Mein-Grundeinkommen-Experiment

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FreeEnergy
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Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von FreeEnergy »

Hi Leute,

den meisten dürfte das BGE (Bedingungslose Grundeinkommen) mittlerweile ein Begriff sein. Daher möchte ich nicht näher darauf eingehen. Im Internet und auf Youtube gibt es zahlreiche Inforamtionen, Dikussionsrunden etc. falls sich jemand noch genauer darüber informieren will.

Der Berliner Michael Bohmeyer hat Anfang July ein Projekt mit dem Namen "Mein-Grundeinkommen" über eine Crowdfundingseite gestartet. Nach nur 22 Tagen wurden von einigen hundert Menschen die ersten 12.000€ gespendet. Momentan sind mehr als 27.500€ zusammen gekommen.

Die Idee ist mittels eines Losverfahren für das sich jeder (auch Nichtspender) registrieren kann, einen (oder je nach höeeSpend Gewinner festzulegen, der dann für 1 Jahr jeden Monat 1000€ bekommt unabhängig davon was man mit diesem Geld vor hat.

Ich finde die Idee toll und würde mich freuen,wenn ihr dieses Experiment unterstützt und weiter verbreitet. Denn Probieren geht über Studieren :-) Hier noch ein paar Links dazu.

http://www.mein-grundeinkommen.de/

http://www.welt.de/wirtschaft/karriere/ ... iment.html

http://www.welt.de/wirtschaft/article13 ... tstun.html





Grüße

E_R

P.S: Übrigens könnte die Schweiz das erste Land sein, das ein BGE einführt. In 2-3 Jahren wird es darüber einen Volksentscheid geben.

http://bedingungslos.ch/
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Blickwinkel
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Blickwinkel »

Die Schweiz wird kein BGE einführen, solange Milliardäre dort das sagen haben.

Vom BGE halte ich nichts und werde deswegen auch nichts spenden für Menschen, die dann zuhause rumsitzen und faulenzen. Wenn jemand mir zeigt, dass er Werte schafft (Kunst gehört für mich auch dazu) und es mir gefällt, dann zahle ich dafür. Für Blödsinn oder einfaches Rumsitzen zahle ich nichts.
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Tally
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Tally »

Ich glaube es ist einfach schwierig vorauszusagen, wie in breiter Front die Menschen ticken würden. Würde Kreativität, Lust an Arbeit, Schaffensdrang freigesetzt oder würde sich allgemeine Lethargie einstellen.

Für mich eigentlich der einzige Knackpunkt: wer will dann noch in wirklichen Knochenjobs arbeiten? Der Mensch sucht doch stets die angenehmen Seiten des Lebens ... - oder vielleicht doch eher die Herausforderung?

Spannend finde ich dieses Experiment auf jeden Fall!
Zuletzt geändert von Tally am Dienstag 26. August 2014, 14:03, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Perdedor »

FreeEnergy hat geschrieben: Ich finde die Idee toll und würde mich freuen,wenn ihr dieses Experiment unterstützt und weiter verbreitet.
Welche Aussagekraft hat ein Experiment, dass aus genau EINEM Einzelfall besteht?
Das beweist gar nichts; weder in die eine noch in die andere Richtung.
Hier sollte man sich eher auf soziologische und psychologische - aber vor allem SERIÖSE - Forschung berufen.
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Blickwinkel
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Blickwinkel »

Tally » Di 26. Aug 2014, 13:57 hat geschrieben:Ich glaube es ist einfach schwierig vorauszusagen, wie in breiter Front die Menschen ticken würden. Würde Kreativität, Lust an Arbeit, Schaffensdrang freigesetzt oder würde sich allgemeine Lethargie einstellen.

Spannend finde ich dieses Experiment auf jeden Fall!
Ich schätze mal, dass die wenigstens ihrem Schaffensdrang freien Lauf lassen. Wieso machen sie es denn nicht jetzt? Als normaler AN kann ich jederzeit meine Arbeitszeit reduzieren, natürlich mit Gehaltseinbußen. Aber wenn ich sowieso nur auf BGE-Level leben will, wäre es durchaus möglich bereits heute als Angestellter das zu tun.

Wieso macht das dann keiner, wenn die ganzen Angestellten nach Freiheit und Kreativität dürsten?

Wieso können heutige H4-Empfänger nicht schon Unternehmen aufbauen, große Kunstwerke erschaffen oder soziale Projekte unterstützen?
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Zahnderschreit »

Perdedor » Di 26. Aug 2014, 14:04 hat geschrieben: Welche Aussagekraft hat ein Experiment, dass aus genau EINEM Einzelfall besteht?
Momentan sind es sogar 2 (oder 3?) Einzelfälle. :D

Dadurch, dass das Geld nicht bis zum Lebensende gezahlt wird, gibt es ein weiteres Problem.
Ich würde nichts ändern und es einfach sparen. Mit 12.000 € hat man ja wohl noch nicht ausgesorgt.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von FreeEnergy »

Es gibt auch die Möglichkeit das Projekt ohne direkte Zahlung zu unterstützen, wie im letzten Videolink beschrieben.



Ich sehe das wie Tally. Es ist schwer vorherzusagen, vorallem über mehrer Generationen hinweg. Leute die nix tun wirds sicherlich geben, aber die gibts heute auch. Zumindest würde jedem Bürger ein Menschenwürdiges leben ermöglicht werden und jeder hätte die Möglichkeit wirklich das zu arbeiten oder zu studieren was er will ohne unter größerem Druck zu stehen. In Namibia wurde schon einmal ein Projekt gestartet und die Ergebnisse waren recht positiv.



Gerade damit das Experiment aussagekräftiger wird, wäre es schön wenn sich viele daran beteiligen. Im Moment sind es ja schon wenigstens 2 Leute die die Verlosung gewinnen können (da schon über 24.000€ im Pot sind). Je mehr desto besser. Und ein Praxistest hat doch viel mehr Aussagekraft als irgendwelche Studien. Natürlich hast du Recht, das es wenig bringt wenn nur 1-2 Leute in den Genuß eines BGE kommen.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Tally »

Blickwinkel » Di 26. Aug 2014, 13:05 hat geschrieben:
Ich schätze mal, dass die wenigstens ihrem Schaffensdrang freien Lauf lassen. Wieso machen sie es denn nicht jetzt? Als normaler AN kann ich jederzeit meine Arbeitszeit reduzieren, natürlich mit Gehaltseinbußen. Aber wenn ich sowieso nur auf BGE-Level leben will, wäre es durchaus möglich bereits heute als Angestellter das zu tun.

Wieso macht das dann keiner, wenn die ganzen Angestellten nach Freiheit und Kreativität dürsten?

Wieso können heutige H4-Empfänger nicht schon Unternehmen aufbauen, große Kunstwerke erschaffen oder soziale Projekte unterstützen?
Berechtigter Einwand, keine Frage.

Vielleicht als Erklärung: der Druck ist raus. Es ist schon eine andere Situation, wenn das Arbeitsamt nicht im Nacken sitzt oder man doch noch - wenn auch nur stundenweise - seine Brötchen verdienen muss.

Aber wie gesagt: Für mich eigentlich der einzige Knackpunkt: wer will dann noch in wirklichen Knochenjobs arbeiten? Der Mensch sucht doch stets die angenehmen Seiten des Lebens ... - oder vielleicht doch eher die Herausforderung?

Wie tickt die breite Masse? Ein Einzelner kann ja euphorisch ans Werk gehen - schön zu sehen, aber das ist auch eine Menge Naivität im Spiel. Eine durch und durch positive Sichtweise des Menschen.
Zuletzt geändert von Tally am Dienstag 26. August 2014, 14:21, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Blickwinkel »

FreeEnergy » Di 26. Aug 2014, 14:16 hat geschrieben:Es gibt auch die Möglichkeit das Projekt ohne direkte Zahlung zu unterstützen, wie im letzten Videolink beschrieben.



Ich sehe das wie Tally. Es ist schwer vorherzusagen, vorallem über mehrer Generationen hinweg. Leute die nix tun wirds sicherlich geben, aber die gibts heute auch. Zumindest würde jedem Bürger ein Menschenwürdiges leben ermöglicht werden und jeder hätte die Möglichkeit wirklich das zu arbeiten oder zu studieren was er will ohne unter größerem Druck zu stehen. In Namibia wurde schon einmal ein Projekt gestartet und die Ergebnisse waren recht positiv.
Also dann ist H4 auch menschenwürdig, weil das BGE nicht viel höher als H4 ist. Davon abgesehen, was hindert die Menschen heute schon daran, das zu arbeiten, zu studieren oder sonst irgendwas zu machen? Liegt das alles nur am Geld? Wir jetzt plötzlich aus einem schlechten Schüler ein guter, der locker das Medizinstudium schafft, traut sich dann eine Person ihr eigenes Unternehmen zu gründen oder sich für den Beruf zu bewerben, den sie will?

Viele Dinge werden nicht über Geld geregelt und das BGE kann unmöglich ein sorgenfreies Leben bieten, weil dafür 700 Mrd. jährlich benötigt werden würden.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Blickwinkel »

Tally » Di 26. Aug 2014, 14:20 hat geschrieben:
Berechtigter Einwand, keine Frage.

Vielleicht als Erklärung: der Druck ist raus. Es ist schon eine andere Situation, wenn das Arbeitsamt nicht im Nacken sitzt oder man doch noch - wenn auch nur stundenweise - seine Brötchen verdienen muss.

