Warum vernachlässigt man das Erdgasauto

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Der Neandertaler
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Re: Warum vernachlässigt man das Erdgasauto

Beitrag von Der Neandertaler »

Raskolnikof hat geschrieben:Wir haben noch nicht über den Dampfmaschinenantrieb gesprochen. Hat es immerhin schon gegeben. Thomas Newcommen würde vor Freude aus der Erde hüpfen.
Ironie aus!
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immernoch_ratlos
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Re: Warum vernachlässigt man das Erdgasauto

Beitrag von immernoch_ratlos »

Immer zu lustig - aber dabei müssen leider auch immer die folgenden disruptiven Technologien Beachtung finden. Für die Hersteller von Dampfmaschinen war das eher weniger lustig. Immerhin hielten sich Dampfmaschinen noch sehr lange "schienengebunden" - bis heute. Erfreulich für Nostalgiker die jedes Auftauchen solcher Dampfrösser freudig begrüßen und die ganze Welt bereisen um die (vergleichsweise) wenigen noch aktiven Exemplare in Aktion zu erleben.... :p

Nun, wenn schon ich habe auch noch eine Verbrennungsmaschine von neuerer Bauart zu offerieren : Quelle : ZON (2017.08.10) "Diesotto-Motor: Sparsam wie ein Diesel, sauber wie ein Benziner" Wie es gehen kann in einer recht komplexen Welt, wo die seltsamsten Entscheidungen von Menschen (vom wem sonst - wer sonst ist irre genug ?) getroffen werden :?
ZON hat geschrieben:Die Branche änderte ihre Strategie – und kam vom Diesotto ab

Sparsamkeit und Sauberkeit waren es auch, mit denen Mercedes 2007 auf der Automobilmesse IAA für seine futuristische Diesotto-Studie warb. 238 PS lieferte der von Turbo und Hybridtechnik unterstützte 1,8-Liter-Vierzylinder in der Limousine damals, sein Verbrauch lag offiziell unter sechs Litern je hundert Kilometer. Neben Mercedes zählte auch Volkswagen zu den Vorreitern der Diesotto-Technik. Die VW-Version benötigte allerdings einen teuren Spezialkraftstoff, während der Daimler-Diesotto mit konventionellem Super betrieben wurde. Nachdem die Branchengrößen vorgelegt hatten, entwickelten auch andere Hersteller ähnliche Konzepte: etwa Opel, Peugeot und Ford.

Schon für 2012 kündigte VW die ersten Serienmodelle an, auch Daimler und andere zeigten sich optimistisch. Doch aus den großen Plänen wurde nichts, die Branche hatte zwischenzeitlich ihre Strategie geändert: Statt den Benziner sparsam wie einen Diesel zu machen, versuchten die Hersteller, den Diesel sauber wie einen Benziner zu machen. Die Folgen lassen sich im derzeitigen Abgasskandal studieren: Die Reinwaschung des Diesels ist, zumindest vorerst, knallend gescheitert. Nicht zuletzt, weil eine funktionierende Abgasreinigung den Autoherstellern zu teuer war.
Diese Auswahl - Dampf, Benziner, Diesel, Gaswagen, Diesotto und nun noch (eigentlich wieder) das E-Mobil, kann die Industrie unmöglich jedem selbst überlassen !

Da wird mit viel Gehirnwäsche aka Werbung versucht, einer möglichst großen Käuferschicht zu "vermitteln", unser Produkt ist das einzig Wahre. Der viel gerühmte "Markt" wo das beste aller denkbaren Produkte obsiegt, ist nichts als ein gern genommener Mythos, ein Märchen. Wer als ganz normaler Standardbürger vor eine solche Wahl gestellt wird, braucht "Entscheidungshilfen". Je nach Kopfwelt, hat darin immer nur eine "Lösung" Platz. Wer sowieso nicht der Hellste bei all den täglichen Herausforderungen ist, wird meist eine eher konservative Haltung freudig übernehmen. Einmal derartig festgelegt, wird dieser / diese die Position wieder jede Logik und gegen alle Versuche Dinge auch mal anders zu sehen - wenigsten probeweise - mit "Zähnen und Klauen" verteidigen. Der Werbestratege, dem das gelingt, ist der absolute "Beste" :thumbup:

Um dahin zu kommen, das ist das besonders irre daran, muss erst verstanden werden wie das alles so im Kopf abläuft. Wer das kann, dürfte (jedenfalls, wenn ihm noch auffällt was er / sie da tut) ein hochkarätiger Zyniker werden. Hat er / sie doch verstanden, wie man mit den allermodernsten und ausgereiftesten wissenschaftlichen Methoden es schaffen kann, nahezu jedem das eigenständige Denken nicht nur abgewöhnen, sonder auch noch gleich höchst suspekt zu machen :rolleyes:

