Funktioniert so Wissenschaft?

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X3Q
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von X3Q »

Maltrino hat geschrieben:(27 Nov 2017, 23:42)

Testen ok. Aber oft sind das Problem die Schlussfolgerungen. Wenn es nach Statistiken ginge, dann wäre eine Kastration aller Männer angebracht, da Männer mit weniger Testosteron länger leben...

Bei meinem stilisierten Beispiel sieht man doch die Probleme. Oft kann eine bestimmte Statistik nicht den Einzelfall sinnvoll wiederspiegeln. Wenn beim Patienten nur die Erkenntnis ankommt, dass 1 Jahre längere durchschnittliche Lebenserwartung durch ein Medikament besteht, wenn aber dem Patient verschwiegen wird, dass sich diese durchschnittliche Lebenserwartung aus sehr unterschiedlichen Einzelschicksalen zusammensetzt... Das fällt mir in der Medizin immer wieder auf. Es war zum Beispiel lange zeit üblich, dass Kindern, die mit einem Knoten in einem bestimmten Organ zum Arzt gingen, dass denen gesagt wurde: "Die Chance, dass ein Knoten in diesem Organ bösartig ist, ist statistisch gesehen äußerst gering". Das stimmte, wenn man die Gesamtbevölkerung betrachtet. Für den Einzelfall des Kindes ist diese Aussage aber fatal, denn bei Kindern ist ein Knoten in diesem Organ fast immer bösartig. Die "Statistisierung" der Daten, wo zu viele Leute in einen Topf geworfen wurden, hat enormen Schaden angerichtet. Dass man die Daten erhebt, ok, super, aber dass man die Daten in einer Statistik packt alla "98 Prozent der Knoten in diesem Organ sind gutartig" und allein diese vereinfachte Statistik bei den meisten Ärzten ankommt.... Fatal.
Alter und Geschlecht werden bei Patienten routinemäßig erfasst. Wenn dass hier nicht der Falle war, dann wurde da geschlampt und die Statistik konnte diesen Zusammenhang gar nicht erfassen. Wenn aber nur die Auswertung fehlerhaft war oder das Resultat den Ärtzen unvollständig mitgeteilt wurde, wurde halt geschlampt. Aber auch dann liegt es nicht an der Statistik sondern an den handelnden Personen.

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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Alter Stubentiger »

Julian hat geschrieben:(27 Nov 2017, 20:57)

Wie willst du sonst die Wirksamkeit von Medikamenten testen? Nach Gefühl? Nach der Einschätzung von Autoritäten, die nicht hinterfragt werden dürfen?
Statistiken nicht einfach hinnehmen. Genau schauen ob methodische Fehler bei der Auswertung gemacht wurden. Und wer hat sie erstellt? Wer hat dafür bezahlt. Kann es sein dass dort Korrelationen mit Zusammenhängen verwechselt wurden? Solche Dinge. Einfach genauer hinschauen. Das Verführerische und das Fatale an Statistiken ist ihre Einfachheit für den Betrachter. Jeder meint mit einem Blick alles zu wissen was er wissen muß.
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Alter Stubentiger »

X3Q hat geschrieben:(28 Nov 2017, 02:21)

Ohne saubere Statistiken öffnest du den Scharlatanen Tür und Tor. Mit Gefühlsduselei kommst du auf jeden Fall nicht weiter.

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Wer definiert was eine saubere Statistik ist? Ich fürchte der Weg zur Wahrheit hinter einer Statistik ist mühsam.
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von X3Q »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(28 Nov 2017, 08:22)

Wer definiert was eine saubere Statistik ist? Ich fürchte der Weg zur Wahrheit hinter einer Statistik ist mühsam.
Unter anderem die Personen, die solche Studien erstellen, den behördlichen Antrag schreiben oder Klinische Studien bewerten. Wer hier auf alle Fälle keine Deutungshoheit hat, sind die Personen, die auf Veranstaltungen oder in Talkshows damit prahlen in der Schule in Mathematik nie gut gewesen zu sein.

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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Alter Stubentiger »

X3Q hat geschrieben:(28 Nov 2017, 09:39)

Unter anderem die Personen, die solche Studien erstellen, den behördlichen Antrag schreiben oder Klinische Studien bewerten. Wer hier auf alle Fälle keine Deutungshoheit hat, sind die Personen, die auf Veranstaltungen oder in Talkshows damit prahlen in der Schule in Mathematik nie gut gewesen zu sein.

--X
Das Problem fängt schon bei den Personen an die diese Studien erstellen. Recht viele Studien werden von Personen erstellt die dann doch mit der Industrie in Verbindung stehen. Da entstehen Interessenskonflikte. In dem Zusammenhang ist es vielleicht interessant das gerade eben der Bluthochdruck in den USA, durch Studien belegt, schon bei 130:90 anfängt. Das sind so Dinge die einen ins Grübeln bringen. Und dies ist nur ein Beispiel. Man könnte auch das ganze Thema Cholesterin aufrollen und stößt dann unweigerlich auf die Geschäftsinteressen der Pharmaindustrie.
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von X3Q »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(28 Nov 2017, 10:55)

Das Problem fängt schon bei den Personen an die diese Studien erstellen. Recht viele Studien werden von Personen erstellt die dann doch mit der Industrie in Verbindung stehen. Da entstehen Interessenskonflikte. In dem Zusammenhang ist es vielleicht interessant das gerade eben der Bluthochdruck in den USA, durch Studien belegt, schon bei 130:90 anfängt. Das sind so Dinge die einen ins Grübeln bringen. Und dies ist nur ein Beispiel. Man könnte auch das ganze Thema Cholesterin aufrollen und stößt dann unweigerlich auf die Geschäftsinteressen der Pharmaindustrie.
Ach hier läuft der Hase. Wußte ich es doch. Dir geht es um die böse Pharmaindustrie.
Natürlich sind es Unternehmen, also die Industrie, welche die Studien beantragen, durchführen und bezahlen. Und demgegenüber stehen die staatlichen Behörden, Ethikkommissionen und internationalen Regularien, an deren Vorgaben sich die Antragssteller halten müssen. Und was ist bitte am Geschäftsinteresse der Pharmaindustrie verwerflich?

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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Alter Stubentiger »

X3Q hat geschrieben:(28 Nov 2017, 11:23)

Ach hier läuft der Hase. Wußte ich es doch. Dir geht es um die böse Pharmaindustrie.
Natürlich sind es Unternehmen, also die Industrie, welche die Studien beantragen, durchführen und bezahlen. Und demgegenüber stehen die staatlichen Behörden, Ethikkommissionen und internationalen Regularien, an deren Vorgaben sich die Antragssteller halten müssen. Und was ist bitte am Geschäftsinteresse der Pharmaindustrie verwerflich?

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Ne, ne mein Lieber. So läuft dass nicht. Um Einfluss zu nehmen unterstützen Pharmaunternehmen vorgeblich unabhängige Wissenschaftler und Institute mit verdeckten Zahlungen und vorgefertigten Ergebnissen für ihre Studien. Damit sind sie schon mehrfach aufgeflogen. Manchmal landen nicht passende Studien die die Industrie anfertigen lässt auch in der Ablage P.. Das sind ernste Probleme.
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Maltrino »

X3Q hat geschrieben:(28 Nov 2017, 02:21)

Ohne saubere Statistiken öffnest du den Scharlatanen Tür und Tor. Mit Gefühlsduselei kommst du auf jeden Fall nicht weiter.

--X
Puh, also es ist aber auch schwierig wenn solche Leute wie du gleich loslegen und etwas verteidigem, wo ich jetzt gar nicht weiß was du verteidigst. Das was jetzt hier passiert, das erlebe ich ja auch immer wieder. Jemand (in diesem Falle Ich, und einige andere hier) prangern etwas an, in diesem Fall die Art und Weise wie Statistiken gebraucht werden. Als Antwort kommt dann sinngemäß: "Du bist gegen Statistiken? Also dafür, dass wir alles nach Lust und Laune machen?"

Was heißt das "Saubere Statistik"? Nochmal zu meinen Beispielen: In beiden Fällen waren die Statistiken "sauber". Auch bei meinem Beispiel mit dem "In 98% der Fälle sind solche Knoten gutartig". Diese Aussage ist ja korrekt und die Statistik wohl durchaus sauber. Trotzdem ist die Anwendung dieser Statistik in der Praxis für den Einzelfall fatal. Ach keine Ahnung. Ich glaub das führt wieder zu nichts. Ist ja immer das selbe. Man kritisiert den aktuellen Wissenschaftsbetrieb weil man "mehr Wissenschaft" will und als Antwort kommt dann "Du kritisierst die Wissenschaft? Du willst also, dass wir weniger Wissenschaft und mehr Quacksalberei machen?" Sinnlos. Sorry für die Störung und viel Spaß beim allmählichen Abstieg ins neue Mittelalter.
Wie ihr seht, habe ich jetzt auch ein Profilbild wo das Portrait eines großen politischen Denkers aus der Vergangenheit abgebildet ist. Damit ist jetzt jede meiner Aussagen wahr und absolut seriös.
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Maltrino hat geschrieben:(29 Nov 2017, 01:18)

Puh, also es ist aber auch schwierig wenn solche Leute wie du gleich loslegen und etwas verteidigem, wo ich jetzt gar nicht weiß was du verteidigst. Das was jetzt hier passiert, das erlebe ich ja auch immer wieder. Jemand (in diesem Falle Ich, und einige andere hier) prangern etwas an, in diesem Fall die Art und Weise wie Statistiken gebraucht werden. Als Antwort kommt dann sinngemäß: "Du bist gegen Statistiken? Also dafür, dass wir alles nach Lust und Laune machen?"

Was heißt das "Saubere Statistik"? Nochmal zu meinen Beispielen: In beiden Fällen waren die Statistiken "sauber". Auch bei meinem Beispiel mit dem "In 98% der Fälle sind solche Knoten gutartig". Diese Aussage ist ja korrekt und die Statistik wohl durchaus sauber. Trotzdem ist die Anwendung dieser Statistik in der Praxis für den Einzelfall fatal. Ach keine Ahnung. Ich glaub das führt wieder zu nichts. Ist ja immer das selbe. Man kritisiert den aktuellen Wissenschaftsbetrieb weil man "mehr Wissenschaft" will und als Antwort kommt dann "Du kritisierst die Wissenschaft? Du willst also, dass wir weniger Wissenschaft und mehr Quacksalberei machen?" Sinnlos. Sorry für die Störung und viel Spaß beim allmählichen Abstieg ins neue Mittelalter.
Deine Frage war aber erstmal, ob Wissenschaft so funktioniert. Ich denke in Bezug auf dein Eingangsbeispiel. Und die Antwort ist ja relativ einfach. So funktioniert das nicht. Und zwar nicht mal annähernd. Die Frage ist doch, was du hier diskutieren genau diskutieren oder kritisieren willst?
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von X3Q »

Maltrino hat geschrieben:(29 Nov 2017, 01:18)

Puh, also es ist aber auch schwierig wenn solche Leute wie du gleich loslegen und etwas verteidigem, wo ich jetzt gar nicht weiß was du verteidigst. ...
... was vielleicht damit zu tun hat, daß überhaupt nicht richtig klar wir was du hier kritisieren möchtest? Dein beiden gebrachten Beispiel sind derartig abstrahiert, daß man darüber nur höchst spekulativ diskutieren kann.
Was heißt das "Saubere Statistik"? Nochmal zu meinen Beispielen: In beiden Fällen waren die Statistiken "sauber". Auch bei meinem Beispiel mit dem "In 98% der Fälle sind solche Knoten gutartig". Diese Aussage ist ja korrekt und die Statistik wohl durchaus sauber. Trotzdem ist die Anwendung dieser Statistik in der Praxis für den Einzelfall fatal.
Weißt du welche Datensätze für diese Statikstik erhoben wurden? Wurde da nach Alter oder nach Geschlecht unterschieden? Wenn dies nicht der Fall war, dann war die Statistik auch nicht in der Lage das hohe Gefährdungspotential eines solchen Knotens bei Kindern anzuzeigen. Und wenn diese so war, woran lag das? Wurden die Daten nicht erhoben? Oder wurde bei der Datenauswertung einfach nur geschlampt? Und woher weiß man nun doch, dass bei Kindern dieser Knoten fast immer bösartig ist? Ich vermute einmal aus einer Statistik? Also hat die Statistik die hohe Bösartigkeit bei Kindern doch angezeigt. Gab es jetzt eine Empfehlung an die Ärzte bei einem solchen Knoten erstmal keine Behandlung durchzuführen, da dieser Knoten nur in 2% der Fälle entartet; und wurde dabei der Hinweis auf die Gefährlichkeit für Kindern unterschlagen? Wenn das der Fall war, dann liegt hier ein Systemversagen vor. Oder ist es eher das Problem der Ärtzeschaft und ihr mangeldes Verständnis von Mathematik/Statistik? Dann sollte umgehend die Ausbildung in diesem Bereits verbessert werden.

Nicht die Anwendung von Statistiken, welche zweifelsohne traurige Einzelschicksale in nüchterne Zahlen verpackt, ist das Problem. Um an dieser Stelle mal den Alten F. Gauss zu zitieren: "Wenn ich nichts messen kann ich auch nichts abwägen!". Das Problem ist das weit verbreitete Unverständnis von Mathematik/Statistik.

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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von X3Q »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(28 Nov 2017, 12:33)

Ne, ne mein Lieber. So läuft dass nicht. Um Einfluss zu nehmen unterstützen Pharmaunternehmen vorgeblich unabhängige Wissenschaftler und Institute mit verdeckten Zahlungen und vorgefertigten Ergebnissen für ihre Studien. Damit sind sie schon mehrfach aufgeflogen. Manchmal landen nicht passende Studien die die Industrie anfertigen lässt auch in der Ablage P.. Das sind ernste Probleme.
Du kannst dafür sich ein Beispiel bringen?

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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

X3Q hat geschrieben:(29 Nov 2017, 11:54)
. Das Problem ist das weit verbreitete Unverständnis von Mathematik/Statistik.
Wohl das Hauptproblem, wie man an dem Beispiel im Eröffnungsthread sieht.
„Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“ (Karl Valentin)
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Alter Stubentiger »

X3Q hat geschrieben:(29 Nov 2017, 11:55)

Du kannst dafür sich ein Beispiel bringen?

--X
Beschäftige dich mal mit dem Phänomen das Pharmafirmen seit geraumer Zeit klinische Studien nach Indien auslagern. Eine Fülle von Informationen ist im Web verfügbar.
Was willst du eigentlich beweisen?

Mal ein drastisches Beispiel: LIPOBAY

.............Dabei waren die Risiken lange bekannt gewesen: Bereits in der ersten Test- Phase hatte die LIPOBAY-Version mit der 0,8 Milligramm-Dosis zu Muskel- zerfall und Nierenversagen geführt – etwa zehnmal häufiger als bei den Pro- dukten der Konkurrenz. In Japan klagten Probanden über so starke Neben- wirkungen, dass der leitende Arzt die Studie einstellen wollte. Selbst ein BAYER-Mitarbeiter riet angesichts des stark erhöhten Risikos dazu, „den Marketing-Enthusiasmus zu dämpfen“.