Aber wie gesagt: Für mich eigentlich der einzige Knackpunkt: wer will dann noch in wirklichen Knochenjobs arbeiten? Der Mensch sucht doch stets die angenehmen Seiten des Lebens ... - oder vielleicht doch eher die Herausforderung?
Jeder Mensch sucht etwas anderes, aber Arbeit ist nicht nur eine Belastung sondern kann viel mehr sein. Nur ein Beispiel aus dem sozialen Bereich, manche Aufstocker würden zuhause zu Grunde gehen und sind froh, dass sie z.B. in sozialen Einrichtungen "arbeiten". Im Prinzip ist keine richtige Stelle, aber die Person ist beschäftigt und sitzt nicht zuhause rum, wo sich die Gedanken um einen selbst kreisen und die Decke einem irgendwann auf den Kopf fällt.
Wie tickt die breite Masse? Ein Einzelner kann ja euphorisch ans Werk gehen - schön zu sehen, aber das ist auch eine Menge Naivität im Spiel. Eine durch und durch positive Sichtweise des Menschen.
Die breite Masse will kein BGE, weil es dies finanzieren müsste mit 700 Mrd. Euro jährlich, damit für manche H4ler, ich betone MANCHE, H4ler, die arbeitsscheu sind, der Weg zur Arbeitsagentur erspart bleibt.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Perdedor »

Tally hat geschrieben: Aber wie gesagt: Für mich eigentlich der einzige Knackpunkt: wer will dann noch in wirklichen Knochenjobs arbeiten?
Das wäre ja gerade der große Vorteil:
Es werden sich sicher Interessenten für die Knochenjobs finden, wenn diese Jobs angemessen bezahlt werden.
Wenn diese Jobs heute nur gemacht werden, weil die Menschen vom Arbeitsamt gezwungen werden (oder weil sie sonst vom gesellschaftlichen Existenzminimum bedroht werden) ist dies kein freier Markt und die Stellen werden zu niedrig entlohnt.
Zuletzt geändert von Perdedor am Dienstag 26. August 2014, 14:30, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Tally »

Mal abgesehen davon, ob es finanzierbär wäre etc. - es ist zumindest ein interessantes Gedankenspiel. Würde da eine ideale Gesellschaft enstehen? Könnte der Mensch sich in diese Richtung weiterentwickeln?

Wenn ich ehrlich bin, drifte ich gedanklich eher in die Sci-Fi-Schiene ab. :?
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Tally »

Perdedor » Di 26. Aug 2014, 13:28 hat geschrieben:
Das ist ja gerade der große Vorteil:
Es werden sich sicher Interessenten finden, wenn diese Jobs angemessen bezahlt werden.
Wenn diese Jobs heute nur gemacht werden, weil die Menschen vom Arbteitsamt gezwungen werden ist die kein freier Markt und sie werden zu niedrig entlohnt.
Du meinst also, eine andere Wertschätzung von Arbeit würde entstehen bzw. könnte enstehen, wenn die Weichen anders gestellt wären. Also ein weiterer Schritt Richtung idealer Gesellschaft... .
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Perdedor »

Tally hat geschrieben: Du meinst also, eine andere Wertschätzung von Arbeit würde entstehen bzw. könnte enstehen
Nein. Die Wertschätzung ist die gleiche.
Aber warum sollte man den Wert bezahlen, wenn man Leute auch dazu bringen kann für weniger zu arbeiten?
Um ein drastisches Beispiel zu bringen: Die Arbeit der Sklaven auf den Baumwollfeldern wurde von den Besitzern sicher nicht als wertlos eingestuft. Sie wurden dadruch ja reich. Aber was sagt es über ein Geschäftsmodell aus, wenn man davon ausgeht, dass die Menschen aufhören für einen zu arbeiten, wenn sie die Wahl haben?
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Blickwinkel »

Perdedor » Di 26. Aug 2014, 14:28 hat geschrieben:
Das wäre ja gerade der große Vorteil:
Es werden sich sicher Interessenten für die Knochenjobs finden, wenn diese Jobs angemessen bezahlt werden.
Wenn diese Jobs heute nur gemacht werden, weil die Menschen vom Arbeitsamt gezwungen werden (oder weil sie sonst vom gesellschaftlichen Existenzminimum bedroht werden) ist dies kein freier Markt und die Stellen werden zu niedrig entlohnt.
Ich habe gerade ein Gegenbeispiel aus der Praxis gebracht, warum es wichtig ist, dass Menschen in Arbeit sind. Wenn du mal einen Monat zuhause rumsitzt ohne Aufgabe wirst du verstehen, was ich meine. Lethargie macht sich dann breit und die Lustlosigkeit steigt. Das sieht man dann, wenn diese Menschen schon mittags um 12:00 Uhr mit der Bierflasche da sitzen, obwohl sie ein Buch lesen, soziale Hilfe anbieten oder ein Kunstwerk schaffen könnten.

Aber wie gesagt, mach doch mal den Selbsttest ob du produktiver bist, wenn du regelmässiger Arbeit nachgehst oder nur zuhause rumsitzt.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Blickwinkel »

Tally » Di 26. Aug 2014, 14:29 hat geschrieben:Mal abgesehen davon, ob es finanzierbär wäre etc. - es ist zumindest ein interessantes Gedankenspiel. Würde da eine ideale Gesellschaft enstehen? Könnte der Mensch sich in diese Richtung weiterentwickeln?

Wenn ich ehrlich bin, drifte ich gedanklich eher in die Sci-Fi-Schiene ab. :?
Ich habe andere Erfahrungen gemacht und kenne Menschen, denen Arbeit geholfen hat und sei sie auch nicht so erfüllend, wie das manche Träumer gerne hätten.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Blickwinkel »

Perdedor » Di 26. Aug 2014, 14:38 hat geschrieben:
Nein. Die Wertschätzung ist die gleiche.
Aber warum sollte man den Wert bezahlen, wenn man Leute auch dazu bringen kann für weniger zu arbeiten?
Um ein drastisches Beispiel zu bringen: Die Arbeit der Sklaven auf den Baumwollfeldern wurde von den Besitzern sicher nicht als wertlos eingestuft. Sie wurden dadruch ja reich. Aber was sagt es über ein Geschäftsmodell aus, wenn man davon ausgeht, dass die Menschen aufhören für einen zu arbeiten, wenn sie die Wahl haben?
Ganz ehrlich, Aufstocker sind bestimmt nicht die erste Wahl für Arbeitgeber. Wenn dann wären es fleißige Ausländer, die viel Geld verdienen wollen und deswegen ihren Rücken krumm machen.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Watchful_Eye »

Blickwinkel » Di 26. Aug 2014, 13:54 hat geschrieben:Die Schweiz wird kein BGE einführen, solange Milliardäre dort das sagen haben.
Du meinst jetzt Medienmacht? In der Schweiz hatte sogar neulich die Initiative "1:12", welche einforderte, dass der am besten verdienende eines Unternehmens nicht mehr als 12x mehr verdienen darf als der schlechtsbezahlteste innerhalb eines Unternehmens, immerhin 34% Zustimmung bekommen. Das BGE hingegen lässt sich auch in einer Weise ausgestalten, die nicht gleich zu einer sozialen Hängematte führt, sondern eher zu einer besseren Möglichkeit des Zuverdienstes. Man braucht dann auch keinen Mindestlohn mehr.

Angenommen zB, das BGE würde so angesetzt, dass eine Einzelperson damit etwa genau so gut leben kann wie von Hartz IV (das sind ja mehr als der bloße Betrag wegen Miete usw.). In diesem Fall läge der konkrete Unterschied, den die Arbeit macht, beim Unterschied zwischen Hartz IV und dem erhaltenen Lohn. Bei dem BGE gibts den hingegen obendrauf, man subventioniert also in erster Linie Niedriglöhner. Ich halte einen Erfolg des BGE auch für eher unwahrscheinlich, aber grundsätzlich sind die Schweizer immer für eine Überraschung gut. ;)
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Blickwinkel »

Watchful_Eye » Di 26. Aug 2014, 14:46 hat geschrieben:Das BGE hingegen lässt sich auch in einer Weise ausgestalten, die nicht gleich zu einer sozialen Hängematte führt, sondern eher zu einer besseren Möglichkeit des Zuverdienstes. Man braucht dann auch keinen Mindestlohn mehr.
Also eine flächendeckende Aufstockung! :eek:
Angenommen zB, das BGE würde so angesetzt, dass eine Einzelperson damit etwa genau so gut leben kann wie von Hartz IV (das sind ja mehr als der bloße Betrag wegen Miete usw.). In diesem Fall läge der konkrete Unterschied, den die Arbeit macht, beim Unterschied zwischen Hartz IV und dem erhaltenen Lohn. Bei dem BGE gibts den hingegen obendrauf, man subventioniert also in erster Linie Niedriglöhner. Ich halte einen Erfolg des BGE auch für eher unwahrscheinlich, aber grundsätzlich sind die Schweizer immer für eine Überraschung gut. ;)
Die Kosten sind zu hoch und warum sollte sich jemand nicht um Arbeit bemühen müssen, sondern von anderen alimentiert werden, in der Hoffnung, dass er von sich aus plötzlich hochproduktiv ans Werk geht?

Manche Menschen brauchen Druck, damit sie sich in Bewegung setzen und gerade im unteren Leistungssegment häufen sich diese Menschen. Ansonsten wären sie doch jetzt schon längst gutbezahlten AN o.ä.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Perdedor »

Blickwinkel hat geschrieben: Wenn du mal einen Monat zuhause rumsitzt ohne Aufgabe wirst du verstehen, was ich meine. Lethargie macht sich dann breit und die Lustlosigkeit steigt.
Bei manchen trifft das sicher zu.
Ob es für die Mehrheit zutreffen würde ist eine Frage, die ernsthaft wissenschaftlich beantwortet werden müsste.
Denn die Mehrheit arbeitet ja heute auch. Willst du behaupten, sie tut dies nur, weil es kein Bürgergeld gibt?

