Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

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frems
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(18 Dec 2016, 23:12)

Na, diese Entwicklung kann ich ganz gut verstehen, wenn ich mich an viele Diskussionen am Arbeitsplatz über Ing. grad und Dipl.Ing erinnere. Wenn der höhere Abschluß mit vertretbarem Aufwand zu erreichen ist... was soll da die "amtliche Begrenzung" auf den Bachelor? Dann müßten die Mühen bis zum Master schon so hoch liegen, der Zeitaufwand so groß sein, daß eben die 2/3 sich mit dem Bachelor zufrieden geben.

Wichtig ist doch, daß der Arbeitsmarkt mit spielt. Letztendlich, Wissenschaften hin oder her, entscheidet doch der Arbeitsmarkt darüber, mit welchen Abschlüssen die jungen Leute sich ins Getümmel wagen. Nach 10 Jahren engagierter Arbeit im Beruf sind viele Anfangsunterschiede längst eingeebnet.
Stimmt. Wenn ich mich recht entsinne, studierte man an Ingenieurschulen drei Jahre für den Ing., wovon viele später zum Dipl.-Ing. (FH) nachdiplomiert wurden, da aus diesen Schulen viele Fachhochschulen gemacht wurden. Der Abschluss war aber weiterhin unter dem Dipl.-Ing. der Unis und berechtigte bspw. nicht zur Promotion.

Gefährliches Halbwissen: die Begrenzung war ein Kompromiss. Einige Länder wollten komplett feste Zeiträume, da dies einen Hochschulwechsel erleichtert und mehr Transparenz bietet. Andere Länder bevorzugten wiederum mehr Autonomie, da sie der Meinung waren, dass man nicht so pauschal sagen könne, dass Studiendauer X für alle Fächer die optimale Zeit wäre. Also einigte man sich auf 6-8 Semester für den ersten Abschluss und insgesamt 10 bis zum zweiten. Das sind, wie gesagt, nur die Regelzeiten. Wie lange ein Student dann tatsächlich benötigt, steht auf einem anderen Blatt.

Aber ja, man könnte die Ansprüche nochmal drastisch hochsetzen. Ob das irgendwem nützt, würde ich aber bezweifeln.
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H2O
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(18 Dec 2016, 23:26)
...
... man könnte die Ansprüche nochmal drastisch hochsetzen. Ob das irgendwem nützt, würde ich aber bezweifeln.
Damit ist niemandem gedient, wenn die heran gebildeten jungen Leute die Erwartungen des Arbeitsmarkts erfüllen. Schlimm wäre die Sache nur, wenn deutsche Personalchefs massenweise Fachleute vom Internationalen Markt "einkauften", weil diese Qualifikationen hier nicht ausgebildet werden. Dann hätten aber etliche Leute in politischer Verantwortung sehr hartnäckig geschlafen!
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(18 Dec 2016, 23:35)

Damit ist niemandem gedient, wenn die heran gebildeten jungen Leute die Erwartungen des Arbeitsmarkts erfüllen. Schlimm wäre die Sache nur, wenn deutsche Personalchefs massenweise Fachleute vom Internationalen Markt "einkauften", weil diese Qualifikationen hier nicht ausgebildet werden. Dann hätten aber etliche Leute in politischer Verantwortung sehr hartnäckig geschlafen!
Wenn wir die Zahl künstlich verknappen, um das Ziel 33% zu erreichen, wird das jedenfalls nicht zu mehr Masterabsolventen führen. Bei den absoluten Spitzenkräften schaut man hingegen eh global. Und so schlecht scheinen die deutschen Absolventen nicht anzukommen, wenn man auf die Gehälter schaut. In Bayern gab's mal eine Umfrage unter Absolventen:
Mehr als 90 Prozent der Bachelorabsolventen in Betriebswirtschaftslehre, Informatik und den Ingenieurwissenschaften finden demnach nach ihrem Abschluss zügig eine erste Stelle. Dabei verdienen Bachelorabsolventen beim Berufseinstieg fast ebenso viel wie Diplomabsolventen – und Masterabsolventen verdienen zu Beginn sogar teilweise deutlich mehr. [...]

Heubisch räumte aber ein, dass es dennoch "Entwicklungspotenzial" gebe – etwa wenn es darum gehe, wie der Bachelor von den Studenten selbst gesehen werde. "Wir müssen die Wahrnehmung des Bachelor als ersten berufsqualifizierenden Abschluss weiter stärken und Vorurteilen entgegentreten", sagte er.
https://www.welt.de/regionales/muenchen ... anden.html

Bei den Geisteswissenschaften sei es schwieriger, aber das kam nicht erst mit den neuen Abschlüssen.
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von frems »

Nochmal etwas zum Thema:

Liebling der Wirtschaft
Welche Chancen haben Bachelor-Absolventen auf dem Jobmarkt? Unternehmen und Wirtschaftsverbände loben den Abschluss, die Studierenden aber sind misstrauisch.

http://www.zeit.de/wirtschaft/2017-04/b ... ettansicht
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von Kael »

Der einzige Grund warum ich mein Master Studium mache ist, weil ich das Wort Bachelor ekelhaft finde
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von frems »

Kael hat geschrieben:(20 Apr 2017, 11:48)

Der einzige Grund warum ich mein Master Studium mache ist, weil ich das Wort Bachelor ekelhaft finde
Danke, den Grund kannte ich noch nicht und habe ihn in den Umfragen auch noch nie gelesen. Da nennen die Studenten normalerweise Gehaltsaussichten, Vertiefung des Faches, Erweiterung der Bildung (teils nicht-konsekutiv), Hochschulwechsel (inkl. Auslandserfahrung), Unsicherheit beim Berufseinstieg usw. als Grund. Wünsche Dir aber viel Erfolg.
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von Merkel_Unser »

frems hat geschrieben:(20 Apr 2017, 20:12)

Danke, den Grund kannte ich noch nicht und habe ihn in den Umfragen auch noch nie gelesen. Da nennen die Studenten normalerweise Gehaltsaussichten, Vertiefung des Faches, Erweiterung der Bildung (teils nicht-konsekutiv), Hochschulwechsel (inkl. Auslandserfahrung), Unsicherheit beim Berufseinstieg usw. als Grund. Wünsche Dir aber viel Erfolg.
Sind m.M.n alles zweitrangige Gründe. Der Hauptgrund ist ganz einfach die Hoffnung, sich mit einem höheren Abschluss der Konkurrenz am Arbeitsmarkt zu entledigen. So kommt es nicht von ungefähr, dass in Biologie oder Physik sich viele schon zur Promovotion genötigt sehen, während man in Ingenieurstudiengängen oder in Informatik durchaus auch mit einem Bachelor als Abschluss zufrieden ist.
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von frems »

Merkel_Unser hat geschrieben:(20 Apr 2017, 20:21)

Sind m.M.n alles zweitrangige Gründe. Der Hauptgrund ist ganz einfach die Hoffnung, sich mit einem höheren Abschluss der Konkurrenz am Arbeitsmarkt zu entledigen. So kommt es nicht von ungefähr, dass in Biologie oder Physik sich viele schon zur Promovotion genötigt sehen, während man in Ingenieurstudiengängen oder in Informatik durchaus auch mit einem Bachelor als Abschluss zufrieden ist.
Na, die Gründe "Unsicherheit beim Berufseinstieg (mit Bachelor)" und Gehaltsaussichten sind doch unmittelbar mit der Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt verbunden. :?: Ein Problem, einen Job zu finden, scheinen die Bachelors ja laut Statistiken nicht zu haben. Frage ist natürlich, was für ein Job das ist. Will man in die Forschung, wird es auch als Ingenieur mit Bachelorabschluss etwas schwierig. Aber das Ziel hat ja nicht jeder.
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von Merkel_Unser »

frems hat geschrieben:(20 Apr 2017, 20:26)

Na, die Gründe "Unsicherheit beim Berufseinstieg (mit Bachelor)" und Gehaltsaussichten sind doch unmittelbar mit der Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt verbunden. :?: Ein Problem, einen Job zu finden, scheinen die Bachelors ja laut Statistiken nicht zu haben. Frage ist natürlich, was für ein Job das ist. Will man in die Forschung, wird es auch als Ingenieur mit Bachelorabschluss etwas schwierig. Aber das Ziel hat ja nicht jeder.
Hab diese Statistik nicht gesehen, aber in manchen Fächern ist es definitiv schwer bis unmöglich einen Job als Bachelor zu bekommen, eben weil die Konkurrenz allesamt höhere Abschlüsse hat, natürlich um sich abzuheben. Dadurch entsteht ja auch der Praktika-, Auslandsjahr, und sonstige Lebenslauf-Optimierungswahn - zumindest in den genannten Bereichen.
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von Kael »

An der FH bekommt man genug Praxis, da man auch mit Firmen direkt zusammen arbeitet. (zumindest da wo ich bin).
Bachelor ist das Ziel, Master ist 'nice to have' - Wenn ich nach dem Bachelor keinen guten Job habe, mach ich meinen Master - Auch um die Bezeichnung "Bachelor" loszuwerden.
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von frems »