Die Manager zeigten sich davon unbeeindruckt und brachten LIPOBAY in den USA unter dem Slogan „Wir gehen hart gegen Cholesterin vor“ mit der 0,8 Milligramm-Dosis heraus. Im Rest der Welt blieb es bei der ungefährlicherer- en Dosis von 0,3 oder 0,4 Milligramm pro Tablette. Die Vereinigten Staaten, wo rund 90 Millionen Menschen unter erhöhten Blutfettwerten leiden, sind für Cholesterin-Senker der lukrativste und darum am heißesten umkämpfte Markt. Die Fälle von tödlichem Nierenversagen durch LIPOBAY traten denn auch fast ausnahmslos in Nordamerika auf. Mindestens 100 PatientInnen bezahlten mit ihrem Leben, Vergleiche und Entschädigungszahlungen kosteten BAYER mehr als eine Milliarde Euro...........

http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=12026
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Julian
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Julian »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(28 Nov 2017, 08:19)

Statistiken nicht einfach hinnehmen. Genau schauen ob methodische Fehler bei der Auswertung gemacht wurden. Und wer hat sie erstellt? Wer hat dafür bezahlt. Kann es sein dass dort Korrelationen mit Zusammenhängen verwechselt wurden? Solche Dinge. Einfach genauer hinschauen. Das Verführerische und das Fatale an Statistiken ist ihre Einfachheit für den Betrachter. Jeder meint mit einem Blick alles zu wissen was er wissen muß.
Du meinst, dass das bei klinischen Studien nicht gemacht würde? Das ist doch absurd. Erstens wird schon vor Beginn der Studie sehr viel Zeit auf die statistische Planung gelegt, und zwar vor allem im Hinblick auf die Veröffentlichung der Ergebnisse in einer angesehen Fachzeitschrift (die hohe statistische Standards hat) und auf die Behörden, die letztlich über die Zulassung eines Medikamentes entscheiden. Während der Studie müssen sich alle Beteiligten an ein strenges Protokoll halten; Abweichungen, die manchmal notwendig sind, müssen dokumentiert werden. Die Behörden können schon Einfluss nehmen während die Studie noch läuft, bekommen aber spätestens nach Abschluss der Studie einen tiefen Einblick in die Ergebnisse.

Statistiken sind nie einfach. Das wissen aber alle Beteiligten. Statistik ist auch nicht alles - selbst für den Fall, dass ein Effekt statistisch hochsignifikant ist, heißt noch lange nicht, dass er medizinisch bedeutsam ist. Letztlich entscheiden darüber Ärzte und Zulassungsbehörden.

Selbstverständlich gibt es Interessenkonflikte; das wäre anders gar nicht möglich. Wer anders als der Hersteller sollte denn große Summen in die klinische Entwicklung einer Substanz stecken? Sollen das etwa Kliniken bezahlen? Oder die Ärzte aus der Privatschatulle? Oder die Krankenkassen? Der Staat?

Nein, es geht gar nicht anders. Allerdings müssen Interessenkonflikte dokumentiert und offengelegt werden. Und letztlich entscheiden die Behörden über die Zulassung - natürlich nach Analyse der Daten und Anhörung der Argumente der Beteiligten.
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Julian
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Julian »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(28 Nov 2017, 12:33)

Ne, ne mein Lieber. So läuft dass nicht. Um Einfluss zu nehmen unterstützen Pharmaunternehmen vorgeblich unabhängige Wissenschaftler und Institute mit verdeckten Zahlungen und vorgefertigten Ergebnissen für ihre Studien. Damit sind sie schon mehrfach aufgeflogen.
Natürlich bezahlen pharmazeutische Unternehmen Ärzte, beispielsweise für die Durchführung von klinischen Studien oder für Beratertätigkeiten. Wie sollte es denn sonst funktionieren? Denkst du, die Ärzte würden die Präparate für umsonst prüfen? Wie soll ein pharmazeutisches Unternehmen erfahren, wie sich die Behandlung einer Erkrankung entwickelt und wo beispielsweise das eigene Medikament steht, wenn nicht von den Ärzten?

All dies muss jedoch sauber dokumentiert und offengelegt werden. Die Abhängigkeiten bei Studien oder Publikationen sind also für jeden einsehbar. Eine Einflussnahme ist dennoch unwahrscheinlich. Der Goldstandard für die Zulassung sind doppelblinde, randomisierte Studien; weder Arzt noch Patient wissen also, ob das zu untersuchende Medikament oder ein Placebo gegeben wurde. Statistische Tricks sind ebenfalls kaum möglich, da die wesentliche Auswertung schon vor Beginn der Studie festgelegt wird.
Alter Stubentiger hat geschrieben:(28 Nov 2017, 12:33)
Manchmal landen nicht passende Studien die die Industrie anfertigen lässt auch in der Ablage P.. Das sind ernste Probleme.
Ja, das war ein Problem in der Vergangenheit, das jedoch erkannt wurde: Inzwischen wurde eine Veröffentlichungspflicht eingeführt; wer dagegen verstößt, muss Strafen bezahlen.
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Maltrino
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Maltrino »

Ich konzentrier mich mal auf das wesentliche:
X3Q hat geschrieben:(29 Nov 2017, 11:54)

… Wenn das der Fall war, dann liegt hier ein Systemversagen vor.
...

--X
Da kommen wir der Sache ja schon näher. Bevor wir nun endlos die Frage diskutieren wie viele "Einzelfälle" es braucht, bis die "Einzelfälle" keine "Einzelfälle" mehr sind sondern Anzeicen eines Systemversagens, gehe ich einfach mal davon aus, dass das was ich sage stimmt, und du sagst korrekt, dass es dann ein Systemversagen wäre, dass es ein Systemversagen gibt.

Das Systemversagen wäre also (so deute ich das), dass der Wissenschaftsbetrieb nicht wissenschaftlich arbeitet? Dass der Medizinbetrieb nich das erfüllen kann was er eigentlich erfüllen soll? Dass irgendein System nicht das erfüllen kann was es erfüllen soll?

Das Systemversagen was ich anprangere zeigt sich im Extremfall also durch solche Situationen: Ein Mann geht mit abgetrenntem Bein zum Arzt, sagt ihm, dass ein Löwe ihm ein Bein abgebissen hat. Der Arzt sagt, dass es statistisch gesehen äußerst unwahrscheinlich ist, dass einem deutschen Mensch von einem Löwe das Bein abgebissen wird, empfielt ihm aufgrund dieser "Datenlage" von einer Operation abzusehen und schickt ihn nach Hause. Ob sowas in mehr oder weniger extremer Form zum Beispiel im Medizinbetrieb geschieht können wir jetzt endlos diskutieren. Ich sag: ja. Also gehe ich von einem Systemversagen aus, da du sagst, es wäre ein Systemversagen wenn das was ich beschreibe real ist.

Bevor wir jetzt also lange darüber diskutieren ob Systemversagen existiert, sollten wir vielleicht mal darüber diskutieren wie wir dieses Systemversagen angehen.

Also: Ein Mann mit abgebissenen Bein geht zum Arzt. Dieser Arzt behandelt ihn RICHTIG! Er behandelt ihn laut Datenlage RICHTIG. Er schickt ihn nach Hause. Selbst wenn er verklagt wird wird er damit durchkommen wen er sagt "Die Datenlage" war eindeutig. Wir, als allwissende und über der Geschichte stehende, wissen, dass er falsch handelte, das System erkennt sein falsches Handeln aber als RICHTIG an.

Das Problem ist nun: Wenn wir ein "Gegensystem" entwickeln, an das sich der Patient wenden kann, und das ihn trotzdem behandelt, und zwar so, dass seine Beinverletzung behandelt wird, dann wird der andere Arzt sagen "Der Eingriff war unnötig, da er laut Datenlage höchstwahrscheinlich keine Verletzung hatte".

Lange Rede kurzer Sinn: Ein "System" das meinen Anforderungen genügen würde, wäre in der Lage den EINZELFALL korrekt zu behandeln. Das Problem: Das "Hätte wenn und aber Dilemma", welches zum Beispiel heutzutage dazu führt, dass ein Patient, bei dem ein kleiner Verdacht besteht, dass eine bösartige Erkrankung bestehen könnte, dass mit so einem Patient quasi alles mögliche gemcht werden kann, und dann im Nachhinein gesagt werden kann: Er wäre ja "sowieso" gestorben.

Die "Wiederholbarkeit" stößt also an seine Grenzen.

Wenn es das Ziel ist den einzelnen Patienten richtig zu behandeln, im Einzelfall richtig zu handeln, dann ist das eigentlich "wissenschaftlich korrekt" nicht möglich. Denn dazu müssten wir in der Lage sein, wissenschaftlich korrekt, reproduzierbar, herauszufinden, welche Behandlungsmethode beim Einzelnen Patienten am besten wirkt, bzw. welche Methode welches Ergebnis bringt. Das ist aber nicht möglich, da wir keine Zeitmachine haben. Wir können also nicht verschiedene Medikament an dem selben Patienten, unter den exakt gleichen Bedingungen testen.

Zurück zu dem Dilemma das ich beschrieben hab: Die allgemeine Aussage "99% von Knoten in diesem Organ sind gutartig" ist also eine "wissenschaftlich" Aussage auf die man sich berufen kann. Wenn ich jetzt fordere, dass es eigene Studien für Kinder geben soll, da alles was ich weiß darauf hindeutet, dass bei Kindern sich das ganz anders verhält, dann fordere ich also, dass man sich dem Einzelfall, dem Spezialfall annähert. Man könnte sich dem EInzelfall noch mehr annähern. Man könnte Studien darüber machen wieviel Prozent der Knoten bösartig sind bei Patienten die 15 Jahre alt sind, abgemagert sind und alle paar Minuten in Ohnmacht fallen. Dann wäre es "noch wissenschaftlicher" aber da es nur sehr wenige solche speziellen Fälle gibt, ist das halt sehr schwierig. Statistiken mit wirklich vielen Teilnehmern sind also immer nur möglich wenn man viele Fälle in einen Topf schmeißt.

Wissenschaftliche Aussagen lassen sich also nur treffen wenn man veralgemeinert, je spezieller es wird, desto weniger lässt sich beweisen, dass eine Handlung richtig oder falsch war und dass der Patient "sowieso" gestorben wäre etc.

An diese Stelle könnt ihr natürlich schonmal zwischenzeitlich ein "Troll nicht rum!" einschmeißen aber ich mach mal weiter:

Wisseschaftlicher Fortschritt wäre nun also, wenn wir immer mehr in der Lage sind im Einzelfall "wissenschaftlich korrekt" zu handeln. Das ist aber offenbar unmöglich, wenn das Wissenschaft ist, was wir heute als Wissenschaft bezeichnen. Wenn wir also "wissenschaftlich korrekt" einen 35 jährigen rotharigen Mann, der um 3 Uhr nachts einen Löwenbiss 20 cm unter dem Knie gebissen wurde, wissenschaftlich korrekt behandeln wollen, dann müssten wir eine Studie machen und 100 35 jährige rotharige Männer, die um 3 Uhr nachts einen Löwenbiss 20 cm unter dem Knie erhalten haben… miteinander vergleichen.

Beispiel Fußball: Wissenschaftler haben herausgefunden, dass es (statistisch gesehen) sinnvoller ist den Torwart "auszublenden" und sich bei einem Elfmeter einfach auf eine Torecke zu konzentrieren und die Handlungen des Torwarts völlig auszublenden. Nun ist es aber so, dass es einige Spitzenspieler gibt, die bewusst auf den Torwart reagieren und damit offenbar erfolgreich sind. Ist diese Handlung von diesen Spielern nun also "unwissenschaftlich" und "fahrlässig"? Auch hier wieder das Problem des Einzelfalles. Wenn man alle Schützen betrachtet, dann müsste man "wissenschaftlich korrekt" jedem Schützen den Rat geben den Torwart zu ignorieren und nur eine Ecke zu fokussieren, da dann vielleicht 80 Prozent der Schüsse ein Treffer ist. Im Einzelfall kann es aber sein, dass die Schusstechnik des Schützen X zwar so schlecht ist, dass er nur 70 Prozent trifft wenn er auf eine Ecke fokussiert, aber eine so gute Reaktion hat, dass er 90% trifft wenn er auf die Reaktionen des Torwarts hofft. Und im extremen Einzelfall, wenn der Torwart für jeden offensichtlich viel zu früh in eine Ecke springt, dann versagt die Statistik völlig. Dann ist klar, dass der Schütze einfach nur reagieren muss, für dieses Handeln gibt es aber keinerlei wissenschaftlichen Beleg, da dieser Einzelfall nie wieder reproduziert werden kann.

Also was brauchen wir um "Systemversagen" zu verhindern? Wenn wir dies alles wissen?

Vorschlag:

1. Wir bräuchten Ärzte die verpflichtet sind den Patienten darauf hinzuweisen wenn für diesen Einzelfall egeb keinerlei Statistiken und Daten bestehen.

2. Es braucht "gute Ärzte" die das wissen und trotzdem im Einzelfall gut handeln.

Aber das sind natürlich schwammige Ausagen. Wir brauchen eine "gute Ärzte". Wir brauchen "gute" handelnde Personen, na super.

Provokative Herangehensweise: Es gibt ganz tolle Fußballwissenschaftler, die dir tolle Statistiken liefern können wohin der Schütze schießen soll. Trotzdem stehen, im Ernstfall, keine Fußballwissenschaftler auf dem Platz sondern "Handwerker", also Fußballer. Auch im Rettungsdienst sind keine Wissenschaftler, sondern eigentlich "Handwerker", die im Einzelfall eine Kanule legen um den Patienten zu retten obwohl es statistisch gesehen total unwahrscheinlich ist, dass dieser Vorfall wirklich passiert ist.

Die Frage ist doch offenbar: Wie handeln wir im Einzelfall wenn Wissenschaft, wegen der nicht Wiederholbarkeit spezieller Ereignisse, im Einzelfall an seine Grenzen gerät?

WIr können (zum Bespiel in der Medizin) mit "wissenschaftlichen Methoden", mit Studien und Statistiken, keine 100% Handlungsempfehlungen für den Einzelfall generieren, da in der Realität der Einzelfall nie zu 100% reproduzierbar ist, und deshalb Wissenschaft (für die Reproduzierbarkeit die Vorraussetzung ist) nicht 100% angewendet werden kann?

Die beste Lösung, die leider Zukunftsmusik ist: Wir entwickeln Patientensimulationsprogramme, die einen Patienten zu 100% genau abbilden können und exakt berechnen könen welches Medikament, welche Handlung bei ihm was bewirkt. Solche Patientensimulatoren sind aber auch dann erst sinnvoll wenn sie 100% perfekt funktionieren, und das wird auf absehbare zeit nicht der Fall sein.

Also nochmal: Was tun um "Systemversagen" zu beheben?

"Mehr Wissenschaft" also zum Beispiel spezielle Statistiken für bestimmte Altersgruppen oder für bestimmte andere Gruppen sind wünscheswert und ein Fortschritt. Aber dies hat seine Grenzen, wie gesagt, da der Einzelfall nicht reproduzierbar ist.