Das Bürgergeld soll ja nicht die Arbeit abschaffen, sondern nur dafür sorgen, dass nach Angebot und Nachfrage bezahlt wird.
[Mal abgesehen von der verwaltungstechnischen Vereinfachung.]
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von FreeEnergy »

Perdedor hat geschrieben:
Das wäre ja gerade der große Vorteil:
Es werden sich sicher Interessenten für die Knochenjobs finden, wenn diese Jobs angemessen bezahlt werden.
Wenn diese Jobs heute nur gemacht werden, weil die Menschen vom Arbeitsamt gezwungen werden (oder weil sie sonst vom gesellschaftlichen Existenzminimum bedroht werden) ist dies kein freier Markt und die Stellen werden zu niedrig entlohnt.
Da kann ich nur zustimmen. Es ist ja auch so, dass wir heute viele Dinge automatisieren können. Es gibt Müllwägen, die nur noch einen Fahrer brauchen, Robotertechnik, Menschenfreie Kassen (Ikea) uvm. Natürlich noch ausbaubar und verbesserbar. Das wäre auch ein Teil der Finanzierung, das man die Maschinenarbeit besteuert. Zudem würde ein Großteil des Verwaltungsapperates überflüssig werden. ALG, Rente, Sozialhilfe etc. Es gibt wohl verschiedene Modelle und auch Studien dazu, mit der eine Finanzierung ermöglicht werden könnte. Hier ein Bsp.:



Ob man H4 als Menschenwürdig bezeichnen kann ist fraglich. Kannst ja mal alles was (ich glaube) ca. 350 € übersteigt (zzgl Miete) auf ein Sparkonto legen und versuchen mit diesem Gehalt ein halbes Jahr zu leben. Dann wirst sicherlich schnell feststellen, dass du da keine großen Sprünge machst bzw gar nicht damit auskommst. Auch um Kunst zu betreiben brauchst Arbeitsmaterial. Götz Werner (DM-Markt Gründer) ist ja ein großer Verfechter des BGE und sagt immer: "Um zu arbeiten brauch ich ein einkommen und nicht andersrum"

Hier noch eine Doku zum BGE

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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von FreeEnergy »

Perdedor » Di 26. Aug 2014, 14:51 hat geschrieben:
Bei manchen trifft das sicher zu.
Ob es für die Mehrheit zutreffen würde ist eine Frage, die ernsthaft wissenschaftlich beantwortet werden müsste.
Denn die Mehrheit arbeitet ja heute auch. Willst du behaupten, sie tut dies nur, weil es kein Bürgergeld gibt?

Das Bürgergeld soll ja nicht die Arbeit abschaffen, sondern nur dafür sorgen, dass nach Angebot und Nachfrage bezahlt wird.
[Mal abgesehen von der verwaltungstechnischen Vereinfachung.]

Es ist wohl sogar so, dass es derzeit mehr ehrenamtliche Arbeitsstunden gibt, als bezahlte.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Blickwinkel »

Perdedor » Di 26. Aug 2014, 14:51 hat geschrieben:
Bei manchen trifft das sicher zu.
Ob es für die Mehrheit zutreffen würde ist eine Frage, die ernsthaft wissenschaftlich beantwortet werden müsste.
Denn die Mehrheit arbeitet ja heute auch. Willst du behaupten, sie tut dies nur, weil es kein Bürgergeld gibt?
Das Bürgergeld hat darauf keinen Einfluss, aber im unteren Segment ist Druck notwendig. Ein BGE würde den Druck im unteren Segment nehmen, was zu, salopp gesagt, mehr Rumsitzen und Lethargie führt. Deswegen hat die Agenda 2010 genau das ändern wollen. Die haben das ja nicht zum Spaß gemacht, sondern weil diese Erkenntnis im sozialen Bereich bekannt ist.
Das Bürgergeld soll ja nicht die Arbeit abschaffen, sondern nur dafür sorgen, dass nach Angebot und Nachfrage bezahlt wird.
[Mal abgesehen von der verwaltungstechnischen Vereinfachung.]
Das Bürgergeld nimmt Menschen den Druck, von der Couch aufzustehen und zu arbeiten, sofern sie heute schon soziale Leistungen beziehen. Bei Menschen, die bereits arbeiten ändert es nichts, weil die nicht vom Sozialhilfesatz leben wollen. Jetzt verstanden?

Angebot und Nachfrage regelt der Markt und nicht der Staat (auch kein Bürgergeld).
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Blickwinkel »

FreeEnergy » Di 26. Aug 2014, 15:04 hat geschrieben:

Es ist wohl sogar so, dass es derzeit mehr ehrenamtliche Arbeitsstunden gibt, als bezahlte.
Schon mal nachgeschaut, wie hoch der Rentner- und Schüler/Studentenanteil im Ehrenamt ist?
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Watchful_Eye »

Blickwinkel » Di 26. Aug 2014, 14:50 hat geschrieben: Also eine flächendeckende Aufstockung! :eek:
Gewissermaßen schon ;) . Ist aber aufgrund dessen flächendeckenden Charakters nicht so unfair wie die jetzige. Man subventioniert damit nicht explizit Chefs, die schlecht bezahlen. Denn jetzt läuft die Aufstockung ja umgekehrt - auf das BGE noch den zusätzlichen Lohn.
Die Kosten sind zu hoch
Ja, das halte ich durchaus für möglich, in dem Punkt bin ich auch noch nicht sicher. Es wäre aber meines Erachtens auch nicht so völlig abgefahren teuer, wie es zunächst scheint. Die wichtigste Frage ist aber die Höhe des BGE, ein Schlaraffenland kann Deutschland natürlich nicht werden.
und warum sollte sich jemand nicht um Arbeit bemühen müssen, sondern von anderen alimentiert werden, in der Hoffnung, dass er von sich aus plötzlich hochproduktiv ans Werk geht?
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Weil er eben den Mehrverdienst komplett behalten könnte. Man setzt HartzIVler zwar heute schon unter Druck, aber verhungern lässt man sie ja auch nicht. Wie gesagt, meines Erachtens subventioniert man damit sogar eher den Niedriglohnsektor als den Nichtarbeitenden Sektor, wenn man es richtig anstellt - also das BGE nicht höher oder zumindestens nicht wesentlich höher ansetzt als Hartz IV.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Perdedor »

Blickwinkel hat geschrieben: Das Bürgergeld hat darauf keinen Einfluss, aber im unteren Segment ist Druck notwendig.
Man kann auch andersherum argumentieren und sagen, dass ein Anreiz notwendig ist.
Warum sollte jemand bei McDonalds die Toiletten putzen, wenn die Entlohung dafür lächerlich gering ist?
Ab einer bestimmten Entlohung (der marktgerechten) wird sich auch ein Sofasitzer aufraffen und den Job annehmen.

Natürlich wird es immer Ausnahmen geben (v.a. psychisch Kranke), aber bei den meisten erreicht man dann mit Druck auch nichts mehr, da diese ohne Therapie sowieso zu nichts zu gebrauchen sind.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Blickwinkel »

Watchful_Eye » Di 26. Aug 2014, 15:09 hat geschrieben: Gewissermaßen schon ;) . Ist aber aufgrund dessen flächendeckenden Charakters nicht so unfair wie die jetzige. Man subventioniert damit nicht explizit Chefs, die schlecht bezahlen. Denn jetzt läuft die Aufstockung ja umgekehrt - auf das BGE noch den zusätzlichen Lohn.
Aufstocker sind keine Wunsch-Arbeitnehmer, sprich, wer aufstocken muss, hat auf dem ersten Arbeitsmarkt keinen Arbeitsplatz gefunden. Preisfrage an dich, warum hat diese Person keinen Job gefunden, wenn sie sehr gut qualifiziert, flexibel und hochbelastbar ist?

Vielleicht weil sie diese Eigenschaften nicht mitbringt und genau dies der Hinderungsgrund ist, damit sie angestellt wird. Jetzt könnte man sagen, hach, dann soll sie zuhause sitzen. Dann gibt es Lethargie und dahin vegetieren. Ist das dann besser?
Ja, das halte ich durchaus für möglich, in dem Punkt bin ich auch noch nicht sicher. Es wäre aber meines Erachtens auch nicht so völlig abgefahren teuer, wie es zunächst scheint. Die wichtigste Frage ist aber die Höhe des BGE, ein Schlaraffenland kann Deutschland natürlich nicht werden.
Aha, dann ist aber die Grundidee des BGE kaputt, weil es soll ja so viel Geld sein, dass man nicht darauf angewiesen ist, zu arbeiten. Das müsste dann schon sehr hoch sein, mind. 1000 Euro im Monat. Jetzt rechne mal 1000 Euro x 80 Millionen x 12 Monate, das sind gewaltige Summen, ergo, nicht umsetzbar.
Weil er eben den Mehrverdienst komplett behalten könnte. Man setzt HartzIVler zwar heute schon unter Druck, aber verhungern lässt man sie ja auch nicht. Wie gesagt, meines Erachtens subventioniert man damit sogar eher den Niedriglohnsektor als den Nichtarbeitenden Sektor, wenn man es richtig anstellt - also das BGE nicht höher oder zumindestens nicht wesentlich höher ansetzt als Hartz IV.
Nein, du subventioniert die Menschen, die keine Lust zum arbeiten haben und willst wieder dahin gehen, wo wir vor der Agenda 2010 waren. Leute sitzen zuhause rum und müssen gar nichts tun, bekommen trotzdem Geld vom Staat und die doofen Leute, die arbeiten gehen, dürfen den Spaß finanzieren.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Blickwinkel »

Perdedor » Di 26. Aug 2014, 15:16 hat geschrieben:
Man kann auch andersherum argumentieren und sagen, dass ein Anreiz notwendig ist.
Welcher Anreiz soll denn durch das BGE geschaffen werden? 50% aller Arbeitslosen hat keine Ausbildung, welchen Anreiz willst du denen geben? Mehr Geld trotz fehlender Qualifikation? Bessere Jobs trotz fehlender Qualifikation?
Warum sollte jemand bei McDonalds die Toiletten putzen, wenn die Entlohung dafür lächerlich gering ist?
Weil er das Geld braucht! Der Sinn dahinter, Leistung wird belohnt, rumsitzen nicht.
Ab einer bestimmten Entlohung (der marktgerechten) wird sich auch ein Sofasitzer aufraffen und den Job annehmen.
Ne du, der macht den Job und sobald er genug Geld hat, kündigt er und lässt sich weiterhin alimentieren vom Staat. Zumindest bei deinem BGE-Modell, im momentanen Modell kann er das nicht.
Natürlich wird es immer Ausnahmen geben (v.a. psychisch Kranke), aber bei den meisten erreicht man dann mit Druck auch nichts mehr, da diese ohne Therapie sowieso zu nichts zu gebrauchen sind.
Oh, doch, es ist viel schwerer Geld vom Amt zu kriegen, wie früher. Somit ist die Hürde höher und da entschließen sich doch viele lieber arbeiten zu gehen. Ist doch einfacher.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Perdedor »