Merkel_Unser hat geschrieben:(20 Apr 2017, 20:35)

Hab diese Statistik nicht gesehen, aber in manchen Fächern ist es definitiv schwer bis unmöglich einen Job als Bachelor zu bekommen, eben weil die Konkurrenz allesamt höhere Abschlüsse hat, natürlich um sich abzuheben. Dadurch entsteht ja auch der Praktika-, Auslandsjahr, und sonstige Lebenslauf-Optimierungswahn - zumindest in den genannten Bereichen.
In welchen Fächern soll das denn sein? Ich kenn auch Naturwissenschaftler, die nur einen Bachelorabschluss machten, obwohl eine Mehrheit in ihrem Bereich sogar promoviert. In der Forschung ist niemand gelandet, aber das war auch nicht ihr Ziel. Jobs gefunden haben sie alle, auch wenn es bei einigen mal zwei, drei Monate gedauert hat.
Kael hat geschrieben:An der FH bekommt man genug Praxis, da man auch mit Firmen direkt zusammen arbeitet. (zumindest da wo ich bin).
Bachelor ist das Ziel, Master ist 'nice to have' - Wenn ich nach dem Bachelor keinen guten Job habe, mach ich meinen Master - Auch um die Bezeichnung "Bachelor" loszuwerden.
Also geht's doch vor allem um die berufliche Karriere. Macht's da denn so einen großen Unterschied? Immerhin belassen es an FH deutlich mehr Absolventen beim Bachelor als an Universitäten.
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von Kael »

Ja, weil die Uni im normalfall nicht 'Praxisnah' unterrichtet.
Da wo ich studiere haben wir 2 Unis. Einmal die FH und einmal eine TH.
Die Uniabsolventen haben viiiiel mehr Theorie als wir und in einem direkten Vergleich, bei Praxisnähe, schnitt unsere FH besser ab. Allerdings bei wissenschaftlicher theoretischer Arbeit hat uns die Uni abgehängt.
Es kommt eben ganz drauf an.
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von frems »

Kael hat geschrieben:(21 Apr 2017, 14:46)

Ja, weil die Uni im normalfall nicht 'Praxisnah' unterrichtet.
Da wo ich studiere haben wir 2 Unis. Einmal die FH und einmal eine TH.
Die Uniabsolventen haben viiiiel mehr Theorie als wir und in einem direkten Vergleich, bei Praxisnähe, schnitt unsere FH besser ab. Allerdings bei wissenschaftlicher theoretischer Arbeit hat uns die Uni abgehängt.
Es kommt eben ganz drauf an.
Aachen? Ist zumindest die einzige mir bekannte Uni, die sich noch TH nennt. Alle anderen "TH", die in den letzten Jahren aufgeploppt sind, sind umbenannte FH. Deren Absolventen kommen in der Wirtschaft eigentlich ganz gut unter und steht auch international in Rankings ganz gut: https://i.imgur.com/hVU47eq.png

Hab nur leider nicht gefunden, wie viele Absolventen dort einen M.Sc. dranhängen. Wäre aber mal interessant. Weißt Du da was?
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von frems »

Hab nur leider nicht gefunden, wie viele Absolventen dort einen M.Sc. dranhängen. Wäre aber mal interessant.

Ein halbes Jahr später weiß man nun zumindest, wie viele es an allen Universitäten ist. Und dort ist der Anteil bei Ingenieuren noch höher als (s. Eingangsbeitrag) über alle Fachdisziplinen an Universitäten hinweg (80%).
Die meisten Studenten entscheiden sich für den Master, nur wenige machen nach dem Bachelor eine längere Pause. Das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) hat untersucht, wie viele Studenten spätestens eineinhalb Jahre nach dem Bachelor ein Masterstudium aufgenommen haben. Das Ergebnis: Bei Ingenieuren von der Uni entscheiden sich neun von zehn dafür, unter den Absolventen von Fachhochschulen rund die Hälfte.
http://www.zeit.de/campus/2017/s2/ingen ... -erfahrung
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von imp »

Merkel_Unser hat geschrieben:(20 Apr 2017, 20:35)

Hab diese Statistik nicht gesehen, aber in manchen Fächern ist es definitiv schwer bis unmöglich einen Job als Bachelor zu bekommen, eben weil die Konkurrenz allesamt höhere Abschlüsse hat, natürlich um sich abzuheben. Dadurch entsteht ja auch der Praktika-, Auslandsjahr, und sonstige Lebenslauf-Optimierungswahn - zumindest in den genannten Bereichen.
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von frems »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(16 Sep 2017, 12:08)

Chemie.
Da war schon früher die Promotion die Regel. 2005:
Ohne Doktortitel geht fast gar nichts bei angehenden Chemikern. "Die Industrie-, vor allem die Großindustrie, erwartet die Promotion", sagt Manfred Heuschmann, Chemiker und Studiendekan an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. Mehr als 90 Prozent der Chemiker schließen an ihr Diplom darum eine Doktorarbeit an.
http://www.spiegel.de/lebenundlernen/jo ... 38263.html
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(16 Sep 2017, 15:47)

Da war schon früher die Promotion die Regel. 2005:


http://www.spiegel.de/lebenundlernen/jo ... 38263.html
Das war aber auch schon in den 1960er Jahren nicht grundlegend anders. Studiendauer 18 bis 20 Semester, und danach etliche Promotionssemester als wissenschaftliche Mitarbeiter. Ähnlich bei Physikern und Biologen. Der Doktorgrad gehört dort fast zum Studienabschluß.

Vielleicht eine Überlegung zum Bachelor und Master:

Wenn man ein Master-Studium im MINT-Bereich erst nach einigen Jahren mit einschlägiger Berufserfahrung vorsähe, dann könnte man sehr wahrscheinlich zwei gute Nebenwirkungen erzielen: Der Studierende ist sehr selbständig und arbeitet gezielt auf eine ihn interessierende Fächerauswahl hin, um wissenschaftlich das zu vertiefen, was ihm in der Praxis am reizvollsten erschienen war. Höchstwahrscheinlich käme es so auch zu mehr Promotionen zu spannenden Fragen der Wissenschaften. Diese Akademiker hätten dann auch wieder leichteren Zugang zur Arbeitswelt, weil sie schon Betriebserfahrung haben... womöglich sogar in ihren "alten" Betrieb zurück kehren.

Weiterhin würden Arbeitgeber wohl doch sehr behutsam mit den Bachelors umspringen, damit eingearbeitete Fachkräfte möglichst dem Betrieb erhalten bleiben... und vielleicht sogar auf ein Masterstudium pfeifen.

Der Nachteil ist natürlich, daß der festgelegte Ausbildungsgang dann bis in die Zeit zur Familiengründung hinein ragt. Dadurch dürfte die Zahl von Master-Studierenden schrumpfen.
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(16 Sep 2017, 15:57)

Das war aber auch schon in den 1960er Jahren nicht grundlegend anders. Studiendauer 18 bis 20 Semester, und danach etliche Promotionssemester als wissenschaftliche Mitarbeiter. Ähnlich bei Physikern und Biologen. Der Doktorgrad gehört dort fast zum Studienabschluß.
Ja. Deshalb ist die Kritik der AfD auch etwas hanebüchen, da es -- wie gesagt -- früher nicht anders war und niemand sagt, man müsse nach dem Bachelor mit dem Studieren aufhören und es nicht bei "sechs oder sieben Semester Physik" bleiben müsse.
"Wir glauben, dass der Bachelor auf dem Arbeitsmarkt als nicht etabliert gilt. Wir können auch feststellen, dass ein Bachelor ungefähr die Zeitdauer einer Berufsausbildung hat. Und wir haben nach wie vor das Problem mit der Verschulung. Ich selber bin nicht betroffen, weil ich Rechtswissenschaften als Staatsexamen studiere. Aber ich merke das im Kontakt mit Freunden, die erzählen: wenn ich sechs oder sieben Semester Physik studiere, dann werde ich mit einem Bachelor in Physik nicht als echter Physiker anerkannt. Und ich glaube, dass man hier mit dem Diplom und Magister etwas aufgegeben hat, das sich einfach bewährt hat. Und darum wäre es wahrscheinlich auch wünschenswert, wenn man dahin wieder zurückkehrt."
http://www.deutschlandfunk.de/bundestag ... _id=395170
Vielleicht eine Überlegung zum Bachelor und Master:

Wenn man ein Master-Studium im MINT-Bereich erst nach einigen Jahren mit einschlägiger Berufserfahrung vorsähe, dann könnte man sehr wahrscheinlich zwei gute Nebenwirkungen erzielen: Der Studierende ist sehr selbständig und arbeitet gezielt auf eine ihn interessierende Fächerauswahl hin, um wissenschaftlich das zu vertiefen, was ihm in der Praxis am reizvollsten erschienen war. Höchstwahrscheinlich käme es so auch zu mehr Promotionen zu spannenden Fragen der Wissenschaften. Diese Akademiker hätten dann auch wieder leichteren Zugang zur Arbeitswelt, weil sie schon Betriebserfahrung haben... womöglich sogar in ihren "alten" Betrieb zurück kehren.