Bevor ich jetzt hier ewig schreibe:

Lösungsvorschlag:

"Die Wissenschaft" kan von mir aus weiter das machen was sie macht, in ihren Laboren und Büros. Aber wenn es um das Handeln im Einzelfall geht, wenn der wissenschaftliche Betrieb an eine Grenzen gerät… tja, muss es dann nicht ähnlich wie in der Politik funktionieren? Mit Öffentlichkeit, mit kritischer Presse, mit freien Wahlen aber auch mit klaren Verboten was erlaubt ist und was nicht? Sorry, schwammig ich weiß, aber nochmal: Wie kann es sein, dass, wenn es um das konkrete Handeln des Verwandeln eines Elfmeters geht, dass da ein 20 jähriger "Handwerker" mit beschränktem Verstand rangelassen wird und kein hochdekorierter Fußballprofessor?

Ok, vielleicht so: Der "Fußballbetrieb" ist offenbar so organisiert, dass er dafür sorgt, dass möglichst gute Menschen an die richtigen Positionen kommen. Lothar Matthäus durfte Elfmeter schießen obwohl er nichts studiert hat und auch sonst nicht viel in der Birne hatte, geschweige denn "Fußballprofessor" war. Warum durfte er das? Vielleicht weil Fußball eben ein "Leistungssytem" ist, wo allein die leistung zählt?

Aber auch dies lässt sich natürlich schwer auf die Medizin übertragen Wie wollen wir herausfinden wer "Leistung" vollbringen kann und wer nicht? Wenn ein Tüftler im Wald, der sein Leben lang sich mit einer bestimmten Krankheit beschäftigt hat, der aber nicht studiert hat und völlig unbekannt ist, wenn dieser Freak behauptet, dass er Leute mit einer bestimmten Krankheit besser behandelt als der Professor an der Klinik, dann kann er dies behaupten, aber er kann es (siehe oben) nicht beweisen. Man wird ihn auch nicht einfach ranlassen um zu gucken ob er mehr leisten kann als die Mediziner an der Klinik.

Warum ist der Medizinbetrieb so organisiert, dass Professoren, also Wissenschaftler, an der Spitze der jeweiligen "Mannschaften" (Kliniken, Fakultäten) stehen? Das wäre ja so als wenn jeder Fußballclub einen "Fußballprofessor" an der Spitze hätte. In der Medizin ist kein "Leistungssystem" möglich wie im Fußball und keine wissenschaftliche Einzelfallentscheidung.

Fazit: Eine 100% wissenschaftlich korrekte Vorgehensweise ist in der Medizin (und verwandten Bereichen) auf absehbare Zeit nicht möglich. Wir können höchstens dafür sorgen, dass zumindest vorhandenes Wissen korrekt angewendet wird. Das Problem ist aber: Der derzeitige Betrieb in Wissenschaft und Medizin zeichnet sich durch "Exklusivität" aus. Man geht zu einem Professor, weil es eben nur wenige Professoren gibt. Dilemma: So ein Spezialist ist zwar spezialisiert, kann aber auch nicht alles wissen. Sorry, es läuft wider darauf hinaus: vernetzung, Öffnung und Demokratisierung. In welcher Form auch immer. Warum gibt es überhaupt einen Wissenschaftsbetrieb? Warum lässt man die Forscher nicht unabhängig und alleine arbeiten? Warum kontrollieren sich die Forscher gegenseitig? Es wird zwar die "Unabhängigkeit der Wissenschaft" gefordert, aber kein Wissenschaftler kann "unabhängig" (im Keller) arbeiten und dann hoffen anerkannt zu werden.

Der Fehler den wir also machen: Wenn wir die "Unabhängigkeit der Wissenschaft" fordern missverstehen wir das als "In sich geschlossener und abgeschlossener Elfenbeinturm". Eine Wissenschaft ist immer dann "unabhängig" wenn sie möglichst geöffnet ist, wenn sie möglichst wenig Abhängig von Spezialinteressen ist. Man vergleiche dies mit anderen Institutionen: Je abgeschlossener eine Gruppe ist, desto eher besteht die Gefahr von "sektenähnlichen" Zustanden.

Wenn nun also ein Landarzt mit Halbwissen (99,9 % solcher Flecken sind nicht böse, machen Sie sich keine Sorgen) einen Patienten mit Hautkrebs nach Hause schickt, wa ist dann das Problem? Die "mangelnde Ausbildung"? Dann wäre die Frage wie man die Ausbildung "besser" macht. Einfch nur sagen "Wir wollen eine bessere Ausbildung und stecken mehr Geld rein" reicht das? Wenn das Problem allerdings die mangelnde Vernetzung ist, wenn Telemedizin, die dem Landarzt von außen reingeredet hätte, den Fall gerettet hätte, wie organisieren wir diese Vernetzung? Wenn also zum Beispiel vorhandenes Wissen nicht beim Einzelfall ankommt, wie löst man dieses Problem?

Die Ressourcen die man aufwenden müsste um jeden Einzelfall möglichst korrekt zu behandeln, wären also unendlich groß. Es ist stattdessen einfacher wenn man mit Sätzen hantiert wie "99% solcher Knoten sind harmlos".

Problem: Spezialisierung ist toll, weil wir dann Experten haben, die ganz toll ganz spezeille Sachen können. So gibt es weniger Krebs-Experten. Diese wenigen Experten sollen nun viele Patienten behandeln. Dr Einzelfall bleibt auf der Strecke, wenn wenige Menschen viele Patienten behandeln sollen, dann verführt das gerade dazu, dass diese vielen Menschen mit Pauschalaussagen abgespeist werden. Puh, noch ein Versuch:

Im heutigen Wissenschaftsbetrieb ist ja "Renomee" ein ganz wichtiger Aspekt, der aber total unwissenschaftlich ist. Auch der Papst ist "renommiert". Nochmal: Wir sind aus oben genannten Gründen nicht in der Lage im Einzelfall 100% wissenschaftlich korrekt zu handeln und vertrauen deshalb auf leute die sich in anderen bereichen "Renomee" erworben haben. Was könnte man dem entgegensetzen? Eine Leistungsgesellschaft, wo "Renommee" egal sind, sondern nur auf "Leistung" geschaut wird?

Nochmal Fazit: Das Schauen auf "Renomee" im Wissenschaftsbetrieb ist eine Notlösung und dem geschuldet, dass man im Einzelfall nicht wissenschaftlich korrekt handeln kann. Mann kann nicht dem selben Patienten 100 verschiedene Medikamente geben und dann gucken welches am besten gewirkt hat. Außerdem ist "Leistungsgesellschaft" in der Medizin und ähnlichen Bereichen nicht wirklich möglich. Man kan nicht einfach jeden der sich berufen fühlt in die Klinik holen und dann gucken wer die Patienten am erfolgreichsten behandelt.

Es gibt also (wenn es um den Einzelfall geht) zwei Probleme zu lösen:

1. Wie behandelt man den Einzelfall wissenschaftlich korrekt wenn wissenschaftliche Studien nur in allgemeiner Form möglich sind?

2. Wie schafft man eine Leistungsgesellschaft in der Medizin wenn man nicht wirklich testen kann wer Leistung bringt und wer nicht, wenn es keine funktionierenden "Patientensimulatoren" gibt, wo man dies testen könnte?

We also wollen wir zum Beispiel unsere Patienten im Einzelfall behandeln? Von Leuten die "wissenschaftlich korrekt" handeln oder von "Leistungsträgern"? Und das paradoxe ist nun: Wir setzen eigentlich nur auf Wissenschaft, obwohl Wissenschaft im Einzelfall Grenzen hat. Die "Leistungsgesellschaft", die zur Folge hätte, dass auch Laien im Wettkampf um die korrekte Behandlung eingreifen würden, wird (mit noblen Absichten) ausgeblendet. Trotzdem bleibt es dabei: Sowohl WIssenschaft als auch Leistungsgesellschaft haben ihre Grenzen wenn es um die Behandlung von (midizinischen) Einzelfällen geht. Die Wissenschaft hat ihre Grenzen, da der Einzelfall nicht reproduzierbar ist. Die leistungsgesellschaft hat ihre Grenzen, da man nicht an Patienten experimentieren kann (darf) um herauszufinden wer am meisten leistet.

Wenn aber beide Bereiche ihre Grenzen haben, was spricht dagegen, dass man beide Bereiche einsetzt? Warum wird nur die Leistungsgesellschaft ausgeblendet?

Wenn wir uns also dem Einzelfall annähern wollen (was wir glaube ich wollen), wie erreichen wir das? Indem wir beide (nicht perfekten) Bereiche gleichberechtigt einsetzten? Oder indem wir nur auf die Wissenschaft setzen und krampfhaft etws versuchen was nicht möglich ist, medizinische Einzelfälle 100% nach wissenschaftlichen Erkenntnissen zu behandeln?

S, mehr kann ich jetzt nicht schreiben. Also: Vielleicht wäre die Lösung ein Mix aus WIssenschaft und leistungsgesellschaft, da beide Bereiche ihre Grenzen haben, aber sich vielleicht zumindest gegenseitig kontrollieren könnten. Sorry, ging nicht kürzer.
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Alter Stubentiger »

Julian hat geschrieben:(29 Nov 2017, 18:53)

Natürlich bezahlen pharmazeutische Unternehmen Ärzte, beispielsweise für die Durchführung von klinischen Studien oder für Beratertätigkeiten. Wie sollte es denn sonst funktionieren? Denkst du, die Ärzte würden die Präparate für umsonst prüfen? Wie soll ein pharmazeutisches Unternehmen erfahren, wie sich die Behandlung einer Erkrankung entwickelt und wo beispielsweise das eigene Medikament steht, wenn nicht von den Ärzten?

All dies muss jedoch sauber dokumentiert und offengelegt werden. Die Abhängigkeiten bei Studien oder Publikationen sind also für jeden einsehbar. Eine Einflussnahme ist dennoch unwahrscheinlich. Der Goldstandard für die Zulassung sind doppelblinde, randomisierte Studien; weder Arzt noch Patient wissen also, ob das zu untersuchende Medikament oder ein Placebo gegeben wurde. Statistische Tricks sind ebenfalls kaum möglich, da die wesentliche Auswertung schon vor Beginn der Studie festgelegt wird.

Ja, das war ein Problem in der Vergangenheit, das jedoch erkannt wurde: Inzwischen wurde eine Veröffentlichungspflicht eingeführt; wer dagegen verstößt, muss Strafen bezahlen.
Und warum werden solche Studien in Indien gemacht und warum werden Warnungen wie bei Lipobay die von den durchführenden Ärzten gemacht werden ignoriert?
Mit den klinischen Studien läuft etwas grundsätzlich falsch. Deshalb wird der Markt mit fragwürdigen und unglaublich teuren Medikamenten geflutet.
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von X3Q »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(30 Nov 2017, 15:26)

Und warum werden solche Studien in Indien gemacht und warum werden Warnungen wie bei Lipobay die von den durchführenden Ärzten gemacht werden ignoriert?
Mit den klinischen Studien läuft etwas grundsätzlich falsch. Deshalb wird der Markt mit fragwürdigen und unglaublich teuren Medikamenten geflutet.
Weil es dort unter anderem billiger ist. Trotzdem gelten auch dort bei klinischen Studien die gleichen Bedingungen. Sie werden aber auch dort durchgeführt, weil es bei bestimmten Erkrankungen einfach nicht genügend Patienten in den Industriestaaten gibt. Mittel gegen Malaria kannst du in Deutschland nicht testen.

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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von X3Q »

Maltrino hat geschrieben:(30 Nov 2017, 02:39)

Ich konzentrier mich mal auf das wesentliche:

...
Ok, jetzt verstehe ich besser worauf du hinaus willst.

Mal was grundlegendes zur Wissenschaftlichen Methode: Aus Beobachtungen werden Hypothesen, zu denen Fragen formuliert und im Experiment untersucht werden. Mit den gewonnenen Daten wird die Anfangshypothese dann verworfen oder verbessert und das Spiel beginnt von vorne; so lange, bis man ein Problem verstanden hat - ein Iterationsverfahren. Im Prinzip unterscheiden sich hierbei die einzelnen wissenschaftlichen Teildisziplinen nicht großartig, bis auf die Geistenwissenschaften. Was Alle gemeinsam haben, ist aber die Tatsache, dass das so gewonnene Wissen nur vorläufig ist. Die Wissenschaft spricht hier auch von "hinreichend genauen und zeitkernig gültigen Erklärungen". Dies bedeutet nichts anderes als: ... es IST NICHT die Wahrheit. Alles durch die wissenschaftliche Methode gewonnene Wissen ist abänderbar, es kann sogar als falsch verworfen werden.

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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Julian »

Maltrino hat geschrieben:(30 Nov 2017, 02:39)

Ich konzentrier mich mal auf das wesentliche:

Da kommen wir der Sache ja schon näher. Bevor wir nun endlos die Frage diskutieren wie viele "Einzelfälle" es braucht, bis die "Einzelfälle" keine "Einzelfälle" mehr sind sondern Anzeicen eines Systemversagens, gehe ich einfach mal davon aus, dass das was ich sage stimmt, und du sagst korrekt, dass es dann ein Systemversagen wäre, dass es ein Systemversagen gibt.

Das Systemversagen wäre also (so deute ich das), dass der Wissenschaftsbetrieb nicht wissenschaftlich arbeitet? Dass der Medizinbetrieb nich das erfüllen kann was er eigentlich erfüllen soll? Dass irgendein System nicht das erfüllen kann was es erfüllen soll?
Zu dem, was X3Q geschrieben hat und dem ich mich anschließen kann, möchte ich noch zwei Überlegungen hinzufügen.

1. Geht es dir um die wissenschaftliche Methode an sich, wie sie sich idealerweise darstellt? Oder geht es dir um Unzulänglichkeiten und Verstößen bei der Anwendung der wissenschaftlichen Methode?

Das sind ja zwei ganz unterschiedliche Dinge. Ohne Zweifel bestehen Unterschiede zwischen Ideal und Wirklichkeit; so wird in der Medizin noch all zu oft nach Eminenz (durch Autorität eines Meinungsführers) und nicht nach Evidenz (Datenlage) entschieden. Dennoch glaube ich, dass sich die Situation in den letzten Jahrzehnten stark verbessert hat und wir prinzipiell auf dem richtigen Weg sind.

2. Deine Kritik an der Statistik habe ich noch nicht verstanden.

Die Statistik sagt nichts über den Einzelfall, also etwa den einzelnen Patienten, aus, sondern immer über eine größere Anzahl von Fällen. Wenn also bekannt ist, dass ein Medikament bei 90% der Patienten mit einer bestimmten Erkrankung zu einer Heilung führt, kann ich das dem Patienten auch nur so erklären: Statistisch gesehen werden 90 von 100 Patienten mit seiner Erkrankung geheilt, allerdings kann ich nicht sagen, ob er zu den glücklichen 90% oder den unglücklichen 10% gehört. Ich kann auch nicht sagen, dass er zu 90% geheilt wird, ja, eigentlich nicht einmal, dass er mit 90%-iger Wahrscheinlichkeit geheilt wird. Denn entweder wird er geheilt oder nicht.

