Ich bin jetzt 33 und habe auch erst mit Ende 20 mehr zufällig angefangen, mich intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen, weil ich seinerzeit in der Schule eben auch nur herzlich wenig darüber im Geschichtsunterricht erfahren habe (allerdings wird das auch für alle anderen Geschichtsthemen zutreffen). Wichtig waren damals nur Namen, Daten und Orte, die man in einer Klassenarbeit abfragen und benoten konnte. Fertig, nächstes Thema.
Wenn ich zurückblicke, als ich damals 14 oder 15 Jahre alt war, hätte ich die Thematik in all ihrer schwer fassbaren Logik, ihrer unmenschlichen Grausamkeit und eben auch ihrer zwingenden Bedeutung für die Zukunft - also als das, was sie heute für mich darstellt - auch ganz und gar nicht begreifen können und wollen. In dem Alter versteht man das noch nicht im notwendigen Maß; man hat andere Dinge im Kopf. Nazis, Hitler, Juden, Gaskammern, Weltkrieg - für mich zumindest waren das reine Schulthemen, die nichts mit meiner damaligen Gegenwart, meinen Interessen und meinen Vorstellungen in Einklang zu bringen waren. Ich persönlich könnte Jugendlichen nicht böse ein, die nichts mit dem Thema anzufangen wissen - auch nicht Lehrern, die es nicht entsprechend vermitteln können. Die haben ja auch nur ihren Lehrplan, den sie einhalten müssen.
Keine Ahnung, was es mit mir gemacht hätte, wäre ich damals mit Bildern von den Zuständen in den Konzentrationslagern usw. konfrontiert worden - mit 15 habe ich von einer Freundin Stephen Kings "Es" ausgeliehen bekommen und gelesen - und habe mich dann wochenlang vor allem und jedem Geräusch gefürchtet. Gut, ich habe es "überlebt", mittlerweile macht mir derartiger Horror nichts mehr aus. Die Neuverfilmung von "Es" fand ich entsetzlich langweilig. Würde es mir mit Auschwitz & Co heute vielleicht auch so gehen, wäre das Thema in der Schule knallhart, ohne Gnade und mit all seinen schrecklichen Details durchgenommen worden? Gute Frage!
Doch, ich bin irgendwie froh, dass ich erst viel später und aus Eigenantrieb auf das Thema gestossen bin - und es mich bislang immer wieder aufs neue erschreckt, verstört und alamiert. Und eben nicht nur eine Schulnote davon übrig geblieben ist...
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Zum eigentlichen Threatthema auch noch kurz was von mir:
Ich bin irgendwie zwiegespalten. Einerseits denke ich ich, der Protest, die Kritik und die Verurteilungen sind völlig angebracht und nötig - ebenso wie Konsequenzen. Andererseits finde ich aber auch, dass dem Echo und diesen rappenden Hanseln viel zu viel Aufmerksamkeit und somit auch unverdiente PR beigebracht wird.
"Man kann auf seinem Standpunkt stehen, aber man sollte nicht darauf sitzen." Erich Kästner