Weiterhin würden Arbeitgeber wohl doch sehr behutsam mit den Bachelors umspringen, damit eingearbeitete Fachkräfte möglichst dem Betrieb erhalten bleiben... und vielleicht sogar auf ein Masterstudium pfeifen.

Der Nachteil ist natürlich, daß der festgelegte Ausbildungsgang dann bis in die Zeit zur Familiengründung hinein ragt. Dadurch dürfte die Zahl von Master-Studierenden schrumpfen.
So ein "gap year" wird auch teilweise beworben, aber für die Masse scheint das nicht attraktiv zu sein, wenn an Universitäten 90% der Studenten nach ihrem Bachelor direkt ins Masterstudium übergehen. Und bei den restlichen 10% wissen wir auch nicht, was sie machen. Vielleicht gehen sie in die Wirtschaft und bleiben dort, vielleicht machen sie eine Weltreise, ein paar längere Praktika oder stellen fest, dass das Fach letztendlich nicht das war, was sie sich erhofften, weshalb sie ein anderes grundständiges Studium anschließen.

Persönlich finde ich schon interessant, dass die Politik Änderungswünsche (aus Kostengründen) hat, aber die Hochschulen und Studenten dem nicht folgen, sondern weitestgehend in bisherigen Mustern (Regelstudienzeit) bleiben. Es war vielleicht nicht alles schlecht.
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(16 Sep 2017, 17:09)
...

... die Hochschulen und Studenten dem nicht folgen, sondern weitestgehend in bisherigen Mustern (Regelstudienzeit) bleiben. Es war vielleicht nicht alles schlecht.
Davon gehe ich auch aus; aber ich könnte mir schon vorstellen, daß es für einen künftigen Wissenschaftler doch sehr vernünftig wäre, sich als Bachelor in der Berufswelt seiner Disziplin um zu sehen und sich auch zu bewähren. Möglicherweise bleibt dann doch die größere Zahl im Beruf, und nur eine Minderheit mit wissenschaftlichem Ehrgeiz setzt das wissenschaftliche Studium fort. Völlig klar: Ohne diese Voraussetzung macht das wohl nur selten jemand. Da ist Geschwindigkeit keine Hexerei, und je höher der akademische Abschluß, desto besser bei der Gehaltsverhandlung zu Beginn des Arbeitslebens..

Wirklich besser ist aber geworden, daß zumindest staatlicherseits der Bachelor schon einmal als Berufseinstieg zugelassen ist. Wenn die Wirtschaft das nicht so übernimmt, dann hat sie offenbar genügend viele kostengünstige Bewerber mit dem Masterabschluß. Dabei sind junge Leute meist besser in die beruflichen Hierarchie ein zu bauen und durch gezielte Weiterbildung formbar für die Aufgaben in der Arbeitswelt.

Auch halte ich als Diplomierter den Schritt vom alten Diplom zum Master für unerheblich. Vor vielen Jahrzehnten haben wir uns auch bis zum Diplom in die Riemen legen müssen, nicht selten in Nachtschicht und an 365 Tagen im Jahr, um die Studienziele mit guten Ergebnissen zu erreichen. Und das soll jetzt in kürzerer Zeit zu vergleichsweise höher bewerteten Masterabschlüssen führen?
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(16 Sep 2017, 18:51)

Davon gehe ich auch aus; aber ich könnte mir schon vorstellen, daß es für einen künftigen Wissenschaftler doch sehr vernünftig wäre, sich als Bachelor in der Berufswelt seiner Disziplin um zu sehen und sich auch zu bewähren. Möglicherweise bleibt dann doch die größere Zahl im Beruf, und nur eine Minderheit mit wissenschaftlichem Ehrgeiz setzt das wissenschaftliche Studium fort. Völlig klar: Ohne diese Voraussetzung macht das wohl nur selten jemand. Da ist Geschwindigkeit keine Hexerei, und je höher der akademische Abschluß, desto besser bei der Gehaltsverhandlung zu Beginn des Arbeitslebens..
Na, das ist doch heute auch völlig normal. In vielen Studiengängen sind Pflichtpraktika die Regel und die Mehrheit der Studenten arbeitet nebenbei in fachnahen Einrichtungen. Ob man dann noch ein Urlaubssemester einlegt oder zwischen zwei Studiengängen eine "Pause" fürs Arbeiten einlegt, nimmt sich doch nicht so viel.
Wirklich besser ist aber geworden, daß zumindest staatlicherseits der Bachelor schon einmal als Berufseinstieg zugelassen ist. Wenn die Wirtschaft das nicht so übernimmt, dann hat sie offenbar genügend viele kostengünstige Bewerber mit dem Masterabschluß. Dabei sind junge Leute meist besser in die beruflichen Hierarchie ein zu bauen und durch gezielte Weiterbildung formbar für die Aufgaben in der Arbeitswelt.
Schaut man sich die Einstiegsgehälter an, ist der Masterabsolvent keineswegs günstiger, sondern eine gute Stange teurer; aber ist ja auch logisch, weil er eine höhere Qualifikation hat, genau wie ein Dr.-Ing. früher schon ein höheres Einstiegsgehalter erwarten konnte als der Dipl.-Ing. Das ist mit B.Sc., M.Sc. und PhD nicht auf einmal anders. Ebenso verdiente ein Uni-Ing. meist mehr als ein FH-Ing., und letzterer wiederum mehr als ein Absolvent einer Ingenieurschule ohne akademischen Grad.

Und schlecht angenommen werden sie ja nicht. Die Bachelorabsoventen kommen in großer Mehrheit problemlos in der Wirtschaft unter, selbst wenn der erste Job vielleicht nicht das ist, was sie sich fürs gesamte Berufsleben erhofft haben. Eher klagen die Betriebe, dass sie gerne Bachelor einstellen würden, aber insb. die talentiertesten Absolventen lieber gleich an der Uni bleiben und noch mind. den Master dranhängen. Wie im vorigen Link steht, tun dies ja 90% der Jungingenieure. Und die Promotion ist im Ingenieurwesen -- anders als in einigen Naturwissenschaften und der Medizin -- eher selten anzutreffen.
Auch halte ich als Diplomierter den Schritt vom alten Diplom zum Master für unerheblich. Vor vielen Jahrzehnten haben wir uns auch bis zum Diplom in die Riemen legen müssen, nicht selten in Nachtschicht und an 365 Tagen im Jahr, um die Studienziele mit guten Ergebnissen zu erreichen. Und das soll jetzt in kürzerer Zeit zu vergleichsweise höher bewerteten Masterabschlüssen führen?
Es hat sich ja nicht so viel geändert wie manch einer glaubt. Oder anders: viele Reformen haben mit dem Bologna-Prozess gar nichts zu tun. Und der Masterabschluss ist doch nicht schneller zu erreichen als das Diplom; eher im Gegenteil. Da sollte man schon einen Blick auf die Regelstudienzeit werfen. Und die liegt bis zum Master bei zehn Semestern. Das galt fürs Diplom als Maximum. Teilweise erhielt man es auch nach acht bis neun Semestern an Universitäten, wenn man mal davon absieht, dass es in der Nachkriegszeit sogar schon mal nach drei Jahren ein Diplom gab. Jeweils in der Regelstudienzeit, versteht sich. In der Praxis haben Studenten im Schnitt schon immer länger gebraucht. Zudem wird der Master ja nicht als höher bewertet als das Uni-Diplom. Beim Qualifizierungsrahmen sind die Abschlüsse auf der selben Stufe, sind jeweils die Eintrittskarte zum Höheren Dienst sowie zur Promotion. Dass Masterabsolventen in der Praxis etwas höhere Einstiegsgehälter in der Privatwirtschaft erzielen, hat andere Gründe und so groß ist der Unterschied nicht.
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von imp »

Die meisten Leute gehen aus einem etablierten Erwerbsleben nicht zurück in ein Vollzeitstudium mit Mini-Einkünften. Wer einmal richtig arbeitet, macht überwiegend noch Qualifikationen, die berufsbegleitend realistisch sind.
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Beitrag von H2O »

@frems:

Diese Darlegungen sind durchweg nachvollziehbar. Vor allem werden im Ingenieurswesen natürlich die Veränderungen der Arbeitsmittel zu ganz anderen Leistungen führen. Ich war 1967 einer der ersten, wenn nicht der erste, Diplomand auf meinem Gebiet, der Feldberechnungen mit einem Großrechner durchführte. Aber der mathematische Aufwand zuvor war der helle Wahnsinn... da staune ich noch heute. :) Viele Wochen Programmierarbeit und Tests nach der mathematischen Formulierung.