Ein Beispiel:
Sagen wir, es gibt zwei Medikamente für eine lebensbedrohliche Erkrankung. Medikament A führt in 70% der Fälle zu einer Heilung, hat aber in 20% der Fälle schwere unerwünschte Wirkungen. Medikament B führt in 20% der Fälle zu einer Heilung, hat aber in 50% der Fälle schwere unerwünschte Wirkungen.

Welches Medikament würdest du als Patient bevorzugen? Welches würde der Arzt bevorzugen? Ich denke, dass die Wahl eindeutig ist, denn Medikament A ist überlegen sowohl in bezug auf Wirksamkeit als auch auf Verträglichkeit. Allerdings könnte ein bestimmter Patient durchaus unter Medikament A keine Heilung erzielen und stattdessen unter unerwünschten Wirkungen leiden, während er bei Behandlung mit Medikament B eine Heilung ohne unerwünschte Wirkungen erzielt hätte.

Sagen wir, ein Arzt hat bisher nur einen Patienten mit Medikament B behandelt, und der Patient wurde ohne unerwünschte Wirkungen geheilt. Nun kommt ein zweiter Patient zu dem Arzt. Wäre es ein guter Arzt, wenn er diesem Patienten wiederum Medikament B verordnen würde, und zwar in Kenntnis der Studienergebnisse? Nein, es wäre kein guter Arzt.

Etwas anderes wäre es, wenn es Hinweise auf die Gründe für das unterschiedliche Ansprechen auf die Medikamente A und B geben würde. Etwa, wenn bei Vorliegen einer bestimmten Mutation das Ansprechen auf Medikament B sehr viel besser wäre, und auf Medikament A schlechter. Das Auffinden solcher Untergruppen ist aktuell ein ganz großes Thema, beispielsweise in der Krebstherapie.
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Julian »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(30 Nov 2017, 15:26)

Und warum werden solche Studien in Indien gemacht [...]
Die meisten Studien werden immer noch in Europa und den USA durchgeführt, und zwar mit großem Abstand. Klinische Studien, gerade die für die Zulassung relevanten, werden häufig multizentrisch und weltweit durchgeführt. Dass im Rahmen der Globalisierung auch mehr Studien in Indien durchgeführt werden, ist korrekt. Dort gelten jedoch keine anderen Regeln als in Deutschland oder den USA.

Es mag sein, dass dort vor Ort laxer mit Regeln umgegangen wird, aber kein internationaler Pharmakonzern kann es sich leisten, eine Studie mit schlechter Datenqualität zu liefern, die womöglich unter Nichteinhaltung ethischer Standards zustande gekommen ist. Aus der Sensationspresse erfährt man über viele Tote bei klinischen Studien in Indien, allerdings wird geflissentlich vergessen zu erwähnen, dass dabei nicht zwangsläufig ein ursächlicher Zusammenhang mit dem Prüfmedikament besteht. Das ist sogar sehr unwahrscheinlich, denn auch in den USA oder Deutschland gibt es massenhaft Tote bei klinischen Studien: Wenn man nämlich ein Medikament bei Krebspatienten im Endstadium testet, werden zwangsläufig viele Patienten während der Studie an ihrer Grunderkrankung sterben.
Alter Stubentiger hat geschrieben:(30 Nov 2017, 15:26)

[...] warum werden Warnungen wie bei Lipobay die von den durchführenden Ärzten gemacht werden ignoriert?



Klinische Studien beinhalten immer ein Risiko. Man weiß nicht, ob der zu erprobende Wirkstoff tatsächlich eine Wirkung gegen die Erkrankung hat, und man weiß auch nicht, ob nicht vielleicht schwerwiegende Nebenwirkungen auftreten, und wie häufig sie das tun. Deswegen wird doch die klinische Prüfung überhaupt durchgeführt!

Selbstverständlich müssen, bevor ein neuer Wirkstoff am Menschen erprobt wird, zahlreiche Voruntersuchungen stattfinden, etwa an Tieren. Und die Erprobung am Menschen folgt einem Schema, dass das Risiko für die Probanden minimiert.

Teilweise erkennt man aber die Bedeutung von unerwünschte Wirkungen erst spät. Das kann verschiedene Ursachen haben:
1. Die unerwünschte Wirkung tritt sehr selten auf, etwa bei einem von 1.000 Patienten. Wenn man eine Zulassungsstudie mit einigen hundert oder tausend Patienten durchführt, kann es sehr gut sein, dass kein Patient die unerwünschte Wirkung erleidet. Nach Markteinführung jedoch, wenn plötzlich hunderttausende das Medikament einnehmen, sieht es dagegen anders aus. Deswegen wird die Sicherheit auch nach Markteinführung überprüft.

2. Bei schweren Erkrankungen oder älteren Patienten ist es ganz normal, dass auch in einer Studie unerwünschte Ereignisse auftreten - nicht unbedingt wegen der Studienmedikation, sondern möglicherweise aus ganz anderen Gründen. Es ist nicht immer einfach zu erkennen, ob wirklich ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Studienmedikation und dem Ereignis besteht.

3. Häufig nimmt man auch schwere unerwünschte Wirkungen in Kauf, weil die zugrundeliegende Erkrankung so schwerwiegend und lebensbedrohlich ist. Letztlich geht es um eine Nutzen-Risiko-Analyse - und die kann zu einem späteren Zeitpunkt anders ausfallen als früher, einfach weil man mehr Daten zur Verfügung hat oder diese anders interpretiert werden.

All dies wird selbstverständlich strengstens überwacht, durch die Prüfärzte, die Unternehmen, in denen es eigene Abteilungen für Medikamentensicherheit gibt, und natürlich auch die Behörden. Es sind schon viele Studien aus Sicherheitserwägungen abgebrochen worden.

Ob Lipobay zu spät vom Markt genommen wurde, oder ob es überhaupt hätte vom Markt genommen werden müssen, ist eine komplexe Frage. Es sind ja nicht nur Patienten an unerwünschten Wirkungen gestorben; nein, gleichzeitig wurde ja auch das Leben von Patienten durch Lipobay gerettet. Im übrigen wurden seitdem die Bestimmungen weiter verschärft, wie auch nach einigen Todesfällen bei Phase-I-Prüfungen in Frankreich und Großbritannien vor einigen Jahren.
Alter Stubentiger hat geschrieben:(30 Nov 2017, 15:26)
Mit den klinischen Studien läuft etwas grundsätzlich falsch. Deshalb wird der Markt mit fragwürdigen und unglaublich teuren Medikamenten geflutet.
Dann gehe einfach nicht mehr zum Arzt, denn fast alle Medikamente und auch chirurgische Eingriffe haben sich erst durch klinische Studien etabliert. Niemand zwingt dich, ein Medikament einzunehmen oder an einer Studie teilzunehmen.

Patienten, die unter bestimmten Erkrankungen leiden, wissen sehr genau, was sie den forschenden Ärzten und der pharmazeutischen Industrie zu verdanken haben. Man informiere sich einfach mal über die Entwicklung der Überlebensraten beispielsweise bei chronischer myeloischer Leukämie. Auch bei Patienten mit fortgeschrittenem schwarzem Hautkrebs gibt es nun Behandlungsmöglichkeiten - zwar profitiert nur eine Minderheit der Patienten, diese können aber für lange Zeit überleben und möglicherweise geheilt werden, während sie noch vor 10 Jahren innerhalb kurzer Zeit gestorben wären.

Es wäre unethisch, neue Medikamente nicht zu erforschen und den Patienten zur Verfügung zu stellen.
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Maltrino »

X3Q hat geschrieben:(30 Nov 2017, 17:20)
... grundlegendes zur Wissenschaftlichen Methode: Aus Beobachtungen werden Hypothesen, zu denen Fragen formuliert und im Experiment untersucht werden. ...
Dann müssen wir aber auch zwei Sachen gegenüberstellen: Diese "wissenschaftliche Methode" und "den Wissenschaftsbetrieb".

Ich behaupte: Ich kann, obwohl ich nicht im Wissenschaftbetrieb bin, nach wissenschaftlichen Methoden arbeiten. Mit Einschränkungen: Denn das entscheidende scheint hier das "Experiment" zu sein. Allein das Experiment (reproduzierbar) kann darüber entscheiden ob eine Aussage "wahr" oder "falsch" ist.

Um auf die Medizin zurückzukommen: Dort ist das Experiment ja quasi "monopolisiert". Ich kann meine Hypothesen, meine Fragen, nicht durch Experimente belegen, da ich nicht als Arzt arbeiten kann und keine klinischen Studien durchführen kann.

Worauf ich hinaus will: Jeder Mensch kann Beobachtungen machen. Jeder Mensch kann Hypothesen erstellen, jeder Mensch kann Fragen stellen. Jeder Mensch kann also diese drei Aspekte des wissenschaftlichen Arbeitens betreiben. Allein das Experiment ist nur auf wenige Menschen beschränkt, vor allem wenn es kompliziert wird. Am deutlichsten wird das in der Teilchenphysik: Nur wer Zugriff auf einen Teilchenbeschleuniger hat, der kann bestimmte Hypothesen überprüfen.
Julian hat geschrieben:(30 Nov 2017, 18:13)

....Dennoch glaube ich, dass sich die Situation in den letzten Jahrzehnten stark verbessert hat und wir prinzipiell auf dem richtigen Weg sind. ....
Sorry wenn ich deine Aussage jetzt aus dem Zusammenhang reiße, aber ich glaube wir sind auf einem sehr schwierigen Weg, der aber unbedingt gelöst werden muss. Siehe oben. Jeder Mensch kann Beobachtungen machen, Hypothesen erstellen und Fragen stellen. Durch die Vernetzung geht das noch vorran. Im Extremfall sind alle Menschen miteinander vernetzt, können Beobachtungen teilen, Hypothesen entwickeln und Fragen austauschen. In der Medizin sehe ich das ganz deutlich. Ich selbst habe bestimmte Beobachtungen gemacht, stelle Hypothesen auf und stelle Fragen, ich lese Berichte von anderen Betroffen deren Beobachtungen meine bestätigen usw. Experimente kann/darf ich in diesem Bereich aber nicht machen, habe auch keinen Zugrff auf Patientendaten… Das hat zur Folge, dass eine kleine Anzahl von Fachmedizinern, die ich für totale Trottel halte, die aber es geschafft haben in ihrem Fachbereich als "Koryphäen" zu gelten, weiterhin die Richtung in diesem medizinischen Fachbereich bestimmen. Meiner Meinung nach mit fatalen Folgen für viele Patienten. Aber ich kann es nicht beweisen. Ich kann nicht beweisen, dass, wenn man meine Ideen umsetzen würde, mehr Menschen länger leben würden, oder eben einzelne Menschen weniger Nebenwirkungen haben oder weniger aggressive Therapien eingesetzt werden müssten (je nachdem was das "moralische" Ziel ist).

Die "wissenschaftliche Methode" ist also teilweise extrem demokratisiert (Beobachtung, Hypothese, Frage), in einem anderen Teilbereich aber so gut wie monopolisiert (Experiment).

Dies alles wird, in Zukunft vielleicht noch mehr als heute, dazu führen, dass Tüftler, die teils jahrzehntelang an einer Theorie und eine Hypothese, an einer Vermutung arbeiten, dass diese "Tüftler" ihre Thesen nicht beweisen können, da sie nicht im wissenschaftlichen Betrieb organisiert sind und keinen Zugriff auf Experimente haben.

Was passiert nun also wenn so ein "Freak" wie ich an eine Klinik, an eine Zeitschrift, an eine Selbsthilfegruppe, an einen Professor, oder wo auch immer hin schreibe: "Ich vermute stark, dass die Methode X, die von Mediziner Y entwickelt wurde, dazu führen würde, dass zwar mehr Patienten von ihrer Ursprungskrankheit geheilt werden, aber so viele Patienten an den Nebenwirkungen sterben werden, dass der Einsatz nicht zu verantworten ist. Alle meine Beobachtungen deuten darauf hin und die ganze Logik des Verfahrens lässt diesen Schluss nahe liegen. Um meine These zu beweisen bräuchten wir nur hunderte Patientendaten." Was passiert wenn so ein "Freak" wie ich, so eine "Hypothese", die vermutlich auch noch schlecht formuliert ist, irgendwo hinschicke? Nichts passiert. Gar nichts. Denn ich bin ja kein Wissenschatler und niemand wird mich für Voll nehmen.

Aber warum muss ich mich überhaupt an diese "Authoritäten" wenden? Nur deshalb weil ich selber nicht die Möglichkeit habe den experimentellen Beweis anzutreten. Heißt: Wer das Monopol über das Experiment hat, sei es dass er es vom Staat bekommen hat, der kann vollständig die wissenschaftliche Methode betreiben. Jeder andere, kann zwar beobachtungen machen, Hypothesen aufstellen und Fragen aufwerfen, aber mehr auch nicht.

Nur diejenigen, die das "Monopol auf Experiment" haben, können ihre Hypothesen überprüfen. Und wie gesagt, ich sehe, dass dieses Dilemma zunehmen wird, da immer mehr Menschen Hypothesen erstellen (können), aber die notwendigen Experimente immer komplexer werden.

Ich glaube zur Frage der Statistik schaffe ich heute nichts mehr zu schreiben sorry, aber weiter zur "wissenschaftlichen Methode":

Dies alles führt meiner Meinung nach zu einem (schlechten) Zustand, wo in vielen Disziplinen (in der Medizin allem vorran) nur noch solche Menschen "wissenschaftlich" arbeiten können, die Experimente machen können. Und dies führt dazu: Beobachtung, Hypothese, Frage und Experiment werden im Extremfall von ein und derselben Person durchgeführt. Arbeitsteilung wird so verhindert. Es wird also von Leuten "Wissenschaft" betrieben, die ein bischen beobachten, ein bischen Hypothese erstellen, ein bischen Experiment machen.

Aber wie gesagt: Was passiert wenn ein Mensch die Hälte seines Lebens Beobachtungen gemacht hat, und die andere Hälfte seines Lebens darauf verwendet Hypothesen und Fragen zu entwickeln? Dann kann er lustige Texte schreiben und darauf hoffen, dass sie jemand liest. Aber kaum einer wird sie verstehen und andere werden sagen "Alles nicht bewiesen". Und er kann niemanden zwingen ihm die Ressourcen zu geben um komplizierte Experimente durchzuführen.

Man muss sich diese Situation nur mal stilisiert vor Augen führen: Eine Gruppe von 100 Menschen muss einen Weg finden Kleidung blau zu färben. Nur ein Mensch hat aber Zugriff auf die Wasserstelle, wo Experimente mit Färbungen durchgeführt werden können. Alle 100 Menschen können also Hypothesen anstellen und Theorien und Methoden entwickeln. Aber allein der Besitzer und Wächter der Wasserstelle kann über sein Haus schreiben "Hier wohnt der wissenschaftlich arbeitende Färber". Und er hat sogar Recht. Er ist der einzige der Experimente durchführen kann. Und wenn er das schlaueste Mitglied der Gruppe, das die interessantesten und naheliegendsten Ideen und Hypothesen hat, nicht mag, und befürchtet, dass sie Vormachtstellung flöten geht, dann muss der Wasserstellenwächter einfach nur sagen "Nö, du darfst hier keine Experimente machen, du bist ein Quacksalber ohne wissenschaftlichen Hintergrund". Und egal wie genial die übrigen Bewohner sind, nur derjenige der Zugriff auf die Stelle hat wo Experimente durchgeführt werden können, der kann von sich behaupten, dass er vollständig die "wissenschaftliche Methode" anwendet.

