Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

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schokoschendrezki
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(01 Dec 2017, 14:44)

Dafür, dass du angeblich einen "Widerwillen gegenüber Ideologien zum Ausdruck bringen willst", diskutierst du aber sehr ideologisch bzw ideologisch indoktriniert. Deine gesamte Diskussionsweise ist Ideologie pur.
Sooo groß kann dein Widewille also gar nicht sein
Das ist der Text, den DU in den Beitragen liest oder lesen zu können meinst. Wenn wir schon beim Thema Intertextualität sind....

Wenn ich eher das Individuum im Mittelpunkt sehe und nicht Gemeinschaftlichkeiten, so ist das von Anfang an immer die Sicht auf etwas Partikuläres, Vereinzeltes. Ich weiß nicht, wie man aus einer solchen Betonung des Vereinzelten eine ideologische Sicht ableiten kann, die ja irgendetwas zusammenfassen und auf irgendeinen Nenner bringen will. Menschen sind wie Primzahlen. Die lassen sich nicht auf einen Nenner bringen. Und ich weiß - umgekehrt- nicht, wie man diese Überbetonung von gemeinsamer Kultur als gesellschaftlichem Bindemittel anders nennen soll als "Ideologie".
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Dark Angel
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(01 Dec 2017, 15:19)

Das ist der Text, den DU in den Beitragen liest oder lesen zu können meinst. Wenn wir schon beim Thema Intertextualität sind....
Nö sind wir nicht. Wir sind immer noch in einem Diskussionsforum und nicht in einen poststrukturalistischen Literaturzirkel.
Aber genau da liegt ganz offensichtlich dein Problem des Verstehens von Aussagen und Argumenten.

schokoschendrezki hat geschrieben:(01 Dec 2017, 15:19)
Wenn ich eher das Individuum im Mittelpunkt sehe und nicht Gemeinschaftlichkeiten, so ist das von Anfang an immer die Sicht auf etwas Partikuläres, Vereinzeltes. Ich weiß nicht, wie man aus einer solchen Betonung des Vereinzelten eine ideologische Sicht ableiten kann, die ja irgendetwas zusammenfassen und auf irgendeinen Nenner bringen will. Menschen sind wie Primzahlen. Die lassen sich nicht auf einen Nenner bringen. Und ich weiß - umgekehrt- nicht, wie man diese Überbetonung von gemeinsamer Kultur als gesellschaftlichem Bindemittel anders nennen soll als "Ideologie".
Genau das IST Ideologie!
Menschen sind "Rudeltiere", die nur innerhalb eine (sozialen) Gruppe überlebensfähig sind. Als Einzelwesen/vereinzelt kann Mensch (kein Mensch) überleben - Vereinzelung bedeutet Entwurzelung und Identitätsverlust. Genau aus diesem Grund rangiert das Bedürfnis nach Zugehörigkeit ZU einer Gemeinschaft, nach Anerkennung IN und DURCH eine Gemeinschaft in der Bedürfnishierarchie auch sehr weit oben.
Du willst einfach nicht kapieren, dass sich Individuum und Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft a) nicht gegenseitig ausschließen und b) keinen Widerspruch darstellen.
Menschen sind eben KEINE Primzahlen. Menschen finden einen gemeinsamen Nenner und das hat nix mit Ideologie zu tun, sondern mit Biologie, mit biologisch bedingtem Sozialverhalten.
Und last but not least - der Hinweis auf die Existenz einer gemeinsamen verbindenden Kultur hat nichts mit Überbetonung zu tun.
Die Existenz einer verbindenden Kultur weist lediglich darauf hin, dass Menschen soziale Wesen sind, die OHNE Zusammengehörigkeit/Gemeinschaftsgefühl, OHNE verbindende (kulturelle) Elemente, schlicht nicht existieren, nicht überleben können.
Kapierst du mit deinem Tunnelblick auf Kultur und deinem Ideologisieren und Politisieren von Kultur und Kulturbegriff natürlich nicht. Das ist mir klar.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(01 Dec 2017, 15:38)

Genau das IST Ideologie!
Menschen sind "Rudeltiere", die nur innerhalb eine (sozialen) Gruppe überlebensfähig sind. Als Einzelwesen/vereinzelt kann Mensch (kein Mensch) überleben - Vereinzelung bedeutet Entwurzelung und Identitätsverlust. Genau aus diesem Grund rangiert das Bedürfnis nach Zugehörigkeit ZU einer Gemeinschaft, nach Anerkennung IN und DURCH eine Gemeinschaft in der Bedürfnishierarchie auch sehr weit oben.
Du willst einfach nicht kapieren ...
Aha. Ideologie ist die als "Nicht-Kapieren-Wollen" bezeichnete persönliche Nichtakzeptanz kulturalistischer Ideologien ... :?
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

Unité 1 hat geschrieben:(01 Dec 2017, 12:52)

Die geteilte Bedeutung gemeinsamer Sprache erschließt gewissermaßen einen privaten Bedeutungsraum. Sprache ist schließlich nicht eineindeutig, sondern eröffnet einen Bedeutungshorizont. Wenn die Bedeutungen der Begriffe allgemein wären, sie sind es und sie sind es nicht, dann wäre individuelle Anwendung der Begriffe zum gleichen Scheitern verurteilt wie die Annahme rein privater Bedeutungen, weil es auf das gleiche hinausliefe. Eine individuelle Anwendung ergibt nur Sinn, wenn die Möglichkeit der Andersdeutung besteht.
Etwas anders zu deuten setzt voraus, das man etwas hat, auf dem man aufsetzt. Und das sind die Bedeutungen, die immer schon vorhanden und ein work in progress sind. Die Menge der Sätze ist unendlich, und da sich Bedeutungen durch unser aller Sprechen immer weiter verändern, verändert sich die Kultur auch immer mit. Aber es gibt keinen transkulturellen Standpunkt innerhalb eines Sprachhorizonts, von dem aus wir unabhängige, nicht verbundene Bedeutungen einführen könnten.
Unité 1 hat geschrieben:(01 Dec 2017, 12:52)
Der Begriff vom Assoziationsraum verdeutlicht das recht gut. Einerseits beschreibt er die assoziative Verbundenheit von Begriffen, die geteilt wird. Andererseits verweist die Assoziation auf ein mögliches Andersverstehen, da Assoziationen immer mehr über einen selbst als über das Objekt der Assoziation aussagen. Gemeinsame Sprache als Raum für Dissens aufgrund individueller Verschiedenheit, erst die Gemeinsamkeit ermöglicht das Verstehen der Differenz. Assoziationsraum kann auch in einer gesellschaftlichen Dimension verstanden werden - Gesellschaften als Assoziation von Individuen.
Assoziationsräume sind für mich rein individuelle Räume, Spielräume im doppelten Sinne des Wortes, in denen der Einzelne mit der Reichweite von Bedeutungen und An- und Verknüpfungsmöglichkeiten spielt. Hier geht es aber um Bedeutungsverhältnisse, in Abhängigkeit von dem, was an Bedeutungen immer schon vorhanden ist.
Unité 1 hat geschrieben:(01 Dec 2017, 12:52)
Ich würde es so zusammenfassen, dass die Gemeinsamkeit, das Öffentliche der Sprache im Ungefähren liegt. Begriffe, Semantik ist umgrenzt, der Deutungsraum endlich. Konkrete Bedeutungen können aber von Person zu Person variieren. Das zeigt sich, wenn Musik als Sprache verstanden wird. Die meisten Menschen empfinden eine ähnliche oder gleiche Grundstimmung, die die Musik transportiert, können aber von da aus dennoch zu unterschiedlichen Interpretationen kommen.
Die Gemeinsamkeit liegt immer im Konkreten. Variieren würden aus meiner Sicht nicht die Bedeutungen, sondern das individuelle Erfassen. Das Musikbeispiel halte ich für nicht passend, es ist eine andere Art der Verständigung, eine andere Ebene.
… habe ich mich sorgsam bemüht, menschliche Tätigkeiten nicht zu verlachen, nicht zu beklagen und auch nicht zu verdammen, sondern zu begreifen. (Spinoza)
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(01 Dec 2017, 15:38)
Die Existenz einer verbindenden Kultur weist lediglich darauf hin, dass Menschen soziale Wesen sind, die OHNE Zusammengehörigkeit/Gemeinschaftsgefühl, OHNE verbindende (kulturelle) Elemente, schlicht nicht existieren, nicht überleben können.
Kapierst du mit deinem Tunnelblick auf Kultur und deinem Ideologisieren und Politisieren von Kultur und Kulturbegriff natürlich nicht. Das ist mir klar.
Das geht von der Logik her einfach nicht. Wirf mir vor, ich akzeptiere deine Sicht auf die Rolle von Kultur und Gemeinschaft nicht, oder meinetwegen auch, ich kapiere sie nicht. Egal. Wenn jemand sagt, es gibt da nix, dann behauptet er, an der Stelle, an der andere irgendetwas Übergreifendes sehen wollen (Kultur, Religion, soziale Schicht, was auch immer) oder auch setzen wollen, ist eben nix. Leere Menge. Wo kann da eine "Ideologie" sein. Worüber denn? Über welchen Gegenstand oder Begriff. Was sind die Leitsätze einer Ideologie, die gar keinen Gegenstand hat ?
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von krone »