Mit etwas Übung in der Handhabung der Rechnung mit finiten Elementen haut das heute ein Student in wenigen Tagen auf einem PC 'raus.
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von H2O »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(16 Sep 2017, 20:47)

Die meisten Leute gehen aus einem etablierten Erwerbsleben nicht zurück in ein Vollzeitstudium mit Mini-Einkünften. Wer einmal richtig arbeitet, macht überwiegend noch Qualifikationen, die berufsbegleitend realistisch sind.
Das meinte ich ja auch. In meinem Beruf habe ich die Dinge, die ich dann tatsächlich brauchte, in mühevoller Nachtarbeit erworben. Damals hatte unser Unternehmen noch eine sehr gut sortierte Bibliothek, und da saß ich wie angenagelt, um das zu verstehen, was für meine Aufgaben wichtig war. Diese Dinge waren damals noch nicht "Stand der Technik", aber wenn man etwas Neues erarbeiten wollte, dann mußte man dort hindurch. Dieses Wissen war an deutschen Hochschulen noch nicht in die Lehre übernommen worden.

Und später wurden auch von Fortbildungsvereinen weiterführende Kenntnisse vermittelt, um Schritt zu halten mit der Weiterentwicklung der Wissenschaften.

Was dabei an Kenntnissen wirklich wertvoll war: Gute Kenntnisse der Physik und der Mathematik; darauf konnte man immer wieder neu aufbauen.
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(17 Sep 2017, 06:55)

@frems:

Diese Darlegungen sind durchweg nachvollziehbar. Vor allem werden im Ingenieurswesen natürlich die Veränderungen der Arbeitsmittel zu ganz anderen Leistungen führen. Ich war 1967 einer der ersten, wenn nicht der erste, Diplomand auf meinem Gebiet, der Feldberechnungen mit einem Großrechner durchführte. Aber der mathematische Aufwand zuvor war der helle Wahnsinn... da staune ich noch heute. :) Viele Wochen Programmierarbeit und Tests nach der mathematischen Formulierung.

Mit etwas Übung in der Handhabung der Rechnung mit finiten Elementen haut das heute ein Student in wenigen Tagen auf einem PC 'raus.
Die Technik entwickelt sich halt weiter und betrifft nicht nur das Hochschulstudium. Man kann sich ja auch mal vorstellen, wie die Fahrzeugtechnik des Pkw in den 60ern aussah und womit Kfz-Mechatroniker heute zu tun haben; sei es die ganze Elektronik im Fahrzeug, der Wasserstoff-, Gas- oder Batterie-Antrieb, die vielen Assistenzsysteme oder die ersten Schritte in Richtung autonomes Fahren. Ein Golf I, Trabi oder eine Ente waren da noch etwas, nunja, rustikaler. ;) Und man kann wohl davon ausgehen, dass es in 50 Jahren mindestens genau so komplexer wird.
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von Janaaaria »

Mehr internationale Vergleichbarkeit, bessere Anrechnung von Studienleistungen weltweit, Anpassung an die globalen Anforderungen – viele Versprechungen wurden mit der Umänderung von Diplom auf Bachelor (+Master?) gemacht. Ob sie sinnvoll sind, muss jeder für sich entscheiden. Aber ich lehne es nach wie vor entschieden ab zu sagen, dass man mit einem Bachelor im Vergleich zu anderen schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt ab. Das stimmt einfach nicht. Ob man seinen Traumjob ergattern kann hängt von weiteren Faktoren wie praktische Erfahrung, Eigeninitiative und Selbstpräsentation ab. Und der grundsätzliche Gedankengang, dass man nur mit einem Studium besser abschneidet stimmt ebenfalls nicht. Schaut euch mal die Stellenanforderungen im Mittelstand z.B. hier mal an und beobachtet mal wie häufig Uniabschlüsse gefordert sind.
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von H2O »

Janaaaria hat geschrieben:(22 Sep 2017, 14:25)

Mehr internationale Vergleichbarkeit, bessere Anrechnung von Studienleistungen weltweit, Anpassung an die globalen Anforderungen – viele Versprechungen wurden mit der Umänderung von Diplom auf Bachelor (+Master?) gemacht. Ob sie sinnvoll sind, muss jeder für sich entscheiden. Aber ich lehne es nach wie vor entschieden ab zu sagen, dass man mit einem Bachelor im Vergleich zu anderen schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt ab. Das stimmt einfach nicht. Ob man seinen Traumjob ergattern kann hängt von weiteren Faktoren wie praktische Erfahrung, Eigeninitiative und Selbstpräsentation ab. Und der grundsätzliche Gedankengang, dass man nur mit einem Studium besser abschneidet stimmt ebenfalls nicht. Schaut euch mal die Stellenanforderungen im Mittelstand z.B. hier mal an und beobachtet mal wie häufig Uniabschlüsse gefordert sind.
  • Ob sie (die Vergleichbarkeit) sinnvoll sind, muss jeder für sich entscheiden.
Hier gibt es aber nicht viel zu entscheiden; in der Vergangenheit haben Staaten die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten von Ausländern nicht anerkannt, so daß es nicht ohne besondere Schwierigkeiten möglich war, sich ganz einfach auf eine ausgeschriebene Stelle zu bewerben. In der EU wird das aber auf mittlere Sicht nichts Besonderes mehr sein, daß Menschen sich über Grenzen hinweg um Arbeitsstellen bewerben werden. Das Sprachproblem bleibt natürlich... aber große Betriebe gehen ja auch zur Firmensprache Englisch über. Das wird vermutlich der Standard.

Die EU muß natürlich darauf achten, daß Bachelor drin ist, wo Bachelor drauf steht, oder eben Master drin ist, wo Master drauf steht. Wenn die EU da schlampt, werden die hehren Vorsätze den Weg so vieler guter Vorsätze gehen.
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(23 Sep 2017, 09:40)
  • Ob sie (die Vergleichbarkeit) sinnvoll sind, muss jeder für sich entscheiden.
Hier gibt es aber nicht viel zu entscheiden; in der Vergangenheit haben Staaten die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten von Ausländern nicht anerkannt, so daß es nicht ohne besondere Schwierigkeiten möglich war, sich ganz einfach auf eine ausgeschriebene Stelle zu bewerben. In der EU wird das aber auf mittlere Sicht nichts Besonderes mehr sein, daß Menschen sich über Grenzen hinweg um Arbeitsstellen bewerben werden. Das Sprachproblem bleibt natürlich... aber große Betriebe gehen ja auch zur Firmensprache Englisch über. Das wird vermutlich der Standard.

Die EU muß natürlich darauf achten, daß Bachelor drin ist, wo Bachelor drauf steht, oder eben Master drin ist, wo Master drauf steht. Wenn die EU da schlampt, werden die hehren Vorsätze den Weg so vieler guter Vorsätze gehen.
Naja, Moment. Innerhalb der EU ist es tatsächlich schon heute nicht ungewöhnlich, dass man in anderen Ländern arbeitet und seine Abschlüsse anerkennen lässt. Auch ist es nichts besonderes mehr, wenn ein deutscher Abiturient in den Niederlanden ein Bachelorstudium absolviert und damit ein Masterstudium in Finnland aufnimmt. Solche Fälle werden ganz gerne übersehen, wenn man z.B. nach Austauschstudenten Statistiken führt und "beklagt", dass der Anteil nicht ganz so stark stieg wie man es sich ursprünglich erhofft hatte. Das gilt auch für ein älteres Diplom und dafür gibt's den EQR (https://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3% ... ionsrahmen). Der Bologna-Prozess hingegen kam vom Europarat auf Vorschlag der UNESCO (https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cber ... hen_Region), während die Umsetzung bei uns den Ländern bzw. autonomen Hochschulen unterliegt. Sprich, bei uns hat da nicht einmal der Bund viel mitzureden und erst recht nicht Europa.

Das führt natürlich noch im Einzelfall zu Problemen, z.B. bei den Namen der akademischen Graden. So vergeben insb. deutsche Fachhochschulen im Ingenieurwesen den akademischen Grad Bachelor bzw. Master of Engineering, weil B./M.Eng. wohl mehr nach dem alten Dipl.-Ing. (FH) klingt. Die TUs bevorzugen hingegen Bachelor und Master of Science, weil es in den MINT-Fächern international üblich ist. Die Verwirrung entsteht dann, wenn ein solcher Absolvent z.B. im Nachbarland Dänemark arbeiten will, wo es ebenfalls beide Abschlüsse gibt, aber die studierten Ingenieure entsprechend ihr "Sc." führen, während es nur den B.Eng. für "Techniker" (vergleichbar) gibt ohne die Möglichkeit eines Masters, da dies nicht als akademischer Abschluss gilt.