Noch erstaunlicher ist der Typus der freiwilligen "Fortschrittsbremse". Meine persönliche Vermutung, als unsereins noch in der Höhle herumhockte und draußen der Säbelzahntiger lauerte, wurden allzu "Fortschrittsgläubige" durch ihr eigenes Tun hinwegselektiert (jedenfalls der größte Teil). Diese Bedauernswerten wollten es wissen - doch nun ja - tatsächlich war da ein Säbelzahntiger - wieder gab es einen Optimisten weniger, der seine Gene weiterreichen konnte. Übriggeblieben - in Massen - der Typus der freiwilligen "Fortschrittsbremse". Seine besondere Freude, wenn irgend etwas schief geht. Das ist ja der klare Beweis seiner fortschrittlichen Denkungsart :dead:

So müssen wir eben heute mit den wenigen Pessimisten "aus Überzeugung" (das sind ehemalige Optimisten, die gründlich über alles nachgedacht haben) auskommen. Die Vielzahl der Optimisten, ist "optimistisch" - das wird nix - wird nie funktionieren - warum etwas Neues, wo doch das Alte sooo gut funktioniert usw. usf. :mad2:
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H2O
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Re: Warum vernachlässigt man das Erdgasauto

Beitrag von H2O »

Vermutlich ist der Diesotto eine nette Wortschöpfung für den verbesserten Audi-Mitteldruckmotor. Der lief mit Superbenzin, wenn ich mich recht erinnere, und sollte ein Muster an Sparsamkeit sein. Leider ein wenig ruppig im Rundlauf. Allerdings stand damals noch nicht das giftige Abgas im Blickpunkt des öffentlichen Interesses. Wieder vermutlich bedingt die hohe Verdichtung zum Zündzeitpunkt genau diese Stickoxyde, die heute neben dem Feinstaub in aller Lungen sind.
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H2O
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Re: Warum vernachlässigt man das Erdgasauto

Beitrag von H2O »

Raskolnikof hat geschrieben:(15 Sep 2017, 14:28)

Wir haben noch nicht über den Dampfmaschinenantrieb gesprochen. Hat es immerhin schon gegeben. Thomas Newcommen würde vor Freude aus der Erde hüpfen.
So ganz daneben liegen Sie mit diesem Hinweis doch gar nicht. Ich meine, daß Solarkraftwerke in Spanien und in Marokko mit Dampfturbinen Strom erzeugen... vermutlich, weil der Wirkungsgrad der Stromerzeugung so höher liegt als mit Photovoltaik. Solche Anlagen sind allerdings für Fahrzeuge etwas zu groß geraten.
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Alter Stubentiger
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Re: Warum vernachlässigt man das Erdgasauto

Beitrag von Alter Stubentiger »

jack000 hat geschrieben:(11 Aug 2017, 19:52)

Gute Frage aber es wird momentan halt der Hype um das Elektroauto zelebriert und da haben alle Bedenken und Alternativen zurück zu stehen!
Sehe ich auch so. Wir haben ein flächendeckendes Erdgasnetz. Und man kann darin sogar "Erdgas" von speziellen Algen einspeisen die es aus Co² gewinnen. Da wäre die Migration von fossilem Erdgas zu biolgisch Gewonnenem fließend möglich.

Aber E-Auto ist eben hip. Die Begeisterten werden allerdings schnell merken daß das E-Auto eine teure Sackgasse ist. Lithium wird sehr, sehr schnell knapp werden. Das ist jetzt schon absehbar.
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immernoch_ratlos
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Re: Warum vernachlässigt man das Erdgasauto

Beitrag von immernoch_ratlos »

Eine typische Argumentationskette - gern genommen, wenn jemand aus Gründen die nur schwer nachvollziehbar partout gegen eine Entwicklung ja "geradezu ankämpft".

Da wird zukünftiger Mangel von (hier) Lithium angeführt, gleichzeitig sollen Algen helfen die schwindenden Erdgasvorkommen in einer noch kaum abschätzbaren Zukunft stattdessen der Heilsbringer sein. Die Möglichkeit - die Realität, aus el. Energie Quelle EE - synthetisches Methangas zu produzieren, wird dabei gerne ausgelassen, weil dies eben nur mit EE wirtschaftlich und umweltverträglich möglich ist.