Selina hat geschrieben:(01 Dec 2017, 14:42)

, sind die beiden deutschen Sprachen, die bei der Wiedervereinigung gesprochen worden sind. Und das zum Teil bis heute.
Was ?
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

"Ideologien" zeichnen sich ferner dadurch aus, dass sie auf eine vermeintliche gesamtgesellschaftliche Handlungsnotwendigkeit zielen. Dass sie den Menschen umgangssprachlich irgendetwas "aufdrücken" wollen. Das ist typisch "Ideologie". Hab' ich davon irgendwas geschrieben? Nee. Im Gegenteil. Man solle die Menschen "machen lassen" (hab' ich sinngemäß mehrmals geschrieben). Im Rahmen der Rechtsordnung natürlich. Und die Leitkultur-Idee? Das ständige "Integriert-Euch"-Gefasel. Ist nicht vielmehr genau das ein Aufdrücken-Wollen? Ideologie im reinsten Sinne des Wortes?
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Selina »

krone hat geschrieben:(01 Dec 2017, 15:58)

Was ?
Man kann zwar dasselbe sagen, aber muss nicht dasselbe meinen. Mit diesen zwei deutschen Sprachen zur Wiedervereinigung wurde dieses Phänomen besonders deutlich. Sprache hat nicht nur einen rein semantischen Hintergrund, sondern sie spiegelt auch wider, woher jemand kommt, wo und wie er gelebt hat. Genauso, wie Bildung und Erziehung eine Rolle für den individuellen Ausdruck und das individuelle Verstehen von Sprache eine Rolle spielen. Die Erkenntnis, deutsch zu sein und deutsch zu sprechen, hat da wenig geholfen.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(01 Dec 2017, 15:52)
Die Gemeinsamkeit liegt immer im Konkreten. Variieren würden aus meiner Sicht nicht die Bedeutungen, sondern das individuelle Erfassen. Das Musikbeispiel halte ich für nicht passend, es ist eine andere Art der Verständigung, eine andere Ebene.
Nicht grundsätzlich. Gerade bei künstlerischen Texten, besonders Gedichten: Es ist häufig die Rede davon, es würden exakt soviele Varianten eines Gedichts existieren wie es Leser(innen) dieses Gedichts gibt. Die durch Sprache vermittelte Gemeinsamkeit besteht darin, dass man die verschiedenenen Reflexionen über einen solchen Text sich überhaupt gegenseitig verständlich machen und ausdrücken kann. Die Qualität einer Lyrikinterpretation besteht nicht darin, irgendeine "Absicht", einen "Sinn", eine versteckte Botschaft zu ermitteln, sondern darin, diese ganz persönliche Reflexion verständlich in Worte fassen zu können.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(01 Dec 2017, 16:38)

Nicht grundsätzlich. Gerade bei künstlerischen Texten, besonders Gedichten: Es ist häufig die Rede davon, es würden exakt soviele Varianten eines Gedichts existieren wie es Leser(innen) dieses Gedichts gibt.
Um das festzustellen, braucht es eine Grundlage, die den Vergleich zulässt.
Aber ich hatte Sprache auch nur als das grundlegendste Element des Verbindenden einführen wollen, es war nur als Beispiel gedacht, um zu erläutern, dass wir uns mit "verbindend" erst einmal nicht im Normativen bewegen. Man kann das auch auf deiner Ebene anhand deines Selbstverständnisses diskutieren. Aber so zwischendurch auf dem Handy ist mir das zu anstrengend :D
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(01 Dec 2017, 16:13)

"Ideologien" zeichnen sich ferner dadurch aus, dass sie auf eine vermeintliche gesamtgesellschaftliche Handlungsnotwendigkeit zielen. Dass sie den Menschen umgangssprachlich irgendetwas "aufdrücken" wollen. Das ist typisch "Ideologie". Hab' ich davon irgendwas geschrieben? Nee. Im Gegenteil. Man solle die Menschen "machen lassen" (hab' ich sinngemäß mehrmals geschrieben). Im Rahmen der Rechtsordnung natürlich. Und die Leitkultur-Idee? Das ständige "Integriert-Euch"-Gefasel. Ist nicht vielmehr genau das ein Aufdrücken-Wollen? Ideologie im reinsten Sinne des Wortes?
Kultur ist aber mehr als nur Rechtsordnung! In einer Kultur gibt es Regeln, Normen, Werte, die du nicht rechtlich regeln kannst. Umgangsformen z.B., Formen der Höflichkeit, Ethik, Moral etc - all das kannst du NICHT in einen rechtlichen Rahmen pressen, kannst du nicht gesetzlich regeln und vorschreiben.
Es gibt nur zwei Möglichkeiten: entweder du politisierst alles - einschließlich der Privat- und Intimsphäre - und gibst die rechtlichen/gesetzlichen Regeln vor oder du lässt jeden machen was er will - dann gelten allerdings keine Umgangsformen mehr, dann befindet sich jeder außerhalb von Ethik und Moral.
Also entweder du erkennst ungeschriebene Regeln, Normen, Werte an - dann erkennst du auch die Existenz einer verbindenen Kultur an und erkennst an, dass du als Individuum, Teil einer Gemeinschaft bist oder du erkennst sie nicht an, dann stellst du dich ganz bewusst außerhalb der Gesellschaft.
Wenn du allerdings (ausnahmslos) alles in einen rechtlichen/gesetzlichen Rahmen pressen willst, dann bist du ganz schnell bei einer totalitären Gesellschaft - Orwells "1984" lässt grüßen!
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Unité 1 »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(01 Dec 2017, 15:52)