Ich sag damit nicht, dass wir einfach jede Hypothese am Menschen ausprobieren sollen ohne vorher Experimente zu machen, ich zeige nur wieder, dass es ein Problem gibt, dass gelöst werden sollte, finde ich. Wissenschaft hat so angefangen, dass sich irgendwelche "Spinner" trafen, und ihre Ideen austauschten und überprüften. Heute ist es völlig anders. Provokativ: Genauso wie die Religion im Mittelalter monopolisiert wurde, indem nur lateinisch sprechende Priester die Schrift auslegen durften, so wird heute Wissenschaft monopolisiert, indem nur diejenigen sich Wissenschaftler nennen dürfen, die bestimmte Vorraussetzungen im Wissenschaftsbetrieb erfüllen bzw. die Zugriff auf Experimente haben.

Besteht also die Gefahr, dass der heutige Wissenschaftbetrieb wie die katholische Kirche im Mittelalter endet? Meiner Meinung nach durchaus.

Wie gesagt, das Problem ist heute: Wenn ein genialer Mensch kommt und eine total geniale Theorie entwickelt, wenn diejenigen die das Experiment unter Kontrolle haben ihn ignorieren, dann wird er für immer als "Quacksalber" gelten.

Aber eigentlich ist hier ja relativ einfach wie man das angeht: Monopolisierung verhindern.

So, ich weiß, das ist jetzt kompliziert zu lesen, aber ich schicks jetzt erstmal ab.
Wie ihr seht, habe ich jetzt auch ein Profilbild wo das Portrait eines großen politischen Denkers aus der Vergangenheit abgebildet ist. Damit ist jetzt jede meiner Aussagen wahr und absolut seriös.
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von X3Q »

Maltrino hat geschrieben:(01 Dec 2017, 04:02)

Dann müssen wir aber auch zwei Sachen gegenüberstellen: Diese "wissenschaftliche Methode" und "den Wissenschaftsbetrieb". ...
Völlig richtig. Und weil im Wissenschaftsbetrieb Menschen arbeiten, werden dort auch Fehler gemacht. Fehler durch Arroganz, Betriebsblindheit, persönliche Eitelkeiten, Voreingenommenheit, etc. Diese Situation kenne ich aus eigener Erfahrung und es nervt, um es mal freundlich auszudrücken. Oder die installierten Institutionen sind zu schwerfällig, zu unflexibel. Es werden aber auch Fehler gemacht, die nicht zu vermeiden waren, weil man es zum entsprechenden Zeitpunkt nicht besser wissen konnte. Nicht umsonst heißt es ja auch "Aus Schaden wird man klug!".

Das "Experiment" ist aber nicht monopolisiert, es ist vielmehr stark Zugangsbeschränkt; was allerdings für alle Bereiche der experimentellen Wissenschaften zählt. Und das aus gutem Grund. Die Resourcen sind nun einmal beschränkt. War es in der Physik vor 100 Jahren noch möglich durch Experimente am Küchentisch und mit kleinem Finanzetat große Fragestellungen zu beantworten, große Entdeckungen zu machen, reden wir dort heute von Maschinen im mehrstelligen Milliardenbereich; LHC, Very Large Telescop, etc. In Bereich der Medizin kommt noch hinzu, dass hier Experimente an Menschen gemacht werden müssen - also eine ethische Komponente. Da kann und darf man nicht Jeden ran lassen. Wenn meine Gasheizung repariert werden muss, dann will ich auch einen gelernten Heizungsinstallateur und keinen selbsternannten Guru der Kupferrohrverbindungen.

Der Zugriff auf Resourcen ist immer mit dem Abfassen von Forschungsanträgen verbunden. Und da gibt es Zulassungsbedingungen, die ein "Laie" nicht erfüllen kann. Das ergibt durchaus Sinn. Was aber viel wichtiger ist: durch einen solchen Antrag stellt sich der Antragssteller der fachlichen Kritik und Bewertung seines Vorhabens und bekommt somit einen Blick von Außen, was viele durch Betriebsblindheit verursachte Fehler bereits im Vorfeld eliminiert.

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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Alter Stubentiger »

X3Q hat geschrieben:(30 Nov 2017, 16:49)

Weil es dort unter anderem billiger ist. Trotzdem gelten auch dort bei klinischen Studien die gleichen Bedingungen. Sie werden aber auch dort durchgeführt, weil es bei bestimmten Erkrankungen einfach nicht genügend Patienten in den Industriestaaten gibt. Mittel gegen Malaria kannst du in Deutschland nicht testen.

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Klar. Und den Weihnachtsmann gibts auch. Das Standards in der dritten Welt nur Makulatur sind weiß eigentlich jedes Kind. Und ein Beispiel für die gängige Praxis habe ich auch schon gebracht. Was zählt ist auf dem Platz. Nicht dass was auf Papieren steht.
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Alter Stubentiger »

Julian hat geschrieben:(30 Nov 2017, 19:02)
All dies wird selbstverständlich strengstens überwacht, durch die Prüfärzte, die Unternehmen, in denen es eigene Abteilungen für Medikamentensicherheit gibt, und natürlich auch die Behörden. Es sind schon viele Studien aus Sicherheitserwägungen abgebrochen worden.

Ob Lipobay zu spät vom Markt genommen wurde, oder ob es überhaupt hätte vom Markt genommen werden müssen, ist eine komplexe Frage. Es sind ja nicht nur Patienten an unerwünschten Wirkungen gestorben; nein, gleichzeitig wurde ja auch das Leben von Patienten durch Lipobay gerettet. Im übrigen wurden seitdem die Bestimmungen weiter verschärft, wie auch nach einigen Todesfällen bei Phase-I-Prüfungen in Frankreich und Großbritannien vor einigen Jahren.
Lipobay hat kei einziges Leben gerettet. Die Pharmaindustrie weiß schon seit langem das Lipidsenker unsinnig sind. Weshalb es nur Forschungsergebnisse gibt die steinalt und nach laxen Regeln gemacht wurden gibt. Seitdem die die Regeln verschärft wurden gibt es keine Studien mehr über das böse Cholesterin.

Und seit es so strenge Regeln gibt weicht man gern nach Indien aus für preiswerte und unternehmensfreundliche Studien.
Dann gehe einfach nicht mehr zum Arzt, denn fast alle Medikamente und auch chirurgische Eingriffe haben sich erst durch klinische Studien etabliert. Niemand zwingt dich, ein Medikament einzunehmen oder an einer Studie teilzunehmen.

Patienten, die unter bestimmten Erkrankungen leiden, wissen sehr genau, was sie den forschenden Ärzten und der pharmazeutischen Industrie zu verdanken haben. Man informiere sich einfach mal über die Entwicklung der Überlebensraten beispielsweise bei chronischer myeloischer Leukämie. Auch bei Patienten mit fortgeschrittenem schwarzem Hautkrebs gibt es nun Behandlungsmöglichkeiten - zwar profitiert nur eine Minderheit der Patienten, diese können aber für lange Zeit überleben und möglicherweise geheilt werden, während sie noch vor 10 Jahren innerhalb kurzer Zeit gestorben wären.

Es wäre unethisch, neue Medikamente nicht zu erforschen und den Patienten zur Verfügung zu stellen.
Jetzt werd mal nicht pampig. Wenn die forschende Pharmaindustrie mal soviel Geld für Forschung ausgeben würde wie für die Werbung und Pharmareferenten dann gäbe es weniger Probleme. Und leider konzentriert sich die Forschung nur auf Bereiche wo es was zu holen gibt.

Als Chroniker kann ich dir sagen daß ich bei Maecumar und der Möglichkeit des Selbsttests geblieben bin. Viele andere kriegen heute andere Gerinnungshemmer die man angeblich nicht mehr überwachen muß und für die es aber keine Gegenmittel gibt. Die forschende Pharmaindustrie hat da viel Druck gemacht um die Patienten auf diese neuen, teureren Präparate umzustellen. Das Ergbnis: Innere Blutungen und auch schon Todesfälle. Das sage ich dir mal als Patient der den Eindruck hat dass man heute ganz schön aufpassen muß dass man nicht zum Beta-Tester wird.

Anstatt mich anzugreifen solltest du die Verursacher solcher Machenschaften angreifen.
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von X3Q »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(01 Dec 2017, 15:44)
Als Chroniker kann ich dir sagen daß ich bei Maecumar und der Möglichkeit des Selbsttests geblieben bin. Viele andere kriegen heute andere Gerinnungshemmer die man angeblich nicht mehr überwachen muß und für die es aber keine Gegenmittel gibt. Die forschende Pharmaindustrie hat da viel Druck gemacht um die Patienten auf diese neuen, teureren Präparate umzustellen. Das Ergbnis: Innere Blutungen und auch schon Todesfälle. Das sage ich dir mal als Patient der den Eindruck hat dass man heute ganz schön aufpassen muß dass man nicht zum Beta-Tester wird.
Auch bei Macumar sind schon Patienten an inneren Blutungen gestorben ober haben einen Infarkt bekommen. Bei Dabigatran liegen die Zahlen für solche Vorfälle deutlich geringer. Also ein deutlicher Vorschritt ... :thumbup:

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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Alter Stubentiger »

X3Q hat geschrieben:(01 Dec 2017, 17:24)

Auch bei Macumar sind schon Patienten an inneren Blutungen gestorben ober haben einen Infarkt bekommen. Bei Dabigatran liegen die Zahlen für solche Vorfälle deutlich geringer. Also ein deutlicher Vorschritt ... :thumbup:

--X
Bei Marcumar gibt es die Möglichkeit des Selbsttests und damit einer erheblichen Verringerung der Risiken. Und man kann im Notfall mit Vitamin-K/Heparin ganz schnell reagieren. Diese Möglichkeit gibt es beim dem neuen Msdikament nicht.

Und ob Dabigatran wirklich besser abschneidet ist fraglich. Hast du aktuelle Zahlen? Leider hat Boeringer es in den USA nicht zu einem Prozess kommen lassen der die ganze Sache wirklich ans Licht der Öffentlichkeit bringt. Man hat die Kläger mit Geld ruhig gestellt. Wird schon seinen Grund haben.
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

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Julian
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Julian »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(01 Dec 2017, 15:44)

Lipobay hat kei einziges Leben gerettet. Die Pharmaindustrie weiß schon seit langem das Lipidsenker unsinnig sind. Weshalb es nur Forschungsergebnisse gibt die steinalt und nach laxen Regeln gemacht wurden gibt. Seitdem die die Regeln verschärft wurden gibt es keine Studien mehr über das böse Cholesterin.
Das ist einfach nur Unsinn. Selbstverständlich hat Lipobay Leben gerettet, wie jedes andere Statin auch. Dass das Medikament höhere Nebenwirkungsraten hatte als andere, mag so sein, das heißt aber nicht, dass es keine Wirkung hatte.
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Alter Stubentiger »

Julian hat geschrieben:(01 Dec 2017, 20:46)

Das ist einfach nur Unsinn. Selbstverständlich hat Lipobay Leben gerettet, wie jedes andere Statin auch. Dass das Medikament höhere Nebenwirkungsraten hatte als andere, mag so sein, das heißt aber nicht, dass es keine Wirkung hatte.
Okay. Es gibt relativ wenige Hochrisikopatienten denen Statine helfen. Warum es dafür ein riskantes Lipobay sein muß erschließt sich wohl nur Boeringer. Für die Masse der Menschen haben Lipidsenker keinen Nutzen. Statine sind vor allem eine Gelddruckmaschine. Ich weigere mich seit 15 Jahren sowas zu nehmen. Und ich habe keine Arteriosklerose. Diese Krankheit hat nichts mit Cholesterin zu tun. Bring doch mal eine aktuelle Studie um mich zu widerlegen. Eine Aktuelle! Keine von vor der Verschärfung der Regeln bei der Erstellung solcher Studien!
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Alter Stubentiger »

Sehe ich dass richtig dass die Quelle Boeringer ist. "Funding Boeringer" steht da. Was sagt uns dass?
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Maltrino »

X3Q hat geschrieben:(01 Dec 2017, 13:39)

Völlig richtig. Und weil im Wissenschaftsbetrieb Menschen arbeiten, werden dort auch Fehler gemacht. Fehler durch Arroganz, Betriebsblindheit, persönliche Eitelkeiten, Voreingenommenheit, etc. Diese Situation kenne ich aus eigener Erfahrung und es nervt, um es mal freundlich auszudrücken. Oder die installierten Institutionen sind zu schwerfällig, zu unflexibel. Es werden aber auch Fehler gemacht, die nicht zu vermeiden waren, weil man es zum entsprechenden Zeitpunkt nicht besser wissen konnte. Nicht umsonst heißt es ja auch "Aus Schaden wird man klug!".

Das "Experiment" ist aber nicht monopolisiert, es ist vielmehr stark Zugangsbeschränkt; was allerdings für alle Bereiche der experimentellen Wissenschaften zählt. Und das aus gutem Grund. Die Resourcen sind nun einmal beschränkt. War es in der Physik vor 100 Jahren noch möglich durch Experimente am Küchentisch und mit kleinem Finanzetat große Fragestellungen zu beantworten, große Entdeckungen zu machen, reden wir dort heute von Maschinen im mehrstelligen Milliardenbereich; LHC, Very Large Telescop, etc. In Bereich der Medizin kommt noch hinzu, dass hier Experimente an Menschen gemacht werden müssen - also eine ethische Komponente. Da kann und darf man nicht Jeden ran lassen. Wenn meine Gasheizung repariert werden muss, dann will ich auch einen gelernten Heizungsinstallateur und keinen selbsternannten Guru der Kupferrohrverbindungen.

Der Zugriff auf Resourcen ist immer mit dem Abfassen von Forschungsanträgen verbunden. Und da gibt es Zulassungsbedingungen, die ein "Laie" nicht erfüllen kann. Das ergibt durchaus Sinn. Was aber viel wichtiger ist: durch einen solchen Antrag stellt sich der Antragssteller der fachlichen Kritik und Bewertung seines Vorhabens und bekommt somit einen Blick von Außen, was viele durch Betriebsblindheit verursachte Fehler bereits im Vorfeld eliminiert.