Blickwinkel hat geschrieben: Welcher Anreiz soll denn durch das BGE geschaffen werden?
Nicht durch das BGE, sondern durch einen angemessenen Lohn für das Toiletten putzen wird ein Anreiz geschaffen, den Job anzunehmen.
Blickwinkel hat geschrieben: Mehr Geld trotz fehlender Qualifikation?
Wie viel eine Dienstleistung wert ist sollte durch Angebot und Nachfrage bestimmt werden und nicht durch eine ominöse "Qualifikation".
Solche absoluten Werte gibt es in einer Marktwirtschaft nicht.
Wenn ich einen Job gemacht haben will, muss ich soviel Geld dafür bezahlen, dass ihn jemand freiwillig macht. Wenn ich zu viel biete, gibt es viele Freiwillige und ich kann den Lohn senken, bis ich mich mit genau einem Vertragspartner geeinigt habe. Selbstverständlich muss er die Qualifikation für den besagten Job mitbringen. Aber eine a priori Wertung der Qualifikation ist in einer Marktwirtschaft nicht möglich, sondern hängt immer davon ab, wie viele Leute den Job bereit sind zu machen.
Blickwinkel hat geschrieben: Weil er das Geld braucht!
Man sollte Menschen also in eine existenzielle Notlage bringen ("sie brauchen das Geld") um sie zwingen zu können einen Job anzunehmen, für den du nicht angemessen bezahlen willst?
Blickwinkel hat geschrieben: Ne du, der macht den Job und sobald er genug Geld hat, kündigt er
Weil er durch Toiletten putzen reich geworden ist?
Ich denke du schätzt die Marktsituation falsch ein.
Zuletzt geändert von Perdedor am Dienstag 26. August 2014, 15:42, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Blickwinkel »

Perdedor » Di 26. Aug 2014, 15:42 hat geschrieben:
Nicht durch das BGE, sondern durch einen angemessenen Lohn für das Toiletten putzen wird ein Anreiz geschaffen, den Job anzunehmen.
Und du weisst, was angemessen ist? Wenn es nicht angemessen ist, dann nimmt keiner den Job an. Außer solche, die keinen anderen finden und warum finden die keinen anderen?
Blickwinkel hat geschrieben: Wie viel eine Dienstleistung wert ist sollte durch Angebot und Nachfrage bestimmt werden und nicht durch eine ominöse "Qualifikation".
Solche absoluten Werte gibt es in einer Marktwirtschaft nicht.
Aber 100%tig gibt es die. :)
Wenn ich einen Job gemacht haben will, muss ich soviel Geld dafür bezahlen, dass ihn jemand freiwillig macht.
Mit sinkender Anforderung an den Job finden sich sehr viele Menschen, die den machen wollen. Von einem Mangel an geringqualifizierten Arbeitskräften habe ich noch nie was gehört. Nicht umsonst ist das die größte Gruppe von Arbeitslosen.
Wenn ich zu viel biete, gibt es viele Freiwillige und ich kann den Lohn senken, bis ich mich mit genau einem Vertragspartner geeinigt habe. Selbstverständlich muss er die Qualifikation für den besagten Job mitbringen.
Klar muss er die Qualifikation mitbringen, und genau das ist der Knackpunkt bei den Aufstockern.
Aber eine a priori Wertung der Qualifikation ist in einer Marktwirtschaft nicht möglich, sondern hängt immer davon ab, wie viele Leute den Job bereit sind zu machen.
Der Mangel ist nur eine Variable im Spiel um den Lohn. Die andere ist, was das Unternehmen zahlen kann. Selbst wenn das Unternehmen einen Ingenieur braucht, kann sie vielleicht diesem nicht jedes Gehalt zahlen, weil ansonsten alle anderen Ingenieure im Betrieb mehr Geld wollen und somit die ganze Kostenkalkulation futsch ist.

Angebot und Nachfrage! Deswegen wird ein Toilettenputzer auch nie so viel Geld verdienen, wie ein Ingenieur. Im übrigen sind zu einfache Tätigkeiten, die zu teuer sind, von der Automatisierung bedroht. Putzroboter sind schon auf dem Vormarsch.
Man sollte Menschen also in eine existenzielle Notlage bringen ("sie brauchen das Geld") um sie zwingen zu können einen Job anzunehmen, für den du nicht angemessen bezahlen willst?
Seinen Lebensunterhalt zu verdienen ist eine Aufgabe des Individuums, keine gesellschaftliche Aufgabe. Eine DDR 2.0, in der viele rumsitzen und trotzdem bezahlt werden, funktioniert nicht. Wer etwas will, der muss etwas dafür tun. Das nennt sich Leistungsgesellschaft. Ein Recht auf Faulheit gibt es nicht!
Weil er durch Toiletten putzen reich geworden ist?
Ich denke du schätzt die Marktsituation falsch ein.
Überhaupt nicht, wenn jemand BGE kriegt, dann macht er nur temporäre Arbeiten, wenn er eine bestimmte Anschaffung machen will, denn warum sollte er dauerhaft arbeiten, wenn ihm das BGE Geld reicht? Aber natürlich will er in Urlaub fliegen oder ein Auto haben und das verdient er sich durch Gelegenheitjobs. Wenn er damit fertig ist, sitzt er wieder auf der Couch.
Zuletzt geändert von Blickwinkel am Dienstag 26. August 2014, 16:04, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von FreeEnergy »

@Blickwinkel

Mal ne Frage: "was würdest du denn tun, wenn du ein BGE bekommen würdest?" Das interessante dabei ist nämlich, dass die meisten die man das fragt, antworten, dass sie weiter arbeiten würden. Evtl etwas weniger, aber so schlimm wäre das nicht. Vollbeschäftigung ist sowieso nicht machbar und wird es aufgrund des technischen Fortschrits auch nie geben.
Von sich selbst hat man ein positives Menschenbild, aber den anderen traut man dies eher nicht zu. Ich würde weiter arbeiten, aber die anderen lümmeln dann nur noch rum.
Wie Götz Werner sagt: "Der Mensch ist ein Tätigkeitswesen" uns wirds doch langweilig wenn wir nicht tätig werden. Die Personengruppe auf die du abzielst, also die Menschen die lethargisch zu Hause rumsitzen, sind eigentlich krank und bräuchten Hilfe, weil so ein verhalten nicht natürlich ist.
Bei dem Projekt in Namibia gab es mehrere Teilnehmer die es geschaft haben dank des BGE ein kleines Geschäft aufzubauen. Brot backen, Ziegelsteine herstellen usw. Interssanterweise wurde das von Frauen besser umgesetzt. Natürlich gab's auch einige die ihr Gehalt gleich am ersten Tag in Alkohol umgesetzt haben, so dass man sogar dafür gesorgt hat, dass die Bars am Tag der Auszahlung geschlossen bleiben. Allerdings war der Alkoholismus dort schon vorher ein Problem und hat sich mit der Einführung nicht verschlimmert. Insgesamt war/ist es aber ein erfolgreiches Experiment, da die Verbrechensrate erheblich gesunken ist, fast alle Kinder regelmäßig zur Schule gehen und die Unterernährung bei Kindern stark reduziert wurde.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Joker »

FreeEnergy » Di 26. Aug 2014, 13:49 hat geschrieben:
Der Berliner Michael Bohmeyer hat Anfang July ein Projekt mit dem Namen "Mein-Grundeinkommen" über eine Crowdfundingseite gestartet. Nach nur 22 Tagen wurden von einigen hundert Menschen die ersten 12.000€ gespendet. Momentan sind mehr als 27.500€ zusammen gekommen.

Die Idee ist mittels eines Losverfahren für das sich jeder (auch Nichtspender) registrieren kann, einen (oder je nach höeeSpend Gewinner festzulegen, der dann für 1 Jahr jeden Monat 1000€ bekommt unabhängig davon was man mit diesem Geld vor hat.
So etwas ähnliches gibt es schon länger ,nennt sich Lotto.

Wobei man in diesen Fall eher von einen Betrügerischen ,Menschenverarschenden Schneeballsystem oder Pyramidensystem sprechen sollte.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Perdedor »

Blickwinkel hat geschrieben: Und du weisst, was angemessen ist?
Nein. Das sage ich doch die ganze Zeit. Der Markt muss das entscheiden.
Du bist derjenige der behauptet, du könntest anhand einer sog. "Qualifikation" eindeutig festlegen, wieviel Lohn eine Arbeit wert ist.
Aber das ist nicht die Funktionsweise des Kapitalismus.
Blickwinkel hat geschrieben: Mit sinkender Anforderung an den Job finden sich sehr viele Menschen, die den machen wollen.
Ja, eben!
Dann sollte auch kein Druck notwendig sein.
Irgendwie wird dein Standpunkt immer unklarer.
Blickwinkel hat geschrieben: Der Mangel ist nur eine Variable im Spiel um den Lohn. Die andere ist, was das Unternehmen zahlen kann.
Richtig. McDonalds muss die Kosten dann ggf. an den Kunden weiterreichen, welcher wiederum entscheiden muss, ob ihm das eine saubere Toilette wert ist. Wieder: Angebot und Nachfrage.
Und wenn der Kunde nicht bereit ist zu zahlen, dann sind die Toiletten eben dreckig. Es sei denn du willst Zwangsarbeit einführen, damit jemand billig die Toilette reinigt, obwohl der Markt einen höheren Lohn verlangt hätte.
Blickwinkel hat geschrieben: Deswegen wird ein Toilettenputzer auch nie so viel Geld verdienen, wie ein Ingenieur.
Das solltest du den Markt entscheiden lassen. Wenn es wenige Leute gibt, die Toiletten putzen wollen, wird es teuerer, bis sich einer findet. Ganz einfach.
Blickwinkel hat geschrieben: Seinen Lebensunterhalt zu verdienen ist eine Aufgabe des Individuums, keine gesellschaftliche Aufgabe.
Das beantwortet nicht meine Frage:
"Man sollte Menschen also in eine existenzielle Notlage bringen ("sie brauchen das Geld") um sie zwingen zu können einen Job anzunehmen, für den du nicht angemessen bezahlen willst?"
Blickwinkel hat geschrieben: Überhaupt nicht, wenn jemand BGE kriegt, dann macht er nur temporäre Arbeiten
Behauptest du.
Aber auch wenn es so wäre: Flexibles Personalmanagement wird auch von den Arbeitgebern gewünscht. Nicht umsonst nimmt Zeitarbeit zu.
Blickwinkel hat geschrieben: denn warum sollte er dauerhaft arbeiten, wenn im das BGE Geld reicht?
Du würdest also auf ein super bezahlten einfachen Job verzichten, weil du BGE erhälst?
Zuletzt geändert von Perdedor am Dienstag 26. August 2014, 16:23, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Tally »