Aber das ist vor allem ein oberflächliches Problem, welches in der Praxis nicht zu Einschränkungen führen sollte. Jeder Absolvent in Europa erhält heute ein englisches diploma supplement (sowie eins in der Landessprache) mit staatlichem Siegel, welches man bei Bewerbungen zum Zeugnis dazulegen kann. Dort steht transparent, wie der Abschluss nach EQR-Standards einzuordnen ist und welche Eingangsvoraussetzungen es für ihn gibt. Ebenso umfasst es eine Erklärung des nationalen bzw. regionalen Bildungssystems von Grundschule bis zur Promotion (z.B. Dauer/Jahre, Notensystem etc.). Das pendelt sich seit einigen Jahren aber auch wieder ein, da die FHs in Deutschland so langsam internationaler werden und sich dem anpassen, was üblich ist. Dort herrschte ja auch der Glaube, der deutsche Dipl.-Ing. (ob mit "(FH)" oder ohne) sei weltweit bekannt. Doch dieser Glaube endete bekanntlich an der deutschen Grenze (Österreich und Schweiz mal ausgenommen) und wurde vor allem von Leuten verbreitet, die nie in einem anderen Land tätig waren. Es sind halt nur Buchstaben auf der Urkunde. Was zählt sind bekanntlich die Inhalte und das Niveau.
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von frems »

Janaaaria hat geschrieben:(22 Sep 2017, 14:25)

Mehr internationale Vergleichbarkeit, bessere Anrechnung von Studienleistungen weltweit, Anpassung an die globalen Anforderungen – viele Versprechungen wurden mit der Umänderung von Diplom auf Bachelor (+Master?) gemacht. Ob sie sinnvoll sind, muss jeder für sich entscheiden. Aber ich lehne es nach wie vor entschieden ab zu sagen, dass man mit einem Bachelor im Vergleich zu anderen schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt ab. Das stimmt einfach nicht. Ob man seinen Traumjob ergattern kann hängt von weiteren Faktoren wie praktische Erfahrung, Eigeninitiative und Selbstpräsentation ab. Und der grundsätzliche Gedankengang, dass man nur mit einem Studium besser abschneidet stimmt ebenfalls nicht. Schaut euch mal die Stellenanforderungen im Mittelstand z.B. hier mal an und beobachtet mal wie häufig Uniabschlüsse gefordert sind.
Naja, die Arbeitslosenquote unter Akademikern liegt in Deutschland bei weniger als 2,5%, was grundsätzlich als Vollbeschäftigung gilt, wenn man die übliche Fluktuation bei Jobwechseln berücksichtigt. Und es sagte ja niemand, dass man nicht ohne Studium auch Erfolg haben könnte. Es geht nur um Wahrscheinlichkeiten. Natürlich kann auch ein Schulabbrecher erfolgreich ein Unternehmen gründen, während ein soziopathischer Akademiker einfach keine Rolle in der Wirtschaft findet und einnimmt. Aber das heißt ja nicht, dass alle Bildungsgänge gleich sind und die entsprechend gleichen Chancen bieten.

Letztendlich ist es auch immer die Frage, was die einzelne Person im Leben erreichen möchte. Wenn ich ein schlichtes Beispiel aus meinem Umfeld bringen darf: ein Bekannter ist Förster, was sein Berufswunsch war. Entsprechend nahm er ein Studium der Forstwirtschaft an einer Fachhochschule auf und wurde später für die Leitung eines Reviers verbeamtet. Mit dem Abschluss landete im gehobenen Dienst und verdient entsprechend weniger als ein Beamter im höheren Dienst. Für letzteres hätte er Forstwissenschaft an einer Uni studieren müssen, was er mit seinem Abitur hätte tun können. Aber solche Leute arbeiten dann am Schreibtisch und überschauen mehrere Reviere statt "vor Ort" zu sein, was der besagte Bekannte nicht wollte. Und so ist er zufrieden, hat einen sicheren Job und gut ist. Will man hingegen in die Forschung oder gar eines Tages einen Lehrstuhl erhalten, ist es nahezu unmöglich, dies ohne Promotion zu erlangen. Da reicht ein Diplom bzw. Master für gewöhnlich nicht und genau so wenig ein Bachelorabschluss; jedenfalls in Deutschland. Auf die angesprochene duale Ausbildung übertragen hieße das auch, dass manch einer "nur" Geselle ist und den Job eben bis zur Rente macht statt auf die Meister- bzw. Technikerschule zu gehen. Ist doch okay. Die wenigsten Leute im Land haben überhaupt einen akademischen Abschluss und davon nur ein kleiner Prozentsatz den höchsten (Dr./PhD). Da muss man nicht jede "Zwischenstufe" gegen andere ausspielen.
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(23 Sep 2017, 15:15)

Naja, Moment. Innerhalb der EU ist es tatsächlich schon heute nicht ungewöhnlich, dass man in anderen Ländern arbeitet und seine Abschlüsse anerkennen lässt. Auch ist es nichts besonderes mehr, wenn ein deutscher Abiturient in den Niederlanden ein Bachelorstudium absolviert und damit ein Masterstudium in Finnland aufnimmt. Solche Fälle werden ganz gerne übersehen, wenn man z.B. nach Austauschstudenten Statistiken führt und "beklagt", dass der Anteil nicht ganz so stark stieg wie man es sich ursprünglich erhofft hatte. Das gilt auch für ein älteres Diplom und dafür gibt's den EQR (https://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3% ... ionsrahmen). Der Bologna-Prozess hingegen kam vom Europarat auf Vorschlag der UNESCO (https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cber ... hen_Region), während die Umsetzung bei uns den Ländern bzw. autonomen Hochschulen unterliegt. Sprich, bei uns hat da nicht einmal der Bund viel mitzureden und erst recht nicht Europa.

Das führt natürlich noch im Einzelfall zu Problemen, z.B. bei den Namen der akademischen Graden. So vergeben insb. deutsche Fachhochschulen im Ingenieurwesen den akademischen Grad Bachelor bzw. Master of Engineering, weil B./M.Eng. wohl mehr nach dem alten Dipl.-Ing. (FH) klingt. Die TUs bevorzugen hingegen Bachelor und Master of Science, weil es in den MINT-Fächern international üblich ist. Die Verwirrung entsteht dann, wenn ein solcher Absolvent z.B. im Nachbarland Dänemark arbeiten will, wo es ebenfalls beide Abschlüsse gibt, aber die studierten Ingenieure entsprechend ihr "Sc." führen, während es nur den B.Eng. für "Techniker" (vergleichbar) gibt ohne die Möglichkeit eines Masters, da dies nicht als akademischer Abschluss gilt.

Aber das ist vor allem ein oberflächliches Problem, welches in der Praxis nicht zu Einschränkungen führen sollte. Jeder Absolvent in Europa erhält heute ein englisches diploma supplement (sowie eins in der Landessprache) mit staatlichem Siegel, welches man bei Bewerbungen zum Zeugnis dazulegen kann. Dort steht transparent, wie der Abschluss nach EQR-Standards einzuordnen ist und welche Eingangsvoraussetzungen es für ihn gibt. Ebenso umfasst es eine Erklärung des nationalen bzw. regionalen Bildungssystems von Grundschule bis zur Promotion (z.B. Dauer/Jahre, Notensystem etc.). Das pendelt sich seit einigen Jahren aber auch wieder ein, da die FHs in Deutschland so langsam internationaler werden und sich dem anpassen, was üblich ist. Dort herrschte ja auch der Glaube, der deutsche Dipl.-Ing. (ob mit "(FH)" oder ohne) sei weltweit bekannt. Doch dieser Glaube endete bekanntlich an der deutschen Grenze (Österreich und Schweiz mal ausgenommen) und wurde vor allem von Leuten verbreitet, die nie in einem anderen Land tätig waren. Es sind halt nur Buchstaben auf der Urkunde. Was zählt sind bekanntlich die Inhalte und das Niveau.
Meine Bedenken, daß die EU schlampen könnte und die vom Namen her gleichen Abschlüsse eben doch nicht gleichwertig sein könnten, widerlegen Sie mit der nationalen (!) Bescheinigung, daß dem selbstmurmelnd so ist. Besser als nichts ist das natürlich; aber eigentlich sollte die Bescheinigung von einer unbestechlichen übergeordneten Stelle wie der EU kommen und für die EU übergreifend gelten. Das Spiel läuft ja nicht so la-la, sondern da werden Leute für Laufbahnen sortiert und Anfangsgehälter vereinbart.
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(23 Sep 2017, 19:06)

Meine Bedenken, daß die EU schlampen könnte und die vom Namen her gleichen Abschlüsse eben doch nicht gleichwertig sein könnten, widerlegen Sie mit der nationalen (!) Bescheinigung, daß dem selbstmurmelnd so ist. Besser als nichts ist das natürlich; aber eigentlich sollte die Bescheinigung von einer unbestechlichen übergeordneten Stelle wie der EU kommen und für die EU übergreifend gelten. Das Spiel läuft ja nicht so la-la, sondern da werden Leute für Laufbahnen sortiert und Anfangsgehälter vereinbart.
Na, dat löppt sick allens t'recht. Anfangsschwierigkeiten sind nie zu vermeiden, wenn man eine größere Reform auf den Weg bringt. Und solche Probleme lassen sich ja korrigieren ohne dass die gesamte Reform in Frage gestellt werden muss.