--X
Tja... Aber nochmal: Dann bekommt halt der klischeehaft barttragende, seriös wirkende und nette und gut vernetzte Professor, mit 589 Veröffentlichungen, mit Dr. Dr. Dr. Graden, der in allen Krisengebieten der Welt zum Thema gearbeitet hat und "rennomiert" ist und alle Unterlagen korrekt einreich usw. usw. die Erlaubnis Experimente (an Patienten) zu machen. Ein "Laie", der 30 Jahre als Tischler gearbeitet hat, obwohl er einen IQ von 170 hat, entdeckt durch Zufall, dass dieser Professor durch seine Experimente den Tod von hunderten Patienten verursacht, die mit einer anderen Methode ein glückliches Leben gehabt hätten. Dieser "Laie" hat keine Chance Experimente durchzuführen die seine These belegen könnte, er hat keine Chance andere Menschen durch Argumente zu überzeugen, da die ganze Sache so kompliziert ist, dass es weltweit vielleicht nur 2 Menschen gibt, die nachvollziehen können worum es im Detail geht. Alle anderen müssen sich auf "Seriösität" verlassen, haben die Wahl zwischen einem schick gekleideten "Halbgott in weiß mit Bart" und einem zerzausten Tischler und entscheiden sich natürlich massenhaft für ersteren.

Du sagst, das alles hat "gute Gründe" und ist vielleicht "das beste System" (?) was es gibt? Es ändert nichts daran, dass dieses System dazu tendiert zu einer in sich geschlossenen "religionsähnlicher" Veranstaltung zu werden. Das kannst du bereits heute sehen wenn zum Beispiel auf der Internetseite der renomiertesten Krebs-Klinik Deutschlands Platz gemacht wird damit eine "Ernährungsexpertin" Brokkoli als wirksames Krebsmedikament anpreisen kann, und sich da auf Studien beruft, die natürlich keiner der Leser nachprüfen kann.

Ok, die "Knappheit der Ressourcen" sorgt deine Meinung nach dazu, dass man in diesen Bereichen Wettbewerb ausschließen muss. Man kann einen Teilchenbeschleuniger nur einmal bauen, kann diesen nur einer handvoll Experten anvertrauen, und muss darauf hoffen, dass dieser eine Wurf gelingt. Wenn die Handvoll ausgewählter Experten aber Trottel sind, dann ist man am Arsch.

Das heißt, der Wissenschftbetrieb verhält sich in vielen Bereichen wie ein "Weltstaat". Wenn es einen Weltstaat gäbe, dann gäbe es auch nur eine Weltregierung und keinen Wettkampf unterschiedlicher Systeme mehr. Der Mangel an Wettbewerb ist also ein Fortschritt, weil er uns anzeigt, dass die Dinge die wir machen so groß sind, dass wir sie nur einmal machen können, werden uns aber auch in den Abgrund führen, da der Wettbewerb der Ideen vernichtet wird.

Die USA lösten dieses Problem bei der Mondlandung offenbar trotzdem indem sie trotzdem mehreren Firmen den Auftrag gaben eine Mondfähre zu entwickeln, in der Hoffnung, dass zumindest ein Weg erfolgreich sein wird.

Wenn nun also eine weltweite Rattenplage geschehen wird, und die Krankheiten die dadurch verbreitet werden, die Existenz der gesamten Menschheit bedroht, wenn aber der Aufwand zur Entwicklung eines Impfstoffes so groß ist, dass er nur einmal, von allen Nationen gemeinsam durchgeführt werden kann, wie soll man dann vorgehen? Die Existenz der gesamten Menschheit hängt dran. Nach der klassischen Vorgehensweise kriegt der Professor den Auftrag der am "seriösten" ist, der am "renommiertesten" ist im Wissenschaftsbetrieb.... Aber was ist wenn der zerzauste Tüftler, der 30 Jahre lang als Holzhandwerker gearbeitet hat, als einziger Mensch auf der Welt eine Idee hat die zur Rettung führen könnte? Die Lage ist also so ernst, dass das Ende der Menschheit droht. Als Außenstehende (in der Geschichte) wissen wir, dass allein ein völlig unbekannter Tüftler das Ende der Menschheit verhindern kann. Das System ist aber so angelegt, dass ein Professor den Auftrag bekommen würde den Impfstoff zu entwickeln. Dieser Professor wird (das wissen wir als "objektive Betrachter") scheitern. Sollen wir das System also so ändern, dass die Chance besteht, dass der Tüftler den Auftrag bekommt? Oder ist das nicht möglich? Ist in dieser Geschichte der Untergang der Menschheit also unausweichlich, da das System was dem "renommiertesten Professor" dem Auftrag erteilen würde durch kein besseres System zu ersetzen ist?
Wie ihr seht, habe ich jetzt auch ein Profilbild wo das Portrait eines großen politischen Denkers aus der Vergangenheit abgebildet ist. Damit ist jetzt jede meiner Aussagen wahr und absolut seriös.
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von X3Q »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(02 Dec 2017, 16:33)

Sehe ich dass richtig dass die Quelle Boeringer ist. "Funding Boeringer" steht da. Was sagt uns dass?
Es sagt uns, die die Studie von Boeringer finanziert wurde; irgendwer muss die ganzen Millionen ja locker machen. Dies heißt nicht, dass dort von Boeringer gewünschte Ergebnisse bestellt und geliefert wurden.

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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Julian »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(02 Dec 2017, 16:25)

Okay. Es gibt relativ wenige Hochrisikopatienten denen Statine helfen. Warum es dafür ein riskantes Lipobay sein muß erschließt sich wohl nur Boeringer. Für die Masse der Menschen haben Lipidsenker keinen Nutzen. Statine sind vor allem eine Gelddruckmaschine. Ich weigere mich seit 15 Jahren sowas zu nehmen. Und ich habe keine Arteriosklerose. Diese Krankheit hat nichts mit Cholesterin zu tun. Bring doch mal eine aktuelle Studie um mich zu widerlegen. Eine Aktuelle! Keine von vor der Verschärfung der Regeln bei der Erstellung solcher Studien!
Nein, es sind nicht "wenige Hochrisikopatienten, denen Statine helfen". Es sind sehr viele Patienten, denen statistisch gesehen durch Statine geholfen wird. Der Einsatz in der Sekundärprävention ist unumstritten, d.h. bei den vielen Patienten, die beispielsweise schon einmal einen Herzinfarkt hatten. Das ist durch viele Studien und die darauf basierenden Metaanalysen belegt; es gibt eine hohe wissenschaftliche Evidenz dafür. Wenn man solchen Ergebnissen keinen Glauben schenkt, dann brauchen wir in der klinischen Medizin gar keine Wissenschaft mehr zu machen.

Im übrigen ist diese Bewertung unabhängig davon, ob der Effekt über eine Senkung des Cholesterins vermittelt wird oder nicht. Das ist eine sehr interessante Frage mit weitreichenden Konsequenzen, ändert aber nichts am Ergebnis der randomisierten Studien zu den Statinen, die eine Senkung des Risikos für kardiovaskuläre Ereignisse gezeigt haben (und nicht nur eine Senkung des Cholesterinwertes).

Auch in der Primärprävention gibt es einen Nutzen, der durch Studien belegbar ist, auch wenn er kleiner ist als bei der Sekundärprävention. Natürlich hängt es von vielen Faktoren ab, ob ein Statin ärztlich empfohlen wird oder nicht. Und das letzte Wort hat der Patient.

Hier ein Artikel, der die Hintergründe beleuchtet:
http://www.thelancet.com/pdfs/journals/ ... 1357-5.pdf

Und ja: Natürlich gibt es Interessenkonflikte, auch bei den Autoren dieses Artikels. Diese müssen jedoch offengelegt werden. Die Entwicklung von Arzneimitteln funktioniert eben nur in enger Zusammenarbeit zwischen Ärzten und pharmazeutischer Industrie. Ich wüsste nicht, wie es anders gehen sollte. Wer dazu Vorschläge hat, darf sie gerne anbringen.
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von X3Q »

Maltrino hat geschrieben:(03 Dec 2017, 07:19)

... Das kannst du bereits heute sehen wenn zum Beispiel auf der Internetseite der renomiertesten Krebs-Klinik Deutschlands Platz gemacht wird damit eine "Ernährungsexpertin" Brokkoli als wirksames Krebsmedikament anpreisen kann, und sich da auf Studien beruft, die natürlich keiner der Leser nachprüfen kann.
Die Kommerzialisierung des Gesundheitswesen hat ihre Schattenseiten, das will ich gar nicht abstreiten. Aber warum kann man die Studie zur Krebsporphylaxe durch Brokkolie nicht einsehen?
Ok, die "Knappheit der Ressourcen" sorgt deine Meinung nach dazu, dass man in diesen Bereichen Wettbewerb ausschließen muss. ...
Das habe ich nicht gesagt. Beispiel: In den USA kam man beim DOE (Deparment of Energy) einen Antrag auf Genomsequenzierung stellen. Alles was man dafür machen muss, ist einen Antrag zu schreiben. Wir dieser Angenommen, muss man nur noch die DNA liefern und bekommt dann eininge Wochen/Monate später seine Sequenzdaten. Die Kosten für die Sequenzierung übernimmt das DOE vollständig. Aber die Resourcen sind begrenzt. Die können halt nicht beliebig viele Sequenzierungsaufträge abarbeiten. Die eingehenden Anträge übersteigen die Kapazität jedoch bei weitem. Also muss ein Rat darüber entscheiden, welcher Antrag angenommen wird und welcher nicht. Als Antragsteller konkurriert man also mit Anderen. Da ist kein Wettbewerb ausgeschaltet, der ist voll im Gang. Und so ist es bei allen Förderprogrammen für die Forschunng. Überall gehen mehr Anträge ein als bewilligt werden können. Für manche Themenfelder ist es relativ einfach Forschungsgelder einzuwerben, weil es nur wenig bearbeitet wird und die Konkurrenz gering ist. Auf anderen Gebieten "brennt dir der Kittel" und du schreibst 10 Anträge, damit du am Ende einen genehmigt bekommst. Das ist die Realität.

Und jetzt zu deinem Tischler: Warum sollte man einer solchen Person, die nie auf einem Gebiet der Arbeit selber aktiv gearbeitet hat, die Verantwortung für ein Forschungsprogramm anvertrauen, bei dem es um Experimente an Patienten geht? Und woran willst du erkenen, daß der Forschungsantrag des Tischlers erfolgsversprechender als der von Prof. Dr. Dr. Dr. Dr. XYZ ist?

--X
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Beitrag von Alter Stubentiger »

X3Q hat geschrieben:(03 Dec 2017, 10:43)

Es sagt uns, die die Studie von Boeringer finanziert wurde; irgendwer muss die ganzen Millionen ja locker machen. Dies heißt nicht, dass dort von Boeringer gewünschte Ergebnisse bestellt und geliefert wurden.

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Ähem.....
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Alter Stubentiger »

Julian hat geschrieben:(03 Dec 2017, 11:13)

Nein, es sind nicht "wenige Hochrisikopatienten, denen Statine helfen". Es sind sehr viele Patienten, denen statistisch gesehen durch Statine geholfen wird. Der Einsatz in der Sekundärprävention ist unumstritten, d.h. bei den vielen Patienten, die beispielsweise schon einmal einen Herzinfarkt hatten. Das ist durch viele Studien und die darauf basierenden Metaanalysen belegt; es gibt eine hohe wissenschaftliche Evidenz dafür. Wenn man solchen Ergebnissen keinen Glauben schenkt, dann brauchen wir in der klinischen Medizin gar keine Wissenschaft mehr zu machen.

Im übrigen ist diese Bewertung unabhängig davon, ob der Effekt über eine Senkung des Cholesterins vermittelt wird oder nicht. Das ist eine sehr interessante Frage mit weitreichenden Konsequenzen, ändert aber nichts am Ergebnis der randomisierten Studien zu den Statinen, die eine Senkung des Risikos für kardiovaskuläre Ereignisse gezeigt haben (und nicht nur eine Senkung des Cholesterinwertes).

Auch in der Primärprävention gibt es einen Nutzen, der durch Studien belegbar ist, auch wenn er kleiner ist als bei der Sekundärprävention. Natürlich hängt es von vielen Faktoren ab, ob ein Statin ärztlich empfohlen wird oder nicht. Und das letzte Wort hat der Patient.

Hier ein Artikel, der die Hintergründe beleuchtet:
http://www.thelancet.com/pdfs/journals/ ... 1357-5.pdf

Und ja: Natürlich gibt es Interessenkonflikte, auch bei den Autoren dieses Artikels. Diese müssen jedoch offengelegt werden. Die Entwicklung von Arzneimitteln funktioniert eben nur in enger Zusammenarbeit zwischen Ärzten und pharmazeutischer Industrie. Ich wüsste nicht, wie es anders gehen sollte. Wer dazu Vorschläge hat, darf sie gerne anbringen.
Ich empfehle dir "die Cholesterinlüge". Dann weißt du was hinter den Kulissen abläuft um den Absatz von Statinen zu pushen. Und dies seit langer Zeit.

Auch zu empfehlen die Dokumentation Cholesterin, der große Bluff. Da wird auch die angebliche Evidenz der Forschung demontiert.
https://www.arte.tv/de/videos/051063-00 ... sse-bluff/

Vielleicht eröffnet dir dies mal eine ganz neue Sichtweise wie Wissenschaft pervertiert werden kann.
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von X3Q »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(03 Dec 2017, 15:56)

Ähem.....
Ja? Du wolltest etwas sagen?

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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von X3Q »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(03 Dec 2017, 16:02)

Ich empfehle dir "die Cholesterinlüge". Dann weißt du was hinter den Kulissen abläuft um den Absatz von Statinen zu pushen. Und dies seit langer Zeit. ...
Sehr komisch. Dass hier Leute einfach nur Geld machen wollen, indem sie ein Buch zu einem sensiblen Thema schreiben und dabei alles so hinbiegen damit es zur eigenen These passt - auf die Idee kommt ihr nicht.
Die Vertreter der Cholesterinlüge verkennen grundsätzlich alle großen epidemiologischen Studien. Entweder werden diese Studien nicht zur Kenntnis genommen oder falsch dargestellt.

Die S4-Studie aus Skandinavien (Scandinavian Simvastatin Survival Study, Lancet 1994).
Die Studie zeigte die Bedeutung der Cholesterinsenkung durch Statine bei Patienten, die bereits eine koronare Herzkrankheit hatten. Über 4400 Patienten wurden in zwei Gruppen unterteilt, die Eine erhielt ein Placebo, die Andere Simvastatin. Bei der Simvastatin-Gruppe sanken das Gesamtcholesterin um 25 %, LDL-Cholesterin um über 34 %, zugleich verringerte sich die Häufigkeit des Infarkttodes um über 40%. In der Kontrollgruppe starben 189 Menschen gegenüber 111 in der Behandlungsgruppe. Auch die gesamte Sterblichkeit ging zurück (–30 %) sowie Herzkomplikationen (–34 %) und Schlaganfälle (–30 %).

Weitere Studien wie die CARE-Studie, die LIPID-Study Group und die Heart Protection Study haben das nur noch bestätigt. Solche unseriösen Bücher und Dokumentation führen nur zur Verunsicherung von Patienten. Was passiert, wenn Patienten aus einer Verunsicherung heraus die Medikation mit Statinen selbstständig abbrechen, hat eine Dänische Studie herausgearbeitet. Die Patienten sind dann vermehrt am Herzinfarkt gestorben.

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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Julian »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(03 Dec 2017, 16:02)

Ich empfehle dir "die Cholesterinlüge". Dann weißt du was hinter den Kulissen abläuft um den Absatz von Statinen zu pushen. Und dies seit langer Zeit.