FreeEnergy » Di 26. Aug 2014, 15:08 hat geschrieben:@Blickwinkel

Mal ne Frage: "was würdest du denn tun, wenn du ein BGE bekommen würdest?" Das interessante dabei ist nämlich, dass die meisten die man das fragt, antworten, dass sie weiter arbeiten würden. Evtl etwas weniger, aber so schlimm wäre das nicht. Vollbeschäftigung ist sowieso nicht machbar und wird es aufgrund des technischen Fortschrits auch nie geben.
Von sich selbst hat man ein positives Menschenbild, aber den anderen traut man dies eher nicht zu. Ich würde weiter arbeiten, aber die anderen lümmeln dann nur noch rum.
Wie Götz Werner sagt: "Der Mensch ist ein Tätigkeitswesen" uns wirds doch langweilig wenn wir nicht tätig werden. Die Personengruppe auf die du abzielst, also die Menschen die lethargisch zu Hause rumsitzen, sind eigentlich krank und bräuchten Hilfe, weil so ein verhalten nicht natürlich ist.
Bei dem Projekt in Namibia gab es mehrere Teilnehmer die es geschaft haben dank des BGE ein kleines Geschäft aufzubauen. Brot backen, Ziegelsteine herstellen usw. Interssanterweise wurde das von Frauen besser umgesetzt. Natürlich gab's auch einige die ihr Gehalt gleich am ersten Tag in Alkohol umgesetzt haben, so dass man sogar dafür gesorgt hat, dass die Bars am Tag der Auszahlung geschlossen bleiben. Allerdings war der Alkoholismus dort schon vorher ein Problem und hat sich mit der Einführung nicht verschlimmert. Insgesamt war/ist es aber ein erfolgreiches Experiment, da die Verbrechensrate erheblich gesunken ist, fast alle Kinder regelmäßig zur Schule gehen und die Unterernährung bei Kindern stark reduziert wurde.
Das Projekt, umgerechnet 10, dann 8 Euro/Monat war ja bis Mitte 2011 befristet. Wie ist es dort weitergegangen? Hast du dazu Informationen?
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von JosefG »

Zum BGE gab es schon mal einen Thread:
http://politik-forum.eu/viewtopic.php?f=5&t=34515
Das führt dazu, dass die Anbieter von Drecksjobs gezwungen sind, diese
Jobs anständig zu bezahlen und die Arbeitsbedingungen zu verbessern.
Sonst werden sie niemanden finden, der diese Arbeiten macht.

Heute dagegen ist es so, dass Leute, die aufgrund widriger Umstände,
oder vielleicht auch tatsächlich aufgrund mangelnder Fähigkeit, keine gute
Ausbildung geschafft haben, gezwungen sind, die unangenehmsten Arbeiten
anzunehmen, und dafür auch noch schlecht bezahlt werden.

Auch Durchschnitts-Arbeitnehmer profitieren vom BGE, weil auch ihnen
jederzeit die Möglichkeit offensteht, vom BGE zu leben anstatt zu
arbeiten. Dadurch werden sie freier gegenüber ihrem Arbeitgeber.

Es entfällt der gigantische Bürokratie-Aufwand, welcher heute erforderlich
ist für die Prüfung der Bedürftigkeit und der Arbeitswilligkeit.

Die Einführung des BGE wird ganz langsam erfolgen müssen. Anfangs wird
es vielleicht nur 50 Euro monatlich betragen. Es kann auch sein, dass es auf
absehbare Zeit nicht möglich ist, mit dem BGE den Grundbedarf zu decken.
Dann muss es ergänzend Sachleistungen geben, die jedem ohne Bedürftigkeits-
Nachweis zur Verfügung stehen und bewusst so unattraktiv gestaltet sind,
dass nur die sie in Anspruch nehmen, die sie wirklich brauchen.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Blickwinkel »

FreeEnergy » Di 26. Aug 2014, 16:08 hat geschrieben:@Blickwinkel

Mal ne Frage: "was würdest du denn tun, wenn du ein BGE bekommen würdest?" Das interessante dabei ist nämlich, dass die meisten die man das fragt, antworten, dass sie weiter arbeiten würden. Evtl etwas weniger, aber so schlimm wäre das nicht. Vollbeschäftigung ist sowieso nicht machbar und wird es aufgrund des technischen Fortschrits auch nie geben.
Ich würde auch weiterarbeiten, aber ich möchte keine Leute finanzieren, die nur auf der Couch sitzen, weil sie keinen Bock auf Arbeit haben. Wer bedürftig ist, bekommt bereits heute Geld zum leben.
Von sich selbst hat man ein positives Menschenbild, aber den anderen traut man dies eher nicht zu. Ich würde weiter arbeiten, aber die anderen lümmeln dann nur noch rum.
Es geht hier um die Klientel, die heute bereits dauerhaft H4 bekommt und nicht um Menschen, die arbeiten. Das BGE muss auch finanziert werden und wie willst du einem Toilettenputzer, der knapp über H4 liegt, klar machen, dass er für andere Geld ausgibt, die nicht arbeiten müssen um einen ähnlichen Lebensstandard zu haben?

Das hat mit sozial nichts zu tun. Du gehst von einem idealen Menschen aus, den es nicht gibt. Wer heute schon nichts auf die Reihe kriegt, wird es auch nicht mit einem BGE. Im Gegenteil, er würde noch nicht mal zur Arbeitsagentur gehen, wo zumindest gewisse Einflußmöglichkeiten bestehen, um die Situation dieser Person zu verbessern.

Arbeit ist nicht nur Broterwerb, ich habe schon ein Beispiel aus der Praxis gebracht, in dem eine Aufstockerin heilfroh war, dass sie arbeiten konnte, weil sie sonst zuhause "druchgedreht" wäre. Alles bereits heute ohne ein (nichtfinanzierbares) BGE möglich!
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Blickwinkel »

Perdedor » Di 26. Aug 2014, 16:22 hat geschrieben:
Nein. Das sage ich doch die ganze Zeit. Der Markt muss das entscheiden.
Du bist derjenige der behauptet, du könntest anhand einer sog. "Qualifikation" eindeutig festlegen, wieviel Lohn eine Arbeit wert ist.
Aber das ist nicht die Funktionsweise des Kapitalismus.
Natürlich funktioniert es nach Qualifikation, sogar sehr streng nach Qualifikation. Zumindest, wenn die Person einen Job als Arbeitnehmer haben will. Wenn jemand Selbstständiger ist und eine gigantische Geschäftsidee hat, dann muss er noch nicht mal Abitur haben um Milliardär zu sein. Doch das sind Ausnahmen wie die Lotto-Gewinner.
Ja, eben!
Dann sollte auch kein Druck notwendig sein.
Irgendwie wird dein Standpunkt immer unklarer.
Na doch, weil ein BGE die Arbeitsverweigerer fördert, die einfach keinen Bock. Finanzieren sollen die dann so Leute wie ich. Das sehe ich nicht ein. Jeder soll sich um Arbeit bemühen und nicht zuhause auf der Couch sitzen mit Bier, Chips und Fernseher. Das ist keine Perspektive für einen Menschen.
Richtig. McDonalds muss die Kosten dann ggf. an den Kunden weiterreichen, welcher wiederum entscheiden muss, ob ihm das eine saubere Toilette wert ist. Wieder: Angebot und Nachfrage.
Und wenn der Kunde nicht bereit ist zu zahlen, dann sind die Toiletten eben dreckig. Es sei denn du willst Zwangsarbeit einführen, damit jemand billig die Toilette reinigt, obwohl der Markt einen höheren Lohn verlangt hätte.
Ne, der Kunde erwartet eine saubere Toilette und McDonalds muss das liefern, sonst gibt es weniger Kunden. McDonalds zahlt dann entsprechend Geld und die bewerten wieviel Geld ihnen diese Arbeit wert ist, indem sie sich Angebote einholen. Da kann dann jemand gerne 50 Euro die Stunde fürs Toilettenputzen verlangen, es wird nur keiner zahlen, auch wenn du gerne den Toilettenputzer so bezahlen willst, wie einen Ingenieur.
Das solltest du den Markt entscheiden lassen. Wenn es wenige Leute gibt, die Toiletten putzen wollen, wird es teuerer, bis sich einer findet. Ganz einfach.
Der entscheidet nach Qualifikation und fürs Toilettenputzen brauchst du noch nicht mal einen Schulabschluß. Ergo wird es nie gut bezahlt werden im Vergleich zu höher qualifizierten Tätigkeiten.
Das beantwortet nicht meine Frage:
"Man sollte Menschen also in eine existenzielle Notlage bringen ("sie brauchen das Geld") um sie zwingen zu können einen Job anzunehmen, für den du nicht angemessen bezahlen willst?"
Ne, erstmal muss geprüft werden, ob sie ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit sicherstellen können. Können sie das, dann heißt es, arbeiten gehen. Was ist daran jetzt unangemessen?
Behauptest du.
Aber auch wenn es so wäre: Flexibles Personalmanagement wird auch von den Arbeitgebern gewünscht. Nicht umsonst nimmt Zeitarbeit zu.
Ich spiele die Möglichkeiten durch, die du nicht sehen willst. Wenn es um Arbeitsverweigerung geht, sind viele erfinderisch. Wer arbeitet zahlt auch in die Sozialsysteme ein, was diese entlastet. Deswegen muss deren Zahl so gering wie möglich gehalten werden, denn schon heute geben wir den Großteil unseres Geldes für Sozialleistungen aus. Deine Vorstellung hieße, noch mehr Geld in den Sozialstaat reinbuttern und dafür keine Gegenleistung fordern.
Du würdest also auf ein super bezahlten einfachen Job verzichten, weil du BGE erhälst?
Es gibt keine super bezahlten, einfache Jobs, weil die jeder machen kann und jeder haben will. Es gibt schwierige, komplexe, gut bezahlte Jobs, an die hohe Anforderungen gestellt werden und es gibt einfache Jobs, die jeder machen kann, die nicht gut bezahlt werden. Also raus aus deiner Traumwelt von gut bezahlten, einfache Jobs. Streich das aus deinem Kopf!
Zuletzt geändert von Blickwinkel am Dienstag 26. August 2014, 17:08, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von hafenwirt »