Etwas anders zu deuten setzt voraus, das man etwas hat, auf dem man aufsetzt. Und das sind die Bedeutungen, die immer schon vorhanden und ein work in progress sind. Die Menge der Sätze ist unendlich, und da sich Bedeutungen durch unser aller Sprechen immer weiter verändern, verändert sich die Kultur auch immer mit. Aber es gibt keinen transkulturellen Standpunkt innerhalb eines Sprachhorizonts, von dem aus wir unabhängige, nicht verbundene Bedeutungen einführen könnten.
Von unabhängigen Deutungen habe ich doch gar nicht gesprochen, sondern explizit auf die geteilte Bedeutung gemeinsamer Sprache verwiesen. Die allerdings kein unbedingt gleiches Ergebnis liefert. Das zeigt auch die Sprachdynamik, die Veränderung setzt beim Individuum und dessen Sprechkreis ein und nimmt über multiplikatorische Verwendung ihren Lauf. Aber nicht jeder Bedeutungswandel setzt sich durch, manche verbleiben im privaten, andere im kleinen Kreis. Wieder andere existierten nur im Individuum. Die gemeinsame Sprache ermöglicht den Austausch darüber.
Assoziationsräume sind für mich rein individuelle Räume, Spielräume im doppelten Sinne des Wortes, in denen der Einzelne mit der Reichweite von Bedeutungen und An- und Verknüpfungsmöglichkeiten spielt. Hier geht es aber um Bedeutungsverhältnisse, in Abhängigkeit von dem, was an Bedeutungen immer schon vorhanden ist.
Ich wollte auf die Mehrdeutigkeit der Assoziation hinaus, auf die geteilte und ineinander verknüpfte Begriffswelt einerseits, die individuelle andererseits. Der Witz ist doch, dass Assoziationen Bedeutungsverhältnisse umreißen und sie dennoch zu völlig anderen Ergebnissen führen können, und zwar weil sie auf vorhandene Bedeutungen rekurrieren. Du assoziierst mit dem Assoziationsraum eine individuelle Spielebene, ich sehe diese, eine Konglomeration von Begriffen, die assoziativ verknüpft sind und auf einer anderen Ebene eine gemeinschaftlich gesellschaftliche Zustandsbeschreibung. Der Assoziationsraum von Assoziation ist ziemlich weit.
Die Gemeinsamkeit liegt immer im Konkreten. Variieren würden aus meiner Sicht nicht die Bedeutungen, sondern das individuelle Erfassen. Das Musikbeispiel halte ich für nicht passend, es ist eine andere Art der Verständigung, eine andere Ebene.
Das sehe ich nicht so und verstehe nicht ganz deine Trennung zwischen Bedeutung und individuellem Erfassen. Die Erfassungsleistung ist die Zuerkennung einer Bedeutung zu einem bestimmten Begriff, die nicht losgelöst von allem geschehen kann, sonst gäbe es keine gemeinsame Sprache. Bedeutungsinterpretationen eines Begriffs oszillieren meinetwegen um einen Begriffskern, auf diesen können sie zurückgeführt werden. Konkret ist da von vornherein nichts, was aber konkretes geteiltes Verständnis auch nicht ausschließt. Wie gesagt, die Gemeinsamkeit lässt erst das Andersverstehen zu. Wie du schon feststelltest, Sprache ist dynamisch, was beweist, dass Bedeutungen (inter-)individuell anders erkannt werden können, je nach konkretem Bezugspunkten, Denkmustern, Umständen, etc und pp.
Musik ist eine Sprache, aber keine konkrete. Von daher war mein Beispiel in gleichem Maße zu- wie unzutreffend. Es sollte den Punkt verdeutlichen.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Teeernte »

Dark Angel hat geschrieben:(01 Dec 2017, 18:27)

Kultur ist aber mehr als nur Rechtsordnung! In einer Kultur gibt es Regeln, Normen, Werte, die du nicht rechtlich regeln kannst. Umgangsformen z.B., Formen der Höflichkeit, Ethik, Moral etc - all das kannst du NICHT in einen rechtlichen Rahmen pressen, kannst du nicht gesetzlich regeln und vorschreiben.
Es gibt nur zwei Möglichkeiten: entweder du politisierst alles - einschließlich der Privat- und Intimsphäre - und gibst die rechtlichen/gesetzlichen Regeln vor oder du lässt jeden machen was er will - dann gelten allerdings keine Umgangsformen mehr, dann befindet sich jeder außerhalb von Ethik und Moral.
Also entweder du erkennst ungeschriebene Regeln, Normen, Werte an - dann erkennst du auch die Existenz einer verbindenen Kultur an und erkennst an, dass du als Individuum, Teil einer Gemeinschaft bist oder du erkennst sie nicht an, dann stellst du dich ganz bewusst außerhalb der Gesellschaft.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von unity in diversity »

schokoschendrezki hat geschrieben:(01 Dec 2017, 16:13)

"Ideologien" zeichnen sich ferner dadurch aus, dass sie auf eine vermeintliche gesamtgesellschaftliche Handlungsnotwendigkeit zielen. Dass sie den Menschen umgangssprachlich irgendetwas "aufdrücken" wollen. Das ist typisch "Ideologie". Hab' ich davon irgendwas geschrieben? Nee. Im Gegenteil. Man solle die Menschen "machen lassen" (hab' ich sinngemäß mehrmals geschrieben). Im Rahmen der Rechtsordnung natürlich. Und die Leitkultur-Idee? Das ständige "Integriert-Euch"-Gefasel. Ist nicht vielmehr genau das ein Aufdrücken-Wollen? Ideologie im reinsten Sinne des Wortes?
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(01 Dec 2017, 16:13)
Das ständige "Integriert-Euch"-Gefasel. Ist nicht vielmehr genau das ein Aufdrücken-Wollen? Ideologie im reinsten Sinne des Wortes?
Ach du meinst Integration habe irgend etwas mit "Aufdrücken wollen" oder Ideologie zu tun?
Na dann weißt du ganz offensichtlich nicht, was Integration in der Soziologie bedeutet.

"Der Prozess der Integration von Menschen mit einem Migrationshintergrund besteht aus Annäherung, gegenseitiger Auseinandersetzung, Kommunikation, Finden von Gemeinsamkeiten, Feststellen von Unterschieden und der Übernahme gemeinschaftlicher Verantwortung zwischen Zugewanderten und der anwesenden Mehrheitsbevölkerung.
Die Möglichkeit der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben der Aufnahmegesellschaft setzt den Erwerb von bestimmten Kenntnissen, Fähigkeiten, Einstellungen und den Willen, eine weitgehende Neu-Sozialisation und Neuorganisation der Persönlichkeit einzugehen, voraus. Zentral ist hier das Erlernen der neuen Sprache und eine gewisse Kommunikationsfähigkeit und -bereitschaft gegenüber der Aufnahmegesellschaft."