Auch zu empfehlen die Dokumentation Cholesterin, der große Bluff. Da wird auch die angebliche Evidenz der Forschung demontiert.
https://www.arte.tv/de/videos/051063-00 ... sse-bluff/

Vielleicht eröffnet dir dies mal eine ganz neue Sichtweise wie Wissenschaft pervertiert werden kann.
Und ich empfehle dir wiederum Artikel, die sich kritisch mit dieser Dokumentation auseinandersetzen, denn: nur weil etwas im Fernsehen kommt, muss es noch nicht wissenschaftlich evident sein.
Was dort, auf einem öffentlich-rechtlichen Sender, über 80 Minuten Länge geboten wird, gleicht eher einem Kreuzzug von Glaubensrittern als einer kritischen Recherche.
Zu Wort kommen ausschliesslich Personen, die der sogenannten «Cholesterin-Lüge» das Wort reden oder diese mit ihren Aussagen zu stützen scheinen.
[...]
Gut belegt ist ferner, dass eine Behandlung mit Statinen vor Herzinfarkten schützt – und zwar umso nachhaltiger, je cholesterinreicher das Blut ist. Das konnten unzählige Studien zeigen. Dass diese alle getürkt sein sollen, wie in der Arte-Sendung insinuiert, gemahnt schon fast an die Verschwörungstheorien eines Donald Trump.

Selbst die in Sachen Evidenz sattelfeste Cochrane-Collaboration, die schon viele allzu vollmundige Behauptungen als solche entlarvt hat, bescheinigt den Statinen eine nutzbringende Wirkung, und das bei überschaubaren Risiken.
https://www.nzz.ch/wissenschaft/medizin ... -ld.125734
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Maltrino »

X3Q hat geschrieben:(03 Dec 2017, 14:34)

Die Kommerzialisierung des Gesundheitswesen hat ihre Schattenseiten, das will ich gar nicht abstreiten. Aber warum kann man die Studie zur Krebsporphylaxe durch Brokkolie nicht einsehen?


...

--X
Ach, guck doch selbst, du wirst ja bestimmt sowieso sagen, dass das alles total super und seriös ist, da ja Uni Heidelberg drüber steht:

https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/ ... 688.0.html

Und wenn ich dir vergleichbares auf der "Zentrum der Gesundheit" Seite verlinke, einem dubiosen Machwerk der Alternativmedizin, dann findest du das wohl unseriös:

https://www.zentrum-der-gesundheit.de/s ... bs-ia.html

Hier noch etwas:

https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/ ... 800.0.html

Und hier die Webseite einer Firma die die Studium finanziell unterstützt, und die rein zufällig Sprossen herstellt, welch Überraschung:

http://www.deitersundflorin.de/

Ich sag ehrlich, ich habe keine Ahnung wie ich das deuten soll, ich habe auch keine Ahnung ob die Studien wirklich so aussagekräftig sind, oder ob einfach nur die Studien die keine Wirkung zeigten untern Tisch gewandert sind und nur die erfolgreichen Studien herangezogen werden. Kannst ja alles nachprüfen.

Ich will damit nur zeigen wie sich die Grenzen verwischen, und wie aus einer Aussage, die vor kurzen bestimmt noch den Charakter einer "Hokuspokus Quacksalber Medizin" hatte (Brokolli bekämpft Krebs) plötzlich eine "total seriöse" Sache wird, nur weil eben "renommierte Kliniken" da Studien machen.

Genauso kannst du sehen, dass in den blauen Broschüren der "renommierten" Deutschen Krebsgesellschaft "Werbung" für die "ketogene Diät" gemacht wird. Kann ich auch nicht beurteilen was da dran ist, ich weiß nur, dass es Reihenweise Patienten gibt die nun diese Ernährungsform machen oder auf Kohlenhydrate verzichten weil sie in diesen "seriösen" Broschüren, die im Krankenhaud liegen, gelesen haben, dass "Krebszellen Zucker lieben".

Und wenn demnächst eine Studie gemacht wird dessen Resultat dann ist "Leute die vor dem Fernseher einschlafen haben weniger oft Krebs als Leute die das nicht tun", dann steht in solchen Broschüren dann "Erste Studien deuten darauf hin, dass Fernsehen gesund ist…"?

Naja, keine Ahnung. Aber wenn du das alles so super findest… Dann braucht sich ja niemand mehr um Medizin kümmern, läuft ja alles.


X3Q hat geschrieben:(03 Dec 2017, 14:34)

...

Und jetzt zu deinem Tischler: Warum sollte man einer solchen Person, die nie auf einem Gebiet der Arbeit selber aktiv gearbeitet hat, die Verantwortung für ein Forschungsprogramm anvertrauen, bei dem es um Experimente an Patienten geht? Und woran willst du erkenen, daß der Forschungsantrag des Tischlers erfolgsversprechender als der von Prof. Dr. Dr. Dr. Dr. XYZ ist?

--X

Im Extremfall kannst du es vorher nicht erkennen. Was ist wenn: Allein der Tischler und der Dr. Dr. Professor sind intellektuell in der Lage das Problem zu erkennen. Niemand anderes ist in der Lage das alles zu begreifen. Was geschieht? Der Professor legt toll aussehenede Unterlagen auf den Tisch und sagt was er schon alles gemacht hat und kriegt den Auftrag. Aber: Wenn wir in der Lage wären den Tischler und den Professor unter perfekten Wettbewerbsbedingungen zu testen, mit einer Zeitmaschine wo sie exakt das gleiche Experiment an Patienten machen, dann würden wir sehen, dass der Tischler vielleicht mehr Erfolg hat.

Das Problem habe ich aber auch schon beschrieben: Die Wissenschaft hat dann seine Grenzen.

Wenn die Problemstellung heißt: "Heile die Weltbevölkerung von Masern", dann kann man nicht 20 Teams ran lassen und dann gucken welches Erfolg hat. Man muss vorher auswählen. Ich sage nicht, dass ich die perfekte Lösung für dieses Dilemma habe, ich sage nur, dass es ein Dilemma ist.

Das Dilemma sieht ungefähr so aus: Im Ernstfall X lässt man Leute ran die sich im Probefall Y bewiesen haben. Ich weiß aber nicht, dass diese Leute, die das Problem Y gelöst haben auch X lösen können. +

Warum wurden Franz Beckenbauer und Rudi Völler Teamchef? Sie hatten keine Trainerausbildung, hatten nichts vorzuweisen was sie dafür befähigt. Es gab hinderte Leute, die ein tolles Trainerzertifikat vorweisen konnten. Beckenbauer und Völler konnten dies nicht. Die Verantwortlichen (und die Öffentlichkeit..) haben sie trotzdem bevorzugt, weil sie davon ausgingen, dass diese unausgebildeten "Trainer" im Ernstfall erfolgreicher sein werden als alle ausgebildeten Trainer. Nun kann man sagen "Fußball ist ja nur ein Spiel, da kann man das mal ausprobieren". Aber man kann auch sagen: Fußball ist in Deutschland so wichtig, dass man die Prinzipien über den Haufen warf weil man davon ausging dass der "Retter" nicht von der Trainerschule kommt sondern einer ist der aus der Beobachtung heraus Erfahrung gesammelt hat und einfach die Persönlichkeit hat.

Auch hier wieder das Dilemma: Wir können nicht 100 Trainer nacheinander die WM 2002 betreuen lassen und dann wissenschaftlich auswerten welcher Trainer am erfolgreichsten war. Die WM 2002 fand nur einmal statt. Und dies wusste man. Und man wusste auch, dass es ganz viele Trainer gibt, die ein hervorragendes Zeugnis in der Trainerausbildung bekommen hatten. Trotzdem hat man Rudi Völler genommen.

Das selbe passiert inzwischen in der Medizin. Vor einigen Monaten hatte ich Kontakt zu einer Patientin. Sie berichtete mir, dass ihr Lungenfacharzt (der wahrscheinlich ganz viele Zertifikate hat) sie an der Lunge operieren will um zu gucken ob sie Lungenkrebs hat. Ich als Laie, der aber Beobachtungen in diesem Bereich gemacht hat und die Gesamtgeschichte der Patientin kannte, sagt ihr "Geh da lieber nicht hin, geh lieber zu folgender Klinik, ich wette mit dir die sagen dir etwas anderes". Und sieh da, die andere Klinik hat gesagt "Um Gottes Willen, sie müssen jetzt doch nicht an der Lunge operiert werden, wir wissen doch aus dem Gesamtzusammenhang was bei Ihnen los ist!". Sie hat sich also nicht vom hochdekorierten Lungenfacharzt an der Lunge operieren lassen und ich gehe mal davon aus, dass es richtig war, auch wenn ich es nie 100% beweisen kann, da dieser Fall so nur einmal geschieht.

Was ist also geschehen? Auch in diesem Fall hat die Patienten es also bevorzugt auf den Rat eines "Laien" zu hören und den Rat eines "Fachmannes" zu ignorieren bzw. zu hinterfragen. Der Lungenfacharzt war zwar viel umfassender ausgebildet als ich, hatte viel mehr vorzuweisen was die Behandlung von Sachen an der Lunge angeht. Trotzdem suchte die Patientin Rat bei mir weil sie offenbar davon ausging, dass meine spezielle Erfahrung oder vielleicht auch meine Persönlichkeit hilfreich sein wird in diesem speziellen Fall richtig zu handeln. Und wie es aussieht war es auch richtig, aber wir können es nicht 100% beweisen. Es ist theoretisch möglich, dass der Lungenfacharzt recht hatte und sich (zusätzlich zu den anderen Erkrankungen der Patientin) in der Lunge noch ein völlig neuer Lungenkrebs gebildet hat. Es deutet aber, auch nach Meinung der anderen Klinik, nichts darauf hin.

So: Wer ist jetzt deiner Meinung nach dafür geeignet diese Patientin, in diesem Spezialfall, zu behandeln, bzw. zu beraten? Der Fachmann für Lungenerkrankungen? Die Klinik die auf die anderen Erkrankungen spezialisiert ist, die auf die Lunge ausgestrahlt haben? Oder Ich, der zwar keine Ausbildung habe, aber einen fast gleichwertigen Fall erlebt habe und deshalb Erfahrungswerte habe, die weder die Klinik, noch der Facharzt hat, da so ein Fall sehr selten ist? Was sagt die Wissenschaft? Was sagt das System? In dem Moment wo sie in der Obhut des Lungendacharztes war, war er eigentlich der vom System auserkorene, um sie zu behandeln. Allein er hat eine umfassende Ausbildung über Lungenerkrankungen aller Art erhalten. Ich nicht, die andere Klinik, die eher andere Erkrankungen behandelt, auch nicht. Trotzdem hat die Patienten einen anderen Weg gewählt. Noch komplizierter wäre die Sache gewesen wenn die andere Klinik keine Meinun dazu gehabt hätte oder wenn sie bei der anderen Klinik keinen rechtzeitigen Termin bekommen hätte. Dann hätte die Patientin zwischen dem Rat des Lungenfacharztes und meinem Rat entscheiden müssen. Und nur weil es so eine wichtige Entscheidung war ist sie überhaupt auf die Idee gekommen so jemanden wie mich zu fragen.

Was ich zeigen will: Auch hier versagt die "wissenschaftliche Methode", versagt das "System", da der Einzelfall, der Spezialfall, nicht simulierbar ist. Die beste Lösung wäre gewesen, man multipliziert die Patientin, lässt eine vom Lungenfacharzt operieren, eine von mir, und eine nur von der anderen Klinik und guckt dann welche am längsten lebt und am wenigsten Nebenwirkungen hat. Das ist aber nicht möglich.

Aber du siehst auch hier: Gerade wenn eine Sache ähnlich wichtig ist wie die Fußballnationalmannschaft, also sehr wichtig, misstrauen die Entscheidungsträger dem System und sind bereit Laien ranzulassen, denen sie zutrauen diesen Spezialfall zu lösen. Im Fußballbund gab es zumindest halbwegs ein System für diesen Fall wo es Verantwortliche gab, die eine Entscheidung treffen konnten. In der Medizin wird diese Entscheidung völlig dem Patienten überlassen, der völlig auf sich alleine gestellt ist.

Was ist beim Fußballbund geschehen? Es gab zumindest noch eine Stelle die regulär darüber entscheiden konnte ob man einen Fachmann von der Trainerschule nimmt, oder einen "Laien" wie Völler. Sowas gibt es auch in der Politik. Nennt sich Politiker. Der gewählte Politiker entscheidet ob man im Ernstfall den "Fachleuten" vertraue oder seinem Bauchgefühl. In der Medizin ist dieser Fall nicht institutionalisiert. Die Einbindung von "wissenden Laien" ist zum Beispiel nicht im Medizinbetrieb vorgesehen. Bedeutet, dass die Patienten, vor allem die mit seltenen Erkrankungen, im Internet selber nach Rat suchen, wo niemand weiß ob sie an Quacksalber oder ehrlich helfende Leute geraten.

So, deiner Meinung nach ist das alles bei uns super gelöst. Meiner Meinung nach nicht. Die Patientin wäre, wenn sie mich nicht kontaktiert hätte, kurz vor einer anderen wichtigen Behandlung völlig unnötig an der Lunge operiert wurden. Sie hätte vielleicht sogar frische Narben in der Lunge gehabt und das was in der anderen Klinik vorgesehen war wäre dadurch unmöglich geworden. Nur dadurch, dass ein Laie eingeschaltet wurde, der darauf gedrängt hat vorher nochmal die andere Klinik zu besuchen (obwohl sie dort ständig abgewiesen wurde) hat sich alles geändert. Für dieses Zusammenspiel gibt es bei uns keinerlei System.

Ein anderer Patient, der nicht im Internet nachgeforscht hätte, hätte dem Kungenfacharzt vertrauen müssen, hätte sich operieren lassen und wäre danach zu der anderen Klinik gefahren die aus allen Wolken gefallen wäre.

Nun wirst du wieder sagen, ja solche einzelnen Sachen passieren halt, aber das System ist super. Nein, ist es nicht. Das ist der Normalfall. Es gibt den Medizinbetrieb, es gibt den Wissenschaftbetrieb. Beides funktioniert nach eigener Logik. Davor steht der Patient, er muss völlig auf sich alleine entscheiden ob er dem folgt was ein Mediziner sagt, oder ob er auf den Rat von "Laien" hört. Es gibt nicht mal eine Stelle oder Organisation, die ihm dabei hilft. Die Entscheidung im Einzelfall, läuft quasi chaotisch ab. Es gibt zum Beispiel niemanden der den Überblick hat. Lungenfacharzt und die andere Klinik haben quasi in diesem Fall völlig aneinander vorbeigearbeitet und völlig andere Strategien verfolgt. Es gab aber nur einen Patienten und nicht zwei. Diese eine Patientin konnte natürlich nicht zwei völlig unterschiedliche Strategien verfolgen sondern musste sich entscheiden. Beide Wege waren für sich gesehen "wissenschaftlich korrekt". Aber im Einzelfall musste sich die Patientin entscheiden. Eine Entscheidung die absolut nicht geordnet oder "planvoll" ablief sondern gekennzeichnet war von vielen Zufällen. Was wäre passiert wenn ich an dem Abend vor der geplanten Operation nicht zufällig in den Computer geschaut hätte. Sie wäre operiert wurden. Aber weil ich in den Computer schaute ist sie ohne Termin zur anderen Klinik gefahren wo der Oberarzt gesagt hat "Um Gottes Willen, Sie lassen sich jetzt nicht an der Lunge operieren! Wir wissen doch was da los ist!". Und das ist das tolle System? Oder wäre es nicht besser wenn es zum Beispiel übergeordnete Stellen oder Organisationen gibt, deren einzige Aufgabe es ist, den Überblick zu behalten?