Blickwinkel » Dienstag 26. August 2014, 13:50 hat geschrieben: Manche Menschen brauchen Druck, damit sie sich in Bewegung setzen und gerade im unteren Leistungssegment häufen sich diese Menschen. Ansonsten wären sie doch jetzt schon längst gutbezahlten AN o.ä.
Falsch, nicht manche sondern alle Menschen brauchen Druck. Außer man selbst. Man selbst arbeitet natürlich auch ohne Druck.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Watchful_Eye »

Aha, dann ist aber die Grundidee des BGE kaputt, weil es soll ja so viel Geld sein, dass man nicht darauf angewiesen ist, zu arbeiten. Das müsste dann schon sehr hoch sein, mind. 1000 Euro im Monat. Jetzt rechne mal 1000 Euro x 80 Millionen x 12 Monate, das sind gewaltige Summen, ergo, nicht umsetzbar.
Das sind 96 Milliarden. Unsere Ausgaben im sozialen Etat lagen im Jahre 2012 bei ca. 122 Milliarden, davon 88 Milliarden für Rente und 31 Milliarden für Sozialleistungen. Nun ist es ja nicht so, als würde man das einfach draufrechnen. Bei den Rentnern werden die 1000 Euro z.B. mit der Rente verrechnet, wer also mehr als 1000 Euro Rente bekommt, für den ändert sich nichts. Also ja, es wird teurer, aber ich bezweifle, dass es unbezahlbar wäre.
Nein, du subventioniert die Menschen, die keine Lust zum arbeiten haben und willst wieder dahin gehen, wo wir vor der Agenda 2010 waren. Leute sitzen zuhause rum und müssen gar nichts tun, bekommen trotzdem Geld vom Staat und die doofen Leute, die arbeiten gehen, dürfen den Spaß finanzieren.
Solche Fälle gibt es natürlich, aber ich glaube, dass dein Bild von Niedriglöhnern insgesamt zu negativ ist. Wie schon von Perdedor gesagt wurde, arbeitet das BGE weniger mit Peitsche, aber mehr mit Zuckerbrot. Das macht es natürlich auch teurer, ja.

__
Grundsätzlich gibt es aber glaube ich eine "Kerndifferenz" zwischen uns, daher wird es schwierig, zu einer Einigung zu kommen. Ich erinnere mich noch an meinen Vorschlag der koordinierten Steuererhöhungspolitik auf EU-Ebene. Dabei fiel mir auf, dass du nicht einmal meine Grundannahme, dass die Schere zwischen Reich und Arm auseinandergeht und es dementsprechend ein "Race to the Bottom" bei den niedrigen Einkommen in Europa gibt, als ein notwendig zu änderndes Problem anerkennst.

Um das also wieder klarzustellen, ich halte auch das BGE für sehr riskant, wenn es Deutschland alleine durchziehen würde. Es wäre am besten, wenn Deutschland sowohl seine Einnahmen- als auch seine Ausgabenseite mit anderen EU-Ländern (zumindestens den "stärkeren" Nord-EU-Ländern) koordinieren würde, um eine gegenseitige Ausspielung durch Global Player zu verhindern. Ist zugegebenermaßen bezüglich des politischen Willens nicht realistisch, aber das müsste meines Erachtens getan werden.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Perdedor »

Blickwinkel hat geschrieben: Natürlich funktioniert es nach Qualifikation, sogar sehr streng nach Qualifikation.
Wieso willst du die Marktgesetze aushebeln?
Wenn sich niemand findet, der einen bestimmten Job erledigen will, dann muss der angebotene Lohn erhöht werden.
Völlig egal, welche "Qualifikation" der Job benötigt (wie auch immer du das definieren willst).

Ganz konkret: Die bist Arbeitgeber und hast einen Stelle anzubieten, die deiner Meinung nach keine Qualifikation benötigt.
Nun findet sich aber keiner, der sich auf die Stelle bewirbt.
In einer Marktwirtschaft hast du dann nur zwei Möglichkeiten: Entweder du lässt die Stelle unbesetzt, oder du bietest mehr Gehalt (bzw allgemein bessere Bedingungen).
Du kannst soviel du willst betonen, dass doch keine "Qualifikation" nötig sei, aber dadurch findest du keinen der den Job macht.
Dir schwebt hier offenbar die von dir erwähnte DDR 2.0 vor, wo ein Kommissar anhand einer Qualifikation festlegt, wie viel Lohn für einen bestimmten Beruf zu zahlen ist. Aber so funktioniert es bei uns nicht. Du musst immer soviel bieten, dass du auch Leute findest, die den Job freiwillig machen. Egal wie du die erforderliche Qualifikation einschätzt.
Blickwinkel hat geschrieben: Na doch, weil ein BGE die Arbeitsverweigerer fördert, die einfach keinen Bock.
Willst du also deiner vorherigen Aussage widersprechen?
"Mit sinkender Anforderung an den Job finden sich sehr viele Menschen, die den machen wollen."
Blickwinkel hat geschrieben: Finanzieren sollen die dann so Leute wie ich.
Nein.
Finanziert wird dies aus der gesamten Produktivität einer Volkswirtschaft. Wem da was zusteht ist eine willkürliche Entscheidung.
Blickwinkel hat geschrieben: Da kann dann jemand gerne 50 Euro die Stunde fürs Toilettenputzen verlangen, es wird nur keiner zahlen
Dann bleibt die Toilette eben dreckig. Genau das, was ich gesagt habe. Wo willst du nun widersprechen?
Blickwinkel hat geschrieben: Ne, erstmal muss geprüft werden, ob sie ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit sicherstellen können.
Was soll das bedeuten?
Die Sklaven konnten ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit sicherstellen. Also war alles in Ordnung?
Blickwinkel hat geschrieben: Ich spiele die Möglichkeiten durch, die du nicht sehen willst.
Ich sehe die Möglichkeiten. Du hast aber nicht dargestellt, wo die Probleme liegen sollen.
Flexibles Einstellen und Freisetzen nach Bedarf ist gerade bei den niedrig bezahlten Stellen von den Arbeitgebern gewünscht.
Blickwinkel hat geschrieben: Es gibt keine super bezahlten, einfache Jobs, weil die jeder machen kann und jeder haben will.
Ja, also!
Deine Frage war:
"denn warum sollte er dauerhaft arbeiten, wenn im das BGE Geld reicht?"
Die Antwort gibst du nun selber: Jeder will die Jobs haben.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Blickwinkel »

hafenwirt » Di 26. Aug 2014, 17:23 hat geschrieben:
Falsch, nicht manche sondern alle Menschen brauchen Druck. Außer man selbst. Man selbst arbeitet natürlich auch ohne Druck.
Nein, es gibt Menschen, die aus eigenem Antrieb etwas erschaffen wollen (unruhige Geister). Aber die sind bereits heute schon in einem Arbeitsverhältnis oder sonst wie beschäftigt. Insofern braucht keiner von denen ein BGE. Ein BGE wäre nur was für die Klientel, die sich den Weg zur Arbeitsagentur sparen möchte und lieber zuhause rumsitzt um nichts zu machen. Genau das ist aber fatal, sowohl für die Gesellschaft, die damit diese Menschen aufgibt ("Nimm die Kohle und mach was du willst"), als auch für die Betroffenen selbst ("Cool ich muss gar nichts mehr machen und habe trotzdem Geld").
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Blickwinkel »

Watchful_Eye » Di 26. Aug 2014, 17:27 hat geschrieben: Das sind 96 Milliarden.
Nein, es sind 960 Mrd. Euro. Nur eine Null mehr aber eine gewaltige Summe.
Nun ist es ja nicht so, als würde man das einfach draufrechnen. Bei den Rentnern werden die 1000 Euro z.B. mit der Rente verrechnet, wer also mehr als 1000 Euro Rente bekommt, für den ändert sich nichts. Also ja, es wird teurer, aber ich bezweifle, dass es unbezahlbar wäre.
Doch es ist unbezahlbar, weil die BGEler alle staatlichen Leistungen einrechnen, RV, KV und andere Sozialleistungen.
Solche Fälle gibt es natürlich, aber ich glaube, dass dein Bild von Niedriglöhnern insgesamt zu negativ ist. Wie schon von Perdedor gesagt wurde, arbeitet das BGE weniger mit Peitsche, aber mehr mit Zuckerbrot. Das macht es natürlich auch teurer, ja.
Ja, es macht es so teuer, dass es nicht finanzierbar ist. :)

__
Grundsätzlich gibt es aber glaube ich eine "Kerndifferenz" zwischen uns, daher wird es schwierig, zu einer Einigung zu kommen. Ich erinnere mich noch an meinen Vorschlag der koordinierten Steuererhöhungspolitik auf EU-Ebene. Dabei fiel mir auf, dass du nicht einmal meine Grundannahme, dass die Schere zwischen Reich und Arm auseinandergeht und es dementsprechend ein "Race to the Bottom" bei den niedrigen Einkommen in Europa gibt, als ein notwendig zu änderndes Problem anerkennst.
Ja, das erkenne ich nicht an, weil Deutschland ansonsten chancenlos gegenüber chinesischen Löhnen wäre. Ist es aber nicht! Warum das so ist, solltest du mal recherchieren.
Um das also wieder klarzustellen, ich halte auch das BGE für sehr riskant, wenn es Deutschland alleine durchziehen würde. Es wäre am besten, wenn Deutschland sowohl seine Einnahmen- als auch seine Ausgabenseite mit anderen EU-Ländern (zumindestens den "stärkeren" Nord-EU-Ländern) koordinieren würde, um eine gegenseitige Ausspielung durch Global Player zu verhindern. Ist zugegebenermaßen bezüglich des politischen Willens nicht realistisch, aber das müsste meines Erachtens getan werden.
Ein BGE ist nicht finanzierbar und ungerecht. Es kommt nur denjenigen zu Gute, die nicht arbeiten wollen, ergo Menschen, die vom Staat leben wollen und der soll sie bitte in Ruhe lassen und die Kohle hergeben. Außerdem sind die Zahler, Menschen wie ich, vehement dagegen und somit hat sich die Sache schon erledigt.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von hafenwirt »

Blickwinkel » Dienstag 26. August 2014, 16:28 hat geschrieben:
Nein, es gibt Menschen, die aus eigenem Antrieb etwas erschaffen wollen (unruhige Geister). Aber die sind bereits heute schon in einem Arbeitsverhältnis oder sonst wie beschäftigt.
Fleiß, Disziplin, Pünktlichkeit - die Deutschen sind für ihre Sekundärtugenden bekannt. Doch tatsächlich fühlen sich viele in ihrem Beruf nicht wohl: 90 Prozent sind unzufrieden, wie Studien belegen.
http://www.handelsblatt.com/unternehmen ... 28360.html

Die Menschen mögen ihre Jobs nicht, und wenn sie ein Grundeinkommen hätten, würde jeder aufhören zu arbeiten und nur noch saufen. Deswegen braucht es denn Staat, der sie mithilfe von Druck zum Job peitscht.