Und ja, vom Namen her. Was zählt ist aber nicht der Buchstabe auf dem Papier, sondern das Diplom. Und da steht genau, welches Niveau der Abschluss hat und welches nicht. Das war bei uns ja nicht anders, z.B. gab's (oder gibt noch immer?) das Diplom von Berufsakademien. Das hatte den Eindruck, als sei es ein akademischer Grad, aber war "nur" eine staatlich anerkannte Abschlussbezeichnung. Der "Diplom-Betriebswirt (BA)" war somit im Gegensatz zum "Diplom-Betriebswirt (FH)" kein Akademiker, auch wenn beide Absolventen gerne dazu neigen, das Ding mit den Klammern wegzulassen, damit es wie ein Uni-Abschluss erscheint.

Ebenso haben ja einige Hochschulen ihre traditionellen Titel fortgeführt. Wenn man bspw. ein Masterstudium an einer der drei TUs in Österreich absolviert, steht auf der deutschen Diplomfassung "Dipl.-Ing.", in der englischen "M.Sc.". Daran sollte kein Unternehmen in Italien, Schweden, Irland oder Ungarn scheitern. In Belgien gibt's hingegen die Abschlüsse Gradué, Licencié und Ingenieur industriel. Wer weiß aus dem Stehgreif, was die ersten beiden Abschlüsse bedeuten? Klar, manch einer tut's oder kann es sich denken, da man ja auch im deutschsprachigen Raum von postgradualen Studien spricht, wenn jemand für die Aufnahme bereits einen ersten Abschluss (Gradué) benötigt. Wer es nicht weiß, der schaut halt aufs Diplom und sieht: aha, EQR6, Uni-Studium auf Bachelorniveau, Umfang drei Jahre, Voraussetzung Hochschulreife. Ist damit auf der selben Stufe eines FH-Diploms. Licencié wäre dann die nächste Stufe nach mind. zwei weiteren Jahren (respektive insg. fünf) und somit der Master oder das Uni-Diplom. Der ingenieur industriel ist einfach nur der Abschluss für Industrieingenieure, die aus historischen Gründen einen eigenen Grad haben.

Will nun eine deutsche Behörden jemanden für den höheren Dienst einstellen, schaut sie natürlich bei allen Abschlüssen darauf, dass er dies entspricht. Die nicht-deutschen Europäer haben den Vorteil, dass sie somit keine weiteren Bescheinigungen der Gleichwertigkeit samt Übersetzungen benötigen. Sie haben ja ihr Zeugnis und den englischsprachigen Anhang, der in allen Ländern des Europäischen Hochschulraums gleich aussieht. Probleme hat man dann eher mit nicht-europäischen Abschlüssen, so wie es für deutsche Absolventen früher immer eine Lotterie war, wie ihr Abschluss im Ausland anerkannt bzw. eingestuft wird. Bei einem Master aus Polen muss niemand damit rechnen, dass der Abschluss in Frankreich als Bachelor, Berufsschulabschluss oder gar nichts angesehen wird. Ich kenne ja selbst manch Dipl.-Ing., der selbstbewusst dachte, ihm stünden in den USA alle Tore offen. Bei den Bildungsbehörden musste man erstmal lange in Unterlagen wühlen, weil man dachte, das Diplom entspreche einem "diploma" einer Fachschule, was mehr oder weniger einer Berufsausbildung gleicht und nicht einem Hochschulstudium. Mit Glück erhielt er einen Wisch mit Stempel, wonach es ein Master ist, vielleicht aber auch nur ein Bachelor. Und so war's früher innerhalb Europas auch, wenn man von einigen bilateralen Abkommen absieht. Heute nicht mehr.

Der Qualifikationsrahmen hat übrigens auch für alle anderen Bildungswege Vorteile, da es nicht nur um akademische Abschlüsse geht. Da stellt man auch fest, dass bspw. der Hauptschulabschluss auf Stufe 2 (von 8, Promotion), die duale Berufsausbildung 4 und der staatlich geprüfte Techniker auf 6. Also wenn ein Personaler daran scheitert, dann sollte man um den Laden eh einen großen Bogen machen.
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(23 Sep 2017, 19:38)

Na, dat löppt sick allens t'recht. Anfangsschwierigkeiten sind nie zu vermeiden, wenn man eine größere Reform auf den Weg bringt. Und solche Probleme lassen sich ja korrigieren ohne dass die gesamte Reform in Frage gestellt werden muss.

Und ja, vom Namen her. Was zählt ist aber nicht der Buchstabe auf dem Papier, sondern das Diplom. Und da steht genau, welches Niveau der Abschluss hat und welches nicht. Das war bei uns ja nicht anders, z.B. gab's (oder gibt noch immer?) das Diplom von Berufsakademien. Das hatte den Eindruck, als sei es ein akademischer Grad, aber war "nur" eine staatlich anerkannte Abschlussbezeichnung. Der "Diplom-Betriebswirt (BA)" war somit im Gegensatz zum "Diplom-Betriebswirt (FH)" kein Akademiker, auch wenn beide Absolventen gerne dazu neigen, das Ding mit den Klammern wegzulassen, damit es wie ein Uni-Abschluss erscheint.

Ebenso haben ja einige Hochschulen ihre traditionellen Titel fortgeführt. Wenn man bspw. ein Masterstudium an einer der drei TUs in Österreich absolviert, steht auf der deutschen Diplomfassung "Dipl.-Ing.", in der englischen "M.Sc.". Daran sollte kein Unternehmen in Italien, Schweden, Irland oder Ungarn scheitern. In Belgien gibt's hingegen die Abschlüsse Gradué, Licencié und Ingenieur industriel. Wer weiß aus dem Stehgreif, was die ersten beiden Abschlüsse bedeuten? Klar, manch einer tut's oder kann es sich denken, da man ja auch im deutschsprachigen Raum von postgradualen Studien spricht, wenn jemand für die Aufnahme bereits einen ersten Abschluss (Gradué) benötigt. Wer es nicht weiß, der schaut halt aufs Diplom und sieht: aha, EQR6, Uni-Studium auf Bachelorniveau, Umfang drei Jahre, Voraussetzung Hochschulreife. Ist damit auf der selben Stufe eines FH-Diploms. Licencié wäre dann die nächste Stufe nach mind. zwei weiteren Jahren (respektive insg. fünf) und somit der Master oder das Uni-Diplom. Der ingenieur industriel ist einfach nur der Abschluss für Industrieingenieure, die aus historischen Gründen einen eigenen Grad haben.

Will nun eine deutsche Behörden jemanden für den höheren Dienst einstellen, schaut sie natürlich bei allen Abschlüssen darauf, dass er dies entspricht. Die nicht-deutschen Europäer haben den Vorteil, dass sie somit keine weiteren Bescheinigungen der Gleichwertigkeit samt Übersetzungen benötigen. Sie haben ja ihr Zeugnis und den englischsprachigen Anhang, der in allen Ländern des Europäischen Hochschulraums gleich aussieht. Probleme hat man dann eher mit nicht-europäischen Abschlüssen, so wie es für deutsche Absolventen früher immer eine Lotterie war, wie ihr Abschluss im Ausland anerkannt bzw. eingestuft wird. Bei einem Master aus Polen muss niemand damit rechnen, dass der Abschluss in Frankreich als Bachelor, Berufsschulabschluss oder gar nichts angesehen wird. Ich kenne ja selbst manch Dipl.-Ing., der selbstbewusst dachte, ihm stünden in den USA alle Tore offen. Bei den Bildungsbehörden musste man erstmal lange in Unterlagen wühlen, weil man dachte, das Diplom entspreche einem "diploma" einer Fachschule, was mehr oder weniger einer Berufsausbildung gleicht und nicht einem Hochschulstudium. Mit Glück erhielt er einen Wisch mit Stempel, wonach es ein Master ist, vielleicht aber auch nur ein Bachelor. Und so war's früher innerhalb Europas auch, wenn man von einigen bilateralen Abkommen absieht. Heute nicht mehr.

Der Qualifikationsrahmen hat übrigens auch für alle anderen Bildungswege Vorteile, da es nicht nur um akademische Abschlüsse geht. Da stellt man auch fest, dass bspw. der Hauptschulabschluss auf Stufe 2 (von 8, Promotion), die duale Berufsausbildung 4 und der staatlich geprüfte Techniker auf 6. Also wenn ein Personaler daran scheitert, dann sollte man um den Laden eh einen großen Bogen machen.
Das Geheimnis der gegenseitige Anerkennungen in der EU liegt also in dem englischen Begleittext für das jeweilige Zeugnis. Ohne hier irgendwelchem Dünkel den Weg bereiten zu wollen: Wer steht dafür, daß tatsächlich die erworbenen Titel ziemlich genau für eine gleichwertige Befähigung und gleichwertige Kenntnisse
stehen? Da verweise ich auf das gern gespielte nationale Ranking der Hochschulen, das in DIE ZEIT oft viele Seiten mit Tabellen füllt. Wie geht man damit europaweit um? Gibt es auch da ein Ranking dieser Art? Da treibt mich aber mehr die Neugierde!
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(23 Sep 2017, 19:54)

Das Geheimnis der gegenseitige Anerkennungen in der EU liegt also in dem englischen Begleittext für das jeweilige Zeugnis. Ohne hier irgendwelchem Dünkel den Weg bereiten zu wollen: Wer steht dafür, daß tatsächlich die erworbenen Titel ziemlich genau für eine gleichwertige Befähigung und gleichwertige Kenntnisse
stehen?
Das ist ja kein Geheimnis, sondern nur eine verpflichtende Ergänzung, die es Arbeitgebern leichter macht, den Abschluss einzuordnen. Früher musste das durch diverse Ämter, Beglaubigungen, Einzelfallprüfungen, Übersetzungen etc. Der ganze Wulst fiel weg. Ich war erst vor wenigen Monaten in Toronto und traf da auch einige Europäer, die bei kanadischen Unternehmen arbeiteten. Das war schon ziemlich umständlich, da sie nicht nur zu einer kanadischen Behörde gehen mussten, sondern auch noch versiegelte Formulare an ihre Hochschulen in Europa schicken mussten, damit diese mit Stempel und Gedöns dort einige Blätter ausfüllen. Nur was, wenn die eigene Hochschule das noch nie machte und hinbekam, sich niemand verantwortlich fühlte oder man nicht einsah, für internationale Briefe irgendwelcher Absolventen aus dem letzten Jahrhundert nach Kanada zu schicken? Oder vielleicht aufgrund von politischen Entscheidungen nicht mehr existieren, sondern in andere Hochschule integriert oder ganz aufgelöst wurden? Insb. mit DDR-Abschlüssen ist das wohl ziemlich "witzig".