Integration bedeutet nicht mehr und nicht weniger als die Grundvoraussetzung für ein friedliches Miteinander/Zusammenleben von Zuwanderern/Einwanderern und der Mehrheitsgesellschaft zum gegenseitigen Vorteil und Nutzen.
Der einzige, der hier "herum faselt", das bist mit deinen Individualitäts- und "Vereinzelungswahn". Kein menschliches Individuum kann "vereinzelt", OHNE Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft oder Integration in eine Gemeinschaft überleben!
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Selina »

Es geht doch nicht um den Fakt der Integration. Das ist doch ne Binsenweisheit, dass sich Ausländer, die hierbleiben wollen/müssen, integrieren sollten. Anders geht es doch auch gar nicht. Was nur vehement abzulehnen ist, ist der ständig erhobene Zeigefinger und das ewige fordernde "integriert euch endlich!". Dass man dem nur ein trotziges "desintegriert euch!" entgegensetzen kann, ist doch nun völlig klar. Kein Mensch will sich unter Zwang und mit der Knarre im Rücken "integrieren". Das funktioniert nur im wechselseitigen Geben und Nehmen, im Aufeinander-Zugehen und nicht unter verbalen Peitschenhieben.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von unity in diversity »

Selina hat geschrieben:(01 Dec 2017, 23:47)

Es geht doch nicht um den Fakt der Integration. Das ist doch ne Binsenweisheit, dass sich Ausländer, die hierbleiben wollen/müssen, integrieren sollten. Anders geht es doch auch gar nicht. Was nur vehement abzulehnen ist, ist der ständig erhobene Zeigefinger und das ewige fordernde "integriert euch endlich!". Dass man dem nur ein trotziges "desintegriert euch!" entgegensetzen kann, ist doch nun völlig klar. Kein Mensch will sich unter Zwang und mit der Knarre im Rücken "integrieren". Das funktioniert nur im wechselseitigen Geben und Nehmen, im Aufeinander-Zugehen und nicht unter verbalen Peitschenhieben.
Fatimas Hand nutzt gutmenschlich, verbindendes Gedankengut aus, um zu unterwandern und zu trennen.
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Steht alles im Koran.
Für jedes Problem gibt es 2 Lösungsansätze:
Den Falschen und den Unsrigen.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(01 Dec 2017, 22:31)
Integration bedeutet nicht mehr und nicht weniger als die Grundvoraussetzung für ein friedliches Miteinander/Zusammenleben von Zuwanderern/Einwanderern und der Mehrheitsgesellschaft zum gegenseitigen Vorteil und Nutzen.
Der einzige, der hier "herum faselt", das bist mit deinen Individualitäts- und "Vereinzelungswahn". Kein menschliches Individuum kann "vereinzelt", OHNE Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft oder Integration in eine Gemeinschaft überleben!
Die zunehmende Fraktionierung und Segmentierung der modernen Gesellschaften ist zunächst einmal einfach Fakt. Bestens ablesbar am Beispiel der Erosion der traditionellen Parteienbindungen. Das kann man persönlich gut finden oder auch nicht. Es ist einfach Fakt. Und die Richtung der technologischen Entwicklung spricht jetzt auch nicht gerade dafür, dass dieser Fraktionierungsprozess sich verlangsamen wird. Im Gegenteil. Ich bin mir sicher, dass der im Ansatz liberale Umgang damit nach dem Motto "die Menschen machen lassen innerhalb der Rechtsordnung" am Ende attraktiver sein wird als der kulturideologische Ansatz "Seid mal nicht so sondern so!", die normative Vorgabe von als korrekt und als nicht korrekt geltenden gesellschaftlichen Umgangsformen.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Teeernte hat geschrieben:(01 Dec 2017, 20:47)

:thumbup:

Ist schon ein Unterschied - ob der Busfahrer ankommt - so Gott will....oder weil er sich anRegeln hält, pünktlich, ausgeschlafen ist - und seinen Bus gut warten lässt..
Ich hätte jetzt beinahe ein bissel gelästert ... aber ich bin ja ein Mensch mit guten Kulturmanieren und antworte deshalb in aller Höflichkeit und Korrektheit: Unter "Rechtsordnung" versteht man die Gesamtheit aller gültigen Ordnungsregeln. Nicht nur das Strafrecht. Sondern auch Arbeitsrecht bis hinunter zur Möglichkeit bei wiederholten Regelverstößen eine Abmahnung zu erteilen oder sogar eine Kündigung auszusprechen. Soviel nur zu dem Busfahrer. Sie umfasst Hausordnungen, die den Umgang mit Mülleimern regeln, Schulordnungen, die das Tragen bestimmter Kleider verbieten usw. usf. Reicht nicht? Dann gibts für das Erlassen neuer Regeln das Paralement, die Legislative mit dem Recht, neue Gesetze einzubringen. Reicht immer noch nicht? Na, dann vielleicht wieder zurück zur DDR-Gesellschaft?
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(02 Dec 2017, 10:37)

Die zunehmende Fraktionierung und Segmentierung der modernen Gesellschaften ist zunächst einmal einfach Fakt. Bestens ablesbar am Beispiel der Erosion der traditionellen Parteienbindungen. Das kann man persönlich gut finden oder auch nicht. Es ist einfach Fakt. Und die Richtung der technologischen Entwicklung spricht jetzt auch nicht gerade dafür, dass dieser Fraktionierungsprozess sich verlangsamen wird. Im Gegenteil. Ich bin mir sicher, dass der im Ansatz liberale Umgang damit nach dem Motto "die Menschen machen lassen innerhalb der Rechtsordnung" am Ende attraktiver sein wird als der kulturideologische Ansatz "Seid mal nicht so sondern so!", die normative Vorgabe von als korrekt und als nicht korrekt geltenden gesellschaftlichen Umgangsformen.
Die Grundbedingung hierfür wäre ein ständig steigender Wohlstand, aber der leistet am Ende auch nicht das, was zum Zusammenhalt notwendig wäre. Der Liberalismus wird ebenso wie seine beiden Brüder scheitern. Entweder löst er sich im reinen Rechsstaat auf, von dem ohnehin nicht klar wäre, wer den garantieren sollte, oder er wird von einer autoritären Variante abgelöst.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

Dark Angel hat geschrieben:(01 Dec 2017, 22:31)

Ach du meinst Integration habe irgend etwas mit "Aufdrücken wollen" oder Ideologie zu tun?
Na dann weißt du ganz offensichtlich nicht, was Integration in der Soziologie bedeutet.

"Der Prozess der Integration von Menschen mit einem Migrationshintergrund besteht aus Annäherung, gegenseitiger Auseinandersetzung, Kommunikation, Finden von Gemeinsamkeiten, Feststellen von Unterschieden und der Übernahme gemeinschaftlicher Verantwortung zwischen Zugewanderten und der anwesenden Mehrheitsbevölkerung.
Die Möglichkeit der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben der Aufnahmegesellschaft setzt den Erwerb von bestimmten Kenntnissen, Fähigkeiten, Einstellungen und den Willen, eine weitgehende Neu-Sozialisation und Neuorganisation der Persönlichkeit einzugehen, voraus. Zentral ist hier das Erlernen der neuen Sprache und eine gewisse Kommunikationsfähigkeit und -bereitschaft gegenüber der Aufnahmegesellschaft."