Ein BGE hätte zwei Möglichkeiten:
1.Die Menschen sitzen alle zuhause rum und saufen.
2. Die Menschen würden aufhören mit ihrem verhassten Job und dann mithilfe von Startkapital das tun, was sie wirklich möchten.

Aber ich halte zweiteres für unrealistisch! Wir sind keine Gesellschaften von Idealisten sondern alles versoffene Faulenzer.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Blickwinkel »

Perdedor » Di 26. Aug 2014, 17:28 hat geschrieben: Ganz konkret: Die bist Arbeitgeber und hast einen Stelle anzubieten, die deiner Meinung nach keine Qualifikation benötigt.
Nun findet sich aber keiner, der sich auf die Stelle bewirbt.
In einer Marktwirtschaft hast du dann nur zwei Möglichkeiten: Entweder du lässt die Stelle unbesetzt, oder du bietest mehr Gehalt (bzw allgemein bessere Bedingungen).
Du kannst soviel du willst betonen, dass doch keine "Qualifikation" nötig sei, aber dadurch findest du keinen der den Job macht.
Das ist eine Binsenweisheit, löst aber den Einwand von dir nicht auf, bezüglich der Aufstocker. Es gibt nämlich Stellen, die dann einfach unbesetzt bleiben, weil man nicht mehr Geld bezahlen kann. Und es gibt Menschen, die ein Arbeitgeber nicht einstellen will, weil die irgendeinen Haken haben. Jetzt probiert man beide zusammen zu bringen durch die Möglichkeit der Aufstockung. Das ist der Sinn und Zweck der Übung und nicht die Ausbeutung der Arbeitgeber.

Im Endeffekt eine bessere ABM Maßnahme, damit die Leute nicht zuhause versauern.
Dir schwebt hier offenbar die von dir erwähnte DDR 2.0 vor, wo ein Kommissar anhand einer Qualifikation festlegt, wie viel Lohn für einen bestimmten Beruf zu zahlen ist. Aber so funktioniert es bei uns nicht. Du musst immer soviel bieten, dass du auch Leute findest, die den Job freiwillig machen. Egal wie du die erforderliche Qualifikation einschätzt.
Nein, ich kann die Stelle auch unbesetzt lassen, was genau in der Praxis angewendet wird. Es gibt für bestimmte Tätigkeiten nicht mehr Geld.
Willst du also deiner vorherigen Aussage widersprechen?
"Mit sinkender Anforderung an den Job finden sich sehr viele Menschen, die den machen wollen."
Ok, mein Fehler, ersetze wollen durch können. Manche wollen eben nicht, sondern lieber gar nicht arbeiten.
Nein.
Finanziert wird dies aus der gesamten Produktivität einer Volkswirtschaft. Wem da was zusteht ist eine willkürliche Entscheidung.
Finanziert wird es durch Steuern und Sozialabgaben aus den Taschen der AN und AG. :)
Dann bleibt die Toilette eben dreckig. Genau das, was ich gesagt habe. Wo willst du nun widersprechen?
Eben, nur gibt es 10 andere Bewerber, die sich selbst im Preis unterbieten, denn zwischen 0 Euro und 50 Euro ist eine sehr große Spanne. Übrigens muss die Toilette nicht dreckig bleiben, ich kann sie auch selbst putzen. Anders sieht es aus wenn ich einen Küchenbauer brauche und ich das nicht kann. Da wird meine Bereitschaft für mehr Geld höher sein usw.

Ergo gibt es auch Gehaltsobergrenzen, zumindest in der Realität.
Was soll das bedeuten?
Die Sklaven konnten ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit sicherstellen. Also war alles in Ordnung?
Es gibt keine Sklavenarbeit mehr in Deutschland.
Ich sehe die Möglichkeiten. Du hast aber nicht dargestellt, wo die Probleme liegen sollen.
Flexibles Einstellen und Freisetzen nach Bedarf ist gerade bei den niedrig bezahlten Stellen von den Arbeitgebern gewünscht.
Dass es daueralimentierte Menschen in Deutschland gibt und deren Zahl, dank BGE, steigt. Ohne mich!
Ja, also!
Deine Frage war:
"denn warum sollte er dauerhaft arbeiten, wenn im das BGE Geld reicht?"
Die Antwort gibst du nun selber: Jeder will die Jobs haben.
Nein, nicht jeder! Es gab vor der Agenda 2010 eine Reihe von Langzeitarbeitslosen, die es ich bequem gemacht haben. Durch die Agenda 2010 mussten auch diese wieder etwas leisten, wodurch, oh Wunder, deren Anzahl geschrumpft ist. :)
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Blickwinkel »

hafenwirt » Di 26. Aug 2014, 17:37 hat geschrieben:


http://www.handelsblatt.com/unternehmen ... 28360.html

Die Menschen mögen ihre Jobs nicht, und wenn sie ein Grundeinkommen hätten, würde jeder aufhören zu arbeiten und nur noch saufen. Deswegen braucht es denn Staat, der sie mithilfe von Druck zum Job peitscht.

Ein BGE hätte zwei Möglichkeiten:
1.Die Menschen sitzen alle zuhause rum und saufen.
2. Die Menschen würden aufhören mit ihrem verhassten Job und dann mithilfe von Startkapital das tun, was sie wirklich möchten.

Aber ich halte zweiteres für unrealistisch! Wir sind keine Gesellschaften von Idealisten sondern alles versoffene Faulenzer.
Die Nr. 2 ist die ideale Welt, die es nicht gibt. Es sind auch nicht alles versoffene Faulenzer, es gibt eine Reihe von Gründen, warum die Menschen nicht wollen oder können. Sie mit BGE ruhig zu stellen hilft keinem, zumal es nicht bezahlbar ist.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Watchful_Eye »

Blickwinkel » Di 26. Aug 2014, 17:36 hat geschrieben: Nein, es sind 960 Mrd. Euro. Nur eine Null mehr aber eine gewaltige Summe.
Du hast recht oO. Aber irgendwas übersehe ich doch gerade, oder ;)

Gut, es käme ein großer Teil wieder als Steuereinnahmen zurück, weil sehr viel von dem Geld ja konsumiert und investiert würde. Aber an die komplette Ersetzung der KV glaube ich zB selbst nicht. Ich kenne einige schwere Krankheitsfälle, die man mit 1000 Euro im Monat einfach nicht finanzieren könnte.

Hmm.. ich werde mich bei Gelegenheit nochmal einlesen und dann komme ich wieder. :|
Blickwinkel hat geschrieben:Es kommt nur denjenigen zu Gute, die nicht arbeiten wollen, ergo Menschen, die vom Staat leben wollen und der soll sie bitte in Ruhe lassen und die Kohle hergeben.
Das glaube ich aber wiederum nicht. Und, nebenbei bemerkt, ist es sowieso zweifelhaft, wie sich der Niedriglohnsektor in Zukunft entwickeln wird. Man wird immer mehr simple Arbeiten durch Maschinen ersetzen können und ich glaube nicht, dass das alles allein durch neue Ideen ausgeglichen werden kann. Daher ist die Frage, ob Vollbeschäftigung in Zukunft überhaupt noch ein realistisches Ziel ist. Selbst heute schon ist es zu bezweifeln, wenn man nur mal ein bisschen über Deutschland hinausblickt. Und Maschinen sind möglicherweise noch billiger als Chinesen. ;)
Blickwinkel hat geschrieben:Ja, das erkenne ich nicht an, weil Deutschland ansonsten chancenlos gegenüber chinesischen Löhnen wäre. Ist es aber nicht! Warum das so ist, solltest du mal recherchieren.
Ich nehme an, dass du in erster Linie auf unseren noch immer existenten Vorsprung in Sachen Know-how hinaus willst. Aber ich muss dich jetzt mal was fragen. Wenn wir auf europäischer Ebene schauen, hälst du einen "Race to the Bottom" - aufgrund von globaler Konkurrenz und der angesprochenen Maschinisierung - auf Niedriglohnebene für nicht existent oder schlicht für ein unvermeidbares Übel?
Zuletzt geändert von Watchful_Eye am Dienstag 26. August 2014, 18:17, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Adam Smith »

Perdedor » Di 26. Aug 2014, 16:22 hat geschrieben:
Nein. Das sage ich doch die ganze Zeit. Der Markt muss das entscheiden.
Du bist derjenige der behauptet, du könntest anhand einer sog. "Qualifikation" eindeutig festlegen, wieviel Lohn eine Arbeit wert ist.
Aber das ist nicht die Funktionsweise des Kapitalismus.
Im Moment entscheidet das übrigens der Markt. Durch den Mindestlohn wird das eingeschränkt. Auch durch ein BGE würde das eingeschränkt werden. Im Moment gibt es kein bedingungsloses Hartz4, sondern Sanktionen, wenn einer nicht arbeiten möchte. Gäbe es keine Sanktionen dann würden diese Arbeitslosen bedingungslos Hartz4 erhalten. An Geld erhalten sie im Moment € 391,00 im Monat. Das reicht einigen aus, um nicht zu arbeiten. Beim BGE würden weitaus mehr Menschen nicht arbeiten wollen. Wobei schon jetzt ein bedingungslose Hartz4 nicht finanzierbar ist. Aufgrund des demographischen Wandels.

