Der Neandertaler hat geschrieben:(28 Sep 2018, 18:43)
Hallo Letzter_Hippie.
"Spiel nach rechts" ... nach links? Wieso? Damit würde doch nur das verstärkt, was meiner Meinung nach das jetzige Dilemma ausmacht:
- Polarisierung auf Grund einer Ideologie.
Das ist -m.E.- nicht der wirkliche Grund.
Ich persönlich halte von der rechts-links-Verortung eigentlich sehr wenig, weil sie der Komplexität der wirkenden Kräfte nicht gerecht wird. Aber um die ganze Komplexität angemessen auszubreiten, müsste ich wiederum Bücher schreiben - die dann niemand lesen würde. In einem Forum schon gar nicht. Also muss ich mir mit Begriffen behelfen, die ansatzweise nachvollziehbar sind.
Lass es mich nochmal ausführlicher versuchen: Post-68 hatten wir einen Untergrund, der weitgehend sog. "linke" Ideen vertreten hat: Kapitalismuskritik, Imperialismuskritik, Ökologie, Menschenrechte.
Diese Ideen haben sich in breiter Hinsicht etabliert, u.a. dadurch dass die Akteure ihren "Marsch durch die Institutionen" durchgeführt haben (weitere Gründe siehe [1]).
Man sagt heute -und das scheint sogar einigermaßen konsensfähig zu sein- dass die CDU-Regierung, um die Person Fr. Merkel- die Politik der CDU nach "links" bewegt hat. (Das stimmt aber auch nicht, dazu gleich.)
Das, diesen ganzen Ablauf, nenne ich "Spiel nach links".
Und da wir es hier mit Wellen-Dynamiken zu tun haben, ergeben sich daraus Korrekturkräfte, die nun in die andere Richtung, also tendenziell nach "rechts", wollen. (Das steuert niemand, das ist Eigendynamik. Das kann man auch nicht "bekämpfen".)
Entsprechend haben wir jetzt Subkulturen, die "rechte" Ideen vertreten, und die -siehe IB- das nachmachen, was zb Greenpeace vorgemacht hat - jetzt halt in die andere Richtung, Da kannst du natürlich hergehen und meinetwegen die IB verbieten. Das hilft dir aber nichts, weil du die darunterliegenden Wirkkräfte nicht verbieten kannst - die folgen einer Wellen-Dynamik, und was passiert, wenn eine Welle auf Widerstand trifft, das kann man bei jedem Tsunami sehen.
Das ganze hätte man seit 30+ Jahren vorhersehen können.
Nun zu der angeblichen "links"drift der CDU bzw. des Establishent: das stimmt natürlich nicht, auch wenn es so erscheint. Die aktuelle reale Politik ist immer noch genauso industriehörig, kapitalismusgläubig und imperialistisch wie sie immer war (wenn nicht noch mehr). ABER, das Narrativ, die
moralische Rechtfertigung der Politik nutzt heute Argumentationsmuster, die aus der linken Ecke kommen: Menschenrechte, Ökologie, Gefahren für die Demokratie, usw.
Der Grund dafür ist einfach, dass solche Argumentationen gegen Kritik immun und daher sehr praktisch sind.[1]
Die Folge ist, dass die "linken" Gesellschaftsgruppen kritisieren dass die Regierung zu weit rechts ist (und damit recht haben), und die rechten, konservativen usw. Gesellschaftsgruppen kritisieren, dass die Regierung zu weit links ist (und damit recht haben).
Folglich versagt die Kommunikation, und es gibt eine Grabenbildung und gesellschaftliche Spaltung.
Und damit hast Du Deine "Polarisierung aufgrund einer Ideologie".
[/i][/list]Dadurch, daß recht viele Informationen ... fast zu viele Informationen auf den Einzelnen einprasseln, und er dies nicht mehr adäquat einordnen kann, resigniert der Ein oder Andere und sucht letztendlich irgendwo und irgendwen, der dies kann und will. Dadurch unterliegt er aber der Gefahr, daß dies ideologisch ausgeweidet wird und er so ideologisch einseitig beeinflußt wird. Wir brauchen also nicht etwa ein paar Jahre links- und danach ein paar Jahre rechtslastige Regierungen (nebenbei: welchen Zeitraum würdest Du dann ansetzen?), sondern wir brauchen Nivellierung. Wir benötigen Ausgleich ... aber nicht im Sinne von Gleichmacherei.
Ja, das ist schön und gut, wenn Du erzählst was "wir brauchen". Aber wenn Du Bauer bist und erklärst, "wir brauchen Regen", dann interessiert das das Wetter nicht besonders, sondern es folgt seiner Eigendynamik.
Diese Spielchen hier folgen auch ihren Eigendynamiken. Und die KANN man auch verstehen - WENN man das menschliche Bewusstsein gut genug versteht. Da freilich haben sich unsere Soziologen nicht gerade mit Ruhm bekleckert - die hängen immer noch im Behaviourismus fest.
... an all dem Neuen "dranbleiben"?[/b][/i] Warum? Unser Gehirn arbeitet auch nicht so. Es filtert alles aus, was es für nicht relevant hält. Also sollte auch jeder in der Lage ... oder willens sein, ebenso vorzugehen. Stattdessen scheint es überhand zu nehmen, sich schon im vorauseilenden Gehorsam über vieles aufzuregen, was sich im Nachhinein als haltlos erweist.
... und vieles zu übersehen was hätte berücksichtigt werden müssen.
Warum? Weil du sonst nicht up-to-date bist. Jedes Jahr ein neues Smartphone was man haben muss, hunderte neuer Features die man eh nicht kapiert, darauf aufbauend neue Kommunikationstools die man nutzen muss weil man sonst "out" ist, usw.usf.
Richtig, das Hirn filtert aus. Hast Du mal überlegt, *WIE* es das tut?
Filter müssen "programmiert" werden, damit sie wissen was das relevante ist. Hast Du mal drüber nachgedacht, wie diese "Programmierung" im menschlichen Hirn funktioniert?
[1] Hintergrundbetrachtungen in diesen beiden Texten:
http://www.politik-forum.eu/viewtopic.php?f=5&t=66724
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