Integration bedeutet nicht mehr und nicht weniger als die Grundvoraussetzung für ein friedliches Miteinander/Zusammenleben von Zuwanderern/Einwanderern und der Mehrheitsgesellschaft zum gegenseitigen Vorteil und Nutzen.
Der einzige, der hier "herum faselt", das bist mit deinen Individualitäts- und "Vereinzelungswahn". Kein menschliches Individuum kann "vereinzelt", OHNE Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft oder Integration in eine Gemeinschaft überleben!

Zur Integration gehört vor allem auch eine Definition und ein Verständnis des Eigenen, also des Verbindenden, und ein Wisseen über dessen historische und aktuelle Grundlagen und Bedingungen, damit jene notwendige Zweitsozialisierung überhaupt auch nur theoretisch gelingen kann. Die lustige Vorstellung, es reiche, sich an ein paar Gesetze zu halten, ist lebensfremd. Das ist keine Integration, sondern die Anerkennung von Parallelwelten.
… habe ich mich sorgsam bemüht, menschliche Tätigkeiten nicht zu verlachen, nicht zu beklagen und auch nicht zu verdammen, sondern zu begreifen. (Spinoza)
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(02 Dec 2017, 11:13)

Die Grundbedingung hierfür wäre ein ständig steigender Wohlstand, aber der leistet am Ende auch nicht das, was zum Zusammenhalt notwendig wäre.
Eine liberale Gesellschaft braucht ja auch gar keinen übergreifenden gesamtgesellschaftlichen "Zusammenhalt" außer der sozusagen vertraglichen Bindung an die Rechtsordnung. Vom Grundgesetz mit seinen demokratischen Prinzipien bis hinunter zur Straßenverkehrsordnung. Die Frage, ob irgendwas einen Zusammenhalt herstellt, aufrechterhält oder erodiert, stellt sich aus einer solchen liberalen Sicht gar nicht. Jeder Mensch kann in seinem sozialen Mikrobereich die Art des Zusammenhalts frei nach seinem Gusto selbst gestalten. So wie die jeweilige Gruppe es in diesem Mikrobereich wünscht.

In einem anderen Thread wird das angebliche Sterben der Rockmusik diskutiert. Ein solches Sterben findet keineswegs statt. Diese Art der Musik zieht sich nur tendenziell in entsprechende Mikroszenen zurück. Tendenziell zumindest ohne übergreifenden Superstarkult. Ganz wunderbar!
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(02 Dec 2017, 11:31)

Eine liberale Gesellschaft braucht ja auch gar keinen übergreifenden gesamtgesellschaftlichen "Zusammenhalt" außer der sozusagen vertraglichen Bindung an die Rechtsordnung. Vom Grundgesetz mit seinen demokratischen Prinzipien bis hinunter zur Straßenverkehrsordnung. Die Frage, ob irgendwas einen Zusammenhalt herstellt, aufrechterhält oder erodiert, stellt sich aus einer solchen liberalen Sicht gar nicht. Jeder Mensch kann in seinem sozialen Mikrobereich die Art des Zusammenhalts frei nach seinem Gusto selbst gestalten. So wie die jeweilige Gruppe es in diesem Mikrobereich wünscht.!
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von think twice »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(02 Dec 2017, 11:26)

Die lustige Vorstellung, es reiche, sich an ein paar Gesetze zu halten, ist lebensfremd. Das ist keine Integration, sondern die Anerkennung von Parallelwelten.
Solange sie sich an Gesetze halten, können sie doch in ihren Parallelwelten leben. Wen stört es?
Das ist eben das Abstoßende: Dieses zwangsweise Herbeiführen wollen einer verbindlich, verbindenden Kultur. Integriert ist nur, wer sich "unserer" Kultur anpasst.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Selina »

think twice hat geschrieben:(02 Dec 2017, 11:46)

Solange sie sich an Gesetze halten, können sie doch in ihren Parallelwelten leben. Wen stört es?
Das ist eben das Abstoßende: Dieses zwangsweise Herbeiführen wollen einer verbindlich, verbindenden Kultur. Integriert ist nur, wer sich "unserer" Kultur anpasst.
Muss niemand, braucht niemand in einem freiheitlich demokratischen Staat.
:thumbup:

Das brauchen nur diejenigen, die auch das "Verbindende" und das "Eigene" brauchen und es gegen "fremde Einflüsse" verteidigen müssen. Kaum vorstellbar, dass es wirklich Menschen gibt, die an so etwas Merkwürdiges glauben :D
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von think twice »

Selina hat geschrieben:(02 Dec 2017, 11:56)

:thumbup:

Das brauchen nur diejenigen, die auch das "Verbindende" und das "Eigene" brauchen und es gegen "fremde Einflüsse" verteidigen müssen. Kaum vorstellbar, dass es wirklich Menschen gibt, die an so etwas Merkwürdiges glauben :D
Ich glaube, sie wollen ihre eigene Parallelwelt deshalb für verbindend und verbindlich erklaeren, weil sie ahnen, dass sie die eigentlichen Aussenseiter sind mit ihrer Kulturtümelei von vorgestern.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Billie Holiday »

Vielleicht sollte man dann nicht von Multikulti reden, sondern von diversen Parallelgesellschaften, die nebenher leben ohne sehr vielen Berührungspunkten außer der lästigen Pflicht, sich an hiesige Gesetze zu halten und den Wunsch, sich aus den Sozialkassen zu bedienen, was bei Unwillen, sich zu integrieren, wohl der einzige Grund sein mag, in dieses kalte Land zu kommen, denn ohne Integration und Spracherwerb reicht es oft nur, um auf Baustellen zu fegen.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von think twice »

Billie Holiday hat geschrieben:(02 Dec 2017, 12:05)

Vielleicht sollte man dann nicht von Multikulti reden, sondern von diversen Parallelgesellschaften, die nebenher leben ohne sehr vielen Berührungspunkten außer der lästigen Pflicht, sich an hiesige Gesetze zu halten und den Wunsch, sich aus den Sozialkassen zu bedienen, was bei Unwillen, sich zu integrieren, wohl der einzige Grund sein mag, in dieses kalte Land zu kommen, denn ohne Integration und Spracherwerb reicht es oft nur, um auf Baustellen zu fegen.
Tja, wenn einem zu Parallelgesellschaften nur Libanesenclans aus Berlin einfallen, kommt man zu einem solchen Beitrag. ;)
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

think twice hat geschrieben:(02 Dec 2017, 11:46)

Solange sie sich an Gesetze halten, können sie doch in ihren Parallelwelten leben. Wen stört es?
Das ist eben das Abstoßende: Dieses zwangsweise Herbeiführen wollen einer verbindlich, verbindenden Kultur. Integriert ist nur, wer sich "unserer" Kultur anpasst.
Muss niemand, braucht niemand in einem freiheitlich demokratischen Staat.
Heute wieder Strohmänner im Angebot.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von think twice »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(02 Dec 2017, 12:21)