Vor Hartz4 haben übrigens einige bedingungslos Arbeitslosenhilfe erhalten. Das wurde durch die Hartz4-Reform beendet.
Das ist Kapitalismus:

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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Perdedor »

Blickwinkel hat geschrieben: Es gibt nämlich Stellen, die dann einfach unbesetzt bleiben, weil man nicht mehr Geld bezahlen kann. Und es gibt Menschen, die ein Arbeitgeber nicht einstellen will, weil die irgendeinen Haken haben. Jetzt probiert man beide zusammen zu bringen durch die Möglichkeit der Aufstockung.
Ja, aber das ist nun ein etwas anders Thema. Hier hat ja niemand gesagt, dass staatliche Vermittlungsarbeit notwendigerweise schlecht ist.
Wenn die Vermittlungsarbeit aber nur darin besteht, dass der Arbeitgeber nicht marktgerechte Löhne zahlt und der Steuerzahler für die Differenz aufkommt, kann man die Sinnhaftigkeit durchaus in Frage stellen (wenn es sich um eine langfristige Institution handelt).
Blickwinkel hat geschrieben: Nein, ich kann die Stelle auch unbesetzt lassen, was genau in der Praxis angewendet wird.
Beides wird in der Praxis angewendet.
Aber es gibt eben auch die dritte Situation, die marktwirtschaftlich problematisch ist: Du bringst jemanden (ggf. mit Hilfe der Arbeitsagentur) durch Androhung existenzieller Not ("er braucht das Geld") dazu den Job zu übernehmen und diktierst ihm einfach das Gehalt (er hat ja keine Wahl). Ein solches Diktat hätte dann natürlich nichts mehr mit Angebot und Nachfrage zu tun.
Blickwinkel hat geschrieben: Ok, mein Fehler, ersetze wollen durch können.
Gut, das ist dann natürlich eine Binsenweisheit. Aber für die Preisfindung kommt es eben nicht nur darauf an, wie viele Leute können, sondern vor allem wie viele Leute wollen. Wenn du einen Arbeitsvertrag schließen willst, brauchst du jemanden, der diesen Vertrag mit dir schließen WILL.
Blickwinkel hat geschrieben: Finanziert wird es durch Steuern und Sozialabgaben aus den Taschen der AN und AG.
Ist eine Frage der Sichtweise, ob die Steuern, die auf deiner Gehaltsabrechnung aufgeführt erst dir gehören und dir dann abgenommen werden, oder ob du sie erst gar nicht bekommst, weil ein Teil deiner Produktivität natürlich dem Gemeinwesen zu verdanken ist. Wie dem auch sei. Mit dem hier diskutierten Thema der marktgerechten Löhne hat es nichts zu tun.
Blickwinkel hat geschrieben: Eben, nur gibt es 10 andere Bewerber, die sich selbst im Preis unterbieten, denn zwischen 0 Euro und 50 Euro ist eine sehr große Spanne.
Dann ist doch alles in Ordnung, wenn jemand freiwillig seine Arbeitskraft günstiger anbietet.
Es geht hier die ganze Zeit doch um die Frage, ob Leute irgendeine Arbeit nicht mehr machen, wenn sie nicht gezwungen werden. Du wolltest einen "Druck". Aber wenn Arbeitnehmer ohne Druck für weniger als 50€ arbeitet, ist der Druck doch überflüssig.
Blickwinkel hat geschrieben: Ergo gibt es auch Gehaltsobergrenzen, zumindest in der Realität.
Dem habe ich nie widersprochen. Im Gegenteil. Ich sagte:
"Wenn ich zu viel biete, gibt es viele Freiwillige und ich kann den Lohn senken, bis ich mich mit genau einem Vertragspartner geeinigt habe."
Blickwinkel hat geschrieben: Dass es daueralimentierte Menschen in Deutschland gibt und deren Zahl, dank BGE, steigt.
Warum steigt sie?
Weil Leute nicht mehr gezwungen werden ("kein Druck")?
Wie ich schon sagte: Wenn das einzige Argument gegen BGE wäre, dass man Menschen nicht mehr zwingen kann für einen Lohn zu arbeiten der nicht marktgerecht ist, könnte man sich die Diskussion sparen.
Blickwinkel hat geschrieben: Durch die Agenda 2010 mussten auch diese wieder etwas leisten, wodurch, oh Wunder, deren Anzahl geschrumpft ist.
Ja, die Anzahl der arbeitslosen Schwarzen war während der Sklaverei in den USA vermutlich auch niedrig.
DIESES Argument finde ich nicht überzeugend.


[color=#FF00FF]Adam Smith[/color] hat geschrieben: Durch den Mindestlohn wird das eingeschränkt.
Ja.
[color=#FF00FF]Adam Smith[/color] hat geschrieben: Auch durch ein BGE würde das eingeschränkt werden.
Nein, wieso?
Arbeitgeber und -nehmer können völlig ohne Einmischung des Staates über das Gehalt verhandeln. Natürlich hat der Arbeitgeber nicht mehr das Druckmittel zu sagen "Wenn du den Job nicht nimmst, wirst du das gesellschaftliche Existenzminimum unterschreiten.". Aber er hat ja auch nicht mehr das Druckmittel zu sagen "Wenn du den Job nicht nimmst, peitsche ich dich aus.".
Ich denke, selbst die Libertären sind sich einig, dass die Ausübung von existenzbedrohlichen Zwangsmitteln bei Vertragsverhandlungen nicht zulässig sind.
[color=#FF00FF]Adam Smith[/color] hat geschrieben: Beim BGE würden weitaus mehr Menschen nicht arbeiten wollen.
Wenn genug Geld geboten wird (marktgerecht), wollen die Menschen auch arbeiten. Lies dir die bisherige Diskussion durch.
Arbeit. Leben. Zukunft.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Blickwinkel »

Watchful_Eye » Di 26. Aug 2014, 18:11 hat geschrieben:Du hast recht oO. Aber irgendwas übersehe ich doch gerade, oder ;)
Nein, du übersieht nichts, es ist wirklich so teuer. Sofern es in dieser Höhe kommen sollte und laut dem Grundsatz, die Menschen sollen vom BGE ihre Grundbedürfnisse decken können, wird es kaum weniger als 1000 Euro im Monat betragen können.
Gut, es käme ein großer Teil wieder als Steuereinnahmen zurück, weil sehr viel von dem Geld ja konsumiert und investiert würde. Aber an die komplette Ersetzung der KV glaube ich zB selbst nicht. Ich kenne einige schwere Krankheitsfälle, die man mit 1000 Euro im Monat einfach nicht finanzieren könnte.
Siehst du, das sehe ich ebenfalls so, es ist nicht finanzierbar.
Das glaube ich aber wiederum nicht. Und, nebenbei bemerkt, ist es sowieso zweifelhaft, wie sich der Niedriglohnsektor in Zukunft entwickeln wird. Man wird immer mehr simple Arbeiten durch Maschinen ersetzen können und ich glaube nicht, dass das alles allein durch neue Ideen ausgeglichen werden kann. Daher ist die Frage, ob Vollbeschäftigung in Zukunft überhaupt noch ein realistisches Ziel ist. Selbst heute schon ist es zu bezweifeln, wenn man nur mal ein bisschen über Deutschland hinausblickt. Und Maschinen sind möglicherweise noch billiger als Chinesen. ;)
Es kann keine Vollbeschäftigung geben, weil es immer Menschen gibt, die den Anforderungen der Arbeitswelt nicht gewachsen sind. Die bekommen dann ihr H4, aber Menschen, die sehr wohl arbeitsfähig sind, sollen arbeiten gehen. Das ist übrigens eine der Grundsäulen der sozialen Marktwirtschaft: Eigenverantwortung. Es wäre auch ungerecht, wenn manche zuhause sitzen können, während andere Toiletten schruben und kaum mehr Geld in der Tasche haben, bei einem BGE.
Blickwinkel hat geschrieben:Ich nehme an, dass du in erster Linie auf unseren noch immer existenten Vorsprung in Sachen Know-how hinaus willst. Aber ich muss dich jetzt mal was fragen. Wenn wir auf europäischer Ebene schauen, hälst du einen "Race to the Bottom" - aufgrund von globaler Konkurrenz und der angesprochenen Maschinisierung - auf Niedriglohnebene für nicht existent oder schlicht für ein unvermeidbares Übel?
Es gibt keinen Race to the Bottom, irgendwann pendeln sich die Löhne ein. Außerdem muss die Qualität einen Mindeststandard einhalten, ergo kannst du nicht alles auslagern. Allerdings bleiben für die Niedriglöhner in Deutschland nur Jobs im Dienstleistungssektor übrig (aufgrund von Automatisierung und Auslagerung von Industriejobs), die es immer wieder geben wird. Oder eine höhere Qualifikation erwerben, das wäre eine andere Möglichkeit.

Dennoch wirst du die Menschen nicht zuhause rumvegetieren lassen wollen, ansonsten richten sie sich das Leben ein, wie vor H4, im Sozialadel, in dem ganzen Generationen nur noch vom Staat leben.
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Re: Mein-Grundeinkommen-Experiment

Beitrag von Wähler »

FreeEnergy hat geschrieben: Ich finde die Idee toll und würde mich freuen,wenn ihr dieses Experiment unterstützt und weiter verbreitet.
Perdedor » Di 26. Aug 2014, 13:04 hat geschrieben: Welche Aussagekraft hat ein Experiment, dass aus genau EINEM Einzelfall besteht?
Das beweist gar nichts; weder in die eine noch in die andere Richtung.
Hier sollte man sich eher auf soziologische und psychologische - aber vor allem SERIÖSE - Forschung berufen.
Eine Abänderung der Versuchsanordnung könnte ich mir vorstellen:
Eine Sozialgenossenschaft garantiert ihrem geschäftführenden Vorstand ein Grundeinkommen von 1000 Euro, definiert den Genossenschaftszweck und setzt ihm das Ziel, die Genossenschaft mit einer schwarzen Null zu führen und ein und dann mehrere soziale Ziele zu erreichen. Es geht also auch um Wachstum. Die Genossenschaft muss natürlich aus einer Mindestzahl von Genossen bestehen.
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