Meine Meinung:

Wir haben vielleicht einige gute Wege gefunden grundsätzlich wissenschaftliche Aussagen zu formulieren (Wobei ich selbst das oft bezweifel). Wir haben aber keinerlei Weg gefunden im Einzelfall (für den es keine wissenschaflichen Aussagen gibt) eine Entscheidungsstruktur oder Hilfestellung zu entwickeln. Niemand wird je zu 100% beweisen können ob ich und die andere Klinik recht hatten oder ob vielleicht doch der Lungenfacharzt recht hatte und eine Probenentnahme unter Vollnarkose Erkenntnisse gebracht hätte die der Patientin geholfen hätten. Niemand wird je beweisen können dass die eine oder andere Vorgehensweise ihr Leben verlängert hätte. Trotzdem müssen für solche Einzelfälle Entscheidungen getroffen werden. Ist die Einbeziehung von "Laien", die zwar keine Fachausbildung haben, aber vielleicht einen Überblick oder spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten also eine Gefahr, die verhindert werden muss? Oder eine Rettung für viele?

Wie geht man vor wenn man eine Entscheidung für einen Einzelfall treffen muss, wo es unmöglich ist mit Hilfe von Wissenschaftlichen Methoden (Problem der nicht möglichen Reproduzierbarkeit im Einzelfall) die richtige Entscheidung herauszufinden? Darauf hat unser System keine Antwort. Die Folge ist, dass Patienten verzweifelt im Internet suchen und viele Entscheidungen von Zufällen geprägt sind und überhaupt nicht von Wissenschaft.
Wie ihr seht, habe ich jetzt auch ein Profilbild wo das Portrait eines großen politischen Denkers aus der Vergangenheit abgebildet ist. Damit ist jetzt jede meiner Aussagen wahr und absolut seriös.
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von X3Q »

Maltrino hat geschrieben:(04 Dec 2017, 04:46)
Ach, guck doch selbst, du wirst ja bestimmt sowieso sagen, dass das alles total super und seriös ist, da ja Uni Heidelberg drüber steht:
Was willst du eigentlich? Du schreibst selber, daß kein Patient die Studien (zur Wirksamkeit von Brokkoli bei Krebs) nachprüfen kann. Und dann gehe ich auf die von dir verlinke Seite und was finde ich da? Zig Literaturhinweise ... . Also kann man als Patient diese Behauptungen sehrwohl nachprüfen und deine Behauptung ist so einfach falsch PUNKT.
Und hier die Webseite einer Firma die die Studium finanziell unterstützt, und die rein zufällig Sprossen herstellt, welch Überraschung:
So what? Würde diese Information nicht angegeben werden, würdest du hier Amok laufen. Jetzt wird sie angegeben und es ist auch nicht richtig? In vielen Fachzeitschriften ist es mittlerweile Pflicht Angaben zu möglichen Interessenskonflikten zu machen; und dazu gehören unter anderem auch die Finanziers einer Studie. Nur weil die Studie jetzt irgendwelchen Sprossen eine positive therapeutische Wirksamkeit gescheinigt und diese auch noch von einer Firma bezahlt wird, welche mit dem Verkauf solcher Sprossen ihr Geld verdient, stellst du die Ergebnisse in Frage? Gefälligkeitsgutachten? Zumindest kann man deine Anmerkung "welch Überraschung" so interpretieren. Mit solchen Unterstellungen werden die an der Studie beteiligten Forscher und Ärzte pauschal diskreditiert; sind ja sowieso alles Verbrecher.
Ich sag ehrlich, ich habe keine Ahnung wie ich das deuten soll, ich habe auch keine Ahnung ob die Studien wirklich so aussagekräftig sind, ...
Ach so. Du kannst du Studien nicht bewerten aber die Tatsache, daß eine Firma die Studie bezahlt hat? Das nenne ich mal konsequent ...
Naja, keine Ahnung. Aber wenn du das alles so super findest… Dann braucht sich ja niemand mehr um Medizin kümmern, läuft ja alles.
Ich habe weder gesagt, daß ich alles super finde, noch daß sich ab jetzt Niemand mehr um Medizin kümmern braucht. Höre bitte damit auf mir Aussagen in den Mund zu legen, die ich nicht getätigt habe. Das nervt. Danke.
Wenn wir in der Lage wären den Tischler und den Professor unter perfekten Wettbewerbsbedingungen zu testen, mit einer Zeitmaschine wo sie exakt das gleiche Experiment an Patienten machen, dann würden wir sehen, dass der Tischler vielleicht mehr Erfolg hat.
Was soll das bringen? Wenn das Experiment das Gleiche ist, dann wird sich am Ergebnis nichts ändern!
Wenn die Problemstellung heißt: "Heile die Weltbevölkerung von Masern", dann kann man nicht 20 Teams ran lassen und dann gucken welches Erfolg hat. Man muss vorher auswählen.
Und nach welchen Kriterien willst du deine Auswahl treffen?
Warum wurden Franz Beckenbauer und Rudi Völler Teamchef? Sie hatten keine Trainerausbildung, hatten nichts vorzuweisen was sie dafür befähigt. Es gab hinderte Leute, die ein tolles Trainerzertifikat vorweisen konnten. Beckenbauer und Völler konnten dies nicht. Die Verantwortlichen (und die Öffentlichkeit..) haben sie trotzdem bevorzugt, weil sie davon ausgingen, dass diese unausgebildeten "Trainer" im Ernstfall erfolgreicher sein werden als alle ausgebildeten Trainer.
Völlig verquer. Wenn man etwas falsch darstellt und daraus Schlüsse zieht, sind diese sehr wahrscheinlich falsch.
Was ich zeigen will: Auch hier versagt die "wissenschaftliche Methode", versagt das "System", da der Einzelfall, der Spezialfall, nicht simulierbar ist. ...
Da hat jetzt ein Lungenarzt scheinbar einen Fehler gemacht und du stellst alles in Frage? Bitte, kann man machen. Ist mir persönlich zu billig. Nur, dein Hinweis zu einer anderen Klinik zu gehen ist noch keine Behandlung. Dein Ratschlag, einen anderen Arzt zu fragen, eine 2. Meinung einzuholen, haben auch schon meine Großeltern gegeben und die hatten nie Amnitionen klinische Studien leiten zu wollen.

Aber du siehst auch hier: Gerade wenn eine Sache ähnlich wichtig ist wie die Fußballnationalmannschaft, also sehr wichtig, misstrauen die Entscheidungsträger dem System und sind bereit Laien ranzulassen, denen sie zutrauen diesen Spezialfall zu lösen. Im Fußballbund gab es zumindest halbwegs ein System für diesen Fall wo es Verantwortliche gab, die eine Entscheidung treffen konnten. In der Medizin wird diese Entscheidung völlig dem Patienten überlassen, der völlig auf sich alleine gestellt ist.
So, deiner Meinung nach ist das alles bei uns super gelöst.
Habe ich nicht behauptet.

--X
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Alter Stubentiger »

X3Q hat geschrieben:(03 Dec 2017, 18:04)

Ja? Du wolltest etwas sagen?

--X
Stell dir vor Boeringer bestellt eine Studie. Und das Ergebnis ist negativ. Würdest du als CEO noch mal eine Studie bei diesem Institut bestellen?
Da ist ein Fehler im System. Man kann ihn sehen oder die Augen zumachen.
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von X3Q »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(04 Dec 2017, 16:05)

Stell dir vor Boeringer bestellt eine Studie. Und das Ergebnis ist negativ. Würdest du als CEO noch mal eine Studie bei diesem Institut bestellen?
Da ist ein Fehler im System. Man kann ihn sehen oder die Augen zumachen.
Warum nicht, so lange die Studie fachgerecht durchgeführt wurde? Untersuchungen mit negativem Ergebnis sind keine Seltenheit, sie sind die Regel.

--X
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Alter Stubentiger »

X3Q hat geschrieben:(03 Dec 2017, 19:09)

Sehr komisch. Dass hier Leute einfach nur Geld machen wollen, indem sie ein Buch zu einem sensiblen Thema schreiben und dabei alles so hinbiegen damit es zur eigenen These passt - auf die Idee kommt ihr nicht.
Die Vertreter der Cholesterinlüge verkennen grundsätzlich alle großen epidemiologischen Studien. Entweder werden diese Studien nicht zur Kenntnis genommen oder falsch dargestellt.

Die S4-Studie aus Skandinavien (Scandinavian Simvastatin Survival Study, Lancet 1994).
Die Studie zeigte die Bedeutung der Cholesterinsenkung durch Statine bei Patienten, die bereits eine koronare Herzkrankheit hatten. Über 4400 Patienten wurden in zwei Gruppen unterteilt, die Eine erhielt ein Placebo, die Andere Simvastatin. Bei der Simvastatin-Gruppe sanken das Gesamtcholesterin um 25 %, LDL-Cholesterin um über 34 %, zugleich verringerte sich die Häufigkeit des Infarkttodes um über 40%. In der Kontrollgruppe starben 189 Menschen gegenüber 111 in der Behandlungsgruppe. Auch die gesamte Sterblichkeit ging zurück (–30 %) sowie Herzkomplikationen (–34 %) und Schlaganfälle (–30 %).

Weitere Studien wie die CARE-Studie, die LIPID-Study Group und die Heart Protection Study haben das nur noch bestätigt. Solche unseriösen Bücher und Dokumentation führen nur zur Verunsicherung von Patienten. Was passiert, wenn Patienten aus einer Verunsicherung heraus die Medikation mit Statinen selbstständig abbrechen, hat eine Dänische Studie herausgearbeitet. Die Patienten sind dann vermehrt am Herzinfarkt gestorben.

--X
4 der 5 Studien sind uralt. Was bei diesen Studien alles falsch lief und was man bewusst ignoriert hat wird in "Cholesterin- der große Bluff" , lief auf ARTE, erschöpfend behandelt.

Dann erkennst du auch das du es bist der Studien falsch interpretiert und darstellst. Entschuldige bitte dass ich auf eine Dokumentation verweise. Schließlich bin ich kein Wissenschaftler. Die Leute die da zu Wort kommen aber schon. Die können dass also viel besser erklären. Die Dokumentation ist immer noch online zu betrachten.
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Alter Stubentiger »

X3Q hat geschrieben:(04 Dec 2017, 16:13)

Warum nicht, so lange die Studie fachgerecht durchgeführt wurde? Untersuchungen mit negativem Ergebnis sind keine Seltenheit, sie sind die Regel.

--X
Ich finde dich ziemlich unkritisch. Habe doch eben erst geschrieben was bei den Lipobay Tests ans Tageslicht kam. Woher dass blinde Vertrauen in eine Industrie die mehr Geld für Werbung als für Forschung ausgibt.
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von X3Q »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(04 Dec 2017, 16:18)

4 der 5 Studien sind uralt.
2004 ist uralt? Was für ein ausgemachter Blödsinn. Und wenn Statine wirkungslos sind, wie erklärst du dann die Dänischen Befunden von 2016? Und nein, in der Arte-Dokumentation wird wird eben nicht erklärt, was z.B. bei der Framingham-Studie oder der 4S-Studie methodisch falsch gelaufen ist. Das bildest du dir nur ein, weil bei dir im Kopf alles quer durcheinander geht. Diese Studien werden zwar erwähnt, mehr aber auch nicht. Methodisch werden nur die ersten Studien kritisiert, was auch völlig korrekt ist. Die reiten lieber gerne auf ihren French-Paradox rum, was bei genauerer Betrachtung allerdings die Cholestrin-These eben nicht wiederlegt sondern sie eher bestätigt.

Was der eine Herr dort zu den Fibraten sagt, ist so dermaßen verkürzt, daß es falsch wird. Ebenso der Prof. de Logeril, der zum Ende hin etwas zu einer Abbildung aus BMJ aus dem Jahre 2004 erzählt. Wenn man sich den Originalartikel anschaut, dann muss man leider konstatieren, daß die von de Logeril gemachten Aussagen/Interpretationen einfach nicht passen. Ich weiß jetzt nicht ob er das mit Absicht macht oder ob dies durch den Zusammenschnitt des Films passiert, weil seine Aussagen dadurch verfälscht dargestellt werden. Es ist auf jeden Fall so nicht korrekt.

--X
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Maltrino »

X3Q hat geschrieben:(04 Dec 2017, 10:49)

...

Da hat jetzt ein Lungenarzt scheinbar einen Fehler gemacht und du stellst alles in Frage? ...

--X
Ich fürchte es ist so: Der Lungenarzt hat gar KEINEN Fehler gemacht. Vor jeder Gerichtsverhandlung wäre er durchgekommen. Er hat aufgrund der Datenlage wahrscheinlich völlig richtig gehandelt. Wenn ein Lungenfacharzt so ein Röntgenbild sieht, muss er normalerweise davon ausgehen, dass dies zu 99% Lungenkrebs ist. Selbst wenn die Patientin sagt sie hat zusätzlich noch Schilddrüsenkrebs, dann ist es im Normalfall fast unmöglich, dass Lungenmetastasen so einen Schatten auf der Lunge im Röntgenbild ergeben. Er hat also alles was er gelernt hat völlig richtig angewendet. Das Problem war nur: Durch eine Voruntersuchung (Szintigrafie) hatte man herausgefunden, dass exakt an dieser Stelle, wo der Schatten zu sehen ist, radioaktives Jod gespeichert wird. Durch diese Voruntersuchung wusste man also, dass es nahezu 100% sicher ist, dass diese "Schatten" auf der Lunge Schilddrüsenkrebsmetastasen sind und dass keine weitere Diagnostik mehr notwendig ist.

Nochmal: Der Lungenfacharzt hat für sich gesehen vollkommen richtig sein Wissen angewandt, dass normalerweise in 99,9999999% aller Fälle so ein Schatten nichts mit dem Schilddrüsenkrebs zu tun hat. In diesem speziellen Einzelfall hatte man aber, durch eine vorige Untersuchung in einer anderen Klinik, die nahezu 100% Gewissheit, dass es doch so ist. Das ist ein Systemfehler, dass dieses Wissen nicht dort angelangt ist wo es hingehört hätte. Ich denke sogar: 90% der Lungenfachärzte hätten genauso gehandelt.
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Re: Funktioniert so Wissenschaft?

Beitrag von Maltrino »

Ja gut, sorry dass ich versucht hab reale Probleme anzusprechen, die das Leben von Menschen in der Realität verändern. Und jetzt schnell zurück zum Diskutieren über Flüchtlinge oder Zinseszins.
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