Fakt ist - und das ist relativ einfach zu belegen - alles, was weltweit heute eine wichtige Rolle spielt, wir zunehmend rar, weil schlicht alle Metalle, besonders aber "seltene Erden" und selbst Sand nur in eher "homöopathischen Mengen" übrigbleiben, weil in der Vergangenheit die Verschwendung geradezu ungeheuerliche Ausmaße angenommen hatte. Das wiederum hat die Idee des Recyclings immer weiter "nach vorn" gebracht :thumbup:

Das gilt auch und gerade für Lithium, welches sowieso nicht in reiner Form, aber in ungeheuer großen Mengen vorkommt. Es ist allen Beteiligten klar, in den Batterien enthaltenes Lithium muss zukünftig recycled werden. Das hat man auch in den zuständigen Gremien der EU erkannt und hat neben den "Richtlinie 2012/19/EU über Elektro- und Elektronik-Altgeräte sowie die Richtlinie 2000/53/EG über Altfahrzeuge" inzwischen "zusätzlich wurde die Richtlinie 2006/66/EC als modernste Batterie Recycling Richtlinie weltweit etabliert".

"Mit dieser Richtlinie verpflichten sich die EU Mitglieder auf eine Sammelquote von 45% und einer Recyclingeffizienz von wenigstens 50 Gewichtsprozent für Lithium Ionen Batterien." Andere Stoffe wie die Metalle Nickel, Kobalt, Mangan sowie Lithium aus dem Kathodenmaterial und auf Kupfer oder Aluminium werden bereits zurückgewonnen. Während das Elektrolyt und andere organische Stoffe derzeit noch verbrannt werden.

Hier entsteht, was alle, die ständig vom "notwendigen Wachstum" reden, ein neuer und sicher auch lukrativer Industriezweig. Der wiederum ist ganz gewiss an einem hohen Anteil von Lithium Ionen Batterien "interessiert", weil wie bei allen Recyclingaktivitäten, eine "Mindestmenge" von recycelbarem Material, erst ein über Laborversuche hinausgehende, wirtschaftlich sinnvolle Produktion ermöglicht. Bei steigender Nachfrage, wird das Basismaterial im Preis steigen, was wiederum auch das "Aufbereiten" von geringen Lithiumvorkommen lukrativ macht.

Wem das alles nicht genügend argumentative Kraft zu haben scheint, dem empfehle ist mal genauer hinzusehen, z.B. welche geringen Mengen Kupfererz (im Verhältnis zur Menge des verarbeiteten "tauben" Gesteins) inzwischen als "normal" - weil eben notwendig - angesehen werden.

Oft sind es die selben Kandidaten, die das schwinden von fossilen Ressourcen gerne als "Panikmache" abtun, um mit gleicher Intensität, wie hier den "Mangel" an verfügbarem Lithium zu beklagen :?

Das Einzige, sozusagen der Schlüssel für eine auch in den nächsten Generationen noch funktionierenden hochtechnologischen Welt (was ja auch die Welternährungslage direkt betrifft) ist genügend saubere - rückstandsfreie Energie. Was die Sonne in Millionen Jahren auf ganz natürlichem Weg hier auf der Erde "angespart" hat, verschwendet Homo Sapiens in nur wenigen Generationen. DAS sollte Anlass zu Bedenken geben. Was die (stationäre) Speicherung von el. Energie - das möglichst verlustfrei - angeht, es ist schlicht und ihn großem Maßstab Blödsinn, dies in Lithium Ionen Batterien allein zu realisieren. In der notwendigen Kombination mit Redox-Flow-Batterie (RFB) wo das Gewicht und die Menge eine eher untergeordnete Rolle spielen, macht das Sinn.

Ähnlich wie bei der Auswahl unter den verschiedenen Antriebssystemen, ist niemals nur eine bestimmte Methode für "alle Fälle" geeignet. Lithium Ionen Batterien haben, ohne das dies jedem bewusst wurde, den Kleinmaschinenmarkt (und den Elektronikgerätemarkt sowieso) längst vollkommen durchdrungen. Wer heute z.B. im Baugewerbe arbeitet, wird wohl kaum auf seine zahlreichen Akkubohrmaschinen und sonstiges netzunabhängiges Gerät verzichten wollen und auch können. Ohne das die langatmig analysiert und für "höchst problematisch" angesehen wurde, haben Li Io Akkus dort andere Batteriesysteme "disruptiv" abgelöst.

Zum Schluss - auf dem "Markt" der "Lithiumnutzung", entstehen ständig neue Kombinationen und Derivate wie z.B. dies hier Quelle : Ingenieur.de (07.03.2017) "Aufladen in Sekunden Neue Batterie mit Glas ist dreimal besser als Lithium-Ionen-Akkus"

Man kann nur von "Glück" reden, dass Forscher und Erfinder sich nicht um solche negative Prognosen scheren und schlich ständig nach neuen und besseren Verfahren suchen und diese auch finden.... :thumbup:
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