S-Bahn, Regionalverkehr, Fernzüge: Mehr als 300.000 Menschen fahren jeden Tag über den Hauptbahnhof zur Arbeit, nach Hause oder zu Sehenswürdigkeiten.
Doch die Belastung ist für das Gebäude – nur sieben Jahre nach seiner Eröffnung – offenbar zu viel geworden.
Der Hauptbahnhof muss repariert werden, weil die Gleisbrücke kaputt ist. „Die oberirdische Strecke muss im Jahr 2015 zunächst für den Fern- und Regionalverkehr etwa drei Monate gesperrt werden“, kündigte Bahn-Sprecher Burkard Ahlert Dienstag an.
„Die haben sich als Schwachstelle herausgestellt“, so Ahlert. „Damals war es Stand der Technik, doch jetzt ist es ein Problem.“ Durch den Austausch der Teile würde die Brücke stabiler werden. Zuletzt durften Züge im Ostteil des Bahnhofs nur mit Tempo 40 statt der üblichen 60 Stundenkilometer fahren.
Doch nicht nur der Berliner Hauptbahnhof ist inzwischen weit von den einstigen Standards entfernt. Fast scheint es, als sei die kurzlebige Billigbauweise inzwischen zum Standard avanciert. Da senken sich Schotterbetten unter den Gleisen ab, zerfressene Bahnschwellen und fehleranfällige Signalanlagen erzwingen drastische Tempolimits. Von den unzähligen Langsamfahr-Abschnitten des knapp 42.000 Kilometer langen deutschen Schienennetzes sind immer häufiger Neubauten betroffen, die nur wenige Jahre alt sind.
Schnell und billig
Ein Beispiel dafür sind die Lärmschutzwände an der ICE-Strecke Frankfurt-Köln, die 2009 bereits nach rund sieben Jahren auf einer Länge von 25 Kilometern komplett ausgetauscht werden mussten. Die Aluminiumplatten hatten dem Winddruck der bis zu 300 Stundenkilometer schnellen Züge nicht standgehalten und Risse bekommen. Die Kosten betrugen mehr als 100 Millionen Euro, die die Bahn sich mit dem Bund und den beteiligten Bauunternehmen teilte.
Nach Überzeugung von Experten sind die teuren Nachbesserungen die Folge des rigiden Sparkurses, den der ehemalige Vorstandschef Hartmut Mehdorn einst eingeschlagen hatte, um die Bahn fit für den Börsengang zu machen. "Schnell und vor allem billig, hieß jahrelang die Devise", erklärt ein Wissenschaftler an der TU-Berlin, der gerne ungenannt bleiben will, weil er viele Forschungsaufträge für die Bahn abwickelt. Normalerweise hielten Gleise 30 Jahre und länger, Signale seien bei ordentlicher Wartung ebenfalls sehr robust. Doch gerade im Zuge der Ertüchtigung der Anlagen in Ostdeutschland nach der Wiedervereinigung habe man allzu häufig auf Einfachstbauweisen zurückgegriffen, um Geld zu sparen. Das räche sich jetzt.
Komischerweise halten andernorts Bauten weit länger. Ist der Verkehr dort unverhältnismäßig im Vergleich zu anderen? Ist dieser "Stand der Technik" nur im Zusammenhang mit Berlin zu sehen?
"und du wirst wahnsinnig werden von dem, was deine Augen sehen müssen." (5. Mose 28,34)
Komischerweise halten andernorts Bauten weit länger. Ist der Verkehr dort unverhältnismäßig im Vergleich zu anderen? Ist dieser "Stand der Technik" nur im Zusammenhang mit Berlin zu sehen?
Stand der Technik ist immer das Gegenteil von "langjährig erprobt".
Berlin scheint ja ein allgemeines Problem mit Knotenpunkten öffentlicher Verkehrsouten zu haben, ob es sich dabei jetzt um Bahn oder Flugzeug handelt....
Mind-X hat geschrieben:
Komischerweise halten andernorts Bauten weit länger. Ist der Verkehr dort unverhältnismäßig im Vergleich zu anderen? Ist dieser "Stand der Technik" nur im Zusammenhang mit Berlin zu sehen?
Anscheinend schon, in der Hinsicht ist Berlin eben eigen, man vergleiche den "Flughafen in spe"
“It is the job that is never started that takes longest to finish.”
Komischerweise halten andernorts Bauten weit länger. Ist der Verkehr dort unverhältnismäßig im Vergleich zu anderen? Ist dieser "Stand der Technik" nur im Zusammenhang mit Berlin zu sehen?
Je Ort gibt es auch eine andere Baugegebenheit.
Der Berliner Hauptbahnhof ist schon eine recht eigene Konstruktion, welche damals in der Bauphase auf Schnellmodus umgestellt wurde. Ein geringer Teil davon muss nun vorzeitig nach 9, statt 15 bis 20 Jahren ausgetauscht werden. Mit Berlin hat das wenig zu tun, die damaligen Bauunternehmen sind international aufgestellt und der Bahnhof wurde nicht allein von Berliner Hinterhoffirmen zusammengebastelt.