Heute wieder Strohmänner im Angebot.
Das ist Fakt in unserer FDGO: Jeder kann nach seiner Fasson glücklich werden, solange er nicht gegen geltendes Recht und Ordnung verstößt. Daran aendern auch keine pseudo-wissentschaftlichen Abhandlungen etwas.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Selina »

think twice hat geschrieben:(02 Dec 2017, 12:26)

Das ist Fakt in unserer FDGO: Jeder kann nach seiner Fasson glücklich werden, solange er nicht gegen geltendes Recht und Ordnung verstößt. Daran aendern auch keine pseudo-wissentschaftlichen Abhandlungen etwas.
Genau. Und wenn wir schon bei "Strohmännern" sind: Da hat die Achse ganz offenbar auch ein paar von ihnen hierher abgesandt :D
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Billie Holiday »

Selina hat geschrieben:(02 Dec 2017, 12:40)

Genau. Und wenn wir schon bei "Strohmännern" sind: Da hat die Achse ganz offenbar auch ein paar von ihnen hierher abgesandt :D
Würdest du gern Maulkörbe verpassen lassen?
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Billie Holiday »

think twice hat geschrieben:(02 Dec 2017, 12:26)

Das ist Fakt in unserer FDGO: Jeder kann nach seiner Fasson glücklich werden, solange er nicht gegen geltendes Recht und Ordnung verstößt. Daran aendern auch keine pseudo-wissentschaftlichen Abhandlungen etwas.
Viele sind ja nicht glücklich. :( Die schreiben dann in einem Blog, dass die Deutschen sie nicht mögen, ihre Sprache nicht verstehen und überhaupt sind alle so böse Rassisten. :( :(
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Selina »

Billie Holiday hat geschrieben:(02 Dec 2017, 12:43)

Würdest du gern Maulkörbe verpassen lassen?
Nö. Das Argument "wieder Strohmänner unterwegs" kam nicht zuerst von mir. Bitte genau lesen. Da sehe ich dann schon eher eine Art Maulkorb, wenn man missliebige Leute mit dem Strohmann-Etikett versieht. Und so war das nur eine adäquate Reaktion darauf.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von think twice »

Billie Holiday hat geschrieben:(02 Dec 2017, 12:45)

Viele sind ja nicht glücklich. :( Die schreiben dann in einem Blog, dass die Deutschen sie nicht mögen, ihre Sprache nicht verstehen und überhaupt sind alle so böse Rassisten. :( :(
Da sie die deutsche Sprache nicht verstehen, schreiben sie sicher auf türkisch und arabisch, oder? Was wiederum du verstehst und daher genau weisst, was sie schreiben. :D
Kannst du mal einen solchen Blog verlinken? Ich kenne die garnicht, würde mich aber mal interessieren.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(02 Dec 2017, 11:45)

Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Damit das funktioniert, müsstest du alle menschlichen Beziehungen verrechtlichen, um dieser Individualspezies den autistischen Spielraum zu schützen. Nur so kann jeder nach seinem Gusto dann in seinem von allem Sozialen befreiten Sein überleben.
Ich reich' dir mal mit einem Zitat aus dem Wikipedia-Artikel zu "Liberalismus"
In einem engeren Sinne liberalistischer Positionen beschränkt sich die Rolle des Staates auf den konkreten Schutz der Freiheit der Individuen und der die Freiheit garantierenden Rechtsordnung.
symbolisch einen Schluck Wasser auf den Schreck. ;) Es ist eine völlig normale Position. Auch wenn sie natürlich nicht von allen geteilt wird.

Dass der Mensch im Rahmen dieser Rechtsordnung selbstverständlich soziale Beziehungen aufbaut und ein auch kulturell und auch in Gruppenzusammenhängen interagierendes Wesen ist und bleibt, steht damit ja in keinem Widerspruch. Es bedarf nur keiner staatlichen Regelung und keiner gesamtgesellschaftlichen Bewusstheit.

Und ganz konkret: Kein Innenminister hat sich zu erdreisten, der Bevölkerung eine "Leitkultur" vorzusetzen, Fast alles ist geregelt in der Bundesrepublik. Bis hin zur LeereFlaschenEinsortierung nach Farbe, Jetzt will man an die Gehirne oder was? Das ist eindeutig bereits im Reich des Bösen, Kein Mensch, der einmal die Morgenluft der Freiheit geatmet hat, wird dieses Ansinnen tolerieren.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Dark Angel »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(02 Dec 2017, 11:26)

Zur Integration gehört vor allem auch eine Definition und ein Verständnis des Eigenen, also des Verbindenden, und ein Wisseen über dessen historische und aktuelle Grundlagen und Bedingungen, damit jene notwendige Zweitsozialisierung überhaupt auch nur theoretisch gelingen kann. Die lustige Vorstellung, es reiche, sich an ein paar Gesetze zu halten, ist lebensfremd. Das ist keine Integration, sondern die Anerkennung von Parallelwelten.
Aber genau das (gefettet) wird ja von den Kulturleugnern/Kulturverweigerern abgelehnt - die verbindende gemeinsame Geschichte, auch das aus der Geschichte lernen - und damit meine ich nicht nur die dunkelsten 12 Jahre deutscher Geschichte - sondern die gesamte Geschichte, dazu gehört die Anerkennung der Leistungen, die für die kulturelle Entwicklung erbracht worden sind, die Anerkennung der Werte, die in dieser Kultur entstanden sind etc. Aber das brauche ich dir ja nicht zu erläutern.
Die Leugner des Verbindenden einer Kultur habe die Parallelwelten doch längst anerkannt, sie tolerieren doch die schleichende Veränderung, Unterwanderung und "Demontage" unserer Kultur, indem immer mehr Forderungen der Zuwanderer nachgegeben wird. Sie tolerieren es indem sie sich mit kulturellen Unterschieden eben nicht auseinander setzen, das Verbindende der eigenen Kultur nicht sehen wollen bzw sogar ablehnen. ==> siehe "Grenzen der Toleranz" von Dr. Michael Schmidt Salomon
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(02 Dec 2017, 17:39)

Ich reich' dir mal mit einem Zitat aus dem Wikipedia-Artikel zu "Liberalismus"

symbolisch einen Schluck Wasser auf den Schreck. ;) Es ist eine völlig normale Position. Auch wenn sie natürlich nicht von allen geteilt wird.

Dass der Mensch im Rahmen dieser Rechtsordnung selbstverständlich soziale Beziehungen aufbaut und ein auch kulturell und auch in Gruppenzusammenhängen interagierendes Wesen ist und bleibt, steht damit ja in keinem Widerspruch. Es bedarf nur keiner staatlichen Regelung und keiner gesamtgesellschaftlichen Bewusstheit.

Und ganz konkret: Kein Innenminister hat sich zu erdreisten, der Bevölkerung eine "Leitkultur" vorzusetzen, Fast alles ist geregelt in der Bundesrepublik. Bis hin zur LeereFlaschenEinsortierung nach Farbe, Jetzt will man an die Gehirne oder was? Das ist eindeutig bereits im Reich des Bösen, Kein Mensch, der einmal die Morgenluft der Freiheit geatmet hat, wird dieses Ansinnen tolerieren.
Ach, das mag der Innenminister tun, wie ihm beliebt. Ich hatte ja schon einmal geschrieben, dass er das besser "X Leitlinien zur Integration" genannt hätte, dann wäre klar gewesen, dass es nicht Aufgabe der Politik ist, Kultur zu definieren, weil Kultur größer ist als Politik.