Im Diplomanhang stehen ja auch weitere Informationen, z.B. die Regelstudienzeit, der Leistungsumfang im ECTS, Teil-/Vollzeit, Zugangsvoraussetzungen, Art der Abschlussprüfung, typische Berufsfelder der Absolventen, inhaltliche Schwerpunkte bzw. Ziel der Ausbildung und so weiter, und so fort. Und natürlich, welche Institution den Studiengang akkreditierte:

Für die Gleichwertigkeit gibt's die Akkreditierung durch unabhängige Gremien, die europaweit tätig sind. Mein postgradualer Studiengang war bspw. durch die ASIIN (Akkreditierungsagentur für Studiengänge der Ingenieurwissenschaften, der Informatik, der Naturwissenschaften und der Mathematik) akkreditiert, die Mitglied des ENAEE (European Network for the Accreditation of Engineering Education) ist, das wiederum zusammen mit der Europäischen Kommission gemeinsame Standards entwickelte. Bei Interesse: http://www.pressestelle.tu-berlin.de/me ... tu_berlin/

Klingt vielleicht erstmal umständlich, aber hat nicht nur den Vorteil der Sicherung des Niveaus und dessen Transparenz, sondern beschleunigt und entbürokratisiert Reformen. Das Thema Akkreditierung wird ja gerne mal beim Bologna-Prozess vergessen und manch älterer Dekan ist auch nicht glücklich darüber, dass nun solche gemeinnützigen Vereine die Studiengänge bewerten und dafür auch noch Geld verlangen. Und dann soll man auch noch Berichte schreiben und hat Mehraufwand statt einfach alles nach eigenem Ermessen laufen und die Absolventen ihrem Schicksal zu überlassen. Früher sah der Hochschulalltag ja gerne so aus:
Harsch war die Kritik des Aktionsrats Bildung an der Akkreditierung deutscher Studiengänge - und ungerecht, findet der Genetikprofessor Hans-Jörg Jacobsen. Die Verfahren funktionieren. Wer will schon in eine Zeit zurück, in der Länderministerien mitreden durften? [...]

Verwaltungsbeamte sollten prüfen, inwieweit eine lokale Prüfungsordnung mit der bundesweit gültigen Rahmenordnung für Biologie übereinstimmte. Dabei zeigte schon die Entstehung dieser DPOs, wie schlecht sie konzipiert waren: So wurde etwa die letzte DPO für Biologie sechs Jahre lang (1980-86) von Kommissionen auf föderaler Ebene ausgehandelt.

Sechs Jahre finden Sie lang? Danach fermentierte die DPO für Biologie für acht Jahre in den 16 zuständigen Länderministerien und musste dann bis 1997 umgesetzt werden. In den Fachbereichen war das Entsetzen entsprechend groß, als wir Ende der neunziger Jahre mit Lehrinhalte konfrontiert wurden, die von den Gremien in den frühen Achtzigern formuliert worden waren. In der Biologie ändert sich alles rasend schnell, das war auch damals schon der Fall. Die notwendigen inhaltlichen Aktualisierungen mussten wir darum vor dem Ministerium verstecken, um den Studenten ein Studium bieten zu können, das in die Zeit passte und einigermaßen auf dem aktuellen Stand der Forschung war.

Versuche, den Studenten auch Projektmanagement zu vermitteln, wurden vom Ministerium dann aber, weil nicht explizit in der DPO aufgeführt, abgelehnt. Heute wäre ein derartiges Modul ein sogenannter "soft skill" und problemlos Bestandteil in jedem Curriculum.
http://www.spiegel.de/unispiegel/studiu ... 95170.html
Da verweise ich auf das gern gespielte nationale Ranking der Hochschulen, das in DIE ZEIT oft viele Seiten mit Tabellen füllt. Wie geht man damit europaweit um? Gibt es auch da ein Ranking dieser Art? Da treibt mich aber mehr die Neugierde!
Es gibt sogar globale Rankings, die zur Orientierung nicht schlecht sind, aber eben auch methodisch umstritten, z.B. weil einige die Zahl der Nobelpreisträger und die Anzahl englischsprachiger Zitationen ebenfalls ins Endergebnis mit einfließen lassen. Jüngere Universitäten aus nicht-englischsprachigen Regionen haben es entsprechend schwer, selbst wenn sie eine hervorragende Lehre und Forschung an den Tag legen. Eins der bekannteren Rankings ist das sog. QS World University Ranking: https://www.topuniversities.com/univers ... kings/2018

Da gibt's bei Interesse auch eine Unterteilung nach Disziplinen, z.B. "Engineering and Technology": https://www.topuniversities.com/univers ... technology

Dort haben es immerhin die Technischen Universitäten in München (24), Aachen (33), Berlin (35), Karlsruhe (38), Stuttgart (78), Darmstadt (88) und Dresden (96) in die globalen Top 100 geschafft.

Ein anderes Beispiel wäre das THE-Ranking (Times Higher Education: https://www.timeshighereducation.com/wo ... y-rankings). Dort findet man noch ein paar weitere gute Hochschulen, wenn man bedenkt, dass es weltweit zigtausende Hochschulen gibt.

Da hätten wir (über alle Fächer hinweg, nicht nur Technik) noch die LMU München (34), TU München (41), Uni Heidelberg (45), HU Berlin (62), RWTH Aachen (79), Uni Freiburg (82), FU Berlin (88), TU Berlin (92), Uni Tübingen (94) und Uni Bonn (100).

Klar, kein Massachusetts Institute of Technology, Harvard, Stanford oder Cambridge, aber nun auch nichts, wofür sich ein Absolvent schämen müsste, oder?

Aufgrund der Methodik ist das aber halt auch immer unter Vorbehalt zu genießen. So ist es bspw. in vielen Ländern üblich, dass öffentliche Forschungsinstitute an den Hochschulen angegliedert sind und deren Forschungsergebnisse somit mit ins Ergebnis einfließen. Wir haben in Deutschland traditionell hingegen eine recht vielfältige Forschungslandschaft, selbst wenn man jetzt nur mal an die üblichen verdächtigen Gesellschaften denkt, z.B. Fraunhofer, Max Planck und Helmholtz. Von daher steht's gar nicht mal so schlecht um Deutschland, auch wenn es natürlich immer Leute geben wird, die (meistens ohne eigene Einblicke) den Untergang des Abendlandes prophezeien.

Für die formelle Wertung ist es aber auch egal. Sucht bspw. eine Behörde einen öffentlich Angestellten im höheren Dienst, wird halt ein Uni-Diplom bzw. ein Master Voraussetzung sein. Ob die Person dann an der TU München oder FH Zittau studiert hat, wird nicht dazu führen, dass die Person wegen "Nichteignung" (bei gleichem Studiengang, versteht sich) gleich zu Beginn rausgekickt wird. Wer sich aber am Ende durchsetzt und mit seiner fachlichen Eignung am meisten glänzt, ist dann natürlich ein anderes Thema. Und das gilt genau so für einen Absolventen eines kleinen university college in Norwegen, einer grande école in Frankreich oder einer mittelgroßen Universität in Griechenland.
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(23 Sep 2017, 20:50)

Das ist ja kein Geheimnis, sondern nur eine verpflichtende Ergänzung, die es Arbeitgebern leichter macht, den Abschluss einzuordnen. Früher musste das durch diverse Ämter, Beglaubigungen, Einzelfallprüfungen, Übersetzungen etc. Der ganze Wulst fiel weg. Ich war erst vor wenigen Monaten in Toronto und traf da auch einige Europäer, die bei kanadischen Unternehmen arbeiteten. Das war schon ziemlich umständlich, da sie nicht nur zu einer kanadischen Behörde gehen mussten, sondern auch noch versiegelte Formulare an ihre Hochschulen in Europa schicken mussten, damit diese mit Stempel und Gedöns dort einige Blätter ausfüllen. Nur was, wenn die eigene Hochschule das noch nie machte und hinbekam, sich niemand verantwortlich fühlte oder man nicht einsah, für internationale Briefe irgendwelcher Absolventen aus dem letzten Jahrhundert nach Kanada zu schicken? Oder vielleicht aufgrund von politischen Entscheidungen nicht mehr existieren, sondern in andere Hochschule integriert oder ganz aufgelöst wurden? Insb. mit DDR-Abschlüssen ist das wohl ziemlich "witzig".

