistische Mönche in Myanmar einfach so Andersgläubige als minderwertig und quasi zum Abschusss Freigegebene behandelt.

Dass in Deutschland wahrscheinlich nur wenige offen sagen, dass sie sich aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit als mehr wert ansehen als andere, ändert daran ja nix.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(11 Dec 2017, 08:54)

Ja, ich bin jetzt fast durch, werde mir heute noch die Milieustudie des Heidelberger Sinus-Institus, auf die er sich stützt, anschauen. Im Grunde stehen für mich die 30 % der neuen kulturellen Mittelschicht für diejenigen, die die Herren über den gesamten Valorisierungsprozess sind. Die anderen 70 % (mit Ausnahme des 1 % der Superreichen) sind diejenigen, die nicht unbedingt sozial oder ökonomisch, aber auf jeden Fall kulturell abgehängt sind. Er hat das wirklich erstklassig herausgearbeitet. Es sollte Pflichtlektüre für einige hier sein :D
Ob Du nicht mit der Bezeichnung "Herren" über irgendeinen Prozess doch irgendwie dabei bist, menschliche Tätigkeiten zu verdammen statt sie zu begreifen ... da bin ich mir nicht so ganz sicher. Es findet einfach statt. In sehr vielen Fällen dürfte die Ablehnung von Dingen wie Leitkultur, Identität, "Werte", Kulturgemeinschaft usw. eher Konsequenz aus einer Selbsbetroffenheit von objektiv laufenden gesellschaftlichen Prozessen sein. Die man keineswegs selbst angestoßen hat und die man auch nicht "beherrscht". Man hat nur eingesehen, dass es auf Dauer unsinnig ist, sich ihnen entgegenzustellen. Die Welt in soundsoviel Dekaden wird eben doch eine ganz grundsätzlich andere sein.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Dec 2017, 09:32)

Ob Du nicht mit der Bezeichnung "Herren" über irgendeinen Prozess doch irgendwie dabei bist, menschliche Tätigkeiten zu verdammen statt sie zu begreifen ... da bin ich mir nicht so ganz sicher. Es findet einfach statt. In sehr vielen Fällen dürfte die Ablehnung von Dingen wie Leitkultur, Identität, "Werte", Kulturgemeinschaft usw. eher Konsequenz aus einer Selbsbetroffenheit von objektiv laufenden gesellschaftlichen Prozessen sein. Die man keineswegs selbst angestoßen hat und die man auch nicht "beherrscht". Man hat nur eingesehen, dass es auf Dauer unsinnig ist, sich ihnen entgegenzustellen. Die Welt in soundsoviel Dekaden wird eben doch eine ganz grundsätzlich andere sein.
Reckwitz beschreibt einen Prozess, er nimmt dazu wenig Stellung. Unsere Aufgabe ist es, das zu verstehen und zu interpretieren. Er beschäftigt sich ja nicht mit den Folgen, wobei er als Linker gegen Ende hin schon unterschwellig sein Unbehagen an der kulturellen Ökonomisierung durchscheinen lässt. Wolfgang Ullrich, auf den er sich teilweise stark stützt, hat den Valorisierungsprozess in seinem "Wahre Meisterwerte" genau auf die Folgen für die Gesellschaft hin untersucht.

Was deinen Fatalismus ;) angeht: Reckwitz sagt schon deutlich, dass der Prozess eine ökonomische Grundlage hat, denn das, was in den privaten Bereichen Essen, Wohnen etc. passiert, muss man sich auch leisten können. Er wäre ab der zweiten Hälfte (nach dem Kapitel über die Arbeit) eigentlich Wasser auf die Mühlen von Linken, deren Linkssein sich nicht auf dieses kulturelle Bessersein beschränkt, sondern die den Kapitalismus in progress sehen und kritisieren wollen. Aber hier tappen dann einige Linke in ihre eigenen Fallen: Sie fühlen sich kulturell den 30 % kulturell Mittelschichtigen zugehörig, müssten aber für die kulturell Abgehängten, also für die, die sie im Grunde ihres kulturellen Werte-Herzens verachten, Politik machen. Frau Wagenknecht weiß das, aber schon die Mehrheit der Linkspartei bekommt das nicht mehr auf die Reihe. Und deshalb muss man sich auch nicht wundern, dass die Linke prozentual den höchsten Aderlass an die AfD hinnehmen musste.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Billie Holiday »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Dec 2017, 09:24)

Na Mensch, B.H., ich hab' doch grad' zwei Beiträge weiter oben ein Beispiel aus der Realität beschrieben, die genau das verdeutlichen.

Und einfach nur fünf Minuten Radio-Nachrichten werden das mit großer Wahrscheinlichkeit bestätigen. Es gibt einen seltsamen westlichen Idealismus, der zum Beispiel seine eigene Sichtweise auf den Buddhismus als angeblich sanfte, friedliche Religion entwickelt hat und nicht wahrhaben will, dass buddhistische Mönche in Myanmar einfach so Andersgläubige als minderwertig und quasi zum Abschusss Freigegebene behandelt.

Dass in Deutschland wahrscheinlich nur wenige offen sagen, dass sie sich aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit als mehr wert ansehen als andere, ändert daran ja nix.
Du kannst also in die Köpfe gucken. Ist dir schon in den Sinn gekommen, wer sich über seinen vermeintlichen Mehrwert nicht äußert, empfindet diesen auch nicht?
Hauptsache, sich moralisch als mehrwertig fühlen, nicht wahr? :D
Letztlich spielen du oder Selina sich erstmal als mehrwertig auf, indem anderen unterstellt wird, sich mehrwertig zu fühlen. Selbsternannte moralische Instanzen.
Hoffentlich ist es bequem dort oben auf dem moralischen Thron.
Nenn doch mal außerhalb rechtsextremen Spacken noch andere, die den ganzen Tag darüber nachdenken, dass sie besser seien als andere.
Unterschiede zu sehen ist erlaubt?
Ich bleibe mal hier in Deutschland, irgendwelche Buddhisten interessieren mich nicht.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Selina »

Billie Holiday hat geschrieben:(11 Dec 2017, 10:03)

Du kannst also in die Köpfe gucken. Ist dir schon in den Sinn gekommen, wer sich über seinen vermeintlichen Mehrwert nicht äußert, empfindet diesen auch nicht?
Hauptsache, sich moralisch als mehrwertig fühlen, nicht wahr? :D
Letztlich spielen du oder Selina sich erstmal als mehrwertig auf, indem anderen unterstellt wird, sich mehrwertig zu fühlen. Selbsternannte moralische Instanzen.
Hoffentlich ist es bequem dort oben auf dem moralischen Thron.
Nenn doch mal außerhalb rechtsextremen Spacken noch andere, die den ganzen Tag darüber nachdenken, dass sie besser seien als andere.
Unterschiede zu sehen ist erlaubt?
Ich bleibe mal hier in Deutschland, irgendwelche Buddhisten interessieren mich nicht.
Warum du dich immer angesprochen fühlst. Schleierhaft. Die Rede ist doch gerade von deinen viel zitierten "Spacken", nur um in deiner Diktion zu bleiben, also von Nationalisten und solchen, die sich ihnen nahe fühlen. Wenn du dich nicht dazugehörig fühlst, ist doch alles bestens. Wo ist das Problem?
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