Was die Grundsatzfrage angeht: In manchem Praktischen unterscheiden wir uns sicher nicht so stark, allerdings gehen wir anders damit um, ziehen andere Schlussfolgerungen aus Persönlichem. Jemand wie ich, für den nach den schon bei den Nonnen im Kindergarten beginnenden Erfahrungen später alles Kollektive verdächtig, ja schon Chorsingen eine Art Faschismus war, blieb die Parteinahme für die Füchse gegen die Igel (wie Isaiah Berlin das in seinem Essay so schön beschreibt) zeitlebens bestimmend (aller Igel-Versuche zum Trotz). Nur: Ich war mir immer bewusst, dass das idiosynkratisch ist, diese Bevorzugung des Individuellen, dieses Abstandhalten. Aber ich habe es zumeist erfolgreich geschafft, die Maximen, die mit dem Idiosynkratischen verbunden sind, nicht in den Rang eines allgemeinen Gesetzes zu erheben. Die anthropologischen Grundlagen des Menschen als soziales Tier hätte ich nie in Frage gestellt, ebensowenig die Grundlagen von Kultur, des Sozialen, aber auch nicht die Bedingungen, die ein liberaler Rechtsstaat zu Selbstsicherung braucht. Das bleibt völlig unberührt. Was in meiner persönlichen Universalgeschichte der Niedertracht steht, angefangen mit den Nonnen, die ganz exemplarisch die praktische Niedertracht theoretischer Glaubenssätze verkörpert haben, hat damit nichts zu tun. Heute nehme ich dafür die neuen säkularen Betschwestern (und Betbrüder) des Ordens der Denunzierenser mitsamt ihrem Doppeldenk darin auf. :D

Über den Liberalismus gibt's vielleicht mal einen eigenen Thread. Für ihn zieht die Abendröte auf, er wird nach dem kurzen aber heftigen Leben des Faschismus und dem an Altersschwäche dahingeschiedenen Kommunismus als letzter der drei ungleichen und doch aufeinander bezogenen Brüder sein Leben aushauchen, wenn er sich weiterhin auf den Staat als seinen Hauptfeind konzentriert. Spannend bleibt, was auf ihn folgt.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von ryu1850 »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(02 Dec 2017, 11:26)

Zur Integration gehört vor allem auch eine Definition und ein Verständnis des Eigenen, also des Verbindenden, und ein Wisseen über dessen historische und aktuelle Grundlagen und Bedingungen, damit jene notwendige Zweitsozialisierung überhaupt auch nur theoretisch gelingen kann. Die lustige Vorstellung, es reiche, sich an ein paar Gesetze zu halten, ist lebensfremd. Das ist keine Integration, sondern die Anerkennung von Parallelwelten.
Was ist denn die Definition und das Verständnis des Verbindenden?
Was verbindet einen Kölner Hausmeister, einen Berliner Lehrer und einen Aufsichtsratvorsitzenden aus München außer der Gesetze an die sich alle zu halten haben?
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

ryu1850 hat geschrieben:(02 Dec 2017, 21:12)

Was ist denn die Definition und das Verständnis des Verbindenden?
Was verbindet einen Kölner Hausmeister, einen Berliner Lehrer und einen Aufsichtsratvorsitzenden aus München außer der Gesetze an die sich alle zu halten haben?
Am einfachsten geht das, wenn du dir überlegst, was dich mit den dreien verbindet.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von ryu1850 »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(02 Dec 2017, 21:49)

Am einfachsten geht das, wenn du dir überlegst, was dich mit den dreien verbindet.
Ich finde bei mir nichts.
Was ist denn bei dir? Du sagst die Kultur sind mehr als die Gesetze die wir achten. Was verbindet dich denn mit den 3en?
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(02 Dec 2017, 21:04)

Über den Liberalismus gibt's vielleicht mal einen eigenen Thread. Für ihn zieht die Abendröte auf, er wird nach dem kurzen aber heftigen Leben des Faschismus und dem an Altersschwäche dahingeschiedenen Kommunismus als letzter der drei ungleichen und doch aufeinander bezogenen Brüder sein Leben aushauchen, wenn er sich weiterhin auf den Staat als seinen Hauptfeind konzentriert.
Wie kann er das. Wenn er die Rechtsordnung als Basis und Garant für persönliche Freiheit ansieht. Wie schon geschrieben: Von Grundgesetz und Demokratieprinzip bis hinunter zu Straßenverkehrsordnung und Schulpflicht. Er weiß doch, dass er dafür Verfassungsgericht, Justiz, Polizei, Bildungssystem usw. braucht. Und dass das auch eine Stange Geld kostet. Wer das nicht akzeptiert, kann doch eigentlich kein Liberaler im eigentlichen SInne sein. Mal so ganz naiv gesagt.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

ryu1850 hat geschrieben:(02 Dec 2017, 22:12)

Ich finde bei mir nichts.
Was ist denn bei dir? Du sagst die Kultur sind mehr als die Gesetze die wir achten. Was verbindet dich denn mit den 3en?
Ja, dann ist das so bei dir. Wenn du als Flüchtling ohne Mittel und Kontake irgendwo in Südostasien landen würdest und kein Weg nach Europa, nach Deutschland zurückführte, meinst du es würde dir reichen, wenn du dort die Gesetze einhältst, um ein Mitglied der Gesellschaft zu werden? Und wenn dir dann die drei als Mitflüchtlinge begegnen, glaubst du, es würde dich dann mit ihnen auch nur das Einhalten verbinden?

Ich bin immer wieder erstaunt, wie a-historisch, wie völlig anti-anthropologisch, a-sozial, anti-(entwicklungs)psychologisch Menschen an solche Themen rangehen. Ich kenne das eigentlich sonst nur von tief religiösen Menschen aus dem Unterricht, die Evolution ablehnen und behaupten, Gott habe sie genau als derjenige gemeint, der sie sind und der sie unter allen Bedingungen geworden wären. So ähnlich, wenn auch säkular ist das, was du sagst, auch.

Du sagst: Ich finde nichts bei mir. Also gibt es das nicht? In Südostasien würden sie sich, falls sie es verstehen könnten, halbtot lachen. Was euch dort, falls ihr alle vier zu diesem Ergebnis dort kämt, verbände, wäre euer Paria-Dasein. Denn da ihr eure Kultur nicht verstehen könnt und euch aufs Gesetzeeinhalten beschränken würdet, würdet ihr dort einfach durchfallen.