Im Diplomanhang stehen ja auch weitere Informationen, z.B. die Regelstudienzeit, der Leistungsumfang im ECTS, Teil-/Vollzeit, Zugangsvoraussetzungen, Art der Abschlussprüfung, typische Berufsfelder der Absolventen, inhaltliche Schwerpunkte bzw. Ziel der Ausbildung und so weiter, und so fort. Und natürlich, welche Institution den Studiengang akkreditierte:

Für die Gleichwertigkeit gibt's die Akkreditierung durch unabhängige Gremien, die europaweit tätig sind. Mein postgradualer Studiengang war bspw. durch die ASIIN (Akkreditierungsagentur für Studiengänge der Ingenieurwissenschaften, der Informatik, der Naturwissenschaften und der Mathematik) akkreditiert, die Mitglied des ENAEE (European Network for the Accreditation of Engineering Education) ist, das wiederum zusammen mit der Europäischen Kommission gemeinsame Standards entwickelte. Bei Interesse: http://www.pressestelle.tu-berlin.de/me ... tu_berlin/

Klingt vielleicht erstmal umständlich, aber hat nicht nur den Vorteil der Sicherung des Niveaus und dessen Transparenz, sondern beschleunigt und entbürokratisiert Reformen. Das Thema Akkreditierung wird ja gerne mal beim Bologna-Prozess vergessen und manch älterer Dekan ist auch nicht glücklich darüber, dass nun solche gemeinnützigen Vereine die Studiengänge bewerten und dafür auch noch Geld verlangen. Und dann soll man auch noch Berichte schreiben und hat Mehraufwand statt einfach alles nach eigenem Ermessen laufen und die Absolventen ihrem Schicksal zu überlassen. Früher sah der Hochschulalltag ja gerne so aus:


http://www.spiegel.de/unispiegel/studiu ... 95170.html


Es gibt sogar globale Rankings, die zur Orientierung nicht schlecht sind, aber eben auch methodisch umstritten, z.B. weil einige die Zahl der Nobelpreisträger und die Anzahl englischsprachiger Zitationen ebenfalls ins Endergebnis mit einfließen lassen. Jüngere Universitäten aus nicht-englischsprachigen Regionen haben es entsprechend schwer, selbst wenn sie eine hervorragende Lehre und Forschung an den Tag legen. Eins der bekannteren Rankings ist das sog. QS World University Ranking: https://www.topuniversities.com/univers ... kings/2018

Da gibt's bei Interesse auch eine Unterteilung nach Disziplinen, z.B. "Engineering and Technology": https://www.topuniversities.com/univers ... technology

Dort haben es immerhin die Technischen Universitäten in München (24), Aachen (33), Berlin (35), Karlsruhe (38), Stuttgart (78), Darmstadt (88) und Dresden (96) in die globalen Top 100 geschafft.

Ein anderes Beispiel wäre das THE-Ranking (Times Higher Education: https://www.timeshighereducation.com/wo ... y-rankings). Dort findet man noch ein paar weitere gute Hochschulen, wenn man bedenkt, dass es weltweit zigtausende Hochschulen gibt.

Da hätten wir (über alle Fächer hinweg, nicht nur Technik) noch die LMU München (34), TU München (41), Uni Heidelberg (45), HU Berlin (62), RWTH Aachen (79), Uni Freiburg (82), FU Berlin (88), TU Berlin (92), Uni Tübingen (94) und Uni Bonn (100).

Klar, kein Massachusetts Institute of Technology, Harvard, Stanford oder Cambridge, aber nun auch nichts, wofür sich ein Absolvent schämen müsste, oder?

Aufgrund der Methodik ist das aber halt auch immer unter Vorbehalt zu genießen. So ist es bspw. in vielen Ländern üblich, dass öffentliche Forschungsinstitute an den Hochschulen angegliedert sind und deren Forschungsergebnisse somit mit ins Ergebnis einfließen. Wir haben in Deutschland traditionell hingegen eine recht vielfältige Forschungslandschaft, selbst wenn man jetzt nur mal an die üblichen verdächtigen Gesellschaften denkt, z.B. Fraunhofer, Max Planck und Helmholtz. Von daher steht's gar nicht mal so schlecht um Deutschland, auch wenn es natürlich immer Leute geben wird, die (meistens ohne eigene Einblicke) den Untergang des Abendlandes prophezeien.

Für die formelle Wertung ist es aber auch egal. Sucht bspw. eine Behörde einen öffentlich Angestellten im höheren Dienst, wird halt ein Uni-Diplom bzw. ein Master Voraussetzung sein. Ob die Person dann an der TU München oder FH Zittau studiert hat, wird nicht dazu führen, dass die Person wegen "Nichteignung" (bei gleichem Studiengang, versteht sich) gleich zu Beginn rausgekickt wird. Wer sich aber am Ende durchsetzt und mit seiner fachlichen Eignung am meisten glänzt, ist dann natürlich ein anderes Thema. Und das gilt genau so für einen Absolventen eines kleinen university college in Norwegen, einer grande école in Frankreich oder einer mittelgroßen Universität in Griechenland.
Herzlichen Dank für Ihre sehr ausführliche Darlegung; ja, das europäische Akkreditierungsverfahren hatte ich überhaupt nicht auf dem Zettel. Wunderbar, daß diese Einrichtungen weitestgehend unabhängig von "der Politik" arbeiten können. Als ich als junger Mann Lust hatte, mich in Frankreich auf eine offene Industriestelle zu bewerben, bin ich gleich zurück geprallt vor den Abläufen dahin, vielleicht noch mit der Aussicht, am Ende eine Absage zu erhalten, weil ein geeigneterer Kandidat verfügbar war. So wichtig war mir die Arbeit in Frankreich damals dann auch wieder nicht.

Gottlob haben es dann junge Leute heute etwas leichter, einer solchen Anwandlung zu folgen. Wie gut, daß es das europäische Projekt gibt!
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frems
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von frems »

Nach jüngsten Zahlen hat sich nicht viel geändert:
Eigentlich ist der Bachelor seit der Bologna-Reform der erste berufsqualifizierende Hochschulabschluss. Doch den meisten Studenten in Deutschland reicht das nicht: Sie wollen mehrheitlich bis zum Master studieren. Das zeigt eine Untersuchung der Universität Maastricht im Auftrag des Personalvermittlers Studitemps.

Nur zwölf Prozent der Studierenden an Universitäten und Fachhochschulen wollen sich demnach schon mit dem Bachelorabschluss einen Job suchen. 61 Prozent dagegen peilen den Master als höchsten Abschluss an. Eine Promotion ist immerhin für 15 Prozent der Studierenden das Ziel. Ein Staatsexamen streben sieben Prozent an.

Diplom und Magister sind als Studiengänge schon fast ausgestorben und spielen dementsprechend kaum noch eine Rolle. Die Daten basieren auf einer Befragung von rund 41.000 Studierenden in Deutschland, die Forscher der Universität Maastricht zweimal pro Jahr vornehmen.
http://www.spiegel.de/lebenundlernen/un ... 77364.html

Der SPIEGEL-Artikel ist natürlich ziemlich schwach geschrieben. Das "Eigentlich" kann man vergessen, denn der erste berufsqualifizierende Abschluss ist der Bachelor in fast allen Studiengängen (Ausnahme Jura etc.) so oder so, egal ob jemand das Ziel Master oder Doktor hat. Und das ist ja der Kern der Umfrage: was Studenten anstreben. Aus einem Erstsemester, der promovieren möchte, kann auch ein arbeitender Absolvent mit Bachelor- oder Masterabschluss werden. Wie das Leben halt so läuft.
Labskaus!

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imp
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von imp »

Der erste Abschluß ist in vielen Fällen ein Lehrberuf. Man kann ja nachher immer noch studieren, zb berufsbegleitend.
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schokoschendrezki
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von schokoschendrezki »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(14 Nov 2017, 14:16)

Der erste Abschluß ist in vielen Fällen ein Lehrberuf. Man kann ja nachher immer noch studieren, zb berufsbegleitend.
Das Verhältnis beträgt etwa 70 zu 30. (70% der Studienberechtigten kommen aus Allgemeinbildenden Schulen, 30% aus beruflichen Schulen.)
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Kael
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Re: Politik-Ziel "Bachelor als Regelabschluss" komplett verfehlt

Beitrag von Kael »

Ich kenn es btw so:

FH -> mit Bachelor in die Arbeitswelt
Uni -> Mit Master in die Arbeitswelt
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