Was ich mit denen teile, hatte ich schon oben mal an einem Beispiel erläutert. Ich teile, falls du hier aufgewachsen sein solltest, mit dir zum Beispiel die Tatsache, dass wir beide unter bestimmten Sozialisierungsbedingungen aufgewachsen bin. Die uns zu dem gemacht haben, was und wer wir sind.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(03 Dec 2017, 01:30)

Wie kann er das. Wenn er die Rechtsordnung als Basis und Garant für persönliche Freiheit ansieht. Wie schon geschrieben: Von Grundgesetz und Demokratieprinzip bis hinunter zu Straßenverkehrsordnung und Schulpflicht. Er weiß doch, dass er dafür Verfassungsgericht, Justiz, Polizei, Bildungssystem usw. braucht. Und dass das auch eine Stange Geld kostet. Wer das nicht akzeptiert, kann doch eigentlich kein Liberaler im eigentlichen SInne sein. Mal so ganz naiv gesagt.
Zur Erinnerung:


„Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann. Das ist das große Wagnis, das er, um der Freiheit willen, eingegangen ist. Als freiheitlicher Staat kann er einerseits nur bestehen, wenn sich die Freiheit, die er seinen Bürgern gewährt, von innen her, aus der moralischen Substanz des einzelnen und der Homogenität der Gesellschaft, reguliert. Anderseits kann er diese inneren Regulierungskräfte nicht von sich aus, das heißt mit den Mitteln des Rechtszwanges und autoritativen Gebots zu garantieren suchen, ohne seine Freiheitlichkeit aufzugeben und – auf säkularisierter Ebene – in jenen Totalitätsanspruch zurückzufallen, aus dem er in den konfessionellen Bürgerkriegen herausgeführt hat.“

– Ernst-Wolfgang Böckenförde: Staat, Gesellschaft, Freiheit. 1976, S. 60.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(03 Dec 2017, 09:38)

Ja, dann ist das so bei dir. Wenn du als Flüchtling ohne Mittel und Kontake irgendwo in Südostasien landen würdest und kein Weg nach Europa, nach Deutschland zurückführte, meinst du es würde dir reichen, wenn du dort die Gesetze einhältst, um ein Mitglied der Gesellschaft zu werden? Und wenn dir dann die drei als Mitflüchtlinge begegnen, glaubst du, es würde dich dann mit ihnen auch nur das Einhalten verbinden?

Ich bin immer wieder erstaunt, wie a-historisch, wie völlig anti-anthropologisch, a-sozial, anti-(entwicklungs)psychologisch Menschen an solche Themen rangehen. Ich kenne das eigentlich sonst nur von tief religiösen Menschen aus dem Unterricht, die Evolution ablehnen und behaupten, Gott habe sie genau als derjenige gemeint, der sie sind und der sie unter allen Bedingungen geworden wären. So ähnlich, wenn auch säkular ist das, was du sagst, auch.

Du sagst: Ich finde nichts bei mir. Also gibt es das nicht? In Südostasien würden sie sich, falls sie es verstehen könnten, halbtot lachen. Was euch dort, falls ihr alle vier zu diesem Ergebnis dort kämt, verbände, wäre euer Paria-Dasein. Denn da ihr eure Kultur nicht verstehen könnt und euch aufs Gesetzeeinhalten beschränken würdet, würdet ihr dort einfach durchfallen.

Was ich mit denen teile, hatte ich schon oben mal an einem Beispiel erläutert. Ich teile, falls du hier aufgewachsen sein solltest, mit dir zum Beispiel die Tatsache, dass wir beide unter bestimmten Sozialisierungsbedingungen aufgewachsen bin. Die uns zu dem gemacht haben, was und wer wir sind.
Den Gedanken dahinter kann man übrigens auch in theoretisch auf den Pubkt bringen: Von der Tatsache, dass das Verbindende aufgrund seiner alltäglichen Selbstverständlichkeit nicht ständig ins Bewusstsein dringt, kann nicht darauf geschlossen werden, es gäbe dieses Verbindende nicht. So, wie Glück erst nach einem plötzlichen Negativereignis nach seinem Ende als etwas, das gewesen ist, ins Bewusstsein dringt, so ist das mit dem Verbindenden in meinem Gedankenspiel Flucht nach Südostasien auch. Spätestens dort würde einem klar, was einen mit dem Hausmeister, dem Lehrer und dem Aufsichtsratvorsitzenden verbindet.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von ryu1850 »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(03 Dec 2017, 09:38)
Ich teile, falls du hier aufgewachsen sein solltest, mit dir zum Beispiel die Tatsache, dass wir beide unter bestimmten Sozialisierungsbedingungen aufgewachsen bin. Die uns zu dem gemacht haben, was und wer wir sind.
Zu was außer zu Menschen die sich an Gesetze halten wurden wir denn sozialisiert?
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Sextus Ironicus
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

ryu1850 hat geschrieben:(03 Dec 2017, 12:54)

Zu was außer zu Menschen die sich an Gesetze halten wurden wir denn sozialisiert?
Ich mach keine Stöckchenspiele :D
… habe ich mich sorgsam bemüht, menschliche Tätigkeiten nicht zu verlachen, nicht zu beklagen und auch nicht zu verdammen, sondern zu begreifen. (Spinoza)
ryu1850
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von ryu1850 »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(03 Dec 2017, 13:24)

Ich mach keine Stöckchenspiele :D
Das beantwortet meine Frage nicht. Was haben wir beide gemeinsam, außer den Gesetzen an die wir uns halten?
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schokoschendrezki
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Kürzlich in der S-Bahn: Eine Gruppe von Menschen in drei Generationen (Großeltern, Eltern, Enkel vermutlich) über und über in irgendwelchen Fantrachten für (vemutlich) irgendeinen Fußball- oder Eishockey-Club. Ich habe auch nicht die allerleisteste Ahnung, worum es bei solchen kulturellen Ritualen eigentlich geht. Was eigentlich hinter einem Begriff wie "Fankultur" steht. Was sich in einem Bereich, den man mir mit "Fankurve" bezeichnet, eigentlich abspielt. Ebensogut hätten Marsmenschen neben mir sitzen können.

Noch die 60er, 70er waren in Europa doch noch sehr von gemeinschaftlich ausgeübten kulturellen Ritualen geprägt. Vorabendserie, Abendbrot, Tagesschau usw. Die von allen verstanden wurden. Es gehört nicht sehr viel Prophetie dazu, vorherzusagen, dass wir uns, insbesondere durch die Entwicklung digitaler Medien, schon kurzrfristig in einer Realität völlig disparater Lebenswelten auch innerhalb geographisch lokaler Räume befinden werden.

Für mich besteht zwischen einer Ansammlung von 40, 50 Frauen mit Kopftuch und Kindern in Neukölln und eine Gruppe von EHC-Fans in der S-Bahn kein wesentlicheri Unterschied. In beiden Fällen ist es eine Konfrontation mit einer Lebenswelt, die mir vollkommen fremd ist.

Zu dieser gesellschaftlichen Fragmentierung kommt es so oder so. Oder ist es schon gekommen. Ob mit oder ohne Flüchtlingsphänomen. Wie damit anders umgehen, als sich auf die Gültigkeit einer Rechtsordnung als letztes, verbleibendes Regularium zu berufen.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Zunder
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Zunder »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(03 Dec 2017, 09:59)

Zur Erinnerung:
Böckenförde hat mit der "Homogenität der Gesellschaft" allerdings keine ethnische Homogenität gemeint, sondern die breite gesellschaftliche Anerkennung der Werte, die der freiheitlichen Rechtsordnung zu Grunde liegen.

Für die Freiheit ist die Gesellschaft verantwortlich, nicht der Staat.
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